Jahrbuch Arbeit, Bildung, Kultur, Bd

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Sibylle Peters, Otto-von-Guericke-Universitaet Magdeburg, Institut fuer Berufs- und Betriebspaedagogik,
November 1999
Differenz und Kooperation von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung
Berufliche und betriebliche Weiterbildung werden als Begriffe oftmals synonym gebraucht,
kennzeichnen jedoch verschiedene Trends von Entwicklungen. Neuere Trends zeigen
vorwiegend eine differenzierte Einbindung von betrieblicher Weiterbildung in
Unternehmenskonzepte gegenüber der beruflichen Weiterbildung, die in den öffentlich
verantworteten Teil von Weiterbildung zurückgedrängt wird. Gegenwärtig nimmt die
Ausdifferenzierung der betrieblichen Weiterbildung vielfältige Formen arbeitsintegrierten
Lernens und Lernens in Organisationsentwicklungskontexten an. Insbesondere Entwicklungsund Forschungspolitikstrategien (Projekte, Modelle etc.) erfahren eine große Nachfrage. Im
Interessenschwerpunkt stehen dabei Fragen zum Bildungs- und Personalentwicklungsbedarf
für Innovationen, weniger Fragen der Einzelqualifizierung. Der Einzelne steht nicht unter
Aspekten einer Anpassungs- noch Vorlaufqualifizierung als zentrale Planungsgröße für
Bildungsbedarfe im Mittelpunkt. Akteure und Handlungsoptionen innerhalb von
Interessengruppen sowie Organisationsleistungen im Kontext von internen und extern
wirkenden Organisationsentwicklungen mit regionaler Netzwirkung stehen im Zentrum von
Planungs- und Strukturvorhaben in Wirtschaft und Verwaltung. In ihnen sind Inhalt und Form
beruflicher und betrieblicher Weiterbildung höchst differenziert, standardisiert sowie
interpretativ zu füllen und insgesamt in Form und Inhalt flexibilisiert. Im Kontext des
Bedeutungszuwachses von Netzwerkkooperationen wird eine Differenz und gleichzeitig
Kooperation von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung gefördert.
Zu folgenden Punkten möchte ich mich im Einzelnen äußern:
1. Trends und Entwicklungen von Weiterbildung und beruflicher Weiterbildung vollziehen
sich als Prozesse zunehmender Deinstitutionalisierung, Entgrenzung des Pädagogischen
als auch als Prozesse einer Dekontextualisierung; diese Prozesse werden durch die
Bedeutungszunahme betrieblicher Weiterbildung forciert, wohingegen berufliche
Weiterbildung eher als "Restgröße" in der öffentlichen Verwaltung und Verantwortung
verbleibt.
2. Zunehmende Ausdifferenzierungen der betrieblichen Weiterbildung durch sich
verändernde Anforderungen von Technik und Arbeitsorganisation führen zur
Favorisierung spezifischer Thematiken mit unterschiedlichen Formen einer modularen
Entwicklung arbeitsintegrierten Lernens an selektierten Arbeitsplätzen mit speziellen
Anforderungsprofilen und Arbeitnehmerzielgruppen, um vordringlich technologische
Innovationen durchzusetzen.
3. Die Differenz von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung setzt sich innerhalb der
betrieblichen Weiterbildung auf struktureller Ebene fort, d.h.: infolge veränderter
organisatorischer Arbeitsbedingungen in der Dienstleistungsbranche fordern aktuelle
Trends im Kontext neuerer Organisationsentwicklungskonzepte „betrieblich-innovative“,
weniger beruflich-spezifische Kompetenzanforderungen. Neben der
arbeitsorganisationsorientierten Weiterbildung gewinnt insbesondere im
Dienstleistungsbereich gegenwärtig eine ressourcenorientierte Weiterbildung als
betriebsinterne Weiterbildung an Bedeutung, die auf die Gestaltung von
Organisationskultur und integrierte Managementsysteme gerichtet ist.
1
4. Weiterbildung in flexibilisierten Kontexten und eines wachsenden transdisziplinären
Bedeutungszuwachses unter wechselnden Schwerpunkten thematisiert Anliegen von
Akteursgruppen und innovativen Organisationsleistungen, für die flexibilisierte Formen
sowie Anreizsysteme in interpretativen Personal- und
Organisationsentwicklungskonzepten für den Regelaufbau von internen
Organisationsprozessen sowie Akteursinteressen zu entwickeln sind. Der
Stakeholderansatz entwickelt transferierbare ökonomische Kriterien für die
Weiterbildung, um Rahmen und Leistungen derselben in Kontextualisierungen transparent
zu machen.
5. Zeitliche und räumliche Flexibilisierungen und Umstrukturierungen erfordern die soziale
Flexibilisierung des Adressaten als Steigerung in selbstorganisierten Lernformen. Den
Einzelnen zu "flexibilisieren" beinhaltet, den Druck auf den Einzelnen bei der Wahl der
Entscheidung betreffs Aufbau und Auswahl von Lernmodulen innerhalb seines
Bildungsprozesses zu erhöhen bzw. dem Individuum zu überantworten. Die richtige
Bildungsleistung zu wählen wird eine Lebenslaufentscheidung des Einzelnen, da infolge
der Flexibilisierung des Bildungssystems dieses seine "Vorgaben" flexibilisiert und
Alternativen immer eine andere Option offen hält
6. Diese Trends überschreiten die pädagogisch-didaktische Rahmung von Qualifikationsund Kompetenzentwicklung und induzieren transdisziplinäre Entwicklungen von
Theoriemodellen und Forschungsvorhaben, die Bildungs- und Qualifizierungsfragen im
Kontext der Steuerung sozialer Prozesse in Netzwerken von Organisationen in Regionen
einbinden. Weiterbildung wird infolge ihres Ausdifferenzierungsgrades immer gezielter in
ihrer differenten Leistung und Kooperation unter ökonomischen Kriterien in neuen
Kooperationsverbünden ein gewichtiges Steuerungselement.
1.
Trends: Deinstitutionalisierung, Dekontextualisierung und Entgrenzung des
Pädagogischen führen zu neuen Bildungs- und Beschäftigungsmärkten
Je stärker der Strukturwandel greift, der durch zunehmende Globalisierung der Märkte und
Öffnung des industriellen Sektors für Dienstleistungsaufgaben gekennzeichnet ist und eine
Ausdifferenzierung des Berufs- und Tätigkeitsspektrums innerhalb der technischen und der
Dienstleistungsberufe einleitet, umso bedeutender ist die berufliche Weiterbildung für die
soziale und berufliche Laufbahn des Einzelnen. Parallel verlaufen innerhalb dieser Trends
gegenläufige Entwicklungen, indem in neuen Umstrukturierungen Qualifizierungsmaßnahmen
zunehmend an Qualitäts-, Effizienz- und Controllinggesichtspunkten gemessen werden und
dabei Transparenz und Vergleichbarkeit immer bedeutsamer werden.1 Diese Entwicklungen
verlaufen einher mit einer Flexibilisierung des Bildungssystems und der
Beschäftigungsmärkte, Insbesondere im Dienstleistungssektor entstehen neue private
Bildungsmärkte, um kurzfristige Bedarfe an beruflicher und vordringlich sozialer
Qualifizierung aufzugreifen. Die Flexibilisierung des Bildungssystems durch die Nachfrage
nach neuen Formen und Inhalten hält unvermindert an. Zunehmend wird der private
Bildungsmarkt neues Segment des Beschäftigungsmarktes, wobei die berufliche
Weiterbildung zunehmend in den öffentlich verantworteten Bereich zurückgeht und in der
disziplinärer Verantwortung der Erziehungswissenschaft als Verlängerung der Erziehung in
das Erwachsenenalter hinein verbleibt, betriebliche Weiterbildung hingegen öffnet sich
1 Vgl. Münch, Joachim: Berufliche Weiterbildung in der Europäischen Union - ausgewählte Aspekte und
Problemfelder, in: Timmermann, Dieter (Hrsg.): Berufliche Weiterbildung in europäischer Perspektive,
Berlin 1999, S. 11-30.
2
Kontexten transdisziplinärer Probleme bzw. wird von anderen als
erziehungswissenschaftlichen Kontexten aufgegriffen2
So werden Deinstitutionalisierungstendenzen von Weiterbildungsinstitutionen hinsichtlich
ihrer Kernbereiche beschleunigt. Im Einzelnen beinhalten diese DeinstitutionalisierungsEntwicklungen, dass Bildung und Qualifizierung nicht länger in einem institutionalisiertem
Setting von zuständigem pädagogischem Fachpersonal, curricularem Lehrplan und einem
besonderen Lernort im Sinne einer vorstrukturierten didaktischen Systematik gebunden sind.
Lernorte, Lerninhalte und Lernzeiten werden hinsichtlich Raum, Zeit und Ort zunehmend
flexibilisiert und es sind soziale Steigerungen zu erkennen, die längst noch nicht ausgeschöpft
sind. Soziale Steigerungen stellen eine Flexibilisierung der Adressaten und ihrer Lebens- und
Erlebnisformen dar, die Bildung, Lernen, Qualifizierung und berufliche Weiterbildung auf
einem heterogenen Weiterbildungsmarkt wahrnehmen können, der sich eher über
Qualitätskriterien denn öffentlicher Verantwortung reguliert.3
Die Resultate der pädagogischen Veranstaltungen werden folglich zunehmend weniger durch
die Intentionen einer pädagogischen Profession bestimmt als durch die Interessen,
Erfahrungen, Lebenslagen und Biographien der Teilnehmer.4 Mit diesem Sachverhalt wird das
Entgrenzungsproblem des Pädagogischen angesprochen, indem die Aneignung des
Pädagogischen in die Verantwortung der Adressaten und Teilnehmer gelegt wird. Für die
Beschreibung dieses Sachverhaltes wird der Begriff der Aneignungskompetenz in der
beruflichen Weiterbildung gewählt.5
Ein weiteres Moment von Flexibilisierung und dezentraler Formen von beruflicher
Weiterbildung wird als Tendenz einer zunehmenden Dekontextualisierung umschrieben und
konzentriert sich auf die Aspekte der Steuerung von Angebots- und Nachfragestruktur, die
durch die Öffnung und Flexibilisierung von beruflicher Aus- und Weiterbildung verändert
wird. Unter diesen Bedingungen lassen sich Bildungsbedarfe weniger durch Experten
einschätzen bzw. prognostizieren und können in veränderten Kontexten jeweils dort dezentral
neu aufgegriffen werden. Kurz: auf einer höheren Stufe wird alles außerhalb von
Bildungsinstitutionen neu miteinander verflochten, wovon alle gesellschaftlichen Subsysteme
betroffen sind.6 Bildungspassagen im Lebenslauf sind, im Vergleich zu Status-Passagen, nicht
mehr nur im Bildungssystem begrenzte Phasen mit einem Bildungsabschluss. Sie verlieren
ihre ausschließliche Anerkennung und übernehmen für die berufliche Aus- und Weiterbildung
die Ausbildung für den Bildungs-, Qualifizierungs- und Kompetenzerwerb in der öffentlichen
Verantwortung als eine „Bildungssäule“, die sich neben neuen alternativen Bildungspassagen
in andere Kontexte integrieren lassen. Das bedeutet eine Aufwertung „anderer“
Bildungskontexte und -säulen neben der öffentlichen Bildung. In absehbarer Zeit werden
berufliche Ausbildungswege, wie u. a. auch das Hochschulstudium, durch externe
Bildungsphasen ergänzt werden, wobei die öffentlichen Teile der Ausbildung z. B. durch
2 Bullinger, Hans-Jörg (Hrsg.): Dienstleistungen - Innovation für Wachstum und Beschäftigung, Wiesbaden
1999.
3 Vgl. Meueler, Erhard: Erwachsenenbildung als Ware, in: Markert, Werner (Hrsg.): Berufs- und
Erwachsenenbildung zwischen Markt und Subjektbildung, Hohengehren, 1998, S. 54-8 1.
4 Siehe Lüders, Christian; Kade, Jochen: Entgrenzung des Pädagogischen, in: Krüger, Heinz-Hermann;
Helsper, Werner (Hrsg.): Einführung in die Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft,
Stuttgart 1996, S. 213.
5 Vgl. Kade, Jochen: Vermittelbar/nicht-vermittelbar: Vermitteln: Aneignen. Im Prozess der Systembildung des
Pädagogischen, in: Lenzen, Dieter; Luhmann, Niklas (Hrsg.): Bildung und Weiterbildung im
Erziehungssystem, Frankfurt 1997, S. 30-70.
6 Peters, Sibylle: Dezentralisierung, Vernetzung und Outsorcing - welche pädagogischen Anforderungen
ergeben sich daraus für neue Formen von Qualifizierung Und Beteiligung?, in: Euler, Dieter (Hrsg.):
Berufliches Lernen im Wandel - Konsequenzen für die Lernorte? Nürnberg, 1998, S. 201- 218.
3
„Praxis-Passagen“, Trainee-Programme, Teamerfahrungen etc. in Unternehmen ergänzt
werden. Die dritte Bildungssäule wird als Selbstlernen und selbstorganisiertes Lernen in so
genannten „institutionalisierten Selbstlernphasen“ in eigener Regie und Verantwortung
stattfinden. Eine neue Kooperation und Koordination dieser drei Bildungssäulen ist als
Denkmodell nicht in so weiter Ferne.
Etwas pointierter gesprochen, verlagert z. B. die Flexibilisierung die Bildungsstandorte
Bildung und Qualifizierung in Nicht-Bildungsinstitutionen. Das hat wiederum die
Herausnahme von formalen beruflichen Berufs- und Kompetenzaufgaben aus formalen
Katalogen einer Bildungsaufgabe zur Folge und Lerninhalte und Lernzeiten werden anderen
Ortes in einem veränderten Kontext neu gebündelt. Bisheriges, in Bildungsinstitutionen
formal vermitteltes Wissen wird in neue Vernetzungen und Systematisierungen integriert.7
Das staatliche Bildungswesen für den Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung wird
damit entschlackt, bzw. Bildungs- und Qualifizierungskanons für Berufs- und
Arbeitstätigkeiten obliegen nicht mehr der Entscheidungskompetenz von Bildungsexperten.
Bildungsabschlüsse bleiben auf etwas längere Frist gesehen keine hoheitlichen Landes- und
Bundesangelegenheiten. Es werden Tendenzen zunehmen, in denen veränderte Infrastrukturen
neue Dienstleistungen erfordern, die neben einer beruflichen Könnerschaft soziale Fähigkeiten
beinhalten und deren Lerninhalte nicht einer staatlichen Zäsur bedürfen. Zusätzlich wird ein
Teil von Wissen modulartig von Individuen in eigener Verantwortung zu erlernen bzw.
anzueignen sein. Diese können alternativ oder in zeitlich versetzten bzw. nachfolgenden
Lernmodulen im Fernstudium, Auslandsaufenthalt, bei privaten Bildungsträgern, als Praktika
in anderen Beschäftigungsmärkten etc. anders organisiert absolviert werden. Bildungs- und
Ausbildungszeiten der Berufsausbildung, die ihre Perspektive auf Institutionen als Wissen
aufbewahrende Systeme organisiert haben, relativieren sich durch die Öffnung der
Bildungsmärkte und Dezentralisierung sowie Deregulierung. Statt der staatlichen
Verantwortung über Prozesse der Erziehung in Bildungsphasen des institutionalisierten
Lebenslaufs und damit über Berechtigungen von Abschlüssen und Zertifikaten entscheiden
voraussichtlich das Image und der Wettbewerb in der Verantwortung des Subjekts.8
2. Zunehmende Ausdifferenzierung von betrieblicher Weiterbildung durch die
Favorisierung arbeitsintegrierten Lernens
Unter Weiterbildung als auch beruflicher Weiterbildung sind alle Formen des organisierten,
vom Arbeitsprozess getrennten Lernens zu verstehen, die sich an Personen wenden, die das
Schul- bzw. Ausbildungssystem durchlaufen und einen Abschluss erreicht haben. In der
Differenz von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung ist letztere zurückliegend als
Förderung institutionalisierter, aus dein Arbeitsprozess ausgegliederter Lernprozesse
verstanden worden.9 Demgegenüber haben im Zuge von Umstrukturierungen von
Unternehmen durch neue Organisationsentwicklungskonzepte innerhalb des
Paradigmenwechsels von Arbeitsorganisationsstrategien Formen arbeitsintegrierten Lernens
einen enormen Bedeutungszuwachs gegenüber formalen Bildungs- und
Qualifizierungsprozessen erfahren. Betriebliche Weiterbildung richtet sich mit spezifischen
Themen an am jeweiligen Arbeitsplatz anfallende Anforderungsprofile und selektiert
Arbeitsplätze wie auch spezielle Anforderungen an die Arbeitnehmer. Lernen im Prozess der
7 Pawlowsky, Peter; Bäumer, Jens: Betriebliche Weiterbildung. Management von Qualifikation und Wissen,
München 1996.
8 Vgl. Peters, Sibylle: Qualifizierung und Beteiligung zwischen Subjekt- und Organisationsorientierung im
Wandel beruflicher Bildung, in: Markert, Werner (Hrsg.): Berufs- und Erwachsenenbildung zwischen Markt
und Subjektbildung, Hohengehren 1998, S, 82-110
9 Siehe Harney, Klaus: Handlungslogik betrieblicher Weiterbildung, Stuttgart 1998, S. 33
4
Arbeit beinhaltet Anstrengungen, Lebt- und Lernformen als flexible und individuell
zuschneidbare Maßnahmen aktuell in den Arbeitsprozess aufzunehmen, um vorrangig die
technologischen Umstrukturierungen rationell zu unterstützen. Unternehmen sehen sich
zunehmend gezwungen, aktiv und fortgesetzt den Aufbau, die Kontinuierung und die
Erweiterung der arbeitsorganisatorischen Wissensbasis zu betreiben.10 Bedeutsam wird der
Versuch, traditionelle Qualifizierungsbedarfe zu flexibilisieren und damit Qualifizierungen
auf Gruppen an gezielten und spezifischen Arbeitsplätzen über neue Software zu entwickeln
und den Einzelnen als Teil eines organisatorischen Wandlungsprozesses an die Prozesse der
Entwicklung der Arbeitsorganisation zurück Zu binden und für neue thematisch enge
Anforderungsprofile in den Blick zu rücken. Damit nähert sich die betriebliche Weiterbildung
der betrieblichen Organisationsentwicklung und Rationalisierung und verbindet sich mit
Fragen und Problemen des Organisationslernens.11
Insbesondere im letzten Jahrzehnt hat rückblickend betriebliche Weiterbildung als
individualisierte Maßnahme für spezifisch selektierte betriebsinterne Arbeitsmärkte eine
Ausdifferenzierung auf Unternehmens- und Managementebene erfahren und hat als
arbeitsintegriertes Lernen verschiedene Thematiken an am einzelnen Arbeitsplatz orientierten
Qualifizierungsfragen aufgegriffen. Die heutige Diskussion öffnet sich integrierten
Managementkonzepten und konzentriert sich gegenwärtig auf fünf bzw. sechs zentrale
Brennpunkte:
- Lernen von Organisationen als Entwicklung und Implementation von
Organisationsstrukturen, die Lernen und Veränderung als Teil des normalen
Unternehmensalltags fördern;
- die Konzentration auf Kernkompetenzen läutet eine Abkehr von der aktiven Gestaltung
von Außenbeziehungen und Gestaltung der Märkte ein, es erfolgt eine Konzentration auf
Mikroprozesse und Fragen der Vorlaufqualifizierung;
- Wissensmanagement lenkt Fragen auf interne und externe wissensbezogene
Organisationsgestaltung. Weiterbildung ist darin nicht primär organisatorische
Ausdifferenzierung der Weiterbildungsvollzüge, sondern vor allem anderen
Ausdifferenzierung einer bestimmten Steuerungsperspektive auf die Betriebsorganisation;
- Lernen in Unternehmensnetzwerken greift unternehmensübergreifende Lernkooperationen
auf, wobei dem Unternehmen jeweils mehrere Rollen gleichzeitig zukommen, um
unverwechselbare Kompetenzprofile zu entwickeln. Rolleninhaber sind: Subjekte, Objekte,
Gestaltet und Teilnehmer;
- Lernen wird Kernelement des strategischen Prozesses, indem Lernprozesse von Individuen,
Gruppen und Organisation in neuer Weise aggregiert werden;12
- Als sechstes Element sind Elemente zu ergänzen, die Organisationskontexte in zu
entwickelnde Formen von Unternehmenskulturen beschreiben können und explizit die
Thematisierung informaler Organisationsstrukturen aufgreifen. Das Problem ist jedoch,
10 Vgl. Baitsch, Christof. Lernen im Prozess der Arbeit zum Stand der internationalen Forschung, in: QUEM
(Hrsg.): Kompetenzentwicklung '98, Münster u. a. 1998, S. 269-337, S. 272
11 Vgl. z. B.: Probst, Gilbert J. B./Büchel, Bettina S. T: Organisationales Lernen, Wiesbaden 1994;
Ringshausen, H.: Die Bedeutung der Organisationstheorien für die betriebliche Weiterbildung - eine
theoriekritische Diskussion unter besonderer Berücksichtigung transdisziplinärer Ansätze. Diss., Magdeburg
1999
12 Siehe Baitsch 1998, S. 273
5
dass Organisationsstrukturen trotz des Augenmerks auf die mikropolitische Ausgestaltung
von Systemen nunmehr neben formalen auch informelle Macht- und Leistungsstrukturen
zum Gegenstand von Unternehmenskulturen erheben. Der Ausgestaltung von
Unternehmenskulturen in sich entwickelnden Organisationsentwicklungskontexten wird
eine immense Bedeutung zugesprochen.13
Betriebliche Weiterbildung ist in arbeitsintegrierten Formen aufeinen individuellen
Kompetenzerwerb ausgerichtet, wobei dieser im Kontext von Unternehmens- und
Managementkonzepten die Zielgröße verfolgt, den Bedarf an Themen mit spezifischen
Profilen an am einzelnen Arbeitsplatz anfallenden Anforderungsprofilen möglichst
ausdifferenziert und standardisiert beantworten zu können. So werden Trainings und
arbeitsimmanentes Lernen als auch Prinzipien der Wechselwirkung zwischen Arbeit und
kognitiven Merkmalen der Persönlichkeit herausgearbeitet, kognitive Lernpotentiale neben
Beschreibungs-Merkmalen für soziale Kompetenzen entwickelt etc.14 Zentral bleibt, dass es
um die Wechselwirkung zwischen am einzelnen Arbeitsplatz auftretenden Anforderungen und
der Ausgestaltung von Qualifizierung und Kompetenz des Einzelnen für eben jene neuen
Anforderungen an sich wandelnden Arbeitsplätzen geht, die eine kompetentere
verantwortungsbewusste Selbstkontrolle der Persönlichkeit einfordern. Makropolltische
Unternehmensstrategien und eine Ausdifferenzierung von Qualifizierungs- und Lernstrategien
werden hier unter der Prämisse der Ausreizung technologischer Rationalitätsreserven und
zunehmender Selbstkontrolle individuell überantworteter Arbeitsergebnisse miteinander
verbunden, wobei es sich um Lern- und Qualifizierungskonzepte auf unteren mit mittleren
Ebenen handelt, nicht um Lernstrategien für das Management. Auch bei aller Flexibilisierung
von Raum, Zeit und Ort von Weiterbildung ist das traditionelle Klientel gleich geblieben.
3.
Aktuelle betriebliche Kompetenzanforderungen infolge veränderter
organisatorischer Arbeitsbedingungen in der Dienstleistungsbranche
Unter dem Einfluss der wachsenden Globalisierung setzt sich zunehmend eine strikte
ökonomische Orientierung auf Abnehmermärkte durch, von der auch nachhaltig
Auswirkungen auf die Organisation betrieblicher Arbeit ausgehen. Kurzfristigkeit, Flexibilität
und Elastizität des Wirtschaftens scheinen dabei wesentliche Eckpfeiler des „neuen
Kapitalismus“ darzustellen.15 In dem Maße, wie sich Wettbewerbsvorteile - insbesondere im
Dienstleistungsbereich - nicht länger einseitig über technologisch hoch entwickelte
Produktions- und Prozessverfahren generieren lassen, da die allgemeine Nutzung von
Informations- und Kommunikationstechnologien vielfach bereits zur Mindestvoraussetzung
für eine Marktpositionierung von Dienstleistungsunternehmen geworden ist, haben vor allem
privatwirtschaftliche Organisationen begonnen, sich über verbesserte Qualitätskriterien bzw.
über die Diversifikation ihrer Produktpaletten gegenüber dein Kunden zu profilieren. Durch
eine tendenzielle Abnahme standardisierter Handlungssituationen des Wirtschaftens und die
Zunahme von Standardisierungen des Arbeitshandelns in unteren Arbeitsmarktsegmenten des
industriellen Bereichs entstehen in den typischen Dienstleistungsbereichen Handel, Banken
und Versicherungen gestiegene Beratungsanforderungen und situative Flexibilität. Dabei wird
die subjektive Einschätzung bzw. Bewertung des Kunden als Produktions- und
Dienstleistungskäufer von Qualität und Professionalität sowie die Berücksichtigung der
Kundenperspektive in die Prozesse der Produktentwicklung und -gestaltung zu einer
13 Vgl. Ringshausen 1999
14 Siehe Baitsch 1998, S. 286f.
15 Vgl. Sennett, Richard: Der flexible Mensch, Harnburg 1998; Rifkin, Jeremy: Das Ende der Arbeit und ihre
Zukunft, Frankfurt 1998.
6
Wettbewerbsgröße. Vor dieser Perspektive zeichnen sich zwei zentrale Entwicklungsbereiche,
die einen erweiterten Zugang als Formen arbeitsintegrierten Lernens aufzeigen können, ab,
wobei der erste primär arbeitsorganisatorisch und der andere ressourcenorientiert ausgerichtet
ist.
a) Arbeitsorganisatorische Veränderungsprozesse werden zumeist ausgelöst durch die
Umsetzung von Zielstrategien zur Steigerung der unternehmerischen Produktivität. In der
organisationalen Umsetzung soll mit dein Anspruch optimierter Wertschöpfungsprozesse
eine deutliche Flexibilisierung auf der Basis der Verbreitung von Informations- und
Kommunikationstechnologien durch eine zunehmende Entkoppelung von zeitlichen und
räumlichen Zwängen neue arbeitsorganisatorische Gestaltungsspielräume erarbeitet
werden, die im steigenden Maße eine Integration planerisch- dispositiver, durchführender
und kontrollierender Tätigkeiten erlauben. Zweierlei Tendenzen zeigen sich innerhalb
dieser Perspektive ab: zum einen werden durch den Einsatz von Informations- und
Kommunikationstechnologien auf der Ebene des Kompetenzeinsatzes auf „niederer
organisatorischer Intelligenz“ neue Rationalisierungsprozesse insbesondere im Bereich der
industriellen Produktion erschlossen. Zum anderen resultieren auf der Steuerungs- und
Regelungsebene aufgrund einer technologisch unterstützten Kommunikationsvernetzung
und steigender Abstimmungs- und Kooperationsanforderungen, wie sie im
Dienstleistungssektor typisch sind, neue Kompetenzbedarfe der Unternehmen:
Kooperations- und Kommunikationskompetenz gewinnen aufgrund flexibilisierter
Organisationsstrukturen und erweiterter Produktdiversifikation zunehmend an strategischer
Bedeutung.16 Die verschiedenen Formen arbeitsintegrierten Lernens im Kontext von
betriebswirtschaftlich gesehen stabilen und damit standardisierbaren Lern- und
Qualifizierungsformen im Sinne der Ausgestaltung eines „role-taking“ finden hierin ihre
Ausgangsbasis, jedoch auch mit Öffnungen zu ressourcenorientierten
Veränderungsprozessen.
b) Ressourcenorientierte Entwicklungsbereiche konzentrieren sich auf die Förderung,
Entwicklung und Sicherstellung der organisationalen Lern- und Entwicklungspotentiale
und -kompetenzen. Es geht um die Thematisierung sozialer Steigerungsformen der
Wahrnehmung und Thematisierung informaler Regeln und Bereiche, die gegenüber einem
arbeitsorganisatorischem Verständnis der Strukturierung formaler Organisationsprozesse
nunmehr ein neues Verständnis voll organisationalen Humanressourcen aufgreifen. Dieses
betrifft Fragen einer Flexibilisierung der Belegschaften, die Kappung der
Organisationshierarchien, Bildung voll Netzwerken und Kooperation und in allen
Umstrukturierungsprozessen inbegriffenen Transformationsregeln voll Macht, Sprache etc.
Diese Oberlegungen führen zu einem Bedeutungsanstieg der individuellen
Humanressource und ihr Verhalten in informalen Organisationskontexten, da mit der
Auflösung standardisierter Arbeitsabläufe bzw. -bedingungen die Gestaltungskompetenz
des individuellen Arbeitnehmers wichtiger wird. Der einzelne Akteur ist gefragt als
„role-making“ - Akteur. Grundlegend handelt es sich um eine permanent zu erbringende,
kognitive Anpassungsleistung des Individuums all sich verändernde Arbeitsbedingungen
und an sich verändernde technische und arbeitsorganisatorische Steuerung, die informell
auf die Qualität der Abläufe von Prozessen und Informationen Einfluss hat und die weit
über eine sozialverträgliche Technikgestaltung von Arbeitsorganisationsprozessen hinaus
geht. Downsizing bzw. Flexibilisierung der Belegschaften, Personalkonversionen als stete
Anforderung, Kappung der Organisationshierarchien, virtuelle Organisationen und
Netzwerke der Kooperation sowie eine Extensivierung flexibler Teilzeit-Belegschaften an
16 Siehe Ringshausen 1999, S. 17
7
den Unternehmensperipherien („just-in-time-employment“) führen zu einem
grundsätzlichen Bedeutungsanstieg der individuellen Humanressource, da mit der
Auflösung standardisierter Arbeitsabläufe bzw. -bedingungen die Gestaltungskompetenz,
(role-making) des individuellen Arbeitnehmers zunehmend wichtiger wird; dies gilt
zumindest und insbesondere für die Kernbelegschaften voll Unternehmen, die das
Core-Business sicherstellen.17 Dieses geht zu Lasten der Identifikation des Menschen mit
einer bestimmten Arbeit bzw. den einzelnen ihn umgebenden Organisationen. Insbesondere
psychologische Prozesse der individuellen Identitätsbildung und Persönlichkeitsbildung
sind davon nachhaltig betroffen, da hier biographische Brüche und Diskontinuitäten
individuell bewältigt werden und Lebens- und Karriereplanungen als Portfolio-Work und
Laufbahnplanungen im Sinne eines „Career and Life managing“ individuell geleistet
werden müssen, da vorstrukturierte, lineare Berufs- und Karriereverläufe der
Vergangenheit angehören werden, wenn öffentlich geförderte und verantwortete
Weiterbildung für individuelle Lebenslaufwege abnehmen, ihre Legitimität einbüßen18,
Weiterbildung lebenslange Aufgabe wird19 etc.
Es dürfte evident sein, dass betriebliche Weiterbildung in ihrer Ausdifferenzierung von
Konzepten arbeitsintegrierten Lernens wesentlich arbeitsorganisatorische Veränderungen mit
bewirken kann. Die gegenwärtig zu beobachtende Tendenz des Bedeutungszuwachses von
arbeitsorientierten zu ressourcenorientierten Veränderungsprozessen weist auf einen
Perspektivenwechsel hin, der die Diskussion um formelles und informelles Wissen und
Lernen betrifft bzw. die große Aktualität informellen Lernens im Gegensatz zum
internationalen, organisierten Lernen widerspiegelt. Die Aktualisierung informellen Lernens
wird zunächst in der Verwendung des PCs am Arbeitsplatz bezüglich des Inhalts, der
Nutzung, der Konzepte und der Angebotsstruktur gesehen,20 wobei kommunikative und
soziale Kompetenzen technisch-organisatorische und qualifikationsbezogene Strategien durch
eine temporäre Angleichung individueller Qualifikationen zu einer neuen Struktur der
Qualifikationszusammensetzung in komplexen Arbeitsstrukturen verhelfen sollen, wie
insbesondere im Punkt Zur Steuerung auf die Betriebsorganisation im dritten Spiegelstrich
benannt. Insgesamt sind diese Konzepte und Strategien als Weiterungen des
Qualifikationskonzepts im Sinne der Entwicklung von einer zweckorientierten zu einer
zwecksetzenden Qualifizierung zu sehen,21 bzw. der Begriff der Kompetenzentwicklung setzt
sich zunehmend als strategischer Begriff in sich permanent verändernden, situierten
Kontextualisierungen durch. Wird betriebliche Weiterbildung in Verknüpfung mit
ressourcenorientierten Veränderungen in integrierten Managementsystemen gesehen, steht sie
im Kontext interpretativer Personal- und Organisationsentwicklung und untersteht dem
Handlungsprimat ökonomischer Handlungslogik.
Aus pädagogischer Perspektive führen diese Ausdifferenzierungsformen, die im Kontext
interpretativer Personal- und Organisationsentwicklung stehen, zu Entgrenzungen didaktischer
Lehr-Lernformen unter dem didaktischen Primat der Trias der Organisation des
Lehr-Lernprozesses: Lerner - Inhalt - Lehrender. Beratungsmethoden, coaching etc. sind hier
17
18
19
20
Siehe ebda., S. 18.
Vgl. Gross, Peter: Ich-Jagd. Ein Essay, Frankfurt 1999; Sennett 1998.
Brödel, Rainer (Hrsg.): Lebenslanges Lernen – lebensbegleitende Bildung, Neuwied u. a. 1998.
Siehe Tully, Claus J.: Lernen in der Informationsgesellschaft. Informelle Bildung durch Computer und
Medien, Opladen 1994, S. 191 f.
21 Vgl. Arnold, Rolf. Von der Weiterbildung zur Kompetenzentwicklung. Neue Denkmodelle und
Gestaltungsansätze in einein sich verändernden Handlungsfeld, in: QUEM (Hrsg.): Kompetenzentwicklung
'97, Münster 1997, S. 253-317.
8
gefragt, jedoch fehlen, forschungspolitisch gesehen, Theorien und Forschungen, um
Bildungsbedarfe in kontextuierten Bezügen gegenüber anderen Interessen wahrzunehmen und
zu ermitteln.22 Um es etwas pointierter zusammenzufassen: didaktische
Vermittlungsprobleme zwischen Subjekt - Lernen - Lehren können die Wechselbeziehungen
zwischen einzelnen Akteuren und Akteursgruppen in sich umstrukturierenden
Organisationsstrukturen nicht thematisieren, d.h. nicht zum Gegenstand von LebtLernprozessen machen. Zudem gelingt es nicht, die in der Organisationsentwicklung
wichtigen Ressourcen der informellen Machtstrukturen zu thematisieren, die eine
einflussreiche Quelle für informelle Machtzentren darstellen und nur über Momente von
Beteiligung fassbar werden. Die Entwicklung von Leitbildorientierungen und Szenerien von
Bildungsbedarfen als Aushandlungsprozesse stehen hoch im Kurs, da sie in neuen Trends
vermehrt Individualität außerhalb von karriereorientierter Lebenslaufplanung und
Verantwortung innerhalb organisationaler Veränderungsprozesse skizzieren und unter der
Perspektive der Qualitätsverbesserung den Prozess der Umstrukturierung zum permanenten
Korrektiv erheben. In Dienstleistungsbereichen sind diese Entwicklungen und Formen
betrieblicher Weiterbildung vermehrt anzutreffen.
4.
Betriebliche Weiterbildung und Bildungskurs als Stakeholder-Prozesse
Die Kontroversen von Markt oder Staat in der Weiterbildung sind hinsichtlich der
Deinstitutionalisierungsprozesse von Bildungsinstitutionen, des Wettbewerbs von
Bildungsmärkten und hinsichtlich des Bedeutungszuwachses von Formen arbeitsintegrierten
Lernens in der betrieblichen Weiterbildung überholt. Psychologische Prozesse der
Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung innerhalb ressourcenorientierter
Veränderungsprozesse verlangen besondere Aufmerksamkeit im Kontext interpretativer
Personal- und Organisationsentwicklung, denn diesen Prozessen sind vonseiten der
betrieblichen Weiterbildung individuell befriedigende Lösungen zuzuführen, die jedoch als
individuelle Qualifizierungsphasen und Kompetenzentwicklung nicht zu lösen sind. Sie lassen
sich nur in Wechselbeziehungen zu anderen Individuen, Gruppen und Organisationsstrukturen
entwickeln. Auf der Suche nach Deutungen von Strukturen und Handlungen der Akteure
erscheint der Stake-Holder-Ansatz aussichtsreich, um die ökonomische Dimension der
Weiterbildungsprozessen zu erfassen. Er beansprucht die Förderung und Anerkennung von
internen und externen Anspruchsgruppen mit ihren Interessen (Zielen), Leistungen (materiell,
immateriell), Handlungsnormen und Machteinflüssen im Blick zu haben und sieht die
Stakeholder in einem Prozess von veränderbaren Wechselbeziehungen.
In seiner Offenheit gegenüber pädagogischem Handeln soll der Ansatz zu neuen Einsichten
und Handlungsperspektiven beitragen.23 Im Einzelnen geht es darum, die
Wechselbeziehungen in von Akteuren getragenen Interessen und Ansprüchen in betrieblichen
Weiterbildungsprozessen zu erkennen, wobei auch Akteure mit Interessen eingebunden sein
können, die nicht als Akteure selbst auftreten.
Gesucht wird eine förderliche Kooperation für die Weiterbildung, ausgehend von dem
Stakeholdergedanken der Betriebswirtschaftslehre, der den Interessen der Kapitaleigentümer
22 Vgl. Peters, Sibylle (Hrsg.): Professionalität und betriebliche Handlungslogik. Pädagogische
Professionalisierung in der betrieblichen Weiterbildung als Motor der Organisationsentwicklung, Bielefeld
1998; Dewe, Bernd: Lernen zwischen Vergewisserung und Ungewissheit, Opladen 1999.
23 Vgl. Grenzdörffer, Klaus: Betriebliche Weiterbildung und Bildungskurs als Stakeholder-Prozesse, in
Biesecker, Adelheid; Elsner, W.; Grenzdörffer, Klaus: Ökonomie der Betroffenen und Mitwirkenden:
Erweiterte Stakeholder-Prozesse, Pfaffenweiler 1998, S. 210-240.
9
weitere berechtigte Interessen von Anspruchsgruppen zur Seite stellt. Da es keine
Institutionen- und Organisationstheorie der Weiterbildung gibt, allenfalls
Organisationsentwürfe „locker verkoppelter Nerze“ für die Erwachsenenbildung vorliegen,24
erscheint der Rückgriff auf den Stakeholderansatz, um Weiterbildungsprozesse besser zu
gestalten und Transparenz zu schaffen, Plausibilität für Lösungswege beanspruchen zu
können. Er erlaubt Kriterien zu berücksichtigen, die verschiedenartige Einflüsse auf
Weiterbildungs-Prozesse als vorn Unternehmen akzeptierte Ansprüche berücksichtigen. Für
ressourcenorientierte Veränderungsprozesse wird als Erklärungsansatz auf Personal- und
Organisationsentwicklungskonzepte rekurriert, die nach internen Regeln der Organisation und
Personalwirtschaft durchgeführt werden, welche der Förderung von Potentialen im Sinne von
Ressourcennutzung jedoch oft abträglich sind.25 Dieser Ansatz kommt voraussichtlich
ressourcenorientierten Veränderungsstrategien entgegen. Er kann gegenüber
arbeitsorganisatorischen Veränderungsvorhaben, die nicht frei von der Anweisungsmacht der
Betriebsführung gegenüber Beschäftigten sind, diese zum Gegenstand von Ansprüchen
wechselseitiger Interessen machen. Dieser Ansatz könnte ein Modell gegenüber der Dominanz
von Anpassungsweiterbildung sein, indem eine Strukturierung der Akteursbeziehungen in
Kooperationsformen von Weiterbildung zwischen den individuellen als auch
organisatorischen Akteuren möglich werden könnte. Hier könnten aber auch die
Machteinflüsse als materielle und nichtmaterielle Machtressourcen oder als materielle und
nichtmaterielle Interessen in ihr ein wechselseitigen Nutzen herausgearbeitet und
wechselseitig der Partizipationsgedanke aufgenommen werden.
Es geht um eine umfassende Bewertung und wechselseitige Verwertung von Interessen und
berechtigten Einflüssen, die nur über Kooperationen herzustellen sind. Der Stakeholderansatz
fördert Transparenz und Strukturierung von Problemen, womit Z.B. Selbständigkeit und
Selbstverantwortung der einzelnen Akteure besser als bisher in Wechselbeziehungen
anerkannt werden könnten; er könnte aber nicht Probleme entgegengesetzter Interessen,
unterschiedlicher Ziele, verschiedener Normen und Kulturphänomene, nichtadäquater
Leistungen sowie hierarchischer Konflikte lösen, jedoch zum Gegenstand von
Aushandlungsprozessen als Weiterbildung machen. jene Überlegungen sind im Kontext von
anderen Konzepten Mir Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben zu sehen, in denen
Theorieansätze diskutiert werden, um die Veränderungsfähigkeit dieser Unternehmensformen
voranzutreiben. Innerhalb dieser Diskussion wird der Konfigurationsansatz z.B. als besonders
aussichtsreich diskutiert. Dieser ist aber bisher noch nicht auf Weiterbildungsprozesse
übertragen worden und wird aus dem Grunde hier nicht entfaltet.26
Gleichwohl gehören derartige transdisziplinäre Überlegungen in Weiterbildungskontexte und
es bleibt abzuwarten, ob ökonomische Ansätze sich in Verbindung mit organisationalen
Konzepten zu lernenden Organisationsentwicklungskonzepten durchsetzen und für die
transdisziplinäre Gestaltung von Weiterbildungsprozessen im Unternehmen eignen werden.27
Allgemein betrachtet stehen diese Oberlegungen in Kontexten von Anreiz-Beitragssystemen,
die Entscheidungsprozesse für Handlungsoptionen von Akteuren favorisieren, bzw.
Ausgangspunkt für Entscheidungen sind. Es betrifft die Interessen von einzelnen Akteuren
und Akteursgruppen, indem Lebensereignisse wie Entscheidungen über die
Teilnahme/Nichtteilnahme an Weiterbildung Schnittpunkte der Lebenslaufplanung in eigener
Verantwortung sind. Demgegenüber wird innerhalb der erziehungswissenschaftlichen
24 Vgl. Schäffter, Ortfried: Weiterbildung in dei Transformationsgesellschaft, Berlin 1999.
25 Siehe Grenzdörffer 1999, S. 213.
26 Vgl. Mugler, Josef. Die Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben. Wichtige Theoriebeiträge im Überblick,
in: Kailer, Norbert/ Mugler, Josef (Hrsg.): Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen, Wien 1999,
S. 15-66.
27 Vgl. Ringshausen 1999.
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Diskussion das erzieherisch-didaktische Moment einer didaktischen Erzeugung einer Lernund Leistungsmotivation als Ausgangspunkt der Teilnahme/Nichtteilnahme an Weiterbildung
thematisiert. Lebenslauf als Konstrukt ist in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion
nicht frei von dein Gedanken, Erziehung habe auf die Formung des Lebenslaufs und über die
Lebensphasen des Erwachsenenseins Einfluss und forme die Institutionalisierung des
Lebenslaufs eben auch im Erwachsenenalter.28 Darin liegt die Annahme begründet, Einfluss
auf eine pädagogisch gestaltbare Formung der psychologischen Motivierung für
Qualifizierungsformen in formellen Lehr-Lernprozessen zu nehmen. Diskussionswürdig
erscheint der Gedanke, dass die Formung des Lebenslaufs den pädagogischen Blick auf die
Möglichkeiten der Vermittlung von sinnstiftenden Handlungsfähigkeiten von Partizipation
und Beteiligung innerhalb von Rollensets verschiedener Akteursgruppen im Unternehmen
nicht freilegt. Aus pädagogischer Perspektive bleibt die Wahrnehmung des Akteurs in
verschiedenen Rollen im Lebenslauf des Erwachsenen unzureichend thematisiert, diese
Aspekte bleiben unter dein Primat der Formung des Lebenslaufs ausgeblendet und können
m.E. auch nicht innerhalb didaktischer Fragen von Weiterungen in der
Qualifikationsentwicklung gelöst werden.
5. Zur Flexibilisierung des Individuums: selbstorganisiertes Lernen, lebenslanges
Lernen und Kompetenzentwicklung als permanente „Aneignungsaufgabe“
Die subjektive Perspektive unter Aspekten der „role-making“-Gestaltung von
Organisationsprozessen ist die entscheidende Ebene und in ihr ist der Einzelne bei
zunehmender Flexibilisierung von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung unaufhörlich
sozialen Flexibilisierungen ausgesetzt. Lebenslanges Lernen und selbstorganisiertes Lernen
sind Steigerungsformen, in dem über nette Formen der Vermittlung und Aneignung neue
Systeme vom Einzelnen her neu zu kreieren sind, in denen sich der Akteur veränderten
Kontexten von Leistungen durch flexibilisierte Inhalte und Formen von Qualifikation neu zu
entwickeln hat. In diesen sind neben Qualifizierung Beteiligung und Partizipation unter
ökonomischen Qualitätskriterien gefragt. Der Einzelne muss infolge der
Deinstitutionalisierung des öffentlichen Bildungssektors in der beruflichen Aus- und
Weiterbildung in neuen Steigerungsformen nunmehr selbst Sinn als permanente Aufgabe des
„Bildungs-Lebenslaufs“ erzeugen. Der Begriff soziale Flexibilisierungsdehnungen als
Steigerungen von Person und Individualität umfasst diese Prozesse. Die richtige
Bildungsleistungen zu wählen, wird eine Lebenslaufentscheidung des Einzelnen, die auch
vom einzelnen als „richtige“ Bildungsentscheidung prospektiv wie retrospektiv zu
legitimieren ist, da infolge der Flexibilisierung des Bildungssystems dieses weniger
„Vorgaben“ machen wird. Das wirft neue Fragen der Institutionalisierung von Lebensläufen
als theoretisches Konstrukt in veränderten Formen der Einpassung von Freiheit und Ordnung
auf, die vom Individuum als eigenständige Leistung vor dein Hintergrund der Flexibilisierung
öffentlicher Bildungsgänge aufzufangen sind. Es geht dabei darum, nicht mehr nur neue
Qualifikationen zu kreieren; es geht darum, den Lebenslauf des Einzelnen in Vergangenheit
und Zukunft als ein soziales System zu begreifen, das durch Sozialsysteme von Erziehung und
Bildung immer wieder neue selbstreferenzielle Systeme als immer neue Steigerungsformen
herzustellen vermag. Es geht um die Herstellung und Konstruktion von Lebenslaufentwürfen
als auch darum, wie die Konstruktion ihrer auf sich selbst bezogenen Elemente beschaffen ist;
denn die Ausgestaltung ihrer Formen basieren auf Entscheidungen, die das Individuum zu
treffen hat. Selbstorganisation des Individuums beinhaltet, wie der Einzelne die Struktur des
28 Siehe Luhmann, Niklas: Erziehung als Formung des Lebenslaufs, in; Lenzen, Dieter; Luhmann, Niklas
(Hrsg.): Bildung und Weiterbildung im Erziehungssystem, Frankfurt 1997, S. 11-29, S. 12f.
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Lebenslaufs einzelne Elemente von Lebenslaufentscheidungen organisiert, wie die einzelnen
Formen aufeinander bezogen sind, wie Lebensentscheidungen im System des Individuums
miteinander vernetzt sind, miteinander agieren etc. Das Individuum ist damit beschäftigt, die
inneren und äußeren Strukturen von Person und sozialer Welt ständig in einer Balance zu
halten. Selbstorganisation und Selbstreferenzialität werden immer wieder erneut über Bildung,
insbesondere in der Form des lebenslangen Lernens29, hergestellt und sie sind als System in
ihrer permanenten Funktion so zu verstehen, dass sie immer wieder Komplexität der inneren
und äußeren Strukturen bewältigen müssen bei gleichzeitiger Herstellung von Kontingenz:
Die Leistung besteht in der Verknüpfung von Relationen und Optionen, die den Lebenslauf
immer wieder in Vergangenheit und Zukunft Sinn vermitteln. Das erfordert permanente
Kommunikation. Bildung ist nicht mehr möglich ohne Kommunikation. Kommunikation ist
nicht identisch mit Handeln und der Hervorbringung einer beruflichen Handlungskompetenz.
Komplexitätsreduktion gelingt im Sinne von Kontingenz erst dann dein Erwachsenen, wenn
er Kommunikation und Handeln sinnvoll aufeinander bezieht, also, wenn er lernt und dieser
Begriff umfasst mehr als der Qualifikationsbegriff zu fassen vermag.
Aufgabe und Anforderung liegt in der Gestaltung des „role-making“ und der aktiven
Ausgestaltung von Arbeitsabläufen und -inhalten, wenn insbesondere im
Dienstleistungsbereich destandardisierte Arbeitsanforderungen und -bedingungen greifen bzw.
der einzelne Akteur die gegebene Komplexität formeller und informeller
Organisationsstrukturen in ihrer Komplexität zu erfassen über „Sinn“ angemessen zu
reduzieren hat. In der Ausgestaltung von „role-making“ liegt Sinn und Sinnhaftigkeit, die
Kontingenz ermöglicht. Komplexitätsreduktion bei Aufrechterhaltung von Kontingenz sind
die Formen des Möglichen und des Gegebenen, zwischen denen das Individuum immer
wieder neu entscheiden muss. Sinn ist das Kriterium für den permanenten Prozess der
Selektion, d.h. Selektion findet als Prozess ständig statt im Kontext von Angeboten im
Organisationskontext von Organisationskulturen. Sich permanent als soziales System offen
halten und Handlungen durch Kommunikation so zu ordnen, dass das Individuum von der
Selbstorganisation zur Selbststeuerung der Bildung als Erwachsener gelingt, ist das Anliegen
bzw. macht die Selbstreferenzialität und Rückbezüglichkeit aus. Das sind die Kontexte
interpretativer Personal- und Organisationsentwicklung, in denen die Verantwortung in das
Individuum rückverlagert wird. Konzepte lernender Organisationen geben damit sozusagen
die mikropolitische Ebene „frei“ für „role-making“-Prozesse des Möglichen, auf der Akteure
und Akteursgruppen Interessen nach Bedürfnislagen und betrieblichen Anforderungen
ausbalancieren können.
Selbstorganisation und Teilhabe30 in lernenden Organisationsstrukturen stellen einen Wandel
in der Qualifikationsdebatte dar. Selbstorganisiertes Lernen zeichnet sich gerade dadurch aus,
dass außerfachliche Dimensionen innerhalb ressourcenorientierter Kontexte favorisiert
werden. Gerade die betriebliche Ans- und Weiterbildung wird an ihrer Leistung gemessen ,
inwieweit sie Mitarbeiter zur Konfliktfähigkeit, Kooperation etc. anleiten kann und offene und
situative Lernprozesse zu gestalten vermag. In Arbeitsprozessen werden die Mitarbeiter mit
offenen Sitt12tionen konfrontiert und zum Lernen aufgefordert, in denen sie selbst
Entscheidungen treffen und diese verantworten müssen. Der Qualifikationsbegriff erscheint
schwierig, da er entschieden zu stark von einer Generalisierung ausgeht und die skizzierten
Veränderungen wie die der Gestaltung offener Lernsituationen und situativen Arrangements
nicht aufzunehmen vermag. Alle diese neuen Formen leben von Aushandlungsprozessen als
interpretative Formen von Personal- und Organisationsentwicklung und somit von der
Inszenierung von Einzelfällen in einer innovativen Bildungspraxis in Unternehmen,
29 Vgl. Brödel 1998.
30 Siehe Peters, in: Euler 1998, S. 215
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Verwaltungen und Dienstleistungsbereichen. Es sind Tendenzen, dass hier Anforderungen
und theoretische Konzepte von einer vorwiegend „zweckorientierten“ zu einer „zu setzenden
Bildung“ wandeln, deren „Zweck“ von allen geteilt werden muss. Kern ist folglich die
Befähigung des Einzelner), betriebliche Innovationen als zu gestaltende Satzungen aktiv
mitzutragen und sich auf das "Mitspielen" einzulassen. Selbstorganisiertes Lernen wird auch
so eingeschätzt, dass es als Vorbereitung auf die Selbstanpassung an den Wandel als eine neue
Qualität der Qualifikation sei. Sie konstituieren ein neues Muster von Erwerbsbiographien als
„patchwork“ - Biographien, d. h. die Individuen versuchen, ständig mögliche Substitutionen
des Arbeitsvermögens durch die nächsthöheren marktfähigen Qualifikationen, die In immer
offerieren und kommunikativen Bildungsphasen insbesondere informell gesucht werden. Der
lokale und situierte Kontext der Verwertung von Qualifikation und Bildurig wird
entscheidend, nicht die Vermittlung von Qualifikationen und Bildungsinhalten selbst. Die
richtigen Kombinationen betreffs Ort, Zeit und Inhalts in internen Personal- und
Organisationsstrukturen interpretativ aufzugreifen, bedarf der pädagogisch-didaktischen
Unterstützung und der Hereinnahme von coaching, Beratung, Diagnose, Evaluierung etc.
6. Transdisziplinäre Kooperationen von Weiterbildung stärken die Weiterbildung und
ihr Profil in Kooperationsbeziehungen in (transnationalen) Netzwerken
Die Zukunft der Weiterbildung in Unternehmen liegt in der Einbindung in
Netzwerkpotentiale, da der Staat sich ans Wirtschafts- und Arbeitsmärkten immer mehr
zurückziehen wird. Die Zukunft der Weiterbildung ist auszuhandeln, bzw. sie hängt von der
Fähigkeit und dem Willen zur Aushandlung auch im Bereich der (öffentlich) geförderten
beruflichen Weiterbildung ab. Wesentliche Schwerpunkte der beruflichen Weiterbildung
liegen in der Stärkung der öffentlich und unternehmerisch mitverantworteten
Rahmenbedingungen, um Weiterbildung als Standortfaktor dort einzubinden, wo in Formen
wie Umschulungen Personalkonversionen strukturell aufgenommen werden. Weiterbildung
wird als Teil von Gemeinschaftsaufgaben zur Stärkung der Rahmenbedingungen
herangezogen, um die wirtschafts- und bildungspolitische Verantwortung in der Region mit
der sozialen Verantwortung des Staates zu vernetzen.
Zudem erfährt betriebliche Weiterbildung weiterhin neue Expansionen. Ihre Bedeutung und
Verknüpfung mit Personal- und Organisationsentwicklung zur Steuerung sozialer Prozesse
innerhalb und außerhalb von Unternehmen nimmt zu und erfordert Kooperationsformen
zwischen beruflicher Und betrieblicher Weiterbildung, um Netzwerkprozesse und
Netzwerkorganisationen sozial entwicklungsfähig zu halten. Präventive Steuerungsarbeit ist
unerlässlich, bzw. Akteure verantworten organisationale Lern- sowie die
Steuerungsfunktionen, in denen
- Kommunikation
- Teamwork
- Effizienz
- Qualitätsentwicklung
- Qualitätsbewusstsein von zentraler Bedeutung sind.
Die Nachfrage nach Lernen wird als individuelle Nachfrage wie auch von Seiten von
Organisationen und Unternehmen weiterhin hoch bleiben und Regionen nehmen für sich in
Anspruch, ihre Strukturen des Lernens infolge neuerer Anforderungen durch den
zunehmenden Wettbewerb und einer bewusster werdenden Kundenorientierung zu
überdenken und zu wandeln. Die Zunahme von Ressourcenbewusstheit in Organisationen der
Wirtschaft und Verwaltung ist unverkennbar; sie hinterfragen reflexiv ihre Leistungen und
damit, wie das eigene Haus für den Wandel und Wettbewerb bestellt ist. Diese Trends sind
13
nicht aufzuhalten. Schaut man auf die Entwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung,
so konzentriert sich diese noch vorwiegend auf die Vorbereitung einer industriell und
kaufmännisch generalisierbaren Tätigkeit mit entsprechender beruflicher
Handlungskompetenz. Gefragt sind infolge des Wandels in Unternehmen Flexibilität und eine
bewusste Orientierung auf die eigenen internen Organisationsstrukturen und deren
Vorbereitung auf veränderte Funktionen und Leistungen durch das Lernen von Mitarbeitern in
Organisationseinheiten, die aufeinander zu beziehen sind.
Die Entwicklungen weisen auf, dass der ökonomische Blick und die Orientierung auf Markt,
Wettbewerb, Kosten, Kundenwünsche, Lieferantenanforderungen etc. nicht mehr allein
Unternehmerisches Handeln bestimmen.31 Flexibilisierungsangebote nehmen zu und immer
neue Formen von Steigerungen der Erlebens-, Handlungs- und Lebensmöglichkeiten
durchdringen alle beruflichen, betrieblichen und sozialen Bereiche und bedürfen existentiell
der Bildung, um die ständig steigende Komplexität und Vernetzung zu bewältigen - Bildung
und Lernen werden immer selbstverständlicher alle Lebensphasen von Produkten und
organisationalen Veränderungsprozesse begleiten, bzw. zwischen nachfragenden Systemen
und anbietenden Systemen wird Bildung, Beratung und Evaluierung (Forschung) als
strukturelle Einheit immer bedeUtsamer.32 Berufliche und betriebliche Weiterbildung nehmen
verschiedene Aufgaben wahr, können aber, eingebunden in stärkere Kooperation regionaler
Bezugsrahmen, die Steuerung sozialer Prozesse im Kontext von Moderation und Mediation in
Netzwerken übernehmen, und damit, gegenüber gegenwärtig technisch determinierten
Steuerungsprozessen, eine Ressourcenorientierung auf mikropolitischer Ebene entwickeln.33
Bildung und Lernen sind in der Kooperation von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung
innovationsfördernde Dienstleistungen, deren Potentiale differenziert zu entwickeln sind und
denen in transdisziplinären Kontexten in ihrer Reichweite und Strukturierungsfähigkeit gilt,
gebührend Beachtung zu geben.34
Sibylle Peters: Differenz und Kooperation von beruflicher und betrieblicher Weiterbildung. Online im Internet URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2000/peters00_01.doc
Dokument aus dem Internet-Service des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung e. V. – http://www.diefrankfurt.de/esprid
31 Vgl. Grenzdörffer 1999; Kailer/Mugler 1999
32 Vgl. Kailer, Norbert; Scheff, Josef. Wissensmanagement als Dienstleistung. Die Zusammenarbeit zwischen
kleinen und mittleren Unternehmen und Bildungs-, Beratungs- und Forschungsinstituten, in: Kailer, Norbert;
Mugler, Josef (Hrsg.): Entwicklung Von kleinen und mittleren Unternehmen, Wien 19994 167-194.
33 Vgl. Malvache, Jean Luc; Schuler, Michael: Strukturwandel im Ruhrgebiet: Sozialverträgliche
Beschäftigungssicherung und -förderung durch konzerninterne und -externe Vernetzungen im Montansektor,
in: Jahrbuch Arbeit, Bildung, Kultur, 13d. 15/16, 1997/98, S. 145-179.
34 Vgl. Welsch, Wolfgang: Vernunft. Die zeitgenössische Vernunftkritik und das Konzept der transversalen
Vernunft, Frankfurt 1996.
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