0 Ziel des Kapitels Marketing

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ARBEITSMATERIALIEN FÜR STUDIERENDE
AM INTERNATIONALEN
HOCHSCHULINSTITUT IN ZITTAU (IHI)
MARKETING UND
UNTERNEHMENSFÜHRUNG + FALLSTUDIE
- GRUNDLAGEN -
 Einordnung und Marktprozesse
 Unternehmensführung/Marketing
 Grundlage für eine individuelle Fallstudie
26125 Oldenburg im WS 2000/01
von Dr. Thomas Hildebrandt, Im Eichengrund 2, 26125 OLDENBURG
[email protected]
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
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Ziel dieser Unterlage
Das Ziel dieser Unterlage soll ein Grundlagenüberblick über die wesentlichen
Aspekte des Marketings und der damit verbundenen Aktivitäten sein.
Marketing wird als Unternehmens(führungs)philosophie verstanden, d.h. im
Sinne einer Querschnittsfunktion mit Primärgestaltungscharakter. Es wird explizit darauf hingewiesen, daß dieser Marketingansatz alle Funktionen des Unternehmens betrifft.
Weiterhin wird von einem informatorischen Ansatz ausgegangen, d.h. das Kapitel Marketing soll chronologisch so dargestellt werden, wie man in der Praxis
idealtypisch vorgehen sollte:
 Erkennung der Notwendigkeit einer Ergänzung oder Variation des Leistungsprogramms, durch veränderte Marktgegebenheiten,
 Ideensuche und Konkretisierung von Alternativen mit einer Auswahl,
 Klärung der innerbetrieblichen und marktlichen Möglichkeiten der Umsetzung und
 die Darstellung bzw. Gestaltung der Marketinginstrumente.
D.h., die Phasen vor der operativen Umsetzung der Handlungsalternative bestehen somit vor allem in der Informationsbeschaffung (Marktforschung und Check
der eigenen Möglichkeiten).
1
Problemeinführung
Der Begriff „Marketing“ wird in der Literatur in vielerlei Hinsicht definiert.
Ähnlich unterschiedlich sind auch die Aussagen der Praktiker, auch wenn diese
an entscheidenden Stellen im Marketing arbeiten und vermeintlich über die selben Inhalte berichten.
Grundsätzlich einheitlich sind die Aussagen insofern, daß es mindestens immer
um Absatzleistungen geht, die den Bestand des Unternehmens absichern bzw.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
die Situation des Unternehmens auf dem Markt und der Erlösseite verbessern
sollen.
In der Problemeinführung soll aber nicht die „richtige“ Begriffsdefinition diskutiert werden, ein Definitionsvorschlag wird unter dem nächsten Gliederungspunkt angeboten, sondern es soll versucht werden, das Umfeld der Unternehmen
am Markt kurz aufzuzeigen, um aus Sicht der Anbieter die zunehmend problematischer werdenden Absatzmöglichkeiten darzustellen. An dieser Stelle sollen
generalisierende Trends die Marktsituation beschreiben, wohlwissend, daß sich
die Marktgegebenheiten in den einzelnen Branchen völlig differenziert zeigen
können.
Folgende technische, ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen können
im Kontext als interdependent und problemdarstellend gesehen werden:
I Technische Entwicklungen:
Die Beschaffung von Daten wird durch neue Kommunikationstechnologien stark
vereinfacht und damit auch kostengünstiger. Dies hat grundsätzlich zur Folge,
daß sich Technologiestandards in allen Prozeßbereichen der unterschiedlichen
Unternehmen, aber besonders unter den Wettbewerbern der gleichen Produktlinien, schneller als bisher ähnlicher werden. Dies betrifft nicht nur den Anlagenaufbau in den Unternehmen, sondern auch den Ablauf der Prozesse, die Funktionsprinzipien und Ausführungsformen der Produkte selbst.
Trend  Informationen werden zunehmend „freie Güter“.
II Ökonomische Entwicklungen:
Begünstigt durch ähnliche Informationsniveaus, ausgelöst durch den leichteren
und kostengünstigeren Beschaffungsprozeß von Informationen, passen sich auch
die Kostenniveaus der Wettbewerber tendenziell an (z.B. indem die verwendete
Verwaltungs- bzw. Organisationsstruktur angepaßt wird oder aber die Einkaufsradien der Materialwirtschaft im Zuge der Globalisierung von Unternehmenstätigkeiten weltweit ausgedehnt werden). Diese Entwicklung wird u.a. auch durch
die Standortmobilität und größere Flexibilität von Unternehmen bzw. von Teilen
der Unternehmen gefördert.
Trend  Nivellierung der Faktorpreise.
III Gesellschaftliche Entwicklungen:
Durch die Ausweitung und Verbesserung der Kommunikationstechnologien
herrscht eine größere Markttransparenz als bisher. Dies gilt z.B. für Preise
(Preisagenturen), aber auch für Produktqualitäten (Stiftung Warentest o.ä.).
Viele Konsumenten werden aufgrund sinkender Kaufkraft auf mehr Informationen bei Kaufentscheidungsfindungen von Produkten zurückgreifen (z.B. Reisen,
technisch hochwertige, komplexe Güter).
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Aufgrund vieler Faktoren ist es in zahlreichen Marktbereichen zu Sättigungserscheinungen gekommen - es herrschen sog. Käufermärkte vor, d.h. die Marktsituation und -entwicklung (Preise, Design, Mengen) wird eher durch die Verhaltensweisen der Konsumenten gesteuert als durch die Unternehmen. Dies kehrt
sich allerdings bei zunehmender Unternehmensgröße (im Sinne von Marktmacht) um (z.B. Microsoft).
Weiterhin sind höhere Qualitätsstandards gefordert, die von den Unternehmen
mit ähnlichen Instrumenten der Qualitätssteuerung erreicht werden.
Der Verbraucher erliegt (t.w. durch die Unternehmen hausgemacht) schnelllebigen Trends, auf die die Unternehmen sehr kurzzeitig mit Produkten und
Dienstleistungen antworten müssen.
Trend 
Das Anforderungsprofil an Produkte und Dienstleistungen steigt in vielerlei Hinsicht in t.w. immer kürzeren Zeitabständen (z.B. die Sicherheitsstandards in Automobilen).
IV Weitere Entwicklungen:
Das Angebot an Waren und Dienstleistungen ist durch eine insgesamt zunehmende Anzahl von Wettbewerbern größer geworden. Es muß entschieden werden, ob die Leistungsprogramme im eigenen Unternehmen vergrößert oder verkürzt werden sollen. Unternehmen und Kunden sind durch unterschiedliche Prozesse daran gewöhnt bzw. darauf eingegangen, daß sich Produktlebenszyklen
immer mehr verkürzen. Auch ökologische Aspekte, die zu einer Verlängerung
der Produktlebenszyklen mahnen, konnten diese Entwicklung bis heute nicht
nachhaltig eingrenzen.
Gleichzeitig gibt es in einigen Wirtschaftsbereichen starke Konzentrationsentwicklungen, so daß es zu Marktmachtverschiebungen kommt. Diese sind nicht
nur im Bereich des sog. homogenen Wettbewerbs (gleichartige Güter wie z.B.
VW Golf, Opel Astra oder aber auch unterschiedliche Biersorten) zu beachten,
sondern auch im Bereich heterogener Wettbewerber (neue Kommunikationsmöglichkeiten bzw. deren Nutzung verlangt mehr Kaufkraft; diese muß aber an
anderer Stelle wieder eingespart werden).
Trend  Verschärfung der Wettbewerbssituation.
Diese und weitere Faktoren führen in Summe dazu, daß die Unternehmen immer
ähnlichere Produkte vertreiben, mit immer ähnlicheren Qualitäten, mit immer
ähnlicheren Produktionsstrukturen, mit immer ähnlicheren Kostenstrukturen und
-niveaus zu tun haben, und dies in Märkten, in denen sich die Strukturen (z.B. in
Bezug auf Marktmacht oder Vertriebswege, Deregulierung) entwickeln bzw. neu
geordnet werden.
Der Konsument sieht sich also einem im Grundsatz gleichen Warenangebot gegenüber, obwohl es von unterschiedlichsten Unternehmen dargeboten wird. Die
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
bestehende Transparenz, in Bezug auf Preise und Produkte und Produkteigenschaften, nützt dem Konsumenten u.U. wenig, da die Auswahl bei immer weniger Argumenten bzw. Differenzen der angebotenen Waren und Dienstleistungen
kaum noch möglich - ja vielleicht sogar überflüssig ist.
Es ist also von Seiten der Unternehmen relativ schwierig, dem Konsumenten
klar zu machen, daß gerade die eigenen Produkte diejenigen sind, die durch Erwerb und Gebrauch den meisten Nutzen stiften - u.a. auch deshalb, weil der
Verbraucher viele Produkteigenschaften als Normalnutzer kaum noch wahrnehmen kann (z.B. Rechnerleistung, Festplattengeschwindigkeit). Eine insgesamt
immer schwieriger werdende Aufgabe.
Die Marktrealität zeigt, daß diese Herausforderung für viele Unternehmen
durchaus zu lösen ist, allerdings mit einem erheblich höheren Aufwand als bisher, mit neuen Instrumenten, anderen Strategien und oftmals neuen Produkten.
Die Produkte im klassischen Sinne nur abzusetzen, d.h. die Verteilung der Ware
und die Abwicklung des Verkaufsaktes zu organisieren, reicht dafür bei weitem
nicht mehr aus. Es liegt nahe, daß die Herausforderung nicht nur von einem Teil
des Unternehmens, beispielsweise einer Abteilung oder eines Prozeßabschnittes,
vollzogen werden kann. Nur die ganzheitliche Prozeßgestaltung kann in diesem
Kontext zu gangbaren Lösungen führen.
2 Grundlagen und Bedeutung des Marketings
Nun geht es darum, mit den im internen Betriebsprozeß erstellten Leistungen
eine Marktbeziehung zum Kunden aufzubauen – nach Möglichkeit eine dauerhafte. So trivial diese Tatsache anmuten mag, so entscheidend und komplex ist
sie für das Unternehmen.
Es geht nämlich nicht nur um das Verkaufen irgendwelcher Produkte und
Dienstleistungen, sondern vielmehr darum, ein aus Kundensicht notwendiger
Bestandteil der Angebotsseite zu sein, weil die erstellten und angebotenen Leistungen zur Nutzenstiftung beim Konsumenten (dauerhaft) beitragen.
Bei dieser Betrachtung gehört das Verkaufen selbstverständlich zum Betriebsprozeß (Absatz), aber das langfristige Ziel (Zweckbereich) des Unternehmens
kann nur darin bestehen, Nutzenstiftungspotentiale am Markt zu erkennen und
diese in verkaufsfähige Leistungen umzusetzen. Diese Leistung ist es, die Unternehmen zu dem machen, was sie am Markt über die Zeit darstellen. Dies ist
das Grundverständnis von Marketing. Im finalen Marketingverständnis geht es
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
um Organisation und Koordination aller Teilprozesse im Unternehmen, ausgehend von Produkt-/Marktideen, die weitgehend aus dem Markt angedient werden.
Damit wird deutlich, daß es nicht nur um das Verkaufen geht, sondern in finaler
Sicht um alle betrieblichen Teilprozesse im Unternehmen - von der Forschung
und Entwicklung über die Materialwirtschaft/Logistik, die Produktion, den Absatz, die Finanzen, die Verwaltung und Organisation, den Service etc., die vom
Marketing(management) gesteuert werden müssen.
Die Aufgabe des Marketings besteht also in der Erforschung von Nutzenstiftungspotentialen, ihrer erfolgreichen Umsetzung in marktfähige Produkte und
der diesbezüglichen Steuerung des Betriebsprozesses. Diese Aussage soll im
folgenden noch differenzierter betrachtet werden, aber sie stellt schon in der vorliegenden Form dar, daß Marketing aus dieser Sicht einen wesentlichen Erfolgsfaktor des Unternehmens darstellt. Dabei wird deutlich, daß Marketing eine interne und externe Querschnittsfunktion unternehmerischen Handelns symbolisiert.
2.1
Begriff und Entwicklung des Marketings
Abgeleitet aus dem bereits Gesagten stellt Marketing demnach eine unternehmerische Denkhaltung dar, die im wesentlichen folgende Handlungen in sich vereint:
 Erforschung und Entwicklung von Marktpotentialen
(Marktforschung  unternehmensintern und extern),
 Umsetzung von lokalisierten Marktpotentialen in Produkt- bzw. Dienstleistungsideen
(technische Machbarkeitsanalyse  Forschung und Entwicklung, Konstruktion),
 Prüfung des Ideenrealisationspotentials in Bezug auf die Ressourcenkapazitäten:






Finanzen
Organisation
Fachpersonal
Führung/Innovationsfähigkeit
Produktion
Kunden
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 unternehmensspezifische Aspekte
 Planung und Kontrolle der damit verbundenen Prozeßabläufe und
 Formalzielorientierung durch absatzmarktpolitische Entscheidungen unter der
Prämisse der Kundennutzenorientierung.
Die Entwicklung des Marketings ist mit der jeweiligen Entwicklung bestimmter
Märkte gekoppelt. Dies trifft für nationale Märkte ebenso zu wie für internationale oder Branchenmärkte. Mit der Veränderung der Umfeldbedingungen in
einem Marktbereich müssen sich zwangsläufig auch die unternehmerischen Instrumente verändern, die sich mit absatzorientierten Handlungen verbinden. Von
daher kann konstatiert werden, daß die Bedeutung des Marketings ein Spiegel
der Marktbedingungen ist. Deutliches Beispiel dafür sind z.B. Monopole. Die
Veränderungen des Unternehmensauftrittes nach Deregulierungsmaßnahmen
zeigt dies (z.B. Deutsche Post). Die Veränderungen bezieht sich beispielsweise
auf die Preisgestaltung, die Gestaltung der Produkte oder auch die Art und Weise der Distribution.
Mit der Veränderung der Machtstrukturen in einem Markt durch äußere oder
innere Einflüsse verändern sich auch die Verhaltensweisen der Marktteilnehmer
bzw. Marktpartner. Generell kann gesagt werden, daß sich im Laufe der Entwicklung von Märkten Verkäufermärkte tendenziell zu Käufermärkten entwickeln.
Abb. 1: Verlagerung der Marktmachtstrukturen von Verkäufer- zu Käufermärkten
Wird versucht, von Teilmärkten zu abstrahieren, können auf der Makromarktebene folgende generelle Marktentwicklungen konstatiert werden (in Anlehnung
an Bruhn, 1997, S. 17f.):





die Produktions- oder Fertigungsorientierung,
die Verkaufs- oder Absatzorientierung,
die Marktorientierung,
die Wettbewerbsorientierung,
die Problemorientierung oder Umfeld- und Kundenorientierung.
Viele Autoren beschreiben die Entwicklung des Marketings ähnlich, obwohl die
Phasen je nach Sichtweise etwas anders bezeichnet oder zeitlich anders termiSeite 6
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
niert werden (nur auszugsweise sind im Kontext zu nennen: Hill, E./Rieser, I.:
Marketingmanagement, Stuttgart 1990, S. 10ff  Betrachtung des usamerikanischen Marktes; Weis, H.C.: Marketing, 9. A., Ludwigshafen 1995, S.
19ff  Betrachtung des bundesrepublikanischen Marktes ab ca. 1950; Meffert,
H.: Marketing, 7. A., Wiesbaden 1991, S. 29f  Betrachtung des deutschen
Marktes ab der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts; oder auch Bruhn, M.: Marketing, a.a.O., S. 16ff  Betrachtung des bundesrepublikanischen Marktes ab ca.
1950). Die genaue zeitliche Positionierung der Entwicklungsabschnitte ist deshalb schwierig, weil sich das Verhalten der Unternehmen i.d.R. nicht abrupt ändert, und auch die jeweils betrachteten Volkswirtschaften unterschiedliche gesamtmarktliche Entwicklungspfade aufweisen.
Die Entwicklungen von Verkäufer- zu Käufermärkten lassen sich aber auch die
im Zeitverlauf auftretenden flankierende Maßnahmen der Marketinggestaltung
postulieren. Prinzipiell wird versucht, den Verkaufsakt über alle menschlichen
Sinne positiv zu beeinflussen:
 auditiv/Gehörsinn  z.B. Musik, angenehme Stimme beim Telefonverkauf,
 visuell/Sehsinn  z.B. angenehme Verkaufsraumgestaltung durch passende
Farbgestaltung,
 gustatorisch/Geschmackssinn  z.B. durch Reichung verschiedener Erfrischungsgetränke und Proben,
 olfaktorisch/Geruchssinn  z.B. durch entsprechende Duftunterstützung und
 kinästetisch/Bewegungsgefühl bzw. Muskelempfindung/Tastsinn  z.B.
durch die Präsentation von Produkten, die vom Kunden „befühlt“ werden sollen und damit die Kaufabsicht positiv unterstützen sollen (z.B. Möbeloberflächen)
Die oben aufgeführten primären Unternehmensorientierungen auf der Makromarktebene werden für den Wirtschaftsraum der Bundesrepublik Dtl. ausgehend
von den 50iger Jahren bis heute (90iger Jahre) beschrieben. Die Veränderung
der Fokussierung auf immer neue Herausforderungen durch die Marktentwicklung und den Kunden führte bis heute dazu, daß das Anspurchsniveau an die
Unternehmen permanent stieg. Aber nicht nur die immer stärker konkretisierten
Bedürfnisse des Kunden wurden befriedigt bzw. angegangen (z.B. Qualität,
Funktionalität, Ergonomie, ökologische Orientierung bei Gebrauch und Entsorgung der Produkte), sondern auch gesellschaftliche Aspekte wurden oder mußten berücksichtigt werden (z.B. Ressourcenschonung und die entsprechenden
administrativen Vorgaben in Form von Ge- und Verboten, Werteveränderungen). Der Engpaß für die Marketingmanager besteht heute im Zeitdruck und in
der Vielfalt der zu erfüllenden Sekundärfunktionen (s.o.), die Produkte heute
aufweisen müssen.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
2.2
Ziele und Aufgaben des Marketings
Das Ziel des Marketings ist die marktorientierte Schaffung von Absatzpotentialen. D.h., es soll durch entsprechende Produktleistungen, dauerhaft und zu jeder
Zeit gewährleistet werden, daß das Unternehmen marktgängige Lösungen in
Bezug auf Kundenwünsche zur Verfügung stellen kann - dieses unter den Bedingungen der Wirtschaftlichkeit, der Restriktionen der Umfeldbedingungen
(z.B. Wirtschaftsordnung, Gesetzgebung, gesellschaftliche Werte). Aus diesem
aggregierten Ziel lassen sich zahlreiche Aufgaben ableiten. Diese Aufgabenfülle,
die dem Marketingmanagement zugeordnet wird, und die es zieladäquat bewältigen muß, soll kurz systematisiert werden.
Anhand der Entwicklungsdarstellung der verschiedenen Phasen führt eine einfache Aufgabenanalyse nach der Verrichtung zu folgenden Teilaufgaben:







für Produkte sorgen,
auf die Konkurrenz achten,
Kunden an das Unternehmen binden,
für Absatz sorgen,
Umfeld beachten,
Visionen entwickeln und
Umsetzung durch unternehmensinterne Kooperation.
Hinter dieser Aufzählung verbergen sich jeweils Bündel weiterer (Unter)Aufgaben. Wenn daraus wenige generelle Aufgabenfelder der Marketingverantwortlichen abgeleitet werden, können diese wie folgt differenziert werden:
Tab. 1: Aufgabenbereiche des Marketingsmanagements
I
Marktbezogene
Aufgaben
II
Unternehmensbezogene
Aufgaben
III
Umfeldbezogene
Aufgaben
 zu jedem Zeitpunkt für die
Bereitstellung der „richtigen“ Produkte sorgen
 den Absatz der Produkte
technisch und kaufmännisch zu organisieren und
die Nachfrage zu steuern
 Kundenbindung realisieren (ex ante: Information
über Bedürfnisse; ex post:
durch Nachfolgeprodukte,
Ergänzung der Produktli-
 Umsetzung durch unternehmensinterne Kooperation
(interne
Kunden/Lieferantenbeziehung)
 Integration des Marketinggedankens in alle Prozeßbereiche
 Führungsprozeß
dem
Prozeßablauf anpassen
 Machbarkeit von Produktideen prüfen (betriebswirtschaftliche und technische
 gesellschaftliche Trends
beachten und ökonomische Rahmendaten erfassen
 rechtliche Entwicklungen
beobachten und produktund
fertigungsprozeßbezogen umsetzen
 Wertewandel erfassen und
produktpolitische Aufarbeitung (Ideengenese)
 auf das Verhalten der
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
nien etc.)
Realisierbarkeit)
Wettbewerber achten und
ggf. reagieren
2.2.1 Marktbezogene Aufgaben des Marketingmanagements
Die marktbezogenen Aufgaben bestehen im wesentlichen aus produktpolitischen
Maßnahmen, die Bestimmung des Absatzkanals, der Absatzmittler, die Bestimmung der Konditionen in diesem Bereich, die technische Verteilung der Produkte und der Kundenpflege. Es ist schwierig darzustellen, welche dieser Aufgaben
die wichtigste ist, aber wenn von der Kundennutzenorientierung ausgegangen
wird, liegt der Schluß nahe, daß die produktpolitischen Aufgaben die höchste
Priorität haben. Wenn nämlich Produkte und Dienstleistungen im Leistungsgramm enthalten sind, die in der Wahrnehmung des Kunden seine Nutzenstiftung erhöhen, ist das Ziel, Absatz zu schaffen bzw. zu fördern vorerst erreicht.
Über ein entsprechendes Leistungsprogramm, das auch ausgefallenere Kundenwünschen befriedigen kann (Nischenprodukte, hohe Dichte des Leistungsprogramms) ist eine wesentliche Grundlage für die Kundenbindung gelegt. Das Instrumentarium der Kundenbindung ist allerdings wesentlich weiter gefächert
(Service, Nachkaufmarketing, Kundenclubs/Relationshipmarketing, Hotlines
etc.).
Weiterhin muß sich das Marketingmanagement mit konkreten Vertriebsüberlegungen beschäftigten. Damit sind alle Aufgaben gemeint, die im Zusammenhang
mit dem Weg des Produktes vom Produzenten zum Endabnehmer zusammenhängen. Dieser Weg wird auch als Distributionskanal aufgefaßt. Er beinhaltet
neben logistischen Aspekten (technische Verteilung, Verkehrsmittel, Belieferungsrythmen etc.) auch akquisitorische Aspekte, nämlich die Wahl des Absatzkanals und der Absatzmittler.
Im Zeichen der Entwicklung ökologieorientierten Wirtschaftens werden sich die
Unternehmen mehr und mehr auch mit der Redistribution beschäftigen. D.h.,
aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder auch aus ökonomischer Hinsicht wird es
einen Materialstrom von den Verbrauchern zurück zum Produzenten geben (siehe dazu z.B. die Entwicklungen in der Automobilwirtschaft oder die Ziele des
Gesetzes über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, oder schon die gängige Praxis im Rahmen des Papier- oder Glasrecyclings).
Um Altprodukte bzw. deren Komponenten und Wertstoffe in einer sinnvollen
ökonomischen Weise nach der Redistribution aufzubereiten und wieder in den
Produktionskreislauf zurückzuführen, müssen intensive Abstimmungen mit der
Materialwirtschaft sowie der Forschung und Entwicklung erfolgen, damit das
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Material beispielsweise wenig Verbundwerkstoffe aufweist und damit leichter
zu separieren ist. Diese Aufgabe macht beispielsweise den Querschnittscharakter
des Marketingmanagements deutlich.
Neben den oben genannten Teilaspekten der marktbezogenen Aufgaben des
Marketingmanagements kommt auch der Nachfragesteuerung eine wesentliche
Bedeutung zu. Hintergrund der gezielten Nachfragesteuerung ist nicht nur Absatz um jeden Preis, sondern vielmehr die Kontinuität des Prozeßablaufes in
allen klassischen betrieblichen Funktionsbereichen. Die Nachfragesteuerung
kann somit auch als Ausgleichsfunktion bezeichnet werden, die betriebliche Gegebenheiten in Bezug auf die konkrete Marktnachfrage in die Ertragsüberlegungen (kurz- bis mittelfristig) einbindet. Die jeweiligen Aktivitäten des Marketingmanagements beziehen sich auf die Situation wie:






fehlende Nachfrage
latente Nachfrage
stockende Nachfrage
vorhandene Nachfrage
schwankende Nachfrage
übersteigerte Nachfrage






Bedarf schaffen
Bedarf entwickeln
Bedarf beleben
Bedarf decken
Bedarf synchronisieren
Bedarf reduzieren
Der Sinn des Ausgleichs von Angebots- und Nachfragepotential besteht darin,
den betrieblichen Transformationsprozeß als Ganzes optimal zu gestalten. Lediglich viel zu verkaufen, ohne entsprechende Logistik der peripheren Funktionen, bedeutet letztlich das Verlassen des angestrebten bzw. geplanten Wirtschaftlichkeitskorridors. Das soll nicht heißen, daß der Status-quo unbedingt
erhalten bleiben muß. Neben der Verbesserung der bestehenden Geschäftsfelder
müssen auch neue Produkt- und/oder Marktbereiche erschlossen werden. Dies
ist im Rahmen der mittel- und langfristigen Planung häufig mit einer Veränderung der Kapazitäten verbunden (Markterschließung, Sortimentserweiterung
oder Diversifikation). Es wird im Kontext auch von einer Intensivierung (Marktausschöpfung und Markterschließung  mit vorhandenen Produkten) bzw. von
Extensivierung (Sortimentserweiterung und Diversifikation  Entwicklung und
Schaffung neuer Märkte) gesprochen.
2.2.2 Unternehmensbezogene Aufgaben des Marketingmanagements
Die unternehmensbezogenen Aufgaben bestehen in der konsequenten Übertragung der Markterfordernisse (Kundenbedürfnisse) auf den gesamten betrieblichen Wertschöpfungsprozeß (alle Prozeß- bzw. Funktionsbereiche). Um also
eine durchgängige Leistung am Kunden zu gewährleisten, muß im Unternehmen
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und auch bei den im Leistungsprozeß involvierten Dienstleistern (Speditionen,
Bringdienste etc.) die interne Lieferanten/Kundenbeziehung selbstverständlich
sein. Die interne Lieferanten-/Kundenbeziehung wird stark im Hinblick auf das
Qualitätsmanagement diskutiert und dargestellt (siehe dazu z.B. Preßmar, 1995
oder auch Berndt, 1995b).
Diese Voraussetzungen müssen im Unternehmen geschaffen werden, damit
Marketing als Führungsphilosophie realisiert werden kann. Zu den dafür notwendigen Maßnahmen gehören z.B. Schulungen und das Schnittstellenmanagement. Das Schnittstellenmanagement bezieht sich vordringlich auf das Problem
der innerbetrieblichen Kommunikations- und Verständnisbarrieren zwischen den
am Marketingprozeß beteiligten Instanzen und Abteilungen. Die Differenzierung
komplexer Aufgaben in Teilaufgaben und deren Delegation an verschiedene
Aufgabenträger bedingt die Notwendigkeit, Schnittstellen zu koordinieren und
zu gestalten, um Probleme wie z.B. Intransparenz oder Verzögerungen zu überwinden. Bei Marketingprozessen ist der wirtschaftliche Erfolg z.B. stark von der
Koordination und Kooperation der Schnittstelle zwischen Aufgabenträgern der
Forschung und Entwicklung und des Vertriebs relevant.
Ein weiterer unternehmensbezogener Aufgabenbereich des Marketingmanagements liegt in der Machbarkeitsprüfung von neuen Produkt- bzw. Produkt/Marktideen. Es muß geprüft werden, ob die Kapazität des Unternehmens (Finanzierungspotential, Produktionspotential etc.) ausreichend ist, um neue Leistungen marktgerecht zu erstellen und in der erforderlichen Art und Menge abzusetzen. In diesem Zusammenhang muß beispielsweise geprüft werden, ob zur
Aufnahme neuer Produkte in das Leistungsprogramm andere, ältere Produkte
aufgegeben werden sollen oder müssen. Um Einzelaspekte besser beurteilen zu
können, werden verschiedene Entscheidungshilfen bzw. Instrumente angewendet. So z.B. die Situationsanalyse, die Produktlebenszyklusanalyse oder auch das
Marktanteils-/Marktwachstumsportfolio. Im weiteren Verlauf wird darauf noch
konkreter eingegangen.
2.2.3 Umfeldbezogene Aufgaben des Marketingmanagements
Das absatzrelevante Umfeld des Unternehmens besteht aus gesellschaftlichen
Trends, dem Verhalten der Wettbewerber, der Entwicklung der administrativen
Rahmendaten und der Veränderung von Marktstrukturen. Die Zukunfts- oder
Trendforschung hat aus ökonomischer Sicht Basischarakter für die zukünftigen
Geschäfte, egal ob es dabei um betriebsinterne oder betriebsexterne Veränderungsprozesse geht. Deshalb ist das Feld der Literatur in diesem Bereich auch
zahlreich besetzt (siehe dazu z.B. Lutz,Hartmann & Hirsch-Kreinsen, 1996;
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Bundeszentrale für politische Bildung, 1990; Capra, 1990; Ottnad, Wahl, &
Grünewald, 1995; Horx, 1995).
Diese verschiedenen Bereiche des Umfeldes müssen durch das Marketingmanagement laufend beobachtet werden, um das Unternehmen möglichst antizipativ auf Veränderungen des Umfeldes ein- und umzustellen.
Ein antizipatives Vorgehen heißt z.B., produktpolitische Entscheidungen zu treffen (neue Produkte auf dem Markt anbieten), die der prognostizierten kurz- bzw.
mittelfristigen Kundennutzenentwicklung vorausgehen (z.B. das Anbieten von
GPS-Systemen in Kraftfahrzeugen; eine Entwicklung, die es im Sportbootbereich schon relativ lange gibt, dazu derzeit noch zu deutlich niedrigeren Konditionen als im Auto).
Das Unternehmen ist von seinem Umfeld t.w. völlig abhängig (Kaufkraftentwicklung, Rahmendaten), hat aber gleichfalls auch Gestaltungspotential. So z.B.
die Gestaltung des innerbetrieblichen Prozesses/Produktivitätsentwicklung (siehe z.B den Gliederungspunkt 2.2.2) und die Gestaltung der Markt- bzw. Produktleistung. Diese muß aus den umfeldbezogenen Faktoren entwickelt werden.
Gesellschaftliche Trends können vor allem im Konsumgüterbereich zu starken
Veränderungen der Kaufgewohnheiten führen. So beispielsweise der Trend zum
Einpersonenhaushalt, Trend zur Fitness, Trend zur Schönheit, Trend zur Außendarstellung, Trend zum Individualismus. Eine solche Entwicklung hat massive
Auswirkungen auf den Absatz nach Ausführungsform und Menge bestimmter
Güter (z.B. Haushaltsgeräte, Möbel). Ein solcher Trend wird die Nachfrage bestimmter Gütergruppen stärken, weil die Güter im Gegensatz zum bisherigen
Trend (anteilig mehr Mehrpersonenhaushalte) keiner Mehrfachnutzung unterliegen (z.B. ist es egal, ob an einem Tisch mit einer, zwei oder drei Personen gegessen wird), aber die Ausführungsform der Produkte verändert sich. Die Dimensionierung der Einzelgüter geht beispielsweise im beschrieben Fall zurück.
Allein aus diesem Beispiel lassen sich zahlreiche ökonomisch relevante Wirkungsketten entwickeln.
Als weiterer umfeldbezogener Aufgabenbereich des Marketingmanagements ist
die Erfassung des Wettbewerberverhaltens zu nennen. Die eigene Position im
Markt wird nämlich erheblich durch das Verhalten der Wettbewerber mitbestimmt. Wenn davon ausgegangen wird, daß die Masse der miteinander konkurrierenden Konsumgüter für den Konsumenten kaum noch differenzierbar ist,
kann eine Verhaltensänderung des Wettbewerbers (ob offen oder verdeckt)
schnell zur Verschiebung von Marktanteilen führen. Deshalb ist es im Rahmen
der Marktbeobachtung immer angebracht, bestimmte wettbewerberbezogene
Merkmale zeitraumbezogen zu erfassen. Dazu einige Beispiele:
 der Marktanteil,
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



die Entwicklung des Leistungsprogramms,
die Dienstleistungen/Service und das Beschwerdemanagement,
die Preisentwicklung der Produkte,
die Kommunikationspolitik etc.
Je besser und sensibler die diesbezügliche Beobachtung des Wettbewerbers erfolgt, um so schneller und effizienter kann reagiert werden. Das Hauptaugenmerk liegt eindeutig auf einer „schnellen Reaktion“.
Eine weitere Aufgabe im Kontext besteht darin, sich gegenüber den Wettbewerbern abzugrenzen und die eigenen Marktpotentiale durch die kontinuierliche
Weiterentwicklung des Leistungsprogramms zu sichern.
Ökonomisches Handeln spielt sich immer im Rahmen einer Rechtsordnung ab.
Unternehmen müssen und können innerhalb des für sie wirksamen rechtlichen
Rahmens agieren, aus dem sich Rechte und Pflichten ableiten. Die Rechtsordnung im Hinblick auf absatzbezogenen Einwirkungen zu analysieren, gehört
deshalb ebenfalls zu den umfeldbezogenen Aufgaben des Marketingmanagements. Die Notwendigkeit ergibt sich vor allem daraus, weil nicht eingehaltene
Rechtsnormen nicht nur zur Unverkäuflichkeit der Produkte und der Gefährdung
der besetzten Marktposition führen (können), sondern auch Restriktionen unterschiedlichster Art nach sich ziehen, so z.B. befristete oder totale Produktionsoder Lieferverbote (z.B. ökologische-, außen- u. sicherheitsbezogene Aspekte).
Im indirekten Kontext steht die staatliche Umweltpolitik mit ihren „direkt regulierenden Maßnahmen“ und ihrer Instrumentalisierung in Form von Ge- und
Verboten (Umweltabgaben, z.B. nach AbwAG oder die Umwelthaftung §22
WHG in Verbindung mit §§ 823ff BGB, Betriebsbeauftragter für Umweltschutz,
z.B. nach BImSchG §3).
In der Umweltgesetzgebung gibt es weitere Ansätze, so z.B. die Überlegungen,
folgende Problemfelder verstärkt mit Abgaben zu belegen: Verpackungen, bestehende Emissionen (z.B. CO2), Nutztierhaltung, toxische Abfälle, Grundwasserentnahme, Schwerverkehr und Energieträger, weiterhin die Einführung der
Gefährdungshaftung zum Schutz von Boden und Luft (siehe dazu Hildebrandt,
1993, S. 309).
Dies gilt faktisch auch für nichtstaatliche Normen wie z.B. bestimmte Sicherheitstests für Produktkategorien (Crashtest).
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
2.3 Die Unternehmensleistung – Funktion, Produkt und
Redukt
Unternehmen erstellen und verkaufen Leistungen, um die anvisierten Formalziele zu erfüllen. Um die Marktleistung eines Unternehmens besser beurteilen zu
können, ist es sinnvoll, sich genauere Gedanken über die tatsächlichen „Unternehmensleistungen“ zu machen. Diese bestehen i.d.R. aus Produkten (im folgenden soll das Wort „Produkt“ für materielle und immaterielle Leistungen stehen). Produkte interessieren die Kunden im Grunde genommen relativ wenig;
eigentlich sind es die Funktionen von Produkten die zur Nutzenstiftung beim
Nachfrager führen.
Bei Produkten wird grundsätzlich nach den Gebrauchsfunktionen (Primärfunktionen) und den Geltungsfunktionen (Sekundärfunktionen) unterschieden, die
durch die jeweilige Nutzung bestimmt sind.
Produktfunktionen richten sich stark nach der jeweils betrachteten Güterkategorie. Investitionsgüter, Konsumgüter und Luxusgüter signalisieren eine unterschiedliche Ausprägung der Primär- und Sekundärfunktionen.
Bei Investitionsgütern steht prinzipiell die Primärfunktion im Vordergrund, da
die erworbenen Güter ausschließlich dazu verwendet werden, weitere Leistungen zu erstellen. Typische Sekundärfunktionen von Konsum- oder Luxusgütern,
wie Prestige oder Geltung, sind bei Investitionsgütern i.d.R. nicht anzutreffen.
Analysiert man den Sachverhalt von Produkten und Produktfunktionen genauer,
drängen sich noch weitere betriebswirtschaftlich relevante Sachverhalte auf.
Dazu zwei Gedanken: es möchte wahrscheinlich kaum ein Nachfrager bewußt
eine Waschmaschine in der heute angebotenen Form erwerben, sondern er fragt
im Prinzip die Funktion: „Wäsche säubern“ nach. Das heute Apparaturen, die
diesen Dienst in Haushalten erfüllen, so aussehen und so funktionieren wie sie es
tun, ist nicht gerade Zufall, aber es könnte auch anders sein (vgl. dazu Waschmaschinen in den USA). D.h., die Bereitstellung der nachgefragte Primärfunktion (z.B. Wäsche säubern) und ggfs. Sekundärfunktionen sind die eigentlichen
Unternehmensleistungen. In welche konkrete Produktform die Forschungs- und
Entwicklungsabteilung die nachgefragten Funktionen einbettet, hängt vom
Zeit/Raum-Kontext ab, indem die Produkte nachgefragt werden (jeweiliger
Technologiestand, Designtrend, Preissegment etc.).
Ein weiterer, zu beachtender Aspekt im Marketing ist das Phänomen der Kuppelproduktion. Es werden nicht nur Produkte produziert, sondern aufgrund naturwissenschaftlicher Gegebenheiten auch sog. Kuppelprodukte. Dazu ein Beispiel aus einer Stoff- und Energiebilanz eines Kohlekraftwerks (vgl. Dyckhof,
1992, S.12).
Seite 14
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Abb. 2: Stoff- und Energiebilanz eines Kohlekraftwerks zur Herstellung von 1 KWh Strom
oder allgemein:
Abb. 3: Schematisierter Produktionsablauf
Kuppelprodukte sind also nur im Grenzfall Produkte, die als Unternehmensleistung abgesetzt werden können. Sie sind also keine Wirtschaftsgüter im klassischen Sinne wie sie beispielsweise Kosiol beschreibt (Kosiol, 1972, S. 19). Danach sind Wirtschaftsgüter von den Merkmalen:
 einer relativen Knappheit,
 einer potentiellen Verfügbarkeit sowie
 der Eignung, bestimmte menschliche Bedürfnisse zu befriedigen,
geprägt; ähnlich Schierenbeck, der z.B. den Begriff des Wirtschaftens „... als
Disponieren über knappe Güter, die direkt oder indirekt geeignet sind, menschliche Bedürfnisse zu erfüllen", umschreibt (vgl. Schierenbeck, 1980, S. 2).
Kuppelprodukte, die keinen Produktcharakter haben, sind betriebswirtschaftlich
unerwünscht, weil sie nicht der Formalzielerfüllung dienen - im Gegenteil, sie
verursachen Kosten und schmälern damit den Deckungsbeitrag der Produkte.
Die entstehenden Kosten beziehen sich in erster Linie auf die Redukte. Es könSeite 15
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
nen neben Produkten und Redukten im Produktionsprozeß auch sog. Neutra entstehen, sie sind für das Unternehmen allerdings aus betriebswirtschaftlicher Betrachtung weitgehend uninteressant, weil sie keine Kosten verursachen (z.B.
nicht genutzte Abwärme). Redukte hingegen symbolisieren anfallende Kuppelprodukte, mit negativen Wirkungen für das Unternehmen. Die betriebswirtschaftlich negativen Wirkungen drücken sich vorerst in direkt entstehenden Kosten aus. Die Kosten können beispielsweise für Entsorgungsmaßnahmen anfallen
oder aber für den Abtransport, betriebsinterne Lagerung etc.
Gleichfalls stecken in den Prozeßrückständen Wertstoffe, für die im Rahmen des
Einkaufsprozesses Kapital aufgebracht werden mußte. Dieses Material oder auch
andere produktionsprozeßbezogene Einsatzstoffe (z.B. Katalysatoren) sind für
weitere Produktionsvorgänge verloren.
Handelt es sich bei den Redukten um ökologisch problematische „Rückstände“,
kann das für den Absatz der Produkte eines Unternehmen Probleme aufwerfen.
Dies trifft besonders dann zu, wenn die Nachfrager ökologische Aspekte in ihre
Kaufentscheidung einbeziehen. Dies ist von Zielgruppe zu Zielgruppe zwar verschieden, es kann den Absatz von Produkten allerdings beeinflussen. Deshalb
liegt auch die Ressourcenschonung (die Entwicklung ressourcenschonender Produkte und die entsprechende Produktionsprozeßgestaltung) im Absatzinteresse
der Unternehmen (diese grundsätzliche Aussage gilt für Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur unter der Bedingung, daß durch entsprechende
Maßnahmen keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen).
Bei der Neuproduktgestaltung sollten unter Prämisse der Wirtschaftlichkeit alle
verlangten Funktionen konsequent in das Produkt integriert und negative Begleiterscheinungen der Produkte und ihrer Produktion auf ein vertretbares Maß
reduziert werden. Dazu zählen nicht nur ökologische oder qualitative Aspekte,
sondern auch die gesellschaftliche Vertretbarkeit von produktinduzierten Wirkungen.
Wie sollte ein Produkt also sein? Es soll Nutzen stiften beim Nachfrager, es soll
durch seinen Gebrauch möglichst wenig negative Sekundärwirkungen erzeugen,
es soll das Unternehmen vor Folgekosten bewahren und es muß aus ökonomischer Sicht als Basis zur Gewinnerzielung dienen. Weitere Aspekte hierzu werden im Kapitel Produktpolitik angesprochen (siehe dazu z.B. Little, 1994).
Am Ende dieses Gliederungspunktes soll zusammenfassend graphisch dargestellt werden, wie Unternehmensleistungen, die über das Marketing generiert
werden, grundsätzlich sein sollten. Dies kann anhand von vier Anspruchsdimensionen darstellt werden: der Absatzdimension, der Anwenderdimension, der Gesellschaftsdimension und der Funktionsdimension.
Seite 16
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Abb. 4: Marketinganforderungen an Produkte in verschiedenen Anforderungsdimensionen
Die Absatzdimension soll darauf hinweisen, daß Produkte aufgrund ihres Nutzens verkauft werden sollten (Marktorientierung) - nicht wegen des Verkaufens
von Objekten selbst (Produktorientierung). Dazu ein Beispiel: ein Chemieunternehmen mit einer Sparte von Kosmetikartikeln kann im Rahmen der Leistungsprogrammdarstellung marktorientiert behaupten: „Wir verkaufen Schönheit“.
Produktorientiert ist die Darstellung auf ganz konkrete Produkte festgelegt (eine
bestimmte Seife, Creme etc.). Ob die Einzelvorteile eines konkreten Produkts
immer auf andere neue Produkte übertragbar sind, kann bezweifelt werden.
Leichter und transparenter ist es, Unternehmensleistungen und –kompetenzen zu
generieren, die alle Produkte des Unternehmens als Imageträger verkörpern.
Die Anwenderdimension soll zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten von Produkten
symbolisieren, die sich aus der Summe der möglichen Produktfunktionen bzw.
deren Ausprägungen ergeben.
Die Anwenderdimension gibt das gesamte Nutzungspotential eines Produktes,
z.B. im Hinblick auf die Anzahl der tatsächlichen Nutzer und die zeitliche Nutzungsdauer, an. Für den Anwender ist es grundsätzlich sinnvoll, wenn die Beschaffenheit oder die Art und Weise des Nutzungspotentials eines Produktes
eine Mehrfachnutzungsmöglichkeit erlaubt oder eine zeitlich sehr lange Nutzungsdauer erwarten läßt. So z.B. die Übertragbarkeit von bestimmten Fahrscheinen im Rahmen des Personennahverkehrs. Dieses Beispiel zeigt die Mehrfachverwendungsmöglichkeit im Gültigkeitszeitraum eines Fahrscheins. Die
Seite 17
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
lange Lebensdauer eines Produktes ist insofern für den Anwender von Relevanz,
da er das Produkt selber über einen längeren Zeitraum nutzen kann und/oder das
Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt im Rahmen der zeitliche möglichen
Nutzungsdauer veräußern kann.
Die Ausprägung der Funktionsdimension gibt Aufschluß darüber, wie sinnvoll
die Abstimmung der Funktionen bei der Produktgestaltung gelungen ist. Dies
bezieht sich in erster Linie auf den Primär- und Sekundärnutzen. Darüber hinaus
stellt sich die Frage, wie geschickt Produktfunktionen verwenderorientiert aufeinander abgestimmt sind. Es ist z.B. grundsätzlich sinnvoll, jede Armbanduhr so
zu konstruieren, daß folgende Eigenschaften vorliegen: wasserdicht, solarbetrieben, Ablesbarkeit der Uhrzeit zu jeder Tages- und Nachtzeit, stoßunempfindlich
und kratzfest, zeitloses Design, Ganggenauigkeit, langlebig. Die Verbindung
dieser Funktionen lassen darauf schließen, daß ein solches Produkt immer
marktgängig ist, weil sinnvolle Funktionen zusammengestellt sind.
Produkte, deren Funktionen aufeinander abgestimmt sind und vom Konsumenten wahrgenommen und genutzt werden können, sind durch bestehende Nutzungssynergien in der Lage die Zielgruppe für das Produkt deutlich zu vergrößern. Das wiederum begünstigt eine hohes Absatzpotential. Dazu zählt im technischen Bereich u.a. auch die Kompatibilität, d.h. die Funktionsverknüpfung mit
anderen Produkten vom selben oder anderen Herstellern.
Die Gesellschaftsdimension bezieht sich auf das Konfliktpotential, das durch die
Produkte, deren Herstellung oder deren Nutzung ausgehen kann. Hierbei sind
z.B. zu nennen: qualitative Bedenklichkeit (z.B. unzureichende Funktionsmechanismen) ökologische Bedenklichkeit (z.B. FCKW oder übermäßiger CO2 Eintrag in die Atmosphäre), soziale und gesundheitliche Bedenklichkeit (z.B.
Tabak, Alkohol, indirekte Nutzung von Kinderarbeit im Rahmen der Wertschöpfungskette).
Im Kern geht es bei der Gesellschaftsdimension um produktinduzierte Wirkungen auf andere Personen(gruppen) oder Systeme.
Bei vorliegenden negativen Wirkungsketten durch die Nutzung oder den Erwerb
bestimmter Produkte bleibt die Betroffenheit oft nicht nur beim Nutzer, sondern
geht häufig auf Dritte über, deren Unmut sich auch auf die Produkte und damit
in finaler Sicht auch auf die Hersteller richtet. Im Kontext sei nur die sog. „Raucherdiskussion“ angesprochen, die seit vielen Jahrzehnten die Medien mehr oder
weniger regelmäßig beschäftigt. Das betriebswirtschaftliche Problem für das
Herstellerunternehmen ist in diesem Fall nicht der Raucher, also der Produktnutzer, sondern die unfreiwilligen „Mitnutzer“. Ähnlich verhält es sich mit Alkohol,
der nicht nur Nutzer schädigen kann, sondern auch Kosten induziert, die eben
auch diejenigen mittragen, die nichts mit dem Produkt zu tun haben. Dieses
Konfliktphänomen bezieht sich allerdings nicht nur auf die Entstehung materielSeite 18
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
ler Schäden, sondern ebenfalls auf die Entstehung immaterieller Schäden oder
Beeinträchtigungen.
Das Kaufverhalten und die möglicherweise negative Kommunikation dieser
Gruppe über die „konfliktären Produkte“ sind ein Marketingproblem für die
Hersteller, das je nach Wahrnehmungsstärke der Betroffenen unterschiedliche
Formen annehmen kann. Daher ist es aus Marketinggesichtspunkten grundsätzlich sinnvoll ein Produkt anzubieten, das die verschiedenen Anspruchsdimensionen berücksichtigt.
Die gesellschaftliche Dimension des Produktes spricht das Marketingmanagement im Rahmen der umfeldbezogenen Aufgaben an. Selbstverständlich ist die
konkrete Erlöschance von Produkten, die tendenziell als Konfliktprodukte eingeordnet werden können, aus betriebswirtschaftlicher Sicht ins Kalkül zu ziehen.
In finaler Sicht sollte die Entscheidung für diesbezügliche Produkte an der
Nachhaltigkeit des Erfolgs abgeschätzt werden.
3 Die
Marktchancen
entscheidung
der
Marketing-
Grundsätzlich sind Chancen jeglicher Art realisierbar, wenn die gewählte Handlungsalternative (Entscheidung) auf den erwarteten Zukunftszustand paßt (siehe
dazu die normative Entscheidungstheorie) - dies gilt also auch für Marketingentscheidungen.
Marketingentscheidungen, die Produkt-/Marktentscheidungen darstellen, sind
i.d.R. konstitutive Entscheidungen. Konstitutive Entscheidungen weisen z.B.
Merkmale wie Langfristigkeit oder erhebliche Ressourcenbindungen auf. D.h.,
die Entscheidungsvorbereitung sollte umfassend und analytisch geschehen, weil
die wirtschaftliche Prosperität des Unternehmens maßgeblich durch die jeweilige Maßnahme beeinflußt wird.
Die richtigen Marketingentscheidungen zu treffen, ist insofern ein schwieriges
Unterfangen, da interne Prozesse und externe Gegebenheiten zeitpunkt- und
zeitraumbezogen zueinander passen müssen. Eine Abstimmung ist deshalb
schwierig, weil das Marketingmanagement lediglich interne Prozesse tatsächlich
beeinflußen kann - nicht die externen.
Die wesentliche interne Prozeßabstimmung bezieht sich auf die Synchronisation
des anvisierten Markteintrittszeitpunktes mit den Prozeßbereichen Forschung
und Entwicklung, Materialwirtschaft/Logistik, Produktion, Vertrieb und FinanSeite 19
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
zen (Budgetierung). Zuvor muß geklärt werden, ob das Unternehmen mit dem
vorhandenen Ressourcenpotential in der Lage ist, die Produkt-/Marktidee zu
realisieren. Gleichzeitig gilt es zu prüfen, ob die Maßnahme im Unternehmen im
anvisierten Zeitplan durchsetzbar ist. Die Durchsetzbarkeit von Projekten hängt
i.d.R. nicht nur von den technischen, organisatorischen und planerischen Fähigkeiten des Unternehmens ab, sondern insbesondere auch vom Umsetzungsvermögen und -willen der Mitarbeiter aller Hierarchieebenen. Man denke z.B. an
konkurrierende Projekte im Unternehmen, die nicht alle gleichzeitig finanziert
oder kapazitativ vollzogen werden können. Die Mitarbeiter, die sich für nicht
ausgewählte Projekte eingesetzt haben, werden tendenziell „ihrer“ Sache nachtrauern und es ist nicht ohne weiteres zu erwarten, daß sie mit Begeisterung an
der Umsetzung anderer Projekte mitarbeiten. Weiterhin sind im Kontext Aspekte
zu beachten, die unter dem Stichwort Innovationsfähigkeit subsumiert werden
können. Dazu zählen insbesondere die Fähigkeit der Mitarbeiter, Veränderungsprozesse mitzutragen und zwar in übergangslos temporärer und qualitativer
Sicht. Diese Fähigkeit basiert u.a. auf der Motivationskraft der Mitarbeiter, aber
auch auf der innovationsorientierten Ausgestaltung der Führungssysteme im
Unternehmen.
Die externen Gegebenheiten müssen durch die Marktforschung geklärt werden.
Die vordringlichste Frage besteht darin, ob die geplanten Produkte am Markt
absetzbar sind. Diese Frage klärt sich bei konsequenter Kundenorientierung von
selbst, da die Produktidee aus der Marktnachfrage bzw. aus Marktwünschen
entwickelt werden soll. Trotzdem muß beobachtet werden, ob die Marktnachfrage und das geplante neue Produkte in Art und Menge zum anvisierten Markteintrittszeitpunkt noch zueinander passen. Dies gilt vor allem für jene Produkte die
lange Entwicklungszeiten implizieren, weiterhin für modebezogene Artikel. Ein
in Art und Menge modifiziertes Nachfragepotential kann z.B. durch neue Produktangebote von Wettbewerbern entstehen oder aber durch neue Rechtsvorschriften. Mittel- und langfristige Veränderungen des Nachfragepotentials können durch Wertewandel und ähnliche Phänomene ausgelöst werden. Sie sind
aber nur dann relevant, wenn die Produktentwicklungszeiten über mehrere Jahre
andauern, wie beispielsweise bei komplexeren Industriegütern.
Einen weiteren Einfluß auf die Marketingentscheidung haben die Märkte selbst
sowie deren Strukturen (Marktstrukturen). Die genaue Analyse der für das Unternehmen relevanten Marktstrukturen im anvisierten Produkt-/Marktbereich
stellt einen festen Bestandteil zur Beurteilung der eigenen Marketingentscheidung dar. Die Analyse soll beispielsweise Antworten auf folgende Fragen geben:




Wie groß ist das Marktpotential?
Wer sind die wichtigsten und größten Wettbewerber?
Welche Segmente können im Markt differenziert werden?
Welche Markteintrittsbarrieren gibt es?
Seite 20
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Diese und weitere Fragen lassen sich in Grenzen über den Fokus „Markt“ beantworten. Auf einige der Fragen wird im weiteren Verlauf noch eingegangen.
Vorerst jedoch einige grundsätzliche Aspekte zum Thema Markt.
3.1 Märkte – Charakterisierung, Einteilung und Strukturen
In den vorherigen Kapiteln wurde bereits mehrfach auf die Bedeutung der
Marktanalyse bzw. Marktbeobachtung oder -forschung durch das Marketing
hingewiesen.
Um ein Objekt jedoch analysieren zu können, bedarf es zunächst seiner Definition. Grundsätzlich beinhaltet der Markt alle Transaktionen, also Austauschprozesse, zwischen einer Angebots- und einer Nachfrageseite. Kotler/Bliemel definieren einen Markt wie folgt (vgl. Kotler, 1995, S.13):
„Ein Markt besteht aus allen potentiellen Kunden mit einem bestimmten
Bedürfnis oder Wunsch, die willens und fähig sind, durch einen Austauschprozeß das Bedürfnis oder den Wunsch zu befriedigen.“
Getauscht werden Güter, Dienstleistungen, Informationen und Rechte, je nach
Anforderung. Da ein Unternehmen meist nicht alle Transaktionsobjekte für alle
Nachfragerwünsche anbieten kann, muß es sich auf den für sich relevanten
Markt konzentrieren. Der relevante Markt einer Unternehmung setzt also eine
Nachfrageseite voraus, auf der Personen oder Institutionen genau das Tauschobjekt wünschen, welches vom Unternehmen mit einem (oder mehreren) bestimmten Grundnutzen (Primär- und Sekundärfunktionen) ausgestattet und angeboten
wird.
Das Unternehmen muß als Element der Angebotsseite mit anderen Unternehmen
konkurrieren, welche den gleichen Grundnutzen bzw. gleiche Funktionen durch
ihre Produkte anbieten. Wird ein Gut der gleichen Güterklasse angeboten, so
wird von direkter oder homogener Konkurrenz (sachlich gleichartige Güter, die
gegenseitig völlig substituierbar sind) gesprochen. Indirekte Konkurrenz hingegen liegt vor, wenn ein Wettbewerber zwar ein Produkt mit den gleichen Grundfunktionen, jedoch innerhalb einer anderen Güterklasse anbietet. So stehen Fahrradproduzenten, welche ausschließlich günstige, für den Discountermarkt vorgesehene Produkte herstellen untereinander in direkter Konkurrenz, während sie zu
Produzenten für qualitativ hochwertige Fachhandelsmodelle in indirekter Konkurrenz (heterogene Konkurrenz) stehen (sachlich ungleichartige Güter, die miteinander konkurrieren, da sie in gewissem Grad substituierbar sind).
Seite 21
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Auf die Nachfrageseite konzentriert, muß desweiteren der Zielmarkt definiert
werden. Dieser bildet sich z.B. nach Hill/Rieser durch die Summe derjenigen
Nachfragergruppen, welche sich vom Angebot des Unternehmens angesprochen
fühlen, und welche das Unternehmen durch verschiedenste Aktivitäten für sich
gewinnen und an sich binden möchte (siehe dazu Hill, Rieser, 1990, S.92). Die
Beziehungen zwischen Unternehmen und den jeweiligen Märkten läßt sich nach
der obigen Beschreibung in eine graphische Darstellung bringen:
Abb. 5: Das Unternehmen im Markt
Desweiteren kann ein Markt aufgrund verschiedener Abgrenzungen charakterisiert werden, nämlich in räumlicher, persönlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht.
Werden Märkte durch das Unternehmen räumlich abgegrenzt, so beinhaltet dies
eine geographische Definition des gewünschten oder bereits existierenden Absatzgebietes. Besonders international agierende Unternehmen sind darauf bedacht, dem jeweiligen Markt und seinen ggf. variierenden Ansprüchen gerecht
Seite 22
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
zu werden. Namentlich gleiche Produkte können in ihrer Qualität stark differenzieren, da die landestypischen Ansprüche an den Nutzen des Produktes unterschiedliche sind (z.B. Sicherheits- oder Umweltaspekte). So sind z.B. die technische Verarbeitung und materielle Güte von Motorrädern auf dem chinesischen
Markt weitaus niedriger einzustufen als deren Verarbeitung und Materialqualität
auf dem deutschen bzw. europäischen Markt, da der Grundnutzen eines Motorrades, nämlich „Mobilität“, innerhalb von Teilen des asiatischen Raums immer
noch weitgehend die Primärfunktion darstellt, während im europäischen Raum
die (eigentliche) Sekundärfunktion „Fahrspaß und Darstellungsaspekt“ neben
anderen genauso wichtig ist.
Von persönlicher Abgrenzung des Marktes wird gesprochen, wenn Kunden in
Bezug auf deren Stellung im Nachfragesystem betrachtet werden. So kann z.B.
zwischen Großhandelskunden und Endverbrauchern unterschieden werden, oder
aber zwischen Privatkunden und dem Staat als Nachfrager. Je nach Stellung im
Nachfragesystem müssen die Marketingaktivitäten gestaltet werden (z.B. unterschiedliche Preisgestaltung für Mitglieder und Nichtmitglieder).
Die sachliche Abgrenzung ergibt sich aus dem angebotenen Leistungsprogramm
einer Unternehmung, also aus der eigentlichen Branche. Eine Abgrenzung fällt
hier nicht immer leicht, wenn das Gesamtunternehmen stark diversifiziert ist,
also in mehreren Produkt-/Marktbereichen agiert und dies u.U. noch auf unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen (Urproduktion, z.B. Erzabbau; zerlegende
oder katalytische Stoffverwertung, z.B. Raffinerie; zusammenfügende oder analytische Stoffverwertung; z.B. Werft; oder der Handel) durchführt.
Eine weitere Differenzierung des Marktes ist in der zeitlichen Abgrenzung zu
sehen. Dabei sind besonders Saisongeschäfte zu berücksichtigen. Die Definition
des Marktes wird in Bezug auf den Zeitpunkt und die Dauer der Funktionsfähigkeit des Marktes vorgenommen. So dürfte ein Teil der Nahrungs- u. Genußmittelindustrie eher ein jährliches „Weihnachtsgeschäft“ verzeichnen als ein Wirtschaftsverlag, eine Kondomerie oder ein Wohnungsmakler. Stark saisonabhängig ist z.B. die Bauindustrie oder die Gastronomie.
Aufgrund der hier angeführten Abgrenzungen von Märkten wird ersichtlich, daß
die Marketingentscheidung ohne genaue Informationen der Marktgegebenheiten
nicht getroffen werden kann, weil sonst die Marktbearbeitungsinstrumente, die
aus einer Marketingentscheidung abzuleiten sind, nicht effizient einsetzbar sind.
Ein weiterer Aspekt zur Marktorientierung ist die Typisierung des Marktes bezüglich der Anzahl von Anbietern und Nachfragern (Marktformen). Generell
werden neun Formen unterschieden, wobei aber mehr Differenzierungen denkbar sind.
Tab. 2: Marktformen
Anbieter: 
EINER
WENIGE
VIELE
Seite 23
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Nachfrager:
EINER
WENIGE
VIELE
Bilaterales Monopol
Beschränktes
Angebotsmonopol
Angebotsmonopol
Beschränktes
Nachfragemonopol
Bilaterales Oligopol
Angebotsoligopol
Nachfragemonopol
(Monopson)
Nachfrageoligopol
(Oligopson)
Polypol
Im selben Kontext wie die Abgrenzung von Märkten, ist auch die Marktform für
ein Unternehmen entscheidungsrelevant, weil die Marketingaktivitäten auf die
damit verbundenen Marktbedingungen und -kräfte abgestimmt werden müssen.
Dies stellt von Marktform zu Marktform unterschiedliche Aufwendungen dar.
Zu den einzelnen Fällen nun jeweils ein Beispiel:
Seite 24
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 3: Beispiele zu bestimmten Marktformen:
Marktform
Bilaterales Monopol
Beschränktes Nachfragemonopol
Monopson
Beschränktes Angebotsmonopol
Bilaterales Oligopol
Beispiel
Druck von nationalen Banknoten
Staatliche/private Verkehrsgroßprojekte (z.B. Kanaltunnel)
Bau von Kasernen
Spezialkomponentenbau für die Raumfahrt
Rüstungsprodukte (offizieller Markt)
Oligopson
Öffentlicher Straßenbau
Angebotsmonopol
Telefongespräche in DTL bis 1998, Teile der Briefbeförderung in DTL bis 2002
Herstellung von Computerchips
Bäckereien
Angebotsoligopol
Polypol
Mit der Marktform verbunden sind die Marktattribute nach dem Vollkommenheitsgrad des Marktes. Es wird unterschieden in den „vollkommenen“ und „unvollkommenen Markt“.
Tab. 4: Vollkommener u. unvollkommener Markt
VOLLKOMMENER MARKT
UNVOLLKOMMENER MARKT
Gewinnmaximierung der Anbieter
 unvollkommene Märkte zeichnen sich
durch das Fehlen eines oder mehrerer
Nutzenmaximierung der Nachfrager
der genannten Prämissen für den vollPunktmarkt
kommenen Markt aus
homogene Produkte
keine persönlichen oder zeitlichen Präferenzen auf der Nachfrage- und Angebotsseite
 praktisch „keine“ Reaktionsverzögerung der
Anbieter und Nachfrager durch Verhaltensänderungen der jeweils anderen Gruppe am
Markt (z.B. Preisänderungen)





Auch das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein einzelner Kriterien hat Einfluß
auf die Marketingentscheidung. Ein typischer Fall für mangelnde Markttransparenz (Ende 1997) ist der Handy-Markt. Eine fast unübersichtlich gewordene Anzahl von Anbietern steht der stark steigenden Zahl von Nachfragern gegenüber.
Mußten vor kurzem noch Kunden von der Nützlichkeit des Produktes überzeugt
werden (Primat der Kommunikationspolitik), steht heute der Angebotspreis der
Leistung „mobil telefonieren“ im Vordergrund der Bemühungen zur Marktanteilsentwicklung der Unternehmen.
Seite 25
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
3.2
Marktsegmentierung
Während wir bislang den Gesamtmarkt eines Unternehmens betrachtet haben,
muß nun untersucht werden, ob der konkret betrachtete Markt als Ganzes bearbeitet werden kann, oder ob es sinnvoll und ratsam erscheint, den Markt nach
bestimmten Kriterien genauer zu analysieren, um dann gewisse Teilmärkte
(Marktsegmente) auszusuchen, und diese dann ggf. einzeln zu bearbeiten, um die
vorhandenen Ressourcen des Unternehmens gezielt einzubringen.
Die Marktsegmentierung stellt also eine Differenzierung des relevanten Marktes
nach bestimmten Kriterien in Käufergruppen bzw. -segmenten dar, die sich hinsichtlich ihres Kaufverhaltens oder kaufverhaltensrelevanter Merkmale (Alter,
Geschlecht, Kaufkraft, Berufsgruppen etc.) unterscheiden.
Hauptzweck der Marktsegmentierung ist, Unterschiede zwischen den Käufern
aufzudecken, um daraus Schlußfolgerungen für segmentspezifische Marketingprogramme zu ziehen. Daraus ergeben sich zwei Aufgaben für das Marketingmanagement. Zum einen müssen Marktsegmente definiert und zum anderen
müssen segmentspezifische Marketingstrategien entwickelt und umgesetzt werden.
Die Marktsegmentierung verfolgt damit das Ziel, aus den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kunden eine differenzierte Marktbearbeitung abzuleiten. Mit dieser Methode kann besser auf die Erfordernisse des Teilmarktes bzw. der Kunden
eingegangen werden, was segmentspezifisch zu einem größeren Marktanteil
führen kann.
Die Ergebnisse der Marktsegmentierung münden demnach in die Bildung von
Zielgruppen. Die Konzentrationsmöglichkeit auf einzelne Zielgruppen oder
Segmente bringt dem Unternehmen in Bezug auf den Einsatz seiner Marktbearbeitungsinstrumente Vorteile. So besteht aus Sicht des Unternehmens für die
einzelnen Marktbereiche eine höhere Markttransparenz. Ferner entsteht eine
gewisse Prognosesicherheit bezüglich des Kaufverhaltens, als auch die Möglichkeit der genaueren Abstimmung der angebotenen Produkte in Bezug auf die verschiedenen Segmente.
Erkennt ein Unternehmen nach vorgenommener Segmentierung beispielsweise,
daß zwei verschiedene Gruppen A und B dasselbe Produkt P kaufen, da sie je
einen anderen Nutzen daraus ziehen, könnte dies zu einer Programmänderung im
Unternehmen führen. Denn das Produkt erfüllt die verschiedenen Nutzenansprüche der Segmentkunden A und B vielleicht nicht hundertprozentig, sondern nur
teilweise. Eine Anpassung des Produktes an die Zielgruppen könnte zur Folge
haben, daß sich das Unternehmen entschließt, zwei verschiedene Produkte P1
und P2 anzubieten. Jedes der beiden neuen Produkte erfüllt den geforderten NutSeite 26
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
zen der verschiedenen Segmentgruppen besser. Folgende Abbildung verdeutlicht
diesen Zusammenhang.
Abb. 6: Marktsegmente mit unterschiedlichen Nutzenpräferenzen des Produktes P
(In Anlehnung an Hill, Rieser, 1990, S. 99).
Wenn es dem Unternehmen gelingt, seinen Gesamtmarkt in homogene Käufergruppen bzw. -segmente einzuteilen, wobei diese Gruppen untereinander sehr
heterogen sein können, dann kann aufgrund der guten Kenntnisse der marktrelevanten Kriterien in den Segmenten und entsprechender segmentspezifischer Reaktionen auch die Kundenbindung erheblich erhöht werden. Die starke Kundenbindung wirkt für ein Unternehmen faktisch wie ein adjunktives Gut - denn eine
hohe Kundenbindung erhöht die Wertschätzung und auch den Wert des Unternehmens und ist damit als wichtiger Erfolgsfaktor einzustufen.
Welche Anforderungen müssen nun an die Segmentierung gestellt werden? Zunächst muß man sich darüber bewußt sein, daß die Bildung und Bearbeitung von
Marktsegmenten eine strategische Entscheidung für das jeweilige Unternehmen
darstellt. Deshalb müssen bestimmte Anforderungen an die Segmentierungskriterien gestellt werden, wie z.B.:
 Die Segmente sollten durch gängige Methoden der Marktforschung eindeutig
erfaßt werden können,Veränderungen im Segment müssen meßbar sein, was
sich in der Realität t.w. als schwierig erweist, da die Motive, Einstellungen
Seite 27
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing




oder Charaktere der einzelnen Segmentelemente ncht immer prägnant nachvollzogen werden können.
Die Segmente dürfen nicht zu klein gewählt werden, da sich sonst eine individuelle Bearbeitung durch das Marketing nicht lohnt.
Die Einteilung in die Segmente darf nicht aufgrund kurzfristiger Trends erfolgen, sondern soll mittelfristig Bestand haben.
Jedes Segment muß über bestimmtes Medium erreichbar sein.
Innerhalb des Unternehmens, besonders im Abatzbereich (Außendienst) sollten die vorgenommene Aufteilung und Differenzierung der Märkte akzeptiert
werden (z.B. bei regionaler Differenzierung).
Selbstverständlich ist auch bei der Segmentierung und den diesbezüglichen Abstimmungsprozessen darauf zu achten, daß die dadurch entstehenden Kosten
(durch Informationsgewinnung und Marktbearbeitung) geringer sind, als die
durch Segmentierung prognostizierten zusätzlichen Erlöse.
In der Literatur finden sich vor allem zwei Wege, Gesamtmärkte zu segmentieren, nämlich demographisch (auch als „klassische“ Marktsegmentierung bekannt) und psychographisch („moderne“ Marktsegmentierung). Nach Meffert
gehört die demographische Segmentierung zu den sozioökonomischen und die
psychographische zu den psychologischen bzw. verhaltensorientierten Kriterien,
nach welchen die Marktsegmentierung eines Unternehmens vonstatten gehen
kann. Hier sei jedoch darauf hingewiesen, daß sich diese beiden Ansätze zur
Segmentierung nicht widersprechen, sondern die psychographische Segmentierung auf der demographischen Segmentierung aufbaut (siehe dazu Meffert,
1991, S. 245ff). Beide sollen hier kurz erläutert werden.
I Demographische Marktsegmentierung
Die in der demographischen Marktsegmentierung relevanten Kriterien sind vor
allem sozioökonomische und geographische.
Tab. 5: Kriteriengruppen der demographischen Segmentierung
SOZIOÖKONOMISCHE
MARKTSEGMENTIERUNGSKRITERIEN
 Geschlecht
 Alter
 Familienstand
 Beruf
 Ausbildung
 Gruppenzugehörigkeit
 Sozialstatus
 Religion
GEOGRAPHISCHE
MARKTSEGMENTIERUNGSKRITERIEN
 Stadt/Land
 Klima
 Topograpische Struktur
 Regionale Bevölkerungsdichte
 Grenzverläufe
Der Vorteil der Marktsegmentierung nach allgemeinen Käufermerkmalen (sozioökonomische Kriterien) liegt in der relativ einfachen Meßbarkeit der Kriterien.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Andererseits besteht der Nachteil, daß anhand der Kriterien wenig Rückschlüsse
auf das tatsächliche Kaufverhalten gezogen werden können. Bei einer Segmentierung nach Kaufverhaltens- und sog. Responsemerkmalen (Käufer, Wiederkäufer, Nichtkäufer, preislicher Instrumente, käuferspezifischen Preiseinstellungen und Verhalten bezüglich nichtpreislicher Marketinginstrumente) können die
unmittelbar relevanten Kriterien für eine Marktsegmentierung zwar direkt erfaßt
werden, sie sind aber im Zeitverlauf schwer beobachtbar, und/oder die so entwickelten Segmente sind separat schwer ansprechbar bzw. zu bearbeiten.
Im Rahmen statistischer Methoden werden z.B. die Regressionsanalyse, die Diskriminanzanalyse, die Clusteranalyse oder die multidimensionale Skalierung
dazu genutzt, Korrelationen zwischen allgemeinen Merkmalen und den Kaufverhaltensmerkmalen aufzuzeigen.
Ein Einzelkriterium aus dem Bereich der soziökonomischen Marktsegmentierungsmöglichkeiten ist das Geschlecht.
Das Geschlecht als Segmentierungskriterium kann insofern von Bedeutung sein,
als daß bei Entscheidungen über Marketingaktivitäten geklärt werden muß, wer
beispielsweise in einem Mehrpersonenhaushalt die Kaufentscheidung vornimmt
- wer ist „nur“ Verwender und wer ist Kaufbeeinflusser?
Aufgrund der Tatsche, daß die klassische Rollenverteilung der abgegrenzten
Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau innerhalb einer Familie heutzutage häufig nicht mehr gegeben ist, muß z.B. der Mann mehr und mehr bei Entscheidungen für Haushaltsartikel mit einbezogen werden. Oder der Kauf eines
Kraftfahrzeuges; in Mehrpersonenhaushalten sind es häufig Kinder, die die Kaufentscheidung beim Erwerb eines speziellen Automobils mitentscheiden, als
beispielsweise die Frau oder der Mann - dies allerdings nur in einem bestimmten
Nutzenkorridor (z.B. im Rahmen homogener Konkurrenz  Kombi der unteren
Mittelklasse).
Eine Trennung der Geschlechter als Segmentierungskriterium würde bei vielen
Produkten heute also nicht mehr ausreichen. Es müssen weitere Kriterien hinzugezogen werden, um eine Käufergruppe differenzierter abzugrenzen.
So wird die Entwicklung des Haushaltseinkommens bzw. der Kaufkraft als eines
der wichtigsten Kriterien angesehen, weil Veränderungen bei den meisten Haushalten Mehr- oder Minderausgaben bedeuten. Die Summe dieser Veränderungen
spiegelt Marktanteilsrisiken und Chancen für die Unternehmen wider. Dennoch
lassen sich bei bestimmten Gütern sicherlich Unterschiede im Kaufverhalten
erkennen (z.B. bei Luxusartikeln, im Gegensatz zu Alltagsgütern). Im Kontext
sei das Phänomen des sog. hybriden Kaufverhaltens genannt. Das verfügbare
Einkommen wird dazu genutzt, t.w. im Niedrigpreissegment bestimmter Produktgruppen zu kaufen, t.w. wird es bei anderen Produktgruppen im Hochpreissegment verwendet. Bezüglich der Einkommenverwendung konnte in den letzten
Seite 29
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Jahren genau dieser Trend festgestellt werden, welcher es den Marketingabteilungen erschwerte, typische Verhaltensweisen eines Käufersegmentes vorauszusagen.
Eine Segmentierung nach Kaufkraft reicht also ebenfalls nicht mehr aus, um das
Kaufverhalten in Art und Menge relativ sicher einschätzen zu können. Je weniger Bedeutung der Höhe des Einkommens beigemessen werden kann, um so
relevanter wird ein anderer Faktor: die soziale Schichtung ( einfaches Schichtenmodell: Ober-, Mittel- und Unterschicht).
Aus der Einkommenssituation, Berufszugehörigkeit und dem Bildungsstand
lassen sich durch Zuhilfenahme eines Punktbewertungsverfahrens bestimmte
Segmente „ermitteln“. Es wird versucht, das Individuum in eine der genannten
Gruppen einzuordnen, da man nachweislich eine Korrelation zwischen „sozialer
Schicht“ und folgenden Punkten nachweisen kann:




Kaufgewohnheiten (z.B. Stammkundschaft in bestimmten Geschäften),
Informationsbereitschaft,
Konsum- bzw. Sparrate,
Lebensstil (z.B. Bevorzugung bestimmter Produkte und Dienstleistungen).
Jedoch kann auch hier keine absolute Prognosesicherheit über zukünftige Verhaltensweisen, der Nachfrager gemacht werden. Es sei darauf hingewiesen, daß
das Kriterium „soziale Schicht“ in der Literatur teilweise auch als psychographisches Marktsegmentierungskrieterium klassifiziert wird. Siehe dazu z.B. Kotler/
Bliemel, 1995, S. 435ff..
Die geographischen Kriterien sollen hier nicht weiter behandelt werden. Sie geben zwar Aufschluß über generelle Tendenzen (z.B. Verhaltensunterschiede
zwischen Stadt- und Landbevölkerung oder Nord- und Süddeutschland, Nutzung
bestimmter Produktgruppen aufgrund klimatischer Gegebenheiten), nutzen jedoch überwiegend dazu, Absatzgebiete einzuteilen.
Die Ausführungen haben gezeigt, daß ein einzelnes demographisches Kriterium
wenig Aussagekraft in bezug auf die Segmentbildung besitzt. Es muß demnach
darauf geachtet werden, einen bestimmten Kriterien-Mix auszuwählen, welcher
Rückschlüsse auf Verhaltensweisen der Käufer zuläßt.
II Psychographische Marktsegmentierung
Auch bei der psychographischen Marktsegmentierung sollen die Käufer in intern
homogene und extern heterogene Gruppen eingeteilt werden, jedoch aufgrund
psychologischer Kriterien, also anhand von Persönlichkeitsmerkmalen. Die interne Homogenität eines Segmentes ist jedoch nicht notwendigerweise gegeben,
da sich die psychologische Erfassung einer Person als äußerst schwierig erweist.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Zur Messung und Orientierung für das Gruppieren werden bestimmte Kriterien
herangezogen, die im folgenden dargestellt werden (in Anlehnung an Meffert,
1991, S. 248ff.):
Tab. 6: Psychographische Marktsegmentierungskriterien
PSYCHOGRAPHISCHE MARKTSEGMENTIERUNGSKRITERIEN
 Einstellungen bzw. Erwartungen gegenüber bestimmten Produkten (unterschieden werden
die kognitive Komponente, die Wertkomponente und die Komponente der Handlungstendenz).
 Persönlichkeitsmerkmale/Charaktereigenschaften, wie z.B. Kontaktfähigkeit, Selbständigkeit, Ehrgeiz, Konservatismus.
 Verhaltensmerkmale/Lebens- und Kaufgewohnheiten, wie Art der Freizeitgestaltung,
Teilnahme an Sportveranstaltungen, Mitgliedschaften, Theaterbesuche, Auslandsreisen,
Lese- und Sehgewohnheiten etc.
Die Praxis zeigt, daß eine eindeutige Einteilung anhand von psychographischen
Kriterien nicht ausreichend und aussagefähig genug ist, um darauf eine Segmentierung zu stützen. Der Grund ist die sehr komplexe Persönlichkeit (auch im rein
ökonomischen Verhalten) der Käufer. Somit lassen sich psychographische Kriterien eher für Erkenntnisse auf der Metaebene in Bezug auf Trendforschung oder
generalisierende Aussagen über das Nachfrageverhalten nutzen, die aber nicht
unbedingt auf Produkt-/Marktsegmente „heruntergebrochen“ werden können. Es
wurden in der Vergangenheit jedoch einige Verfahren entwickelt, um Personen
aufgrund ihrer psychologischen Merkmale zu klassifizieren. So wurde z.B. ein
System entwickelt, in welchem acht weibliche und sieben männliche sog. „Cluster“ herauskristallisiert wurden. Z.B. reichten die weiblichen Cluster von der
„altmodischen Pflichtbewußten“, über die „unfertige Amüsierfreudige“ bis zur
„intelligent-aggressiven Anti-Hausfrau“ (siehe dazu Berndt, 1995, S. 337ff.).
Eine vollständige Marktsegmentierung soll alle wichtig erscheinenden Beziehungen zwischen Markt- und Nachfragerverhalten, Einstellungen, Persönlichkeitsmerkmalen, Verhaltensweisen, sowie den Kriterien der demographischen
Segmentierung in Betracht ziehen. Unter Zuhilfenahme spezieller Statistikverfahren lassen sich so Marktsegmente für das Unternehmen zusammenstellen,
worauf nun alle Marketinginstrumente zielorientiert angepaßt werden können,
um langfristig marktorientiert zu agieren. Dazu werden fallweise Strategien entwickelt bzw. angewendet.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 7: Strategien in Marktsegmenten
STRATEGIE
 konzentrierte Marktstratgie
 differenzierte Marktstrategie
 selektiv differenzierte Strategie
 internationale Marktstrategie
MARKTSEGMENTBEDIENUNG
 Nische
 Mehrere Segmente gleichzeitig
 Wenig ausgewählte Segmente
 Verschiedene nationale bzw. kulturelle Segmente
Für den Investitionsgüterbereich sind z.B. zu nennen: statische Segmentierung
dynamische Segmentierung, einstufige Segmentierung und mehrstufige Segmentierung, mehrdimensionale Segmentierung und Mikro- und Makrosegmentierung
(siehe dazu Backhaus, 1997, S. 182ff.).
Die Ausführungen zeigen, daß „der Markt“ eines Unternehmens sehr umfangreich und komplex sein kann. Bei allen Produkt-/Marktentscheidungen sollten
mögliche Typen, Charakteristika, Strukturen und Segmentierungen berücksichtigt werden. Bevor jedoch diese Erkenntnisse in Handlungen umgesetzt werden
können, müssen im Rahmen der Marktforschung entscheidungsrelevante Daten
über den konkret zu bearbeitenden Teilmarkt erhoben werden.
3.3
Marktforschung und Informationssysteme
Die Marktforschung kann als systematischer Prozeß der Informationsgewinnung
für Marketingentscheidungen bezeichnet werden. In der Literatur wird t.w. zwischen Marketing- und Marktforschung differenziert. Marktforschung ist dann
Teil der Marketingforschung und beschränkt sich auf den Fokus Absatzmarktforschung.
Das Erkenntnisinteresse in diesem Zusammenhang ist vielfältig. So kann zwischen einer prozeßhaften Marktforschung (Entwicklung von Segmenten, Kundenbindungsentwicklung, Absatzentwicklung, Konkurrenzverhalten), die zeitraumbezogenen Erkenntnisse fördern soll, einer zeitpunktbezogenen Marktforschung unterschieden werden (Copytest, Standortanalyse, Produkttests etc.).
Von Markbeobachtung wird gesprochen, wenn von Zeit zu Zeit unsystematische
Marktuntersuchungen stattfinden.
Die Differenzierung der Marktforschung nach Formen kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen; so z.B.:
Seite 32
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 nach dem Untersuchungsobjekt (ökoskopische und demoskopische
Marktforschung),
 nach dem Erhebungs- bzw. Bezugszeitraum (laufend, fallweise, prospektiv, retrospektiv),
 nach dem Untersuchungsraum (lokale, regionale oder internationale
Marktforschung),
 nach Objektbereichen bzw. Branchen (Investitionsgüterindustrie,
Konsumgüterindustrie, Dienstleistungsbereich, Handel etc.),
 nach Unternehmensbereichen (z.B. Beschaffungsmarktforschung, Personalforschung).
Die Aufgaben- und Fragestellungen können einen engen und einen weiten Fokus
aufweisen. So kann im Rahmen der Marktforschung ein Verpackungstest Gegenstand der Untersuchung sein, gleichwohl aber auch Studien zum Wertewandel, zur sozialen Verantwortung von Unternehmen, zu Verteilungsfragen, die
Beobachtung von Exportmärkten etc..
Das Ziel dieser Untersuchungen ist immer, entscheidungsrelevante Informationen zu beschaffen. D.h., Marktforschung stellt die informatorische Grundlage
für externe Marketingaktivitäten dar. Die Ergebnisse der Marktforschung bilden
einerseits die Grundlage für die Diagnose und Prognose der künftigen Marktund Produktentwicklung und andererseits die Basis für die Planung strategischer
und operativer Marketingmaßnahmen.
Für neue Produkt-/Marktentscheidungen werden grundsätzlich folgende Informationen benötigt: was kann wo, wieviel und unter welchen Bedingungen wem
angeboten werden?
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 8: Fragen zur Marktentscheidung
FRAGE
WAS
WO
WIEVEL
WELCHE Bedingungen
WEM
ERKENNTNISINTERESSE
welche Produkte in welchen Ausführungsformen
geographische Bestimmung
Absatzmenge
Marktgegebenheiten, rechtliche Situation, Wettbewerber,etc.
Nachfrager, Segmente, Zielgruppen
Das Ergebnis der Marktforschung definiert die Chance bzw. das Risiko, sich in
einem bestimmten Markt zu engagieren. Die Marketingentscheidung ist dem
Marketingmanagement damit nicht abgenommen. Selbst wenn die Ergebnisse
der Marktforschung einem geplanten marktorientierten Engagement die besten
Absatzchancen einräumen, kann es sein, daß:
 das immer bestehende Restrisiko nicht eingegangen wird (Entscheidung: Idee z.Z. verwerfen), oder
 die Unternehmensorganisation der neuen Aufgabe nicht gewachsen ist
(Entscheidung: Idee z.Z. verwerfen), oder
 die Umsetzung der Idee durch die Unternehmensorganisation mangelhaft ist (vorangegangene Entscheidung: Idee umsetzen), oder
 das Restrisiko tritt z.B. in Form von Nachfrageverschiebungen tatsächlich ein (vorangegangene Entscheidung: Idee umsetzen), oder
 die Ergebnisse der Marktforschung waren offensichtlich falsch (vorangegangene Entscheidung: Idee umsetzen).
Zur weiteren Veranschaulichung wird der letzte Fall weiter betrachtet. Aus der
Grundproblematik der Kommunikation und Information ist bekannt, daß die
Aussagen zu bestimmten Fragestellungen aus unterschiedlichen Gründen sehr
heterogen sein können. Dies ist insbesondere dann ein Problem, wenn aufgrund
von (Falsch-) Informationen Handlungen generiert werden, die Ressourcen binden. Wie die kurze Auflistung oben zeigt, wäre es falsch zu sagen, daß die sog.
Flops nur aufgrund falscher Marktforschungsergebnisse zustande gekommen
wären, aber trotzdem muß die Frage gestattet sein: wenn Flops u.a. aufgrund
falscher Marktforschungsergebnisse entstehen können, woran liegt das dann?
Was sind die Fehlerquellen? Die Güte der gewonnenen Informationen wird
i.d.R. daran gemessen, wie genau die Prognose mit dem Geschäftsverlauf übereinstimmt. Dabei kann es durchaus Zufall sein, daß die Marktforschungsergebnisse mit dem tatsächlichen Geschäftsverlauf übereinstimmen. Die Ergebnisse
der Marktforschung hängen vor allem von klaren Zielsetzungen, der problemadäquaten Methodenwahl und dem dafür zur Verfügung stehenden Budget ab.
Im Rahmen der jeweils praktizierten Methode gibt es Kriterien, die die Ergebnisse maßgeblich beeinflussen können. So z.B.:
Seite 34
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 Umfang der Information (z.B. Vollständigkeit, Relevanz)
 Bestimmtheitsgrad der Informationen (Zuverlässigkeit, Genauigkeit)
 Verfügbarkeit der Information (Zugänglichkeit, Aktualität)
Unabhängig von der Grundproblematik der Information bzw. deren Verwendungsfähigkeit für die zu bearbeitende Fragestellung, ist auch die Wahl der Methode von entscheidender Bedeutung für die Ergebnisdarstellung.
Grundsätzlich kann die Informationsgewinnung in Primär- und Sekundärforschung eingeteilt werden. Sekundärforschung (desk-research) basiert auf der
Auswertung von bereits veröffentlichten Materialien (z.B. Marktforschungsstudien, amtliche Statistiken, Presseberichte, Unternehmensveröffentlichungen).
Die Primärforschung (field-research) schließt die Marktanalyse und die Marktbeobachtung ein. Die diesbezüglichen Marktforschungsinstrumente der Praxis
werden von Berekoven in vier Gruppen differenziert und folgendermaßen dargestellt (siehe dazu Berekoven, Eckert & Ellenrieder, 1996, S. 91ff.):
Tab. 9: Marktforschungsinstrumente
ERHEBUNGSVERFAHRE ERHEBUNGSVERFAHR
N
EN DER TRACKINGDER
AD-HOC- FORSCHUNG
FORSCHUNG
Exploration,
Verbraucherpanel,*
Gruppendiskussion,
Fernsehpanel,
Standardisierte Befra- Handelspanel
gung,
Face-to-face Umfrage,
* Panel: Ein i.d.R.
Telefonbefragung,
gleichbleibender
Internetbefragung,
Kreis von PersoSchriftliche Befragung,
nen, die über einen
Mehrthemen-Befragung
längeren Zeitraum
hinweg über die
gleiche Sache befragt werden
ERHEBUNGS-
TESTVERFAHREN
VERFAHREN
MITTELS
BEOBACHTUNG
Selbstbeobachtung,
Fremdbeobachtung
Produkttest,
Storetest,
Regionaler
Markttest,
Testmarktersatzverfahren,
WerbetestForschung,
Werbe-tracking
Die Ad-hoc-Forschung liefert zeitpunktbezogene Information und hat damit einen statischen Charakter. Für bestimmte Fragestellungen reichen Status-quoAussagen allerdings nicht aus. Von daher kann es ebenso sinnvoll sein, zeitraumbezogenen Daten zu erheben.
Die Erhebungsverfahren der Tracking-Forschung tragen diesem Anliegen Rechnung. Sie werden in verschiedenen Bereichen angewendet und sollen helfen
Marktveränderungen bzw. Marktverhaltensänderungen im Zeitverlauf aufzuspüren.
Erhebungsverfahren durch Beobachtung geben i.d.R. konkretere Auskunft über
das Handeln wie beispielsweise Verfahren, bei denen lediglich über das Handeln
Seite 35
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
gesprochen wird. Es wird das erfaßt, was visuell erfaßt wird, nicht mehr und
nicht weniger. Dies kann zeitpunkt- oder zeitraumbezogen geschehen.
Bei den Testverfahren geht es darum, Ursache-Wirkungszusammenhänge experimentell (apparativ) zu erforschen. Dies geschieht durch Beobachtung. Die Ergebnisse sind aber nur dann sinnvoll verwertbar, wenn sich Ursache und Wirkung isolieren lassen. D.h., der konkrete Bezug der abhängigen Variable (Wirkung) von der unabhängigen Variable (Ursache) muß gewährleistet sein. Grundsätzlich ergeben sich Zuordnungsproblematiken ähnlich wie bei der Bildung von
Teilproduktivitäten.
Nach der kurzen Darstellung einiger Marktforschungsinstrumente stellt sich die
Frage, wer eigentlich Marktforschung betreibt? Sie wird von den Unternehmen
selbst betrieben und von speziellen Marktforschungsunternehmen. Lt. aktueller
Marketingliteratur wird das durchschnittliche Marktforschungsbudget der Unternehmens durchschnittlich auf 1-2% des Umsatzes geschätzt; 50 - 80% davon
verbleiben im Unternehmen, der Rest teilt sich auf professionelle Marktforschungsinstitute auf. Der Gesamtumsatz der Marktforschungsinstitute betrug
1985 ca. 575 Mio. DM, 1990 ca. 1 Mrd. DM und 1995 wird er auf 1,5 Mrd. DM
beziffert.
Die Steigerung der Ausgaben für Marktforschung belegen u.a., daß die Unternehmen gezielter denn je Informationen nachfragen, um mit den richtigen Produkten zum richtigen Zeitpunkt auf dem richtigen Markt zu sein. Dies stützt die
Aussagen am Anfang dieses Kapitels in Bezug auf eine anvisierte verstärkte und
notwendige Kundenbindung seitens der Unternehmen. Die Zahl der bestehenden
Marktforschunginstitute wird in der Literatur und von Verbänden unterschiedlich ausgewiesen (ca. 170 - 500 Unternehmen). Die Marktforschungsunternehmen lassen sich in drei Typen einteilen:
Tab. 10: Typen von Marktforschungsunternehmen
VOLLSERVICE-
FORSCHUNGS-
MARKETINGFORSCHUNGS-
INSTITUTE
DIENSTLEISTER
BERATER
Umfragen, Datenerhebungen und Datenauswertungen nach eigener
Systematik von der
Planung bis zur Präsentation
(z.B. Nielsen, Infratest,
Ifo, GfK, Allensbach)
a) Feldorganisationen:
Durchführung von Befragungen t.w. aufgrund der Auftraggeberunterlagen (Fragebögen), häufig keine Auswertung
(z.B. GDS, Schreiber)
Häufig kleine Institute (auch Einzelpersonen) mit Spezialkenntnissen in
Bezug auf Methoden oder Märkte,
Zusammenarbeit auch in Arbeitsgruppen mit dem Auftraggeber,
Beratungen
(z.B. Diebold, Oppermann, intra
Marketingberatung)
b) Testorganisationen
Durchführung von Tests aller
Art wie z.B. Geschmack,
Produkttest, Verpackungstest
(z.B. Marmos-Bonn, Marplan
od. Basis Research)
Seite 36
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Nicht jede Informationsbeschaffungsmaßnahme wird durch Marktforschungsinstitute erledigt - auch nicht unbedingt durch die eigene Marktforschungsabteilung des Unternehmens. Absatzrelevante Informationen können auch anders
beschafft werden, so z.B. durch die Gestaltung eines MarketingInformationssystems (MIS).
„Ein Marketing-Informationssystem besteht aus Personen, technischen Einrichtungen und Verfahren zur Gewinnung, Zuordnung, Analyse, Bewertung und
Weitergabe zeitnaher und zutreffender Informationen, die dem Entscheidungsträger bei Marketingentscheidungen helfen“ (vgl. Kotler, Bliemel, 1992, S. 36).
Das Marketing-Informationssystem kann aus unterschiedlichen Teilen bestehen.
Im wesentlichen ist es ein Informationsbeschaffungs- und Kommunikations(ablauf)system, dessen Ziel es ist, möglichst viele marktrelevante Informationen an den verschiedenen Entscheidungsstellen im Unternehmen bereitzustellen. Neben der Bereitstellung von Informationen ist auch die zielorientierte Bewertung von Daten Teilaufgabe des Marketinginformationssystems.
Zu diesem System gehören neben technischen Einrichtungen wie Hard- und
Software die Betriebsdatenerfassung (Produktionsdaten, Kundendaten, Außendienstdaten etc. - also alle internen Datensammlungen) oder das innerbetriebliche Berichtsystem. Ferner werden durch das System alle routinemäßig von außen aufgenommenen Informationen überprüft und ggf. gespeichert (z.B. Erfahrungen und Informationen von Messen, aus Zeitschriften, Tagungen, Datennetzen). Weiterhin können zusätzliche Informationen aus den eigenen Marktforschungstätigkeiten dazu kommen.
Abschließend muß betont werden, daß vor allem bei der Neuproduktplanung und
der Zusammenstellung und Entwicklung der kommunikationspolitischen Maßnahmen auf die Heranziehung umfassender Marktforschungsdaten nicht verzichtet werden kann.
3.4
Aspekte des Käuferverhaltens
Marktforschungsergebnisse sollen einerseits aufzeigen, worin der konkrete Bedarf der Kunden besteht, andererseits sollen sie helfen, im Rahmen der Käuferbeeinflussung diejenigen Aspekte im Käuferverhalten zu lokalisieren, die am
ehesten geeignet sind, Kaufentscheidungen im Sinne des Unternehmens positiv
zu beeinflussen. Eine Grundtypisierung der Käufergruppen kann nach dem Kriterium der Art der Güter vollzogen werden:
Seite 37
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 Käufer von Konsumgütern,
 Käufer von Investititonsgütern und
 Käufer von Dienstleistungen.
Die folgenden kurzen Darstellungen sollen ausschließlich die Notwendigkeit der
differenzierten Marketinggestaltung im Kontext zu den drei Käufergruppen aufzeigen. Innerhalb der drei aufgezeigten Käufergruppen gibt es wiederum zahlreiche Differenzierungsmöglichkeiten (z.B. Segmente, Segmentierung), auf die
im Rahmen einer ausführlichen Betrachtung eingegangen werden sollte.
Theoretische Überlegungen zur Erklärung der Käuferverhaltens über das sog.
Black-Box-Modell, über die SR-, SOR-, SOBR-Modellen (siehe dazu Gliederungspunkt 5.3.1) oder über Totalmodelle können hier aus Gründen des Grundlagencharakters nicht dargestellt werden. Nur soviel: das für den Marketingmanager strategisch interessante am Kaufverhalten ist nicht, ob jemand kauft oder
nicht, sondern warum jemand kauft oder nicht. Über die Käuferverhaltensmodelle wurden im Laufe der Zeit durch die Hinzunahme von immer mehr Faktoren
im Käuferumfeld (bezogen auf sein Insystem, z.B. individuelle Reizverarbeitung
- und Umfeldsystem, z.B. gesellschaftliche Bezugspunkte, Beeinflussungsmerkmale) eine Basis geschaffen, um Strategien zur Käuferbeeinflussung aufzubauen und zu verbessern (siehe dazu z.B. Adam, 1993).
3.4.1 Käufer in Konsumgütermärkten
Käufer in Konsumgütermärkten sind i.d.R. Käufer, die Güter für die eigenen
Nutzenmaximierung nachfragen. Die eigene Nutzenmaximierung hängt je nach
Individuum von Individualbedürfnissen, Werten, Einstellungen und dem jeweiligen Umfeld ab. Es sind also nicht unbedingt ökonomische Daten, die zur Kaufentscheidung führen müssen.
Zumindest ein erheblicher Teil der zur Verfügung stehenden Kaufkraft wird für
Güter aufgewendet, die nicht die Grundbedürfnisse (wohnen, essen, trinken etc.)
decken.
Bleibt man bei diesen Gütern, können mindestens zwei Phänomene beobachtet
werden, die im Marketingverhalten Berücksichtigung finden. Die Ambivalenz
im Kaufverhalten und die „geistige Verbundenheit“ mit einigen erworbenen Gütern.
Im Rahmen der jeweiligen Kaufverhaltensmuster gibt es je nach betrachteten
Einflußkriterien eine gewisse Ambivalenz im Kaufverhalten, d.h., daß das, was
gekauft wird, auch ein Produkt einer anderen Unternehmung sein könnte (z.B.
Seite 38
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
eine Seife „A“ von „X“ oder eine Seife „B“ von „Y“). In dieser „Entscheidungsnot“ des Käufers kann das Marketing entscheidungsfördernd/beeinflussend wirken, wenn die Nutzenvorstellung des Käufers in Bezug auf das anvisierte Produkt bekannt ist. In diesem Fall wird von Ich-Beteiligung (involvement) gesprochen (high-involvement  Gegenteil: low-involvement).
Dabei geht es um die subjektiv empfundene Wichtigkeit des Produkts. Bei steigender Ich-Beteiligung des Käufers am Produkt bzw. Produktnutzen wird eine
wachsende Intensität des kognitiven und emotionalen Engagements angenommen, so z.B. bei Kaufentscheidungen. Diese Ich-Bezogenheit des Käufers zu den
Produkten kann nun im Rahmen der Kommunikation zwischen Unternehmen
und Käufer dazu genutzt werden, Kaufentscheidungen zu beeinflussen.
Die grundlegende Situation beim Kaufverhalten von Konsumgütern ist also
durch persönliche Nutzenvorstellungen, Ambivalenz in der Kaufentscheidung
und Ich-Bezogenheit geprägt. Ferner ist zu beachten, daß der Nachfrager im Regelfall auf eigene Finanzmittel zurückgreift, d.h. bei Fehlentscheidungen werden
für gewöhnlich keine anderen Individuen in Mitleidenschaft gezogen. Es besteht
häufig keine (ökonomische) Notwendigkeit, bestimmte Güter zu kaufen.
3.4.2 Käufer in Investitionsgütermärkten
Die Kaufentscheidung in Investitionsgütermärkten ist von ökonomischen Aspekten geprägt. Investitionsgüter können Leistungen materieller und immaterieller Art sein, die direkt oder indirekt für die Leistungserstellung zur Fremdbedarfsdeckung bezogen werden. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß
die persönliche Nutzenmaximierung des Käufers ohne Bezug zur Kaufentscheidung des Investitionsgutes ist.
Kaufentscheidend sollte allein der anzunehmende Zielbeitrag des Investitionsgutes für das Unternehmen sein. Die Aspekte, die für eine Kaufentscheidung sprechen sind i.d.R. quantifizierbar (Leistungsdaten). Die Entscheidung obliegt i.d.R.
nicht einer Person allein - es handelt sich um multipersonelle Entscheidungen
(Buying Center).
Deshalb ist der Entscheidungsprozeß organisiert und formalisiert. Die Investitionssumme bringt i.d.R. nicht der Käufer bzw. die Käufergruppe auf, sondern die
Unternehmung (u.U. Dritte). Es besteht also eine besondere Sorgfaltspflicht.
Dies erklärt sich u.a. auch aus den zumeist hohen Investitionskosten. Der Kauf
von Investitionsgütern gehört zu den Dienstaufgaben der Käufer/Käufergruppe von daher besteht eine besondere Verantwortlichkeit und Kompetenz.
Seite 39
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Für das Marketing ergibt sich demnach gegenüber dem Konsumgütermarkt eine
völlig andere Situation. Es geht nicht primär um psychologische Aspekte im
Rahmen der Käuferbeeinflussung, obwohl diese im Rahmen von Markentreue
eine Rolle spielen können. Zur Förderung der Kaufentscheidung müssen andere
Instrumente herangezogen bzw. variiert werden als im Konsumgüterbereich. Die
Beeinflussung der Käufer/Käufergruppen-Entscheidung vollzieht sich aufgrund
von Leistungsdaten, individuellen Vertragsregelungen und persönlichem Zugang
und Engagement. Man spricht von quasi-rationalen Entscheidungen beim Käufer/Käufergruppe. Der Verkäufer steht einem formalisierten Entscheidungsprozeß gegenüber, die Relevanz des Einzelgeschäfts ist erheblich höher als im Konsumgütermarkt. Der Erfolgsdruck der richtigen Kaufentscheidung bzw. des Verkaufs ist auf beiden Seiten hoch. Häufig entsteht durch die erstmalige Kaufentscheidung eine langfristige Geschäftsverbindung, die im Regelfall auch zusätzliche Leistungen aufweist (Installation, Wartung, Service, Schulungen etc.). Siehe
dazu weiterführend: Backhaus, 1995.
3.4.3 Käufer in Dienstleistungsmärkten
Käufer von Dienstleistungen stehen einer besonderen Art von Leistungen gegenüber. I.d.R. sind die Güter so klassifiziert, daß Erstellung und der „Verbrauch“ zeitlich zusammenfallen, und daß sie als nicht übertragbar gelten. Diese
Leistungen werden in allen Bereichen der Wirtschaft und Gesellschaft angeboten, so z.B. in/von den freien Berufen, Verwaltungen, Handels- und Verkehrsunternehmen, Forschungseinrichtungen, Bildungs- und Gesundheitswesen, kulturelle Einrichtungen, Gastronomie, Staatsleistungen wie Sicherheit und Ordnung
(siehe zum Systematisierungsansatz von Dienstleistungen Corsten, 1988, S. 4).
Das besondere an der Verkäufer-/Käufersituation ist das Vertrauensverhältnis,
das der Käufer dem Verkäufer gegenüber entgegenbringen muß. Der Grund liegt
in der Individualität jeder Dienstleistung, die in den seltensten Fällen ein absolut
gleiches Ergebnis darstellt. Jeder Dienstleistungsfall hat demnach einen eigenen,
individuellen Bezug der käufer- und/oder verkäuferspezifisch sein kann (Operationen, Rechtsfälle, Friseur, Beratungsleistungen).
Für das Marketingmanagement bedeutet dies, daß vertrauensbildende Maßnahmen z.B. in Form von sog. Referenzgeschäften im Vordergrund der Akquisitionsbemühungen stehen sollten, damit eine Kundenbeziehung entstehen bzw.
erhalten bleibt (siehe dazu z.B. Meffert, Bruhn, 1997).
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Ansatzpunkte des Marketingmanagements zur Verbesserung der Absatzsituation je nach Markttypus unterschiedlich sind. In Konsumgütermärkten sind es eher segmentische Bezugspunkte
Seite 40
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
(Produktassoziationen wie Freiheit, Solidität, Grenzenlosigkeit, Tradition,
Preiswertigkeit etc.), in Investitionsgütermärkten eher ökonomische, rationale
und faktische Aspekte und in Dienstleistungsmärkten eher individuelle, vertrauensbildende Maßnahmen, die zur Anbahnung der Geschäftsbeziehung herangezogen werden müssen (siehe dazu Peter, 1998; oder Meffert, Bruhn, 1992).
3.5
Marketing- und Wettbewerbsstrategien
Unternehmen verfolgen Ziele. Ziele, die als Lenkungsfunktion dienen, müssen
operational sein. Ein Kriterium der Zieldimensionen ist der Zielinhalt, der von
Unternehmen zu Unternehmen in Bezug auf eine Marketingstrategie unterschiedlich sein kann. Die Marketingstrategie kennzeichnet ein bestimmtes Verhalten, daß sich darauf bezieht, mit welcher Kernkompetenz (Zielinhalt) versucht werden soll, am Markt erfolgreich zu sein. Die Kernkompetenz kann sich
auf unterschiedlichste Bereiche beziehen. Pümpin stellt einen Grundsatzstrategienkatalog in Beziehung zu Merkmalen auf:
Seite 41
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 11: Grundsatzstrategienkatalog des Marketings (in Anlehnung an Pümpin, 1980, S. 48)
ORIENTIERUNGSMERKMAL
Wachstum
Verhalten gegenüber der Konkurrenz
Kooperation
Leistungsprogrammbreite
Integration
Produkt-Markt-Matrix
Portfoliokonzept
Synergienutzung
STRATEGIEN
 Expansionsstrategie
 Haltestrategie
 Konsolidierungsstrategie
 Schrumpfungsstrategie
 Aggressionsstrategie
 Defensivstrategie
 Unabhängigkeitsstrategie
 Kooperationsstrategie
 Beteiligungsstrategie
 Akquisitionsstrategie
 Konzentrationsstrategie
 Expansionsstrategie
 Vorwärtsintegration
 Rückwärtsintegration
 Marktdurchdringungsstrategie
 Marktentwicklungsstrategie
 Produktentwicklungsstrategie
 Diversifikationsstrategie
 Desinvestitionsstrategie
 Abschöpfungsstrategie
 Investitionsstrategie
 Segmentierungsstrategie
 Werkstoff-/Rohstofforientierte Strategie
 Technologieorientierte Strategie
 Marktorientierte Strategie
Im Rahmen der Marketingstrategien soll die Konzentration auf den ProduktMarktbereich und den Wettbewerb erfolgen. Der Segmentierungsaspekt ist bereits angesprochen worden - er steht in einem engen Verhältnis zur Produktmarktstrategie; aus dem Grund, weil sich die Positionierung der Produkte des
Leistungsprogramms auf ganz bestimmte Marktsegmente und Käufergruppen
bezieht.
Unternehmen stehen unter verschiedenen Aspekten im Wettbewerb. Zu nennen
sind z.B. Kosten, Produkte, Märkte, Marktanteile, Qualität, Kunden.
Da es aufgrund der Knappheit der Ressourcen im Regelfall nicht gelingt, den
Wettbewerb in allen Bereichen zu forcieren, müssen konzentrierte Marketingstrategien angewendet werden, um Kernkompetenzen zu entwickeln, damit
diese dann die Wettbewerbsposition nachhaltig absichern oder verbessern.
Tab. 12: Strategieausprägungen
STRATEGIE
Wettbewerb
AUSPRÄGUNG
 Kostenführerschaft
 Differenzierung
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Produkt/Markt





Konzentration
Marktdurchdringung
Marktentwicklung
Produktinnovation
Diversifikation
Die Kostenführerschaft bedeutet, daß im Verhältnis zu den Wettbewerbern für
gleichartige Produkte das geringste (Stück)kostenniveau besteht (siehe dazu
auch Kostenerfahrungskurvenansatz). Geht man davon aus, daß die Marktpreise
eine mehr oder weniger einheitliche Höhe haben, kann das Unternehmen mit der
Kostenführerschaft überlegen, wie es die höhere Differenz zwischen Stückkosten und Marktpreis verwendet (z.B. Abschottung des Marktes durch Weitergabe
der Differenz an den Kunden  Preissenkung). Daraus kann ein dauerhafter
Wettbewerbsvorteil entwickelt werden.
Die Differenzierungsstrategie stellt eine besondere Leistung des Unternehmens
dar, mit der es am Markt Wettbewerbern begegnet. Z.B. Qualitätsmerkmale,
besondere Serviceleistungen, spezielle Ausführungen von Produkten (z.B. Design). Das Marketingmanagement trägt dafür Sorge, daß dieser Wettbewerbsvorteil dauerhaft in der Wahrnehmung der Kunden verbleibt. Er bezieht sich auf die
Breite des Leistungsprogramms. Die Wettbewerbsstärke basiert weniger auf
besonderen Produkten, als auf bestimmten Besonderheiten im Produktumfeld.
Im Gegensatz zur Differenzierungsstrategie versuchen Unternehmen mit einer
Konzentrationsstrategie durch Einschränkung/Begrenzung des Leistungsprogramms auf Kernelemente einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Dabei kann
die Beschränkung in der Breite, aber auch in der Dichte des Leistungsprogramms liegen. Die Einschränkung kann sich auch auf eine begrenzte Zahl von
Kunden beziehen (z.B. Ärzte, die nur Privatpatienten behandeln oder die Produktion von Hochpreismöbeln (Fa. Seltz). Die Anforderungen an die genannten
Strategietypen finden sich z.B. bei Weis,1995, S. 63.
Der Produkt-Marktbereich wird traditionell in vier Grundstrategien eingeteilt.
Jeweils mit den Merkmalsausprägungen Produkt und Markt. Insgesamt kann von
Wachstumsstrategien gesprochen werden.
Tab. 13: Grundstrategien (Ansoff, 1966, S.).
MERKMALE
bestehende Produkte
neue Produkte
BESTEHENDE MÄRKTE
Marktdurchdringung
Produktentwicklung
NEUE MÄRKTE
Marktentwicklung
Diversifikation
Die Markdurchdringung wird auch Penetrationsstrategie genannt. Im Rahmen
der Penetrationsstrategie wird mit Hilfe aller Instrumente des Marketings versucht, die Absatzmenge zu erhöhen. Ansatzpunkte für die Durchsetzung dieses
Ziels sind z.B.:
Seite 43
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 die Produkte selbst (andere/neue Verwendungsmöglichkeiten bekannter Produkte z.B. Motorradbekleidung als Freizeitkleidung),
 die Preise (Preissenkung, Preisstaffelungen), das Umwerben von Kunden
anderer Unternehmen (z.B. Abwerbeprämien  Automobilhandel),
 ausgeweiteter Service (z.B. online-banking),
 die Bedingungen im Kaufvertrag (z.B. Erhöhung der Garantiezeit),
 die Intensivierung der Verkaufsbemühungen am point-of-sale etc.
Im Rahmen der Marktentwicklung wird versucht, für die bestehenden Produkte
neue Märkte bzw. Segmente zu erschließen (z.B. auf geographisch neuen Märkten). Marktentwicklung stellt einen fließenden Übergang zur Diversifikation dar.
Die Diversifikation läßt sich überblicksartig in drei Formen differenzieren (weitere Unterformen finden sich in der Literatur). Die horizontale D., die vertikale
D. und die laterale Diversifikation. Die Wachstumsstrategie „Diversifikation“
findet häufig dann Anwendung, wenn sich Unternehmen mit ihren Produkten in
stagnierenden Märkten bewegen, die zudem von einer hohen Wettbewerbsintensität geprägt sind. Mit der Diversifikation verlassen sie ihren traditionellen Produkt-Markt-Bereich. Mit Diversifkation ist immer eine Ausweitung des Leistungsprogramms verbunden (siehe dazu weiter Kapitel 5.1.2).
Die Produktentwicklung als Strategie bleibt im wesentlichen denjenigen Unternehmen vorbehalten, die im Bereich Forschung und Entwicklung aktiv sind. Sie
sind in der Lage, ihre Produkte den Markterfordernissen schneller anzupassen
als die sog. Imitationsunternehmen. Im Rahmen innovativer Entwicklungen von
Produkten gibt es unterschiedliche Stufen (abhängig von der Innovationshöhe =
dem objektiven Neuigkeitsgrad), die im Zusammenhang mit der Produktpolitik
noch angesprochen werden. Ziel ist immer, den Kundennutzen und die Qualität
in der Wahrnehmung der Kunden zu vergrößern und die möglichst hohe Rentabilität zu erzielen. Die Produktinnovation als Kern der Produktentwicklung vollzieht sich zunehmend auch für den Bereich der Redukte. Innovationen bestehen
heute nicht nur in der Erneuerung der Produkte bzw. der Produktfunktionen,
sondern auch in der Reduktion produktinduzierter Wirkungen als ökologische
Dimension der Produktentwicklung. Dabei spielt die Ausgestaltung der F&EAbteilungen und die Zielrichtung des Marketingmanagements eine wesentliche
Rolle.
Die Frage, wann Unternehmen welche Strategien anwenden sollen, liegt in der
jeweiligen strategischen Situation begründet, aus der sich das Unternehmen bewegen will. Die eigene Situation ergibt sich aus den Variablen: Marktgegebenheiten, Konkurrenz, eigene Ressourcen, Innovationspotential und bisheriger
Strategie. Die Erfolgswahrscheinlichkeit, mit einer Strategie einen positiven
Entwicklungspfad einzuschlagen, hängt auch davon ab, inwieweit das handelnde
Unternehmen in der Lage ist, zeitgeisttypische Probleme schneller zu bewältigen
als Wettbewerber (weiterführend z.B. Oetinger, 1992; Hörschgen, 1993).
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
4 Marketing-Analyseverfahren
scheidungsfindung
zur
Ent-
Aus der Zielforschung und Entscheidungstheorie ist bekannt, daß eine gute Idee,
z.B. eine Produkt-/Marktidee, nur dann einen positiven Zielbeitrag leisten kann,
wenn sie auch umgesetzt werden kann. Deshalb muß die Umsetzbarkeit überprüft werden. Da die Verfolgung neuer Ideen Ressourcen bindet, und diese i.d.R.
knapp bzw. in bestimmten Fristigkeiten verplant sind, kann nicht grundsätzlich
davon ausgegangen werden, daß sich Ideen bzw. Innovationen im Unternehmen
ohne weiteres umsetzen lassen.
Ein weiterer und ebenfalls entscheidender Aspekt ist die realistische Einschätzung der organisationellen und personellen Durchsetzbarkeit von Marktingprojekten im Unternehmen. Die Frage nach der organisationellen bzw. personellen
Durchsetzbarkeit, insbesondere bei internationalen Kooperationsprojekten, soll
hier nicht näher beschrieben werden. Lediglich der Hinweis auf die damit u.U.
verbundene Problematik soll gegeben werden (siehe dazu z.B. Brockhoff, 1995;
Hofstede, 1993; Rother, 1996).
Die Realisationschance ist allerdings nicht nur von der Ressourcensituation abhängig. Hinzu kommen die Prozeßfähigkeit (Innovationspotential), die Marktgegebenheiten und das Verhalten der Wettbewerber, u.U. auch das Verhalten der
Adminstration, so z.B. in Bezug auf die Ökologieorientierung.
Die marktbetreffenden Recherchen sind bereits im Kapitel Marktforschung angesprochen worden. Zur Verdeutlichung: die Realisation eines Marktingprojektes ist von der Ausprägung mehrerer interner und externer Faktoren abhängig gleichzeitig müssen sich diese Faktoren auch zum anvisierten Zeitpunkt quasi
simultan positiv darstellen. Es geht also nicht nur um die erfolgreiche Prozeßbewältigung, sondern auch um die temporäre Gleichschaltung dieses Prozesses
mit den Markterfordernissen.
Tab. 14: Bestimmungsfaktoren für die Realisation von Marketingsprojekten
FAKTOREN
INTERNE
VORAUSSETZUNGEN
EXTERNE VORAUSSETZUNG
Umsetzbarkeit
Ressourcen
Durchsetzbarkeit
Zeitbezogenheit
Innovationsfähigkeit
Relative Stabilität von Marktpotential/-nachfrage
und Verhalten der Wettbewerber
Keine
Mobilisierung der Betei- Relative Stabilität von Marktpotential/-nachfrage
ligten
und Verhalten der Wettbewerber bis zum Einführungszeitpunkt des neuen Produkts
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
4.1 Ressourcen-,
renzanalyse
Stärken-Schwächen-
und
Konkur-
Wirtschaftliches Handeln ist vom Vorhandensein bestimmter Ressourcen abhängig. Die Ressourcenausstattung eines Unternehmens stellt i.d.R. für kurzfristige
Entscheidungen ein Datum dar. Für längerfristige Entscheidungen kann von einer gewissen Variabilität ausgegangen werden. Ob eine Entscheidung mit den
vorhandenen Mitteln umzusetzen ist, gilt es zu prüfen. Diese Prüfung beinhaltet
in Bezug auf die Marketingentscheidung zweierlei:
1. es wird überprüft, ob ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen
und
2. es wird überprüft, ob die zur Verfügung stehenden Ressourcen für das
angestrebte Projekt geeignet sind.
Das Ziel der Ressourcenanalyse ist die Erstellung eines Status-quo und die Ermittlung der Stärken und Schwächen des Unternehmens. Mit diesen Ergebnissen
können besondere Kompetenzen identifiziert werden, die im Wettbewerb eingesetzt werden sollten (siehe Differenzierungsstrategie).
Zuerst müssen die Ressourcen bestimmt werden, die es zu untersuchen gilt. Dabei bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an.
Beispiel für die Differenzierung der Ressourcen im Rahmen einer Ressourcenanalyse:
Tab. 15: Ressourcendifferenzierungen der Ressourcenanalyse (Beispiele)
PERSONAL
Qualität
u.
Quantität der
Mitarbeiter,
Informationsu. Kommunikationsgrad,
Führungsqualitäten,
Schlüsselqualifikationen,
Personalentwicklungs
maßnahmen,
Methodische
Kompetenz,
Konzeptionelle Kompetenz,
PRODUKTION/
TECHNIK
Arten der Betriebsmittel,
Flexibilität der
Betriebsmittel,
Grad
der
Technisierung,
Logistische
Infrastruktur,
Ablaufstruktur,
Produktivität
FINANZEN
PRODUKTE
KUNDEN
SONSTIGES
Eigenkapitalstruktur,
Kapitalbeschaffungspotential,
Cash-Flow,
Deckungsbeitragssituation
der
Produktgruppen,
Liquiditätsreserven
Ausprägung
des Leistungspro-gramms,
Positionierung
der
Produkte
im Lebenszyklus,
Bisherige Innovationsrate,
Bisherige Erfolg/Mißerfolgr
ate,
Anzahl
der
Kunden,
Stammkundschaft,
Verhältnis
A/B/CKunden,
Differenziertheit der Segmente,
Kundenpotentiale
F&EKompetenz,
Kooperationstätigkeiten,
Strategische
Allianzen,
Organisation,
Standort,
Marktstellung
Produktvorteile
gegenüber den
Wettbewerbern,
Produktvorteile
Seite 46
Fortsetzung der Tabelle von Seite 53
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Visionen
gegenüber den
Wettbewerbern
Nach der Bezeichnung der Ressourcenbereiche und der Festlegung der zu überprüfenden Merkmale (siehe die Beispiele in der Tabelle), kann die Bewertung
z.B. im Rahmen einer Nutzwertanalyse vorgenommen werden.
In einem weiteren Schritt können die Ergebnisse in eine Tabelle überführt werden, die um eine zusätzliche Spalte erweitert wird. In dieser Spalte wird die Relevanz des links stehenden Merkmals in Bezug auf das neue Marketingprojekte
bewertet. Dazu ein Beispiel der Personalressource eines fiktiven Unternehmens:
Tab. 16: Ressourcenanalyse (Personalbereich) mit Bezug auf ein Marketingprojekt (z.B. eine
neue Produkt-/Marktidee)
PERSONALRESSOURCE
Qualität der Mitarbeiter
Quantität der Mitarbeiter
Informations-u. Kommunikationsgrad
Unternehmen
Führungsqualitäten
Schlüsselqualifikationen
Methodische Kompetenz
Konzeptionelle Kompetenz
bisheriges Innovationsverhalten
Visionen
BEWERTUNG
(--,-,0,+,++)
+
im
0
0
+
+
0
+
RELEVANZ FÜR PROJEKT X
(NIEDRIG,MITTEL, HOCH)
Hoch
Hoch
Mittel
Hoch
Mittel
Hoch
Hoch
Hoch
Hoch
Die Beurteilung der Merkmale bzw. ihrer Ausprägungen kann sich als problematisch erweisen. Es muß ein Raster entwickelt werden, nach dem eine Bewertung
erfolgen kann. Das Merkmal „Quantität der Mitarbeiter“ kann sich z.B. auf den
Auslastungsgrad beziehen (können zusätzliche Aufgaben von den derzeitig tätigen Mitarbeitern noch übernommen werden, oder sind sie durch den engen zeitlichen Einsatz im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung nicht in der Lage, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen).
Aus der so vorgenommenen Beurteilung der Ressourcen läßt sich ein Stärkenund Schwächenprofil sichtbar machen. In Bezug auf die Anforderungen des geplanten Marketingprojektes kann ein Defizitprofil erstellt werden. Es ergibt sich
aus dem Vergleich der Zeilenwerte „Bewertung des Merkmals“ und „Relevanz
für das Projekt“. Falls gravierende Defizite konstatiert werden, muß die Fortsetzung des Projektes zumindest für den anvisierten Zeitplan überdacht werden. In
jedem Fall muß der Defizitbereich verbessert werden, wenn das Projekt durchgeführt werden soll (Selbstentwicklung, Outsourcing, Kooperationen, etc.). Es sei
jedoch darauf hingewiesen, daß die Abstellung von etwaigen Mängeln Zeit in
Anspruch nimmt. Dadurch kann sich der Markteintrittszeitpunkt verschieben.
Die daraus möglicherweise resultierenden Probleme werden im Kapitel Kostenerfahrungskurve deutlich.
Seite 47
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
In einem weiteren Schritt müssen die Stärken und Schwächen des Unternehmens
mit denen der wichtigsten Wettbewerber verglichen werden. Aus dieser einfachen Konkurrenzanlyse lassen sich Schlüsse ziehen, ob der neue Produkt/Marktbereich grundsätzlich erfolgversprechend bearbeitet werden kann oder
nicht.
Seite 48
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 17: Ressourcenanalyse des eigenen Unternehmens und wichtigster Wettbewerber:
RESSOURCE
BEWERTUNG
N
NIEDRIG
-7
-6
-5
MITTEL
-4
-3
-2
-1
0
HOCH
+1 +2 +3 +4 +5 +6 +
7
Personal
Finanzen
Technik
Produkte
Kunden
Standort
F&E
Kooperationen
Organisation
Produktivität
Potentiale:
Qualität
Produktivität
Wirtschaftlichkeit
Eigenes Unternehmen:
Wettbewerbsunternehmen:
schwarz
hellgrau
Bei größeren Defiziten des eigenen Unternehmens gegenüber dem wichtigsten
Wettbewerber bestehen wiederum Risiken bei der Umsetzung bzw. Einführung
der Produkt-/Marktidee. Die Unsicherheit besteht dann u.U. in Form von „hausinternen“ Defiziten und zusätzlich über einen Wettbewerber, der offensichtlich
über ein besseres Ressourcenpotential verfügt und ggf. eine ähnliche Entscheidung umsetzen möchte. Die Marktchancen müßten in einem solchen Fall als
stark beeinträchtigt gelten.
Es zeigt sich, daß die interne Aufarbeitung von Defiziten allein noch keine
Marktchance bietet, wenn ein potentieller Wettbewerber über ein erheblich besseres Ressourcenpotential verfügt und dieses am Markt nutzen will. Diese Art
der „externen Abhängigkeit“ bzw. Einschränkung von Alternativen im Rahmen
der Markttätigkeiten kann dauerhaft nur durch die Entwicklung und Pflege von
Kernkompetenzen im Unternehmen aufgelöst werden.
Seite 49
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Die Konkurrenzanalyse dient insgesamt dem Zweck zu überprüfen, ob die geplanten langfristigen Entscheidungen vor dem Hintergrund der eigenen Ressourcensituation im Untersuchungszeitpunkt Sinn machen. Gleichzeitig erleichtert
die kontinuierliche Beobachtung der Wettbewerber die Wahrnehmung jeglicher
Verschiebungen und Veränderungen im Wettbewerb, so daß auch kleinere und
kurzfristige Dispositionen des Marketingmanagements erleichtert werden.
4.2
Produktlebenszyklus-Analyse
Der Produktlebenszyklus dient als Beschreibungsmodell für die Entwicklung des
Mengen- und Wertgerüstes von Kosten und Leistungen während der Marktphase
eines Produktes.
Das Konzept des Produktlebenszyklus gilt auch als Instrument der strategischen
Analyse. Es geht von der Annahme aus, daß die Nachfrage nach einem Produkt
von der Markteinführung bis zu seinem Verschwinden vom Markt (idealtypisch)
mehrere Phasen durchläuft.
Man spricht von der Einführungs-, der Wachstums-, der Reife-/Sättigungs- und
der Degenerationsphase. Jeder Phase wird eine unterschiedlich hohe Nachfrage
nach dem Produkt bzw. der Produktgruppe unterstellt. Gleichzeitig wird im idealtypischen Verlauf der Produktlebenszykluskurve (Umsatzkurve eines Produktes über die Zeit) eine bestimmte Ertragssituation zugeordnet.
Betrachtet man den Produktlebenszyklus holistisch, dann muß auch die Entstehungsphase des Produktes miteinbezogen werden (integrierter Produktlebenszyklus). Dies gilt für alle teil- und selbstentwickelten Produkte (F&E-Kosten
etc.). Denn zur Beurteilung von Marketingmaßnahmen innerhalb eines Produktlebenszykluses ist auch die Intensität des F&E-Engagements eine relevante Größe. Zur Begründung kann angeführt werden, daß die Art und Weise der Forschung und Entwicklung zu Merkmalen des Produktes und des Preisgestaltungskorridors führen, die die Entwicklung des Marktzykluses erheblich beeinflussen
können. Da durch die Forschung und Entwicklung alle funktionellen, ökologischen, distributionellen, redistributionellen, produktionstechnischen Aspekte des
Produktes konstruktiv festgelegt werden, ist das Engagement im Rahmen von
Marketingmaßnahmen auch dadurch mitbeeinflußt.
Der hier gezeigte Produktlebenszyklus, zu verstehen als integrierter Produktlebenszyklus, umfaßt auch den Entstehungszyklus (F&E-Phase). Er beinhaltet
demnach die Entstehungs- und Marktphase (ähnlich z.B. Pfeiffer, der im Rahmen seines Technologie-Portfolio-Konzeptes das integrierte ProduktlebenszykSeite 50
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
luskonzept als Grundlage verwendet. Das Technologieportfolio besteht aus dem
sog. Beobachtungs- Entstehungs-, Markt- und Entsorgungszyklus. Siehe dazu
Pfeiffer, 1989, S. 26-36.).
Abb. 7: Der integrierte Produklebenszyklus
Weiterhin muß berücksichtigt werden, daß das „Produktleben“ im betriebswirtschaftlichen Sinne nicht mit Ende des Marktzyklus/Produktlebenszyklus abgeschlossen ist. Der Bezug ist über die zeitgerechte, ressourcenorientierte Leistungsverwertung des Unternehmens herzustellen - denn mittlerweile besteht
auch aus der marketingorientierten Perspektive die Vorstellung, daß sich ein
produzierendes Unternehmen sowohl der Verwertung der Produktionsrückstände, als auch weiterer Produktfolgen anzunehmen habe (siehe dazu z.B. die Bibliographie zum Ökomarketing von Antes, Tiebler: 1990, in: Steger, 1990). Das
gängige Produktlebenszyklusmodell hingegen befaßt sich nicht mit den Rückständen des betrachteten Produkts.
Da die Rückstände (Redukte) produkt- bzw. produktlinieninduziert entstehen und
i.d.R. Kosten verursachen, auch zu Zeitpunkten, zu denen der Marktzyklus bereits abgeschlossen ist, muß dieser Aspekt betrachtet werden (Produktlebenszyklus als Mengen und Wertgerüst der Kosten und Leistungen; s.o.). Aus diesem
Grund kann aus dem Produktlebenszyklusmodell ein Beschreibungsmodell abgeleitet werden, daß den zeitlichen Anfall und die Menge produktinduzierter
Wirkungen prinzipiell darstellt und zwar grundsätzlich parallel zum Produktlebenszyklus (Hildebrandt, 1993, S. 221ff.).
Die Phasen des klassischen Produktlebenszykluskonzeptes stehen aus strategischer Sicht für Grundsatzverhaltensfragen im Rahmen der Marketingaktivitäten.
In der Einführungsphase besteht die primäre Fragestellung, wie der Markteintritt
Seite 51
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
gestaltet werden soll. Mit welcher Intensität, in welchen Segmenten, mit welchen Mengen soll der Markt erschlossen werden.
Während der Wachstumsphase muß entschieden werden, ob die erreichte Marktposition gehalten oder ausgedehnt werden soll. Wenn sie ausgedehnt werden
soll, muß geklärt sein, in welcher Form das zu geschehen hat (neue Segmente,
neue Anwendungen, neue geographische Märkte, Weiterentwicklung der Produktlinie etc.).
In der Reifephase stellen sich ähnliche strategische Fragen: wie soll die Marktposition weiter gehalten werden, welche Ausbaumöglichkeiten gibt es? Maßnahmen sind z.B. die Weiterentwicklung des Produktes oder der Aufbau produktperipherer Leistungen (besondere Serviceleistungen).
In der Degenerationsphase wird entschieden, wie lange das Produkt mit welchen
Maßnahmen am Markt gegen den Druck der Wettbewerber gehalten werden soll
(z.B. Preisreduzierung, Vereinfachung des Produkts, Designänderungen). Möglicherweise kommt es, geplant (Strategie) oder ungeplant (Markt), zu einem Relaunch (Wiederbelebung) der Produkte. Trends und Modeerscheinungen in den
Märkten wirken unterstützend. Aber auch die völlige Neuauflage von Produkten
die einst Markterfolge erzielten und schon aus dem Programm entfernt worden
sind, können zu den Relaunch-Produkten gezählt werden. I.d.R. sind diese Produkte im Design bewußt „veraltet“ gestylt, verfügen aber technologisch/funktionell über den Stand der Technik.
Letztlich muß entschieden werden, zu welchem Zeitpunkt das alte Produkt abgelöst wird, damit ein neues Produkt mit besseren Marktchancen die Ertragssituation des Unternehmens verbessern kann. Denn Produktionskapazitäten für neue
Produkte lassen sich i.d.R. nur dadurch beschaffen, in dem weniger ertragreiche
Produkte aus der Produktion und somit vom Markt genommen werden.
Geht man vom idealtypischen Verlauf des Produktlebenszyklus aus, können die
einzelnen Phasen nach unterschiedlichen Kriterien betrachtet werden. Die tabellarische Darstellung faßt die Kriterien (phasenbezogen) zusammen:
Tab. 18: Darstellung der Charakeristika der Produktlebenszyklusphasen. (z.T. in Anlehnung an
Meffert, 1998, S. 334f.):
KRITERIEN
EINFÜHRUNG
WACHSTUM
REIFE/
SÄTTIGUNG
DEGENERATION
Zielsetzung
Wachstum,
Prestigemotiv,
Sicherheitsziele
Wachstum,
Marktanteilsziele,
offensive Marketingziele
Marktpräsenz
Wachstumsrate
bis take-off: schwache Steigende Wachstumsrate
Wachstumsrate,
nach take-off: hohe
Wachstumsrate
Rentabilität,
Sicherung,
Stabilisierung,
Konsolidierung
stagnierende
Wachstumsrate
negative Wachstumsrate
Seite 52
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Marktpotential
noch nicht erkennbar
Unischerheit in der Bestimmung,
ansteigendes Ausschöpfen
des Marktpotentials
Risiko
Produkterfahrung
Investitionen
Konsumenten
hohes Risiko
geringe Erfahrung
sehr hoch
Innovatoren,
Überredung zum Produkttest notwendig
hohes Risikoiko
steigende Erfahrung
hoch aber fallend
Massenmarkt
TechnologieVeränderung
KRITERIEN
sehr groß
EINFÜHRUNG
WACHSTUM
REIFE/
SÄTTIGUNG
DEGENERATION
Wettbewerb
(Barrieren)
bis take-off: wenig
Pioniere,
nach take-off: zunehmende Markteintritte,
Markteintrittsbarrieren
aufbauen,
keine „Spielregeln“
Technische Innovationen
Dominanz von Schrittmachertechnologien
Entwicklung nicht
abschätzbar
Markteintritte,
hohe Markteintrittsbarrieren,
viele Wettbewerber,
steigende Konkurrenzintensität,
zahlreiche Fusionen
Produkt- u. Verfahrensinnovationen
Schlüsseltechnologien
höchste Konkurrenzintensität,
hohe Markteintrittsbarrieren und
hohe Marktaustrittsbarrieren
weniger Wettbewerber,
Marktaustritte,
Marktaustritts-barrieren
Ansätze zur Konzentration
Schwankungen
Konzentration,
relative Stabilität
sehr wenige
einige
Viele
wenige
Marketing
Kostenmanagement
Dynamik der Marktanteilsverschiebung
Konkurrenz
Marktwachstumsrate,
Kundenorientierung,
Veränderungen im
Bedarf,
Flexibilität
Kundenorientierung,
Desinvestition,
Marktaustritts-barrieren,
Veränderungen im Käuferverhalten
Primäraktionsprozeß
Idelatypische
Beginn MarkteinfühTrennung
der rung; Ende wenn der
Phasen
Stückgewinn des Produkts positiv wird
Produktion
Marketing
Finanzen
bis zum Wendepunkt der
Absatzmengenkurve (Absatzmengen steigen nicht
mehr progressiv an)
Erzielbare Absatzmengen nehmen immer stärker ab
Normstrategie
Wachstumsstrategie
bis zum zeitlichen
Maximum des
Stückgewinns/Sättigung
sinkende Stückgewinne - Ende mit
dem absoluten
Umsatzmaximum
Abschöpfungsstrategie
Technologie
Marktanteile
Anteil der
Marktsegmente
Schlüsselfaktoren
Hauptprobleme
groß der Tabelle
Fortsetzung
Technologie/Marketing,
P
Zeit
Markteintritt, Markteintrittsbarrieren,
Marktpenetration,
Kundenbedürfnisse,
Management des takeoff,
Substitutionstechnologien, -produkte,
Flexibilität
F&E
Investitionsstrategie
begrenzt und überschaubar,
häufig Ersatzbedarf
geringes Risiko
hohe Erfahrung
weiter fallend
Massenmarkt,
Wiederholungskäufer,
Auswahl unter
Marken
vongering
Seite 60
Produktion u.Marketing
geringes Risiko
Nachzügler,
Ersatzbedarf,
hohe Qualitätsansprüche
gering
Dominanz von Basistechnologien
Desinvestitions-strategie
Das Produktlebenszykluskonzept gilt im strategischen Management als Analyseund Prognoseinstrument. Seine Bedeutung ist für die Einschätzung zukünftiger
Produkt-/Marktentwicklungen eher gering, da nur wenige Produkte den idealisierten Umsatzverlauf durchleben. Dies gilt insbesondere, wenn das Konzept
Seite 53
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
alleine zur Beurteilung anstehender Maßnahmen herangezogen wird. Erst in der
Gesamtschau der Ergebnisse mehrerer Instumente mit unterschiedlichen Blickwinkeln lassen sich aufgrund der Ergbnisse fundierte Aussagen zu Chancen neuer Marketingprojekte machen.
Das Konzept des Produktlebenszyklus dient auch als Heuristik beim Entwurf
von Strategien. Als Instrument in Verbindung mit dem Kostenerfahrungskurvenkonzept und der Portfolio-Analyse vermittelt es wichtige Anhaltspunkte für
strategische Grundsatzentscheidungen.
4.3
Kostenerfahrungskurvenkonzept
Das Kostenerfahrungskurvenkonzept geht auf die Boston Consulting Group zurück. Die in den 60iger Jahren durchgeführten empirischen Untersuchungen der
Boston Consulting Group zu Preis- und Kostenentwicklungen in der Halbleiterindustrie und später auch in anderen Branchen, dienten als Grundlage für das
sog. Kostenerfahrungskurvenkonzept.
Die Grundüberlegung des Kostenerfahrungskurvenkonzeptes ist, daß die Produktivität mit dem Grad der Arbeitsteilung steigt. Im Kontext mit dem Lernkurveneffekt (mit zunehmender Ausbringung sinken die Arbeitskosten) kann konstatiert werden, daß bei einer Verdoppelung der kumulierten Produktionsmenge
eine Reduzierung der direkten Fertigungskosten pro Mengeneinheit um einen
konstanten Prozentsatz bewirkt wird. Letztlich wird die Aussage bezüglich der
Kostenreduktion bei der Kostenerfahrungskurve auf die Stückkosten erweitert,
so daß definitorisch folgender Sachverhalt gilt:
Der Effekt der Kostenerfahrungskurve besagt, daß die Stückkosten eines Produktes um einen konstanten Betrag (20-30%) zurückgehen, wenn sich die kumulierte Produktionsmenge verdoppelt.
Die Kostenreduktion bezieht sich auf nicht inflationierte Stückkosten. Es wird
davon ausgegangen, daß alle Kostensenkungspotentiale aufgrund der Lerneffekte aus dem diesbezüglichen Wertschöpfungsprozeß konsequent aktiviert werden.
Seite 54
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Abb. 8: Effekt des Kostenerfahrungskurvenkonzeptes:
Zahlenbeispiel für das Kostenerfahrungskurvenkonzept:
Die XYZ GmbH produziert seit 1989 für das Geschäftsfeld „komplette Lüftungsanlagen“ eine technische Baugruppe (4-Seiten Luftverteiler + Normlüftungskanalteil 2m). Die Mengensteigerungsrate für das Bauteil lag in den ersten
3 Jahren bei 25 %, danach für drei Jahre bei 15%, anschließend bei 10% und im
letzen Jahr bei -5%. Derzeit wird die Baugruppe durch eine komplette Neukonstruktion ersetzt. Die anfänglichen Stückkosten lagen bei 50 DM.
Tab. 19: Beispiel zur Kostenerfahrungskurve der XYZ GmbH
Jahr SteiMengege/Stück
rungsrate in
%
Reduktion der
Stückkosten in
% auf die Basis
1989
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
0
25,00
25,00
43,74
43,74
43,74
57,82
57,82
57,82
100
40
30
15
15
15
10
10
10
kumulierte
Reduktion
Menge/Stück der
Stück(4-Seiten Luft- kosten in DM
verteiler
+ bei
25%Normlüftungs- Effekt
kanalteil 2m)
5.000
5.000
50
7.000
12000
Fortsetzung der Tabelle von37,50
Seite 63
9.100
21.100
37,50
10.465
31.565
28,13
12.034
43.599
28,13
13.839
57.438
28,13
15.223
72.661
21,09
16.745
89.406
21,09
18.419
107.825
21,09
Seite 55
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
1998 -5
17.498
125.323
21,09
57,82
Die Tabelle zeigt, daß die Stückkosten im Produktionsjahr 7 (1995) auf ein Niveau von ca. 42% des Produktionsjahres 1 gefallen sind (inflatorische Einflüsse
sind nicht berücksichtigt). Es muß jedoch bedacht werden, daß die Reduzierung
der Stückkosten nur dann zustande kommt, wenn alle entstehenden Kostensenkungspotentiale realisiert werden. Der industrielle Fortschritt, der durch Lerneffekte in allen Unternehmensbereichen entsteht (ausgelöst durch interne und externe Effekte), setzt sich aus diskontinuierlichen und kontinuierlich Fortschritten
zusammen (Grundlagenforschung  Basisinnovationen, Qualitätssteigerung des
Personals und Managements, Verfahrenstechnik, Aufbau- u. Ablauforganisation,
Kooperationen etc.).
Der Nutzen dieser empirischen Erkenntnis ist hoch. Mit dem Wissen über generelle Kostensenkungspotentiale ist die Prognose der Kostenentwicklung genauer.
Weiterhin ist es möglich, die sinkenden Stückkosten zur Preisgestaltung zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Abschätzung der Stückkosten von
Wettbewerbern aufgrund ihres Marktanteils. Dies ist im Zusammenhang mit der
erwarteten Preispolitik bzw. des preispolitischen Spielraumes des Wettbewerbers von Interesse (s.o. Konkurrenzanalyse).
Das Kostenerfahrungskurvenkonzept verdeutlicht die Bedeutung des Marktanteils. Der erste Anbieter eines Produktes am Markt hat somit vielseitige Möglichkeiten der Preisgestaltung. Er kann Pioniergewinne abschöpfen, er kann
Wettbewerbern durch eine Preisbarriere den Zutritt zum Markt erschweren, er
kann die Situation für Kooperationen nutzen etc.
Daraus folgt aber auch, daß der Markteintrittszeitpunkt eine wesentliche Größe
darstellt, um Marktanteile zu erlangen. Der Marktanteil steht demnach in einem
engen Verhältnis zum Markteintrittszeitpunkt.
Die Effekte der Kostenerfahrungskurve können auch als eine Begründung dafür
dienen, daß die schnelle Umsetzung von Produkt-/Marktideen durch das Unternehmen die Kosten- und Gewinnsituation maßgeblich beeinflußt. Somit steht die
interne Durchsetzung und die Prozeßgestaltung bis zur Markteinführung (Produktentstehungsphase im Rahmen des integrierten Produktlebenszykluskonzept)
in direktem Zusammenhang zur Stärke der Wettbewerbsposition im Markt. Eine
daraus resultierende gute Gewinnsituation kann die Wachstumsziele begünstigen, indem die erwirtschafteten finanziellen Ressourcen wiederum in neue Produkte investiert werden. Gleichzeitig wird auch durch die häufig wiederholte
Prozedur der Durchsetzung und Umsetzung neuer Marketingprojekte ein Lerneffekt erzielt, der bewirkt, daß der Zeitraum der Produktentstehungsphase bis zur
Markteinführung weiterhin reduziert wird.
Seite 56
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Ein Phänomen der 80er und 90er Jahre ist die stetige Verkürzung der Produktlebenszyklen. Diese Tendenz schmälert die Reduktionsmöglichkeit der Stückkosten über die Effekte der Kostenerfahrungskurve grundsätzlich. Um so wichtiger
ist die Beherrschbarkeit der Entwicklungs- und Markteinführungsprozesse (siehe
zur Grundsatzproblematik des Lernens in Organisationen/Unternehmen Hinterhuber, Al-Ani & Handlbauer 1996 und insbesondere dort Haiss, S. 129-157.).
4.4
Die Portfolioanalyse
Die Portfolioanalyse ist ursprünglich den Instrumenten der Finanzwirtschaft
zuzuordnen. Die Planungsmethode hat zum Ziel, den Wertpapierbestand eines
Depots so zu planen und zu gestalten, daß eine optimale Rentabilität/Verzinsung
des an der Wertpapierbörse investierten Kapitals erreicht werden kann. Wie in
einem Wertpapierdepot unterschiedliche Titel vorhanden sind, gibt es in Unternehmen unterschiedliche Produktbereiche. Diese Bereiche können auch strategische Geschäftseinheiten (SGE) genannt werden (z.B. XYZ GmbH: SGE 1
Lüftungsanlagenbau, SGE 2 Lüftungskanalsysteme und SGE 3 Entwicklung und
Projektierung im Bereich der Be- und Entlüftung).
Die strategischen Geschäftseinheiten sind i.d.R. durch eine konkrete Marktaufgabe gekennzeichnet, wie beispielsweise Sparten in einer divisionalen Organisationsstruktur. Die Abgrenzung muß allerdings nicht den formalen Grenzen der
organisatorischen Verantwortungsbereiche eines Unternehmens entsprechen.
Die Merkmale strategischer Geschäftseinheiten sind:
1. eigenständig agierende Unternehmenseinheit u.a.:
 selbstständige Zielsetzung
 eindeutiges Aktionsfeld in einem spezifischen Markt
 eigene strategische Ausrichtung
2. konkrete zu bearbeitende Marktaufgabe u.a.:
 Lösung von Anwenderproblemen
 handelt als Wettbewerber
 verantwortlich für Marktanteile/Wettbewerbsposition
3. leistet separat einen Erfolgsbeitrag u.a.:
 formalzielorientiert (Rentabilität)
 sachzielorientiert (durch die Synergieeffekte in Bereichen wie Organisation, Führung, Technologie, Personal etc.).
Seite 57
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Der Sinn der Differenzierung der Gesamtunternehmensleistung in strategische
Geshäftseinheiten besteht darin, gezielte strategische Planungen produktgruppen- bzw. produktlinienbezogen zu ermöglichen, um die Gesamtheit des Leistungsbildes des Unternehmens in Hinsicht auf Erfolg und Wachstumspotential
zu verbessern. Die eigenverantwortliche Durchführung des strategischen Programms der strategischen Geschäftseinheit geschieht relativ unabhängig, trotzdem muß für die Unternehmensleitung Klarheit darüber herrschen, wie sich die
Gesamtentwicklung des Unternehmens darstellt. Dies ist im Hinblick auf die
zukünftige Unternehmensentwicklung wichtig. Die Portfolioanalyse ist in diesem Kontext ein hilfreiches Instrument.
Das Management ist dafür verantwortlich, daß die zur Verfügung stehenden
Ressourcen (Personal, Finanzen etc.) denjenigen Bereichen zugewiesen werden,
die den Bestand, das Überleben oder Wachstumsprozesse des Unternehmens am
ehesten garantieren können. Deshalb muß das Management über Instrumente
verfügen, welche die Bereiche mit den günstigsten Marktaussichten identifizieren können.
Da des Marketingmanagement nicht nur für die bereits im Markt befindlichen
Produktbereiche verantwortlich ist, sondern auch mit der Weiterentwicklung des
Leistungsprogramms befaßt wird, muß auch Sorge dafür getragen werden, daß
die neuen Investionsprojekte nach Möglichkeit aus den bisherigen Geschäftsbereichen finanziert werden können um das Risiko möglichst klein zu halten.
Bei der Portfolioanalyse steht deshalb die Frage der Identifikation der finanzmittelfreisetzenden und finanzmittelbindenden strategischen Geschäftseinheiten im
Vordergrund.
Das Ziel der Portfolioanalyse ist also die Darstellung der Positionierung aller
Geschäftsbereiche mit dem besonderen Erkenntnisinteresse der Finanzmittelsituation. Ein unausgeglichenes Portefeuille muß dann durch Steuerung des Managements zur Ausgewogenheit geführt werden. Dies geschieht anhand bestimmter Strategien. Damit ist die Portfolio-Analyse nicht nur eine Analysemethode, sondern auch Basis für eine Führungskonzeption (PortfolioManagement). Hintergrunderkenntnisse für das im folgenden dargestellte
Marktwachstums-/Marktanteilsportfolio sind die Erkenntnisse und Annahmen
des Produktlebenszykluskonzepts und der Kostenerfahrungskurve.
Die graphische Darstellung der Portfolioanalyse erfolgt über eine n-FelderMatrix. Die einfachste und älteste Darstellung der Boston-Consultion-Group
verfügt über vier Felder. Um die strategischen Geschäftseinheiten eines Unternehmens untereinander vergleichbar zu machen, werden unterschiedliche Bewertungskriterien zu einer generalisierenden Vereinfachung der Sachverhalte
herangezogen. Kriterien sind „Marktwachstum” als Ausdruck der Attraktivität
eines Marktes, und „relativer Marktanteil” als Ausdruck der WettbewerbspositiSeite 58
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
on eines Geschäftsfeldes des Unternehmens in Relation zum stärksten Wettbewerber.
Die Darstellung der SGE erfolgt dann über zwei Achsen. Die Abzisse zeigt den
relativen Marktanteil (Marktanteil des Unternehmens geteilt durch den Marktanteil des wichtigsten Wettbewerbers), die Ordinate stellt das Marktwachstum (geschätzt) in Prozent dar. Die Unterteilung der Achsen erfolgt lediglich in „niedrig“ und „hoch“.
Die vier Felder beschreiben grundsätzliche betriebswirtschaftliche Situationen
im Kontext zum Produktlebenszyklus. Es wird nach Fragezeichen (Question
Marks), Stars (Stars), Milchkühe (Cash Cows) und Arme Hunde (Poor Dogs)
unterschieden (die Reihenfolge gibt den idealtypischen Verlauf einer strategischen Geschäftseinheit wieder; siehe dazu die folgende Graphik). Das Marktwachstum stellt dabei die unabhängige Variable dar, der relative Marktanteil die
abhängige Variable. Die Gestaltung durch strategische Maßnahmen betrifft also
grundsätzlich den Marktanteil.
Abb. 9: Vierfelder-Matrix (Marktanteils-/Marktwachstumsportfolio)
Die Kreise in der Darstellung der Matrix symbolisieren die verschiedenen strategischen Geschäftseinheiten - in diesem Falle acht verschiedene. Ihre Größe
zeigt die Umsatzbedeutung.
Die Ordinate zeigt das jährliche Marktwachstum an. Ein Marktwachstum >10%
gilt als hoch (ambivalente Größe). Der relative Marktanteil zeigt die eigenen
Seite 59
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Stärke im Markt im Verhältnis zum Marktanteil des wichtigsten Wettbewerbers.
Der Wert >1 gilt als Maß für einen relativ hohen Marktanteil. Jedes Feld in der
Matrix symbolisiert also bestimmte Produkt-/Marktsituationen. Die Finanzmittelsituation kann durch folgende Graphik veranschaulicht werden (vgl. Hinterhuber, 1992, S. 129).
Abb. 10: Marktanteils-/Marktwachstumsportfolio mit Lebenszyklus und Cash-Flow-Verlauf
(idealtypisch).
Die Darstellung besticht durch Einfachheit, doch muß bedacht werden, daß der
Erklärungsansatz, den Cash-Flow/Finanzmittelüberschuß nur über zwei Faktoren
darzustellen (relativer Marktanteil und Marktwachstum), problematisch ist. Dies
ist ein Grund dafür, daß das Konzept der Portfolioanalyse stetig erweitert wurde.
McKinsey entwickelt in Zusammenarbeit mit Generel Electric eine NeunFelder-Matrix. Die erfolgsdeterminierenden Schlüsselfaktoren (Markanteil und
Marktwachstum) werden erweitert; zwar nicht in Form von zusätzlichen Dimensionen, aber durch mehrere Faktoren, die nach bestimmten Schlüsseln (nach Unternehmenssituation) wiederum zu zwei Faktoren aggregiert werden. Sie lauten
Marktattraktivität und relativer Wettbewerbsvorteil.
Seite 60
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 20: Bestimmungsfaktoren der Hauptfaktoren nach McKinsey:
-
MARKTATTRAKTIVITÄT
Umsystemsituation
Ressourcensituation
Marktwachstum und Marktgröße
Marktqualität
-
RELATIVER WETTBEWERBSVORTEIL
relative Marktposition
relatives Produktionspotential
relatives F&E-Potential
relatives Human-Ressourcespotential
Abb. 11: Marktattraktivitäts-/Wettbewerbsvorteilportfolio (Hinterhuber 1992)
Weitere Darstellungsformen gibt es z.B. von A.D. Little (ProduktlebenszyklusPortfolio) oder Hinterhuber. Hinterhuber schlägt vor, zur Beurteilung der Geschäftsfelder im Hinblick auf Förderung oder Aufgabe von strategischen Geschäftseinheiten, eine dritte Darstellungsdimension einzuführen (Cash-flow).
Seite 61
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
In Anlehnung an das anfangs erwähnte Wertpapierportfolio sind in allen diesen
Portfoliodarstellungen die Grundsatzüberlegung und das Ziel gleich, die strategische Geschäftseinheiten so zu gestalten und aufeinander abzustimmen, daß jeweils genügend neue Geschäftsbereiche (Question Marks) und Geschäfte in der
Phase hoher Cash-Generierung (Cash Cows) zur Finanzierung der Wachstumsprodukte vorhanden sind. Damit ist der Grundkreislaufgedanke eines nachhaltigen Transformationsprozesses „Bestand und Wachstum durch Erneuerung“ gewahrt.
Die Nachteile der Portfolioanalyse (s.o.) sind z.B. der Nichteinbezug von Konkurrenzreaktionen, Willkür der Quadrantenabgrenzung, nicht hinreichende Erklärung des Cash-flow-Verlaufs. Trotzdem werden Portfolioanalysen im Rahmen der Marketingstrategieentwicklung häufig genutzt.
Seite 62
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 21: Darstellung von Merkmalszuordnungen zu den Feldern der Matrix:
KRITERIEN
QUESTION MARK
Niedrig
Marktanteil
Marktentwick- Hoch
lungspotential
Wettbewerbs- Ambivalenz
position
Einsatz
von Extrem hoch
Ressourcen
Niedrig
Deckungsbeitragsanteil
STAR
Hoch
Hoch
CASH COW
Sehr hoch
Niedrig
DOG
Hoch
Sehr niedrig
Sicher
Sicher, aber stagnie- Stagnation,
rend
Unsicherheit
Hoch
Niedrig
Nach
Möglichkeit
nicht
Niedrig aber Sehr hoch
Niedrig
höher
als
Question
Marks
Neue
Produkt- Zukunftsge- Sichern den kurz- BeschäftigungsBedeutung
/Marktideen,
schäfte mit fristigen Erfolg des sicherung,
Chancen für Zu- hoher Rein- Unternehmens,
Präsenz im Markt
kunftsgeschäfte,
vestionsfinanzieren
die
Absicherung
der quote zum Geschäfte von MorMarktbedeutung des Ausbau der gen
(QuestionUnternehmens (In- WettbeMarks)
novationsaspekt,
werbsImage etc.)
position,
Absicherung
des späteren
Cash-flows
Mehrere
Mehrere SGE
Sehr wenige SGE
Idealsituation Wenige SGE
SGE
Förderung, Produk- VerbesseProduktvariation,
ProgrammeliminatiGrundsatztinnovationen: Of- rung
der Produktdifferenon: Desinstrategie
fensivstrategie
Produkte:
zierung:
Ge- vestionsstrategie
(SegmentieWachswinnstrategie
rung
auch
tumsstrategie
Produktlebenszykluskonzept)
An dieser Stelle wird auch der Bezug zur Kostenerfahrungskurve und zum Produktlebenszykluskonzept deutlich. Werden alle drei Instrumente gemeinsam
angewendet, entstehen Grundsatzinformation über die Finanzpotentiale und für
neue konstitutive Marketingaktivitäten.
Seite 63
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
4.5
Umweltanalysen
Die Umweltanalyse gehört nicht zu den Instrumenten der internen Unternehmensbetrachtung. Gleichwohl ist die Einschätzung von systemübergreifenden
Faktoren auf die (Marketing-)Ziele des Unternehmens sinnvoll und notwendig.
Im Rahmen der Marktforschung sind bereits einige Aspekte angesprochen worden, die helfen sollen, die neue Produkt-/Marktidee hinsichtlich ihrer Marktchance (Absatzpotential, Konkurrenz, Segmente etc.) zu beurteilen.
Dabei wurde konstatiert, daß der Markt zumindest in zeitlichen Grenzen als Datum gesehen wird. Es ist nicht ohne weiteres möglich, die Marktgegebenheiten
maßgeblich zu verändern. Neben dem konkreten Markt für ein bestimmtes Marketingprojekt müssen weitere Faktoren berücksichtigt werden. Es handelt sich
um Faktoren die mittelbaren oder unmittelbaren Einfluß auf eigene Produkt- und
Marktziele ausüben können oder aber auf unternehmerische Visionen, die auf
der Basis der neuen Geschäftsfelder sukzessiv realisiert werden sollen. Die potentielle Beeinflussung geschieht vielleicht noch nicht zum Beobachtungszeitpunkt, aber u.U. noch in dem Zeitraum, den wir für die Erreichung unserer Ertragsziele im neuen Geschäftsfeld benötigen. Zu nennen sind grundsätzlich:





demographische Faktoren,
sozio-kulturelle Faktoren,
technologische Faktoren,
politische Faktoren,
rechtliche Faktoren und
weiterhin ökonomische Größen wie z.B.:




Zinsentwicklung,
Kaufkraftentwicklung,
Währungsentwicklungen,
Rohstoffkostenentwicklung etc.
Im Rahmen globaler Vermarktungsziele werden auch politische Entwicklungen
zunehmend relevant. Je langfristiger die Produkt-/Marktstrategien in die Zukunft
gerichtet sind, je länger die Produktentwicklungszeiten (Entstehungsphase) andauern und je mehr Ressourcen sie binden werden, je komplexer die Produkte
sind, um so intensiver müssen die genannten Faktoren in das Entscheidungskalkül einbezogen werden. Dazu einige Beispiele:

Die demographische Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland wird das
Produktspektrum der Konsumgüterindustrie und einiger anderer Bereiche
deutlich verändern. Alle Branchen, die ihre Produkte primär für den Bedarf
von Jugendlichen entwickeln, werden auf ein deutlich geringeres MengenSeite 64
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
und Kaufkraftpotential abstimmen müssen, wenn sie nicht auf Märkte ausweichen können, die das gleiche Segment mit ähnlicher Bedingungen aufweisen. Andererseits entstehen neue Märkte bzw. Segmente, die im Rahmen
von neuen Geschäftsfeldern erschlossen werden können. Die Einrichtung auf
die neuen Chancen muß sich allerdings über eine entsprechende
Marktingstrategieentwicklung vollziehen - bedeutet also eine Verhaltensund Marktumstellung.

Der Aspekt des Wertewandels (z.B. das z.T. stärkere Qualitäts- und Ökologiebewußtsein der Verbraucher, aber auch der Industrie. Diese Veränderung
trat zwar langsam ein (seit den 80er Jahren), hat sich aber verstetigt und
führte zu verändertem Kaufverhalten der Nachfrager. Viele Unternehmen
segmentieren in bestimmten Bereichen dementsprechend nach sog. umweltbewußten Nachfragern (Hygieneartikel, Nahrungsmittel, Textilbereiche,
Gastronomie, t.w. Kfz-Industrie).

Technologische Faktoren beziehen sich im Kontext auf Veränderungen, die
durch die Ergebnisse der Grundlagenforschung (z.B. Supraleiter, Dekodierung von DNA) ausgehen. Die angewandte Forschung sorgt dann für die
marktfähige Umsetzung der Technologie in Produkte. Dadurch können die
Produktionsfunktionen maßgeblich verändert werden.

Problematisch ist die Einschätzung der Diffusionsgeschwindigkeit neuer
Technologien in die Massenmärkte. Diese ist auch abhängig von der Technikakzeptanz der Nachfrager (Adoption). Grundsätzliche Aussagen erwartet
man sich von Analysen zur Technologiefolgenabschätzung. Sie dienen dem
Zweck, eine systematische und vollständige Analyse und Bewertung der
Primär- und Sekundärwirkungen einer Technologie in allen betroffenen
Teilbereichen der natürlichen und sozialen Umwelt vorzunehmen (z.B. Gentechnologie, Nuklearenergie, Offshore oder die Nanotechnologie).

Politische Faktoren können sich auf nationale wie auch internationale geschäftliche Vorhaben auswirken. Hierunter fallen z.B. die Knüpfung oder
Auflösung von Handelsbeziehungen, Veränderungen der Wirtschaftsbeziehungen aufgrund der Entstehung von Krisengebieten oder neuen Koalitionen
(z.B. Balkanstaaten, Nahost, Zentralafrika), aber auch Einfuhrkontingentierung, Setzen von Standards zwecks Abschottung von Märkten oder die Veränderung der sozialen Sicherungssysteme).

Der Fokus von Marktgegebenheiten soll auch auf die Entwicklungen von
rechtlichen Faktoren gerichtet sein. Für die Wohnungsbau- und Betreibergesellschaften ist es beispielsweise von erheblicher Bedeutung, wie sich in Zukunft der Mieterschutz entwickelt oder wie sich die fiskalische Berücksichtigung von Aufwendungen im selbst- oder fremdgenutzen Wohnungsbau darSeite 65
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
stellt. Ähnliche Fragestellungen und strategisch bedeutsame Ungewissenheiten gibt es durch die Entwicklung des Umweltrechts.
Die Wirkungen von einzelnen oder sich überlagernden Entwicklungen auf der
Makroebene sollten für die Genese neuer Produkt-/Marktbereiche berücksichtigt
werden, da die Auswirkungen der Umfeldfaktoren die Ertragslage massiv beeinflussen können.Um dieser Problematik zu begegnen, bietet sich eine permanente, also kontinuierliche Beobachtung der als relevant erachteten Faktoren an.
Qualitative Darstellung können ebenso gewählt werden wie ein zu entwickelndes Kennzahlensystem.
Hinterhuber schlägt mit seiner Gliederung zu einer Umweltanalyse und Umweltprognose einen umfangreichen Merkmalskatalog vor, der im folgenden abschließend zu diesem Thema dargestellt. Der Katalog vereinigt t.w. Elemente
verschiedener Analyseinstrumente und zeigt eine Gesamtvorgehensweise. Damit
wird der holisitische Charakter der Umfeld- bzw. Umweltanalyse deutlich.
Seite 66
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 22: Dreiteiliger Merkmalskatalog der Umweltanalyse und -prognose wird
(Hinterhuber, 1992, S. 78f.)
1. Analyse der politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen
 Internationale Wirtschaftsordnung und nationale Wirtschaftsstrukturen und –politiken
 Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft
 Sich abzeichnende politische und gesellschaftliche Entwicklungen (Umweltschutz, Bevölkerungswachstum, Arbeitskräfte etc.)
 Wirtschaftliche Entwicklungen (BIP, Verfügbares Pro-Kopf-Einkommen, Einkommensverteilung Inflationstendenzen, Gehaltsdynamik, wirtschaftszyklen etc.)
 Allgemeine technische Entwicklungslinien (insofern sie einen Einfluß auff die gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsgebiete der Unternehmen haben)
2. Analyse des Industriesektors (Branchenanalyse)

























Nachfrage nach Produkten oder Dienstleistungen
Produktionsfunktionen und -verwendungen, Markterfordernisse, sozial needs
Stabilität der Nachfrage (Substituierbarkeit, Komplementarität, Dauerhaftigkeit etc.)
Stellung im Produktlebenszyklus
Marktdimension und -wachstum
Segmentierung/Individualisierung der Nachfrage
Verhandlungsstärke und Verhalten der Abnehmer etc.
Angebot an Produkten oder Dienstleistungen
Durchschnittlicher Kapazitätsausnutzungsgrad der Branche
Kapitalintensität
Arbeitskosten, Materialkosten etc.
Störanfälligkeit in der Versorgung von Rohstoffen und Energie
Marktsegmentierung, Vertriebskanäle etc.
Steuerdruck
Verhandlungsstärke und Verhalten der Lieferanten
Wettbewerbssituation
Anzahl, Größe, Finanzkraft, Erfahrungsbereiche, Führungssysteme und Verhalten etablierter Wettbewerber
Bedrohung durch neue Konkurrenten und/oder Substitutuionsprojekte
Verhalten der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen
Organisation des Industriesektors und seine Entwicklung
Staatliche Eingriffe, Incentives usw.
Öffentliche Einstellungen gegenüber dem Industriesektor und bestimmten Produktionsprozessen etc.
Schlußfolgerungen
Gewinn- und Wachstumsperspektiven
Fortsetzung
der Tabelle
von Seiteim76Industriesektor
Kritische Faktoren
für den Erfolg
der Unternehmung
3. Stellung der Unternehmung im Industriesektor






Marktposition der Unternehmung
Marktanteile (mit Bezug auf den Industriesektor und die stärksten Konkurrenten)
Qualität und Charakteristiken der Produkte und/oder Dienstleistungen
Alternativstruktur der Produkte oder Dienstleistungen
Innovationspotential (Produkt- u. Verfahrensinnovation)
Quellen von Wettbewerbsvorteilen etc.
Seite 67
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 Konkurrenzanalyse
 Identifizierung der qualifizierten Konkurrenzunternehmen
 Analyse der relativen Wettbewerbsunterschiede, mit Bezug auf die stärksten Konkurrenten
(Qualität, Ressourcen, Güte, Strategien etc.)
 Analyse der Wettbewerbsinstrumente (Preis, Qualität, Design)
 Stärken/Schwächen, gegenwärtige und voraussichtliche Strategien sowie Beweggründe und
Selbsteinschätzung eines jeden Hauptkonkurrenten etc.
 Kostensituation der Unternehmung
 Analyse der Standorte mit Bezug auf die Energie- und Rohstoffversorgung, die Arbeitskräfte, die Absatzmärkte etc.
 Relative Effizienz des Produktions- und Distributionsapparates (Erfahrungsökonomien)
 Spezifische relative Kostenvorteile (Lizenzen, Patente etc.)
 Spezifische Wettbewerbsfaktoren
 Relative Finanzstärke der Unternehmung
 Relative Fähigkeiten der Unternehmensleitung und der Kader etc.
 Schlußfolgerungen
 Kritische Ressourcen für den Erfolg der Unternehmung im Industriesektor
 Ansatzpunkte für die Stärken-Schwächenanalyse der Unternehmung mit Bezug auf die
kritischen Erfolgsfaktoren in Bezug auf die Gewinn- und Wachstumsperspektiven und die
kritischen Ressourcen
Seite 68
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
4.6
Weitere Instrumente
Im Kontext der Überprüfung der Möglichkeiten und Risiken strategischer Entscheidungen im Unternehmen werden noch zahlreiche weitere Instrumente bzw.
Analysemethoden dargestellt. Die betriebswirtschaftliche Theorie bietet für viele
Fragestellungen methodische Hilfen. So z.B. die Programmstrukturanalyse, die
Gap-Analyse, die Potentialanalyse oder auch die Szenariotechnik um nur einige
zu nennen.
Jedes dieser Instrumente liefert im Rahmen der gesetzten Prämissen konkrete
Informationen über Teilfragen im Rahmen des Entscheidungsprozesses bei der
Alternativenwahl von Marketingprojekten. Allerdings ist es nicht immer notwendig, alle Instrumente und Analysen als Entscheidungshilfen anzuwenden.
Durch die konkrete betriebliche Fragestellung werden die anzuwendenden Instrumente selektiert. Beispiele für weitere Instrumente:
Seite 69
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 23: Weitere Instrumente der Marketing-Entscheidungsfindung
Instrument
Stichworte
Programmstrukturanalyse
Gesamtbetrachtung aller Produkte des Leistungsprogramms (LP) mit dem
Erkenntnisinteresse:
 Alter der einzelnen Produkte im LP
 Umsatzstruktur der einzelnen Produkte im LP
 Kundenstruktur
kein konkreter Bezug zu Erfolgsgrößen des LP
Zweidimensionale Abweichungsdarstellung von Differenzen zwischen
auf unterschiedlichen Annahmen basierenden zukünftigen Entwicklungsverläufen der Geschäftstätigkeit über die Zeit mit dem Erkenntnisinteresse:
 Erkennung von sich entwickelnden Lücken
 realistische Interpretation der Lücke zwischen dem Soll- und Istzustand des Geschäfts (Indikatoren z.B. Marktvolumen, Umsatz etc.)
 Alternativensuche zur Defizitbeseitigung  Strategieeinsatz um die
Wertschöpfung zu optimieren
Die Gap-Analyse stellt ein einfaches exploratives Analyseinstrument dar.
In der Praxis sollten differenzierte Analysen zur Konkretisierung der
Erkenntnisse herangezogen werden (z.B. die Portfolio-Analyse)
Nähe zur Ressourcenanalyse; Status-quo Feststellung der Unternehmensressourcen für die Umsetzung von strategisch Projekten mit dem Erkenntnisinteresse:
 Bezifferung der gebundenen Ressourcen
 Bezifferung der ungebundenen Potentiale
 Bezifferung der zu erwartenden Veränderungen der Ressourcenbindung in der Zukunft
Die Erkenntnisse können für die Planung neuer Geschäftstätigkeiten eingesetzt werden oder zur Veränderung der bisherigen Geschäfte eingesetzt
werden.
Darstellung potentieller zukünftiger Entwicklungen der Geschäftstätigkeit
mit Hilfe quantitativer und qualitativer Methoden mit dem Erkenntnisinteresse anhand zweier (oder auch mehrerer) möglicher Entwicklungspfade
kausale Zusammenhänge und Entscheidungspunkte aufzuzeigen.
Dadurch sollen die Akteure angeregt werden, die Zukunft der Unternehmung, den Einsatz von Strategien und Ressourcen stärker in einem interdependenten Zusammenhang zu sehen. Diesen Grundgedanken greifen
z.B. Probst/Gomez (Vernetztes Denken, 2.A. Wiesbaden 1991)im Rahmen des sog. „Vernetzten Denkens“ ebenfalls auf.
Gap-Analyse
Potentialanalyse
Szenariotechnik
Seite 70
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5
Die Marketinginstrumente
Die Marketinginstrumente stellen ein Bündel von Aktivitäten und Instrumenten
dar, die zum Zwecke der Marktgestaltung und der Umsetzung der Marketingstrategien einsetzbar sind.
5.1
Die Produktpolitik
Die Produktpolitik beschäftigt sich mit der Entwicklung von Ideen, die der Bedürfnisbefriedigung dienen (Produktplanung), der konstruktiven Umsetzung
(F&E), der marktfähigen Gestaltung (Marketing) und der Potentialschaffung zur
stofflichen Rückführung (Redistribution und Verwertung) der materiellen Objekte, die nicht oder nicht mehr ausreichend der Bedürfnisbefriedigung dienen
oder im Rahmen der Produktpolitik werden alle Entscheidungen konkretisiert,
die sich auf die Gestaltung der Absatzleistungen beziehen, wobei es sich um
Güter und/oder Dienstleistungen handelt.
Für den Bereich des Handels wird von Sortimentspolitik gesprochen. Grundsätzlich gelten die verschiedenen Aspekte der Produktpolitik auch für den Handel,
denn in finaler Sicht geht es um die Attraktivität des Leistungsprogramms bzw.
des Sortiments am Markt.
Daß sich neue Produkte an den Bedürfnissen des Marktes orientieren müssen, ist
am Anfang des Kapitels hinreichend erläutert worden. Der gestalterische Akt der
Produktpolitik beginnt also im Bereich der Kreativität.
Zur Unterstützung der Idenfindung werden in den Unternehmen sog. Kreativitätstechniken eingesetzt. Dabei handelt es sich um Suchregeln oder Heuristiken,
die individuelle Gedankengänge oder gruppenorientierte Suchprozesse stimulieren sollen. Zu nennen sind z.B. die Methoden des Brainstormings, -writings, die
Delphie-Methode, die Synektik-Methode, der Morphologische Kasten und v.a.
(siehe dazu z.B. Johansson, 1985; oder Busch, Dögl, & Unger, 1997, S. 176ff.).
Die Ideenfindung sollte in einem planmäßigen Prozeß stattfinden. Dabei ist es
nicht relevant, in welchem organisatorischen Ablauf die Ideensuche stattfindet.
In größeren Unternehmen ist die Ideensuche z.B. durch eine Produktplanungskommission institutionalisiert, die ausschließlich für die Neuproduktfindung
verantwortlich sind. Wichtig ist die permanente Beschäftigung mit der Leistungsprogrammverjüngung bzw. auch -erweiterung. Denn die Gestaltung von
Produkten (und Leistungen) ist nicht nur der Kern der Produktpolitik, sondern
auch eine elementare unternehmerische Tätigkeit im Rahmen der Sicherung der
Seite 71
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Wettbewerbsstellung und der Entwicklung eines Kernkompetenzbereichs. Im
Idealfall werden aus den Ideen und deren konstruktiven Umsetzungen durch die
Forschung und Entwicklung Produktinnovationen.
5.1.1 Die Produktinnovation
Im Rahmen der Differenzierung des Marketinginstruments Produktpolitik wird
von Produktinnovationen, von Produktdifferenzierung, von Produktvariation und
von der Produktelimination gesprochen.
Produktinnovationen sind die Träger des Unternehmenswachstums. Sie sind für
die Prosperität und das Überleben von Unternehmen unabdingbar. Im Marktwachstums-/Marktanteils-Portfolio symbolisieren die Produktinnovationen den
Quadranten der „Question-Marks“. Die Problematik der Produktinnovation besteht in der relativ hohen Floprate (siehe dazu z.B. Kotler, Bliemel, 1995).
Die Gestaltung, Konkretisierung und die konstruktive Umsetzung von Produktideen wird maßgeblich durch die Forschung und Entwicklung vollzogen (siehe
dazu z.B. Brockhoff, 1992). Hier werden wie bereits angedeutet neben den Kosten auch alle anderen Eigenschaften der zukünftigen Produkte determiniert.
Seite 72
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 24: Gestaltungsaspekte im Rahmen der Produktpolitik
Grundsätzliche Gestaltungsaspekte
Primärfunktionen
Sekundärfunktionen
Verwendetete Materialien
Qualität
Funktionsprinzip/Antrieb
Technischer Aufbau
Design, Form
Farbe
Recyclingfähigkeit, Verwertung, Umweltverträglichkeit
Größen
Verpackung
Garantiezeiten
Kulanzregelungen
Aufbau (intern)
Kompatibilität
Serviceleistungen
Ergänzungsfähigkeit
Erklärung der Produkte
Erweiterbarkeit etc.
Beispiele
Mobilität, Sicherheit
Darstellung, Prestige, andere Funktionen
Metalle, Kunststoffe, Holz
Entsprechend Preis/Leistungsverhältnis
Hybrid, Batterie, Verbrennungsmotor
Loslager, Festlager, Rollenlager
Bauhausstil, postindustriell
rot, blau, grün, Mischfarben
Wiederverwertbar, Gleichstufenrecycling, vollseparierbar, geringere Emissionen
Konfektionsgrößen, Gebindeformen, Din-Norm
nur Produkt- u. Transportschutz, Geschenkverpackung
gesetzlich, 1 Jahr, länderdifferenziert (in Verbindung
mit der Konditionenpolitik)
gesetzliche Garantiezeit + Zusatzzeitraum;
modular (z.B. Fahrzeuge, Technik-Komponenten,
Wehrtechnik)
Steckkarten, Produktfamilien, HiFi-Bausteine
on-line, vor Ort (in Verbindung mit der Konditionenpolitik)
„Extras“
Produktschulungen, technisch-dialoggesteuert, Beschreibung
Möbelsysteme, Lego
Die Produktinnovation bestimmt sich durch den Grad der Neuheit für den Markt
oder die Unternehmung. Die Innovationshöhe beschreibt, wie stark sich ein neues Produkt von einem bisherigen Produkt unterscheidet. Empirische Untersuchungen zeigen, daß die Produkte mit einer sehr hohen Innovationshöhe nur ca.
10% der neuen Produkte ausmachen (Weltneuheiten). Fast 70% der Produkte
weisen eine relativ niedrige Innovationshöhe auf. Die bereits angesprochene
Mißerfolgsrate bei Produktinnovationen kann u.a. von der Innovationshöhe abhängig sein. Diese kann sich beispielsweise in einem völlig neuen Design oder
in einer Funktionsweise darstellen. Der Kunde kann diese Veränderung positiv
oder aber auch abschreckend und negativ wahrnehmen. Diese Gradwanderung
zwischen einer realen Kundennutzensteigerung und einer empfundenen
„Markeingaktion“ gilt es durch das Marketingmanagement zu bewältigen. Eine
Produktinnovation sollte für das Unternehmen und den Kunden zu einer spürbaren Verbesserung des Nutzengrades bzw. der Wertschöpfung führen.
In diesem Kontext soll auch auf das Kaufverhaltensphänomen des Leapfrogging
hingewiesen werden. Das bedeutet, daß sich Käufer mit dem Kauf von Produkten bewußt zurückhalten, weil sie den Innovationsnutzen der nächsten Produktgeneration als höher einschätzen als den des derzeitigen Produkts. Dieser Aspekt
Seite 73
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
zeigt, daß die Gestaltung der Innovationshöhe im Rahmen der produktpolitischen Maßnahmen durchaus mit dem typischen Kaufverhalten des bearbeiteten
Segments harmonisiert werden sollte (Pohl, 1996). Der Effekt des LeapfroggingBehavior wird durch kurze Produktlebenszyklen unterstützt.
Aber auch anbieterseitig können Marginalien zu Erfolgsfaktoren avancieren.
Dazu ein Beispiel: Zu erklärungsbedürftigen Gütern gehören u.a. auch entsprechende Beschreibungen/Bedienungsanleitungen als Teil der Produktleistungen.
Sie werden in Zusammenarbeit mit dem Kundendienst erstellt. Die Abstimmung
nur dieses einen Aspektes bereitet teilweise erhebliche Koordinierungsprobleme.
So wurde z.B. bei der HILTI-AG (Leistungsprogramm: Befestigungstechnik,
Bohr- und Abbausysteme im Rahmen einer Schwachstellenanalyse bemerkt, daß
die Software (i.w.S. Verkaufsliteratur) zu unvollständig, zu provisorisch, in Qualität ungenügend und zu spät erscheint. Dies ist deshalb besonders gravierend, da
das Unternehmen pro Jahr 20 - 30 Neuprodukte auf den Markt bringt. Insgesamt
wurde die folgende Schwachstellenanalyse aufgezeigt - dabei ist auch der Bereich der Produktpolitik erkennbar (siehe dazu Meister, in Probst, Gomez, 1991,
S. 147ff.).
Durch die Mißachtung von Teilen des Ganzen können sich die Ziele, die mit der
Produktinnovation verknüpft sind u.U. nicht realisieren lassen. Die grundlegende
Ziele, die mit der Produktpolitik verknüpft sind lauten:
Tab. 25: Einzelaspekte produktpolitischer Ziele
Zielbündel
Wachstumsicherung
Einzelaspekt
 Umsatzwachstum
 Gewinnwachstum
 Kapitalwertwachstum
Gewinnziele
 Erreichung des anvisierten Dekungsbeitrages
 Erzielung der anvisierten Rentabilität
Steigerung des Goodwills
 Marktführerschaft im Sinne der kommunizierten Aussagen
Fortsetzung
der Tabelle
Seite Produkt83
 Darstellung
einesvon
konkreten
und Markenimages
Verbesserung der Wettbe Erreichung des angestrebten Marktanteils
werbsposition
 Ereichung der anvisierten Qualitätsführerschaft
Risikostreu Kundenbasiserweiterung
ung/Bestandssicherung
 Geschäftsfeldausgleich/Diversifikation
Kapazitätsziele
 Fertigungskapazität
 Marketingkapazität
Qualitätsziele
 genaue Abstimmung auf die Nachfrager
Ökologieziele
 Schutz knapper Ressourcen
 Begrenzung von Emissionen und Rückständen
 Begrenzung der Gefahrenpotentiale
Im Rahmen der Ideallinie des Produktlebens werden erfolgreich eingeführte
Produktinnovation im Zeitverlauf produktpolitisch durch abgeleitete Produkte
ergänzt (Produktlinienentstehung).
Seite 74
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Die grundlegende Problematik technischer Innovationen besteht aus drei Faktoren:
Tab. 26: Aspekte technologischer Innovationen








Technolgiebezogene Faktoren
hohe Komplexität

schwierige Kommunizierbar
keit
hohe Wertdimension

geringer Evidenznutzen

erst nach dem Kauf hohe
Wahrnehmung der Vorteilhaftigkeit
geringe Kompatibilität
Systembindungseffekt
Nachfragerbezogene
Faktoren
schwere Faßbarkeit 
möglicheVerhaltens-
änderung

schwierige
Erprob
barkeit

geringes Erfahrungspotential

Marktbezogene Faktoren
kurze Produktlebenszyklen
kurze Innovationszyklen
lange Produktentwicklungs-zeiten
starke Preiserosionen
hohe Dynamik der Umfeldentwicklung
mehrere relevante Angebotsalternativen
 intensiver Verdrängungswettbewerb
 meist kein dominantes Design in der
Einführungsphase
 keine etablierten Standards in der
Einführungsphase






Problematik der Technolgie- HoProblematik des Kaufentscheidungsbeurteilung
he(Kauf)Unsicherheit zeitpunktes


5.1.2 Produktdifferenzierung, -variation, -diversifikation und elimination
Aus der Produktinnovation entstehen im Rahmen der Produktlebenszyklusbetrachtung veränderte Produkte - sog. Produktdifferenzierungen. Die Produktdifferenzierung stellt eine solche Produktlinienentstehung/-erweiterung dar. Es
handelt sich um eine Produktvariante, um weitere Marktsegmente zu bedienen
(z.B. die Varianten des Opel „Astra“: Limousine, Kombi, Cabrio, Fließheck und
Minivan).
Der sog. „Verwandschaftsgrad“ zum bisherigen Produkt ist hoch. D.h., die betriebswirtschaftlichen Bestimmungsgründe zur Leistungsprogrammerweiterung
sind durchweg positiv zu bewerten: F&E-Verwandtschaft, Materialverwandtschaft und Vertriebsverwandtschaft zum bisherigen Produkt. So wird die technische Basis des Grundproduktes weiterhin verwendet. Im Rahmen der Baukastensystem- oder Modularbauweise oder teilweisen Ergänzungskonstruktionen ist
der konstruktive Aufwand für die Produktdifferenzierung vergleichsweise gering. Dem steht der Effekt gegenüber, daß aus Sicht der Nachfrager neue, andersartige Produkte die Dichte des Leistungsprogramms erhöhen. Die ProduktSeite 75
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
differenzierung dient vor allem in Phasen steilen Wachstums als Marketingmaßnahme, um die Zielgruppe(n) noch weiter zu vergrößern. Aber auch am Ende
des Produktlebenszykluses werden Differenzierungen vorgenommen, um die
Marktnachfrage nach einem Programmwechsel zu einem neuen Basisprodukt
(Nachfolgeprodukt) nicht vollständig auf das neue Produkt zu ziehen.
Die Produktvariation als weitere Gestaltungsmaßnahme der Produktpolitik dient
vornehmlich in der Sättigungs- und Degenerationsphase als marketingpolitische
Maßnahme. Es handelt sich dabei um Modifikationen bereits im Programm enthaltener Produkte. Die kleineren Veränderungen an Technik und Design spiegeln auch die leicht veränderten Nachfragewünsche im Zeitverlauf wider. Der
konstruktive Aufwand ist i.d.R. sehr gering. In der Automobil- und Motorradindustrie bezeichnet man Produktveränderungen im Rahmen der Produktvariationen auch als „Facelift“. Bei langen Produktlaufzeiten wird damit auch der Statuswert von „später gekauften“ Produkten erhöht. Gleiches gilt für die Implementation von neuen Techniken und Ausstattungen, die im Zeitverlauf zum
Standard im Wettbewerb geworden sind. Die Produktvariation ändert keine Dimension des Leistungsprgramms (Breite, Dichte, Tiefe).
Die Produktelimination ist die Verkürzung des Leistungsprogramms. Produkte
werden z.B. im Zuge von Produktstandardisierungen oder Produktweiterentwicklungen aus dem Leistungsprogramm entfernt, ferner durch Verkaufsunfähigkeit alter Produkte. Ein weiterer Grund kann darin bestehen, daß die alten
Produkte zwar noch verkaufsfähig sind, aber deren Vertrieb zu Imageschäden
für das Unternehmen führen kann. Gleichwohl können rechtliche Restriktionen
die Produktion bestimmter Produkte oder bestimmter Ausstattungsvarianten verhindern. Produkteliminationen können auch im Rahmen von strategischen Leistungsprogrammverkürzungen vorgenommen werden. Strategische Leistungsprogrammvergrößerungen hingegen, werden Diversifikationen genannt.
Diversifikationen sind einerseits produktpolitische Entscheidungen, gleichwohl
auch strategische Programmentscheidungen, die gegenüber dem bisherigen Produktbereich eine Erweiterung in neue Produkte, neue Märkte oder eine Kombination von beiden bedeuten. Die Diversifikation (auch: Diversifizierung) eignet
sich als Instrument der Risikostreuung, ein weiteres Ziel dieser Maßnahme ist
Unternehmenswachstum.
Mit Diversifikationsprojekten ist immer eine Leistungsprogrammerweiterung
verbunden. Die gängigsten Arten der Diversifkationen sind:
Die horizontale Diversifikation beinhaltet eine Ausdehnung des Leistungsprogramms auf Produkte der selben Wirtschaftsstufe. Typische Beispiele gibt es in
der Textilindustrie (Herrenmoden und zusätzlich im Rahmen der Diversifikation
auch Damenmoden; oder Banken, die auch Versicherungsleistungen anbieten).
Seite 76
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Mediale Diversifikationen bezeichnen einen sachlichen Zusammenhang mit dem
bisherigen Leistungsprogramm, laterale hingegen beziehen sich auf neue Produkte, die in bisher fremden Märkten vertrieben werden sollen. So z.B. der Oetker Konzern, der einerseits Lebensmittel im Leistungsprogramm führt und
gleichzeitig Reedereigeschäfte ausübt oder die Westdeutsche Landesbank, die
neben dem Finanzgeschäft im Glücksspielbereich (Westdeutsche Lotterie und
Westdeutsche Spielbanken), dem Tourismus (z.B. Thomas Cook) und der Wirtschaftsförderung tätig ist.
Bei der vertikalen Diversifikation wird das Leistungsprogramm um Produkte
der vor- bzw. nachgelagerten Wertschöpfungsstufe erweitert - in der Literatur
auch Vorwärts- bzw. Rückwärtsintegration genannt (z.B. ein Automobilwerk
wird in der Kunststoffproduktion und Vertrieb tätig oder Kauf einer Mine zur
Förderung von Eisenerz eines Unternehmens der Eisen- und Metallerzeugung).
Die laterale Diversifikation bezeichnet eine Strategie, bei der sich der Produktbereich völlig vom bisherigen Leistungsprogramm unterscheidet. In ihrer extremsten Form gibt es weder Synergien zu den bisherigen Märkten noch zu den
Produkten. Diese Art der Marketingstrategie ist i.d.R. risikoreich, andererseits
verspricht sie beim Gelingen eine tatsächliche Risikostreuung zwischen dem
alten und dem neuen Marktbereich. Ein Grund für Diversifikationsbemühungen
ist Verringerung der Abhängigkeit von bestehenden Produkt-Marktbereichen.
Mit den Formen der horizontalen und vertikalen Diversifikation ist dieses Ziel
definitionsgemäß schwieriger zu erreichen.
Diversifkationen sind i.d.R. konstitutive Produktentscheidungen. Sie haben weitreichende Ressourcenverschiebungen zur Folge. Die neuen Produkt/Marktbereiche können selbst entwickelt werden oder durch Beteiligung oder
Kauf erworben werden. Letztere Möglichkeit bietet den grundsätzlichen Vorteil,
daß das entsprechende Produkt-/Markt Know-how durch die übernommenen
Unternehmen bereits vorhanden ist. Im Zuge der weltweiten Konzentration der
Angebotsseite kommt der Diversifizierungsstrategie im Zuge der Risikostreuung
und Leistungsprogrammausweitung eine bedeutende Aufgabe zu. Die Frage der
Diversifikation übersteigt i.d.R. den Rahmen der typischen produktpolitischen
Gestaltung des Marketingmanagements.
5.1.3 Produktname und -verpackung
Neben den grundsätzlichen Entscheidungen, gibt es weiterführende bzw. periphere produktpolitische Überlegungen, die aber nicht minder am Erfolg beteiligt
sein können, so z.B. der Produktname oder die Frage der Verpackung.
Seite 77
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Der Produktname ist aus Sicht der Nachfrager ein wichtiges Element für die
positive Assoziation zum Produkt. Je höher das Involvement ist, um so stärker
muß der Name positive Attribute verkörpern. Der Name muß aussprechbar, unterscheidbar, merkfähig und wiedererkennbar sein. Produktnamen können Phantasiebegriffe sein, oder aber einen konkreten Bezug auf die Produktherkunft (Okertaler Mineralwasser), den Hersteller (VW Golf), die Produkteigenschaften
(Nirosta), den Produktnutzen (Zwei in Einem/Haarwaschmittel/Festiger, Kilofort/Schlankheitsmittel), die Produktverwendung (Kinderschokolade) o.ä. aufweisen.
Im Rahmen internationaler Vermarktungsstrategien muß auf Doppeldeutigkeiten
von Begriffen geachtet werden. So z.B. die Namenswahl der Fa. Mitsubishi für
einen Geländewagen, welcher „Pajero“ genannt wurde. Im spanischen Sprachraum bedeutet das Wort z.B. Strohverkäufer; in der argentinischen Sprachbedeutung ist das Wort gleich mit drei Begriffen tituliert: Bergkatze, Klempner und
Lügner. Es zeigt sich, daß die Namenswahl für weltweit vertriebene Produkte
sehr sorgfältig gestaltet werden muß.
Die Verpackung ist ein weiterer Aspekt der produktpolitischen Entscheidung.
Bei der Wahl der Verpackung stehen verschiedene Funktionen im Vordergrund.
Je nach Produkt muß die Wahl der Verpackung also neu getroffen werden. Die
Verpackung von Konsumgütern ist unter ökologischen Gesichtpunkten häufig
diskutiert worden. Dabei geht es nicht darum, auf die Verpackung gänzlich zu
verzichten, sondern die stofflichen Anteile in ökologisch unbedenkliche Materialien zu substituieren. Im Übrigen ist dies auch t.w. schwierig, da Verpackungen
auch Produktcharaktereigenschaften haben (z.B. Kosmetikartikel).
Tab. 27: Verpackungsfunktionen und Entwicklungsstufen:
Entwicklungsstufen
Verpackung als Transportschutz
Verpackung als Verkaufseinheit
Verpackung als Medium der Verkaufsförderung
Verpackung als Kommunikationsmittel
Verpackung als Qualitätsbestandteil
Funktionen
Schutz und Sicherung im Transportweg
Dimensionierung für den Verkaufsakt
Selbstpräsentation am Verkaufspunkt
Vermittlung von Botschaften/Eigenschaften
Ge- und Verbrauchserleichterung
5.1.4 Aspekte der Leistungsprogrammgestaltung
Die Leistungsprogramm- (Industrie) bzw. Sortimentsgestaltung (Handel) ist der
wesentliche und zentrale Punkt der Produktpolitik - dabei geht es weniger um
einzelne Produkte, sondern um die Zusammenstellung der angebotenen Produktpalette. Die Sortimentspolitik betrifft demnach alle Entscheidungen die mit artund mengenmäßiger Zusammensetzung des Verkaufsprogramms zu tun haben.
Dies gilt adäquat für den Dienstleistungsbereich (siehe dazu Hill, Rieser, 1990,
S. 210ff.).
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Im Kontext gibt es drei Effekte, die bei der Gestaltung des Leistungsprogramms
miteinbezogen werden müssen. Dabei handelt es sich um den Substitutionseffekt, den Partizipationseffekt und den Bedarfssteigerungseffekt. Ausgangspunkt
ist die Produktdifferenzierung, die zu neuen Produkten führt, die in Konkurrenz
zu anderen Produkten des Leistungsprogramms stehen können.
Der Substitutionseffekt kann zu Kannibalisierungseffekten des Leistungsprogramms führen, weil die Nutzensteigerung durch das neue Produkt gegenüber
dem alten und auch umgekehrt, für den Nachfrager nur schlecht kommunizierbar
bzw. kaum erkennbar ist. Die Nachfrage wird sich dann auf eines der Produkte
konzentrieren. Umsatzsteigerungsziele, die mit der Produktdifferenzierung einhergehen, können dann nicht realisiert werden (z.B zwei fast identisch große
Kombifahrzeuge im Leistungsprogramm, aber mit deutlichem Preisunterschied).
Das Ziel der Umsatzsteigerung auf Kosten der Wettbewerber wird durch den
Partizipationseffekt beschrieben - es bedeutet, daß jede zusätzliche Produkt- oder Ausführungsart eines Anbieters Absatzmengen von Wettbewerbermarktanteilen abzieht. Die produktpolitischen Maßnahmen, insbesondere die Produktdifferenzierung, haben aufgrund des Partizipationseffektes eine akquisitorische
Wirkung. Auf dementsprechende Wettbewerbsreaktionen muß das anbietende
Unternehmen durch gestalterische Maßnahmen im Marketinginstrumentenmix
vorbereitet sein.
Der Bedarfssteigerungseffekt bezieht sich auf die Dichte des Leistungsprogramms bzw. Sortiments. Bei der Gestaltung des Programms ist es sinnvoll,
auch solche Produkte anzubieten, die der Nachfrager im direkten Umfeld des
Produktes benötigt. Der Nutzungs- bzw. Bedarfsverbund kann bei programmgestalterischen Überlegungen einbezogen werden. Dabei müssen diese Verbundprodukte nicht selbst hergestellt werden, sie können durch Zukauf als sog. Handelsware im Leistungsprogramm angeboten werden (z.B. werden heute oft markenspezifisch Autoradios mitgeliefert bzw. angeboten, welche ausschließlich in
das dafür vorgesehene Fach im Amaturenbrett passen. Der Bedarf für die an die
Automarke gebundenen Radios wird somit gesteigert.). Immer mehr Hersteller
gehen allerdings dazu über, die Handelsware unter dem eigenen (Marken)namen anzubieten (Merchandising).
Alle drei Effekte sind im Rahmen der verschiedenen Zielfristigkeiten im Marketing abzuwägen. So kann z.B. auch der Substitutionseffekt im Zielsystem einer
Marketingstrategie durchaus nützlich sein, um bestimmte Segmente zumindest
in Übergangszeiten bei Produktwechseln noch differenzierter zu bedienen. Es ist
auch denkbar, daß nach einem Produktwechsel das parallele Anbieten des alten
und neuen Produktes zu einem „Run“ auf das alte Produkt führt, womit insgesamt noch ein kurzzeitiges Anziehen des Umsatzes erreicht werden kann, um
anschließend die Produktelimination vorzunehmen.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.1.5 Markenpolitik
Der Absatz läßt sich nicht nur durch gute Produkte und eine optimale Gestaltung
des Leistungsprogramms steigern, sondern auch über die Vermarktungsstrategie.
In diesem Kontext wird von Markenpolitik gesprochen, die der Produktpolitik
beigeordnet werden kann.
Die Markenpolitik dient dazu, dem Produkt eine „Persönlichkeit“ zu geben. Plakativ kann gesagt werden, daß die Produkte in den Fabriken der Hersteller entstehen, die Marken aber in den Köpfen der Nachfrager. Mit der Markierung von
Produkten bzw. Produktlinien/-gruppen kann u.a. die Kundenbindung erhöht
werden. Die Markenpolitik beinhaltet alle Entscheidungen und Maßnahmen, die
der Markierung von Produkten dienen. Merkmale der Marke sind beispielsweise: Name, Bezeichnung, Zeichen, Design, Symbol, Graphik, Logo, Farbe,
Schreibweise oder Kombination dieser Elemente zur Identifikation eines Produkts oder einer Dienstleistung eines Herstellers oder des Handels zwecks Unterscheidung von Wettbewerbsprodukten.
Da sich mit der Marke auch Eigenschaften kommunizieren lassen, die generell
die Produkteigenschaften konnotativ wiedergeben sollen, muß das Image dem
qualitativen Anspruch des Produktes entsprechen. Die mit der Markierung verbundenen Ziele sind:
 Kommunikationsmittel zur Differenzierung von Wettbewerbsprodukten,
 Aufbau der Kundenbindung (Markentreue - „einmal Persil immer Persil“),
 Entscheidungsfreiheit bei der preislichen Gestaltung („eine Markenjeans darf
mehr kosten als ein No-name-Produkt“),
 Differenzierung in der Marktbearbeitung (mehrere Markenbildungen ein und
desselben Produktes für unterschiedliche Vertriebskanäle oder unterschiedlich kaufkräftige Segmente),
 Akquisitorische Wirkung durch das Markenimage.
Die Markenbildung vollzieht sich über die Verbindung von einer bestimmten
Qualität und der Markenidentifikation (z.B. durch die Verpackung). Die Markenbildung vollzieht sich durch verbale oder nonverbale Attribute des Produktes.
Tab. 28: Differenzierungen von Marken
HERSTELLERMARKE
HANDELSMARKE
GATTUNGSMARKE
Seite 80
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing


Firmenmarke
und 
Produktmarke
bei
Unternehmen
mit
mehreren Produkten
Firmenname,
kann
als sog. Dachmarke
fungieren; z.B. Milka 
Waren oder auch 
Firmenzeichen mit
denen der Handel 
Teile seines Sortiments
vertreiben
möchte
(auch als Reaktion
des Marktkanals auf
Herstellermarken)
wird auch als No-name oder Generic bezeichnet
es handelt sich um eine Handelsmarke mit Billiganmutung
Die Marken werden im Rahmen des Warenzeichenrechts geschützt, um Mißbrauch und Irritation der Nachfrager vorzubeugen. In diesem Kontext steht der
Begriff der Produktpiraterie (illegale Verwendung von Warenzeichnen).
5.2
Die Kontrahierungspolitik
Die Transaktionsbedingungen, d.h. vertragliche Vereinbarungen über das Leistungsangebot zwischen Käufer und Verkäufer werden im folgenden im Rahmen
der Kontrahierungspolitik angesprochen. Die Kontrahierungspolitik beinhaltet
neben der eigentlichen Preispolitik weitere Instrumente, wie die Rabatt- und
Kreditpolitik sowie Liefer- und Zahlungsbedingungen, welche somit Subinstrumente der Kontrahierungspoltik darstellen. Betrachten wir jedoch zunächst den
Hintergrund für preispolitische Entscheidungen.
5.1.1 Preispolitische Zielsetzungen
Die Preisfestlegung kann nur dann geschehen, wenn sich das Unternehmen darüber klar ist, welche Ziele es mit dem zu bestimmenden Preis erreichen möchte.
Dabei können Ziele der Preispolitik nach Kotler sowohl betriebs- als auch
marktgerichtet sein vgl. Kotler, Bliemel, 1984, S. 506). Beispiele für betriebsbzw. marktgerichtete Ziele, welche teilweise komplementärer und auch konkurrierender Natur sind, zeigt die folgende Tabelle:
Tab. 29: Betriebs- und marktgerichtete Ziele der Preispolitik
BETRIEBSGERICHTETE ZIELE DER
PREISPOLITIK
 Anpassung des Absatzes an den
Produktionsgang
 Vollbeschäftigung
 Verwirklichung einer optimalen
MARKTGERICHTETE ZIELE DER PREISPOLITIK



Erhöhung des Absatzes
Kundengewinnung und Kundenerhaltung
Gewinnung einer Vorzugstellung im Wettbewerb
(Marktanteil erweitern)
Seite 81
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Kostensituation

Ausschaltung von Wettbewerbern
Die Wahl der Ziele ist in Abhängigkeit zum zeitlichen Bezug zu sehen. So können auch hier kurz-, mittel- und langfristige Ziele innerhalb der Preispolitik unterschieden werden. Die Entscheidung über den Preis ist also davon abhängig,
welche Ziele das Unternehmen in welcher Fristigkeit erreichen möchte. Sollen
die Marktanteile erweitert werden, so könnte dies dadurch geschehen, daß durch
Preissenkungen ggf. eine größere Käuferschicht erreicht wird. Hier zeigt sich
z.B. die kurzfristige Zielkonkurrenz zwischen der Marktanteilserweiterung und
der optimalen Kostensituation. Es läßt sich jedoch ebenfalls eine preispolitische
Zielkomplementarität verwirklichen. So kann das betriebsgerichtete Ziel der
optimalen Kostensituation ggf. zu dem marktgerichteten Ziel der Ausschaltung
von Konkurrenten führen. Auch Ziele, die sich zunächst zu widersprechen
scheinen, führen langfristig oft zu einer Komplementarität. Das langfristige und
heute stark diskutierte Ziel der Kundengewinnung und Kundenbindung kann
kurzfristig zunächst zu einer Verschlechterung der optimalen Kostensituation
führen, jedoch langfristig eine Realisation höherer Preise ermöglichen, was die
Erreichung beider Ziele zur Folge hat.
Folglich dient die Preispolitik sowohl den Formalzielen (Gewinnmaximierung,
Rentabilität) als auch der Durchsetzung unternehmensspezifischer Marketingstrategien (Sachzielebene) und beeinflußt somit die vom Unternehmen bevorzugte Preisstrategie.
5.2.2 Bestandteile der Konditionenpolitik
Obwohl der Preis immer noch zentrales Kriterium der Kontrahierungspolitik ist,
haben Unternehmen auch weitere Möglichkeiten zur Verfügung, um Einfluß auf
den Absatz zu nehmen (Konditionenpolitik). So z.B. im Rahmen der Preis- und
Rabattpolitik lassen sich folgende Instrumente nennen:
 Rabatte (Funktions-, Mengen-, Zeit- oder Treuerabatte),
 Boni (nachträglich gewährte Preisnachlässe am Ende einer best. Abrechnungsperiode) und
 Skonti (Preisreduzierung durch Zahlung innerhalb eines best. Zeitraumes).
Neben den Preisnachlässen können auch Preiszuschläge auf die Preise gefordert
werden, wie bestimmte Entgelte für Sonderleistungen, Mindermengenzuschläge
oder zeitabhängige Preiszuschläge (z.B. Sondertarife bei Nachtleistungen).
Seite 82
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Als weitere Instrumente können beispielsweise die Kreditgewährung, das Leasing oder auch Kompensationsgeschäfte genannt werden.
Ein weiterer Aspekt sind die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen (diese sind
grundsätzlich Gegenstand eines jeden Kaufvertrages). Der Gestaltungsspielraum
in diesem Bereich kann als Regulativ für die Grundpreisforderung herangezogen
werden, zusätzlich, aber auch ohne Rabattgewährung. Im einzelnen sind für die
Lieferbedingungen folgende wesentliche Aspekte vertraglich zu regeln:







Lieferbereitschaft (Frage der wirtschaftliche Kooperation),
Lieferzeit (kaufentscheidend bei Nachfrageüberhang),
Warenzustellung (Kern: Haftungsbegrenzung durch INCOTERMS),
Fracht-, Verpackungs- und Versicherungskosten,
Umtausch- und Rückgabemöglichkeiten,
Garantieregelungen,
kombinierte Funktionskäufe (Bsp.: Handy plus Freischaltung plus
Kartenunternehmen) und
 Kreditierung.
An dieser Aufzählung läßt sich erkennen, wie umfangreich das Gestaltungspotential der Unternehmen in bezug auf die Kontrahierungsmöglichkeiten oder im
weitesten Sinne auf die Preisgestaltung tatsächlich sind. Die Kombination der
Möglichkeiten der Preisbeeinflussung, wie sie das Unternehmen beim einzelnen
Kunden nutzt, führt zu unterschiedlichen Nutzen bzw. zu einer individuellen
Preis-Wert-Relation.
Ergänzend seien hier die gängigsten INCOTERMS und deren inhaltliche Bedeutung aufgelistet, welche national und international die zu regelnden Lieferbedingungen vereinfachen und normieren:
Tab. 30: Beispiele für Incoterms
Bezeichnung
Ab Werk
For-Fot
FAS
FOB
C&F
Bedeutung
Ab Fabrik, Mühle, Pflanzung, Lagerhaus)
Gefahrenübergang mit dem Verlassen des Grundstückes des Verkäufers durch
das beladene Fahrzeug
Frei [franko] Waggon/Lastwagen ... [benannter Abgangsort])
Gefahrenübergang mit Erreichen des in der Klausel angegebenen Ortes (Stelle.
Frei Längsseite Schiff ... [benannter Verschiffungshafen])
Gefahrenübergang mit Erreichen der Schiffseite mittels Waggon/LKW/Binnenschiff (ohne Verladevorgang.
Frei an Bord ... [benannter Verschiffungshafen])
Gefahrenübergang mit Überschreiten der Reeling des Schiffes im Abgangshafen
Kosten und Fracht ... [benannter Bestimmungshafen])
Gefahrenübergang mit Erreichen des in der Klausel angegebenen Ortes/Stelle
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Aufgrund der Mehrzahl von Aktionsparametern im Rahmen des Marketingmixes
kann erkannt werden, daß auch der Preis eines Produktes i.d.R. nicht ausschließlich in der Lage ist, den Absatz allein zu steuern.
5.2.3 Preisstrategien
Nachdem die Entscheidung zur Übernahme eines Produktes in das Leistungsprogramm gefällt ist, muß eine weitere wichtige Entscheidung getroffen werden:
Welche Strategie soll verfolgt werden und welcher Preis harmoniert mit dieser
Strategie?
Abhängig von der Qualität des Produktes, der Konkurrenzsituation und der Zielgruppe muß nun über die konkrete Ausgestaltung einer Preisstrategie nachgedacht werden. Man unterscheidet zunächst drei grundsätzliche Strategien:
 Hochpreispolitik
 Niedrigpreispolitik und
 Marktpreispolitik.
Innerhalb der ersten beiden Strategien lassen sich weitere Unterformen differenzieren:
Tab. 31: Grundpreisforderungsstrategien
HOCHPREISPOLITIK
I Prämienpreisstrategie
II Skimmingpreisstrategie
NIEDRIGPREISPOLITIK
III Penetrationspreisstrategie
IV Promotionspreisstrategie
Die Auswahl einer solchen Preisstrategie ist in Abhängigkeit zur Marktsituation,
Programmgestaltung, Produktqualität, dem Produktlebenszyklus und anderen
Faktoren zu treffen.
I Prämienpreisstrategie:
Die Prämienpreisstrategie impliziert einen hohen Preis, der auch auf Dauer bestehen bleiben soll. Angemessen ist diese Strategie der Hochpreispolitik, wenn
das Produkt über eine hohe bzw. führende Qualität im Wettbewerbsvergleich
verfügt. Desweiteren muß der Preis von der definierten Zielgruppe angenommen
werden können, d.h. es muß genügend Kaufkraft vorhanden sein. Die Nachfrage
der Käufergruppen des Hochpreissegmentes zeichnet sich häufig durch eine geringe Preiselastizität aus, was die langfristige Orientierung positiv beeinflußt.
Bei bestimmten hochpreisigen Produkten kann auch mit dem sog. „Snob-Effekt“
seitens der Käufer gerechnet werden (Produkt als Status-Symbol). Aus der Käuferpsychologie ist bekannt, daß das Phänomen des Snob-Effekts eine Preissenkung sogar verbietet, da sonst von negativen Umsatzentwicklungen ausgegangen
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
werden muß. Das Unternehmen sollte die Prämienpreisstrategie mit Hilfe der
anderen Marketing-Instrumente unterstützen (siehe Marketing-Mix).
II Skimming - Preisstrategie:
Die Skimming-Preisstrategie ist gekennzeichnet durch einen hohen Einführungspreis und eine sukzessive Preissenkung. Ziel dieser Preisstrategie ist es, die
Zahlungsfähigkeit und -willigkeit eines Marktes abzuschöpfen (man spricht hier
deshalb auch vom Abschöpfungspreis). Die Zielgruppenorientierung muß mit
Hilfe der übrigen Marketinginstrumente folglich einen Prozeß durchlaufen: so
werden zunächst zahlungskräftige Zielgruppen verstärkt angesprochen. Nach
und nach wechseln die Zielgruppen, und die Exklusivität, welche mit dem Produkt und dem dazugehörigen Preis transportiert wurde, reduziert sich mehr und
mehr. So könnte ein Produkt zunächst ausschließlich in Fachhandelsgeschäften
mit entsprechendem Service und Kommunikation angeboten werden. Zu einem
späteren Zeitpunkt wird das gleiche Produkt z.B. in Warenhäusern angeboten.
Besonders die Unterhaltungselektronik bietet hier genügend Beispiele. Diese
Strategie bietet folgende Vorteile (vgl. Simon, 1982, S. 256):
 kurzfristige Realisierung hoher Gewinne, die von Diskontierung wenig getroffen werden,
 bei echten Innovationen Gewinnrealisierung im Zeitraum mit monopolistischer Marktposition, Reduktion des langfristigen Konkurrenzrisikos, schnelle
Amortisation des F&E - Aufwandes,
 Gewinnrealisierung in frühen Lebenszyklusphasen, Reduktion des Obsoleszenzrisikos,
 Schaffung eines Preispielraumes nach unten, Ausnutzung positiver Preisänderungswirkungen wird möglich (siehe Kostenerfahrungskurve),
 graduelles Abschöpfen der Preisbereitschaft (Konsumentenrente) wird möglich (zeitliche Preisdifferenzierung),
 Vermeidung der Notwendigkeit von Preiserhöhungen (Kalkulation auf der
sicheren Seite),
 positive Prestige- und Qualitätsindikation des hohen Preises,
 geringere Ansprüche an finanzielle Ressourcen,
 niedrige Kapazitäten zu Beginn erforderlich.
Einsatz findet die Skimming-Strategie primär bei wirklich neuen Produkten. Nur
so kann der anfänglich hohe Preis auf dem Markt realisiert werden. Das Unternehmen muß die Wettbewerber bei Wahl dieser Preisstrategie insofern stark beobachten, da die Gefahr besteht, daß ein ähnliches Produkt vom Wettbewerber
zu einem attraktiveren Preis angeboten wird.
III Penetrationspreisstrategie:
Die Penetrationspreisstrategie ist typischerweise das Pendant zur SkimmingPreisstrategie, da ihr ein niedriger Einführungspreis und eine sukzessive Preiserhöhung zugrunde liegen. Anwendung findet diese Strategie z.B., wenn ein UnSeite 85
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
ternehmen über relativ hohe Kapazitäten verfügt, und mit seinem Produkt eine
vergleichsweise schnelle Marktdurchdringung erreichen möchte. Massenmärkte
können so zügig erschlossen und die Stückkosten schnell gesenkt werden (siehe
dazu Meffert, 1986, S. 334).
Als weiteres Kriterium kommt die Abschreckung potentieller Wettbewerber hinzu, welche durch den niedrigen Preis keine schnelle Marktdurchdringung ihrer
Produkte erwarten. Zu späterem Zeitpunkt, wenn ein hoher Marktanteil gesichert
werden konnte, bezweckt die Penetrationspreisstrategie eine stetige Anhebung
der Produktpreise. Neben den Vorteilen durch
 Konzentration auf eine Zielgruppe mit relativ hoher Preiselastizität der Nachfrage,
 Konzentration auf eine Zielgruppe, die nicht bereit ist, hohe Preise zu bezahlen und
 Gewinnverbesserungen durch Kostendegression bei Kapazitätenauslastung,
muß beachtet werden, daß ein zunächst niedriger Preis folgende Konsequenzen
nach sich ziehen kann:
 die Amortisationszeit der getätigten Investitionen verlängert sich,
 ein niedriger Preis könnte dem Konsumenten eine minderwertige Qualität
implizieren,
 beim Markteintritt eines Wettbewerbers mit ähnlichem oder gleichem Produkt ist kaum bzw. kein Preispielraum nach unten gegeben und
 Preiserhöhungen lassen sich generell schwer am Markt durchsetzen.
IV Promotionspreisstrategie:
Der Promotionspreis ist ein langfristig niedrig ausgelegter Preis, welchen man
häufig bei sog. „no-name“ - Produkten, den Gattungsmarken, findet (vgl. Berndt,
1995, S. 120). Die Gründe für die Wahl einer solchen Strategie decken sich mit
den bei der Penetrationspreisstrategie genannten Vorteilen.
Wie bei den anderen Strategien, müssen auch bei dieser Strategie die anderen
Marketinginstrumente auf die Zielgruppe ausgerichtet werden. Der niedrige
Preis ist das Hauptwerbeargument, dieses Produkt zu kaufen. Die Promotionspreisstrategie ist die typische Preispolitik der Discounter.
Die folgende Abbildung zeigt die vier Grundpreisstrategien im Überblick (Preishöhe und zeitlicher Verlauf).
Seite 86
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
I
II
III
IV
I:
II:
III:
IV:
Prämienpreisstrategie
Skimmingpreisstrategie
Penetrationspreisstategie
Promotionspreisstrategie
Abb.12: Graphische Darstellung der preispolitischen Strategien
Neben den Normstrategien existiert desweiteren die Preisdifferenzierung als
Form der Preispolitik. Eine einheitliche Definition läßt sich in der Literatur nicht
finden. Im folgenden werden zwei Definitionen von Gutenberg und Simon vorgestellt:
So definiert Gutenberg: „Preisdifferenzierung liegt dann vor, wenn ein Unternehmer seinen Kunden Güter gleicher Art zu verschiedenen Preisen verkauft ...“
Preisdifferenzierung und Produktvariation sind hier eng miteinander verknüpft.
Man wird solange noch von einer echten Preisdifferenzierung sprechen können,
als das Anbieten unterschiedlicher Ausführungen und Qualitätsstufen eines bestimmten Gutes in der Hauptsache dem Zwecke dient, eine Aufspaltung des Gesamtmarktes in mehr oder weniger gut voneinander isolierte Teilmärkte zu ermöglichen, und die Qualitäts- bzw. Kostenunterschiede geringer sind als die
Preisunterschiede. Dagegen liegt eine Preisdifferenzierung in dem hier gemeinten Sinn nicht mehr vor, wenn die Kosten- und Preisunterschiede der verschiedenen Qualitätsstufen einander entsprechen“ (vgl. Gutenberg, 1979, S. 341).
Oder kurz: „Von Preisdifferenzierung sprechen wir, wenn für im wesentlichen
gleiche Produkte unterschiedliche Preise verlangt werden und diese Preisunterschiede größer als die Kostenunterschiede sind“ (vgl. Simon, in Tietz, Köhler &
Zentes, 1995, S. 2082). Im Hinblick auf das Kapitel über die Marktsegmentierung ließe sich hier auch von einer besonderen Form der Marktsegmentierung
sprechen, welche sich preispolitisch begründet.
Seite 87
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Orientiert an den Unternehmenszielen stellt die Preisdifferenzierung ein Hilfsmittel zur Gewinnmaximierung dar, können durch sie doch Marktpotentiale optimal ausgeschöpft werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen jedoch einige
Bedingungen vorherrschen. Zum einen muß sich der Gesamtmarkt in Teilmärkte differenzieren lassen, auf welchen die Nachfrager unterschiedliche Verhaltensweisen demonstrieren. Zum anderen weisen die Teilmärkte eine interne
Homogenität und eine externe Heterogenität auf, was auch eine unterschiedliche
Preiselastizität impliziert. Der Gesamtmarkt ist also unvollkommen. Welcher
Preis auf welchem Marktsegment verlangt werden kann, muß individuell entschieden werden, wobei das Ziel der maximalen Marktausschöpfung berücksichtigt werden muß. Der Zielerreichungsgrad ist in diesem Zusammenhang u.a. von
der vorherrschenden Marktform abhängig.
Seite 88
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Es lassen sich folgende Preisdifferenzierungsarten unterscheiden:
Tab. 32: Arten der Preisdifferenzierungen (ähnlich Weis, 1995, S. 258):
Räumliche (regionale)
Preisdifferenzierung
Preisorientierung anhand der geographisch unterschiedlichen Kunden- und Konkurrenzstrukturen in Abhängigkeit von der jeweiligen
Marktsituation (Inland, Ausland, Norden, Süden, Stadt, Land...).
Zeitliche
Bietet sich bei schwankender Nachfrage an, z.B. Wochenendtarife
Preisdifferenzierung
der Deutschen Bahn AG oder der Telefongesellschaften.
Personelle
Der Preis wird hier an die unterschiedlichen Kundenmerkmale
Preisdifferenzierung
angepaßt. So werden bestimmte Kundengruppen preislich bevorzugt, wie beipielsweise Vereinsmitglieder bestimmte Berufsgruppen, altersunterschiedliche Gruppen (Seniorenpässe) etc.
Preisdifferenzierung nach Um den unterschiedlichen Kundenanforderungen gerecht zu werProduktvariation
den, kann das Unternehmen ein Produkt in verschiedenen Ausführungen anbieten. Beispiele hierfür wären aufwendig gebundene
Bücher gegenüber Taschenbüchern, Klassenunterscheidung bei der
Beförderung von Personen (Bahn AG) oder Preisunterschiede im
Eisenbahnmodellbereich, wo nur mit der Beschriftung des Modells
preisliche Unterschiede begründet werden.
Quantitative Preisdiffe- Der Preis wird in Abhängigkeit von der Abnahmemenge bestimmt,
renzierung
und ggf. mit Mengenrabatten korrigiert.
Preisdifferenzierung nach Produkte werden für unterschiedliche Zwecke gebraucht, obwohl
Verwendungszweck
sie produktionstechnisch identisch sind. (Preisdifferenzierung z.B.
leichtes Heizöl als Heizöl oder Dieselkraftstoff).
Ob und wie die Preisdifferenzierung als preispolitische Strategie genutzt wird,
muß in Abstimmung mit und in Relation zu den anderen Politiken des Marketings entschieden werden. Um den Preis letztlich festzulegen, bedienen sich die
Unternehmen verschiedener Hilfsmittel. So müssen einerseits die entstandenen
Kosten und andererseits die sich aus dem Markt ergebenen Erlöse und preispsychologischen Aspekte berücksichtigt werden. Einige grundlegende Hilfsmittel
zur Preisbildung sollen nun dargestellt werden.
5.2.4 Die erstmalige Preisbildung
In Abhängigkeit zur Preisstrategie und den damit einhergehenden Qualitätsansprüchen an das Produkt, ergeben sich für das Unternehmen bestimmte Kosten,
aufgrund derer sich der Angebotspreis errechnet. Die kostenorientierte Preisbestimmung kalkuliert auf Grundlage der Kostenträgerrechnung. Hier kann sowohl
die Vollkosten- als auch die Teilkostenrechnung herangezogen werden.
Seite 89
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Die Vollkostenrechnung berücksichtigt in dem preisbestimmenden Kostenblock
sowohl fixe als auch variable Kosten. Der Preis ergibt sich hier aufgrund folgender Zuschlagskalkulation:
+
=
+
+
=
+
+
=
+
=
Einzelmaterialkosten
Materialgemeinkosten
Materialkosten
Lohneinzelkosten
Lohngemeinkosten
Herstellungskosten
Verwaltungskosten
Vertriebskosten
Selbstkosten
Gewinn
Verkaufspreis (kostenorientiert)
Bei dieser einfachen und in der Praxis verbreiteten Form der Preisermittlung
spricht man auch von der progressiven Preisermittlung. Da die Kosten jedoch
die Basis für die Preisermittlung darstellen, ohne absatzmarktliche Aspekte zu
berücksichtigen, kann sich das Unternehmen im Extremfall „aus dem Markt kalkulieren“, wenn andere Anbieter zu einem vergleichsweise niedrigeren Preis
anbieten können. Weiterhin bereitet die Zuordnung der Gemeinkosten auf den
konkreten Kostenträger oftmals Probleme, so daß ggf. Kosten auf das falsche
Produkt angerechnet werden. Hier muß intern eine kontinuierliche Kontrolle
stattfinden.
Handelt es sich bei der Kalkulation um eine erste Preisbildung eines neuen Produktes, so muß das Unternehmen von Plankosten ausgehen, welche in einer
Vorkalkulation veranschlagt werden. Die Nachkalkulation erfolgt auf Basis der
Istkosten, welche im Regelfall höher ausfallen. Hier ist somit eine genaue Erfassung der Plankosten und eine permanente Kostenkontrolle sowie Kostenoptimierung notwendig, damit die Istkosten die Erlöse nicht soweit schmälern, daß das
gewinnwirtschaftlich gesteckte Ziel nicht erreicht wird. So müßten die Fixkosten
bei einer geringeren tatsächlichen Absatzmenge auf die kleinere Stückzahl verrechnet werden, was eine Preiserhöhung nach sich ziehen könnte. Dies wiederum verstärkt den Absatzrückgang. Die Vollkostenrechnung vernachlässigt
demnach diesen Aspekt der Interdependenzen zwischen Absatzmenge und Kosten.
In zunehmendem Maße findet das Target-Costing Verwendung. Die Ausgangsgröße ist der zu erzielende Marktpreis. Die Kalkulation erfolgt dann entgegengesetzt zum klassischen Kalkulationsschema. Die entstehenden Werte für Produktionskosten, etc. bilden die Zielkosten für die Prozeßverantwortlichen.
Im Gegensatz zur Vollkostenrechnung werden bei der Teilkostenrechnung nur
die variablen Kosten berücksichtigt, um den Nachteilen der Vollkostenrechnung
Seite 90
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
vorzubeugen. Auch die Teilkostenrechnung kann als Vor- und Nachkalkulation
durchgeführt werden.
Bei Preisentscheidungen werden ausschließlich die Kosten berücksichtigt, welche entscheidungsrelevanter Natur sind, so daß Probleme bezüglich einer Verrechnung der Gemeinkosten gar nicht erst auftreten. Die Teilkostenrechnung ist
somit für die Ermittlung einer kurzfristigen Preisuntergrenze geeignet. Unternehmen können beispielsweise durch Zusatzaufträge ihre Kapazitäten auslasten,
und für diese Aufträge einen Preis veranschlagen, welcher nur ihre variablen
Kosten deckt. Da die fixen Kosten in jedem Fall entstehen, bietet sich hier ein
Kostensenkungspotential (z.B. im materialwirtschaftlichen Bereich), sowie die
Möglichkeit, den Abnehmer für weitere Aufträge zu gewinnen, welche dann zur
Vollkostendeckung beitragen werden. Schließlich kann durch eine solche
Mischkalkulation (also der Kombination von Voll- und Teilkostenkalkulationen)
der Beschäftigungsstand erhalten werden. Eine Preisbildung auf Teilkostenbasis
bietet demnach einige Vorteile gegenüber der auf Vollkostenbasis. Jedoch muß
darauf geachtet werden, daß langfristig eine Vollkostendeckung garantiert wird,
um den Fortbestand einer Unternehmung nicht zu gefährden. Es bietet sich also
an, sowohl teil- als auch vollkostenrechnerische Aspekte in seine preispolitischen Überlegungen mit einzubeziehen, sowie dem Kunden eine Verhandlungsbereitschaft durch Skonti, Rabatte und Nachlässe zu signalisieren.
Die endgültige Entscheidung, welcher Preis dem Produkt (oder der Dienstleistung) zugeordnet wird, hängt folglich sowohl von der Kostenstruktur, als auch
von den Marktgegebenheiten (welche Marktform, Konkurrenzsituation, konjunkturelle Situation, Preiselastizität der Nachfrager etc.) ab.
Besonders bei der Preisbestimmung eines neuen Produktes, sei auf die Schwierigkeit hingewiesen, die Kosten und zukünftige Marktsituation abzuschätzen und
daraufhin einen „optimalen“ Preis festzusetzen. Generell werden vier strategische Aussagen zum Einführungspreis gemacht:
 Die Höhe des Einführungspreises darf die langfristige Preisuntergrenze nicht
unterschreiten, gleichzeitig nicht die Schwelle überschreiten, bei welcher der
Kunde das Angebot ablehnt (Preiskorridor).
 Der gewählte Preis sollte mit den zukünftigen Aktivitäten innerhalb der anderen Marketinginstrumente harmonieren (Preisstimmigkeit).
 Die gesetzten Ziele im Absatzbereich müssen durch den gewählten Preis erreicht werden (Absatzzielorientierung).
 Der Preis muß nicht nur auf die Kunden und deren Preiselastizität abgestimmt
sein, sondern sollte zu einem Wettbewerbsvorteil (in Kombination mit den
anderen Politiken) führen (aquisitorische Wirkung).
Werden diese Überlegungen in der Preisplanung berücksichtigt, kann das Unternehmen dem Anspruch näher gekommen, sowohl kosten- als auch markt- und
kundenorientiert zu agieren.
Seite 91
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.2.5 Break-Even-Analyse
Graphisch stellt sich die Break-Even-Analyse wie folgt dar:
Abb. 13: Die Break-Even-Analyse
Die Abbildung zeigt sowohl den Fixkostenblock (Anteil der Gesamtkosten, welcher produktionsunabhängig ist), gekennzeichnet durch die Horizontale, als auch
die variablen Kosten (Anteil der Gesamtkosten, welcher produktionsabhängig
ist), gekennzeichnet durch die im Ursprung ansetzende Gerade. Man unterstellt,
daß die variablen Kosten proportional zur Herstellungsmenge steigen. Beide
Geraden zusammen ergeben die Gesamtkostenfunktion.
Die Erlösfunktion ergibt sich aus den vom Unternehmen abzuschätzenden Zukunftseinnahmen. Im Schnittpunkt der beiden Geraden befindet sich der BreakEven-Point.
Rechnerisch läßt sich die Menge (Einproduktunternehmen), bei welcher der
Break-Even-Point erreicht wird, durch folgende Formel bestimmen:
X 
X
FK
FK
p  K vs
= Break-Even-Menge
= Fixkosten
Seite 92
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
p
Kvs
= Verkaufspreis des Produktes
= Variable Stückkosten des Produktes
Beispiel:
Die XYZ GmbH möchte ein neues Produkt (Raumklimatisierung für Gebäudekontainer) auf den Markt bringen. Das Marketingmanagement ist sich darüber
einig, daß ein Verkaufspreis von 1.500,- DM am Markt akzeptiert wird. Der
Produktionscontroller prognostiziert bei einer Produktionsmenge bis 100 Stück
einen Fixkostenblock von 120.000,- DM, bei einer größeren Ausbringungsmenge erhöht sich dieser auf 160.000,- DM. Die variablen Stückkosten belaufen sich
auf 650,- DM. Welche Menge muß zur Erreichung des Break-Even vom Unternehmen verkauft werden?
Lösung:
Ausgehend von Fixkosten in der Höhe von 120.000,- DM ergibt sich folgende
Gleichung:
X
120.000, DM
 142Stück
1500, DM  650, DM
Bei Produktion dieser Menge fielen jedoch Fixkosten von 160.000,- DM an, so
daß die Gleichung korrigiert werden müßte:
X
160.000, DM
 189Stück
1500, DM  650, DM
Folglich müßte das Unternehmen 189 Einheiten des Produktes (Raumklimatisierung) zu einem Preis von 1500,- DM verkaufen, um den Break-Even zu erreichen.
Preispolitisch interessant wird es dann, wenn die Absatzmenge durch Kundenzusagen relativ verläßlich vorausgesehen werden kann, und das Unternehmen nun
entscheiden muß, zu welchem Preis es Gewinne erwirtschaften wird. Hier muß
die Formel umgestellt werden:
p
FK
 K vs
X
Im Folgenden wird angenommen, daß ein vom Unternehmen beauftragtes
Marktforschungsinstitut einen potentiellen Absatz von 150 Einheiten des Produktes Raumklimatisierung prognostiziert. Welcher Preis müßte dann realisiert
werden?
Lösung:
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p
160.000, DM
 650, DM  1716,67 DM
150 Stück
XYZ müßte das Produkt zu einem Preis von 1716,67 DM anbieten, um bei der
erwarteten Absatzmenge die Gesamtkosten durch die Erlöse zu decken.
Unter Zuhilfenahmen der Break-Even-Analyse lassen sich also verschiedene
Fragestellungen beantworten, welche folgende Aspekte beinhalten:
 Einfluß von Umsatzausweitungen bzw. Umsatzrückgängen auf die Gewinnsituation des Unternehmens,
 Einfluß von Kostenentwicklungen auf die Gewinnaussichten,
 Einfluß von Preisentscheidungen auf die Gewinnsituation,
 Relation der nötigen Umsatzausweitungen zu zusätzlich entstandenen Kosten
und
 Veränderung der Deckungsbeiträge in Abhängigkeit zur Absatzmenge.
Jedoch ist auch bei der Break-Even-Analyse eine kritische Betrachtung notwendig, da sie auf bestimmte Annahmen fußt, die in der Praxis nicht in dem Maße
gegeben sind. So wird das Einzelprodukt betrachtet und Abhängigkeiten zu anderen Elementen des Produktionsprogramms (bzw. Sortiments) bleiben unberücksichtigt. Ebenso ist es stets kritisch, Daten ex ante für mehrere Jahre einzuplanen und zudem von einer Konstanz der Preise, Kosten und Absatzmengen
auszugehen. Neben der Tatsache, daß eventuelle F&E - Kosten für das Produkt
nicht in die Berechnung involviert und im Zeitverlauf verteilte Rückflüsse nicht
abgezinst werden, bleibt noch zu bemerken, daß es generell schwierig ist, die
entstehenden Kosten eindeutig in fixe und variable zu trennen. Weiterhin ist zu
beachten, daß die Dynamik der Stückkostensenkung durch die Effekte der Kostenerfahrungskurve einbezogen werden sollten.
Trotz dieser Kritik ist die Break-Even-Analyse immer noch eines der meist eingesetzten Verfahren in der wirtschaftlichen Praxis, nicht zuletzt wegen der Einfachheit und Anschaulichkeit dieses Instruments.
5.2.6 Preispsychologie
Neben rechnerisch ermittelbaren Vor- und Nachteilen eines Preises, kann die
Preisfindung u.a. auch durch bestimmte Wahrnehmungen des Käufers beeinflußt
werden, welche im Rahmen der Preispsychologie genutzt werden. Als psychologische Preisfindung lassen sich nach Weis alle Maßnahmen bezeichnen, „die
versuchen, Produkte oder Dienstleistungen für den Käufer preiswerter erscheinen zu lassen als sie effektiv sind“ (vgl. Weis, 1995, S. 274f.). Besonders im
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Verbrauchs- und Gebrauchsgüterbereich werden Preise verwendet, welche
knapp unter einem ganzzahligen Preis liegen (1,99 DM anstatt 2,00 DM usw.).
Im Hochpreissegment allerdings wird auf diese „gebrochenen Preise“ eher verzichtet, soll doch gerade über den Preis die Exklusivität des Käufers transportiert
werden.
Die preispsychologischen Erkenntnisse eröffnen dem Marketing im kontrahierungspolitischen Bereich viele Beeinflussungsmöglichkeiten, zieht man folgende
Beispiele mit ein: Mehrpacks werden preiswerter eingeschätzt als Einzelpacks,
auch wenn dies nicht der Fall ist. Preise mit numerisch abfallenden Werten werden als preiswerter empfunden (8.765,- anstatt 8.679,-), die Zahl „13“ wird aufgrund abergläubischer Reaktionen vermieden etc..
Gleichzeitig wird ein hoher Preis mit einem qualitativ hochwertigen Produkt in
Verbindung gebracht. Bei Spirituosen impliziert der Preis besonders das Qualitätsniveau, läßt sich doch eine eindeutige qualitative Beurteilung eines Weinbrandes durch viele Konsumenten nicht vornehmen. So kann es sein, daß eine
Preiserhöhung nicht zu einem Kaufrückgang, sondern zu einer Absatzerweiterung führt.
Neben all den anderen beschriebenen Aspekten der Kontrahierungspolitik kann
der, auch aus preispsychologischer Sicht, richtig gesetzte Preis also ggf. letzter
Anstoß zum Kauf des Gutes bzw. der Leistung sein.
5.3
Die Kommunikationspolitik
Die Kommunikationspolitik stellt den Bereich der Marketinginstrumente dar, bei
dem die Ziele des Marketingmanagements mit ausschließlich kommunikativen
Mitteln erreicht werden sollen. Die Ausschließlichkeit bezieht sich darauf, daß
auch die anderen Marketinginstrumente kommunikative Elemente beinhalten, so
daß das Kriterium der Zuordnung zu den Politiken über den Aspekt der Ausschließlichkeit getroffen werden kann.
Aufgrund der in der Einleitung angesprochenen Grundproblematik weitgehend
gesättigter Märkte und dem Phänomen der Überinformation der Konsumenten in
den Industrieländern (der Wahrnehmungsgrad der Informationsflut beträgt max.
2%, die daraus resultierenden Kaufakte nur einen Bruchteil dessen), besteht für
die meisten Unternehmen das Problem der gezielten Erreichbarkeit ihrer Zielgruppen mit produktrelevanten Informationen bzw. Botschaften zwecks Absatzsteigerung. Zu diesem Zweck bedienen sich die Unternehmen verschiedener
Subinstrumente die im folgenden vorgestellt werden.
Seite 95
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Das Ziel der Kommunikationspolitik ist die Steigerung des Absatzes und die
weitreichende Bekanntmachung des Unternehmens mit seinen spezifischen Fähigkeiten im Markt, was in finaler Sicht wiederum zu Absatzsteigerungen führen
soll. Im Rahmen der Kommunikationspolitik soll eine Beeinflussung der Käufer
in Richtung der eigenen Produkte erfolgen. Diese Beeinflussung/Manipulation
ist im Rahmen der Kundenorientierung nicht grundsätzlich als negativ zu betrachten (Unternehmen löst Anwenderprobleme und deckt kundenorientiert Bedarfe). Die Beeinflussung hat vielmehr das Ziel, gegenüber den Wettbewerbern
Marktanteile zu sichern bzw. auszuweiten. Die ideologische Vorstellung der
Verbrauchermanipulation (im Sinne des „Aufschwatzens“ oder der gezielten
„Verbraucherverdummung“) trifft zumindest für viele Unternehmen nicht zu. Im
Übrigen muß auf die Zweiseitigkeit des Kommunikationsprozesses hingewiesen
werden.
5.3.1 Das Kommunikationsmodell
Grundlage für die verbale und nonverbale Kontaktaufnahme zum potentiellen
Kunden ist ein Kommunikationsmodell. Für das Marketingmanagement kommt
es darauf an, daß die Gestaltung der beeinflußbaren Elemente des Kommunikationsprozesses so geschieht, daß die gesendete Botschaft genau zu der gewünschten Wahrnehmung des Empfängers führt, und diese verhaltenswirksam
wird (z.B. Kauf eines Produktes). Die exakte Übereinstimmung des Willens des
Senders und der diesbezüglichen Handlung des Empfängers ist sicherlich nicht
der Normal- sondern ein auf „richtiger“ Kommunikation beruhender Grenzfall,
sonst wäre die Thematik in der Wissenschaft und Praxis nicht so existent. Demnach muß sich das Unternehmen bei der Wahl der Botschaft und des Trägermediums bemühen, einen möglichst breiten „richtigen“ Wahrnehmungskorridor bei
den Adressaten (Zielgruppen) zu erzeugen, damit es zu möglichst vielen positiven Rückkoppelung kommen kann (Kauf).
Seite 96
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Abb. 14: Darstellung eines zweistufige Kommunikationsmodells
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, daß die einstufige Kommunikation in ihrer Wirkung effizienter ist, da tendenziell wenige Verzerrungen der
Botschaft entstehen können - Sender und Empfänger stehen in einer unmittelbaren (Kommunikations-)Beziehung zueinander. Die Botschaft kann ein TV-Spott,
ein Gespräch, eine Plakatwerbung o.ä. sein.
Die direkte einstufige Kommunikation der Marktteilnehmer (z.B. im Rahmen
des persönlichen Verkaufs) ist nicht in allen Märkten praktizierbar, da die Anzahl der Adressaten dies tendenziell nicht zuläßt (Konsumgütermärkte).
Die Wirkung der zwei- od. mehrstufigen Kommunikation ist zwar nicht so effizient wie die einstufige Kommunikation, hat allerdings eine erheblich größere
Reichweite. Die Kommunikationskosten pro Kontakt verringern sich durch den
Multiplikatoreffekt erheblich. Die Kontaktquote des zwei- und mehrstufigen
Kommunikationsmodells ist demnach höher und ökonomisch interessanter als
bei einstufigen Kommunikationsprozessen. Dafür entstehen andere Problemkreise.
Das Phänomen des abnehmenden Informationsgrades in mehrstufigen Kommunikationsprozessen begründet sich auf bestimmte verhaltenswissenschaftliche
Grundlagen. Ohne eine Vertiefung vorzunehmen, geht es z.B. um die individuelle Wahrnehmung der Information, ihrer Verarbeitung und der individuellen Sozialisation der Individuen (Kulturkreis, Familie, Religion, gesellschaftlicher Status, soziologische, gesellschaftliche Einbindung, Kaufkraft, Medienpräsenz, Bildung, Werte etc.).
Die grundsätzliche Abfolge der Wahrnehmung von Botschaften wird in der Literatur relativ übereinstimmend mit den Stufen der Aufmerksamkeit, des InteresSeite 97
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
ses, des Wunsches und der Aktion beschrieben. Für das Unternehmen ist letztlich die Aktion (Kauf) entscheidend, andererseits kann die Aktion des Individuums nach dem Wahrnehmungsprozeß auch durch Nichtkauf gekennzeichnet
werden. Vor allem im Hinblick geplanter Marktanteilserweiterungen ist es wichtig zu wissen, warum potentielle Nachfrager nicht kaufen.
In diesem Zusammenhang sind seit der Mitte des 20. Jahrhunderts viele empirische Untersuchungen erfolgt, die auf den Überlegungen der Stimuli/ResponseModelle (SR-Modelle) basieren. Aufgrund eines Reizes wird versucht, die verhaltenswirksame Komponente zu isolieren, um sie später durch entsprechende
Maßnahmen im Rahmen der Instrumente des Marketings und der Unternehmensziele zu manipulieren. Aufbauend auf dem SR-Modell wurden zunehmend
weitere verhaltenswirksame Komponenten der Aktionsbestimmung des Nachfragers hinzugezogen, so z.B. im SOR-Modell (Stimuli/Organism/Response) das
Individum selbst, d.h. sein Entscheidungsprozeß oder im SOBR-Modell, bei dem
beeinflussende Umfeldfaktoren einbezogen worden sind (B=Behavior).
Im Kommunikationsprozeß treten verschiedene (Stör-)Faktoren auf, die Kaufentscheidungen aus Sicht der Unternehmen negativ beeinflussen können. So
z.B. auch die sog. „Kognitive Dissonanz“ - sie kann vor und nach wichtigen
Kaufentscheidungen auftreten. Sie entsteht, wenn die betrachteten Produktalternativen sowohl Vor- als auch Nachteile haben; eine Entscheidung also schwer
fällt. Dies führt zu einem kognitiven Konflikt für den Entscheider, wodurch es bezogen auf den Kaufprozeß - zu einer Verzögerung oder zu einem Nichtkauf
bzw. Rücktritt vom Kauf kommen kann. Dieses Phänomen läßt sich aus Sicht
der Unternehmen mit speziellen Kommunikationsmaßnahmen reduzieren.
Erkenntnisse aus dem Kommunikationsprozeß sollten in die Ausgestaltung der
Subinstrumente der Kommunikationspolitik mitbestimmen.
5.3.2 Instrumente der Kommunikationspolitik
Die im folgenden kurz abgehandelten Instrumente der Kommunikationspolitik
sind: Corporate-Identity, Öffentlichkeitsarbeit, Publicity, Sponsoring, EventMarketing, Verkaufsförderung und Werbung. Teilweise werden in der Literatur
auch noch weitere Subinstrumente wie z.B. der persönliche Verkauf zu den Subinstrumenten der Kommunikationspolitik gezählt.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.3.2.1 Corporate Identity
Corporate-Identity (Unternehmensidentität) kann als ein Dachkonzept unternehmensexterner und interner Kommunikation bezeichnet werden. Es dient der
Positionierung im Hinblick auf eine Unternehmensidentität durch kommunikative Elemente, die verbaler und nonverbaler Natur sein können. Zielgruppen sind
alle Gruppen in der unternehmensrelevanten Umwelt (Wettbewerber, Kunden,
Absatzmittler, Eigenkapitalgeber, Lieferanten, Parteien, Interessengruppen, Medien und die Mitarbeiter). Corporate-Identity ist somit nicht nur auf den Absatzmarkt gerichtet.
Es soll kommuniziert werden, daß auch im Rahmen der Marktbearbeitung ein
deutliches "Wir-Bewußtsein" nach innen, eine Unternehmenskultur als Netzwerk
von gelebten Werten, Verhaltensmustern und Normen etabliert ist, und daß auf
dieser Grundlage Akteure und Entscheidungsbeteiligte eines einheitlichen Firmenimages und Unternehmensleitbildes entscheiden und handeln. Es wird davon
ausgegangen, daß diese Art der Bewußtseinsförderung im und außerhalb des
Unternehmens eine hohe Kompatibilität und Synergie der Unternehmensaktivitäten ermöglicht. Ferner geht man aufgrund der Identifikation mit dem Unternehmen und der praktizierten Unternehmenspolitik von einer deutlichen Freisetzung von Motivationspotentialen bei den Mitarbeitern aus.
In der Außenwirkung geht es darum, daß die (durch verbale und nonverbale
Kommunikation und entsprechendes Verhalten) gesendeten Signale mit dem
gebildeten Firmenimage übereinstimmen. Dadurch kann das Firmenimage zu
den verschiedenen Adressatenkreisen transportiert werden. Es stellt Grundlage
und Zielrichtung für weitere Handlungen im Rahmen der Kommunikationspolitik dar. Andererseits soll das Unternehmen im Rahmen seiner Politikdarstellung
berechenbar und einschätzbar werden (siehe dazu z.B. Olins, 1990).
5.3.2.2 Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)
Die Öffentlichkeitsarbeit bezieht alle kommunikativen Maßnahmen ein, die im
unternehmensbezogenen relevanten Umfeld getätigt werden. Sie dienen dazu,
das Unternehmen positiv darzustellen. Falls eine einheitliche Corporate Identity
vorliegt, sollte die Öffentlichkeitsarbeit auf den dort manifestierten Grundlagen
aufbauen.
Diese Art der Kommunikation bezieht sich ausdrücklich nicht auf das Leistungsprogramm oder Sortiment. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wird versucht, Vertrauen für das Unternehmen, seine strategischen Maßnahmen und die
gesamte Unternehmenspolitik zu gewinnen. Gleichzeitig werden die Ziele des
Aufbaus eines positiven Unternehmensimages und der Kompetenzdarstellung
Seite 99
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
operativ umgesetzt. Die deutsche Public Relations Gesellschaft beschreibt die
Aufgaben folgendermaßen:
 Identifikation und Gestaltung von Kommunikationsanlässen zum Zweck der
systematischen Kommunikation mit dem relevanten Umfeld,
 Problemanalyse des internen und externen Kommunikationsklimas,
 Beratung des Managements in kommunikativer und gesellschaftlicher Hinsicht,
 Planung und Entwicklung von PR-Strategien und deren operative Umsetzung,
 Kritische Analyse der eigenen Maßnahmen samt diesbezüglicher Entwicklungsarbeit.
Die Funktionen der Öffentlichkeitsarbeit werden in der Literatur wie folgt beschrieben (z.T. in Anlehnung an Naundorf, in Berndt, Hermanns, 1993):
Tab. 33: Funktionen der Öffentlichkeitsarbeit
FUNKTIONEN
Informationsfunktion,
Kontaktfunktion,
Imagefunktion,
Harmonisierungsfunktion,
Absatzförderungsfunktion,
Stabilisierungsfunktion,
Kontinuitätsfunktion,
Sozialfunktion
BESCHREIBUNG
interne u. externe Informationsverbreitung,
Aufbau von formellen und informellen Verbindungen in das
relevante Umfeld,
Aufbau und Entwicklung des Erscheinungsbildes der Unternehmung,
Verbindung gesellschaftlicher, ökonomischer und innerbetriebliche Ziele,
indirekt über Vertrauensvorschuß,
netzwerkorientierter Auffangmechanismus in Krisensituationen,
Berechenbarkeit der Verhaltensstruktur/Unternehmenskultur und
–politik,
Symbolisierung der Leistungsfähigkeit in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht
Aktionen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit sind z.B. Talk-Shows, Tag der
„Offenen Tür“, Geschäftsberichte, Sozial- und Umweltbilanzen, Umweltberichte, allg. Unternehmenspublikationen, Spenden für Stiftungen oder regionale Einrichtungen, Kontakte zu den Medien, Expertengespräche etc.
Bei allen Tätigkeiten der Öffentlichkeitsarbeit darf keinesfalls der Eindruck entstehen, daß die Maßnahmen in zu enger Beziehung zu den anderen Instrumenten
der Kommunkationspolitik stehen. Wenn z.B. Maßnahmen der PR (versteckten)
Werbecharakter haben, wird zum einen die Aufmerksamkeit der Empfänger für
Informationen, die Werbecharakter tragen, sofort massiv reduziert werden (selektive Reizüberflutung), zum anderen ist klar, daß einer Information, die als
Werbebotschaft identifiziert werden kann, grundsätzlich die Objektivität abgesprochen wird. Damit wäre die Basis auf der die Öffentlichkeitsarbeit aufbauen
sollte (Wahrhaftigkeit/Glaubwürdigkeit Offenheit, Transparenz), beschädigt die dort verwendeten Ressourcen könnten Ziele nicht effizient fördern.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.2.2.3 Publicity
Die Publicity steht dem Instrument der Werbung relativ nahe. Man bedient sich
prinzipiell der Annahme, daß Medien objektiv berichten, daß zumindest deren
Objektivität beim potentiellen Verbraucher höher eingeschätzt wird als die eines
zielorientiert agierenden Unternehmens.
Den Redaktionen der Medien werden vollständig aufbereitete Berichte über das
Unternehmen, neue Produkte und unternehmensrelevante Botschaften zur Verfügung gestellt. Insgesamt ist der Informationsgrad von lancierten Publicitybotschaften höher als der von Werbebotschaften. Ein Hintergrund für Publicitymaßnahmen besteht darin, daß die klassischen Werbebotschaften z.B. im Radio
oder bei den Printmedien nur wenig Informationen transportieren können, weil
der Wahrnehmungs-/Betrachtungszeitraum vor allem für komplexe Produkte zu
kurz ist. Dies gilt verstärkt für erklärungsbedürftige Güter. Daher ist die mediale
publicity-orientierte Verbreitung von Botschaften eine sinnvolle Erweiterung im
Rahmen der kommunikativen Maßnahmen des Unternehmens.
Je höher der Informationsgrad des durch Unternehmen überlassenen Materials
durch die Redaktionen eingeschätzt wird, um so größer ist die Chance der Verbreitung. Je unabhängiger und kompetenter das Verbreitungsmedium beim potentiellen Verbraucher eingeschätzt wird, um so höher ist die akquisitorische
Wirkung der Publicity. Ähnliche lineare Zusammenhänge zwischen Werbeträger
und Adressaten sind beim Sponsoring zu beobachten.
5.3.2.4 Sponsoring
Sponsoring bezeichnet die finanzielle Zuweisung/Unterstützung für Personen,
Ereignisse und Medien gegen Nennung des Namens oder des Produkts des
Sponsors zu Werbezwecken.
Die Einsatzmöglichkeiten des Sponsorings beziehen sich auf die Bereiche Sport,
Kultur, Soziales und Ökologie. Im Gegensatz zur Publicity gilt das Prinzip der
Leistung und Gegenleistung von Sponsoringgeber und -nehmer. Im redaktionellen Programm muß bei gesponserten Sendungen auf den Sponsor hingewiesen
werden - im Rahmen des Namens, einem Logo, o.ä., damit sich die Werbewirkung des Sponsoring entfalten kann.
Im gleichen Zusammenhang ist das Product-Placement zu sehen. Dabei werden
im Rahmen der kommunkationspolitischen Maßnahmen gezielt Produkte quasi
als Requisite in Unterhaltungsereignisse (Film, Theater, Musikvideos etc.) eingebracht. Die Produkte werden nicht konkret angesprochen, ihre kommunikative
Wirkung entsteht durch die Produkte selbst. Von daher eignen sich für das Product Placement nur Markenprodukte.
Seite 101
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Nach einer Untersuchung von Bruhn (1995) sind die Ausgaben für Sponsoring
in Deutschland von 1988 - 1995 in verschiedenen Bereichen bis auf 1.500% gestiegen (siehe dazu Bruhn, 1995). Es ist also eine eindeutige Tendenz zum Sponsoring zu beobachten. Die Kompensation findet zunehmend im Rahmen der
klassischen TV-Werbung statt.
5.3.2.5 Event-Marketing
Das Event-Marketing stellt im Kontext einen weiteren Bestandteil der Kommunikationspolitik dar. Seine Entstehung geht wie die Publicity auf die Informationsüberlastung der potentiellen Verbraucher zurück. Das Event-Marketing soll
quasi in Form eines High-lights ein besonderes Ereignis (Event) als Basis für
kommunikative Prozesse über ein Produkt oder eine Dienstleistung fungieren.
Das Ereignis wird vom Unternehmen selbst geplant und organisiert. Das Ereignis soll aus dem Rahmen der üblichen Kommunikationsmaßnahmen herausstechen.
Der direkte Kontakt mit Medien, Kunden und Vertriebspersonal erhöht die Effizienz solcher Ereignisse. Das Ziel ist die Erhöhung des Bekannheitsgrades von
Unternehmen und Produkt, die Darstellung der Produktentwicklung und die direkte Dialogmöglichkeit mit der Zielgruppe - letzteres um kundenspezifische
Meinungen zum Produkt als Informationsquelle zu aktivieren. Die kostenintensiven Aktionen des Event-Marketings müssen in Abstimmung anderer Maßnahmen getroffen werden (z.B. als Auftakt einer neuen Werbekampagne).
5.3.2.6 Verkaufsförderung (Sales Promotion)
Zur Verkaufsförderung zählen alle Maßnahmen, die direkte Marktreaktionen
nach sich ziehen sollen. Durch Verkaufsförderung soll vor allem die klassiche
Werbung ergänzt, sowie die Effizienz der Absatzhelfer und -mittler erhöht werden.
Eine weitere Handlungsebene sind die Endverbraucher. Diese werden direkt am
Point-of-Sale (POS) mit speziellen Maßnahmen und Methoden angesprochen.
Die Verkaufsförderung hat gegenüber der eigentlichen Werbung in den letzten
beiden Jahrzehnten deutlich an Bedeutung gewonnen. Ihr Ziel war und ist es,
zusätzliche Kaufanreize zu schaffen. Dafür müssen den drei angesprochenen
Ebenen entsprechende Instrumente zur Verfügung gestellt werden.
Tab. 34: Beispiele für Instrumente der Verkaufsförderung
Verkaufspromo- Schulungen (insb. Verbesserung der Produkt, Verbraucher- und Markttion (Personal- kenntnisse und Vermittlung/Entwicklung von akquisitorische Fähigkeiten),
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
entwicklungsstrategie)
Unterstützung durch absatzförderndes Verkaufshilfsmaterial (insb. Kataloge, Referenzlisten, Proben, Fachaufsätze, aber auch Budgets als Verkaufsunterstützungsmaßnahme),
Motivation (insb. Provisons- , Prämien u. Beteiligungssysteme)
Personalentwicklungsmaßnahmen
Händlerpromoti- Kooperation (insb. Information und Ausbildung wie z.B. Fachtagungen,
on
Relationship-Marketing  Ausbildung der Verkäufer und des Serviceper(Push-Strategie) sonals, Händlerfachliteratur etc.),
Beratung bei der Verkaufsraumgestaltung (insb. Schaufenstergestaltung,
Verpackung, Präsentation der Produkte, Plazierungen, Lagerberatung etc.),
Konditionale Förderung (insb. Rabattgestaltung aber auch betriebswirtschaftliche Beratung, Übernahme von Werbeaktivitäten)
Motivation (insb. durch Wettbewerbsgestaltung zwischen den Händlern),
Merchandising
Endverbraucher- Sonderkonditionen, Zugaben, Bonusaktionen, Verbundene Käufe (z.B.
promotion
Software/Hardware), Produktproben, Sammelmarken, Produktspiele (z.B.
(Pull-Strategie)
Preisausschreiben), Rücknahmeangebote, etc.
Die Ursachen für die steigende Bedeutung der Verkaufsförderung sind unterschiedlich. Hänel berichtet z.B. über Produktionskapazitätsdruck, Interessenund Machtkonflikte zwischen Hersteller und Handel, hohe Anzahl von Neuprodukteinführung (kurze PLZ), kurzfristiges Erfolgsdenken, zunehmende Anzahl
der Impulskäufe, Preisbewußtsein der Nachfrager und die schon angesprochene
abnehmende Wirkung der Werbung (siehe dazu z.B. Hänel, 1974, S. 105ff.).
Die Verkaufsförderung ist allerdings keine Alternative zur klassischen Werbung.
Sie sollte als komplementäres Instrument zur Werbung gesehen werden. Wie bei
allen anderen Aktivitäten im Rahmen einer Marketingstrategie ergibt sich die
Zielwirkung primär im Verbund mit anderen Instrumenten des Marketings.
Als weiteres Mittel der Verkaufsförderung können Messen gesehen werden
(wird t.w. auch unter dem Instrument „persönlicher Verkauf“ geführt). Die Messe bietet den grundlegenden Vorteil der direkten einstufigen Kommunikation im
Rahmen des persönlichen Verkaufs. I.d.R. sind Produktspezialisten vor Ort und
können effiziente Verkaufsgespräche mit dem grundsätzlich interessierten Publikum führen. Die Kombination dieser Faktoren bietet eine hohe Geschäftswahrscheinlichkeit - unmittelbar und mittelbar.
5.3.2.7 Werbung
Werbung ist das im Empfinden der Verbraucher konkreteste Instrument der
Kommunikationspolitik. Es wird z.B. als „eine absichtliche und zwangfreie
Form der Beeinflussung, welche Menschen zur Erfüllung der Werbeziel veranlassen soll“, bezeichnet (vgl. Behrens 1997). Primäre Ziele sind die Förderung
des Absatzes durch produkt- bzw. leistungsbezogene Botschaften, sowie die
Darstellung und Bekanntmachung des Leistungsprogramms bzw. Sortiments
Seite 103
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
gegenüber einer breiten Öffentlichkeit. Die Werbung richtet sich an große Gruppen von Marktteilnehmern.
Die Erreichung der Primärziele vollzieht sich über verschiedene Wirkungsstufen
der Werbung. So z.B. über den Berührungserfolg, Beeindruckungserfolg, Erinnerungserfolg, Interesseweckungserfolg bis hin zum Aktionserfolg (z.B. Weis,
1995, S. 369). Der Aktionserfolg rechtfertigt die Maßnahmen der Werbung,
welches in manchen Ausprägungen immer wieder zu Diskussionen führt und
nicht unumstritten ist. Im Kontext wird von Gegnern der Werbung häufig die
plakative Darstellung des Sachverhalts mit dem Satz: „Werbung ist die Kunst,
Leuten Dinge zu verkaufen, die sie nicht brauchen, und mit Geld bezahlen, das
ihnen nicht gehört, um Leuten zu imponieren, die sie nicht mögen,“ illustriert.
Der jeweilige Aktionserfolg ist abhängig von der Beherrschung der Botschaftsgestaltung im Kommunikationsprozeß, ausgehend von einem tasächlichen und
latenten Bedarf bei den Nachfragern. Anhand der Aussage: “wer sagt was, wie,
über welches Kommunikationsmittel zu wem unter welchem Anlaß“, sollen wesentliche Gestaltungsparameter und Problemkreise der Werbung angeprochen
werden.
Anlässe für Werbung sind im wesentlichen Produkteinführungen (Einführungswerbung), Absatzausdehnungen (Expansionswerbung) und die Harmonisierung
von Produktions- und Absatzielen (Erinnerungswerbung), ggf. auch die kommunikative Vorbereitung auf leistungsprogrammbezogene Veränderungen (z.B.
Ankündigung von Folgeprodukten/Reduktionswerbung). Unter Anlaß kann zusätzlich die Umfeldsituation verstanden werden. D.h.,daß Werbung im Kontext
mit bestimmten Ereignissen zu sehen ist. So z.B. Schlußverkäufe, Räumungsverkäufe, aber auch saisonale Entwicklungen oder besondere gesellschaftliche
Ereignisse finden Berücksichtigung. Auch gesellschaftliche Trends und Ereignisse beeinflussen den werbemäßigen Kommunikationsprozeß zwischen Unternehmen und Nachfragern (Fitneßwelle, umweltbewußtes Verhalten, Olympiaden, etc.).
Die Erreichbarkeit der anvisierten Zielgruppe („zu wem“) ist aus den Ergebnissen der Marktforschung ableitbar. Aus den Ausprägungen der Zielsegmentmerkmale (demographische-, sozio-ökonomische-, psychographische-, Kaufverhaltens- und Responsemerkmale) kann z.B. die Informationsneigung, -intensität
und das -verhalten der Zielgruppe gefolgert werden, so daß Hinweise auf zielorientierte Werbeträger und die Botschaften samt ihrer Struktur (Elemente) etc.
darstellbar sind. Allerdings besteht die Gefahr der Hypersegmentierung (Großsegmente); damit ist ein Detaillierungsverlust der zielgruppenbezogenen Werbung und ihrer Botschaft verbunden. Die Erreichbarkeit der Adressaten erfolgt
über den sog. Kommunikationskanal, auch Trägermittel genannt.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 35: Typische Werbeträger für Botschaften
MATERIALGESTÜTZTE,
(PRIMÄR OFF-LINE TRÄGER)
Tageszeitungen
Printmedien
Anzeigenblätter
Mailings
Außenwerbung (Banden-/Litfaß-/Plakatwerbung)
Lichtspielhäuser
Adreßbücher/CD-ROM, etc.
ELEKTRONISCHE,
(PRIMÄR ON-LINE-TRÄGER)
Fernsehen
Rundfunk
Kommunikationsnetze
etc.)
Datenbanken
Email
Telefon
(Internet,
Btx
Die Wahl des Trägers hängt neben der Zielgruppe auch von der gewünschten
Kontaktzahl ab (siehe zum Leistungsprofil von Werbeträgern, z.B. Behrens
1997, S. 169). Die elektronischen Träger, allen voran Fernsehen und Rundfunk
und zunehmend auch die Homepages der Unternehmen im Internet, versprechen
tendenziell eine hohe Kontaktzahl, obwohl die Sicherstellung der Aufmerksamkeit beim Adressaten bei diesen Medien deutlich nachläßt (z.B. aufgrund des
Zappings oder der Reizüberflutung). Die Trägermittel werden i.d.R. in Kombination eingesetzt. Ihr Einsatz ist neben der Zielgruppenbezogenheit auch vor
dem Hintergrund des zur Verfügung stehenden Werbebudgets zu sehen.
Beim „wie“ der Werbegestaltung kann auf zwei grundsätzliche Möglichkeiten
verwiesen werden: Die Informationswerbung oder die Suggestivwerbung.
Darüberhinaus gibt es fließende Übergänge oder Mischformen, so z.B. die Erlebniswerbung, die das Produkt oder auch den Umworbenen in eine Welt des
Scheins rückt.
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 36: Informations- und Suggestivwerbung
MERKMALE
Ziel:
Orientierung
Ansprache über:
eingesetzte Mittel:
INFORMATIONSWERBUNG
Absatzförderung
Kundenorientierung
Kognition
objektive Information (Eigenschaften, Preis, Garantie,
Service etc.)
Aktionsbeeinflus- konkreter Bedarf
primäre
sung:
Entscheidungsprozeß:
rational
psychologische Ausgestal- primär die Bewußtseinsebene
tung
ansprechend (bewußte Wahrnehmung möglich und typisch)
ethische Wertebezogenheit
harmonisierbar
SUGGESTIVWERBUNG
Absatzförderung
Verkaufsorientierung
Emotionalität
Erzeugung von Konnotation zu
latenten Gefühlen/Trieben durch
die Werbebotschaft
latentes Bedürfnis
affektiv/emotional
Bewußtseinsebene und durch
Ansprache des Unterbewußtseins
der Adressaten mit unterschiedlichen Instrumenten (z.B. extrem
kurze Botschaften, die unterhalb
der bewußten Wahrnehmungsschwelle liegen)
disharmonisch
Der Aktionserfolg einer Werbung ist nicht zuletzt von der Struktur der Botschaft
abhängig - unabhängig von deren Botschaftsinhalt, der sich mehr oder weniger
konkret auf das Produkt/Produktumfeld bezieht.
Damit die Botschaft aktionsbezogen wirksam werden kann, müssen einige
grundsätzliche Aspekte Beachtung finden. Die Information muß verzerrungsfrei/eindeutig gesendet werden, damit die inhaltliche Botschaft "richtig" wahrgenommen werden kann. So ist es für das Erfassen der Botschaft z.B. erforderlich, eine Akustik oder Symbolik zu nutzen, die Sender und Empfänger gleichermaßen bekannt und geläufig sind (z.B. Jugendsprache, Zeichensprache, Tonleitern, Niveau der Sprache insbesondere bei technischen Informationen).
Die Botschaft muß so präsentiert werden, daß die Wahrnehmungsstärke gegenüber der Botschaft des Wettbewerbers höher ist (z.B. Schwarz-weiß-Spots im
Kino oder Fernsehen, besondere musikalische Untermalung, kurze Schnittfolge
in den Spots).
Der Inhalt der Botschaft sollte so gestaltet werden, daß ein Erlernen möglich ist.
Andererseits werden Botschaften auch so konzipiert, daß der Überbringer der
Botschaft zum gewünschten Effekt der Kaufhandlung beim Adressaten führt,
etwa durch Prominente oder Politiker, die sich für Werbezwecke vermarkten
lassen (nicht das Produkt oder die Produktinformation ist die eigentliche Botschaft, sondern der Überbringer).
In diesem Punkt (Aufbau und Eigenschaften von Botschaften) wird deutlich, daß
die oben angesprochene Problematik des mehrstufigen Kommunikationsmodells
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
zum Tragen kommen kann, und zwar in der Form, daß i.d.R. durch jede Kommunikationsstufe Teile der Botschaft verloren gehen bzw. verfälscht werden.
Der Informationsgrad wird geringer und die Verhaltenswirkung nimmt ab (siehe
zur Illustration z.B. Kommunikationsspiele wie „stille Post“).
Der Werbetrend der großen Unternehmen geht dahin, Markenprodukte global
durch vereinheitlichte Werbung zu vermarkten. Aus Kostengründen wird versucht, die Verbraucher mit nur wenigen und überall identischen Botschaften
anzusprechen. Aufgrund der Heterogenität der Kulturen und der damit verbundenen Restriktionen von Botschaftsinhalten obliegt ihrer Gestaltung eine besondere Sorgfalt.
Ergebnis und Ziel aller kommunikationspolitischen Maßnahmen soll die Verbesserung der Unternehmenssituation durch einen stabilen bzw. steigenden Absatzverlauf sein. Dieses Ziel ist erst dann ereicht, wenn der Kaufakt vollzogen wird.
In prozessualer Sicht kann man sich die Kommunikationswirkung durch die Stufung Wahrnehmung, Verarbeitung, Verhalten vergegenwärtigen.
Der Bereich der Werbung beinhaltet noch eine Vielzahl von Aspekten, auf die
hier nicht eingegangen werden kann. Insbesondere die Entscheidungen über die
Festlegung des Werbeetats, die Festlegung der Kommunikationsstrategie, die
Werbeerfolgskontrolle, der Gestaltung des Werbeplans, die Frage nach der
Streuung des Werbebudgets im Zeitverlauf etc. sollten noch diskutiert werden
(siehe dazu weiterführend Behrens, 1997, 137ff).
Angestrebte Tätigkeiten im Bereich der Kommunikationspolitik sollten mit
Kenntnissen im Bereich der Psychologie der menschlichen Sensorik und Bereichen der Verhaltenswissenschaften untermauert sein. Dies gilt insbesondere für
den Bereich der Konsumgüterindustrie.
5.3.3 Beschwerdemanagement
Neben der Informationsgestaltung in Richtung Kunden wird den Unternehmen
die Bedeutung des umgekehrten Weges immer deutlicher. Im Rahmen des Beschwerdemanagements wird im Unternehmen ein Kommunikationskanal institutionalisiert, der Informationen gezielt vom Kunden zum Unternehmen zurückführt und zwar insgesamt mit dem Ziel der Prozeßverbesserung. Einzelziele sind:




Wiedergutmachung für erlittene Schäden,
Lokalisierung und Beseitigung von ineffizienten Prozeßabschnitten,
Kundenbindung vergrößern,
Schaffung von Kundenzufriedenheit,
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Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
 Negative Auswirkungen von mehrstufigen beschwerdeinduzierten Informationsprozessen im Umfeld des Unternehmens zu minimieren,
 Förderung und Operationalisierung unternehmenskultureller Ansprüche auf
allen Ebenen mit den Bezugsgruppen,
 Kostenersparnisse durch Reduzierung der Fehlerkosten und
 Umlenkung der Ressourcen auf sinnvolle Tätigkeiten im Rahmen des Beschwerdeprozesses (konstruktive Hilfe, statt destruktiver Maßnahmen (rechtliche Auseinandersetzung, Kundenverlust etc.)).
Das Beschwerdemanagement befaßt sich mit Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die im Kontext mit Kunden- und Lieferantenbeschwerden relevat erscheinen. Das Beschwerdemangement kann auch als Teil eines
Total-Quality-Mangement-Systems (TQM) aufgefaßt werden.
Damit die Ziele des Beschwerdemanagement verfolgt werden können, müssen
zwei Bereiche organisiert werden. Erstens die Kontaktaufnahme (Beschwerdestimulierung) und zweitens der Prozeß der Beschwerdeannahme, Beschwerdebearbeitung und -reaktion.
Die Beschwerdestimulierung dient dazu die Beschwerdeschwelle so niedrig anzusetzen, daß Verbraucher ohne Hindernisse irgendwelcher Art seine Beschwerde (oder aber auch andere Informationen) an kompetenter Stelle vortragen kann.
Die Notwendigkeit der Beschwerdestimulierung ist darin begründet, daß sich
viele Verbraucher gar nicht beschweren und „stumm“ zum Wettbewerber abwandern. Die bekannte 10er-Regel findet hier Anwendung: der ökonomische
Aufwand der Beschwerderegulierung ist um den Faktor 10 niedriger als die
Aufwendungen zur Neukundenbeschaffung. Dieses ökonomische Argument
rechtfertigt schon für sich genommen die ernsthafte Auseinandersetzung mit
dem Thema Kundenzufriedenheit und Beschwerdemangement. Es müssen demnach Instrumente eingesetzt werden, die gewährleisten, daß die Beschwerdeführung als ein ähnlich einfacher Akt wie „das Bezahlen der Ware an der Kasse“
empfunden wird (Mittel: z.B. sichtbare Beschwerdestelle, Hotline/E–mail–
Adressen, entsprechende Hinweise auf den Produktverpackungen, Prämiensystem für Beschwerden. Auch der Einsatz der richtigen Mitarbeiter an der „Beschwerdefront“ ist aus sozialpsychologischen Gründen wesentlich. Bei der Beschwerdereaktion kommt es im wesentlichen darauf an, daß Mitarbeiter über
Beschwerdewege und Bearbeitungsstandards informiert werden und den unbedingten Willen zur angemessenen Problemlösung verdeutlichen.
Damit dies möglich ist, muß der organisatorische Rahmen geschaffen werden.
Dazu gehört die Aufgabendefinition, Stellenbildung, Kompetenzverteilung,
Budgetierung und ein Informationssystem, das die betroffenen Prozeßbereiche
verbindet (Organisation der Beschwerdeerfassung  z.B. Datenbank, Beschwerdeabwicklungsziele und -zeiten müssen definiert werden, ferner Entwicklung von Verbesserungsmaßnahmen in den ineffizienten Prozeßbereichen etc.).
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Eine mitentscheidende Teilaufgabe des Beschwerdemanagements liegt in der
Entscheidung, welche Lösung dem Kunden im Hinblick auf seine Beschwerde
angeboten werden soll. Es können finanzielle (Preisnachlaß, Geldrückgabe,
Schadenersatz), materielle (Umtausch, Reparatur, anderes Produkt, Geschenk)
und immaterielle Kompensationsangebote (Entschuldigung, Information) allein
oder in Kombination zur Anwendung kommen (siehe dazu weiterführende Literatur bei Stauss, Seidel, 1996).
5.4
Die Distributionspolitik
In Abhängigkeit vom Produkt und dem angestrebten Marketingziel, sowie in
Abstimmung mit den kommunikativen Zielen einer Unternehmung muß sich die
Distributionspolitik gestalten. Diese beinhaltet aus Sicht der Hersteller alle vertriebspolitischen Aspekte des Prozesses der Güterbewegung bis zum Kunden
(und zurück), wie die Wahl der Absatzwege, Absatzorgane und der Logistik.
5.4.1 Die Absatzwege
Bei der Entscheidung über die Absatzwege stellt sich die Frage, ob ein direkter
oder indirekter Absatz vorteilhaft für die Unternehmung ist. Dabei organisiert
der Hersteller bei einem direkten Vertriebswegesystem seinen Verkauf selber,
d.h. die Produkte gelangen ohne Einschaltung des Handels unmittelbar zum
Endnutzer. Hierdurch sind eine eng an das Unternehmen gebundene Beratungsqualität gegenüber dem Kunden und eine direkte Steuerung des Vertriebs möglich. Besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten und bei Unternehmen, deren Kundenkreis eine gewisse Größe nicht überschreitet, bietet sich ein direkter
Vertrieb an (z.B. Investitionsgüterindustrie). Ein Nachteil des direkten Vertriebsweges ist die relative Kostenintensität für das Unternehmen, welche sich
beispielsweise durch die Einstellung eigener Handelsvertreter begründet - es gibt
aber auch den Vorteil, daß der Endverbraucherpreis durch den fehlenden Zwischenhandel niedriger ist und es bei entsprechender Marktaufnahme zu einem
verstärkten Mengenumsatz kommt. Bei einer indirekten Vertriebsform weniger
erklärungsbedürftiger Produkte fallen die Kosten dementsprechend niedriger
aus. Beispiele hierfür sind die Einzelhandelsketten mit ihren Angeboten an Gütern des täglichen Bedarfs, bei welchen eine persönliche Beratung durch den
Hersteller i.d.R. nicht notwendig ist. Vorteilhaft bei dieser Form des Absatzes ist
gleichzeitig die ständige und flächendeckende Marktpräsenz des Produktes, welSeite 109
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
che durch eigene Verkaufsniederlassungen und dem damit einhergehenden hohen Investitionsaufwand ggf. nicht gewährleistet werden kann.
Folgende Darstellung zeigt die jeweiligen Möglichkeiten des direkten und indirekten Absatzes:
Abb. 15: Absatzwegearten (in Anlehnung an Selchert, 1991, S. 213)
Neben der klassischen Einteilung in direkt und indirekt läßt sich der virtuelle
Absatzweg hinzufügen, welcher sowohl direkter als auch indirekter Natur sein
kann (entweder übernimmt der Hersteller selbst die notwendigen Kommissionierungs- und Versendungstätigkeiten oder er übergibt diesen Prozeß einem Partner
(Outsourcing)). Dieser neue Absatzweg hat in den letzten Jahren immer mehr an
Bedeutung gewonnen und wird zukünftig sicherlich weiter wachsen. Es zeigt
sich, daß durch die Wahl bzw. Variation oder Kombination des Vertriebsweges
neue Kundenkreise erreicht werden können.
5.4.2 Die Organe der Absatzwirtschaft
Neben der Klärung des organisatorischen Vertriebsweges muß nun entschieden
werden, welche Organe den direkten oder indirekten Vertrieb durchführen. Hier
lassen sich zwei Arten von Absatzorganen unterschieden, nämlich betriebszugehörige und nicht betriebszugehörige, wobei betriebszugehörige Absatzorgane
rechtlich selbständig (Vertriebsgesellschaften) oder rechtlich nicht selbständig
(Niederlassungen, Reisende) sein können.
Nicht betriebszugehörige Absatzorgane (und damit rechtlich unabhängige) sind
Absatzmittler und Absatzhelfer, wobei Absatzmittler konkret in den Vertriebsprozeß eingreifen und Absatzhelfer nur unterstützende Funktion haben (siehe
Seite 110
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
dazu Bruhn, 1997, S. 248). Beispiele dieser zwei Absatzorgane zeigt die folgende Tabelle:
Tab. 37: Absatzorgane
BETRIEBSZUGEHÖRIGE
ABSATZORGANE
(RECHTLICH ABHÄNGIG)
SELBSTÄNDE
NICHT
ABSATZORGANE
SELBSTÄNDIGE
ABSATZORGANE
VertriebsgesellNiederlassungen,
schaften
Reisende
NICHT BETRIEBSZUGEHÖRIGE ABSATZORGANE
(RECHTLICH UNABHÄNGIG)
ABSATZMITTLER
Einzelhandel,
Fachhandel,
Großhandel,
Handelsvertreter,
Absatzmakler,
Kommissionäre
ABSATZHELFER
Spediteure,
Lagerfirmen,
Verkaufsraumgestalter,
etc.
Die Auswahl der Absatzmittler und das Bewußtsein über die Anforderungen an
diese sind von besonderer Bedeutung. Mit Hilfe quantitativer und qualitativer
Entscheidungsmodelle (z.B. Scoringverfahren/Nutzwertanalyse) läßt sich die
Entscheidungsfindung erleichtern (siehe dazu Berndt, 1995, S. 472ff.).
Es sei darauf hingewiesen, daß eine Mischung direkter und indirekter Vertriebswege, sowie betriebszugehöriger und nicht betriebszugehöriger Absatzorgane
möglich, und in der Praxis durchaus üblich ist. Das Management muß darauf
bedacht sein, daß alle Stufen des Absatzweges in die Überlegungen integriert
werden und deren Ziele weitestmöglich harmonisiert werden, was zwar der Natur der Sache (vordergründig) widerspricht, jedoch als Zielformulierung nötig
erscheint. So muß der Hersteller nicht nur die Endkundenwünsche berücksichtigen, sondern auch den Händlern entgegenkommen. In der Praxis betrifft dies oft
die Frage nach dem Ort der Lagerung. Zwar möchte der Kunde das gewünschte
Produkt schnellstmöglich verfügbar haben, sprich: im Idealfall sofort, und diesen
Wunsch möchte der Händler natürlich ebenfalls erfüllt wissen, jedoch möchte er
andererseits seine Lagerbestände so gering wie möglich halten. Ein JiT (Just-inTime)-Konzept kann hier zwar Abhilfe schaffen, setzt jedoch großes Engagement beim Hersteller und höhere Logistikkosten voraus.
Abhängig von der Wahl der Absatzwege und -organe ist auch die Standortfrage
der Produktion(en) bzw. Lager. Ökonomische und markterforderliche Faktoren
entscheiden über eine zentrale oder dezentrale Distribution der Güter.
Seite 111
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.4.3 Physische Distribution und Redistribution als Teil der
Logistik
Der logistische Aspekt der Distributionspolitik beinhaltet den Transport, den
Umschlag und die Lagerung von Rohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten sowie
der damit nötigen Informationen zum Liefer- und Empfangspunkt nach Kundenwunsch (siehe dazu Pfohl, in Meffert, 1998, S. 635).
So kann man die vertriebsorientierte Logistik auch als „Physische Distributionspolitik“ bezeichnen, welche sich definiert als „Gesamtheit der Maßnahmen in
bezug auf die technische Handhabung der Produkte bis zur Übergabe an den
Kunden“(vgl. Selchert, 1991, S. 214). Diese Definition schließt jedoch nicht die
Redistribution (vom Kunden zum Hersteller) ein.
Ziel der physischen Distribution ist, das richtige Produkt in der richtigen Menge
zum richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt liefern zu können. Gleichzeitig sollen
nur die geringstmöglichen Kosten für dieses Ziel aufgewendet werden. Inwieweit dies dem Unternehmen gelingt, hängt wiederum von externen und internen
Einflußfaktoren ab. Meffert bezeichnet das Ergebnis des jeweiligen Logistiksystems als „Lieferservice“, welcher folgende Komponenten in sich vereint (vgl.
Meffert, 1998, S. 636f.):
Seite 112
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 38: Komponenten des Lieferservices
LIEFERSERVICE- DEFINITION
MÖGLICHE PROBLEME
KOMPONENTE
Lieferzeit
Lieferzuverlässigkeit
Lieferungsbeschaffenheit
Lieferflexibilität
Summe der Zeit, welche das
Unternehmen von der Auftragsannahme bis zur endgültigen Auslieferung an den
Kunden über seine eventuellen Distributionsstufen benötigt
Die kontinuierliche Einhaltung der mit dem Kunden
abgesprochenen Lieferzeit.
Quantitative und qualitative
Warenmängel
Potential der Logistik, Störungen bzw. bestimmte
Kundenwünsche in normalen Distributionsablauf ohne
negativen Einfluß auf Lieferzuverlässigkeit, –zeit und
Lieferbeschaffenheit integrieren zu können.
Vor- und nachgelagerte Lieferverzögerungen
durch nicht ausgefeiltes Liefersystem
Verzögerungen im Lieferablauf und Lücken
in der Lieferbereitschaft (fehlende Lagerbestände auf einer der Lieferungsstufen)
 Liefergenauigkeit = Übereinstimmung
der Lieferung in Art und Menge mit
Kundenwunsch?
 Lieferungszustand = Ware durch Distribution mangelhaft?
Stark bürokratisierte, festgelegte und störungsempfindliche
Distributionssysteme
(Extrakapazitäten, Puffer, menschliches
Organisationsvermögen gefordert).
Die Tabelle zeigt, wie vielschichtig sich Probleme in der Logistikkette gestalten
können. Der Umgang mit den möglichen Problemen und in erster Linie das
Vermeiden dieser Probleme macht die Qualität des Lieferservices aus. Wie relevant die einzelnen Komponenten für ein Unternehmen sind, hängt stark vom
jeweiligen Produkt und der momentanen Marktsituation ab. Es muß jedoch klar
sein, daß ein marketingorientiertes, strategisches Logistikmanagement die angesprochenen Lieferservice-Komponenten durch klare Zielformulierungen für die
Mitarbeiter, die Händler und die Kunden transparent machen muß. Nur so kann
auch im logistischen Bereich des Marketings eine Zielorientierung gewährleistet
werden. Bei Lieferzeiten ist der unübersehbare Trend zu immer kürzeren Zeitspannen erkennbar. Großen Versandhäusern reicht die 24-Stunden-Lieferung
heute nicht mehr aus: Sie versprechen dem Kunden eine Lieferung innerhalb von
zwölf Stunden (unter bestimmten Bedingungen, z.B. Bestellung bis 10:00 Uhr).
Ähnliche Entwicklungen gibt es in der Automobilindustrie in den USA (die gängigsten Typen mit den gängigsten Ausstattungsvarianten können innerhalb von
24 Stunden nach Bestellung an den Kunden ausgeliefert werden). Hier zeigt sich
in beeindruckender Weise, daß das bekannte Motto der Innovationsliteratur
„nicht der Große frißt den Kleinen, sondern der Schnelle den Langsamen!“ deutlicher nicht dokumentiert werden kann.
Seite 113
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Der asiatische Wirtschaftsraum hat den westlichen Nationen in puncto Lieferungsbeschaffenheit in den vergangenen Jahren gezeigt, daß beschädigte Waren
(egal auf welcher Distributionsstufe) nicht im Prozentbereich zu messen, sondern durchaus Zielformulierungen und deren Erreichung im Promillebereich
möglich sind. Das strategische Logistikmanagement wird somit immer mehr
fundamentales Instrument für eine erfolgreiche Unternehmung.
Wie einzelne logistische Maßnahmen en detail auszusehen haben, soll an dieser
Stelle aufgrund des Grundlagenanspruchs des Buches nicht erläutert werden.
Statt dessen werden bezüglich weiterführenden Studiums weitere operative Aspekte genannt, welche die unternehmerische Logistikplanung berücksichtigen
sollten (siehe dazu weiterführend Schulte, 1991, S. 221ff.):
 Art und Umfang der Lagerhaltung (z.B. in Abhängigkeit der Produkteigenschaften, wie Verderblichkeit, Wert, Gefährlichkeit, Größe, Gewicht),
 Abnehmerorientierte Logistikplanung (Entfernungen zum nächsten Lager,
Infrastruktur des Standortes, zur nächsten Produktion etc.),
 Transportmittel,
 Logistikkosten durch Verpackung, Lieferbedingungen etc..
Wie intensiv sich ein Unternehmen bei Berücksichtigung aller Aspekte mit der
Logistik auseinandersetzen muß, verdeutlicht folgende Aufzählung, welche
exemplarisch relevanten Unterpunkte des Aspektes veranschaulicht (vgl. Selchert, 1991):
Seite 114
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 39: Logistische Anforderungsbereiche in der Distribution
BEREICHE
Anforderung an den Transport
Transportmittel
Transportverfahren
Transportsystem
AUSPRÄGUNGEN
Lade- und Entladekapazität,
Geschwindigkeit und Beweglichkeit,
Verfügbarkeit und Dispositionsfähigkeit,
Zuverlässigkeit und Sicherheit,
geringe Kapitalbindung und Kosten
Transportmittel ohne Verbund (z.B. Schiff, Flugzeug),
Transportmittelkombination
Einzel- oder Partielieferung,
Individual- oder Tourenlieferung
Transport mit eigenen Transportmitteln,
Transport durch eine eigene Transportgesellschaft,
Transport durch Dritte (Spediteur, Fuhrunternehmer,
Post, Bahn...),
Holsystem
Im Rahmen modernen Logistikmanagements gewinnt auch die Redistribution
von Produkten immer mehr an Bedeutung. Die Redistribution sollte prophylaktisch als logistisches Konzept bereit liegen, da sich im Rahmen der Politik- und
Rechtsgestaltung weitere Anforderungen im Zuge der Entsorgungsproblematik
für die Unternehmen ergeben. Gleichfalls gilt dies im Zuge einer aktiven Ressourcenschonungspolitik. In diesem Kontext ist nicht nur der Weg vom Produzenten zum Verbraucher von Interesse, sondern (unter Berücksichtigung ökologischer Neuorientierung) auch zunehmend der Rückweg vom Kunden zum Hersteller/Handel bzw. zu einer Rücknahmestelle. Es ist zu beobachten, daß ein Teil
der Marktteilnehmer der „Wegwerf-Gesellschaft“ zusehens den Rücken kehrt
und sich dafür interessiert, was mit dem Produkt nach Ablauf des Produktlebenszyklus geschieht. Marketingstrategisch interessant gestaltet sich also nicht
nur eine Nachkaufbetreuung, sondern auch eine Nachgebrauchbetreuung (auch:
Rückstandsbetreuung). Eine umweltbewußte Wiederverwertung alter Materialien durch Recycling oder die fachgerechte Entsorgung des Produktes durch den
Hersteller sind durch eine geeignete Redistribution zu unterstützen, indem beispielsweise Annahmestellen für Altprodukte oder die kostenlose Rücknahme
und Entsorgung bei Kauf eines neuen Produktes gewährleistet werden. Hier sei
abermals auf die sorgfältige Organisation der Distribution durch alle Distributionsstufen hingewiesen.
Seite 115
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.5
Political Power
Der Begriff Political Power bezeichnet die formelle und informelle Beeinflussung von Akteuren außerhalb des Unternehmens, die in ihrem Zuständigkeitsbereich oder aufgrund ihrer formellen oder informellen Beziehungen, durch Handlungen oder Kommunikation Absatzvorteile für das beeinflussende Unternehmen schaffen können - mittelbar oder unmittelbar. Political Power ist demnach
die Einflußnahme organisierter Interessengruppen bzw. -verbände auf Exekutive
und Legislative.
Die Absatzvorteile durch Political Power können sich auf eine bessere Kostensituation oder auf Vermarktungsbedingungen beziehen. Grundsätzlich gilt das
Instrument Political Power für alle Unternehmensgrößen als grundsätzlich nutzbar und existent. Unbestreitbar ist es jedoch, daß mit zunehmender Unternehmensgröße deutlich mehr Gestaltungsvorteile erlangt werden können. Das Engagement der Unternehmen wird z.B. durch personelle haupt-, teil- oder ehrenamtliche Verknüpfungen leitender Mitarbeiter mit anderen Organisationen, der Adminstration oder des politischen Systems deutlich.
Aus entscheidungstheoretischer Sicht ist das Ziel die Reduktion von Unsicherheit im Zustandsraum. Pragmatisch gesehen geht es um die Mitgestaltung der
Rahmenbedingungen des unternehmensrelevanten Umfeldes mit dem Effekt der
Wettbewerbsverbesserung für derzeitiges und zukünftiges Handeln. Dies kann
direkt geschehen, durch die konkrete personelle Verknüpfungen zu den entsprechenden Gestaltungssystemen (Behörden, Politik, Organisationen) oder aber
durch die Mitgliedsschaft und/oder Mitarbeit in entsprechenden Verbänden
(Branchenverbände, IHK, Arbeitgeberverbände etc.).
Die Zusammenfassung derartiger Tätigkeiten eines Unternehmens oder auch
einer Branche wird auch als Lobby bzw. Lobbyismus bezeichnet (die Einflußnahme von Interessenvertretungen auf die Entscheidungen von Parlament und
Regierung). Die Aufgabe der Lobby ist die Beeinflussung relevanter Akteure im
Interesse ihrer Auftraggeber. Gleichzeitig besteht der Einsatz von Political
Power darin, Information über die Tätigkeit etwaiger Gegeninteressen zu sammeln und ggf. zu reagieren.
Gegenleistungen der Verbände an die Politiker können in Parteispenden oder
kostenloser Lieferung von Informationen bestehen. Lobbyismus kann sich auch
in der Androhung oder Ausübung von Druck auf makro-, meso- oder mikroökonomische Systeme (Streik, Lieferboykott, Abbau von Arbeitsplätzen) äußern.
Großprojekte wie z.B. der Transrapid, Jäger 90, große Verkehrsprojekte, aber
auch Verhinderungsstrategien im Rahmen zukünftiger Gesetzgebungen (Nichtrauchergesetz, Katalysator, Einführungszeitpunkte und Ausführungsverordnungen von neuen produktions- und absatzrelevanten Gesetzen etc.) sind heute
kaum noch ohne Einflußnahme im Rahmen des Instruments Political Power
denkbar.
Seite 116
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
5.6
Der Marketing-Mix
Der Marketing-Mix ist die produkt-/marktbezogene Kombination unterschiedlicher Marketinginstrumente. Diese Kombination ergibt sich aus den konkreten
Anforderungen der neuen Produkt-/Marktidee, basierend auf den zeitraum- und
markt- bzw. marktsegmentbezogenen Zielen. Somit stellt der Marketing-Mix
immer eine spezielle Auswahl von Instrumenten und Subinstrumenten dar, die
für die konkrete Marktbearbeitung genutzt werden sollen.
Anhand einer Matrix werden im folgenden die Instrumente und Subinstrumente
dargestellt. Durch die fettgedruckten Bezeichnungen in den Spalten wird ein
mögliches Marketing-Mix für ein neues XYZ-Produkt dargestellt. Die Subinstrumente der Politiken (fettgedruckt) werden in besonderem Maße zur Operationalisierung der Marktbearbeitungsstrategie im Hinblick auf eine fiktive Produkt-/Marktidee herangezogen (als Beispiel ein Gerät für die Klimatisierung
eines Raumes). In welcher Form und mit welcher Budgethöhe die einzelnen Instrumente anschließend ausgestaltet werden, ist wiederum in Abhängigkeit von
den Unternehmenszielen und Marktnotwendigkeiten abzuleiten - auch die Bestimmung dieser Ausprägung ist im Aufgabenfeld des Marketing-Mix existent.
Seite 117
Grundlagen Marktprozesse, Unternehmensführung, Marketing
Tab. 40: Beispiel eines Marketing-Mix (fiktives Produkt)
PRODUKT-
KOMMUNIKATIO DISTRIBUTIONS- POLITICAL
NSPOLITIK
POLITIK
POWER
Absatzorgane
ProduktinnovaCorporateBeeinflußung
(betriebszugehö- von Machtprotion
Identity
Produktdifferenrige):
Publicmotoren:
zierung
Absatzorganisa- Bund
Relations
Produktvariation
tion
Publicity
Land
ProdukteliminaSponsoring
Vertriebsgesell- Region
tion
Event-Marketing schaft
ProductNiederlassung
Beeinflußung
Diversifikation: RabattgestalPlacement
von FachpromoReisende
tung:
toren:
horizontale
Werbung
vertikale
Absatzorgane
Medien
Händler
laterale
Endverbraucher Verkaufsförde(nicht betriebs- Wissenschaft
rung:
zugehörig):
Boni
Behörden
Einzelaspekte:
Skonti
Sellspromotion Absatzmittler
Design
Staffpromotion Handelsbetrie- Beeinflußung
Verpackung
Weitere Kondi- Consumerprobe:
von:
Farbe
tionen:
motion
Einzelhandel
Zielgruppen
Name
LieferbereitÖffentlichkeit
Messen
Fachhandel
schaft
Discounter
Qualität
Lieferzeit
Ansprache über: HandelsvertreImage
Umtausch
ter
Entsorgung
Kognition
WarenzustelAffektion
Absatzmakler
lung
Emotionalität
Kommisionäre
POLITIK
KONTRAHIERUN
GS-POLITIK
Preisstrategie:
Prämienpreis
Skimmingpreis
Penetrationspreis
Promotionspreis
Preisdifferenzierung:
regional
Preis
Abnehmer, etc.
Werbeträger:
Fachzeitschriften
Funk
Internet
CD-ROM
Dis/Redistribution
der Ware:
Straße
Schiene
Wasserweg
Luftweg
Kombination
Die fettgedruckten Stichworte geben Hinweise auf Ansatzpunkte einer umfassenden Vermarktungsstrategie eines fitiven Produktes.
Seite 118
Grundlagen Marketing
119
Stichwortverzeichnis
A
Abgrenzungen des Marktes · 22
Absatzdimension · 17
Absatzhelfer · 110
Absatzmittler · 110
Absatzorgane · 110
absatzrelevantes Umfeld · 11
Absatzweg · 109
Abschöpfungspreis · 85
AD-HOC-FORSCHUNG · 35
Adoption · 65
Angebotspreis · 89
Anspruchsdimensionen des Produkts ·
16
Arten der Preisdifferenzierung · 89
Aufgabenbereiche des
Marketingmanagements · 8
B
Bedarfssteigerungseffekt · 79
Beispiele zu Marktformen · 25
BEOBACHTUNG · 35
Beschwerdemanagement · 107
betriebszugehörige Absatzorgane · 110
Botschaft · 106
C
CASH COW · 63
Cash-Cow · 59
Consumer-Promotion · 103
Corporate-Identity · 99
D
Dealer-Promotion · 103
Degenerationsphase · 52
demographische
Marktsegmentierung · 28
demographische Segmentierung · 28
desk-research · 35
Dienstleistungen · 40
Dieversifikation · 44
Differenzierung der Marktforschung ·
32
Differenzierungsstrategie · 43
direkt regulierende Maßnahmen · 13
direkte Konkurrenz · 21
direkter Absatz · 109
Distributionspolitik · 109
Diversifikation · 76
Dog · 59, 63
Durchsetzbarkeit · 45
Durchsetzung · 20
E
Effekt der Kostenerfahrungskurve · 54
Einführungsphase · 51
Einführungswerbung · 104
Entscheidungsfindung · 45
entscheidungsrelevante Informationen ·
33
Entstehungsphase · 50
Entwicklung des Marketings · 6
Entwickung des Marketings · 6
Ergebnisse der Marktforschung · 33
ERHEBUNGSVERFAHREN · 35
Erinnerungswerbung · 104
Erlebniswerbung · 105
Event-Marketing · 102
Expansionswerbung · 104
F
field-research · 35
Finanzmittelsituation · 58
Flop · 34
FORSCHUNGSDIENSTLEISTER · 36
Führungsphilosophie · 1, 11
Funktionen der Öffentlichkeitsarbeit ·
100
Funktionsdimension · 18
Seite 119
Grundlagen Marketing
G
Gap-Analyse · 69
GATTUNGSMARKE · 80
Gebrauchsfunktion · 14
Geltungsfunktion · 14
Geschlecht · 29
Gesellschaftliche Entwicklungen · 2
Gesellschaftsdimension · 18
Grundstrategien · 43
H
HANDELSMARKE · 80
Haushaltseinkommen · 29
HERSTELLERMARKE · 80
heterogene Konkurrenz · 21
high-involvement · 39
Hochpreispolitik · 84
homogene Konkurrenz · 21
horizontale Diversifikation · 76
hybrides Kaufverhalten · 29
I
INCOTERMS · 83
indirekte Konkurrenz · 21
indirekter Absatz · 109
Informationsgewinnung · 35
Informationswerbung · 105
Innovationsfähigkeit · 20
Innovationshöhe · 44, 73
Instrumente der Kommunikationspolitik
· 98
integrierter Produktlebenszyklus · 50
Investitionsgütermarkt · 39
involvement · 39
Istkosten · 90
K
Käufer in Dienstleistungsmärkten · 40
Käufer in Investitionsgütermärkten · 39
Käufer in Konsumgütermärkten · 38
Käuferverhalten · 37
120
Kaufkraft · 29
Kaufverhalten · 29
klassische Marktsegmentierung · 28
Kommunikationsmodell · 96
Kommunikationspolitik · 95
Konkurrenzanalyse · 48, 50
Konsumgütermarkt · 38
Kontrahierungspolitik · 81
Konzentrationsstrategie · 43
Kostenerfahrungskurve · 94
Kostenerfahrungskurvenkonzept · 54,
56
Kostenführerschaft · 43
Kostensenkungspotentiale · 56
Kundenbindung · 9, 27
Kuppelprodukte · 15
Kuppelproduktion · 14
kurzfristige Preisuntergrenze · 91
L
laterale Diversifikation · 77
Leapfrogging · 73
Leistungsprogrammgestaltung · 78
Lieferungs- und Zahlungsbedingungen
· 83
Lieferungsbeschaffeneit · 113
Lieferzeit · 113
Lieferzuverlässigkeit · 113
Lobbyismus · 116
Logistikmanagement · 113
Logistikplanung · 114
logistischer Aspekt der
Distributionspolitik · 112
low-involvement · 39
M
Machbarkeitsprüfung · 11
Markenpolitik · 80
Marketing · 1, 5
Marketingentscheidungen · 19
MARKETINGFORSCHUNGSBERATER ·
36
Marketing-Informationssystem · 37
Marketinginstrumente · 71
Marketingmanagement · 8
Seite 120
Grundlagen Marketing
Marketing-Mix · 117
Marketingstrategie · 41
Marketingstrategien · 42
Marketingverständnis · 5
Markt · 21, 22
Marktattraktivität · 60
Marktbeobachtung · 12
marktbezogene Aufgaben · 8, 9, 10
Markteintrittszeitpunkt · 19
Marktform · 25
Marktformen · 23
Marktforschung · 32
Marktforschungsinstrumente · 35
Marktforschungsunternehmen · 36
Marktsegmente · 26
Marktsegmentierung · 26
Marktstrukturen · 20
Marktwachstum · 58, 59
mehrstufige Kommunikation · 97
menschliche Sinne · 7
Merkmale der Marke · 80
Messe · 103
Mischkalkulation · 91
moderne Marktsegmentierung · 28
N
Nachfragesteuerung · 10
Nachgebrauchbetreuung · 115
Nachkalkulation · 90
Nachkaufbetreuung · 115
negative Wirkungsketten · 18
Neunfelder-Matrix · 60
Neuproduktgestaltung · 16
nicht betriebliche Absatzorgane · 110
nichtstaatliche Normen · 13
Niedrigpreispolitik · 84
Nutzenmaximierung · 38
Nutzenstiftung · 14
Nutzenstiftungspotentiale · 4
Ö
Ökonomische Entwicklungen · 2
121
P
Panel · 35
Partizipationseffekt · 79
Penetrationspreisstrategie · 85
personelle Preisdifferenzierung · 89
persönliche Abgrenzung · 23
physische Distribution · 112
Plankosten · 90
Point-of-Sale · 102
Political Power · 116
Portfolioanalyse · 57
POS · 102
Potentialanalyse · 69
Prämienpreisstrategie · 84
Preis- u. Rabattpolitik · 82
Preisdifferenzierung · 87
Preisdifferenzierung nach
Produktvarianten · 89
Preisdifferenzierung nach
Verwendungszweck · 89
Preisfestlegung · 81
Preispsychologie · 94
Preisstrategien · 84
Primärforschung · 35
Primärfunktion · 14
Productplacement · 101
Produkt · 14, 16
Produktdifferenzierung · 75
Produktelimination · 76
Produktentwicklung · 44
Produktfunktionen · 14
Produktinnovation · 76
Produktinnovationen · 72
Produktlebenszyklus · 50
Produktname · 78
Produktpolitik · 71
Programmstrukturanalyse · 69
progressive Preisermittlung · 90
Promotionspreisstrategie · 86
Prozeßrückstände · 16
PSYCHOGRAPHISCHE
MARKSEGMENTIERUNGSKRITERIEN
· 31
psychographische
Marktsegmentierung · 30
Publicity · 101
Public-Relations · 99
Seite 121
Grundlagen Marketing
122
Q
Suggestivwerbung · 105
quantitative Preisdifferenzierung · 89
Question Mark · 59, 63
T
R
räumliche Abgrenzung · 22
räumliche Preisdifferenzierung · 89
realtiver Marktanteil · 59
realtiver Wettbewerbsvorteil · 60
rechtlicher Rahmen · 13
Redukte · 15, 51
Reduktionswerbung · 104
Reifephase · 52
relativer Marktanteil · 58, 59
Relaunch · 52
Responsemerkmale · 29
Ressourcenanalyse · 46
Ressourcendifferenzierungen · 46
Rückstände · 51
Rückstandsbetreuung · 115
S
sachliche Abgrenzung · 23
Sales-Promotion · 102
Scenariotechnik · 69
Segmentierungskriterien · 27
Sekundärforschung · 35
Sekundärfunktion · 14
Skimming-Preisstrategie · 85
SOBR-Modell · 98
SORModell · 98
Sortimentsgestaltung · 78
Sortimentspolitik · 71, 78
soziale Schichtung · 30
Sponsoring · 101
SR-Modell · 98
Staff-Promotion · 102
STAR · 63
Stärken- Schwächenprofil · 47
Stars · 59
Strategieausprägungen · 42
strategische Geschäftseinheiten · 57
strategische Situation · 44
Substitutionseffekt · 79
Target-Costing · 90
Technische Entwicklungen · 2
technische Innovationen · 75
Teilkostenrechnung · 90
TESTVERFAHREN · 35, 36
TRACKINGFORSCHUNG · 35
Transport · 114
U
umfeldbezogene Aufgaben · 8, 11
Umsetzbarkeit · 45
Umweltanalyse · 66
Umweltanalysen · 64
Umweltprognose · 66
unternehmensbezogene Aufgaben · 8,
10
Unternehmensleistungen · 16
unternehmerische Denkhaltung · 5
UNVOLLKOMMENER MARKT · 25
V
Verpackung · 78
vertikale Diversifiaktion · 77
VOLLKOMMENER MARKT · 25
Vollkommenheitsgrad des Marktes · 25
Vollkostenrechnung · 90
VOLLSERVICEINSTITUTE · 36
Vorkalkulation · 90
W
Wachstumsphase · 52
Werbeträger · 104
Werbung · 103
Wettbewerbsstrategie · 41
Wettbewerbsstrategien · 42
Wirtschaftsgüter · 15
Seite 122
Grundlagen Marketing
Z
zeitliche Eingrenzung · 23
zeitliche Preisdifferenzierung · 89
Ziel der Kommunikationspolitik · 96
123
Ziel der Portfolioanalyse · 58
Ziel des Marketings · 8
Ziele der Preispolitik · 81
Ziele des Beschwerdemanagements ·
107
Zielgruppe · 26
Seite 123
Grundlagen Marketing
124
Literaturverzeichnis
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Ansoff, H.J. (1966): Management-Strategien, New York
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Behrens, G. (1996): Werbung. München
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Brockhoff, K. (1992): Forschung und Entwicklung, München
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Wiesbaden
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Bruhn, M. (1997a): Marketing - Grundlagen für Studium und Praxis (3. Auflage), Wiesbaden
Bruhn, M. (1997b): Marketing, Wiesbaden
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