Systematische Messungen der Driftgeschwindigkeit und der

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Systematische Messungen der
Driftgeschwindigkeit und der Gasverstärkung
mithilfe einer Gasmonitorkammer für das
T2K-Experiment
von
Teja Wrobel
Diplomarbeit in Physik
vorgelegt der
Fakultät für Mathematik, Informatik und
Naturwissenschaften
der RWTH Aachen
im
Mai 2011
angefertigt im
III. Physikalischen Institut B
bei
Priv. Doz. Dr. Stefan Roth
Zweitgutachter: Prof. Dr. Thomas Hebbeker
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
Einleitung
1.1 Das Standardmodell der Teilchenphysik
1.1.1 Der Teilchenzoo . . . . . . . .
1.1.2 Neutrinooszillationen . . . . . .
1.2 Das T2K-Experiment . . . . . . . . . .
1.2.1 Der ND280-Detektor . . . . . .
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T/p-Korrekturen
4.1 Gasverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 T/p-Abhängigkeit der Gasverstärkung . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.2 Bestimmung der T/p-Korrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.3 Betrachtung der Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Genauere Betrachtung der T/p-Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1 Abhängigkeit der Gain-Korrektur von der Mesh-Spannung . . . .
4.3 Driftgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Abhängigkeit der Driftgeschwindigkeit von Druck und Temperatur
4.3.2 Relative Änderung der Driftgeschwindigkeit . . . . . . . . . . .
4.3.3 Fehlerbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Die Gas-Monitor-Kammern
2.1 Gasdetektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Typen von Gasdetektoren und Arbeitsbereiche . . . . . . . .
2.1.2 Energieverlust, Teilchenidentifikation und Impulsbestimmung
2.2 Die Gasmonitorkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Aufbau der Kammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Messung der Gasverstärkung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Messung der Driftgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Verwendete Gase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Simulationen
3.1 Driftgeschwindigkeitssimulationen mit M AGBOLTZ
3.2 Simulation der Gasverstärkung . . . . . . . . . . .
3.2.1 Finite Elements Method (FEM) . . . . . .
3.2.2 Boundary Elements Method (BEM) . . . .
3.2.3 G ARFIELD . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Simulation der Primärionisation mit MIP . . . . . .
i
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I NHALTSVERZEICHNIS
Einfluss von Wasser auf die Driftgeschwindigkeit
5.1 Methoden zu Anreicherung des Driftgases mit Wasser im ppm-Bereich .
5.1.1 Rückdiffusion von Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Diffusion von Wasser durch einen PET-Schlauch . . . . . . . .
5.1.3 Gasfluss durch Bubbler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Driftgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2.2 Mögliche Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zusammenfassung und Ausblick
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69
A M AGBOLTZ- Skript
71
B G ARFIELD- Skript
73
C Weitere Graphen zu T/p-Korrekturen
75
Literaturverzeichnis
79
Kapitel 1
Einleitung
1.1
Das Standardmodell der Teilchenphysik
Die Elementarteilchenphysik untersucht aus welchen Grundbausteinen die uns bekannte
Welt aufgebaut ist und welche Kräfte sie zusammenhält. Das in den 60er Jahren entwickelte Standardmodell der Teilchenphysik ist die populärste Theorie um diesen Mikrokosmos zu beschreiben. Sie stellt eine einheitliche Theorie zur Beschreibung von drei der
vier bekannten elementaren Kräfte dar, deren Vorhersagen durch eine Vielzahl von Experimenten bestätigt wurden. Lediglich die im Alltag wohl gegenwärtigste Kraft, die Gravitation ist nicht mit einbezogen.
1.1.1
Der Teilchenzoo
Im Standardmodell existieren zwölf Teilchen sowie deren Antiteilchen, aus denen die
gesamte Materie (bzw. Antimaterie) zusammengesetzt ist. Sie sind nach bisherigem Wissensstand punktförmig, besitzen also keine innere Struktur. Man unterscheidet dabei zwischen sechs Leptonen und sechs Quarks. Alle diese Elementarteilchen besitzen einen halbzahligen Spin, sind also Fermionen.
µ
τ
νµ
ντ
u
c
t
d
s
b
e
νe
Leptonen
(1.1)
Quarks
(1.2)
Weiterhin existieren vier elementare Kräfte, die die Wechselwirkung dieser Teilchen untereinander beschreiben. Die Wechselwirkung wird dabei durch sogenannte Austauschteilchen, Eichbosonen mit ganzzahligem Spin übertragen.
Wechselwirkung
Austauschteilchen
elektromagnetische WW
schwache WW
starke WW
Gravitation
Photon (γ)
W+ -, W− -, Z-Boson
8 Gluonen (g)
Gravitron (unklar)
1
2
K APITEL 1. E INLEITUNG
Im Rahmen des Higgs-Mechanismus wird noch ein weiteres Teilchen, das Higgs-Boson
(H) eingeführt. Es verleiht den anderen Teilchen ihre Masse.
Im Folgenden werden nun die Neutrinos νe , νµ und ντ näher betrachtet. Sie tragen weder
elektrische Ladung noch Farbladung (die Ladung der starken WW) und können somit
ausschließlich an der schwachen Wechselwirkung teilnehmen.
1.1.2
Neutrinooszillationen
Entdeckung
Den ersten experimentellen Nachweis von Neutrinooszillationen lieferte in den 1960er
Jahren das Homestake-Mine-Experiment. Mithilfe eines unterirdischen Detektors wurde
der Neutrinofluss aus der Sonne gemessen. Der gemessene Fluss war jedoch nicht einmal
halb so groß wie der aus der Leuchtkraft der Sonne berechnete Fluss. Da Neutrinos nur
schwach wechselwirken, konnten sie nicht in der Erdatmosphäre oder im Gestein über
dem Detektor verloren gegangen sein, sie sind scheinbar „verschwunden“. Die Erkärung
für diese Messung lieferte die Neutrinooszillation. Die in der Sonne erzeugten ElektronNeutrinos waren auf ihrem Weg zur Erde in Myon-Neutrinos oszilliert.
Beschreibung mithilfe der MKS-Matrix
Neutrinos nehmen ausschließlich in Form ihrer Flavour-Eigenzuständen |νa i (νe , νµ , ντ )
an der schwachen Wechselwirkung teil. Diese sind Linearkombinationen der MassenEigenzustände |νi i. Die Mischung wird mit der MKS-Matrix (Maki-Nakagawa-Sakata)
U beschrieben
|νa i = ∑ Uai |νi i
(1.3)
 


νe
Ue1 Ue2 Ue3
ν1
 νµ  =  Uµ1 Uµ2 Uµ3   ν2 
ντ
Uτ1 Uτ2 Uτ3
ν3
(1.4)
i

Die Matrix U kann dabei mit den drei Mischungswinkeln Θ12 , Θ13 und Θ23 sowie den
Phasen α1 , α2 und δ wie folgt parametrisiert werden


  iα /2

1 0
0
c13
0 s13 eiδ
c12
s12 0
e 1
0
0
  −s12 c12 0   0
s23   0
1 0
U =  0 c23
eiα2 /2 0 
0 −s23 c23
0
0
1
−s13 eiδ 0 c13
0
0
1
(1.5)

mit ci j = cosΘi j und si j = sinΘi j . Die Phasen α1 und α2 sind dann verschieden von
null, wenn Neutrinos Majorana-Teilchen, also ihre eigenen Antiteilchen sind. Die Phase
δ berücksichtigt eine mögliche CP-Symmetriebrechung.
1.1. DAS S TANDARDMODELL DER T EILCHENPHYSIK
3
Übergangswahrscheinlichkeit
Die Masseneigenzustände der Neutrinos können nun gemäß der Schrödingergleichung
propagieren. Dadurch ändert sich auch die Mischung und damit der Flavour-Eigenzustand.
Die Übergangswahrscheinlichkeiten für die Drei-Neutrino-Mischung sind äußerst kompliziert zu berechnen. Vereinfachend lässt sich die Zwei-Neutrino-Mischung betrachten.
Die Mischungsmatrix reduziert sich auf
U=
cosΘ
sinΘ
− sinΘ cosΘ
(1.6)
Die Übergangswahrscheinlichkeit für die Oszillation eines Flavour-Eigenzustands να in
einen Zustand νβ beträgt dann
2
P(να → νβ ) = sin
∆ m2 L
sin2 Θ
Eν
(1.7)
Die Oszillationswahrscheinlichkeit hängt also von der Energie der Neutrinos Eν und der
Flugstrecke L ab. Sie ist weiterhin abhängig von der Differenz der Massenquadrate der beiden Zustände. Dies ist bemerkenswert, da ursprünglich davon ausgegangen wurde, dass
Neutrinos keine Masse besitzen. Da die Oszillation aber experimentell bestätigt wurde,
müssen mindestens zwei der drei Neutrino-Flavour-Eigenzustände massebehaftet sein.
Aktuell wird die Neutrinomasse mit einer oberen Grenze von 2 eV abgeschätzt [1]. Wird
die Übergangswahrscheinlichkeit gemessen, können also Mischungswinkel und Massendifferenz bestimmt werden.
4
K APITEL 1. E INLEITUNG
Abbildung 1.1: Der Neutrinostrahl des T2K-Experiments fliegt vom J-PARC in Tokai
295 km quer durch Japan zum Super-Kamiokande-Detektor in Kamioka
1.2
Das T2K-Experiment
Das T2K-Experiment ist ein sogenanntes Long-Baseline-Neutrinoexperiment, dass quer
durch Japan (von Tokai nach Kamioka) verläuft. Es soll vor allem den bisher unbekannten
Mischungswinkel Θ13 vermessen. Am J-PARC (Japanese Proton Accelerator Research
Complex) in Tokai werden Protonen in einem Synchrotron auf 50 GeV beschleunigt und
auf ein Kohlenstoff-Target geschossen. Dabei entstehen Pionen, die fast ausschließlich in
Myonen und Myon-Neutrinos zerfallen.
π + −−→ µ + + νµ
−
−
π −−→ µ + ν̄µ
(1.8)
(1.9)
Die angestrebte Strahlintensität beträgt dabei 0.75 MW um einen möglichst hohen Neutrinofluss zu erzeugen. Der so erzeugt Neutrinostrahl fliegt dann quer durch Japan zum
295 km entfernten Super-Kamiokande-Detektor (Super-K). Zuvor wird der Neutrinostrahl
allerdings bereits 280 m hinter dem Target mit dem ND280-Detektor vermessen. Da der
Neutrinostrahl bei der Erzeugung bereits durch νe aus Kaon-Zerfällen verunreinigt ist,
muss die Strahlzusammensetzung bereits nach der Erzeugung gemessen werden, um die
mit Super-K gemessene Zusammensetzung darauf zu normieren.
Sowohl ND280 als auch Super-K befinden nicht auf der Strahlachse, sondern sind um
einen Winkel von 2.5 ◦ verschoben. Dies bedeutet zwar einen Verlust im Neutrinofluss,
allerdings ist die Energie der unter einem Winkel von 2.5 ◦ abgestrahlten Neutrinos deutlich schärfer und entspricht zusätzlich der Energie bei der eine maximale Oszillationswahrscheinlickeit für eine Flugstrecke von 295 km erwartet wird (siehe Abb.1.2).
Super-K ist ein riesiger Wasser-Cerenkov-Detektor, der mit 50000 m3 hochreinem Wasser
gefüllt ist. Am Rand des Wassertanks befinden sich Photomultiplier, die Cerenkov-Licht
detektieren. Hier werden zwei Effekte untersucht :
νe appearance: νµ oszillieren in νe . Der in Super-K gemessene νe -Fluss ist höher als der
in ND280 gemessene. Daraus kann auf Θ13 geschlossen werden.
νµ disappearance: Der in Super-K gemessene νµ -Fluss ist geringer als der in ND280
gemessene. Daraus kann auf Θ23 bzw. ∆ m223 geschlossen werden.
1.2. DAS T2K-E XPERIMENT
5
Abbildung 1.2: oben: Oszillationswahrscheinlichkeit; unten: Neutrinoenergie für verschiedene Abstrahlungswinkel; Unter einem Winkel von 2.5 ◦ haben die abgestrahlten
Neutrinos eine Energie, die gerade zur maximalen Oszillationswahrscheinlichkeit bei
Super-K führt.
Durch Reaktionen im Wasser erzeugen Myon-Neutrinos Myonen und Elektron-Neutrinos
Elektronen. Deren Cerenkov-Licht wird dann im Detektor nachgewiesen (Abb.1.3).
6
K APITEL 1. E INLEITUNG
(a) Myon
(b) Elektron
Abbildung 1.3: Events in Super-K
1.2. DAS T2K-E XPERIMENT
7
Abbildung 1.4: ND280-Detektor mit Teildetektoren
1.2.1
Der ND280-Detektor
In Abb.1.4 ist der ND280-Detektor, zerlegt in seine einzelnen Teildetektoren zu sehen.
Diese werden im Folgenden vorgestellt.
P0D Hier werden enstandene π0 gemessen. Der Detektor besteht aus Schichten von
Szintillatormaterial, Blei und Messing.
FGD In den Fine-Grain-Detektoren wechseln sich Wasser- und Szintillatorschichten ab.
Die FGDs dienen als Targetmasse für Neutrinoreaktionen, die dann in den TPCs
vermessen werden.
TPC Die TPCs sind Driftkammern, in denen die in den FGDs und im P0D erzeugten
Teilchen vermessen werden (siehe Kapitel 2). Hinter beiden FGDs und hinter dem
P0D befindet sich jeweils eine TPC.
ECAL Rund um die inneren Detektorkomponenten befindet sich ein elektromagnetisches
Kalorimeter. Hier schauern im Innern entstandene Elektronen, Positronen und Photonen auf, wodurch ihre Energie gemessen werden kann.
SMRD Der Side-Muon-Range-Detektor befindet sich zwischen den Magnetjochen. Mit
ihm werden im Detektor entstandene Myonen gemessen. Er dient weiterhin als Veto
für Teilchen, die von außen in den Detektor gelangen.
8
K APITEL 1. E INLEITUNG
Kapitel 2
Die Gas-Monitor-Kammern
In diesem Kapitel wird kurz der Nutzen und die Funktionsweise von Gasdetektoren in
der Teilchenphysik umschrieben. Dabei soll die Notwendigkeit der Kenntnis von Gasverstärkung und Driftgeschwindigkeit motiviert werden. Desweiteren werden die Gasmonitorkammern des T2K-Experimentes vorgestellt, wobei die Funktionsweise der Kammern
und deren Messgenauigkeit im Detail vorgestellt werden.
2.1
Gasdetektoren
In der Teilchenphysik sind Gasdetektoren ein wichtiger Bestandteil vieler Experimente.
Der Teilchennachweis beruht dabei auf der Ionisation der Gasatome bzw. -moleküle. Ein
durchfliegendes Teilchen erfährt dabei einen spezifischen Energieverlust (dE/dx) gemäß
der Bethe-Bloch-Formel (2.2).
Ein Beispiel für einen solchen Gasdetektor ist eine TPC (Time Projection Chamber).
Diese besteht im Prinzip aus einem Gasvolumen, innerhalb eines Kondensators. Elektronen aus den Ionisationsprozessen driften zur Anode, erzeugen dort einen Spannungspuls,
und damit ein Signal.
δU =
δQ
C
(2.1)
In der Nähe der Anode liegt meist, aufgrund der Geometrie des Aufbaus oder zusätzlicher
Komponenten, ein deutlich höheres elektrisches Feld an. Dadurch werden die Driftelektronen so stark beschleunigt, dass sie selbst wiederum neue Ionisationen hervorrufen können.
Auch die dadurch ausgelösten Elektronen können erneut ein Gasatom ionisieren. Dieser
Prozess wiederholt sich viele Male, es kommt zur Lawinenbildung. Dadurch wird das
Signal bereits im Gas verstärkt (→Gasverstärkung oder auch Gain). Die angelegte Spannung unterscheidet dabei verschiedene Typen von Gasdetektoren (siehe Kapitel 2.1.1).
Gasdetektoren haben in der Teilchenphysik die Messung folgender Größen zur Aufgabe:
• Ortsmessung des Teilchendurchgangs und damit Spurrekonstruktion
• Impulsmessung aus Krümmung der Teilchenbahn im Magnetfeld
• dE/dx-Messung und damit Teilchenidentifikation
9
10
K APITEL 2. D IE G AS -M ONITOR -K AMMERN
Ist die Anode in viele Ausleseeinheiten unterteilt, kann der Ort des Teilchendurchgangs so
in zwei Dimensionen rekonstruiert werden. Bei nicht zu großer, oder bekannter transversaler Diffusion entspricht dieser gerade der Position des Auslesepads, an dem das Signal
gemessen wurde bzw. kann daraus berechnet werden. Die dritte Raumkoordinate (orthogonal zur Auslesefläche) erhält man durch die Zeitdifferenzen der Signale. Hierzu ist eine
möglichst genaue Kenntnis der Driftgeschwindigkeit der Elektronen im Gas nötig. Dies
ist die mittlere Geschwindigkeit, mit der sich die Elektronen aus den Ionisationsclustern
entlang der Feldrichtung zur Anode bewegen.
Zur dE/dx-Messung ist die Kenntnis über die Anzahl der im Gas erzeugten Primärionisationen nötig. Das Wissen um die Konstanz der Gasverstärkung ist dabei von entscheidender Bedeutung.
Die Messung der Auswirkung äußerer Einflüsse wie Temperatur, Druck und Verunreinigung des Zählgases mit Wasser ist der zentrale Aspekt dieser Diplomarbeit.
2.1.1
Typen von Gasdetektoren und Arbeitsbereiche
Es wird grundsätzlich zwischen drei Typen von Gasdetektoren unterschieden.
• Ionisationskammer
• Proportionalzählrohr bzw. -kammer
• Geiger-Müller-Zählrohr
Jeder Typ kann dabei einem anderen Arbeitsbereich des Detektors zugeordnet werden.
Die Arbeitsbereiche unterschieden sich im wesentlichen in ihrer Betriebsspannung und
damit dem elektrischen Feld. Abbildung 2.1 veranschaulicht die verschiedenen Arbeitsbereiche.
Bereich I : Mit steigender Spannung sinkt die Warscheinlichkeit, dass Elektron und Ion
wieder rekombinieren.
Bereich II : Übersteigt die angelegte Spannung einen Wert U1 , so findet keine Rekombination mehr statt. Die gemessene Ladungsmenge bleibt über einen Bereich konstant. Sie ist gleich der Summe der erzeugten Ladungsträger. Es findet keine Gasverstärkung statt. In diesem Bereich arbeitet die Ionisationskammer.
Bereich III : Ab einer Spannung U2 werden die Elektronen in der Nähe der Anode so
stark beschleunigt, dass ihre Energie ausreicht, um durch Stöße weitere Gasatome
zu ionisieren. Es bauen sich Ladungslawinen auf. Jedoch bleibt die nachgewiesene
Ladungsmenge proportional zur primär erzeugten Ladungsmenge. Die durch Stoßionisation hervorgerufene Vervielfachung der Ladung heißt Gasverstärkung. Eine
Kammer, die in diesem Arbeitsbereich betrieben wird, heißt Proportionalkammer.
Bereich IV : In diesem Bereich ist die gemessene Ladung nur bedingt proportional zur
Primärionisation.
Bereich V : Ab einer Spannung U4 beginnt der Auslösebereich. Ein Hinweis für diesen
Bereich ist, dass alle ionisierenden Teilchen, unabhängig von Teilchenart und Energie, den gleichen Spannungspuls erzeugen. Die Zählrohre, die in diesem Bereich
2.1. G ASDETEKTOREN
11
Abbildung 2.1: Arbeitsbereiche von Gasdetektoren, unterschieden nach Betriebsspannung
arbeiten, nennt man Geiger-Müller-Zählrohre. Die Gasverstärkung ist in diesem
Bereich schon so groß, dass ohne vorherige Verstärkung Signale mit einer Amplitude von einigen Volt erzeugt werden können.
Bereich VI : Steigt die Spannung noch weiter an, so werden auch die Signale immer
größer. Irgendwann tritt jedoch eine kontinuierliche Entladung auf, die das Zählrohr
beschädigen kann.
Eine TPC entspricht einer Proportionalkammer, wird also im Proportionalbereich betrieben.
2.1.2
Energieverlust, Teilchenidentifikation und Impulsbestimmung
Energieverlust
Durchquert ein Teilchen das Gasvolumen kann es mit den Gasatomen/-molekülen wechselwirken. Die elektromagnetische Wechselwirkung ist dabei um Größenordnungen dominanter als andere. Dies führt zu Anregungen und/oder Ionisationen der Gasatome/-moleküle.
Der spezifische Energieverlust pro Weglänge wird dabei durch die Bethe-Bloch-Formel
beschrieben:
2 2m γ 2 v2W
C
dE
e
max
2
2 Z z
2
= 2πNa re me c ρ
ln
− 2β − δ − 2
−
dx
A β2
I2
Z
mit den Konstanten
Na : Avogadro-Konstante
(2.2)
12
K APITEL 2. D IE G AS -M ONITOR -K AMMERN
re : klassischer Elektronenradius
me : Elektronenmasse
c : Lichtgeschwindigkeit
den Eigenschaften des durchfliegenden Teilchens
z : elektrische Ladung in Einheiten der Elementarladung e
β =
v
c
γ =√1
1−β 2
und den Materialeigenschaften
ρ : Dichte
Z : Kernladungszahl
A : Atomgewicht
Wmax : maximaler Energietransfer in einer Wechselwirkung
I : mittleres Anregungspotential
δ : Dichte-Korrekturfaktor
→ Berücksichtigt die Abschirmung der Ladung des durchgehenden Teilchens durch Polarisationseffekte im Material. In der Konsequenz ist der mittlere differentielle Energieverlust für ultrarelativistische Teilchen reduziert.
C : shell correction
→ Muss bei kleinen Geschwindigkeiten berücksichtigt werden. Die Annahme eines ruhenden Elektrons im Atom relativ zum durchgehenden Teilchen, die bei der Ableitung der Bethe-Bloch Formel
gemacht wird, ist nicht mehr gültig.
Je nach Teilchenart und -energie wird dabei eine bestimmte Energiemenge im Gas deponiert. Es bildet sich ein Cluster von mehreren, durch Ionisation entstandenen Elektronen, die zur Anode driften. Die Ionenrümpfe driften zur Kathode. Die Clusterladung erlaubt einen Rückschluss auf die deponierte Energie.
Eine TPC wird im Proportionalbereich betrieben, das gemessene Signal ist proportional
zur deponierten Energie des Teilchens. So kann mit einer TPC der spezifische Energieverlust gemessen werden. Allerdings kann nur bei bekannter Gasverstärkung auf die ursprüngliche Energie zurückgerechnet werden.
Teilchenidentifikation
Der spezifische Energieverlust hängt gemäß der Bethe-Bloch-Formel von einigen Teilcheneigenschaften ab. Er ist also charakteristisch für dieses Teilchen. In Abb.2.2 ist eine
dE/dx-Messung mit den TPCs des T2K-Experiments gezeigt. Der Energieverlust pro
Strecke ist hier gegen den Teilchenimpuls aufgetragen, es ergeben sich charakteristische
Kurven für die verschiedenen Teilchen. In diesem Fall wurden Protonen, Pionen und Myonen beobachtet.
Die Kenntnis der absoluten Gasverstärkung ist zur präzisen dE/dx-Messung zwar erforderlich um auf die tatsächliche Ladung der Ionisationscluster und damit die deponierte
Energie rückzuschließen. Zur Teilchenidentifikation ist die Kenntnis der absoluten Größe
der Gasverstärkung jedoch nicht notwendig. Eine Überwachung ihrer Konstanz reicht hier
aus. Genau dies ist eine der Aufgaben der Gasmonitorkammern.
2.1. G ASDETEKTOREN
13
Abbildung 2.2: dE/dx-Messung mit den TPCs des T2K-Experiments
Impulsbestimmung
Bei vielen TPCs liegt zusätzlich zum elektrischen Feld noch ein Magnetfeld an, das die
durchfliegenden Teilchen senkrecht zum Driftfeld ablenkt. Auf diese Weise lässt sich der
Impuls der Teilchen bestimmen. Mit der sogenannten Sagitta lässt sich bei bekanntem
Magnetfeld und mindest drei vermessenen Spurpunkten der Impuls geometrisch rekonstruieren (Abb.2.3).
Geometrisch lässt sich einfach herleiten :
ρ=
L2
8s
(2.3)
Abbildung 2.3: geometrische Betrachtung zur Bestimmung des Krümmungsradius ρ aus
der Vermessung der Sagitta s
14
K APITEL 2. D IE G AS -M ONITOR -K AMMERN
Daraus folgt der Impuls :
qL2 B
pt = qρB =
(2.4)
8s
Für die Impulsbestimmung ist also, wie bereits erwähnt, eine möglichst gute Ortsauflösung des Detektors notwendig, deren Präzision (in einer Raumdimension) wiederum grundlegend von der Driftgeschwindigleit abhängt. Dabei gilt für die Impulsauflösung (bei
genauer Kenntnis von B, q und L)
−qBL2
8
∂ pt
σ (s) =
σ (s) = −pt2 ·
· σ (s)
2
∂s
8s
qBL2
σ (pt )
8σ (s)
⇒
=−
· pt
pt
qBL2
σ (Pt ) =
(2.5)
(2.6)
Die Impulsauflösung ist also proportional zur Messgenauigkeit der Sagitta, die ihrerseits
wiederum von der Ortsauflösung der einzelnen Spurpunkte abhängt. Weiterhin ist die Impulsauflösung proportional zum Impuls selbst, da die Krümmung der Teilchenbahn mit
steigendem Impuls immer kleiner und damit schwieriger zu vermessen wird.
Misst man den spezifischen Energieverlust eines Teilchens, kann über die Bethe-BlochFormel dessen Geschwindigkeit berechnet werden. Bei bekanntem Impuls ist damit auch
eine Massenbestimmung möglich.
2.2
Die Gasmonitorkammer
Die Gasmonitorkammern wurden von Dr. Karim Laihem, Dr. Stefan Roth, Jochen Steinmann und Dennis Terhorst für das T2K-Experiment entwickelt. Ihre Aufgabe besteht
darin kontinuierlich die Driftgeschwindigkeit und die Gasverstärkung des Gases für die
TPCs des ND280-Detektors zu messen. Zwei dieser Kammern sind in Japan im Einsatz,
jeweils eine im Supply und im Exhaust der TPCs. Die Monitorkammern sind kleine Versionen der TPCs, mit einer gesamten Driftstrecke von 14.8 cm. Eine weitere Kammer
befindet sich noch in Aachen. Mit dieser Kammer werden alle Messungen der vorliegenden Arbeit durchgeführt.
2.2.1
Aufbau der Kammer
Den größten Teil der Kammer macht der Driftbereich aus. Hier herrscht ein eher schwaches (∼ 300 V/cm) elektrisches Feld. Durch Feldformungsstreifen am Rand der Kammer,
orthogonal zur Feldrichtung, wird das Feld weitestgehend homogen gehalten. Elektronen
driften in diesem Feld in Richtung der Anode. Dort befindet sich der eigentliche Detektor, die Micromegas (siehe Kapitel 2.2.2). Innerhalb der Micromegas befindet sich der
Nachweisbereich, hier findet Gasverstärkung statt.
Um kontinuierlich Driftgeschwindigkeit und Gasverstärkung messen zu können, ist ein
regelmäßiges Signal, also regelmäßige Teilchendurchgänge nötig. Diese werden von drei
radioaktiven Quellen geliefert. Zwei 90Sr-Quellen zur Driftgeschwindigkeitsmessung und
eine 55Fe-Quelle zur Gainmessung.
2.2. D IE G ASMONITORKAMMER
15
(a) Gasmonitorkammern in Japan
(b) radioaktive Quellen zur Signalerzeu-
gung
2.2.2
Messung der Gasverstärkung
Die Atome der zur Gainmessung verwendeten 55Fe-Quelle zerfallen durch Elektroneneinfang in angeregte 55Mn Atome. Das angeregte 55Mn gelangt dann unter Abstrahlung
eines Photons auf sein Grundniveau zurück. Die Energie der Photonen ist somit stark
quantisiert.
55
−
26Fe + e
∗
−−→ 55
−→ 55
25Mn −
25Mn + γ
(2.7)
Zu 24.4% [1] ensteht dabei ein 5.9 keV-Photon. Das Photon ionisiert ein Gasatom, das
entstehende, hochenergetische Elektron gibt durch weitere Stöße seine Energie an das
Gas ab, wodurch weitere Ionisationsprozesse stattfinden. Das Elektron verliert dabei in
T2K-Gas (siehe Kapitel 2.3) im Mittel 26.3 eV pro Kollision [2]. Dieser Wert ergibt
sich als Linearkombination der mittleren Energieverluste der einzelnen Gaskomponenten,
gewichtet mit deren jeweiligen Anteil im Driftgas. Da sowohl T2K- als auch ILC-Gas im
wesentlichen aus Argon bestehen, ist der Unterschied minimal und wird im Folgenden
vernachlässigt. Damit ergibt sich die Anzahl der Primärionisationen zu :
NPrim =
Eγ
5.9 keV
=
≈ 224
Wβ
26.3 eV
(2.8)
Diese Elektronen driften dann zur Anode, in Richtung der Micromegas, wo die Gasverstärkung stattfindet. Die Gasverstärkung Γ ist dabei definiert als der Quotient :
Γ=
Ngemessen
NPrim
(2.9)
Die Micromegas
Die Micromegas stellt den eigentlichen Detektor der Kammer dar. 128 µm vor der Anode befindet sich ein Metallgitter (Mesh) mit einer Maschenweite von 36 µm. Wird am
16
K APITEL 2. D IE G AS -M ONITOR -K AMMERN
Abbildung 2.4: Einteilung der Auslesepads
Mesh eine Spannung von typischerweise 350 V angelegt, herrscht zwischen Anode und
Mesh ein sehr hohes elektrisches Feld (∼ 30 kV/cm). Ausschließlich in diesem kleinen
Teil der Kammer kommt es zu Gasverstärkung. Driftbereich und Nachweisbereich sind
auf diese Weise voneinander getrennt. Dadurch ist es möglich das elektrische Feld in
beiden Bereich für ihren jeweiligen Zweck zu optimieren. In Japan beträgt das Driftfeld
274.8 V/cm, die Mesh-Spannung liegt bei 350 V Desweiteren verhindert das Mesh den
unerwünschten Rückdrift von Ionenrümpfen aus dem Nachweisbereich zur Kathode.
Die Anode selbst ist in Pads unterteilt, deren Signale getrennt voneinander ausgelesen
werden können. Dabei sind immer mehrere Pads zu einer Ausleseeinheit zusammengeschlossen (siehe Abb.2.4).
Für die Gainmessung werden vier Pads zusammengeschlossen, um die gesamte, enstandene
Elektronenlawine vermessen zu können. Der Radius des Lawinenquerschnitts sollte dabei
nicht über die Fläche der vier Pads hinausgehen. Der Vetoring rund um die Gainpads dient zum Filtern eines störenden Untergrundes aus den beiden 90Sr-Quellen. Das so entstandene Signal wird dann in einem Vorverstärker (preshape32) verstärkt und in eine für
den Eingang des ADC angepasst. Anschließend wird das Signal im ADC digitalisiert. In
Abb.2.5 ist ein so gemessenes Gain-Spektrum mit angepasster Gauß-Funktion zu sehen.
Statistischer Fehler
Ein einzelner Messwert der Gasverstärkung entspricht nun dem Mittelwert der angepassten
Gauß-Funktion. Der Fehler auf den Mittelwert ergibt sich dann mit der Standardabweichung σ der Gaußverteilung und N Histogrammeinträgen, die für den Fit berücksichtigt
wurden zu
σ
(2.10)
σGain = √
N
Dies ist der statistische Fehler, der im Folgenden auf jede Messung der Gasverstärkung
angenommen wird. Es ist zu beachten, dass der Mittelwert der Gauß-Verteilung verschiedener Gasverstärkungsmessungen statistisch stärker schwankt, als dieser Fehler suggeriert.
Damit könnte es als sinnvoller erachtet werden σ als Fehler anzunehmen. Um der statistischen Schwankung der einzelnen Messungen besser Rechnung zu tragen wurde allerdings
eine andere Methode entwickelt, die in Kapitel 4.1.3 vorgestellt wird.
2.2. D IE G ASMONITORKAMMER
Abbildung 2.5: Gain-Spektrum mit angepasster Gauß-Verteilung
17
18
2.2.3
K APITEL 2. D IE G AS -M ONITOR -K AMMERN
Messung der Driftgeschwindigkeit
Die Elektronen aus den Ionisationsclustern driften in Richtung der Anode. Dabei werden
sie kontinuierlich vom elektrischen Feld beschleunigt. Durch Stöße mit Gasatomen werden die Elektronen allerdings abgelenkt und abgebremst. Im Mittel bewegen sie sich mit
der Driftgeschwindigkeit vd fort.
Die Messung der Driftgeschwindigkeit erfolgt mithilfe der beiden 90Sr-Quellen (Abb.2.4(b)).
Strontium ist ein β -Strahler und zerfällt somit unter Abstrahlung eines Elektrons und
eines Anti-Elektron-Neutrinos in Yttrium.
90
−
−→ 90
38Sr −
39Y + e + ν̄e
(2.11)
Die beiden abgestrahlten Elektronen erzeugen jeweils eine Ionisationsspur im Gas. Die
Elektronen aus den Ionisationsclustern driften zur Micromegas und erzeugen dort ein Signal. Da der Abstand der beiden Quellen genau bekannt ist, kann aus der Zeitdifferenz der
beiden Signale die Driftgeschwindigkeit berechnet werden. Eine Messung mit nur einer
Strahlungsquelle ist nicht möglich, da das viel höhere Feld im Nachweisraum die Messung vverfälschen würde.
Auf der anderen Seite der Kammer, genau gegenüber der beiden 90Sr-Quellen ist jeweils
eine Öffnung unter der sich eine szintillierende Faser befindet. An beiden Enden der Faser
befindet sich ein Siliziumphotomultiplier (SiPM). Haben die β -Elektronen das Gasvolumen durchquert, treffen sie auf die szintillierende Faser und erzeugen dort ein Lichtsignal,
das durch die Faser läuft und in den SiPMs einen Spannungspuls erzeugt. Diese Pulse werden an ein Triggerboard weitergeleitet. Nur wenn gleichzeitig aus beiden Quellen ein β Elektron emmitiert wurde, zeichnet der ADC Messwerte für einen bestimmten Zeitraum
auf und die Driftgeschwindigkeit wird gemessen.
Alle getriggerten Signale werden dann in ein Histogramm gefüllt. Es ergeben sich zwei
gaußförmige Peaks, deren Zeitdifferenz bestimmt wird (Abb.2.6).
Statistischer Fehler
Der Abstand der Quellen beträgt bei der verwendeten Kammer
∆ l = 120.4 ± 0.1 mm
(2.12)
Der Fehler von 0.1 mm ergibt sich dabei aus der Dicke der szintillierenden Faser. Die
Driftgeschwindigkeit berechnet sich wie folgt
∆l
(2.13)
∆t
Dabei ergibt sich die Zeitdifferenz ∆t der beiden Signale aus der Differenz der Mittelwerte der beiden Gaußpeaks. Der Fehler auf die Driftgeschwindigkeit pflanzt sich dann
folgendermaßen fort
vd =
s
σ (vd ) =
∆l
(∆t)2
2
· σ 2 (∆t) +
1
∆t
2
· σ 2 (∆ l)
(2.14)
2.3. V ERWENDETE G ASE
19
Abbildung 2.6: Drift-Spektrum, zu sehen sind die beiden Driftpeaks der 90Sr-Quellen mit
jeweiligem Gaußfit
wobei sich der Fehler auf die Zeitdifferenz σ (∆t) aus den Fehler auf den Mittelwert der
beiden Gaußpeaks ergibt.
Da die tatsächliche Schwankung der Messwerte jedoch größer als dieser Fehler ist, wird
der Fehler wie in Kapitel 4.3.3 neu bestimmt.
2.3
Verwendete Gase
In der vorliegenden Arbeit wurden zwei verschiedene Driftgase vermessen. Zum einen
das Gas, dass in den TPCs des ND280-Detektors des T2K-Experiments verwendet wird.
Es wird im Folgenden als T2K-Gas bezeichnet. Die Die Zusammensetzung ist wie folgt:
Gas
Anteil im Driftgas
relativer Fehler auf den Anteil
Ar
Argon (Ar
Ar)
CF4 )
Tetraflourmethan (CF
iC4 H10 )
Isobutan (iC
95%
3%
2%
±10%
±10%
±10%
Tabelle 2.1: Zusammensetzung von T2K-Gas
20
K APITEL 2. D IE G AS -M ONITOR -K AMMERN
Desweiteren wurde das Gas aus dem Technical Design Report des International Linear
Colliders (ILC) verwendet. Es wird im Folgenden als ILC-Gas bezeichnet. Seine Zusammensetzung ist
Gas
Anteil im Driftgas
relativer Fehler auf den Anteil
Ar
Argon (Ar
Ar)
CH4 )
Methan (CH
CO2 )
Kohlenstoffdioxid (CO
93%
5%
2%
±10%
±10%
±10%
Tabelle 2.2: Zusammensetzung von ILC-Gas
Kapitel 3
Simulationen
Simulationen spielen in der Physik eine wichtige Rolle. Physikalische Prozesse oder
ganze Experimente können mit geeigneter Software und Rechenleistung zeitnah simuliert
werden. Das spart erheblich Zeit und Kosten, da viele Erkenntnisse bereits vor Aufbau
eines Experiments gewonnen werden können. Die Simulationsdaten dienen weiterhin als
Referenz für physikalische Messungen. Messdaten können mit den Erwartungen aus Simulationen verglichen werden. So können Fehler im Messprozess oder neue physikalische Effekte leichter identifiziert werden.
In dieser Arbeit werden insbesondere die Simulationsdaten zur Driftgeschwindigkeit mit
erhaltenen Messergebnissen verglichen. Weiterhin werden erste Simulationen zur Gasverstärkung gezeigt. Im Folgenden wird zunächst die verwendete Software vorgestellt.
3.1
Driftgeschwindigkeitssimulationen mit M AGBOLTZ
M AGBOLTZ simuliert den Drift von Elektronen durch ein Driftgas. Dabei kann die Driftgeschwindigkeit, aber auch die transversale sowie die longitudinale Diffusion berechnet
werden [3]. Zudem stellt M AGBOLTZ eine große Anzahl von Wirkungsquerschnitten driftender Elektronen mit diversen Gasen bereit. In der vorliegenden Arbeit wurde Version 8.9
verwendet. Um die Simulation zu vereinfachen wird M AGBOLTZ über ein P ERL-Skript
gesteuert.
Es ist möglich M AGBOLTZ Gasgemische aus bis zu sechs Gasen zu übergeben, wobei
deren Anteil auf bis zu 1 ppm genau angegeben werden kann. Weiterhin müssen Temperatur und Druck, magnetisches sowie elektrisches Feld angegeben werden. Das elektrische Feld liegt dabei immer in z-Richtung an, die magnetischen Feldlinien liegen in
der x-z-Ebene. Ein Beispielskript ist im Anhang zu sehen (A). In Abb.3.1 ist beispielhaft
eine Driftgeschwindigkeitssimulation für verschiedene Driftfelder zu sehen. Die relativen
Fehler auf die Driftgeschwindigkeit werden von M AGBOLTZ zwar angegeben, allerdings
sind sie für jeden Punkt kleiner als 0.1% und daher nicht zu erkennen. Im weiteren Verlauf
der Arbeit werden sie daher weggelassen.
3.2
Simulation der Gasverstärkung
Die Simulation der Gasverstärkung ist deutlich komplizierter als die der Driftgeschwindigkeit. Zunächst muss hierzu die korrekte Detektorgeometrie der Micromegas erstellt und
21
22
K APITEL 3. S IMULATIONEN
Abbildung 3.1: mit M AGBOLTZ simulierte Driftgeschwindigkeit gegen Feld aufgetragen
die elektrischen Felder berechnet werden. Die beiden gängigsten Methoden, die dafür
infrage kommen werden im Folgenden vorgestellt.
3.2.1
Finite Elements Method (FEM)
Die Methode der finiten Elemente ist eine weitverbreitete Methode zur Simulation verschiedenster Problemstellungen. Sie findet Anwendung in der Elektrodynamik, Mechanik,
Thermodynamik und Akustik. Die meisten kommerziell erhältlichen Programme beruhen
auf dieser Methode. Sie wurde bereits in den fünfziger Jahren zur Berechnung von mechanischen Verformungen in der Luftfahrttechnik entwickelt [4].
Bei der FEM wird das zu untersuchende Problemgebiet mit einem Netz endlich großer
(finiter) Elemente überzogen. Auf den Rändern dieser Elemente befindet sich eine definierte
Anzahl von Punkten (nodes) an denen die gesuchten Größen berechnet werden. Im Falle
der, für die Anwendungszwecke dieser Arbeit relevanten, Elektrostatik wären dies Potential und elektrische Feldstärke. Die FEM nutzt dazu die Maxwellgleichungen in differentieller Form. Dabei ist zu beachten, dass an den nodes Feld und Potential korrekt berechnet sind. Zwischen diesen Punkten muss jedoch extrapoliert werden. In diesen Bereichen
kann es zu Unstetigkeiten im Feldverlauf kommen. Da Teilchen aber überall den Detektor
durchqueren können, stellt dies einen erheblichen Nachteil der FEM dar [5]. Weiterhin ist
problematisch, dass der gesamte Bereich mit einem Netz aus finiten Elementen gefüllt
werden muss. Eine Betrachtung von bis ins Unendliche offenen Gebieten ist so nicht
möglich.
Die FEM berechnet den Einfluss jeder node auf eine andere mithilfe der Maxwellgleichungen (im Falle der Elektrodynamik). Dadurch entsteht ein System von linearen Gleichungen, dass in Matrixform geschrieben werden kann. Diese Matrix ist sehr groß (∼
3n × 3n für ein dreidimensionales Problem mit n nodes), wobei allerdings viele der Ein-
3.2. S IMULATION DER G ASVERSTÄRKUNG
23
träge null sind. Dadurch ist das Gleichungssystem mit bekannten Verfahren (z.B. GaußAlgorithmus) relativ schnell zu lösen.
3.2.2
Boundary Elements Method (BEM)
Die zweite, sehr populäre Methode ist die Boundary Elements Method (zu deutsch: Randelementmethode). Im Gegensatz zur FEM benutzt die BEM die Maxwellgleichungen in
integraler Form. Diese müssen nur an den Rändern von Objekten, also Materialübergängen gelöst werden. Dies ist ein entscheidender Vorteil, da auch unendliche Gebiete betrachtet werden können. Im Ergebnis werden sowohl Potential als auch Feld in jedem
Punkt exakt berechnet. Vorraussetzung ist lediglich die Kenntnis der Potentiale auf den
Oberflächen der Objekte [5]. Diese Objekte sind in dieser Arbeit konkret die Kathode, das
Mesh und die Auslesefläche (Anode) der Micromegas.
Um das Potential an einer beliebigen Stelle des Raumes zu erhalten muss die PoissonGleichung gelöst werden:
∇2 φ (r) = −
ρ(r)
ε0
(3.1)
mit der Ladungsdichte ρ, dem Potential φ und der Vakuumpermittivität ε0 .
Das Potential einer Punktladung q ist bekannt als :
φ (r) =
q
4πε0 |~r −~r0 |
(3.2)
Durch Superposition ergibt sich das gesamte Potential:
Z
φ (r) =
ρ(~r0 )
dV 0 =
4πε0 |~r −~r0 |
Z
G(~r,~r0 )ρ(~r0 )dV 0
(3.3)
mit der Greenschen Funktion des Laplace-Operators
G(~r,~r0 ) =
1
4πε0 |~r −~r0 |
(3.4)
Die Oberflächen der Objekte werden in kleinere Elemente unterteilt. Für jedes dieser
Elemente gilt Gleichung (3.3). Es ergibt sich also ein System von linearen Gleichungen,
das in Matrixform geschrieben werden kann :
ρ =φ
K ·ρ
(3.5)
mit der Influenzmatrix K , dem Vektor der Potentiale φ und dem vektor der Ladungsdichten ρ .
Auf jedem der Elemente muss das Potential vorgegeben werden. Um nun jedoch Potential
und Feld im gesamten Raum berechnen zu können, müssen zunächst die Ladungen auf
der Oberfläche ermittelt werden. Also
24
K APITEL 3. S IMULATIONEN
ρ = K −1 ·φφ
(3.6)
Die Matrix K ist dabei nur von der Geometrie des Problembereichs abhängig. Ändern sich
die Potentiale, muss sie nicht neu berechnet und invertiert werden. Sind die Oberflächenladungen bekannt, kann das Feld im gesamten Raum berechnet werden.
Die Matrix der BEM ist deutlich kleiner als die der FEM, allerdings sind hier alle Elemente verschieden von null. Dadurch wird weniger Speicherplatz benötigt. Die mathematischen Berechnungen der BEM sind allerdings komplizierter, wodurch die geringere
Größe in Hinblick auf die Rechenzeit, teilweise kompensiert wird. Benchmarktests zeigen
jedoch, dass die BEM in vielen Anwendungen der Elektrostatik sowohl genauer als auch
schneller als die FEM ist [6]. Lediglich manche nicht-lineare Probleme sind nicht mit der
BEM, wohl aber mit der FEM lösbar.
3.2.3
G ARFIELD
Um die Gasverstärkung zu simulieren wird G ARFIELD [7] benutzt. G ARFIELD wurde am
CERN entwickelt, ist frei verfügbar und nun auf dem Rechencluster installiert. Die Geometrie wurde mit neBEM (nearly exact Boundary Elements Method) [8] erstellt, welches G ARFIELD als Interface nutzen kann. Somit muss die damit berechnete Fieldmap nicht
gesondert eingelesen werden. Zur Berechnung des elektrischen Feldes wird dabei die
in Kapitel 3.2.2 vorgestellte BEM verwendet. M AGBOLTZ kann ebenfalls innerhalb von
G ARFIELD aufgerufen werden, um zum Beispiel Driftgeschwindigkeiten zu berechnen
oder Wirkungsquerschnitte für weitere Simulationen zu bereitzustellen. Diese Daten können in Gastabellen gespeichert und für ein gleichbleibendes Gasgemisch wieder verwendet werden. In G ARFIELD ist allerdings nur die veraltete Version 7 von M AGBOLTZ implementiert. Es wurde in vorherigen Simulationen beobachtet, dass neuere Versionen von
M AGBOLTZ bessere bzw. abweichende Ergebnisse liefern [9]. Zur reinen Simulation der
Driftgeschwindigkeit wurde daher von G ARFIELD abgesehen. G ARFIELD selbst wurde in
vorliegenden Arbeit in der Version 9 mit F ORTRAN-Syntax verwendet.
Zurzeit wird eine neue Version entwickelt, die auf einer C++ Syntax basiert (G ARFIELD
++) und ROOT als Interface nutzen kann. Diese ist zurzeit allerdings noch nicht vollständig und erfährt beinahe täglich Neuerungen. Sie wurde daher in dieser Arbeit nicht
verwendet.
Das Simulationsskript in G ARFIELD 9 ist in verschiedene Sektionen unterteilt, die jeweils
mit einem „&“ beginnen. Für die hier beschriebene Simulation wurden die &CELL-, die
&GAS-, die &OPT IMIZE und die &SIGNAL-Sektion verwendet. Das komplette Skript
der Gasverstärkungssimulation mit G ARFIELD für die Gasmonitorkammern ist im Anhang zu finden (B).
Geometrie der Micromegas (&CELL)
Für die Simulation der Gasverstärkung reicht es aus, nur die Micromegas zu simulieren,
da nur in diesem Teil der Kammern Gasverstärkung stattfindet. Weiterhin werden die
Symmetrieeigenschaften der Micromegas ausgenutzt und lediglich ein kleiner Ausschnitt
(Elementarzelle) simuliert. Dieser wird dann periodisch an x− und y−Achse gespiegelt,
wobei das Feld in z−Richtung anliegt. In Abb.3.2 ist die Elementarzelle zu sehen.
3.2. S IMULATION DER G ASVERSTÄRKUNG
25
Das Mesh besteht in der Elementarzelle aus zwei Drähten, die sich an ihren Endpunkten
treffen. Hier ist darauf zu achten, dass sich kreuzende Drähte vermieden werden sollten.
Bei der folgenden Berechnung der Oberflächenladungen würden sich dann zwei Ladungen überlappen. Dies kann zu falschen Berechnungen des Feldes von neBEM führen. Den
Drähten wird dann das Potential des Meshs (im Beispiel −350 V) zugewiesen. 128 µm
hinter dem Mesh befindet sich die Anode, eine Fläche mit Potential 0 V. Die Kathode
wird durch eine Fläche ersetzt, die 300 µm vor der Anode liegt. Ihr Potential wird so
gewählt, dass das Feld vor dem Mesh dem korrekten Driftfeld entspricht.
Elektronenlawine, Penning-Effekt und Photon-Feedback (&OPT IMZE, &SIGNAL)
Nachdem die Geometrie und damit die elektrischen Felder implementiert wurden, muss
der eigentliche Gasverstärkungsprozess, die Lawinenbildung simuliert werden. Die dazu
benötigte Funktion in G ARFIELD heißt „microscopic_avalanche“. Sie simuliert die Lawinenbildung eines einzelnen Elektrons. Das Elektron startet in der hier verwendeten Simulation innerhalb eines Lochs des Meshs. Wahlweise können in der von G ARFIELD
erstellten Grafik Ionisationsprozesse, Anregungen etc. farblich hervorgehoben werden.
Anschließend kann die Anzahl der Elektronen, die die Anode erreichen zurückgelesen
werden. Da nur ein einzelnes Elektron in den Nachweisraum geschickt wurde, entspricht
diese Anzahl gerade der gesuchten Gasverstärkung. Die Simulation der Ionenrümpfe wird
hier vernachlässigt.
Die so erhaltene Gasverstärkung ist für T2K-Gas allerdings um ca. einen Faktor 300 zu
klein. Die Lösung liefert die Implementierung des Penning-Effekts. Der Penning-Effekt
tritt in Gasgemischen auf, wenn Anregungsniveaus eines Gases energetisch über der Ionisationsenergie eines anderen Gases liegen. Bei Stößen zwischen Molekülen/Atomen dieser
Gaskomponenten kann die Energie des angeregten Moleküls/Atoms auf das andere übertragen werden und so ein Elektron aus dessen Hülle lösen. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Vertex in der Lawine, der ebenso wie der ursprüngliche Vertex exponentiell anwächst.
Dadurch erhöht sich die Gasverstärkung um ein Vielfaches. Der Effekt ist umso größer, je
weiter von der Anode entfernt dieser Prozess stattfindet. Argon-Isobutan-Gemische sind
dafür bekannt, dass ihre Gasverstärkung stark von Penning-Effekt dominiert wird [10].
Die Ionisationsenergie des Isobutanmoleküls liegt bei 10.67 eV, das erste metastabile Anregungsniveau ([Ne]3s2 3p5 4s) von Argonatomen liegt mit 11.55 eV bereits darüber. Ein
angeregtes Argonatom kann also ein Isobutanmolekül ionisieren indem es auf sein Grundniveau ([Ne]3s2 3p6 ) zurückkehrt [11]. Der zugrunde liegende Prozess im T2K-Gas sieht
also wie folgt aus
−
iC4 H10 + Ar ∗ −−→ iC4 H+
10 + Ar + e
(3.7)
Auch andere Gase, die häufig wie Gasdetektoren verwendet werden, wie Methan (CH4 )
oder Kohlenstoffdioxid (CO2 ) können über den Penning-Effekt ionisiert werden. Allerdings liegt ihre Ionisationsenergie oberhalb des ersten Anregungsniveaus von Argon. Sie
können also nur von Argonatomen in höheren Anregungszuständen ([Ne]3s2 3p5 4p bzw.
[Ne]3s2 3p5 3d) ionisiert werden. Die Wahrscheinlichkeit für Anregungen in höhere Niveaus
ist jedoch deutlich kleiner, wodurch der Penning-Effekt hier schwächer ausfällt. Der PenningEffekt wird in der &OPT IMIZE-Sektion implementiert. Dabei wurde eingestellt, dass
26
K APITEL 3. S IMULATIONEN
40% der angeregten Argonatome tatsächlich über den Penning-Effekt eine Ionisation hervorrufen. Der Wert von 40% beruht dabei auf empirischen Messungen und Erfahrung und
wurde einfach übernommen [10].
Photon-Feedback ist ein sehr ähnlicher Prozess. Hier wird die Energie jedoch nicht durch
Stöße ausgetauscht. Das angeregte Elektron des Argonatoms kehrt unter Abstrahlung
eines Photons auf ein tieferes Energielevel zurück. Dieses Photon wird dann von einem
Elektron der Hülle eines Isobutanmoleküls absorbiert, wodurch dieses ionisiert wird.
−
iC4 H10 + Ar ∗ −−→ iC4 H10 + γ + Ar −−→ iC4 H+
10 + Ar + e
(3.8)
Da sich die Photonen auch entgegen der elektrischen Feldrichtung bewegen können, ist
es möglich, dass ein angeregtes Argonatom in der Nähe der Anode ein Isobutanmolekül
in der Nähe des Meshs ionisiert. Das so entstandene Elektron kann dann eine komplett
neue Lawine auslösen. Photon-Feedback ist noch nicht in G ARFIELD implementiert, da
der Vorgang noch nicht komplett verstanden ist. Daran wird jedoch gearbeitet [10]. Die
Reichweite der Photonen ist aufgrund ihrer geringen Energie (∼ eV ) tatsächlich allerdings
sehr gering. Extremfälle, wie der zuvor beschriebene treten also äußerst selten auf. Somit
kann der Effekt näherungsweise auch durch den Penning-Effekt beschrieben werden. Er
ist in den oben genannten 40% bereits berücksichtigt.
Nachdem der Penning-Effekt integriert wurde, lag die Gasverstärkung in der korrekten
Größenordnung (1000-1500). Eine bildliche Darstellung der so erzeugten Elektronenlawine ist in Abb.3.2 zu sehen.
3.2.4
Ergebnisse
Eine solche Simulation nimmt, je nach Meshspannung, ca. 30−60 min in Anspruch. Dann
hat man einen Wert für eine Meshspannung simuliert. Da die Gasverstärkung jedoch
statistisch schwankt, sind für eine sinvolle Simulation der Gasverstärkung viele Simulationswerte nötig. Daher werden mittels condor viele Simulationen gleichzeitig auf dem
Rechencluster des Physikzentrums gerechnet. Die erhaltenen Gasverstärkungen werden
in ein Histogramm gefüllt. An das Histogramm wird zunächst eine Landau-Verteilung
angepasst, da diese den Energieverlust von Elektronen durch Ionisation beschreibt. Damit
wäre auch die Gasverstärkung landauverteilt. Dies liefert optisch zufriedenstellende Ergebnisse. Allerdings ist der Prozess nicht allein durch Ionisation dominiert, daher wäre eine
Gamma-Verteilung bzw. eine Polya-Verteilung die korrektere Anpassung [10]. Erste Versuche der Anpassung einer Gamma-Verteilung und eine Landau-Verteilung sind in Abb.3.3
zu sehen. Eine Polya-Verteilung ist noch nicht implementiert.
Diese Histogramme wurden sowohl für T2K- als auch für ILC-Gas bei verschiedenen
Meshspannungen erzeugt. Anschließend wird das MPV (Most Propable Value) der Fits
gegen die Meshspannung aufgetragen (Abb.3.4). Zum Vergleich werden zusätzlich Messdaten eingezeichnet. Da die Gasmonitorkammer nicht die absolute Gasverstärkung misst,
werden die Messwerte und die Simulationswerte bei 350 V (T2K-Gas) bzw. 460 V (ILCGas) aufeinander normiert. Sowohl Messdaten als auch Simulationsdaten zeigen den erwarteten exponentiellen Verlauf. Die Kurvenverläufe von Siumlation und Messung stimmen bei beiden Gasen gut überein, allerdings ist die Steigung der Simulationsdaten etwas
3.2. S IMULATION DER G ASVERSTÄRKUNG
27
Abbildung 3.2: Elementarzelle der Micromegas mit 2 Mesh-Drähten und Auslesefläche.
In gelb sind die Driftlinien der Elektronen (Lawine) zu sehen.
28
K APITEL 3. S IMULATIONEN
(a) T2K-Gas (Meshvoltage = 320 V)
(b) ILC-Gas (Meshvoltage = 460 V)
Abbildung 3.3: Histogramm der simulierten Gasverstärkungen für T2K- und ILC-Gas.
In grün ist der Landaufit, in grau der Gammafit zu sehen.
3.3. S IMULATION DER P RIMÄRIONISATION MIT MIP
29
geringer, als die der Messdaten. Vor allem im Bereich hoher Meshspannungen ist eine Abweichung zu erkennen. Dort ist noch nicht mit der gleichen Statistik wie bei niedrigeren
Spannungen simuliert worden. Diese Punkte werden daher beim Exponentialfit ausgelassen.
3.3
Simulation der Primärionisation mit MIP
Mit MIP ist es möglich die Primärionisation im Gas zu ermitteln. Prinzipiell ist dies
auch mit G ARFIELD möglich, indem der Energieverlust des 5.9 keV Photons aus der 55FeQuelle simuliert wird. In G ARFIELD wird dabei jedoch der Penning-Effekt nicht berücksichtigt. Dieser hat allerdings auch einen Einfluss auf Primärionisation, was als JesseEffekt bezeichnet wird [10]. MIP hingegen berücksichtigt den Jesse-Effekt. Es ergibt sich
ein mittlerer Energieverlust pro Ionisation von Wβ = 24.4 eV. In allen Messungen der
Gasverstärkung wurde allerdings der Energieverlust ohne Jesse-Effekt von Wβ = 26.3 eV
verwendet [2]. Dieser Wert ist in der Auslesesoftware der Kammern gespeichert. Die Simulation mit MIP wurde erst am Ende der Arbeit durchgeführt.
ohne Jesse-Effekt [Blum Rolandi] mit Jesse-Effekt [MIP]
Wβ
Primärelektronen
26.3 eV
≈ 224
24.4 eV
≈ 242
30
K APITEL 3. S IMULATIONEN
(a) T2K-Gas
(b) ILC-Gas
Abbildung 3.4: Vergleich von simulierter und gemessener Gasverstärkung. In grün ist
das MPV der Landaufits an die Histogramme zu sehen, in rot sind die auf die Simulation
normierten Messwerte zu sehen. In grau sind die unnormierten Messwerte dargestellt. An
die Simulationdaten wurde eine Exponentialfunktion angepasst.
Kapitel 4
T/p-Korrekturen
Die Gasmonitorkammern dienen hauptsächlich dazu die Stabilität von Gasverstärkung
und Driftgeschwindigkeit zu überwachen. Hierbei ist der Effekt von Druck und Temperatur eher uninteressant. Es ist daher sinnvoll die Daten so korrigieren, dass sie Gasverstärkung und Driftgeschwindigkeit bei einer konstanten Temperatur T0 und einem konstanten Druck p0 wiedergeben. Die Daten werden also T/p-korrigiert.
Die in diesem Kapitel verwendeten Daten werden über mehrere Wochen mit der Gasmonitorkammer in Aachen gemessen. Die Temperatur wird dabei lediglich durch Lüften
und Ein- und Ausschalten der Heizung variiert. Dadurch ergibt sich ein Messbreich für
die Temperatur von 15 ◦ C bis 30 ◦ C. Der Druck variiert fast ausschließlich im Rahmen
der natürlichen Luftdruckschwankungen. Es kann jedoch mithilfe eines Druckreglers im
Abgas der Kammer ein Überdruck von einigen Milibar erzeugt werden. Die Kammern
sind bisher allerdings nicht auf Überdruck-Festigkeit getestet worden, weshalb nur ein
maximaler Überdruck von 20 mbar benutzt wird.
4.1
4.1.1
Gasverstärkung
T/p-Abhängigkeit der Gasverstärkung
Die Gasverstärkung ist linear in der Teilchendichte n des Gases. Je größer die Teilchendichte, desto größer die Wahrscheinlichkeit für Kollisionen von Elektronen mit Gasatomen,
wodurch diese ionisiert werden können. Ebenso steigt die Wahrscheinlichkeit für Zusammenstöße von Gasatomen untereinander, was über den Penning-Effekt ebenfalls zu neuen
Ionisationen führen kann (siehe Kapitel 3.2.3). Mithilfe der idealen Gasgleichung lässt
sich leicht die Linearität der Gasverstärkung in T/p zeigen :
p ·V = kB · N · T
N
T
⇔ = n = kB ·
V
p
T
⇒G∼n∼
p
(4.1)
(4.2)
(4.3)
In Abb.4.1 ist die Gasverstärkung von T2K-Gas und ILC-Gas gegen T /p aufgetragen.
Eine Gerade (y = p0 + p1 · x) wird an die Daten angepasst, der lineare Verlauf ist zu
erkennen.
31
32
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
(a) T /p-Abhängigkeit der Gasverstärkung bei T2K-Gas (320 V Mesh-Spannung)
(b) T /p-Abhängigkeit der Gasverstärkung bei ILC-Gas (430 V Mesh-Spannung)
Abbildung 4.1: Hier ist der lineare Zusammenhang zwischen T /p und der Gasverstärkung zu erkennen. Die eingezeichneten Fehlerbalken entsprechen den in Kapitel 4.1.3
diskutierten Fehlern
4.1. G ASVERSTÄRKUNG
33
(a) T /p-Abhängigkeit der Gasverstärkung bei T2K-Gas (320 V Mesh-Spannung)
(b) T /p-Abhängigkeit der Gasverstärkung bei ILC-Gas (320 V Mesh-Spannung)
Abbildung 4.2: Zur Übersichtlichkeit wurden die Daten aus Abb.4.1 erneut als Profile
dargestellt, die Fehler ergeben sich hier nur aus der Mittelung aller Punkte in einem Bin
34
4.1.2
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
Bestimmung der T/p-Korrektur
Bei der hier verwendeten Korrektur werden alle Werte der Gasverstärkung auf einen Wert
bei konstanter Temperatur T0 und konstantem Druck p0 korrigiert und in den Koordinatenursprung gezogen. Für die korrigierte Gasverstärkung G0 ergibt sich :
T /p
G
−1 = a·
−1
G0
T0 /p0
G
⇒G0 =
T /p
(a · T /p − 1) + 1
0
(4.4)
(4.5)
0
Die Steigung a gilt es im Weiteren zu bestimmen. Sie entspricht bei dieser Korrekturmethode gerade der relativen Gainänderung pro relativer T /p-Änderung. Zur Bestim/p
mung der Steigung wird nun die Gasverstärkung G gegen das Verhältnis TT/p
aufgetragen
0 0
(Abb.4.3). Für T0 wird dabei in der gesamten Auswertung eine Temperatur von 298.15 K
und für p0 ein Druck von 1013 mbar gewählt. An die Daten wird anschließend eine Gerade angepasst (y = mx + n).
Der y-Achsenabschnitt n der Korrekturgeraden entspricht dabei gerade G0 , die Steigung
m jedoch nicht der gesuchten Steigung a. Teilt man jedoch beide Seiten der Gleichung
durch G0 ergibt sich :
G = m·
T /p
+ G0 ⇔
T0 /p0
Dabei entspricht m/G0 der gesuchten Steigung a.
G
m T /p
=
+1
G0 G0 T0 /p0
(4.6)
4.1. G ASVERSTÄRKUNG
35
(a) Korrekturgeraden der Gasverstärkung für T2K-Gas (320 V Mesh-Spannung)
(b) Korrekturgeraden der Gasverstärkung für ILC-Gas (430 V Mesh-Spannung)
Abbildung 4.3: Geradenfits zur Bestimmung der Korrektur mit korrekten Messfehlern
36
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
(a) Korrekturgeraden der Gasverstärkung für T2K-Gas (320 V Mesh-Spannung)
(b) Korrekturgeraden der Gasverstärkung für ILC-Gas (430 V Mesh-Spannung)
Abbildung 4.4: Geradenfits zur Bestimmung der Korrektur als Profile, die Fehler ergeben
sich hier nur aus der Mittelung aller Punkte in einem Bin
4.1. G ASVERSTÄRKUNG
4.1.3
37
Betrachtung der Messfehler
Statistischer Fehler
Der statistische Fehler jeder Gain-Messung ergibt sich bisher aus dem Gaußfit an das
Gainspektrum (Abb.2.5, Kapitel 2.2.2). Der Fehler σµ auf den Mittelwert µ des Gaußfits
mit der Standardabweichung σ und N Einträgen im Histogramm des Gainspektrums, die
für den Gaußfit berücksichtigt wurden, ergibt sich dabei zu :
σ
σµ = √
N
(4.7)
Dieser Fehler beschreibt allerdings nur die Güte der Gaußfits und nicht die tatsächliche
statistische Schwankung der Gasverstärkung. Daher werden die Residuen dieses Fits in
ein Histogramm gefüllt und eine Gaußfunktion angepasst (Abb.4.5).
Der Fehler aus dem Residuenfit wird bei ILC-Gas für alle Mesh-Spannungen auf 40
abgeschätzt, bei T2K-Gas auf 50. Dies entspricht der Standardabweichung der an die
Residuen angepassten Gaußverteilung. Der statistische Fehler der Gasverstärkung wird
anschließend auf das Maximum aus ursprünglichem Fehler (Güte des Gaußfits an das
Gainspektrum) und der Standardabweichung aus dem Residuenfit (40 bzw. 50) gesetzt.
Dadurch wird zum einen der statistischen Schwankung um die Korrekturgerade als auch
intrinsisch schlechten Gain-Messungen Rechnung getragen. In Abb. 4.3 und 4.1 wurden
bereits diese erweiterten Fehler verwendet.
Auf Temperatur bzw. Druck ergibt sich aus Langzeitmessungen von Jochen Steinmann ein
statistischer Fehler von 0.03 ◦ C bzw. 0.6 mbar. Diese Fehler werden mittels Gauß’scher
Fehlerfortpflanzung auf T /p fortgepflanzt.
Systematischer Fehler
Für die weitere Auswertung in den folgenden Kapiteln wird die Steigung der Korrekturgeraden eine entscheidende Rolle spielen. Daher wird ein systematischer Fehler auf die
Steigung der Geraden abgeschätzt.
Die Daten für diese Fits werden über mehrere Tage aufgenommen. Färbt man nun die
Daten unterschiedlicher Tage unterschiedlich ein, so erkennt man, dass die Messdaten
bei bestimmten T /p-Werten nur an einzelnen Tagen gemessen wurden. Gerade bei einem
sehr hohen oder sehr niedrigen T /p können diese Tage einen erheblichen Einfluss auf
die Steigung haben (Abb.4.6). Sind die Messdaten an diesen Tagen jedoch gegenüber den
anderen systematisch verschoben, würde damit die Steigung verfälscht. Ein Grund für
eine solche Verschiebung könnte beispielsweise ein leicht veränderter Gasfluss oder eine
höhere Verunreinigung des Gases sein.
Um diesen Effekt zu berücksichtigen wird eine Ensemblestudie durchgeführt. Jeweils ein
Messtag wird bei der Geradenanpassung weggelassen um dann wie zuvor die Steigung zu
bestimmen. Die Hälfte der maximalen Abweichung der Steigung wird nun als systematischer Fehler auf die Steigung angenommen.
38
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
(a) Residuen für T2K-Gas
(b) Residuen für ILC-Gas
Abbildung 4.5: Abstände der Gain-Messwerte zur Korrekturgeraden zur Bestimmung
des statistischen Fehlers
4.1. G ASVERSTÄRKUNG
39
(a) T2K-Gas
(b) ILC-Gas
Abbildung 4.6: Korrekturgerade, Messtage farbig unterschieden, zur Bestimmung des
systematischen Fehlers
40
4.2
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
Genauere Betrachtung der T/p-Abhängigkeit
Nachdem nun die Korrektur bestimmt wurde, sollte sie auch auf Daten angewendet werden. In Abb.4.7 wird die Gasverstärkung von ILC-Gas gegen die Mesh-Spannung aufgetragen und eine Exponentialfunktion angepasst. Im oberen Bild sind die unkorrigierten
Daten zu sehen, im unteren die korrigierten. Die Korrekturgerade wurde hier bei einer
Mesh-Spannung von 430 V bestimmt.
Es ist deutlich zu erkennen, dass die korrigierten Messpunkte für 430 V gut mit der
Funktion übereinstimmen, diese Übereinstimmung jedoch für höhere Spannungen immer
schlechter wird . Es liegt also die Vermutung nahe, dass die T /p-Abhängigkeit ihrerseits wiederum von der Mesh-Spannung abhängt. Damit hinge gleichermaßen auch die
benötigte Gain-Korrektur von der Mesh-Spannung ab. Mit der Untersuchung dieses Sachverhalts werden sich die folgenden Abschnitte beschäftigen.
4.2.1
Abhängigkeit der Gain-Korrektur von der Mesh-Spannung
ILC-Gas
Um die Abhängigkeit der Gain-Korrektur von der Mesh-Spannung genauer zu untersuchen werden über mehrere Wochen Messdaten aufgenommen. Wie eingangs erwähnt
werden dabei diverse Werte für Temperatur und Druck gemessen. Allerdings wird nun
auch die Mesh-Spannung kontinuierlich verändert. Alle 10 min wird die Spannung um
5 V im Bereich zwischen 430 V und 490 V variiert, wobei am Ende jeder Rampe zusätzlich um 1 V erhöht bzw. reduziert wurde. Dadurch wird die Mesh-Spannung effektiv in
1 v-Schritten durchfahren und zu möglichst jeder Temperatur bzw. jedem Druck liegen
Mesh-Spannungen an, die über den gesamten Messbereich verteilt sind (siehe C.5). Unterhalb von 430 V ist die Gasverstärkung der Gase zu schwach um sinnvolle Messwerte
zu erhalten, oberhalb von 490 V geht der Preshape in Sättigung.
Mit den so erhaltenen Daten wird wie in Kapitel 4.1.2 beschrieben verfahren. Jedoch wird
nun für jede Spannung eine eigene Korrektur durchgeführt. Es stellt sich heraus, dass sich
für unterschiedliche Mesh-Spannung tatsächlich unterschiedliche Steigungen der Korrekturgeraden ergeben.
Die Steigungen aller Geraden werden nun gegen die Mesh-Spannung aufgetragen (Abb.4.8).
An die Datenpunkte wird ein Polynom dritten Grades angepasst. Allerdings hat dies keinerlei theoretischen Hintergrund. Ein ähnlicher Effekt konnte in der Literatur nicht gefunden werden. Die Funktion dient hier vielmehr dazu die Messdaten zu parametrisieren um
sie nachher zur Korrektur zu verwenden. Es wird dabei versucht den Grad des Polynoms,
der Einfachheit halber, möglichst klein zu halten. Ein Polynom zweiten Grades liefert
jedoch aufgrund der Asymmetrie der Punkteverteilung kein akzeptables Ergebnis. Die
dicken Fehlerbalken entsprechen den statistischen, die dünnen, äußeren den systematischen (plus den statistischen) Fehlern. Als statistischer Fehler wird dabei der Fehler auf
die Steigung aus dem Geradenfit angenommen.
Um den Nutzen der spannungsabhängigen Korrektur zu überprüfen wird erneut die Messung aus Abb.4.7 herangezogen. Die Daten werden allerdings nun für jede Mesh-Spannung
mit einer anderen Steigung fließend korrigiert, die sich aus dem Polynomfit ergibt. Das
Ergebnis ist in Abb.4.9 zu sehen. Die Daten streuen deutlich weniger um den Exponentialfit.
4.2. G ENAUERE B ETRACHTUNG DER T/ P -A BHÄNGIGKEIT
41
Abbildung 4.7: Gasverstärkung gegen Mesh-Spannung für ILC-Gas; oben: unkorrgierte
Daten; unten: bei 430 V korrigierte Daten
42
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
Abbildung 4.8: rel. Gain-Änderung pro rel. T /p-Änderung gegen Mesh-Spannung für
ILC-Gas
4.2. G ENAUERE B ETRACHTUNG DER T/ P -A BHÄNGIGKEIT
43
Abbildung 4.9: Gasverstärkung gegen Mesh-Spannung für ILC-Gas; oben: unkorrgierte
Daten; unten: fließend korrigierte Daten
44
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
Abbildung 4.10: rel. Gain-Änderung pro rel. T /p-Änderung gegen Mesh-Spannung für
T2K-Gas
T2K-Gas
Für T2K-Gas wird prinzipiell das gleiche Verfahren wie für ILC-Gas verwendet, jedoch
wird hier an fünf Punkten (320, 333, 350, 358, 370 V) mit deutlich höherer Statistik
gemessen als bei anderen Spannungen. Daher ist der statistische Fehler dort deutlich
geringer. Der Messwert bei 339 V wird komplett entfernt, da der T /p-Bereich für eine
sinnvolle Messung viel zu gering ist. Die Messungen bei 369 und 370 V werden ebenfalls
entfernt, da der Preshape hier bereits in Sättigung geht.
Das Ergebnis der Messung ist in Abb.4.10 zu sehen. Es wird eine Gerade an die Messpunkte angepasst, da dies die Daten optisch am besten beschreibt. Allerdings gibt es hier deutlich mehr Ausreißer. Viele der Messwerte sind auch im Rahmen ihrer Fehler nicht mit der
angepassten Geraden verträglich. Hier müsste nochmals an jedem Punkt mit hoher Statistik nachgemessen werden, um die erhaltenen Ergebnisse zu bestätigen oder zu verwerfen.
Die so erhaltene Korrektur wird nun wieder auf Daten angewendet. Dies ist in Abb.4.11 zu
sehen. Die korrigieren Daten sind sichtbar geglättet und passen besser zu der angepassten
Exponentialfunktion. Allerdings ist gerade bei hohen Mesh-Spannungen noch immer eine
Streuung der Messwerte um die Funktion zu sehen. Die Daten scheinen hier noch etwas
unterkorrigiert zu sein.
4.2. G ENAUERE B ETRACHTUNG DER T/ P -A BHÄNGIGKEIT
45
Abbildung 4.11: Gasverstärkung gegen Mesh-Spannung für T2K-Gas; oben: unkorrgierte Daten; unten: fließend korrigierte Daten
46
4.3
4.3.1
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
Driftgeschwindigkeit
Abhängigkeit der Driftgeschwindigkeit von Druck und Temperatur
Auch die Driftgeschwindigkeit hängt sowohl von Druck als auch von der Temperatur des
Gases ab. Damit unterliegt auch die Messung der Driftgeschwindigkeit (meist) ungewollten Schwankungen. Ziel ist also auch hier eine geeignete Korrektur zu finden. Bekannt ist
die Darstellung in der die Driftgeschwindigkeit vd gegen E/p aufgetragen wird, wobei E
für das elektrische Feld und p für den Gasdruck steht. Dies ist für T2K-Gas und ILC-Gas
in Abb.4.12 zu sehen. In schwarz sind die Messdaten zu sehen, in rot Simulationsdaten
aus M AGBOLTZ. Es wurden dazu Daten für fünf verschiedene elektrische Felder, drei
Temperaturen und drei Drücke simuliert.
Allerdings wird in dieser Darstellung der Einfluss der Temperatur nicht berücksichtigt.
Das ist gut an den Simulationsdaten zu erkennen, die für identisches E/p unterschiedliche
Driftgeschwindigkeiten liefern. Daher wird im Folgenden die Driftgeschwindigkeit gegen
T ·E/p aufgetragen (Abb.4.13). Die vertikale Struktur der Simulationsdaten wird dadurch
aufgehoben, es war also offenbar tatsächlich ein Temperatureffekt.
An die Messdaten wird ein Polynom dritten Grades angepasst, an die Simulationsdaten
ebenfalls. Dies hat keinen theoretischen Hintergrund und dient nur der Veranschaulichung
und dem Vergleich der Messdaten mit der Simulation. Zu diesem Zweck werden nun
auch die Residuen bestimmt (Abb.4.14). In schwarz sind die Abstände der Messpunkte
zum Fit an die Messdaten zu sehen, in rot die Abstände der Messpunkte zum Fit an die
Simulationsdaten.
Da sehr viele Messwerte aufgenommen wurden, worunter die Übersichtlichkeit leidet,
wird für obige Darstellung noch ein 2D-Profile angefertigt (Abb.4.15)
Sowohl die Histogramme der Residuen als auch die Profiles zeigen, dass die Messdaten
teilweise deutlich von den Simulationsdaten abweichen. Für T2K-Gas liegt die gemessene
Driftgeschwindigkeit bei geringem T · E/p zunächst systematisch unterhalb der Simulation, während sie bei hohem T · E/p systematisch darüber liegt (Abb.4.15(a)). Dies ist
auch gut an der Doppelstruktur der Residuen (Abb.4.14(a)) zu erkennen. Für ILC-Gas
liegt die gemessene Driftgeschwindigkeit bei geringem T · E/p ebenfalls systematisch
unterhalb der Simulation, allerdings stimmt sie hier bei hohem T · E/p gut mit den Simulationsdaten überein (Abb.4.15(b)). Der Grund dafür könnte im ungenauen Mischungsverhältnis der verwendeten Gase liegen. So ist der Anteil am Driftgas jeder Gaskomponente
mit einem relativen Fehler von ±10% behaftet (siehe Kapitel 2.3).
4.3. D RIFTGESCHWINDIGKEIT
47
(a) T2K-Gas
(b) ILC-Gas
Abbildung 4.12: Driftgeschwindigkeit gegen E/p; in rot: Simulationsdaten; in schwarz:
Messdaten
48
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
(a) T2K-Gas
(b) ILC-Gas
Abbildung 4.13: Driftgeschwindigkeit gegen T · E/p; in rot: Simulationsdaten; in
schwarz: Messdaten
4.3. D RIFTGESCHWINDIGKEIT
49
(a) T2K-Gas
(b) ILC-Gas
Abbildung 4.14: Residuen, schwarz: Fit an die Messdaten; rot: Fit an die Simulationsdaten
50
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
(a) T2K-Gas
(b) ILC-Gas
Abbildung 4.15: Driftgeschwindigkeit gegen T · E/p; in rot: Simulationsdaten; in
schwarz: Messdaten
4.3. D RIFTGESCHWINDIGKEIT
4.3.2
51
Relative Änderung der Driftgeschwindigkeit
Beim Betrieb eines Gasdetektors ist es wünschenswert sich im Maximum des in 4.13 gezeigten Graphen zu befinden. Zum einen ist dort die Driftgeschwindigkeit maximal und
der Detektor damit schneller, zum anderen ist die Steigung dort null. Eine Schwankung
von E,T oder p hätte also minimalen Einfluss.
Um dies zu verifizieren wird für verschiedene Driftfelder die relative Änderung der Driftgeschwindigkeit pro relativer Änderung von T /p gemessen:
∂ vd ∂ (T /p) E0
(4.8)
Um die Steigung in den jeweiligen Punkten zu messen werden die entsprechenden Tangenten bestimmt. Dabei gilt für kleine Änderungen von T /p näherungsweise:
vd ∼
T
p
(4.9)
Somit ist die Methode zur Auswertung der Daten identisch mit der aus der Gasverstärkungskorrektur. Das bedeutet auch, dass sie zur T /p-Korrektur der Driftgeschwindigkeit
geeignet ist.
T2K-Gas
Es werden Felder im Bereich von 150 V/cm bis 370 V/cm in 5 V/cm-Schritten durchgefahren. Die Driftgeschwindigkeit wird (für jedes Feld separat) gegen (T /p)/(T0 /p0 ) −
1 aufgetragen, anschließend wird eine Gerade an die Daten angepasst. Der Quotient
aus Steigung und Achsenabschnitt entspricht dann gerade der gesuchten relativen Driftgeschwindigkeitsänderung. Das Ergebnis der Messung ist in Abb.4.16 zu sehen. In rot
sind wieder Simulationsdaten zu sehen, in schwarz Messdaten. Zwischen die Simulationspunkte wird eine Spline-Funktion gezeichnet. Diese beruht allerdings auf keinerlei
theoretischem Modell. Sie dient lediglich dem Vergleich von Messung und Simulation.
Weiterhin wird zur Parametrisierung der Daten ein Polynom zweiten Grades an die Daten
angepasst. Diese Funktion stellt im Rahmen der Fehler eine gute Parametrisierung der
Daten dar und wird im folgenden zur T /p-Korrektur verwendet.
Bei fünf Feldern (150 ,205 ,274.8 ,315 ,370 V/cm) werden wie bei der Gasverstärkungskorrektur erheblich mehr Messpunkte aufgenommen. Dadurch ist deren statistischer Fehler
deutlich geringer. Die M AGBOLTZ-Daten werden dann bei genau diesen fünf Feldern
simuliert. Allgemein passen die Messdaten mit geringer Statistik gut mit der Spline-Funktion
der Simulationsdaten überein. Allerdings liegen die fünf Messwerte bei hoher Statistik
systematisch unterhalb der Simulationsdaten.
Interessant ist hier, dass es offenbar tatsächlich ein Feld gibt, bei dem die Driftgeschwindigkeit nicht mehr von Druck und Temperatur abhängt, was der Nullstelle des Polynoms (bei ca. 273 V/cm) in 4.16 entspricht. Die TPCs des T2K-Experiments arbeiten
bei 274.8 V/cm, was nahe der Nullstelle liegt.
Eine Anwendung der Korrektur ist im Anhang zu finden (Abb.C.1 und C.2).
52
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
Abbildung 4.16: relative Änderung der Driftgeschwindigkeit pro relativer Änderung von
T /p für T2K-Gas ; rot: Simulation, schwarz: Messung
Abbildung 4.17: relative Änderung der Driftgeschwindigkeit pro relativer Änderung von
T /p für ILC-Gas; rot: Simulation, schwarz: Messung
ILC-Gas
Für ILC-Gas wird die Driftgeschwindigkeit bei Feldern zwischen 195 V/cm und 370 V/cm
gemessen. Bei geringeren Feldern befindet sich die Driftgeschwindigkeit außerhalb des
Messbereichs, höhere Felder können mit der verwendeten Hochspannungsquelle nicht erreicht werden. Das Ergebnis ist in Abb.4.17 zu sehen.
Auch hier sind in rot die Simulation und in schwarz die Messung zu sehen. Messdaten und Simulation passen bis auf eine Abweichung bei 200 V/cm gut zusammen. Zur
Parametrisierung der Daten wurde auch hier ein Polynom zweiten Grades an die Messdaten angepasst, welches die Messung gut beschreibt und im weiteren zur T /p-Korrektur
benutzt wird. Die Nullstelle, also das Feld bei dem keine T /p-Abhängigkeit zu beobachten ist, liegt für ILC-Gas bei ca. 241 V/cm.
Eine Anwendung der Korrektur ist im Anhang zu finden (Abb.C.3 und C.4).
4.3. D RIFTGESCHWINDIGKEIT
4.3.3
53
Fehlerbetrachtung
Statistischer Fehler
Die DAQ liefert bereits zu jedem Messwert der Driftgeschwindigkeit einen Fehler, der
sich aus den Fits an die beiden Driftpeaks fortpflanzt (siehe Kapitel 2.2.3). Jedoch scheint
auch hier dieser Fehler zu klein.
Da es sowohl für T2K- als auch für ILC-Gas Feldstärken gibt, bei denen es keine T /pAbhängigkeit mehr gibt, bietet es sich an die statistische Streuung des Daten bei diesen
feldern zu untersuchen. Die Standardabweichung eines anschließenden Gaußfits gibt dann
den statistischen Fehler einer Einzelmessung an. Der Fehler auf jeden Datenpunkt wurde
wie beim Gain auf das Maximum aus ursprünglichem Fehler und dem nun bestimmten
Fehler aus der Streuung der Messdaten gesetzt. Die Streuung der Messwerte wurde für
T2K-Gas bei 274.8 V/cm und für ILC-Gas bei 230 V/cm bestimmt. Die Verteilungen sind
in Abb.4.18 zu sehen.
Damit wurde der Fehler auf die Driftgeschwindigkeit auf ±0.18 µm/ns in T2K-Gas und
±0.07 µm/ns in ILC-Gas abgeschätzt.
Systematischer Fehler
Zur Abschätzung der systematischen Fehler wird die gleiche Ensemble-Studie wie zur
Abschätzung der Systematik der Gasverstärkungsmessung durchgeführt.
54
K APITEL 4. T/ P -KORREKTUREN
(a) T2K-Gas (274.8 V/cm)
(b) ILC-Gas (230 V/cm)
Abbildung 4.18: Streuung der Driftgeschwindigkeit
Kapitel 5
Einfluss von Wasser auf die
Driftgeschwindigkeit
Die Gasqualität ist ein entscheidender Faktor beim Betrieb eines Gasdetektors. Die Gasgemische werden speziell für ihren Anwendungszweck zusammengestellt. Selbst kleinste
Abweichungen der Mischungsverhältnisse können die Detektoreigenschaften maßgeblich
beeinflussen. Ein weiteres großes Problem stellen Verunreinigungen des Driftgases mit
Fremdstoffen dar. Auch hier können kleinste Mengen die Detektoreigenschaften deutlich
verschlechtern. Beispielsweise kann Silikon, das oft zur Dichtung in Ventilen verwendet
wird, in kleinen Mengen ausgasen. Gelangen die Silikonspuren dann in die Driftkammer,
lagern sie sich an der Anode ab und machen den Detektor damit auf Dauer unbrauchbar.
Die Verunreinigung kann aber auch von außen in das Gas kommen. Durch Lecks in der
Gasversorgung kann Luft in das Gas gelangen, deren Hauptbestandteile Stickstoff und
Sauerstoff erheblichen Einfluss auf die Gaseigenschaften haben können. In der Luft ist jedoch auch ein gewisser Anteil Wasser gelöst, der damit ebenfalls in die Kammer gelangt.
Wasser hat schon in geringen Mengen Einfluss auf die Driftgeschwindigkeit. Wird der
Detekor über eine längere Zeit nicht mit Gas durchspült kann sich darüberhinaus Wasser
in Detektorbestandteilen wie zum Beispiel Kaptonfolien ablagern. Bei erneutem Betrieb
des Detektors verdampft das Wasser langsam wieder, wodurch das Driftgas kontinuierlich
mit Wasser kontaminiert wird.
In diesem Kapitel soll der Einfluss von Wasser auf die Driftgeschwindigkeit untersucht
werden. Es werden dazu zunächst drei unterschiedliche Methoden der kontrollierten Anreicherung des Gases mit kleinsten Wassermengen untersucht. Der Wassergehalt wird
dabei mit einem H2 O-Sensor im Abgas der Kammer gemessen. Bei allen untersuchten
Methoden befindet sich hinter der Gasflasche ein Flussregler mit dem der Gesamtgasfluss
eingestellt werden kann. Dabei werden Flüsse im Bereich von 0.5 − 2 l/h N2 gewählt.
Mit zweien der drei Methoden werden anschließend über mehrere Wochen Messungen
durchgeführt. Eine Messung des Einflusses von Wasser auf die Gasverstärkung ist leider
nicht möglich, da keiner der verfügbaren Preshapes zu diesem Zeitpunkt einen intakten
Gain- und einen intakten Vetokanal besitzt.
55
56
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
5.1
Methoden zu Anreicherung des Driftgases mit Wasser im ppm-Bereich
5.1.1
Rückdiffusion von Luft
Diese Methode ist die einfachste Möglichkeit Wasser in das Gas zu bekommen. Es wird
lediglich der Gasfluss durch die Kammer ausgestellt. Dadurch kann Luft durch den Abluftschlauch (Exhaust) zurück in die Kammer diffundieren. Hierzu ist keinerlei Veränderung
des Versuchsaufbaus notwendig. Allerdings ist der Wasseranteil in der Luft im Vergleich
zu anderen Bestandteilen gering. So gelangen zusätzlich Stickstoff und Sauerstoff in viel
größeren Mengen in das Gas, dazu Kohlenstoffdioxid und einige Spurgase. Die isolierte
Untersuchung des Einflusses von Wasser auf Driftgeschwindigkeit und Gasverstärkung
ist somit kaum möglich.
Zudem kann so nie über einen längeren Zeitraum mit konstantem Wassergehalt gemessen
werden. Der Anteil von Wasser im Driftgas nimmt nach Wiedereinschalten des Gasflusses
sehr schnell ab. Dadurch können nur wenige Messwerte bei hohen Wasserkonzentrationen
aufgenommen werden. Die Messwerte bei steigendem Wassergehalt können nicht verwendet werden, da der H2 O-Sensor in diesem Fall nicht von Gas durchflossen wird und damit
keine korrekten Messwerte liefert.
Die Vor- und Nachteile dieser Messmethode sind noch einmal in Tabelle 5.1 zusammengefasst.
Vorteile
• Keine Veränderung des Aufbaus
notwendig, es muss nur der Gasfluss
abgestellt werden.
• prinzipiell sehr hohe Wasserkonzentrationen möglich (bedeutet dann
aber auch sehr viel Luft im Gas)
Nachteile
• Kaum Kontrolle über Wassermenge
• Keine korrekte Messung
abgestelltem Gasfluss
bei
• Zusätzlich Diffusion von anderen
Gasen (N2 , O2 . . . )
• H2 O Sensor wird nicht mehr durchströmt und misst so falsch
• Wassergehalt sinkt nach Einschalten
sehr schnell
– wenige Messwerte bei hohem
Wassergehalt
Tabelle 5.1: Vor- und Nachteile der Rückdiffusion von Luft
5.1. M ETHODEN ZU A NREICHERUNG DES D RIFTGASES MIT WASSER IM PPM -B EREICH57
5.1.2
Diffusion von Wasser durch einen PET-Schlauch
Die zweite Methode ist die Diffusion von Wasser durch einen PET-Schlauch. Dazu wird
ein ca. 25 m langer Schlauch zusammengerollt und in einen mit Wasser gefüllten Eimer
gelegt. Der Schlauch wird parallel zur ursprünglichen Gasleitung, unmittelbar vor der
Kammer installiert. Parallel zum Schlauch wird ein Nadelventil montiert. Mit diesem ist
es möglich den Fluss durch den Schlauch zu regeln, wobei ein Teil des Gases durch den
Schlauch und der andere direkt in die Kammer strömt. Mit zwei weiteren 2/2-Wege Ventilen kann der Schlauch komplett abgetrennt werden. Der Aufbau ist in Abb.5.1 schematisch dargestellt.
Durch den Schlauch diffundiert das Wasser in das Gas. Je geringer der gesamte Gasfluss
und je größer der Anteil des Gases, das durch den Schlauch strömt, desto größer ist die
Wassermenge im Gas. Über den gesamten Gasfluss und die beiden Nadelventile lässt sich
somit der Wassergehalt regeln.
Allerdings ist nicht sichergestellt, dass ausschließlich Wasser durch den Schlauch diffundiert ist. Eventuell könnten auch andere (z.B. im Wasser gelöste) Gase in das Driftgas
gelangen, oder der Schlauch selbst gast aus. Die Diffusion hängt außerdem aufgrund der
Brownschen Molekularbewegung von der Umgebungstemperatur ab. Insgesamt ist die
Diffusion nur gering, sodass hohe Wasserkonzentrationen nicht erreicht werden können.
Vorteile
Nachteile
• Wassergehalt gut regelbar
• Weitere Gase diffundieren auch
durch PET-Schlauch
• Diffusion sehr gering
– geringer Einstellbereich
Tabelle 5.2: Vor- und Nachteile der Diffusion durch einen PET-Schlauch
5.1.3
Gasfluss durch Bubbler
Zuletz wird noch eine weitere Methode untersucht. Hierbei wird der Schlauch durch einen
Bubbler ersetzt. Das Gas wird dabei so durch den Bubbler geleitet, dass es immer durch
das darin befindliche Wasser hindurch muss. Oberhalb des Wasserspiegels bildet sich eine
wasserreiche Atmosphäre. Da das Gas zuvor kaum Wasser enthält, der Partialdruck von
Wasser im Gas also nahezu null ist, verdunstet immer ausreichend Wasser in das Driftgas,
bis sich ein gewisses Gleichgewicht einstellt. Dieses Gleichgewicht hängt von der Verweildauer einer bestimmten Gasmenge im Bubbler, also vom Gasfluss ab. Im Vergleich
58
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
Abbildung 5.1: Schematische Darstellung der Installation des Schlauchs bzw. des Bubblers
zum PET-Schlauch konnten mit dem Bubbler höhere Wasserkonzentrationen erzielt werden. Der Wassergehalt war dabei sehr gut regelbar.
Problematisch waren hier unter anderem die Dichtungen des Bubblers. Aufgrund des Alters kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass auch etwas Luft in das Gas gelangt
ist. Zum anderen war der Bubbler über die Kammer und deren Exhaust direkt mit der
Umgebung verbunden. Dadurch hängt der Gasfluss durch den Bubbler direkt vom Umgebungsdruck ab. Bei sehr hohem Außendruck, und zu geringem gesamtem Gasfluss kann
dies sogar dazu führen, dass kein Gas mehr durch den Bubbler fließt.
Vorteile
Nachteile
• Wassergehalt sehr gut regelbar
• Kaum Verunreinigung durch andere
Gase
• Gasfluss durch den Bubbler hängt
vom Umgebungsdruck ab
• Bubbler war alt
• Großer Einstellbereich
Tabelle 5.3: Vor- und Nachteile des Gasflusses durch einen Bubbler
5.2. M ESSUNGEN
5.2
59
Messungen
Sowohl mit dem Schlauch als auch mit dem Bubbler werden sinnvolle Messergebnisse
aufgezeichnet. Die Ergebnisse der Rückdiffusion von Luft werden aus oben genannten
Gründen nicht verwendet. Für T2K-Gas werden lediglich Messwerte mit der SchlauchMethode aufgezeichnet, während für ILC-Gas sowohl der Schlauch als auch der Bubbler
verwendet werden. Zur Messung wird jeweils für etwa einen Tag mithilfe des Nadelventils
ein konstanter Fluss durch Schlauch bzw. Bubbler eingestellt und Messwerte aufgenommen. So wird über ca. sechs Wochen gemessen. Wie für die T /p-Korrekturen wird das
Driftfeld im 10 min-Takt variiert.
Der H2 O-Sensor gibt die Wasserkonzentration als Taupunkt aus. Der Taupunkt gibt die
Temperatur an, bei der das Wasser im Gas beginnen würde zu kondensieren. Eine Gastemperatur, die gerade dem Taupunkt entspricht bedeutet also eine relative Feuchte von 100%.
Da der Taupunkt bei den hier betrachteten geringen Wassermengen unter 0 ◦ C liegt spricht
man auch vom Frostpunkt. Das Wasser würde als Eis auskondensieren (resublimieren).
Mithilfe der Magnusformeln lässt sich der Taupunkt in einen Wassergehalt in ppm (parts
per million) umrechnen [12].
Fehlerbetrachtung
Die statistischen Fehler auf die Driftgeschwindigkeit wird aus Kapitel 4.3.3 übernommen. Ein systematischer Fehler wird nicht angenommen. Der Fehler auf den Taupunkt
ergibt sich aus dem Rauschen des ADC und beträgt ±0.1 ◦ C. Um den Fehler auf den
Wassergehalt in ppm zu erhalten wird aufgrund der Komplexität der Magnusformeln auf
eine Gauß’sche Fehlerfortpflanzung verzichtet. Stattdessen wird für jeden Messwert der
Fehler auf den Taupunkt auf diesen addiert und der Fehler auf den Druck von diesem
subtrahiert um mit den so erhaltenen Werten mithilfe der Magnusformeln den Fehler auf
den Wassergehalt in ppm zu erhalten (maximale Abweichung nach oben). Analog wird
der Fehler auf den Taupunkt von diesem subtrahiert und der Fehler auf den Druck addiert
und erneut der Wassergehalt berechnet (maximale Abweichung nach unten).
σ ppm ↑= σ ppm (Tdew +, p−)
σ ppm ↓= σ ppm (Tdew −, p+)
σ ppm = max(σ ppm ↑, σ ppm ↓)
(5.1)
(5.2)
(5.3)
Die betragsmäßig größere der beiden Abweichungen wird dann als Fehler angenommen.
5.2.1
Driftgeschwindigkeit
T2K-Gas
Zur Auswertung wird die Driftgeschwindigkeit gegen den Wassergehalt in ppm aufgetragen. Beispielhaft ist in Abb.5.2 das Ergebnis für drei Driftfelder (110, 210, 360 V/cm)
dargestellt.
In schwarz sind die Messdaten zu sehen, in rot die Simulationsdaten aus M AGBOLTZ.
Alle Messwerte werden mit der in Kapitel 4.3.2 vorgestellten Methode T /p korrigiert,
um Temperatur- und Druckeffekte zu beseitigen. Zwischen den Simulationspunkten wird
60
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
(a) 110 V/cm
(b) 210 V/cm
(c) 360 V/cm
Abbildung 5.2: gemessene Driftgeschwindigkeit gegen den Wassergehalt in ppm in T2KGas
5.2. M ESSUNGEN
61
Abbildung 5.3: Messdaten (schwarz) im Vergleich zu Simulationdaten (rot) für einen
Wassergehalt bis zu 1000 ppm in T2K-Gas bei einem Feld von 110 V/cm
eine Spline-Funktion eingezeichnet.
Es ist auffällig, dass die Messdaten offenbar schlecht zu den Simulationsdaten passen.
Die Messdaten beschreiben eine deutliche Absenkung der Driftgeschwindigkeit. Für eine
Feldstärke von 110 V/cm (Abb.5.2(a)) ist die Driftgeschwindigkeit bei 24 ppm laut Messung bereits um 10 µm/ns gefallen. Die Simulation hingegen beschreibt bei diesen Wasserkonzentrationen nahezu keine Veränderung der Driftgeschwindigkeit. Wie in Abb.5.3
zu sehen ist, entspricht die gemessene Driftgeschwindigkeit Simulationswerten bei ca.
1000 ppm. Abb.5.4 verdeutlicht nochmals die erwartete Driftgeschwindigkeitsdifferenz
für verschiedene Wassergehalte bei unterschiedlichen Feldern, die nach der Simulation
zu erwarten wäre. Es zeigt sich, dass der Einfluss von Wasser für hohe Felder immer
mehr abnimmt. Dieser Effekt kann durch die Messdaten tatsächlich bestätigt werden. Für
360 V/cm sinkt die Driftgeschwindigkeit deutlich weniger mit steigendem Wasseranteil
als für 110 V/cm.
Weiterhin ist auffällig, dass für ein Driftfeld von 110 V/cm die Messwerte systematisch
unterhalb der Simulation liegen. Für höhere Feldstärken verschiebt sich das Verhältnis von
Messung zu Simulation jedoch. Während beide für 210 V/cm im unteren ppm-Bereich
gut übereinstimmen, liegen die Messwerte für 360 V/cm systematisch oberhalb der Simulation. Dieser Effekt ist bereits aus Kapitel 4.3.1 bekannt und vermutlich auf eine ungenaue gasmischung zurückzuführen. Wie in Abb.4.15 zu sehen ist liegen die Messwerte
für Hohe Felder systematisch oberhalb und für kleine Felder unterhalb der Simulation.
Der Abfall der Driftgeschwindigkeit ist für 360 V/cm nicht zu sehen, da hier keine Messwerte für hohe Wasseranteile aufgezeichnet wurden.
62
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
Abbildung 5.4: Aus Simulation erwartete Differenz der Driftgeschwindigkeit ohne und
mit Wasser für verschiedene Wassergehalte gegen Driftfeld aufgetragen (T2K-Gas)
5.2. M ESSUNGEN
63
ILC-Gas
Für ILC-Gas wird sowohl mit dem Schlauch als auch mit dem Bubbler gemessen. Ein
Vergleich der beiden Methoden ist damit möglich. In Abb.5.5 ist analog zur Messung mit
T2K-Gas für drei Driftfelder (250, 300, 350 V/cm) die Driftgeschwindigkeit gegen den
Wassergehalt in ppm aufgetragen.
In schwarz sind dabei die Messdaten mit dem Schlauch, in grün die mit dem Bubbler zu sehen. In rot sind wieder die Simulationdaten aus M AGBOLTZ dargestellt. Für ein Driftfeld
von 250 V/cm stimmen die Messwerte bei geringen Wassermengen gut mit der Simulation überein. Bei steigendem Wassergehalt ergibt sich jedoch wieder die vom T2K-Gas
bekannte Abweichung. Die gemessene Driftgeschwindigkeit fällt bedeutend schneller
als die Simulation, die fast keine Änderung zeigt. Die Messung der Driftgeschwindigkeit bei 28 ppm liefert um ca. 5 µm/ns kleinere Werte als bei 5 ppm. Jedoch ändert sich
dies mit steigender Feldstärke. Für 300 V/cm sind beinahe alle Messwerte mit der Simulation verträglich, lediglich die Werte über 20 ppm liegen noch systematisch unterhalb
der Simulationswerte, wenn auch nur noch eine Abweichung von ca. 1 µm/ns vorliegt.
Für 350 V/cm scheint die Driftgeschwindigkeit sogar mit zunehmendem Wassergehalt zu
steigen. Zumindest Letzteres kann durch die Simulation bestätigt werden. In Abb.5.7 ist
die aus der Simulation erwartete Differenz der Driftgeschwindigkeit von wasserhaltigem
und wasserfreiem Gas gegen das Driftfeld aufgetragen. Diese Differenz wird für hohe
Felder negativ, das wasserhaltige Gas also schneller als das wasserfreie.
Betrachtet man die Simulationsdaten für 250 V/cm in einem Bereich bis 1000 ppm (Abb.5.6)
ist auch für sehr hohe Wasserkonzentrationen kaum eine Änderung der Driftgeschwindigkeit zu sehen. Selbst im Bereich von 1000 ppm ist die Driftgeschwindigkeit nahezu
unverändert. Die Simulation beschreibt in keinster Weise die Messdaten. Die größte Differenz zwischen wasserhaltigem und wasserfreien Gas wird aufgrund der Simulation bei
sehr kleinen Feldern um die 100 V/cm erwartet (Abb.5.7). Allerdings ist es mit dieser
Gasmonitorkammer nicht möglich ILC-Gas bei diesen Feldern zu vermessen. Die beiden
Driftpeaks haben einen größeren Abstand, als die Breite des ADC-Fensters, die Driftgeschwindigkeit ist hier einfach zu gering.
Der Vergleich zwischen den beiden Messmethoden (Schlauch und Bubbler) zeigt, dass
beide miteinander verträgliche Ergebnisse liefern. Mit dem Bubbler werden allerdings
höhere Wassermengen in das Gas gebracht. Daher kann der starke Abfall der Driftgeschwindigkeit bei kleinen Feldstärken nur mit der Bubbler-Methode gemessen werden.
Allerdings stimmen die Messwerte von Schlauch und Bubbler für geringe Wassermengen
gut überein, und ein ähnlicher Verlauf der Driftgeschwindigkeit wurde auch für T2K-Gas
gemessen.
5.2.2
Mögliche Erklärung
Die Messdaten weichen offenbar deutlich von den Simulationsdaten ab. Der Grund dafür
liegt offenbar entweder in der Messung oder in der Simulation. Die Berechnung des
Wassergehalts in ppm wird mit dem Absolute and relative humidity calculator von MICHELL
instruments [12] überprüft und ist korrekt. Der gemessene Wassergehalt könnte jedoch
vom tatsächlichen in der Kammer abweichen. Die Feldformungsstreifen innerhalb der
Kammer sind auf einer Kaptonfolie aufgebracht. Kapton ist stark hygroskopisch, entzieht
64
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
(a) 250 V/cm
(b) 300 V/cm
(c) 350 V/cm
Abbildung 5.5: gemessene Driftgeschwindigkeit gegen den Wassergehalt in ppm in ILCGas
5.2. M ESSUNGEN
65
Abbildung 5.6: Messdaten (schwarz) im Vergleich zu Simulationdaten (rot) für einen
Wassergehalt bis zu 1000 ppm in ILC-Gas bei einem Feld von 250 V/cm
Abbildung 5.7: Aus Simulation erwartete Differenz der Driftgeschwindigkeit ohne und
mit Wasser für verschiedene Wassergehalte gegen Driftfeld aufgetragen (ILC-Gas)
66
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
dem Driftgas also Wasser. Der H2 O-Sensor misst den Wassergehalt jedoch im Abgas der
Kammer. Dort könnte das Gas also deutlich weniger Wasser enthalten als in der Kammer
selbst.
Eine weitere Möglichkeit liegt in der Kontamination des Driftgases mit weiteren Verunreinigungen. So könnte zum Beispiel, durch Undichtigkeiten im Versuchsaufbau, Luft
in die Kammer gelangt sein. Tatsächlich betrug der Taupunkt vor Installation des Bubblers bzw. des Schlauchs −70 ◦ C. Nach dem Umbau kann auch nach Abtrennen des Bubblers/Schlauchs durch die beiden 2/2-Wege Ventile nur noch ein Taupunkt von −65 ◦ C erreicht werden. Dies entspricht einer Wassermenge von 2.5 ppm, die durch Undichtigkeiten
in die Kammer gelangt ist. Bei einer angenommenen relativen Luftfeuchtigkeit von 50%
entspricht dies 50 ppm O2 und 200 ppm N2 im Driftgas. Sauerstoff und Stickstoff werden
nun ebenfalls in die Simulation integriert. Allerdings hat dies keinen nennenswerten Effekt auf die Driftgeschwindigkeit. Die Änderung liegt im Bereich von einigen Hundertstel
µm/ns.
Verunreinigungen, die sich möglicherweise zuvor im Bubbler befanden oder sich aus dem
PET-Schlauch gelöst haben, sind sehr unwahrscheinlich da für die ILC-Gas Messung beide Messmethoden Ergebnisse mit guter Übereinstimmung liefern. Somit müssten sowohl
Schlauch als auch Bubbler mit dem gleichen Stoff verunreinigt sein.
Weiterhin wird die Möglichkeit betrachtet, dass Wassermoleküle durch die Strahlung innerhalb der Kammer in Wasserstoff (H2 ) und Sauerstoff (O2 ) zerlegt werden.
2 H2 O −−→ 2 H2 + O2
(5.4)
Um den maximal möglichen Effekt abzuschätzen wird angenommen, dass das komplette
Wasser derart zerlegt wird. Auch dies wird mit M AGBOLTZ simuliert. Die Driftgeschwindigkeit wird damit allerdings um ca. 0.5 µm/ns erhöht. Die Messdaten werden dadurch
also auch nicht beschrieben.
Ein Problem könnte auch das Wasser selbst darstellen. Es wird kein destilliertes Wasser
verwendet, sondern Leitungswasser. In diesem ist zur Desinfektion Chlorgas (Cl2 ) gelöst,
dessen Effekt auf das Driftgas völlig unbekannt ist.
Cl2 (g) + 3 H2 O(l) ←→ OCl− (aq) + 2 H3 O+ (aq) + Cl−(aq)
(5.5)
Allerdings liegt der zulässige Grenzwert von Chlor im Trinkwasser bei 0.3 mg/l [13].
Angenommen das Verhältnis von Wasser zu Chlor wäre im Driftgas das gleiche, so läge
dessen Konzentration im Bereich von ppb und wäre wohl zu vernachlässigen. Mit Sicherheit kann dies jedoch nicht geklärt werden, da M AGBOLTZ Chlor (Cl2 ) nicht simulieren
kann. Dazu ist es auch nicht möglich solch geringe Stoffmengen zu simulieren. M AG BOLTZ kann Gaskonzentrationen von minimal einem ppm verarbeiten. Darin liegt nun
auch eine weitere mögliche Fehlerquelle. Da M AGBOLTZ bei diesen geringen Wassermengen im Grenzbereich seiner Möglichkeiten arbeitet, können sich leicht Rundungsfehler einschleichen, die das Ergebnis verfälschen. Allerdings berechnet M AGBOLTZ für
T2K-Gas auch für 500 ppm Wassergehalt nur eine maximale Abweichung der Driftgeschwindigkeit von ca. 7 µm/ns (Abb.5.4) bzw. ca. 3 µm/ns für ILC-Gas (Abb.5.7).
Geht man davon aus, dass die Messdaten korrekt sind, so ist die wohl wahrscheinlichste
Erklärung, dass Wasser nicht vollkommen korrekt in M AGBOLTZ implementiert ist. Die
5.2. M ESSUNGEN
67
Gasroutine stammt aus dem Jahr 1998 und ist im M AGBOLTZ-internen Bewertungssystem mit nur drei von fünf möglichen Sternen bewertet [3]. Zusätzliche Anregungsniveaus,
die noch nicht implementiert sind, könnten den Wirkungsquerschnitt der Driftelektronen
mit Wasser beispielsweise erhöhen.
Abschließend lässt sich jedoch keine zufriedenstellende Erklärung für die Abweichung
der Messdaten von der Simulation finden. Auch wenn einige Störfaktoren ausgeschlossen
werden konnten, wurde der starke Abfall der Driftgeschwindigkeit durch keine der aufgeführten Möglichkeiten in der Simulation reproduziert. Um sicher zu gehen, dass die Messwerte korrekt sind, oder um diese zu widerlegen, sollten noch weitere Messungen durchgeführt werden.
Weiterführende Messungen
Mit einem veränderten Versuchsaufbau könnten die Messergebnisse erneut überprüft und
mögliche Fehlerquellen ausgeschlossen werden. Die Messung mit dem Bubbler müsste
man dazu etwas variieren. Die Gummidichtungen sollten durch geeignetere Gasanschlüsse
ersetzt werden (zum Beispiel Swagelok) um eine höhere Dichtigkeit und damit weniger
Verunreinigung durch Luft zu gewährleisten. Das Driftgas sollte dann auch nicht mehr
durch das Wasser selbst, sondern darüber hinweg strömen. Dadurch wäre der Gasfluss
nicht mehr so stark vom Umgebungsdruck abhängig. Weiterhin sollte das Nadelventil
durch zwei Massenflussregler, einen vor dem Wasserbehälter, einen parallel dazu, ersetzt
werden um tatsächlich einen konstanten Gasfluss zu gewährleisten.
Anstelle des Bubblers sollte ein größeres Gefäß verwendet werden. Strömt das Driftgas
über die Wasseroberfläche wird Wasser in das Gas verdampfen. Durch ein größeres Volumen oberhalb des Wasserspiegels und eine größere Wasseroberfläche sollte es so auch
möglich sein deutlich mehr Wasser in das Gas zu bringen. Weiterhin sollte destilliertes
Wasser verwendet werden, um den Einfluss anderer Inhaltsstoffe auszuschließen. Würde
dann der Wassergehalt noch sowohl vor als auch hinter der Kammer gemessen, könnte
eine mögliche Absorption des Wassers durch die Kaptonfolie untersucht werden.
Diese Messungen konnten leider im Rahmen dieser Diplomarbeit nicht mehr durchgeführt
werden.
68
K APITEL 5. E INFLUSS VON WASSER AUF DIE D RIFTGESCHWINDIGKEIT
Kapitel 6
Zusammenfassung und Ausblick
Diese Arbeit beschäftigt sich mit Simulation und Messung der Gasverstärkung und der
Driftgeschwindigkeit mit einer Gas-Monitor-Kammer für das T2K-Experiment. Alle Messungen werden sowohl mit dem Gas aus den TPCs des T2K-Experiments (T2K-Gas) als
auch mit dem Gas aus dem Technical Design Report des ILC (ILC-Gas) durchgeführt.
M AGBOLTZ wird als Programm zur Simulation der Driftgeschwindigkeit vorgestellt. Desweiteren wird die etwas aufwendigere Simulation der Gasverstärkung mithilfe von G AR FIELD gezeigt. Erste Simulationsergebnisse zeigen, dass die simulierte Gasverstärkung
bereits in der korrekten Größenordung liegt. Die aus Messungen bekannte Abhängigkeit
der Gasverstärkung von der Mesh-Spannung wird ebenfalls bestätigt.
Weiterhin wird eine Methode entwickelt um die temperatur- und druckbedingten Schwankungen der Gasverstärkung und der Driftgeschwindigkeit zu korrigieren. Diese Korrektur
ist dabei im Falle der Gasverstärkung von der Mesh-Spannung und im Falle der Driftgeschwindigkeit vom Driftfeld abhängig :
G0 =
vd0 =
G
/p
(a(UMesh ) · TT/p
− 1) + 1
0 0
vd
/p
(a(EDri f t ) · TT/p
− 1) + 1
0
0
Diese Korrektur wird erfolgreich auf die Gasverstärkung und die Driftgeschwindigkeit in
beiden Gasen angewandt.
Schließlich wird das Driftgas kontrolliert mit Wasser verunreinigt, um den Effekt auf
die Driftgeschwindigkeit zu ermitteln. Es werden drei Methoden zur Wasseranreicherung
vorgestellt, mit zwei dieser Methoden werden Messungen durchgeführt. Dabei werden
Wasserkonzentration im Gas von bis zu 30 ppm erreicht. Die Messergebnisse stimmen
in keinster Weise mit Simulationsdaten aus M AGBOLTZ überein. Mögliche Gründe dafür
werden diskutiert, die Ursache kann jedoch nicht abschließend geklärt werden.
Bei der Simulation der Gasverstärkung ist die Statistik teilweise noch sehr gering. Mit
weiteren Simulationen kann die Genauigkeit der Ergebnisse verbessert werden. Die korrekte Verteilungsfunktion der simulierten Gasverstärkung ist noch nicht endgültig ermittelt. Die bisherigen Daten beruhen auf einer Landau-Verteilung, eine Gamma- oder PolyaVerteilung könnte in diesem Kontext jedoch korrekter sein.
69
70
K APITEL 6. Z USAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Die Verunreinigung des Gases mit Wasser bedarf sicher einer erneuten Messung, um die
Ergebnisse zu bestätigen oder zu widerlegen. Eine mögliche neue Messung wird in der
Arbeit vorgestellt.
Anhang A
M AGBOLTZ- Skript
#!/usr/bin/perl
foreach $efield (200,250,300,350) {
$file_out = sprintf("./magboltz_%i_89.out",$efield);
open(MAGBOLTZ,../../../../magboltz8.9 > $file_out");
select(MAGBOLTZ);
printf("%10i%10i%10i%10.5f\n",
3,
10,
1,
0.0);
printf("%5i%5i%5i%5i%5i\n",
2,
1,
11,
77,
77,
77);
printf("%10.4f%10.4f%10.4f%10.4f%10.4f%10.4f%10.4f%10.4f\n",
95.0,
3.0,
2.0,
0.0,
0.0,
0.0,
25.0,
760.0);
printf("%10.3f%10.3f%10.3f\n",
$efield,
0.2,
0.0);
printf("%1i\n",0);
close(MAGBOLTZ);
select(STDOUT);
}
71
72
A NHANG A. M AGBOLTZ - S KRIPT
Anhang B
G ARFIELD- Skript
Global ps True
If ps Then
< /afs/cern.ch/user/r/rjd/Garfield/Files/garftrans
! rep contour ch-height 0.015
! add meta type PostScript file-name "Lawine.ps"
! open meta
! act meta
Endif
&CELL
Global vmesh = -350
Global vdrift = {vmesh}-274.8*(0.03-0.0128)
nebem periodic-copies 4 target-elem-size 0.0010 max-elem 1
solids
box
wire
wire
centre
half-lengths
dir
voltage
label
conductor-1
centre
direction
radius
half-length
voltage
label
conductor-3
centre
direction
radius
half-length
voltage
label
conductor-3
0
0.0018
0
0 ...
p ...
0
0.0018
0
0 ...
0 ...
-1 ...
0
1
0.0005 ...
0.0018 ...
{vmesh} ...
s ...
0.0018
0
0.0128 ...
0 ...
0.0018
0
0.0005 ...
0.0018 ...
{vmesh} ...
s ...
0
1
0.0128 ...
0 ...
73
74
box
A NHANG B. G ARFIELD - S KRIPT
centre
half-lengths
voltage
label
conductor-1
0
0
0.0018
0.0018
{vdrift} ...
q ...
0.03 ...
0 ...
period x=0.0036
period y=0.0036
&GAS < /net/data_t2k/garfield/gasfiles/input_t2k_gas
&OPT
penning ar* 40
&SIGNAL
area -0.0100 -0.0100 0 0.0100 0.0100 0.0200 view -3*x-2*y+z=0 rot 180 3d
int-par mc-coll 10
Global qe = 1.60217646e-19
Call plot_drift_area
Call microscopic_avalanche(0, 0, 0.0128, `plot-electron`, 50, 1, ... 0,
0, 0, edist, rates, n_e, n_i, 0)
Call avalanche_information(`electrons`,ne)
> /net/data_t2k/garfield/gain_sim/gain_simulation_result_350
Say "Gain = {ne} mesh = {vmesh}"
>
Call plot_end
If ps Then
!deact meta
!close meta
!del meta
Endif
&QUIT
Anhang C
Weitere Graphen zu T/p-Korrekturen
75
76
A NHANG C. W EITERE G RAPHEN ZU T/ P -KORREKTUREN
Abbildung C.1: unkorrigierte Driftgeschwindigkeit gegen Feld aufgetragen mit
angepasstem Polynom dritten Grades
Abbildung C.2: Driftgeschwindigkeit gegen Feld aufgetragen mit angepasstem Polynom
dritten Grades; Die Daten wurden mit der in Kapitel 4.3.2 entwickelten Methode T/pkorrigiert
77
Abbildung C.3: unkorrigierte Driftgeschwindigkeit gegen Feld aufgetragen mit
angepasstem Polynom dritten Grades
Abbildung C.4: Driftgeschwindigkeit gegen Feld aufgetragen mit angepasstem Polynom
dritten Grades; Die Daten wurden mit der in Kapitel 4.3.2 entwickelten Methode T/pkorrigiert
78
A NHANG C. W EITERE G RAPHEN ZU T/ P -KORREKTUREN
Abbildung C.5: zeitlicher Verlauf der Gain- bzw. Feld-Rampe
Literaturverzeichnis
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Nuclear and Particle Physics 37 no. 7A, (2010) 075021. http://pdg.lbl.gov.
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[5] S. Mukhopadhyay and N. Majumdar, “Effect of Finite Dimensions on the Electric
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Nuclear Science (2006) .
[6] D. Cubric, B. Lencova, F. H. Read, and J. Zlamal, “Comparison of FDM, FEM and
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Physics Research A 427 (1999) 357–362.
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T2K-Experiments,” diplomarbeit, RWTH Aachen, 2010.
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(Trinkwasserverordnung),” 2001.
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isobutane and argon-isobutane mixtures at low gas pressures,”.
79
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L ITERATURVERZEICHNIS
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Astroteilchenphysik.”.
[17] A. Stahl, “Elementarteilchenphysik 1 & 2.” 2008.
[18] D. Terhorst, “Entwicklung einer Monitorkammer zur Überwachung des
Driftkammergases der T2K-TPC,” Master’s thesis, RWTH Aachen, 2008.
[19] The T2K ND280 TPC Group, “T2K ND280 TPC Technical Design Report,”
internal document, J-PARC, 2007.
[20] “Super Kamiokande - Webpage.”
http://www-sk.icrr.u-tokyo.ac.jp/sk/index-e.html.
[21] “T2K-Webpage.” http://www.t2k.org/.
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung
anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.
Aachen, 23. Mai 2011
Teja Wrobel
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