Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat an den fünf Samstagen im

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29. August 2009
„Die Politik lebt von der Beteiligung“
In wenigen Wochen sind Bundestagswahlen. Die Wähler haben die Chance, die Politik der
zurück liegenden Jahre zu bewerten und damit die Zukunft auch der Politiker neu zu bestimmen.
Uns Politikern wird immer vorgeworfen nach der Macht zu streben, sie nicht loslassen zu
können und uns dann dem Wähler und Bürger zu entziehen. Ich gebe für mich zu, es war die
Chance, etwas gestalten zu können, die mich vor vielen Jahren in die Politik geführt hat. Ich
habe die Menschen gesehen, die Hilfe brauchten und nicht die Lobby für eine Unterstützung
hatten. Ich wollte einfach nicht nur frustriert auf andere schimpfen, sondern selbst etwas
erreichen. Das war mein Streben nach Macht und vieles von dem, was ich mir vorgenommen
hatte, ist noch nicht zu meiner Zufriedenheit gelöst.
Doch welche Macht haben wir denn? Sie resultiert aus dem Wählervotum und muss immer
wieder erarbeitet und errungen werden. Es sind in den wenigsten Fällen Einzelentscheidungen,
es ist die Grundüberzeugung, die Wahlen für die eine oder andere Partei entscheiden. Welcher
Partei traue ich zu, die Probleme in meinem Sinne zu lösen. Welchen Personen vertraue ich
meine ganz persönliche Zukunft an? Wer hat mich überzeugt oder enttäuscht, wer hat sein
politisches Gewicht für eine Idee oder Überzeugung in die Waagschale eingebracht. Der Wähler
kann selbstverständlich an der Wahlurne nicht wissen, was alles an Problemen im Laufe einer
Legislaturperiode auf uns alle zukommt. Er setzt sein Vertrauen in uns und quittiert unser
Handeln spätestens bei der nächsten Wahl. Weil es aber in der Tagespolitik keinen Fahrplan gibt,
an dem die anstehenden Entscheidungen auszurichten sind, muss über alles diskutiert und
gestritten werden. Ich wünsche mir, dass dieses Ringen um Lösungen noch viel stärker und
positiver bei den Menschen ankommt: Nicht als Zerstrittenheit sondern als ehrliches Bemühen
um den besten Weg. Lassen Sie sich also nicht andauernd von den Medien suggerieren, diese
oder jene Partei sei zerstritten, wenn es um die besten Lösungsvorschläge geht. Hören sie sich
an, wo und wie diskutiert und argumentiert wird.
Ich werbe als Präsidentin des Bayerischen Landtags auch ganz besonders dafür, dass sich die
Menschen jeden Alters selbst noch viel mehr politisch engagieren. Das ist doch die Stärke
unserer Demokratie, dass die politische Einflussnahme vor Ort möglich ist. Wollen wir denn
allen ernstes bei Wahlen eine Mehrheit der Nichtwähler? Menschen die behaupten, man könne
mit seiner Stimmabgabe sowieso nichts ändern, verschenken ihren Einfluss und stärken nur die
extremen Ränder des politischen Spektrums. Unsere Demokratie lebt von der Vielfalt der
Interessen und von der Begeisterung der Menschen, dies auch mitbestimmen zu können. Ich
wünsche mir für die Zukunft mehr Menschen, die über ihr persönliches Interesse hinaus, diese
Welt gestalten und bewegen wollen.
22. August 2009
„Verantwortung der Politik“
Wenn der Deutsche Bundestag und auch der Bayerische Landtag in diesem Jahr ihre
Sommerpause unterbrechen, ist das ein unüberhörbares Signal für die Stellung der Parlamente in
unserem demokratisch verfassten Land.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer wegweisenden Entscheidung zum Lissabonvertrag
deutlich gemacht, dass die europäische Einigung nicht an den Abgeordneten in Deutschland
vorbei ausschließlich durch die Bundesregierung betrieben und entschieden werden darf. Das
hört sich formalistisch und bürokratisch an, ist aber entscheidend für das Gestaltungs- und
Mitwirkungsrecht der gewählten Abgeordneten. Letztlich sind es aber vor allem die Menschen in
unserem Land, die mit dieser Entscheidung in ihrem Einfluss gestärkt werden. Sie haben ihre
Abgeordneten gewählt, sich für eine politische Richtung ausgesprochen und sie müssen es auch
sein, die auf dieses Handeln Einfluss nehmen können oder diese mit ihrer Wahlentscheidung
bestätigen.
Ich will an dieser Stelle aber nicht verhehlen, dass Politik in einer Demokratie und einem
föderalen Staat wie Deutschland und schon gar nicht in der globalen Vernetzung innerhalb
Europas und der Welt stromlinienförmig abläuft. Ich glaube, es sind gerade diese
Zickzackbewegungen der politischen Entscheidungen, die bei den Menschen Frust und
Unverständnis hervorrufen. Immer dann, wenn etwas auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar
ist, fühlen wir uns mehr als unwohl. Wenn ich sage, dass Leistung sich lohnen und die
Steuergesetzgebung dem möglichst bald Rechnung tragen muss, dann ist das angesichts der
wirtschaftlichen Lage schwierig aber dennoch logisch und erstrebenswert. Politisches Handeln
ist eben ein Interessensausgleich, bei dem es fast immer auf Kompromissfähigkeit aber noch
mehr auf ein dahinter stehendes Konzept ankommt. Das was davon in der medialen Verkürzung
bei den Menschen davon ankommt, wird vielfach als „schmutziges Geschäft“ und „Kuhhandel“
abgestraft. Es ist aber der Versuch, viele sicher berechtigte einzelne Interessen zu bündeln und
buchstäblich unter einen Hut zu bringen.
Wir haben und brauchen keine Weltregierung, die sich über alles hinweg setzt. Mein Anliegen ist
es, politische Entscheidungen wenn möglich immer auf der Ebene zu treffen, die sie auch
angehen. Den Kindergarten und den Straßenbau in Stadt und Gemeinde, wo die Menschen vor
Ort vieles besser beurteilen können. Entscheidungen über die Strukturpolitik in den
Bundesländern und damit auch über die Konkurrenzfähigkeit bleiben den Landesparlamenten
vorbehalten. Dazu kommen die Aufgaben des Staates im Bund. Wenn wir ein Europa schaffen
wollen, in dem sich die Menschen wohl und zuhause fühlen, dann muss es ein Europa der
Regionen sein. Europäer sein ohne seine eigene Identität als Bürger in Deutschland und in
Bayern. Sich heimisch und nicht bevormundet zu fühlen.
Was wir brauchen, sind keine Bürokraten, die den Krümmungswinkel der Bananen bestimmen
sondern ein Zusammenwachsen der Menschen. Wir brauchen dazu auch den Sachverstand der
Mandatsträger in den Ländern und Regionen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger!
15. August 2009
„Keine Angst vor dem Alter“
Wie ist das, wenn ich alt werde? Verstehe ich die Welt noch und versteht die Welt mich? Will
ich überhaupt alt werden?
In 40 Jahren wird der Anteil der unter 20-jährigen und der über 80-jährigen Menschen in
Deutschland mit rund 15 Prozent nahezu gleich hoch sein. Wir werden statistisch gesehen
unaufhörlich älter und das schöne daran ist, wir empfinden das überhaupt nicht belastend.
Wir sind und das kann ich ganz persönlich bestätigen, im Alter viel zufriedener als Generationen
vor uns. Wer heute Mitte 60 ist, der geht optimistisch in die Zukunft.
Der Optimismus ist auch ein Beweis dafür, dass die Politik in den zurück liegenden Jahren in
Deutschland viele richtige Weichenstellungen vorgenommen hat. Die trennende Mauer des 13.
August in Berlin ist eine Episode der Geschichte. Unsere Soziale Marktwirtschaft hat sich
bewährt, auch weil sich Leistung und Anstrengung gelohnt haben und uns der Staat im Rahmen
der Subsidiarität den Freiraum für eine eigene Entwicklung gelassen hat. Uns wurde nichts
geschenkt, wir haben zugepackt im guten Vertrauen auf die Zukunft. Sie hat sich aber auch
bewährt, weil unser Sozialstaat niemanden in der Not alleine lässt. Gelebte Solidarität, vom
Mehrgenerationenhaus bis hin zur Pflegeversicherung sind gewichtige Argumente für dieses
Land und diese Gesellschaft.
Ich glaube, diese positive Erinnerung ist maßgeblich für die Zufriedenheit der älteren Menschen
verantwortlich. Deshalb sollten wir all das, was uns bis hierher geführt hat, auch für die Zukunft
sichern. Eben Arbeit mit einem ausreichenden Einkommen und keine Steuerschraube, die uns
auspresst und jeden Erfolg sofort wieder wegnimmt!
Die Menschen haben keine Angst vor dem Alter. Lassen Sie sich nicht von den notorischen
Nörglern und Pessimisten anstecken: Wir haben keine Altersarmut, weil diese Generationen
immer nur das ausgegeben haben was sie hatten. Wir müssen uns vielmehr um die jungen
Familien oder Alleinerziehende mit Kindern kümmern. Die Entscheidung für ein Kind ist eine
Entscheidung für eine funktionierende Gesellschaft voller Freude.
Wer seinen Arbeitsplatz verliert und auf die Hilfe des Staates angewiesen ist, darf nicht in einen
Abwärtsstrudel gezogen werden, der ihm im Alter zwangsläufig ein Auskommen verwehrt.
Alt werden bedeutet heute neue Chancen haben. Es geht darum, Interessen und Neigungen jetzt
endlich pflegen zu können. Ich erlebe viele ältere Menschen, die sich sozial engagieren.
Erfahrungen einbringen, ihre Zeit anderen zur Verfügung stellen, sich einfach viel stärker
beteiligen. Man leistet sich im besten Sinne Gemeinschaft und Beziehungen und verschenkt
Zuneigung und Zeit. Dafür erhält man eine Zufriedenheit zurück, die glücklich macht. Politik
und vor allem die Gesellschaft müssen darauf reagieren, Chancen und Anreize schaffen. Ulrike
Mascher, die Präsidentin des Sozialverband VdK hat hier mit ihren Forderungen völlig recht.
Wir alle kennen die Gebrauchsanweisung: Initiative, Vertrauen, die eigene Anstrengung und
nicht zuletzt die Gemeinschaft Gleichgesinnter, dann haben wir überhaupt keine Angst vor dem
Alter!
8. August 2009
„Die Hoffnung auf die Zukunft ist entscheidend“
Erinnern Sie sich an die Entscheidung der G-20-Staaten im Juli in Italien, die Erwärmung der
Welt gemeinsam zu begrenzen? Ich denke an die Idee, unsere Energieversorgung in Europa mit
der Sonne aus Afrika ein Stück weit sicher zu stellen und dabei auch die wirtschaftliche
Entwicklung dieser Länder zu unterstützen.
All das sind Hoffnungen, die Chancen und Möglichkeiten erkennt anstatt nur die Risiken zu
betonen. Eine Hoffnung, die auf Potentiale setzt und nicht auf Defizite. Keine Blauäugigkeit und
kein blindes Vertrauen aber auch keine Kleingeister und Zauderer und vor allem keine
Bedenkenträger, die nur wissen, was nicht geht. Hoffnungsvolle Erwartungen für ganz
unterschiedliche Lebensphasen und nicht zuletzt eine Hoffnung auf die Bewahrung der
Schöpfung.
Ich will uns daran erinnern, dass wir quer durch unser Arbeitsleben hindurch Hoffnung haben
sollten. Die Hoffnung der jungen Generation eine Perspektive auf Arbeitsplätze mit
ausreichendem Einkommen zu haben. Eine Ausbildung die trägt, ein Job, der Spaß macht. Eine
Arbeitswelt, die Chancen eröffnet und in der sich Anstrengung wieder lohnt. Es ist die Hoffnung
all derer, die in dieser Wirtschaftskrise Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Die Politik hat mit
dem Angebot der Kurzarbeit eine Atempause geschaffen. Jetzt braucht es verantwortungsvolle
Unternehmer, die an morgen und übermorgen denken und nicht die Last auf die Schultern der
Arbeitnehmer abwälzen. Es muss immer wieder daran erinnert werden, dass die Menschen ohne
Arbeit und Einkommen nicht in einer Sackgasse stehen dürfen, die keinen Ausweg bietet.
Wer am Ende des Arbeitslebens angelangt ist, der verbindet die Hoffnung zu allererst mit der
Sicherheit. Mir kommt es darauf an, hier Hoffnung zu machen, um Vertrauen und gleichzeitig
auch um Verständnis zu werben. In den vielen Jahren als Sozialpolitikerin habe ich mich immer
für eine verlässliche und nachvollziehbare Ausgestaltung unserer Sozialversicherung eingesetzt.
Wenn wir heute von Hoffnung reden, dann verbinde ich damit die Hoffnung in unsere Kinder
und Enkel. Sie tragen unsere ganz persönliche Hoffnung in sich, sie sind aber auch die Hoffnung
unserer Gesellschaft. Wir haben in der Politik noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft,
die Hoffnung in die Zukunft unserer Kinder zu untermauern. Die Palette reicht von der
Betreuung der Jüngsten bis zu den Kindergartenplätzen, von der Vereinbarkeit von Kind und
Beruf bis hin zur Möglichkeit, dass Eltern den nötigen Freiraum für die Betreuung der Kinder
haben. Hier ist die Hoffnung Weg und Ziel zugleich und gerade dafür lohnt es sich zu werben.
Wenn ich zum Schluss das Ende unseres Lebens mit der Hoffnung verbinde, dann deshalb, weil
wir vielfach außer der Hoffnung und dem Vertrauen in die Menschlichkeit um uns herum, keine
andere Wahl haben. Wir gestalten nicht mehr selbstverantwortlich sondern hoffen auf
Nächstenliebe, Liebe oder wenigstens rechtsstaatliches Handeln. Mit der Entscheidung des
Deutschen Bundestages zur rechtlichen Sicherheit der Patientenverfügung hat die Hoffnung auf
ein Sterben in Würde neuen Halt bekommen. Auch das ist eine Hoffnung, die uns nicht nur für
viele Jahre das Leben sondern auch den Tod erleichtert.
1. August 2009
„Wider die Gier“
Korrupte Finanzjongleure, Spekulationsgeschäfte und Millioneneinkünfte von Managern sind
heute an der Tagesordnung. Keiner schämt sich für seine Gier und wir stehen dem hilflos
gegenüber.
Nach vielen Dingen zu streben, etwas zu besitzen, für sich im besten Sinne einen Erfolg
erreichen zu wollen, gehört zu unseren Urinstinkten. Dass dieses Verlangen nicht aus dem Ruder
läuft, dafür sorgt über die Menschheitsgeschichte hinweg eine Einbindung in ein Sozialgefüge,
Gewissen, Vernunft und ethisch verantwortliches Handeln und eine Erziehung, die all dies
vorlebt und ihre Wirksamkeit beweist.
Unser Heiliger Vater fordert in seiner letzten Enzyklika von den Menschen und den politisch
Verantwortlichen ethisch korrektes Handeln. Nicht eine beliebige Ethik, sondern eine, die die
Menschen liebt. Der Markt und das Handeln dürften keine Überwältigung des Schwachen durch
den Stärkeren sein. Er spricht von einer Zivilisation der Wirtschaft, spricht von Transparenz,
Anstand und Verantwortung und fordert wirtschaftlich solidarische Formen.
Diese Ethik geht uns in weiten Bereichen mehr und mehr verloren. Wir merken das bei der Gier,
die von uns Besitz ergreift. Eine Gier nach materiellen Besitztümern verbunden beispielsweise
mit einer Anspruchshaltung, koste es was es wolle.
Der Umbruch der Wirtschaftssysteme und die Globalisierung haben einen Wettkampf um
Ressourcen ausgelöst, der scheinbar nur noch Sieger und Besiegte kennt. Es ist eine besondere
Form von Gier, für ein Quentchen mehr Erfolg oder niedrigere Preise die Last auf dem Rücken
der Ärmsten abzuladen. Bei unserem Streben nach unbedingtem Erfolg merken wir dabei gar
nicht, wie wir auch uns Stück für Stück selbst ausbeuten. Wir gönnen uns selbst keine Ruhe,
setzen uns immer mehr unter Druck. Papst Benedikt stellt klar, dass weder Finanzjongleure noch
Unternehmer das Recht hätten, losgelöst von den Interessen anderer Menschen zu handeln. Nach
Jahren der Vergötterung des Marktes müsse wieder der Mensch in den Mittelpunkt von
Wirtschaft und Gesellschaft gestellt werden. Wenn der Erfolg eines Unternehmens so definiert
wird, kann es auch keine Bonuszahlungen für Manager geben, die bildlich gesprochen, um der
eigenen Gier willen, eine verbrannte Erde hinterlassen.
Weil Erfolg und Wohlstand so eng beieinander liegen übertragen wir diese Gier auf uns selbst
und unsere Ansprüche an die Welt. Zur Gier gehören eben nicht nur dubiose Angebote sondern
auch diejenigen, die glauben, die Wirklichkeit mit ihren Gefahren einfach nach Bedarf
ausblenden zu können.
Was mir Sorge bereitet, ist die geradezu exhibitionistische Gier vieler Menschen nach
Aufmerksamkeit. Dafür, dass die Öffentlichkeit von einem Notiz nimmt, stülpt man sein Inneres
nach Außen und gibt sich der Lächerlichkeit hin. Dass dabei die bewusste Inszenierung Regie
führt, macht diese Auftritte so pervers. Die dabei erreichte Anerkennung hat nur die Halbwertzeit
einer Sternschnuppe und gleich ihr verglüht der Einzelne ohne auch nur eine Spur der
Erinnerung zu hinterlassen.
Auch wenn es angesichts der rauen Wirklichkeit viel Überzeugungskraft bedarf, ethisch
verantwortliches Handeln hilft nicht nur den anderen sondern hilft uns letztlich auch selbst. Die
damit verbundene Anerkennung hinterlässt Spuren!
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