Kapitel 4 Theorien und Modelle Ausdrucksstärke und Ausdrucksschwäche der Prädikatenlogik erster Stufe Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 1/1 Übersicht 4.1 Theorien und deren Modelle 4.2 Elementare und ∆-elementare Strukturklassen 4.3 Beispiele elementarer Klassen 4.4 Isomorphie und elementare Äquivalenz 4.5 Grenzen der Prädikatenlogik erster Stufe: Nicht-∆-elementare Klassen. 4.6 Die Prädikatenlogik 2. Stufe Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 2/1 Übersicht In der Modelltheorie untersucht man den Zusammenhang zwischen mathematischen Strukturen und deren Sprachen (erster Stufe). Ein spezieller Aspekt dieser Theorie, auf den wir in diesem Kapitel näher eingehen, ist die Frage der Beschreibbarkeit mathematischer Strukturen in der Prädikatenlogik erster Stufe (PL1) oder allgemeiner der Zusammenhang zwischen mathematischen Strukturen und Theorien. Hierzu erinnern wir zunächst an den Begriff der (L-)Theorie T und der Modellklasse Mod(T ) von solch einer Theorie T . Hierbei können wir nun wegen des Adäquatheitssatzes die ursprünglich syntaktisch definierten zugehörigen Konzepte auch semantisch definieren. (Kapitel 4.1) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 3/1 Übersicht Wir nennen dann eine Klasse S von Strukturen ∆-elementar, wenn diese die Modellklasse einer Theorie ist, und wir nennen S elementar, wenn S Modellklasse einer endlichen Theorie ist (oder - äquivalent hierzu Modelklasse eines einzelnen Satzes ist). Die ∆-elementaren Klassen sind also die Strukturklassen, die sich in der Prädikatenlogik erster Stufe (PL1) mit Hilfe von (möglicherweise unendlich vielen) Sätzen eindeutig beschreiben lassen, während sich die elementaren Klassen durch einen Satz (oder äquivalent hierzu: durch endlich viele Sätze) von PL1 eindeutig beschreiben lassen. (Kapitel 4.2) Wir geben dann eine Reihe von Beispielen von elementaren Klassen an, wie z.B. Lineare Ordnungen, Gruppen und Körper. (Kapitel 4.3) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 4/1 Übersicht Als nächstes betrachten wir die Frage der Beschreibbarkeit einzelner Strukturen. Hierbei beobachten wir zunächst, dass sich Strukturen stets nur bis auf Isomorphie beschreiben lassen. Hierbei sind - anschaulich gesprochen - zwei Strukturen isomorph - wenn diese durch “Umbenennen” der Individuen auseinanander hervorgehen. Wir stellen dann dem Begriff der Isomorphie den Begriff der elementaren Äquivalenz gegenüber, wobei zwei (L-)Strukturen elementar aquivalent sind, wenn in ihnen dieselben (L-)Sätze gelten. Die Frage der eindeutigen Beschreibbarkeit einer einzelnen (L-)Struktur A lässt sich dann auf die Frage reduzieren, ob alle zu A elementar äquivalenten Strukturen isomorph zu A sind oder - anders ausgedrückt - ob die Struktur A durch ihre Theorie Th(A) = {σ : A � σ} bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt ist. (Kapitel 4.4) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 5/1 Übersicht Grenzen der Beschreibbarkeit von Strukturen und Strukturklassen in PL1 ergeben sich aus dem Kompaktheitssatz. Mit Hilfe des Kompaktheitssatzes werden wir Beispiele von Strukturklassen angeben, die � � zwar ∆-elementar aber nicht elementar sind bzw. nicht einmal ∆-elementar - also in PL1 nicht beschreibbar sind. Letzteres trifft z.B. auf die Klasse der endlichen (L-)Strukturen, die Klasse der Wohlordnungen und die Klasse der Körper endlicher Charakteristik zu. Weiter zeigen wir, dass sich die Struktur der natürlichen Zahlen in PL1 nicht bis auf Isomorphie beschreiben lässt. (Kapitel 4.5) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 6/1 Zum Abschluss werden wir dann eine Erweiterung der Prädikatenlogik erster Stufe - nämlich die Prädikatenlogik 2. Stufe (PL2) - einführen, in der die beobachteten Ausdrucksschwächen von PL1 nicht auftreten. Wir werden daraus folgern, dass es keinen adäquaten Kalkül für diese stärkere Logik geben kann, d.h. dass der Wahrheitsbegriff von PL2 nicht adäquat durch einen Beweisbarkeitsbegriff beschrieben werden kann. (Kapitel 4.6) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 7/1 Konventionen Ist im Folgenden eine Struktur A nicht näher gekennzeichnet, so gehen wir davon aus, dass A die Struktur A = (A; (RiA |i ∈ I ); (fjA |j ∈ J); (ckA |k ∈ K )) der Signatur σ = σ(A) = ((ni |i ∈ I ); (mj |j ∈ J); K ) ist. Entsprechend ist die Sprache L - falls nicht anderweitig gesagt - die Sprache der Signatur σ = σ(A) = ((ni |i ∈ I ); (mj |j ∈ J); K ). Weiter gehen wir davon aus, dass Strukturen A und Sprachen L stets zueinander passen. Sprechen wir also im Zusammenhang mit der Sprache L von der Struktur A, so gehen wir davon aus, dass A eine L-Struktur ist, und erwähnen wir im Zusammenhang mit der Struktur A die Sprache L, so gehen wir davon aus, dass L die Sprache von A ist, also σ(L) = σ(A) gilt. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 8/1 4.1 Theorien und deren Modelle Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 9/1 Theorien (Wiederholung) Wir erinnern an den bereits in Kapitel 3.5 eingeführten Begriff der Theorie: DEFINITION. Eine (L-)Theorie T ist ein Paar T = (L, Σ), wobei L eine Sprache der Prädikatenlogik und Σ eine Menge von L-Sätzen ist. L heisst die Sprache der Theorie T und Σ die Menge der Axiome von T . Die Theorie T ist endlich, falls die Menge Σ ihrer Axiome endlich ist. Die Sprache der Theorie T = (L, Σ) bezeichnen wir auch mit L(T ). Ist diese aus dem Kontext bekannt, so identifizieren wir die Theorie T auch mit deren Axiomenmenge Σ. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 10 / 1 Modellklasse einer Theorie (Wiederholung) DEFINITION. Die Modellklasse Mod(T ) einer L-Theorie T = (L, Σ) ist die Menge aller L-Strukturen, die Modell der Axiomenmenge Σ von T sind (d.h. in denen alle Sätze aus Σ gelten): Mod(T ) = Mod(Σ) = {A : A � Σ} Ist A Modell von Σ so nennen wir A auch Modell von T und schreiben anstelle von A � Σ entsprechend A � T . Ähnlich schreiben wir statt Σ � ϕ auch T � ϕ und sagen, dass ϕ aus T folgt. NB: Für L-Theorien T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) mit Σ ⊆ Σ� gilt Mod(T � ) ⊆ Mod(T ). (Die Umkehrung gilt dagegen i.A. nicht; s.u.) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 11 / 1 Deduktiver Abschluss von Theorien: Definition In Kapitel 3.5 hatten wir zwischen dem (syntaktischen) deduktiven Abschluss C� (T ) = {σ : T � σ} von T und dem semantischen Abschluss C� (T ) = {σ : T � σ} von T unter Folgerungen unterschieden. Wegen des Adäquatheitssatzes fallen diese Klassen zusammen und wir bezeichnen diese im Folgenden einfach mit C (T ): DEFINITION. Der deduktive Abschluss C (T ) einer Theorie T = (L, Σ) ist die Menge aller Folgerungen aus T : C (T ) = {σ : T � σ}. T = (L, Σ) heisst deduktiv abgeschlossen, falls Σ = C (T ) gilt. KONVENTIONEN. Für T = (L, Σ) schreiben wir statt C (T ) auch C (Σ). Weiter fassen wir C (T ) manchmal auch als die L-Theorie C (T ) = (L, C (Σ)) auf. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 12 / 1 Deduktiver Abschluss von Theorien: Eigenschaften LEMMA 1 (Transitivität des ded. Abschlusses). Seien T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) L-Theorien. Dann gilt: Σ ⊆ Σ� ⇒ C (T ) ⊆ C (T � ) LEMMA 2. Sei T = (L, Σ) eine L-Theorie. Dann gilt: (i) Σ ⊆ C (T ) (ii) C (C (T )) = C (T ) (d.h. der deduktive Abschluss on T ist deduktiv abgeschlossen) (iii) Mod(T ) = Mod(C (T )) BEWEISE: Lemma 1 und Lemma 2 (ii) folgen aus der Monotonie bzw. Transitivität von �. Die übrigen Teile von Lemma 2 sieht man wie folgt ein: (i) gilt, da Σ � σ für alle σ ∈ Σ gilt. Da wegen (i) die Inklusion Mod(C (T )) ⊆ Mod(T ) gilt, genügt es zum Nachweis von (iii) die Inklusion Mod(T ) ⊆ Mod(C (T )) zu zeigen. Diese folgt aber unmittelbar aus der Tatsache, dass (per definitionem) jedes Modell von Σ auch Modell aller Sätze σ mit Σ � σ ist. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 13 / 1 Gleichheit von Theorien: Definition DEFINITION. Zwei L-Theorien T und T � sind gleich oder äquivalent (kurz: T ∼ T � ), falls T und T � denselben deduktiven Abschluss haben, d.h. falls C (T ) = C (T � ) gilt. NB Haben die L-Theorien T und T � dieselbe Axiomenmenge, so sind diese Theorien offensichtlich gleich. Aus der Gleichheit von L-Theorien T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) folgt aber i.A. nicht, dass Σ = Σ� gilt: BEISPIEL 1: Die L-Theorien T = (L, ∅) und T � = (L, {σ : ag [σ]}) sind gleich, da C (∅) = C ({σ : ag [σ]}) = {σ : ag [σ]} gilt, wogegen offensichtlich ∅ = � {σ : ag [σ]} gilt. Dies Beispiel zeigt auch, dass eine endliche Theorie (nämlich T = (L, ∅)) äquivalent zu einer unendlichen Theorie (nämlich T � = (L, {σ : ag [σ]})) sein kann. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 14 / 1 Gleichheit von Theorien: Eigenschaften LEMMA 3. Für L-Theorien T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) gilt: (i) T ∼ T � ⇔ [Σ� ⊆ C (Σ) und Σ ⊆ C (Σ� )] (ii) T ∼ T � ⇔ Mod(T ) = Mod(T � ) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 15 / 1 Gleichheit von Theorien: Beweis von Lemma 3 (i) T ∼ T� “⇒”: “⇐”: ⇒ C (Σ) = C (Σ� ) (nach Definition) ⇒ Σ ⊆ C (Σ� ) & Σ� ⊆ C (Σ) (nach Lemma 2(i)) Σ ⊆ C (Σ� ) & Σ� ⊆ C (Σ) ⇒ C (Σ) ⊆ C (Σ� ) & C (Σ� ) ⊆ C (Σ) (nach Lemmas 1 und 2(ii)) ⇒ C (Σ) = C (Σ� ) ⇒ T ∼ T� Mathematische Logik (WS 2012/13) (nach Definition) Kap. 4: Theorien und Modelle 16 / 1 Gleichheit von Theorien: Beweis von Lemma 3 (ii) “⇒”: ⇒ ⇒ ⇒ “⇐”: T ∼ T� C (T ) = C (T � ) Mod(C (T )) = Mod(C (T � )) Mod(T ) = Mod(T � ) (nach Definition) (nach Lemma 2(iii)) (Beweis durch Kontraposition) ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ T �∼ T � C (T ) �= C (T � ) C (T ) ⊂ C (T � ) ∃ σ : T � � σ & T �� σ ∃A:A�T &A� � σ A�T &A� � T� Mod(T ) �= Mod(T � ) Mathematische Logik (WS 2012/13) (nach Definition) (o.B.d.A.; Symmetrie) (nach Def. des ded. Abschlusses) (nach Def. von �; σ w.o.) (nach Def. von �; A, σ w.o.) Kap. 4: Theorien und Modelle 17 / 1 Teiltheorien DEFINITION. Sind T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) L-Theorien, so ist T eine Teiltheorie von T � (T ⊆ T � ), falls Σ ⊆ Σ� gilt (also jedes Axiom von T auch Axiom von T � ist). WARNUNG. Aus T ∼ T � folgt im allgemeinen nicht, dass T ⊆ T � gilt. Aus T ∼ T � folgt nämlich nur, dass C (Σ) = C (Σ� ) gilt, während aus T ⊆ T � folgt, dass Σ ⊆ Σ� gilt. So gilt z.B. für die Theorien T und T � aus Beispiel 1, dass T ∼ T � (und T ⊆ T � ) aber T � �⊆ T . Es gilt jedoch (wie man sich leicht überlegt) stets (wobei wir C (T ) und C (T � ) als Theorien auffassen; s. frühere Konvention): T ⊆ C (T ) T ⊆ T� & T� ⊆ T ⇒ T ∼ T� T ∼ T � ⇔ C (T ) ∼ C (T � ) ⇔ C (T ) ⊆ C (T � ) & C (T � ) ⊆ C (T ) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 18 / 1 Theorie einer Struktur (Wiederholung) Mit der Modellklasse Mod(T ) ordnen wir einer L-Theorie T eine Klasse von L-Strukturen zu, nämlich deren Modelle. Umgekehrt kann man einer L-Struktur A eine L-Theorie Th(A) zuordnen, nämlich die L-Theorie, deren Axiome gerade diejenigen Sätze sind, die in A gelten. DEFINITION. Die (elementare) Theorie Th(A) einer L-Struktur A ist die L-Theorie Th(A) = (L, Σ) mit Σ = {σ : A � σ}. Offensichtlich ist A Modell der Theorie Th(A). In der Tat ist Th(A) die “größte” Theorie, von der A Modell ist. D.h. es gilt: A � T ⇔ T ⊆ Th(A) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 19 / 1 Erfüllbare und vollständige Theorien: Definitionen (Wiederholung) DEFINITION. Eine L-Theorie T = (L, Σ) ist erfüllbar, wenn deren Axiomenmenge Σ ein Modell besitzt (also die Modellklasse Mod(T ) von T nicht leer ist). (semantisch) vollständig, falls für jeden L-Satz σ Σ � σ oder Σ � ¬σ gilt. NB. Nach dem Adäquatheitssatz dürfen wir in der Definition die semantischen Konzepte durch deren syntaktische Gegenstücke ersetzen. So ist T genau dann erfüllbar, wenn T konsistent ist, und T genau dann (semantisch) vollständig, wenn T (syntaktisch) vollständig ist (wie in Kapitel 3 definiert). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 20 / 1 Erfüllbare und vollständige Theorien: Eigenschaften Wie bereits früher gezeigt, ist eine L-Theorie T genau dann erfüllbar, wenn aus ihr kein Widerspruch folgt (d.h., wenn es keinen L-Satz σ mit T � σ und T � ¬σ gibt). Eine Theorie T ist daher genau dann erfüllbar und vollständig, wenn für jeden L-Satz σ entweder T � σ oder T � ¬σ (also entweder σ ∈ C (Σ) oder ¬σ ∈ C (Σ)) gilt. Beispiele für erfüllbare und vollständige Theorien sind (wie man leicht zeigt) die Theorien von Strukturen: LEMMA 4. Für jede L-Struktur A ist Th(A) erfüllbar und vollständig. (In Kapitel 3.8 haben wir gezeigt, dass auch die Umkehrung gilt (Satz über erfüllbare und vollständige Theorien).) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 21 / 1 4.2 Elementare und ∆-elementare Strukturklassen Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 22 / 1 Definierbarkeit in PL1 Wir haben bereits die Modellklasse Mod(T ) = {A : A � T } = {A : A ist Modell aller Axiome von T } einer Theorie T = (L, Σ) betrachtet, die gerade die Klasse der Modelle der Satzmenge Σ enthält und die wir im Folgenden auch mit Mod(Σ) bezeichnen. Entsprechend bezeichnen wir die Modellklasse eines einzelnen Satzes σ mit Mod(σ) = {A : A � σ} (d.h. Mod(σ) = Mod({σ})). Diese Modellklassen Mod(σ) und Mod(Σ) sind die Klassen von (L-)Strukturen, die sich durch einzelne Sätze bzw. durch Mengen von Sätzen in PL1 definieren lassen. Wir nennen solche Klassen elementare bzw. ∆-elementare Klassen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 23 / 1 Elementare und ∆-elementare Klassen DEFINITION. Eine Klasse K von L-Strukturen ist elementar (oder elementar definierbar), falls es einen L-Satz σ gibt mit K = Mod(σ). K ist ∆- elementar (oder ∆-elementar definierbar), falls es eine L-Theorie T gibt mit K = Mod(T ) (oder - anders ausgedrückt - eine Menge Σ von L-Sätzen gibt mit K = Mod(Σ)). (Der Griechische Buchstabe Delta steht hierbei für “Durchschnitt”, da - wie wir gleich zeigen werden - sich die ∆-elementaren Klassen gerade als die Durchschnitte von elementaren Klassen beschreiben Klassen.) Im nächsten Abschnitt werden wir uns eine Reihe von Beispielen von elementaren und ∆-elementaren Klassen ansehen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 24 / 1 Abschlusseigenschaften (1) LEMMA 1. Eine Klasse K von L-Strukturen ist genau dann ∆-elementar, wenn K der Durchschnitt von elementaren Klassen von L-Strukturen ist. BEWEIS. Dies folgt aus der Beobachtung, dass die Modellklasse einer Menge von Sätzen Σ gerade der Durchschnitt der Modellklassen der Sätze in Σ ist: � Mod(Σ) = Mod(σ) σ∈Σ Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 25 / 1 Abschlusseigenschaften (2) LEMMA 1’: Die Familie der ∆-elementaren Strukturklassen ist gegen beliebige Durchschnitte abgeschlossen: Sind die Klassen Ki (i ∈ I ) ∆-elementar, so ist auch die Klasse � K= Ki i∈I ∆-elementar. Insbesondere ist also die Familie der∆-elementaren Strukturklassen gegen Durchschnitt (d.h. endliche Durchschnitte) abgeschlossen. BEWEIS. Dies folgt unmittelbar aus Lemma 1. Man kann den Beweis aber auch leicht direkt führen: Gilt Ki = Mod(Σi ) so ist � K = Mod( Σi ). i∈I (NB: � i∈I Mod(Σi ) = Mod( Mathematische Logik (WS 2012/13) � i∈I Σi )) Kap. 4: Theorien und Modelle 26 / 1 Abschlusseigenschaften (3) LEMMA 2. Die Familie der elementare Klassen von L-Strukturen ist abgeschlossen gegen: (i) Vereinigung (d.h. K0 , K1 elementar ⇒ K0 ∪ K1 elementar) (ii) Durchschnitt (d.h. K0 , K1 elementar ⇒ K0 ∩ K1 elementar) (iii) Komplement (d.h. K elementar ⇒ K = {A L-Struktur : A �∈ K} elementar) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 27 / 1 Abschlusseigenschaften (4): Beweis von Lemma 2 BEWEIS von Teil (i) von Lemma 2: K0 , K1 elementar ⇒ K0 = Mod(σ0 ) & K1 = Mod(σ1 ) (für σ0 , σ1 geeignet) ⇒ K0 ∪ K1 = Mod(σ0 ) ∪ Mod(σ1 ) = Mod(σ0 ∨ σ1 ) (ii) und (iii) folgen analog mit Mod(σ0 ) ∩ Mod(σ1 ) = Mod(σ0 ∧ σ1 ) und Mod(σ) = Mod(¬σ). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 28 / 1 Abschlusseigenschaften (5) Im Gegensatz zu der Familie der elementaren Klassen ist die Familie der ∆-elementaren Klassen nicht gegen Komplement abgeschlossen, und damit (wegen Lemma 1’ und den DeMorganschen Regeln auch nicht gegen Vereinigung): LEMMA 3. Die Familie der ∆-elementare Klassen von L-Strukturen ist nicht abgeschlossen gegen: (i) Vereinigung (ii) Komplement Wir verschieben den Beweis auf Abschnitt 4.5 und bemerken hier nur vorab, dass man mit Hilfe des Kompaktheitssatzes ein geeignetes Gegenbeispiel finden kann. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 29 / 1 4.3 Beispiele elementarer Klassen Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 30 / 1 Überblick Wir betrachten 4.3.1 Strukturen gegebener Mächtigkeit 4.3.2 Ordnungen 4.3.3 Gruppen und Körper Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 31 / 1 4.3.1 Strukturen gegebener Mächtigkeit Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 32 / 1 Anzahlformeln Sei L eine beliebige Sprache der Prädikatenlogik erster Stufe. Mit Hilfe folgender Anzahlformeln (n ≥ 1): � ϕ≥n :≡ ∃x1 . . . ∃xn ( 1≤i<j≤n xi �= xj ) ϕ≤n :≡ ∃x1 . . . ∃xn ∀x( ϕ=n :≡ ϕ≤n ∧ ϕ≥n � 1≤i≤n x = xi ) (1) können wir folgende Aussagen über die Größe von L-Strukturen A = (A; . . . ) machen: A � ϕ≥n ⇔ |A| ≥ n A � ϕ≤n ⇔ |A| ≤ n A � ϕ=n ⇔ |A| = n (2) BEMERKUNG: Alternativ könnte man ϕ≤n :≡ ¬ϕ≥n+1 setzen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 33 / 1 Die Modelle der Anzahlformeln Für die Klassen Mn := {A : |A| = n} (n ≥ 1) M≥n := {A : |A| ≥ n} (n ≥ 1) M≤n := {A : |A| ≤ n} (n ≥ 1) Minf := {A : A unendlich} gilt daher: Mathematische Logik (WS 2012/13) Mn = Mod(ϕn ) M≤n = Mod(ϕ≤n ) M≥n = Mod(ϕ≥n ) Minf = Mod({ϕ≥n : n ≥ 1}) Kap. 4: Theorien und Modelle 34 / 1 In PL1 definierbare Mächtigkeiten Aus den vorhergehenden Beobachten erhalten wir unmittelbar: LEMMA. Für jede Sprache L und für alle n ≥ 1 sind die Klassen Mn , M≤n und M≥n elementar und die Klasse Minf ∆-elementar. In Kapitel 4.5 werden wir diesen positiven Definierbarkeitsergebnissen die folgenden negativen Ergebnisse gegenüberstellen: Die Klasse Minf der unendlichen L-Strukturen ist nicht elementar. Minf lässt sich also mit Hilfe unendlich vieler Sätze beschreiben nicht aber mit Hilfe eines einzelnen Satzes. Die Klasse Minf := {A : A endlich} der endlichen L-Strukturen ist nicht ∆-elementar, lässt sich also in PL1 überhaupt nicht definieren. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 35 / 1 4.3.2 Ordnungen Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 36 / 1 Die Sprache L(<) der Ordnungen Über (partielle) Ordnungen können wir in der Sprache L = L(<) sprechen, in der < ein zweistelliges Relationszeichen ist, das wir als die (strikte) Ordnungsrelation interpretieren. BEMERKUNG. Alternativ könnten wir auch die Sprache L = L(≤) verwenden, wobei wir das Relationszeichen ≤ als die nichtstrikte Ordnungsrelation interpretieren (wie wir dies in Beispielen in Kapitel 3.5 gemacht haben). Die Äquivalenz der beiden sprachlichen Ansätze ergibt sich daraus, dass man ≤ in der Sprache L(<) und umgekehrt < in der Sprache L(≤) wie folgt definieren kann: t ≤ t � :≡ t < t � ∨ t = t � t < t � :≡ t ≤ t � ∧ t �= t � Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 37 / 1 Partielle und lineare Ordnungen Eine partielle Ordnung P = (P, <P ) erfüllt das Irreflexivitäts- und Transitivitätsgesetz. In einer linearen (oder totalen) Ordnung gilt zusätzlich das Konnexitäts- oder Totalitätsgesetz. Diese Gesetze lassen sich durch L-Formeln wie folgt ausdrücken (wobei wir für < die Infixschreibweise verwenden): π1 π2 π3 ≡ ≡ ≡ ∀x¬(x < x) ∀x∀y ∀z(x < y ∧ y < z → x < z) ∀x∀y (x < y ∨ x = y ∨ y < x) Irreflexivität Transitivität Totalität Es gilt also: TPO = (L, {σPO }) mit σPO :≡ π1 ∧ π2 ist die Theorie der partiellen Ordnungen TLO = (L, {σLO }) mit σLO :≡ π1 ∧ π2 ∧ π3 ist die Theorie der linearen Ordnungen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 38 / 1 Elementarität der partiellen und totalen Ordnungen Definieren wir PO := {A : A ist (L(<)-Struktur und) eine partielle Ordnung} LO := {A : A ist (L(<)-Struktur und) eine lineare Ordnung} so gilt also PO = Mod(TPO ) = Mod(σPO ) und LO = Mod(TLO ) = Mod(σLO ) Die Klassen der partiellen bzw. linearen Ordnungen sind also elementar: LEMMA. Die Klassen PO und LO der partiellen bzw. linearen Ordnungen sind elementar. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 39 / 1 Spezielle totale Ordnungen Spezielle Typen von Ordnungen, die ebenfalls elementar sind, sind die dichten bzw. diskreten linearen Ordnungen sowie die linearen Ordnungen mit (bzw. ohne) kleinstem/größtem Element (Übung). In Abschnitt 4.5 werden wir dagegen zeigen, dass die Klasse der Wohlordnungen nicht ∆-elementar ist. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 40 / 1 4.3.3 Gruppen und Körper Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 41 / 1 Gruppen und Körper Abschließend betrachten wir noch einige der zentralen algebraischen Strukturen und deren Theorien, nämlich (abelsche) Gruppen und Körper. Wir werden zeigen, dass die Klassen der Gruppen, abelschen Gruppen, und Körper elementar sind: Die üblichen Gruppen-Axiome etc. lassen sich nämlich durch Sätze der Prädikatenlogik erster Stufe beschreiben. Da man weiterhin in jedem Fall mit endlich vielen Axiomen auskommt, kann man die Axiome zu einem Satz zusammenfassen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 42 / 1 Die Sprache L(+; 0) der Gruppen Um über Gruppen zu sprechen, verwenden wir im Folgenden die Sprache L = L(+; 0), wobei wir das 2-stellige Funktionszeichen + als die Verknüpfungsoperation und die Konstante 0 als deren neutrales Element interpretieren. Für + verwenden wir wie üblich die Infixschreibweise. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 43 / 1 Gruppenaxiome und Gruppentheorie Die Gruppenaxiome lassen sich in der Sprache L durch folgende Sätze beschreiben: γ1 γ2 γ3 ≡ ≡ ≡ ∀x∀y ∀z((x + y ) + z = x + (y + z)) ∀x(0 + x = x) ∀x∃y (y + x = 0) Assoziativität 0 linksneutral Existenz von Linksinversen Es ist also TG = (L, {γ1 , γ2 , γ3 }) die Gruppentheorie, das heißt die Modelle von TG sind gerade die Gruppen: Mod(TG ) = {A : A ist (L(+; 0)-Struktur und) eine Gruppe} Da man die endlich vielen Axiome von TG zu einem Satz σG :≡ γ1 ∧ γ2 ∧ γ3 zusammenfassen kann, gilt also: LEMMA. Die Klassen G der Gruppen ist elementar. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 44 / 1 Abelsche Gruppen Eine Gruppe G = (G ; +G ; 0G ) ist abelsch oder kommutativ, wenn sie das Kommutativgesetz γ4 ≡ ∀x∀y (x + y = y + x) Kommutativität erfüllt. Die Klasse Ga der abelschen Gruppen ist also ebenfalls elementar, da Ga = Mod(γ1 ∧ γ2 ∧ γ3 ∧ γ4 ) gilt. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 45 / 1 Die Sprache der Körper Als Sprache der Körper wählen wir L = L(+, ·; 0, 1), wobei die 2-stelligen Funktionszeichen + und · die Körperaddition bzw. -multiplikation beschreiben und die Konstanten 0 und 1 die zugehörigen neutralen Elemente bezeichnen. Wir benutzen wiederum die Infixschreibweise für + und ·. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 46 / 1 Körperaxiome In einem Körper K = (K , +K , ·K , 0K , 1K ) ist (K , +K , 0K ) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 0K , (K \ {0K }, ·K , 1K ) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 1K und es gilt das Distributivgesetz a ·K (b +K c) = (a ·K b) +K (a ·K c). Die Körperaxiome lassen sich durch folgende L-Sätze γ1 , . . . , γ4 , γ1� , . . . , γ4� , δ beschreiben, wobei γ1 , . . . , γ4 gerade die bereits eingeführten Gruppenaxiome (inkl. Kommutativität) sind, während γ1� , . . . , γ4� und δ die wie folgt definierten entsprechenden Axiome für die Multiplikation bzw. das Distributivgesetz sind: γ 1� γ 2� γ 3� γ 4� δ ≡ ≡ ≡ ≡ ≡ Mathematische Logik (WS 2012/13) ∀x∀y ∀z((x · y ) · z = x · (y · z)) ∀x(1 · x = x) ∀x∃y (x �= 0 → y · x = 1) ∀x∀y (x · y = y · x) ∀x∀y ∀z(x · (y + z) = (x · y ) + (x · z)) Kap. 4: Theorien und Modelle 47 / 1 Die Klasse der Körper ist elementar Die Körpertheorie TK besteht also gerade aus den Axiomen γ1 , γ2 , γ3 , γ4 , γ1� , γ2� , γ3� , γ4� , δ. In anderen Worten: eine L-Struktur A ist genau dann ein Körper, wenn A ein Modell der Konjunktion σK :≡ γ1 ∧ γ2 ∧ γ3 ∧ γ4 ∧ γ1� ∧ γ2� ∧ γ3� ∧ γ4� ∧ δ dieser Axiome ist. LEMMA. Die Klasse der Körper ist elementar. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 48 / 1 Charakteristik von Körpern Ein Körper K hat Charakteristik p ≥ 1, wenn 1 + ··· + 1 = 0 � �� � p-mal gilt und p minimal mit dieser Eigenschaft ist. K hat endliche Charakteristik, wenn K Charakteristik p für ein p ≥ 1 hat, und K hat unendliche Charakteristik oder Charakteristik 0, wenn K nicht endliche Charakteristik hat. BEMERKUNG. Hat ein Körper Charakteristik p ≥ 1, so ist p eine Primzahl. Umgekehrt gibt es zu jeder Primzahl p einen Körper der Charakterisktik p. Ein Körper der Charakteristik 0 ist z.B. der Körper R = (R; +, ·; 0, 1) der reellen Zahlen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 49 / 1 Charakteristik von Körpern: Definierbarkeit in PL1 LEMMA. (i) Für p ≥ 1 ist die Klasse Kp der Körper der Charakteristik p elementar. (ii) Die Klasse K0 der Körper der Charakteristik 0 ist ∆-elementar. BEWEIS. (i) Es gilt Kp = Mod(σK ∧ χp ) für χp ≡ 1 + · · · + 1 = 0 � �� � p-mal (wobei der Term auf der linken Seite beliebig aber fest geklammert sei). (ii) Es gilt K0 = Mod(Σ) für Σ = {σK } ∪ {¬χp : p ≥ 1}. Wie wir in Kapitel 4.5 zeigen werden, gilt jedoch: Die Klasse K0 der Körper der Charakteristik 0 ist nicht elementar. Die Klasse Kfin der Körper endlicher Charakteristik ist nicht ∆-elementar. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 50 / 1 4.4 Isomorphie und elementare Äquivalenz Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 51 / 1 Während manche Theorien dazu dienen, viele unterschiedliche Strukturen zu beschreiben, die gewisse Gemeinsamkeiten haben (wie z.B. die Gruppentheorie, deren Modelle gerade die Gruppen sind), sollen manche Theorien einzelne Strukturen beschreiben (wie z.B. die Theorie der Arithmetik zur Beschreibung der Struktur der natürlichen Zahlen mit Addition und Multiplikation). Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass man eine Struktur nur bis auf Isomorphie beschreiben kann. D.h. ist eine Struktur A Modell einer Theorie T , so ist auch jede zu A isomorphe Struktur Modell dieser Theorie. Um dies zu präzisieren, müssen wir zunächst den Isomorphiebegriff einführen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 52 / 1 Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Sprache L = L((Ri |i ∈ I ); (fj |j ∈ J); (ck |k ∈ K )) vom Typ σ = σ(L) = ((ni |i ∈ I ); (mj |j ∈ J); K ) gegeben ist. Weiter seien und A = (A; (RiA |i ∈ I ); (fjA |j ∈ J); (ckA |k ∈ K )) B = (B; (RiB |i ∈ I ); (fjB |j ∈ J); (ckB |k ∈ K )) L-Strukturen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 53 / 1 Isomorphismen und Isomorphie DEFINITION. (a) Ein (L-)Isomorphismus f von A nach B (f : A ∼ = B) ist eine bijektive Abbildung f : A → B, die mit den ausgezeichneten Relationen, Funktionen und Konstanten von L wie folgt verträglich ist: (a1 , . . . , ani ) ∈ RiA ⇔ (f (a1 ), . . . , f (ani )) ∈ RiB (für alle (a1 , . . . , ani ) ∈ Ani und alle i ∈ I ) f (fjA (a1 , . . . , amj )) = fjB (f (a1 ), . . . , f (amj )) (für alle (a1 , . . . , amj ) ∈ Amj und alle j ∈ J) f (ckA ) = ckB (für alle k ∈ K ). (b) A und B sind isomorph (A ∼ = B), falls es einen Isomorphismus f von A nach B gibt. Anschaulich ist also ein Isomorphismus f von A nach B eine “Umbenennungsfunktion” (wobei jeder “Name” a aus A in einen “Namen” f (a) aus B umbenannt wird, verschiedene Namen durch verschiedene Namen ersetzt werden, und B gerade die Menge der neuen Namen ist), die mit der Interpretation der nichtlogischen Zeichen (d.h. Funktions- und Relationszeichen sowie Konstanten) verträglich ist. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 54 / 1 Isomorphietypen LEMMA. Die Isomorphierelation ∼ = ist eine Äquivalenzrelation. BEWEIS. Es gilt: id : A ∼ = A (Reflexivität); falls f : A ∼ = B, so f −1 : B ∼ = A (Symmetrie); falls f : A ∼ = B und g : B ∼ = C, so g (f ) : A ∼ = C (Transitivität). Die Äquivalenzklasse {B : B ∼ = A} nennen wir auch den Isomorphietyp der Struktur A. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 55 / 1 Das Isomorphielemma Die für uns wichtige Beobachtung ist nun, dass in isomorphen Strukturen diesselben Sätze gelten: ISOMORPHIELEMMA. Es gelte A ∼ = B. Dann gilt für jeden Satz σ A � σ ⇔ B � σ. D.h. Th(A) = Th(B). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 56 / 1 Isomorphielemma: Beweis Zum Beweis des Isomorphielemmas beweisen wir den folgenden Hilfssatz: HILFSSATZ. Seien A und B L-Strukturen, sei f : A → B ein Isomorphismus von A nach B, und sei B : {x0 , . . . , xn } → A eine Belegung der Variablen x0 , . . . , xn in A. Dann gilt für jeden L-Term t ≡ t(x0 , . . . , xn ) und jede Formel L-Formel ϕ ≡ ϕ(x0 , . . . , xn ) (∗) f (tBA ) = tfB(B) und (∗∗) WBA (ϕ) = WfB(B) (ϕ). Das Isomorphielemma folgt dann sofort aus (∗∗), da (nach dem Koinzidenzlemma) die Wahrheit eines Satzes σ in einer Struktur nicht von der gewählten Variablenbelegung abhängt, also (wegen (∗∗)) W A (σ) = WBA (σ) = WfB(B) (σ) = W B (σ) gilt. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 57 / 1 Isomorphielemma: Beweis des Hilfssatzes Teil (∗) des Hilfssatzes zeigt man durch Ind(t). (∗∗) folgt dann aus (∗) mit Ind(ϕ). Wir beschränken uns hier auf den Beweis von (∗) und lassen den ähnlichen Beweis von (∗∗) als Übung. BEWEIS von (∗) f (tBA ) = tfB(B) durch Ind(t): (1) t ≡ xi : f (tBA ) Mathematische Logik (WS 2012/13) = f ((xi )A B) (da t ≡ xi ) = f (B(xi )) (nach Definition von (xi )A B) = (xi )B f (B) (nach Definition von (xi )B f (B) ) = tfB(B) (da t ≡ xi ) Kap. 4: Theorien und Modelle 58 / 1 Isomorphielemma: Beweis des Hilfssatzes (Fortsetzung) BEWEIS von (∗) f (tBA ) = tfB(B) durch Ind(t) (Fortsetzung): (2) t ≡ ck : f (tBA ) Mathematische Logik (WS 2012/13) = f ((ck )A B) (da t ≡ ck ) = f (ckA ) (nach Definition von (ck )A B) = ckB (da f : A ∼ = B) = (ck )B f (B) (nach Definition von (ck )B f (B) ) = tfB(B) (da t ≡ ck ) Kap. 4: Theorien und Modelle 59 / 1 Beweis des Hilfssatzes (Fortsetzung und Ende) BEWEIS von (∗) f (tBA ) = tfB(B) durch Ind(t) (Fortsetzung und Ende): (3) t ≡ fj (t1 , . . . , tmj ): f (tBA ) = f (fj (t1 , . . . , tmj )A B) (da t ≡ fj (t1 , . . . , tmj )) = A f (fjA ((t1 )A , . . . , (t ) m j B B )) (nach Definition von fj (t1 , . . . , tmj )A B) = A fjB (f ((t1 )A B ), . . . , f ((tmj )B )) (da f : A ∼ = B) = B fjB ((t1 )B f (B) , . . . , (tmj )f (B) ) (nach I.V.) = fj (t1 , . . . , tmj )B f (B) (nach Definition von fj (t1 , . . . , tmj )B f (B) ) = tfB(B) (da t ≡ fj (t1 , . . . , tmj )) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 60 / 1 Elementare Äquivalenz: Definition Nach dem Isomorphielemma lassen sich isomorphe L-Strukturen nicht durch L-Sätze unterscheiden. Strukturen mit dieser Eigenschaft nennt man elementar äquivalent. DEFINITION. Die L-Strukturen A und B sind elementar äquivalent (A ≡ B), falls Th(A) = Th(B), d.h. falls für jeden L-Satz σ A�σ ⇔ B�σ gilt. NB: Offensichtlich ist die elementare Äquivalenz eine Äquivalenzrelation. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 61 / 1 Elementare Äquivalenz: alternative Charakterisierungen Die elementare Äquivalenz lässt sich alternativ wie folgt charakterisieren: LEMMA 1. Für L-Strukturen A und B sind folgende Aussagen äquivalent: (i) A ≡ B (ii) B � Th(A) BEWEIS: (i) ⇒ (ii): Gilt A ≡ B, so gilt (nach Definition von ≡) Th(A) = Th(B). Da (nach Definition von Th(B)) B � Th(B) gilt, folgt B � Th(A). (ii) ⇒ (i): Es gelte B � Th(A). Nach Definition von Th(B) gilt dann Th(A) ⊆ Th(B). Da Th(A) vollständig und Th(B) erfüllbar ist, impliziert dies aber Th(A) = Th(B) also (nach Definition von ≡) A ≡ B. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 62 / 1 Isomorphielemma: Neuformulierung und Folgerungen Mit Hilfe des Begriffs der elementaren Äquivalenz lässt sich das Isomorphielemma auch wie folgt formulieren: ISOMORPHIELEMMA (Neuformulierung). A ∼ = B ⇒ A ≡ B. Da nach Definition elementare und ∆-elementare Klassen unter elementarer Äquivalenz abgeschlossen sind, können nach dem Isomorphielemma nur unter Isomorphie abgeschlossene Klassen elementar oder ∆-elementar sein. (Nicht jede unter Isomorphie abgeschlossene Strukturklasse ist aber ∆-elementar! Ein Gegenbeispiel ist der Isomorphietyp der Struktur N der natürlichen Zahlen, wie wir in Kapitel 4.5 zeigen werden.) LEMMA 2 (Korollar zum Isomorphielemma). Sei die Klasse K von L-Strukturen (∆-)elementar. Dann ist K gegen elementare Äquivalenz und (daher) gegen Isomorphie abgeschlossen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 63 / 1 Definierbarkeit einzelner Strukturen in PL1 Die mathematischen Strukturen A, die sich in der Prädikatenlogik erster Stufe bis auf Isomorphie beschreiben lassen, sind also gerade die Strukturen, deren Isomorphietypen ∆-elementar sind. Alternativ lassen sich diese Strukturen wie folgt beschreiben: LEMMA 3. Für eine L-Struktur A sind folgende Aussagen äquivalent: (i) {B : A ∼ = B} ist ∆-elementar. (ii) Jede zu A elementar äquivalente Struktur B ist zu A isomorph. D.h.: Für alle L-Strukturen B gilt: A ≡ B ⇒ A ∼ = B. (iii) Für alle L-Strukturen B gilt: A ∼ = B ⇔ A ≡ B. (iv) Für alle L-Strukturen B gilt: A ∼ = B ⇔ B � Th(A). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 64 / 1 Definierbarkeit einzelner Strukturen in PL1: Beweis von Lemma 3 BEWEIS VON LEMMA 3: (i) ⇒ (ii): Sei {B : A ∼ = B} ∆-elementar, d.h. {B : A ∼ = B} = Mod(T ) für geeignetes T . Ist dann B � eine zu A elementar äquivalente Struktur, so gelten in B � dieselben Sätze wie in A weshalb B � - wie A - ein Modell von T ist, d.h. B � ∈ Mod(T ). Mit {B : A ∼ = B} = Mod(T ) folgt, dass B � isomorph zu A ist. (ii) ⇒ (iii): Nach Annahme gilt A ≡ B ⇒ A ∼ = B. Da die Umkehrung A∼ = B ⇒ A ≡ B nach der Neuformulierung des Isomorphielemmas gilt, folgt hieraus A ∼ = B ⇔ A ≡ B. (iii) ⇒ (iv ): Diese Implikation folgt unmittelbar aus Lemma 1. (iv ) ⇒ (i): Nach Annahme (iv ) ist {B : A ∼ = B} die Modellklasse von Th(A) und daher ∆-elementar. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 4: Theorien und Modelle 65 / 1