Kapitel 4 Theorien und Modelle

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Kapitel 4
Theorien und Modelle
Ausdrucksstärke und Ausdrucksschwäche
der Prädikatenlogik erster Stufe
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Kap. 4: Theorien und Modelle
1/1
Übersicht
4.1 Theorien und deren Modelle
4.2 Elementare und ∆-elementare Strukturklassen
4.3 Beispiele elementarer Klassen
4.4 Isomorphie und elementare Äquivalenz
4.5 Grenzen der Prädikatenlogik erster Stufe: Nicht-∆-elementare
Klassen.
4.6 Die Prädikatenlogik 2. Stufe
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Kap. 4: Theorien und Modelle
2/1
Übersicht
In der Modelltheorie untersucht man den Zusammenhang zwischen
mathematischen Strukturen und deren Sprachen (erster Stufe).
Ein spezieller Aspekt dieser Theorie, auf den wir in diesem Kapitel näher
eingehen, ist die Frage der Beschreibbarkeit mathematischer Strukturen in
der Prädikatenlogik erster Stufe (PL1) oder allgemeiner der Zusammenhang
zwischen mathematischen Strukturen und Theorien.
Hierzu erinnern wir zunächst an den Begriff der (L-)Theorie T und der
Modellklasse Mod(T ) von solch einer Theorie T . Hierbei können wir nun
wegen des Adäquatheitssatzes die ursprünglich syntaktisch definierten
zugehörigen Konzepte auch semantisch definieren. (Kapitel 4.1)
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Kap. 4: Theorien und Modelle
3/1
Übersicht
Wir nennen dann eine Klasse S von Strukturen ∆-elementar, wenn diese die
Modellklasse einer Theorie ist, und wir nennen S elementar, wenn S
Modellklasse einer endlichen Theorie ist (oder - äquivalent hierzu Modelklasse eines einzelnen Satzes ist).
Die ∆-elementaren Klassen sind also die Strukturklassen, die sich in der
Prädikatenlogik erster Stufe (PL1) mit Hilfe von (möglicherweise unendlich
vielen) Sätzen eindeutig beschreiben lassen, während sich die elementaren
Klassen durch einen Satz (oder äquivalent hierzu: durch endlich viele Sätze)
von PL1 eindeutig beschreiben lassen. (Kapitel 4.2)
Wir geben dann eine Reihe von Beispielen von elementaren Klassen an, wie
z.B. Lineare Ordnungen, Gruppen und Körper. (Kapitel 4.3)
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Kap. 4: Theorien und Modelle
4/1
Übersicht
Als nächstes betrachten wir die Frage der Beschreibbarkeit einzelner
Strukturen.
Hierbei beobachten wir zunächst, dass sich Strukturen stets nur bis auf
Isomorphie beschreiben lassen. Hierbei sind - anschaulich gesprochen - zwei
Strukturen isomorph - wenn diese durch “Umbenennen” der Individuen
auseinanander hervorgehen.
Wir stellen dann dem Begriff der Isomorphie den Begriff der elementaren
Äquivalenz gegenüber, wobei zwei (L-)Strukturen elementar aquivalent sind,
wenn in ihnen dieselben (L-)Sätze gelten.
Die Frage der eindeutigen Beschreibbarkeit einer einzelnen (L-)Struktur A
lässt sich dann auf die Frage reduzieren, ob alle zu A elementar äquivalenten
Strukturen isomorph zu A sind oder - anders ausgedrückt - ob die Struktur
A durch ihre Theorie Th(A) = {σ : A � σ} bis auf Isomorphie eindeutig
bestimmt ist. (Kapitel 4.4)
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5/1
Übersicht
Grenzen der Beschreibbarkeit von Strukturen und Strukturklassen in PL1
ergeben sich aus dem Kompaktheitssatz.
Mit Hilfe des Kompaktheitssatzes werden wir Beispiele von Strukturklassen
angeben, die
�
�
zwar ∆-elementar aber nicht elementar sind bzw.
nicht einmal ∆-elementar - also in PL1 nicht beschreibbar sind.
Letzteres trifft z.B. auf die Klasse der endlichen (L-)Strukturen, die Klasse
der Wohlordnungen und die Klasse der Körper endlicher Charakteristik zu.
Weiter zeigen wir, dass sich die Struktur der natürlichen Zahlen in PL1 nicht
bis auf Isomorphie beschreiben lässt. (Kapitel 4.5)
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Kap. 4: Theorien und Modelle
6/1
Zum Abschluss werden wir dann eine Erweiterung der Prädikatenlogik erster
Stufe - nämlich die Prädikatenlogik 2. Stufe (PL2) - einführen, in der die
beobachteten Ausdrucksschwächen von PL1 nicht auftreten.
Wir werden daraus folgern, dass es keinen adäquaten Kalkül für diese
stärkere Logik geben kann, d.h. dass der Wahrheitsbegriff von PL2 nicht
adäquat durch einen Beweisbarkeitsbegriff beschrieben werden kann.
(Kapitel 4.6)
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Kap. 4: Theorien und Modelle
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Konventionen
Ist im Folgenden eine Struktur A nicht näher gekennzeichnet, so gehen wir
davon aus, dass A die Struktur
A = (A; (RiA |i ∈ I ); (fjA |j ∈ J); (ckA |k ∈ K ))
der Signatur
σ = σ(A) = ((ni |i ∈ I ); (mj |j ∈ J); K )
ist.
Entsprechend ist die Sprache L - falls nicht anderweitig gesagt - die Sprache
der Signatur
σ = σ(A) = ((ni |i ∈ I ); (mj |j ∈ J); K ).
Weiter gehen wir davon aus, dass Strukturen A und Sprachen L stets
zueinander passen. Sprechen wir also im Zusammenhang mit der Sprache L
von der Struktur A, so gehen wir davon aus, dass A eine L-Struktur ist, und
erwähnen wir im Zusammenhang mit der Struktur A die Sprache L, so
gehen wir davon aus, dass L die Sprache von A ist, also σ(L) = σ(A) gilt.
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4.1 Theorien und deren Modelle
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Theorien (Wiederholung)
Wir erinnern an den bereits in Kapitel 3.5 eingeführten Begriff der Theorie:
DEFINITION. Eine (L-)Theorie T ist ein Paar T = (L, Σ), wobei
L eine Sprache der Prädikatenlogik und
Σ eine Menge von L-Sätzen ist.
L heisst die Sprache der Theorie T und Σ die Menge der Axiome von T .
Die Theorie T ist endlich, falls die Menge Σ ihrer Axiome endlich ist.
Die Sprache der Theorie T = (L, Σ) bezeichnen wir auch mit L(T ). Ist diese aus
dem Kontext bekannt, so identifizieren wir die Theorie T auch mit deren
Axiomenmenge Σ.
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Modellklasse einer Theorie (Wiederholung)
DEFINITION. Die Modellklasse Mod(T ) einer L-Theorie T = (L, Σ) ist die
Menge aller L-Strukturen, die Modell der Axiomenmenge Σ von T sind (d.h. in
denen alle Sätze aus Σ gelten):
Mod(T ) = Mod(Σ) = {A : A � Σ}
Ist A Modell von Σ so nennen wir A auch Modell von T und schreiben anstelle
von A � Σ entsprechend A � T . Ähnlich schreiben wir statt Σ � ϕ auch T � ϕ
und sagen, dass ϕ aus T folgt.
NB: Für L-Theorien T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) mit Σ ⊆ Σ� gilt
Mod(T � ) ⊆ Mod(T ). (Die Umkehrung gilt dagegen i.A. nicht; s.u.)
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Deduktiver Abschluss von Theorien: Definition
In Kapitel 3.5 hatten wir zwischen dem (syntaktischen) deduktiven Abschluss
C� (T ) = {σ : T � σ} von T und dem semantischen Abschluss
C� (T ) = {σ : T � σ} von T unter Folgerungen unterschieden. Wegen des
Adäquatheitssatzes fallen diese Klassen zusammen und wir bezeichnen diese im
Folgenden einfach mit C (T ):
DEFINITION. Der deduktive Abschluss C (T ) einer Theorie T = (L, Σ) ist die
Menge aller Folgerungen aus T :
C (T ) = {σ : T � σ}.
T = (L, Σ) heisst deduktiv abgeschlossen, falls Σ = C (T ) gilt.
KONVENTIONEN. Für T = (L, Σ) schreiben wir statt C (T ) auch C (Σ). Weiter
fassen wir C (T ) manchmal auch als die L-Theorie C (T ) = (L, C (Σ)) auf.
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Deduktiver Abschluss von Theorien: Eigenschaften
LEMMA 1 (Transitivität des ded. Abschlusses). Seien T = (L, Σ) und
T � = (L, Σ� ) L-Theorien. Dann gilt: Σ ⊆ Σ� ⇒ C (T ) ⊆ C (T � )
LEMMA 2. Sei T = (L, Σ) eine L-Theorie. Dann gilt:
(i) Σ ⊆ C (T )
(ii) C (C (T )) = C (T ) (d.h. der deduktive Abschluss on T ist deduktiv
abgeschlossen)
(iii) Mod(T ) = Mod(C (T ))
BEWEISE: Lemma 1 und Lemma 2 (ii) folgen aus der Monotonie bzw. Transitivität von �. Die übrigen Teile von Lemma 2 sieht man wie folgt ein: (i) gilt, da
Σ � σ für alle σ ∈ Σ gilt. Da wegen (i) die Inklusion Mod(C (T )) ⊆ Mod(T ) gilt,
genügt es zum Nachweis von (iii) die Inklusion Mod(T ) ⊆ Mod(C (T )) zu zeigen.
Diese folgt aber unmittelbar aus der Tatsache, dass (per definitionem) jedes
Modell von Σ auch Modell aller Sätze σ mit Σ � σ ist.
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Gleichheit von Theorien: Definition
DEFINITION. Zwei L-Theorien T und T � sind gleich oder äquivalent (kurz:
T ∼ T � ), falls T und T � denselben deduktiven Abschluss haben, d.h. falls
C (T ) = C (T � ) gilt.
NB Haben die L-Theorien T und T � dieselbe Axiomenmenge, so sind diese
Theorien offensichtlich gleich. Aus der Gleichheit von L-Theorien T = (L, Σ) und
T � = (L, Σ� ) folgt aber i.A. nicht, dass Σ = Σ� gilt:
BEISPIEL 1: Die L-Theorien T = (L, ∅) und T � = (L, {σ : ag [σ]}) sind gleich, da
C (∅) = C ({σ : ag [σ]}) = {σ : ag [σ]}
gilt, wogegen offensichtlich ∅ =
� {σ : ag [σ]} gilt. Dies Beispiel zeigt auch, dass
eine endliche Theorie (nämlich T = (L, ∅)) äquivalent zu einer unendlichen
Theorie (nämlich T � = (L, {σ : ag [σ]})) sein kann.
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Gleichheit von Theorien: Eigenschaften
LEMMA 3. Für L-Theorien T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) gilt:
(i) T ∼ T � ⇔ [Σ� ⊆ C (Σ) und Σ ⊆ C (Σ� )]
(ii) T ∼ T � ⇔ Mod(T ) = Mod(T � )
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Gleichheit von Theorien: Beweis von Lemma 3 (i)
T ∼ T�
“⇒”:
“⇐”:
⇒
C (Σ) = C (Σ� )
(nach Definition)
⇒
Σ ⊆ C (Σ� ) & Σ� ⊆ C (Σ)
(nach Lemma 2(i))
Σ ⊆ C (Σ� ) & Σ� ⊆ C (Σ)
⇒ C (Σ) ⊆ C (Σ� ) & C (Σ� ) ⊆ C (Σ)
(nach Lemmas 1 und 2(ii))
⇒ C (Σ) = C (Σ� )
⇒ T ∼ T�
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(nach Definition)
Kap. 4: Theorien und Modelle
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Gleichheit von Theorien: Beweis von Lemma 3 (ii)
“⇒”:
⇒
⇒
⇒
“⇐”:
T ∼ T�
C (T ) = C (T � )
Mod(C (T )) = Mod(C (T � ))
Mod(T ) = Mod(T � )
(nach Definition)
(nach Lemma 2(iii))
(Beweis durch Kontraposition)
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
⇒
T �∼ T �
C (T ) �= C (T � )
C (T ) ⊂ C (T � )
∃ σ : T � � σ & T �� σ
∃A:A�T &A�
� σ
A�T &A�
� T�
Mod(T ) �= Mod(T � )
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(nach Definition)
(o.B.d.A.; Symmetrie)
(nach Def. des ded. Abschlusses)
(nach Def. von �; σ w.o.)
(nach Def. von �; A, σ w.o.)
Kap. 4: Theorien und Modelle
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Teiltheorien
DEFINITION. Sind T = (L, Σ) und T � = (L, Σ� ) L-Theorien, so ist T eine
Teiltheorie von T � (T ⊆ T � ), falls Σ ⊆ Σ� gilt (also jedes Axiom von T auch
Axiom von T � ist).
WARNUNG. Aus T ∼ T � folgt im allgemeinen nicht, dass T ⊆ T � gilt. Aus
T ∼ T � folgt nämlich nur, dass C (Σ) = C (Σ� ) gilt, während aus T ⊆ T � folgt,
dass Σ ⊆ Σ� gilt. So gilt z.B. für die Theorien T und T � aus Beispiel 1, dass
T ∼ T � (und T ⊆ T � ) aber T � �⊆ T .
Es gilt jedoch (wie man sich leicht überlegt) stets (wobei wir C (T ) und C (T � ) als
Theorien auffassen; s. frühere Konvention):
T ⊆ C (T )
T ⊆ T� & T� ⊆ T ⇒ T ∼ T�
T ∼ T � ⇔ C (T ) ∼ C (T � ) ⇔ C (T ) ⊆ C (T � ) & C (T � ) ⊆ C (T )
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Theorie einer Struktur (Wiederholung)
Mit der Modellklasse Mod(T ) ordnen wir einer L-Theorie T eine Klasse von
L-Strukturen zu, nämlich deren Modelle. Umgekehrt kann man einer L-Struktur
A eine L-Theorie Th(A) zuordnen, nämlich die L-Theorie, deren Axiome gerade
diejenigen Sätze sind, die in A gelten.
DEFINITION. Die (elementare) Theorie Th(A) einer L-Struktur A ist die
L-Theorie
Th(A) = (L, Σ) mit Σ = {σ : A � σ}.
Offensichtlich ist A Modell der Theorie Th(A). In der Tat ist Th(A) die “größte”
Theorie, von der A Modell ist. D.h. es gilt:
A � T ⇔ T ⊆ Th(A)
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Erfüllbare und vollständige Theorien: Definitionen
(Wiederholung)
DEFINITION. Eine L-Theorie T = (L, Σ) ist
erfüllbar, wenn deren Axiomenmenge Σ ein Modell besitzt (also die
Modellklasse Mod(T ) von T nicht leer ist).
(semantisch) vollständig, falls für jeden L-Satz σ
Σ � σ oder Σ � ¬σ
gilt.
NB. Nach dem Adäquatheitssatz dürfen wir in der Definition die semantischen
Konzepte durch deren syntaktische Gegenstücke ersetzen. So ist T genau dann
erfüllbar, wenn T konsistent ist, und T genau dann (semantisch) vollständig,
wenn T (syntaktisch) vollständig ist (wie in Kapitel 3 definiert).
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Erfüllbare und vollständige Theorien: Eigenschaften
Wie bereits früher gezeigt, ist eine L-Theorie T genau dann erfüllbar, wenn aus
ihr kein Widerspruch folgt (d.h., wenn es keinen L-Satz σ mit T � σ und T � ¬σ
gibt). Eine Theorie T ist daher genau dann erfüllbar und vollständig, wenn für
jeden L-Satz σ entweder T � σ oder T � ¬σ (also entweder σ ∈ C (Σ) oder
¬σ ∈ C (Σ)) gilt.
Beispiele für erfüllbare und vollständige Theorien sind (wie man leicht zeigt) die
Theorien von Strukturen:
LEMMA 4. Für jede L-Struktur A ist Th(A) erfüllbar und vollständig.
(In Kapitel 3.8 haben wir gezeigt, dass auch die Umkehrung gilt (Satz über
erfüllbare und vollständige Theorien).)
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4.2 Elementare und ∆-elementare Strukturklassen
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Definierbarkeit in PL1
Wir haben bereits die Modellklasse
Mod(T ) = {A : A � T } = {A : A ist Modell aller Axiome von T }
einer Theorie T = (L, Σ) betrachtet, die gerade die Klasse der Modelle der
Satzmenge Σ enthält und die wir im Folgenden auch mit Mod(Σ) bezeichnen.
Entsprechend bezeichnen wir die Modellklasse eines einzelnen Satzes σ mit
Mod(σ) = {A : A � σ}
(d.h. Mod(σ) = Mod({σ})).
Diese Modellklassen Mod(σ) und Mod(Σ) sind die Klassen von (L-)Strukturen,
die sich durch einzelne Sätze bzw. durch Mengen von Sätzen in PL1 definieren
lassen. Wir nennen solche Klassen elementare bzw. ∆-elementare Klassen.
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Elementare und ∆-elementare Klassen
DEFINITION. Eine Klasse K von L-Strukturen ist elementar (oder elementar
definierbar), falls es einen L-Satz σ gibt mit K = Mod(σ).
K ist ∆- elementar (oder ∆-elementar definierbar), falls es eine L-Theorie T gibt
mit K = Mod(T ) (oder - anders ausgedrückt - eine Menge Σ von L-Sätzen gibt
mit K = Mod(Σ)).
(Der Griechische Buchstabe Delta steht hierbei für “Durchschnitt”, da - wie wir
gleich zeigen werden - sich die ∆-elementaren Klassen gerade als die
Durchschnitte von elementaren Klassen beschreiben Klassen.)
Im nächsten Abschnitt werden wir uns eine Reihe von Beispielen von elementaren
und ∆-elementaren Klassen ansehen.
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Abschlusseigenschaften (1)
LEMMA 1. Eine Klasse K von L-Strukturen ist genau dann ∆-elementar, wenn K
der Durchschnitt von elementaren Klassen von L-Strukturen ist.
BEWEIS. Dies folgt aus der Beobachtung, dass die Modellklasse einer Menge von
Sätzen Σ gerade der Durchschnitt der Modellklassen der Sätze in Σ ist:
�
Mod(Σ) =
Mod(σ)
σ∈Σ
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Abschlusseigenschaften (2)
LEMMA 1’: Die Familie der ∆-elementaren Strukturklassen ist gegen beliebige
Durchschnitte abgeschlossen: Sind die Klassen Ki (i ∈ I ) ∆-elementar, so ist
auch die Klasse
�
K=
Ki
i∈I
∆-elementar. Insbesondere ist also die Familie der∆-elementaren Strukturklassen
gegen Durchschnitt (d.h. endliche Durchschnitte) abgeschlossen.
BEWEIS. Dies folgt unmittelbar aus Lemma 1. Man kann den Beweis aber auch
leicht direkt führen: Gilt Ki = Mod(Σi ) so ist
�
K = Mod( Σi ).
i∈I
(NB:
�
i∈I
Mod(Σi ) = Mod(
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�
i∈I
Σi ))
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Abschlusseigenschaften (3)
LEMMA 2. Die Familie der elementare Klassen von L-Strukturen ist
abgeschlossen gegen:
(i) Vereinigung (d.h. K0 , K1 elementar ⇒ K0 ∪ K1 elementar)
(ii) Durchschnitt (d.h. K0 , K1 elementar ⇒ K0 ∩ K1 elementar)
(iii) Komplement (d.h. K elementar ⇒ K = {A L-Struktur : A �∈ K} elementar)
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Abschlusseigenschaften (4): Beweis von Lemma 2
BEWEIS von Teil (i) von Lemma 2:
K0 , K1 elementar
⇒
K0 = Mod(σ0 ) & K1 = Mod(σ1 ) (für σ0 , σ1 geeignet)
⇒
K0 ∪ K1 = Mod(σ0 ) ∪ Mod(σ1 ) = Mod(σ0 ∨ σ1 )
(ii) und (iii) folgen analog mit
Mod(σ0 ) ∩ Mod(σ1 ) = Mod(σ0 ∧ σ1 ) und Mod(σ) = Mod(¬σ).
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Abschlusseigenschaften (5)
Im Gegensatz zu der Familie der elementaren Klassen ist die Familie der
∆-elementaren Klassen nicht gegen Komplement abgeschlossen, und damit
(wegen Lemma 1’ und den DeMorganschen Regeln auch nicht gegen Vereinigung):
LEMMA 3. Die Familie der ∆-elementare Klassen von L-Strukturen ist nicht
abgeschlossen gegen:
(i) Vereinigung
(ii) Komplement
Wir verschieben den Beweis auf Abschnitt 4.5 und bemerken hier nur vorab, dass
man mit Hilfe des Kompaktheitssatzes ein geeignetes Gegenbeispiel finden kann.
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4.3 Beispiele elementarer Klassen
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Überblick
Wir betrachten
4.3.1 Strukturen gegebener Mächtigkeit
4.3.2 Ordnungen
4.3.3 Gruppen und Körper
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31 / 1
4.3.1 Strukturen gegebener Mächtigkeit
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Kap. 4: Theorien und Modelle
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Anzahlformeln
Sei L eine beliebige Sprache der Prädikatenlogik erster Stufe. Mit Hilfe folgender
Anzahlformeln (n ≥ 1):
�
ϕ≥n :≡ ∃x1 . . . ∃xn ( 1≤i<j≤n xi �= xj )
ϕ≤n
:≡
∃x1 . . . ∃xn ∀x(
ϕ=n
:≡
ϕ≤n ∧ ϕ≥n
�
1≤i≤n
x = xi )
(1)
können wir folgende Aussagen über die Größe von L-Strukturen A = (A; . . . )
machen:
A � ϕ≥n ⇔ |A| ≥ n
A � ϕ≤n
⇔
|A| ≤ n
A � ϕ=n
⇔
|A| = n
(2)
BEMERKUNG: Alternativ könnte man ϕ≤n :≡ ¬ϕ≥n+1 setzen.
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33 / 1
Die Modelle der Anzahlformeln
Für die Klassen
Mn
:=
{A : |A| = n}
(n ≥ 1)
M≥n
:=
{A : |A| ≥ n}
(n ≥ 1)
M≤n
:=
{A : |A| ≤ n}
(n ≥ 1)
Minf
:=
{A : A unendlich}
gilt daher:
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Mn
=
Mod(ϕn )
M≤n
=
Mod(ϕ≤n )
M≥n
=
Mod(ϕ≥n )
Minf
=
Mod({ϕ≥n : n ≥ 1})
Kap. 4: Theorien und Modelle
34 / 1
In PL1 definierbare Mächtigkeiten
Aus den vorhergehenden Beobachten erhalten wir unmittelbar:
LEMMA. Für jede Sprache L und für alle n ≥ 1 sind die Klassen Mn , M≤n und
M≥n elementar und die Klasse Minf ∆-elementar.
In Kapitel 4.5 werden wir diesen positiven Definierbarkeitsergebnissen die
folgenden negativen Ergebnisse gegenüberstellen:
Die Klasse Minf der unendlichen L-Strukturen ist nicht elementar. Minf
lässt sich also mit Hilfe unendlich vieler Sätze beschreiben nicht aber mit
Hilfe eines einzelnen Satzes.
Die Klasse
Minf := {A : A endlich}
der endlichen L-Strukturen ist nicht ∆-elementar, lässt sich also in PL1
überhaupt nicht definieren.
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35 / 1
4.3.2 Ordnungen
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Die Sprache L(<) der Ordnungen
Über (partielle) Ordnungen können wir in der Sprache L = L(<) sprechen, in der
< ein zweistelliges Relationszeichen ist, das wir als die (strikte) Ordnungsrelation
interpretieren.
BEMERKUNG. Alternativ könnten wir auch die Sprache L = L(≤) verwenden,
wobei wir das Relationszeichen ≤ als die nichtstrikte Ordnungsrelation
interpretieren (wie wir dies in Beispielen in Kapitel 3.5 gemacht haben).
Die Äquivalenz der beiden sprachlichen Ansätze ergibt sich daraus, dass man ≤ in
der Sprache L(<) und umgekehrt < in der Sprache L(≤) wie folgt definieren
kann:
t ≤ t � :≡ t < t � ∨ t = t �
t < t � :≡ t ≤ t � ∧ t �= t �
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37 / 1
Partielle und lineare Ordnungen
Eine partielle Ordnung P = (P, <P ) erfüllt das Irreflexivitäts- und Transitivitätsgesetz. In einer linearen (oder totalen) Ordnung gilt zusätzlich das
Konnexitäts- oder Totalitätsgesetz.
Diese Gesetze lassen sich durch L-Formeln wie folgt ausdrücken (wobei wir für <
die Infixschreibweise verwenden):
π1
π2
π3
≡
≡
≡
∀x¬(x < x)
∀x∀y ∀z(x < y ∧ y < z → x < z)
∀x∀y (x < y ∨ x = y ∨ y < x)
Irreflexivität
Transitivität
Totalität
Es gilt also:
TPO = (L, {σPO }) mit σPO :≡ π1 ∧ π2 ist die Theorie der partiellen
Ordnungen
TLO = (L, {σLO }) mit σLO :≡ π1 ∧ π2 ∧ π3 ist die Theorie der linearen
Ordnungen.
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Kap. 4: Theorien und Modelle
38 / 1
Elementarität der partiellen und totalen Ordnungen
Definieren wir
PO := {A : A ist (L(<)-Struktur und) eine partielle Ordnung}
LO := {A : A ist (L(<)-Struktur und) eine lineare Ordnung}
so gilt also
PO = Mod(TPO ) = Mod(σPO ) und
LO = Mod(TLO ) = Mod(σLO )
Die Klassen der partiellen bzw. linearen Ordnungen sind also elementar:
LEMMA. Die Klassen PO und LO der partiellen bzw. linearen Ordnungen sind
elementar.
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Kap. 4: Theorien und Modelle
39 / 1
Spezielle totale Ordnungen
Spezielle Typen von Ordnungen, die ebenfalls elementar sind, sind die dichten
bzw. diskreten linearen Ordnungen sowie die linearen Ordnungen mit (bzw. ohne)
kleinstem/größtem Element (Übung).
In Abschnitt 4.5 werden wir dagegen zeigen, dass die Klasse der Wohlordnungen
nicht ∆-elementar ist.
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Kap. 4: Theorien und Modelle
40 / 1
4.3.3 Gruppen und Körper
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Kap. 4: Theorien und Modelle
41 / 1
Gruppen und Körper
Abschließend betrachten wir noch einige der zentralen algebraischen Strukturen
und deren Theorien, nämlich (abelsche) Gruppen und Körper.
Wir werden zeigen, dass die Klassen der Gruppen, abelschen Gruppen, und
Körper elementar sind: Die üblichen Gruppen-Axiome etc. lassen sich nämlich
durch Sätze der Prädikatenlogik erster Stufe beschreiben. Da man weiterhin in
jedem Fall mit endlich vielen Axiomen auskommt, kann man die Axiome zu einem
Satz zusammenfassen.
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Kap. 4: Theorien und Modelle
42 / 1
Die Sprache L(+; 0) der Gruppen
Um über Gruppen zu sprechen, verwenden wir im Folgenden die Sprache
L = L(+; 0), wobei wir das 2-stellige Funktionszeichen + als die
Verknüpfungsoperation und die Konstante 0 als deren neutrales Element
interpretieren.
Für + verwenden wir wie üblich die Infixschreibweise.
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Kap. 4: Theorien und Modelle
43 / 1
Gruppenaxiome und Gruppentheorie
Die Gruppenaxiome lassen sich in der Sprache L durch folgende Sätze
beschreiben:
γ1
γ2
γ3
≡
≡
≡
∀x∀y ∀z((x + y ) + z = x + (y + z))
∀x(0 + x = x)
∀x∃y (y + x = 0)
Assoziativität
0 linksneutral
Existenz von Linksinversen
Es ist also TG = (L, {γ1 , γ2 , γ3 }) die Gruppentheorie, das heißt die Modelle von
TG sind gerade die Gruppen:
Mod(TG ) = {A : A ist (L(+; 0)-Struktur und) eine Gruppe}
Da man die endlich vielen Axiome von TG zu einem Satz σG :≡ γ1 ∧ γ2 ∧ γ3
zusammenfassen kann, gilt also:
LEMMA. Die Klassen G der Gruppen ist elementar.
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Kap. 4: Theorien und Modelle
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Abelsche Gruppen
Eine Gruppe G = (G ; +G ; 0G ) ist abelsch oder kommutativ, wenn sie das
Kommutativgesetz
γ4
≡
∀x∀y (x + y = y + x)
Kommutativität
erfüllt.
Die Klasse Ga der abelschen Gruppen ist also ebenfalls elementar, da
Ga = Mod(γ1 ∧ γ2 ∧ γ3 ∧ γ4 )
gilt.
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Die Sprache der Körper
Als Sprache der Körper wählen wir L = L(+, ·; 0, 1), wobei die 2-stelligen
Funktionszeichen + und · die Körperaddition bzw. -multiplikation beschreiben
und die Konstanten 0 und 1 die zugehörigen neutralen Elemente bezeichnen.
Wir benutzen wiederum die Infixschreibweise für + und ·.
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Körperaxiome
In einem Körper K = (K , +K , ·K , 0K , 1K ) ist
(K , +K , 0K ) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 0K ,
(K \ {0K }, ·K , 1K ) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 1K
und es gilt das Distributivgesetz a ·K (b +K c) = (a ·K b) +K (a ·K c).
Die Körperaxiome lassen sich durch folgende L-Sätze γ1 , . . . , γ4 , γ1� , . . . , γ4� , δ
beschreiben, wobei γ1 , . . . , γ4 gerade die bereits eingeführten Gruppenaxiome
(inkl. Kommutativität) sind, während γ1� , . . . , γ4� und δ die wie folgt definierten
entsprechenden Axiome für die Multiplikation bzw. das Distributivgesetz sind:
γ 1�
γ 2�
γ 3�
γ 4�
δ
≡
≡
≡
≡
≡
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∀x∀y ∀z((x · y ) · z = x · (y · z))
∀x(1 · x = x)
∀x∃y (x �= 0 → y · x = 1)
∀x∀y (x · y = y · x)
∀x∀y ∀z(x · (y + z) = (x · y ) + (x · z))
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Die Klasse der Körper ist elementar
Die Körpertheorie TK besteht also gerade aus den Axiomen
γ1 , γ2 , γ3 , γ4 , γ1� , γ2� , γ3� , γ4� , δ.
In anderen Worten: eine L-Struktur A ist genau dann ein Körper, wenn A ein
Modell der Konjunktion
σK :≡ γ1 ∧ γ2 ∧ γ3 ∧ γ4 ∧ γ1� ∧ γ2� ∧ γ3� ∧ γ4� ∧ δ
dieser Axiome ist.
LEMMA. Die Klasse der Körper ist elementar.
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Charakteristik von Körpern
Ein Körper K hat Charakteristik p ≥ 1, wenn
1 + ··· + 1 = 0
� �� �
p-mal
gilt und p minimal mit dieser Eigenschaft ist.
K hat endliche Charakteristik, wenn K Charakteristik p für ein p ≥ 1 hat,
und
K hat unendliche Charakteristik oder Charakteristik 0, wenn K nicht
endliche Charakteristik hat.
BEMERKUNG. Hat ein Körper Charakteristik p ≥ 1, so ist p eine Primzahl.
Umgekehrt gibt es zu jeder Primzahl p einen Körper der Charakterisktik p. Ein
Körper der Charakteristik 0 ist z.B. der Körper R = (R; +, ·; 0, 1) der reellen
Zahlen.
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Charakteristik von Körpern: Definierbarkeit in PL1
LEMMA.
(i) Für p ≥ 1 ist die Klasse Kp der Körper der Charakteristik p elementar.
(ii) Die Klasse K0 der Körper der Charakteristik 0 ist ∆-elementar.
BEWEIS. (i) Es gilt Kp = Mod(σK ∧ χp ) für
χp ≡ 1 + · · · + 1 = 0
� �� �
p-mal
(wobei der Term auf der linken Seite beliebig aber fest geklammert sei).
(ii) Es gilt K0 = Mod(Σ) für Σ = {σK } ∪ {¬χp : p ≥ 1}.
Wie wir in Kapitel 4.5 zeigen werden, gilt jedoch:
Die Klasse K0 der Körper der Charakteristik 0 ist nicht elementar.
Die Klasse Kfin der Körper endlicher Charakteristik ist nicht ∆-elementar.
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4.4 Isomorphie und elementare Äquivalenz
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Während manche Theorien dazu dienen, viele unterschiedliche Strukturen zu
beschreiben, die gewisse Gemeinsamkeiten haben (wie z.B. die Gruppentheorie,
deren Modelle gerade die Gruppen sind), sollen manche Theorien einzelne
Strukturen beschreiben (wie z.B. die Theorie der Arithmetik zur Beschreibung der
Struktur der natürlichen Zahlen mit Addition und Multiplikation).
Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass man eine Struktur nur bis auf
Isomorphie beschreiben kann. D.h. ist eine Struktur A Modell einer Theorie T , so
ist auch jede zu A isomorphe Struktur Modell dieser Theorie. Um dies zu
präzisieren, müssen wir zunächst den Isomorphiebegriff einführen.
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Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Sprache
L = L((Ri |i ∈ I ); (fj |j ∈ J); (ck |k ∈ K ))
vom Typ
σ = σ(L) = ((ni |i ∈ I ); (mj |j ∈ J); K )
gegeben ist.
Weiter seien
und
A = (A; (RiA |i ∈ I ); (fjA |j ∈ J); (ckA |k ∈ K ))
B = (B; (RiB |i ∈ I ); (fjB |j ∈ J); (ckB |k ∈ K ))
L-Strukturen.
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Isomorphismen und Isomorphie
DEFINITION. (a) Ein (L-)Isomorphismus f von A nach B (f : A ∼
= B) ist eine
bijektive Abbildung f : A → B, die mit den ausgezeichneten Relationen,
Funktionen und Konstanten von L wie folgt verträglich ist:
(a1 , . . . , ani ) ∈ RiA ⇔ (f (a1 ), . . . , f (ani )) ∈ RiB
(für alle (a1 , . . . , ani ) ∈ Ani und alle i ∈ I )
f (fjA (a1 , . . . , amj )) = fjB (f (a1 ), . . . , f (amj ))
(für alle (a1 , . . . , amj ) ∈ Amj und alle j ∈ J)
f (ckA ) = ckB (für alle k ∈ K ).
(b) A und B sind isomorph (A ∼
= B), falls es einen Isomorphismus f von A nach
B gibt.
Anschaulich ist also ein Isomorphismus f von A nach B eine “Umbenennungsfunktion” (wobei jeder “Name” a aus A in einen “Namen” f (a) aus B umbenannt wird, verschiedene Namen durch verschiedene Namen ersetzt werden, und
B gerade die Menge der neuen Namen ist), die mit der Interpretation der
nichtlogischen Zeichen (d.h. Funktions- und Relationszeichen sowie Konstanten)
verträglich ist.
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Isomorphietypen
LEMMA. Die Isomorphierelation ∼
= ist eine Äquivalenzrelation.
BEWEIS. Es gilt:
id : A ∼
= A (Reflexivität);
falls f : A ∼
= B, so f −1 : B ∼
= A (Symmetrie);
falls f : A ∼
= B und g : B ∼
= C, so g (f ) : A ∼
= C (Transitivität).
Die Äquivalenzklasse {B : B ∼
= A} nennen wir auch den Isomorphietyp der
Struktur A.
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Das Isomorphielemma
Die für uns wichtige Beobachtung ist nun, dass in isomorphen Strukturen
diesselben Sätze gelten:
ISOMORPHIELEMMA. Es gelte A ∼
= B. Dann gilt für jeden Satz σ
A � σ ⇔ B � σ.
D.h. Th(A) = Th(B).
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Isomorphielemma: Beweis
Zum Beweis des Isomorphielemmas beweisen wir den folgenden Hilfssatz:
HILFSSATZ. Seien A und B L-Strukturen, sei f : A → B ein Isomorphismus von
A nach B, und sei B : {x0 , . . . , xn } → A eine Belegung der Variablen x0 , . . . , xn in
A. Dann gilt für jeden L-Term t ≡ t(x0 , . . . , xn ) und jede Formel L-Formel
ϕ ≡ ϕ(x0 , . . . , xn )
(∗) f (tBA ) = tfB(B)
und
(∗∗) WBA (ϕ) = WfB(B) (ϕ).
Das Isomorphielemma folgt dann sofort aus (∗∗), da (nach dem Koinzidenzlemma) die Wahrheit eines Satzes σ in einer Struktur nicht von der gewählten
Variablenbelegung abhängt, also (wegen (∗∗))
W A (σ) = WBA (σ) = WfB(B) (σ) = W B (σ)
gilt.
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Isomorphielemma: Beweis des Hilfssatzes
Teil (∗) des Hilfssatzes zeigt man durch Ind(t). (∗∗) folgt dann aus (∗) mit
Ind(ϕ). Wir beschränken uns hier auf den Beweis von (∗) und lassen den
ähnlichen Beweis von (∗∗) als Übung.
BEWEIS von (∗) f (tBA ) = tfB(B) durch Ind(t):
(1) t ≡ xi :
f (tBA )
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=
f ((xi )A
B)
(da t ≡ xi )
=
f (B(xi ))
(nach Definition von (xi )A
B)
=
(xi )B
f (B)
(nach Definition von (xi )B
f (B) )
=
tfB(B)
(da t ≡ xi )
Kap. 4: Theorien und Modelle
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Isomorphielemma: Beweis des Hilfssatzes (Fortsetzung)
BEWEIS von (∗) f (tBA ) = tfB(B) durch Ind(t) (Fortsetzung):
(2) t ≡ ck :
f (tBA )
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=
f ((ck )A
B)
(da t ≡ ck )
=
f (ckA )
(nach Definition von (ck )A
B)
=
ckB
(da f : A ∼
= B)
=
(ck )B
f (B)
(nach Definition von (ck )B
f (B) )
=
tfB(B)
(da t ≡ ck )
Kap. 4: Theorien und Modelle
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Beweis des Hilfssatzes (Fortsetzung und Ende)
BEWEIS von (∗) f (tBA ) = tfB(B) durch Ind(t) (Fortsetzung und Ende):
(3) t ≡ fj (t1 , . . . , tmj ):
f (tBA )
=
f (fj (t1 , . . . , tmj )A
B)
(da t ≡ fj (t1 , . . . , tmj ))
=
A
f (fjA ((t1 )A
,
.
.
.
,
(t
)
m
j
B
B ))
(nach Definition von fj (t1 , . . . , tmj )A
B)
=
A
fjB (f ((t1 )A
B ), . . . , f ((tmj )B ))
(da f : A ∼
= B)
=
B
fjB ((t1 )B
f (B) , . . . , (tmj )f (B) )
(nach I.V.)
=
fj (t1 , . . . , tmj )B
f (B)
(nach Definition von fj (t1 , . . . , tmj )B
f (B) )
=
tfB(B)
(da t ≡ fj (t1 , . . . , tmj ))
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Elementare Äquivalenz: Definition
Nach dem Isomorphielemma lassen sich isomorphe L-Strukturen nicht durch
L-Sätze unterscheiden. Strukturen mit dieser Eigenschaft nennt man elementar
äquivalent.
DEFINITION. Die L-Strukturen A und B sind elementar äquivalent (A ≡ B),
falls Th(A) = Th(B), d.h. falls für jeden L-Satz σ
A�σ ⇔ B�σ
gilt.
NB: Offensichtlich ist die elementare Äquivalenz eine Äquivalenzrelation.
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Elementare Äquivalenz: alternative Charakterisierungen
Die elementare Äquivalenz lässt sich alternativ wie folgt charakterisieren:
LEMMA 1. Für L-Strukturen A und B sind folgende Aussagen äquivalent:
(i) A ≡ B
(ii) B � Th(A)
BEWEIS: (i) ⇒ (ii): Gilt A ≡ B, so gilt (nach Definition von ≡) Th(A) = Th(B).
Da (nach Definition von Th(B)) B � Th(B) gilt, folgt B � Th(A).
(ii) ⇒ (i): Es gelte B � Th(A). Nach Definition von Th(B) gilt dann
Th(A) ⊆ Th(B). Da Th(A) vollständig und Th(B) erfüllbar ist, impliziert dies
aber Th(A) = Th(B) also (nach Definition von ≡) A ≡ B.
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Isomorphielemma: Neuformulierung und Folgerungen
Mit Hilfe des Begriffs der elementaren Äquivalenz lässt sich das Isomorphielemma
auch wie folgt formulieren:
ISOMORPHIELEMMA (Neuformulierung). A ∼
= B ⇒ A ≡ B.
Da nach Definition elementare und ∆-elementare Klassen unter elementarer
Äquivalenz abgeschlossen sind, können nach dem Isomorphielemma nur unter
Isomorphie abgeschlossene Klassen elementar oder ∆-elementar sein. (Nicht jede
unter Isomorphie abgeschlossene Strukturklasse ist aber ∆-elementar! Ein Gegenbeispiel ist der Isomorphietyp der Struktur N der natürlichen Zahlen, wie wir in
Kapitel 4.5 zeigen werden.)
LEMMA 2 (Korollar zum Isomorphielemma). Sei die Klasse K von L-Strukturen
(∆-)elementar. Dann ist K gegen elementare Äquivalenz und (daher) gegen
Isomorphie abgeschlossen.
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Definierbarkeit einzelner Strukturen in PL1
Die mathematischen Strukturen A, die sich in der Prädikatenlogik erster Stufe bis
auf Isomorphie beschreiben lassen, sind also gerade die Strukturen, deren
Isomorphietypen ∆-elementar sind. Alternativ lassen sich diese Strukturen wie
folgt beschreiben:
LEMMA 3. Für eine L-Struktur A sind folgende Aussagen äquivalent:
(i) {B : A ∼
= B} ist ∆-elementar.
(ii) Jede zu A elementar äquivalente Struktur B ist zu A isomorph.
D.h.: Für alle L-Strukturen B gilt: A ≡ B ⇒ A ∼
= B.
(iii) Für alle L-Strukturen B gilt: A ∼
= B ⇔ A ≡ B.
(iv) Für alle L-Strukturen B gilt: A ∼
= B ⇔ B � Th(A).
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Definierbarkeit einzelner Strukturen in PL1: Beweis von
Lemma 3
BEWEIS VON LEMMA 3:
(i) ⇒ (ii): Sei {B : A ∼
= B} ∆-elementar, d.h. {B : A ∼
= B} = Mod(T ) für
geeignetes T . Ist dann B � eine zu A elementar äquivalente Struktur, so
gelten in B � dieselben Sätze wie in A weshalb B � - wie A - ein Modell von T
ist, d.h. B � ∈ Mod(T ). Mit {B : A ∼
= B} = Mod(T ) folgt, dass B � isomorph
zu A ist.
(ii) ⇒ (iii): Nach Annahme gilt A ≡ B ⇒ A ∼
= B. Da die Umkehrung
A∼
= B ⇒ A ≡ B nach der Neuformulierung des Isomorphielemmas gilt,
folgt hieraus A ∼
= B ⇔ A ≡ B.
(iii) ⇒ (iv ): Diese Implikation folgt unmittelbar aus Lemma 1.
(iv ) ⇒ (i): Nach Annahme (iv ) ist {B : A ∼
= B} die Modellklasse von
Th(A) und daher ∆-elementar.
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