Einführung Vektorgrafiken werden als mathematisch und programmatisch definierte Zeichenanweisungen generiert und gespeichert. Im Gegensatz zu Pixelgrafiken werden nicht das einzelne Pixel und seine Farbwerte betrachtet, sondern aus geometrischen Grundfiguren und Zeichenanweisungen hergestellte Bilder. Ein prinzipieller Vorteil ist der relativ geringe Speicherplatzbedarf, Nachteile sind die zum Zeichnen benötigte Rechenzeit sowie die Tatsache, dass Vektorgrafiken üblicherweise erst völlig neu elektronisch erstellt werden müssen und nicht problemlos über einen Scanner von einer vorhandenen Papiervorlage eingelesen werden können. Sie eignen sich nicht zur Speicherung fotorealistischer Grafiken und natürlicher Zeichnungen. Was sich nicht ändert, ist die Form der Ausgabe auf dem Bildschirm oder Papier. Durch die Speicherung von Zeichenanweisungen statt eines Zeichnungsergebnisses kann eine Vektorgrafik stufenlos vergrößert oder verkleinert werden, ohne dass Qualitätseinbußen auftreten. Auch Vektorgrafiken sind auf dem Bildschirm als Rasterbild zu sehen. Beim Setzen muss eine Vektorgrafik also in ein Rasterbild umgewandelt werden. Dieser Vorgang wird im Allgemeinen als rendering bezeichnet. Eine Vektorgrafik bedarf eines geeigneten Programms, um die in ihrer Datei enthaltenen Anweisungen zu interpretieren (zu rendern) und in ein sichtbares Rasterbild zu überführen. Mit einem Erzeuger-Programm werden Daten und Anweisungen in eine Datei gespeichert, die von einem Interpreter-Programm (Player, Rasterizer) wiedergegeben werden. Ähnlich einer Multimedia-Anwendung wird die Grafikdatei Schritt für Schritt abgespielt. Damit das Abspielen funktioniert, muss der Interpreter die Zeichenanweisungen in der Vektorgrafik-Datei verstehen. Vektorgrafik kann also nur funktionieren, wenn Daten und Interpreter aufeinander abgestimmt sind. Solange sämtliche Vorgänge vom Entwurf bis zum Ausdruck mit einem einzigen Zeichenprogramm erledigt werden, entstehen keine Nachteile für den Benutzer. Anders sieht es aus, wenn Vektorgrafiken außerhalb des Bearbeitungsprogramms wiedergegeben werden sollen. Deshalb konnte sich bisher kein Format wirklich durchsetzen. Beispiel für eine Vektorgrafik: Links die Ausgabe der rechts skizzierten Zeichenanweisung Seite 1 von 7 Auch geschwungene Linien lassen sich mit der Definition von nur drei (kubische Splines) oder vier (quadratische Splines, auch "Bézier-Kurven", nach einem frz. Mathematiker, der das Verfahren in den 50er Jahren für die Fa. Renault entwickelte) Stützpunken beschreiben. Iteratives rendering-Verfahren für eine Bézier-Kurve mit vier Stützpunkten. Die gerenderte Kurve ist schwarz eingezeichnet, die gedachten Verbindungen zu den Stützpunken gelb, die sich mit jedem Rechenschritt weiter an die theoretische Kurve annähernden Hilfslinien weiß. Einsatzgebiete für Vektorgrafik Um Vektorgrafiken in Multimedia-Anwendungen zu nutzen, müssen sie vor dem Import in Multimedia-Anwendungen in Rasterbilder umgewandelt werden. Das kann mit dem Vektorgrafikprogramm selbst geschehen. Da es sich um eine Vektorgrafik handelt, können die Abmessungen der zu erzeugenden Bitmap-Bilder üblicherweise frei gewählt werden. Das Vektorgrafikprogramm wird so zum Lieferanten von Rasterbildern. Das Konstruieren von Schemata, technischen Skizzen oder Bedienelementen fällt damit leichter als mit Malprogrammen für Rasterbilder. In Kombination mit einer Transparenzfunktion, die die Hintergrundfarbe einer Vektorgrafik bei der Wiedergabe im Multimedia-Abspieler auslässt (transparent schaltet), können über bestehende Bilder erklärende Skizzen, Pfeile etc. gelegt werden, die mit einem Vektorgrafikprogramm angefertigt wurden. Eine Vektorgrafik kommt immer dann ins Spiel, wenn es um erklärende Darstellung, Infogramme und Layout (Textrahmen, Abgrenzung von Bildschirmbereichen) geht. Für aufwendige Multimedia-Produktionen werden Vektorgrafiken auch benutzt, um wiederkehrende Gestaltungselemente zu konstruieren. Von einer solchen Vektorgrafik lassen sich dann leicht Rasterbilder in verschiedenen Größen und Farben generieren oder gespiegelte oder gedrehte Variationen erzeugen. Für die Darstellung von Texten werden Schriften (Fonts) benötigt. Im Prinzip ist eine Schrift eine geordnete Sammlung von Buchstaben-Bildern, Glyphen genannt, die einem Buchstabencode zugeordnet sind. Ein Textverarbeitungsprogramm liest einen Buchstabencode und gibt den dazugehörigen Glyph auf dem Bildschirm aus. Glyphen können als Rasterbild oder Vektorgrafik gespeichet sein, üblich sind Vektorgrafiken, weil damit die Schrift skalierbar wird. Vektorgrafik 'outline' eines Glyphs Seite 2 von 7 Die bekanntesten Schriftformate Postscript und TrueType benutzen für Schriften optimierte Vektorgrafikformate, um aus einer einzigen Datei Glyphen, sowohl für die Bildschirmausgabe, als auch für hochauflösende Drucker in jeweils optimaler Qualität rendern zu können. Um die Glyphen sauber aneinanderzureihen, werden Angaben zur Bemaßung, die "Font-Metrics", benutzt. Bemaßung eines Glyphs CGM - Computer Graphics Metafile CGM ist ein Format, mit dem man Computergrafiken auf drei Arten kodieren kann: Eine ASCII-Kodierung für minimale Größe und einfache Übertragung, eine Binärkodierung für schnellen Zugriff und eine Klartextkodierung für Lesbarkeit und Editierbarkeit durch den Menschen. Bitmapgrafiken können eingebettet sein. CGM wird auch als "kleinster gemeinsamer Nenner" in der Grafikübertragung zwischen vielen kommerziellen Applikationen genutzt. Es wird von der Luftfahrt-, Automobilund Maschinenbauindustrie für technische Publikationen und Intranet-Applikationen verwendet. Die erste Spezifikation entstand 1986 und begegnete der Forderung nach einem grafischen Austausch- und Druck-/Plotformat für CAD-Anwendungen und grafische Systeme. Sie gewährleistete Basisfunktionen in Bezug auf Funktionen und Austauschbarkeit. Etwa 90 verschiedene Elemente waren dem Format bekannt. 1992 wurde das Format durch ca. 30 neue Elemente, z.B. Splines und Polybezierkurven erweitert, aber das wichtigste neue Merkmal waren grafische Segmente. Damit konnten Teile der Grafik einmal gespeichert, benannt und mehrfach verwendet werden. Diese Version trieb die Nutzung innerhalb technischer Zeichnungen voran. Die aktuelle Version wurde 1999 veröffentlicht, was etwa 40 neue Elemente und "Application Structuring" mit sich brachte. Damit war es erstmals möglich, nichtgrafische Informationen zusammen mit grafischen Inhalten in diesem Format abzulegen. Dies erlaubte die Nutzung für eine breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten einschließlich interaktiver Grafiken, "Hot Spots" und Hyperlinks. Momentan sind verschiedene Applikationsprofile des Formates in Verwendung. Ein Applikationsprofil definiert die Optionen, Elemente und Parameter, die notwendig Seite 3 von 7 sind, um eine besondere Funktion zu gewährleisten und die Austauschbarkeit zwischen den dieses Profil implementierenden Systemen zu maximieren. Diese Profile nutzen ein gemeinsames Subset des Formates, um eine Mindestkompatibilität zu gewährleisten. Model-Profil: allgemeines Profil, welches alle drei Kodierungen unterstützt geeignet für grundlegende wissenschaftliche und technische Grafiken (computergestütztes Design, Geowissenschaften, Karthographie) und Präsentations-, Visualisierungs- und Publishing-Applikationen ATA-Profil: Airline Transport Association entwickelt für die technische Dokumentation der Herstellung und Funktionsweise ziviler Flugzeuge unterstützt Binär- und Klartextkodierung geeignet zum Austausch technischer Handbücher, Publishing-Applikationen und Visualisierungen WebCGM-Profil: W3C-Empfehlung (21.01.1999) von W3C-Mitgliedern und CGM-Experten entwickelt Benutzung in Internetapplikationen CALS-Profil: vom US-Verteidigungsministerium für technische Illustrationen und Veröffentlichungen entwickelt unterstützt Binärkodierung CGM*PI-Profil: CGM Petroleum Industry entwickelt zum grafischen Austausch zwischen petrotechnischen Anwendungen in der Petrolforschung und dem Produktionsgewerbe WMF - Windows Metafile WMF ist das Microsoft-eigene Vektorgrafikformat und wird genutzt, um Vektor- und Bitmapgrafiken zu speichern. Dabei werden die Vektorinformationen mit GDIBefehlen (Graphics Device Interface) beschrieben. Unter Windows werden diese Befehle mit der API-Funktion PlayMetaFile() interpretiert und an ein Ausgabegerät übergeben. Bitmapdaten sind als Device Dependent Bitmap (DDB) oder Device Independent Bitmap (DIB) gespeichert. Obwohl das WMF-Format stark mit Microsoft Windows verknüpft ist, wird es auch innerhalb anderer Plattformen und Applikationen als grafisches Austauschformat Seite 4 von 7 verwendet. So unterstützt z.B. Encapsulated PostScript (EPS) eingebettete WMFs, wenn es um die Speicherung vektorbasierender Daten geht. EMF (Enhanced Metafile) ist das 32Bit-Pendant zum 16Bit-WMF und unterstützt mehr Befehle sowie eine Farbpalette. Merkmale sind u.a.: kann in Windows Clipboard-Dateien (CLP) eingebettet sein unterstützt Poly-Polygone (Polygone mit Aussparungen und Inseln), rotierten Text, bitmapgefüllte Texturen, transparente Bereiche liegt als Little-Endian-Format vor Datei kann max. 4 GB groß sein bietet WWW-Unterstützung HPGL - Hewlett Packard Graphics Language Hewlett-Packard hat mit HPGL und PCL (Printer Control Language) zwei DefactoStandards für Ausgabegeräte geschaffen. Obwohl HPGL ursprünglich für HP's Plotter gedacht war, haben Varianten ihren Weg in Tintenstrahl- und Laserdrucker gefunden. PCL hingegen wird von HP ausschließlich für deren Rastergeräte genutzt und wird langsam aber sicher von PostScript und Windows-basiertem GDI (Graphics Device Interface) verdrängt. HPGL ist ein Befehlssatz, der im ROM von Plottern untergebracht ist, um eine Reduzierung des Arbeitsaufwandes der Anwendungsprogrammierer zu ermöglichen. Es nutzt Mnemonics bestehend aus zwei Buchstaben als Befehle, um Linien, Kreise, Text und einfache Symbole zu zeichnen. Im Zuge der Verbesserung der Plotter und Drucker hat HP auch HPGL immer weiter verbessert. Nichtsdestotrotz gibt es einen Nachteil: HPGL ist umfangreicher und damit unhandlicher als andere Plottersprachen, d.h. die Übertragung einer HPGL-Datei nimmt mehr Zeit in Anspruch, als beispielsweise die einer DM/PL-Datei (Digital Microprocessor Plotting Language, Houston Instruments). Um diesen Nachteil wieder wett zu machen, entwickelte HP 1988 HPGL/2, welches "Polyline-Kodierung", also eine Art Datenkompression bot, die die Datenmenge und damit die Übertragungszeit um zwei Drittel reduzierte. Da HPGL den Defacto-Standard für Plotting darstellte, integrierte die Konkurrenz diesen Befehlssatz - oft unter anderem Namen - in ihre Plotter, so geschehen mit IBMGL (International Business Machines Graphics Language, IBM). Zusätzlich wurde HPGL zu einer Art Austauschformat für CAD-Anwendungen. Es unterstützt ASCII-Kodierung. DXF 2D - Drawing Exchange File 2D DXF 2D ist das wahrscheinlich weitverbreitetste Austauschformat für CADAnwendungen und wurde von Autodesk entwickelt. Es ermöglicht den Austausch von Grafiken zwischen AutoCAD und anderen Programmen. Dabei unterstützt es ASCIIund Binärkodierung, wobei erstere häufiger vorkommt. Seite 5 von 7 Da viele der Daten innerhalb einer AutoCAD-Grafik in anderen Programmen keine äquivalenten Objekte besitzen, wird häufig das DrawingExchange-Binärformat (DXB) benutzt, welches eine einfachere geometrische Beschreibung der Grafik enthält. SVG - Scalable Vector Graphics SVG ist ein aus XML abgeleitetes Vektorgrafikformat von Adobe für das WWW, das vom W3C im August 2000 als vorläufiger Standard verabschiedet wurde. SVGGrafiken werden im Internet allerdings noch kaum eingesetzt. Die Dateien sind ähnlich wie HTML textbasiert aufgebaut und können daher von Hand im Texteditor bearbeitet werden. Bitmapgrafiken oder andere enthaltene Objekte werden nicht in der Grafikdatei selbst gespeichert, sondern lediglich referenziert. Im Gegensatz zu klassischen statischen Vektorgrafikformaten kann SVG aber auch begrenzt Animationen und interaktive Elemente beinhalten. VML - Vector Markup Language VML ist ein textbasiertes Vektorgrafikformat der Firma Microsoft. Es ist wie SVG auf Basis der Metasprache XML entstanden und wurde im Mai 1998 beim W3C als Standardvorschlag eingereicht. Dort hat es jedoch noch nicht den Status einer Empfehlung erreicht. VML hat im Vergleich zu SVG weniger Funktionalitäten, was jedoch die Komplexität der Darstellung des Datenformats reduziert. CMX CMX ist das Präsentationsformat von Corel's CorelSuite. Es unterstützt Komprimierung, Bitmapgrafiken und PostScript als Texturfüllung und Vorschaubilder. Ein direkter Zugriff auf Komponenten wie Seiten und Layers ist möglich. Als Farbmodelle sind Schwarz/Weiß, Graustufen, RGB, CMY, CMYK, CMYK255, HSB, HLS, Pantone, YIQ255, LAB etc. möglich. Die Dateien liegen im Binärformat vor (Little oder Big Endian). CMX entspricht dem Resource Interchange File Format (RIFF/RIFX). AI - Adobe Illustrator AI ist ein systemübergreifendes, auf Encapsulated Postscript (EPS) basierendes Vektorformat von Adobe. Es ist gegenüber dem EPS-Format um einige Fähigkeiten erweitert, die in sogenannten ProcSets abgelegt sind. Diese ProcSets können entweder direkt in der AI-Datei enthalten sein oder beim Laden in ein Programm von diesem Programm angefordert werden. Befinden sich die ProcSets nicht mit in der Datei, kann sie allerdings nur von Programmen angezeigt werden, die selbst die nötigen ProcSets enthalten. Sind die ProcSets in der AI-Datei enthalten, kann sie normal als EPS-Datei interpretiert werden. AI hat einen verhältnismäßig hohen Speicherplatzverbrauch, ist aber gut komprimierbar. Seite 6 von 7 FIG Das systemübergreifende Vektorformat FIG wurde um 1985 von Supoj Sutanthavibul an der Universität von Texas in Austin entwickelt und steht momentan unter der Obhut von Brian V. Smith (Lawrence Berkeley National Laboratory Kalifornien). Seite 7 von 7