Logik Mengenlehre Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Gabriele Link 28.10.2013 Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Erinnerung: Zeilen-Stufen-Form (ZSF) eines LGS 0 ··· .. . .. . .. . .. . .. . 0 ··· 0 1 ∗ ··· .. . 0 0 ··· .. .. .. . . . .. .. .. . . . .. .. .. . . . .. .. .. . . . 0 0 0 ··· ∗ ∗ ∗ ··· ∗ ∗ ∗ ··· .. .. 0 1 ∗ ··· ∗ . . .. .. .. . . 0 ∗ . .. .. . 1 ∗ ··· . 0 .. .. . . 0 0 ··· .. .. .. .. . . . . 0 0 ··· 0 0 ··· Gabriele Link ∗ .. . .. . c1 .. . .. . ∗ cr 0 cr +1 .. .. . . 0 cm Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Erinnerung: Information der Zeilen-Stufen-Form Aus der ZSF liest man ab: Folgerung 3.8 Das zur ZSF gehörige LGS (und damit nach Satz 3.4 auch das ursprüngliche LGS) ist genau dann lösbar, wenn gilt cr +1 = cr +2 = . . . = cm = 0. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Erinnerung: Gaußsche Normalform (GNF) des LGS Durch weitere Zeilenumformungen kann man erreichen, dass oberhalb der Einsen überall Nullen stehen: 0 ··· .. . .. . .. . .. . .. . 0 ··· 0 1 ∗ ··· .. . 0 0 ··· .. .. .. . . . .. .. .. . . . .. .. .. . . . .. .. .. . . . 0 0 0 ··· ∗ 0 ∗ ··· ∗ 0 ∗ ··· .. .. 0 1 ∗ ··· ∗ . . .. .. .. . . 0 0 . .. .. . . 0 1 ∗ ··· .. .. . . 0 0 ··· .. .. .. .. . . . . 0 0 ··· 0 0 ··· Gabriele Link ∗ .. . .. . d1 .. . .. . ∗ dr 0 dr +1 .. .. . . 0 dm Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre . Logik Mengenlehre Parametrisierung der Lösungsmenge Falls das zur GNF gehörige LGS (und damit auch das ursprüngliche LGS) lösbar ist (also dr +1 = . . . = dm = 0), so lassen sich alle Lösungen des LGS an der GNF ablesen. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Annahme (zur Vereinfachung): 1 0 0 0 1 0 0 .. . 0 1 0 .. . .. . 0 ··· ··· .. ··· 0 .. . .. . 0 0 .. . .. . . 00 a1,r +1 ··· .. . .. . .. . 1 ar00,r +1 0 .. . 0 .. . 0 0 Gabriele Link ··· ··· ··· 00 a1,n−r .. . .. . .. . d1 .. . .. . .. . ar00,n−r dr 0 .. . 0 .. . 0 0 Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Freie Parameter Man wählt t1 , . . . , tn−r ∈ R als Parameter und setzt xr +1 := t1 , xr +2 := t2 , . . . , xn := tn−r . Aus der GNF folgt dann für die restlichen r Unbekannten 00 00 x1 = d1 − t1 a1,r − · · · − t a n−r +1 1,n−r , .. .. . . xr = dr − t1 ar00,r +1 − · · · − tn−r ar00,n−r . Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Gestalt der Lösungen Durchlaufen t1 , . . . , tn−r jeweils alle reellen Zahlen, so erhält man alle Lösungen des LGS. Speziell erhält man für t1 = · · · = tn−r = 0 die Lösung x = (d1 , . . . , dr , 0, . . . , 0). Folgerung 3.9 Ein homogenes LGS mit mehr Unbekannten als Gleichungen (n > m) ist immer nichtrivial lösbar (d.h. hat nicht nur die Null-Lösung). Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Aussagenlogik Aussagen“ können wahr oder falsch sein. ” Beispiele für Aussagen Es ist Nacht. 3 ist eine natürliche Zahl. Logik“: gegebene ( elementare“) Aussagen ” ” ; neue ( zusammengesetze“) Aussagen ” Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Logische Verknüpfungen Symbol ∧ ∨ ¬ ⇒ ⇔ Name Konjunktion Disjunktion Negation Implikation Äquivalenz Sprechweise und“ ” oder“ ” nicht“ ” daraus folgt“ ” ist äquivalent zu“ ” Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Beispiel Implikation, Konjunktion N := Es ist Nacht K := Alle Katzen sind grau. Eine zusammengesetzte Aussage: Wenn es Nacht ist, dann sind alle Katzen grau. Kurzschreibweise: N ⇒ K. Noch eine zusammengesetzte Aussage: Es ist Nacht und alle Katzen sind grau. Kurzschreibweise: N ∧ K. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Wahrheitstafeln A w w f f B w f w f A∧B w f f f A w w f f Gabriele Link B w f w f A∨B w w w f A w f ¬A f w Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Wahrheitstafeln A w w f f B w f w f A⇒B w f w w A w w f f B w f w f Gabriele Link A⇔B w f f w A w w f f B w f w f Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre A∨B f w w f Logik Mengenlehre Beispiele A := −1 ist eine natürliche Zahl. (f) ¬A (−1 ist keine natürliche Zahl) ist wahr. B := 3 ist eine natürliche Zahl. (w) A ⇒ B (Wenn −1 eine natürliche Zahl ist, dann ist 3 eine natürliche Zahl) ist wahr A ∧ B (−1 und 3 sind beides natürliche Zahlen) ist falsch A ∨ B ist wahr. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Klammerung ist entscheidend R := Es regnet. N := Es ist Nacht. K := Alle Katzen sind grau. Die zusammengesetzte Aussagen N ∧ (R ⇒ K ) und (N ∧ R) ⇒ K sind verschieden: Es ist Nacht und wenn es regnet, sind alle Katzen grau.“ ” In regnerischen Nächten sind alle Katzen grau.“ ” Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Verallgemeinerung: Prädikatenlogik Manchmal sind Aussagen von einer Variablen abhängig; man spricht dann auch von Aussageformen. Beispiele A(x) := (3 ≤ x) ∧ (x ≤ 5) ist eine Aussageform für ganze Zahlen. A(x) ist nicht allgemeingültig, aber erfüllbar: Es gibt mindestens eine ganze Zahl x, für die A(x) wahr ist. T (x, y ) := x ist ein Teiler von y ist eine Aussageform für Paare von natürlichen Zahlen: T (4, 12) ist eine wahre und T (5, 26) eine falsche Aussage. T (1, y ) ist eine allgemeingültige Aussageform für natürliche Zahlen y . Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Quantoren Die Variablen in einer Aussageform können quantifiziert werden mit Hilfe des Existenzquantors ∃ (gesprochen Es gibt ein...“) und ” des Allquantors ∀ (gesprochen Für alle...“). ” Existenz und Eindeutigkeit wird beschrieben durch den Quantor ∃1 (gesprochen: Es gibt genau ein . . .“). ” Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Beispiele ∀ x ∈ Z : A(x) Für alle ganzen Zahlen x gilt: 3 ≤ x und x ≤ 5 (falsche Aussage). ∃ x ∈ Z : A(x) Es gibt eine ganze Zahl x, so dass gilt: 3 ≤ x und x ≤ 5 (wahre Aussage) ∀ x ∈ N ∃ y ∈ N : T (x, y ) (wahre Aussage) ∃ y ∈ N ∀ x ∈ N : T (x, y ) (falsche Aussage) Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Reihenfolge ist wichtig Das letzte Beispiel zeigt: die Reihenfolge der einzelnen Quantifizierungen der Variablen ist entscheidend. ∀ x ∈ N ∃ y ∈ N : T (x, y ) ist eine ganz andere Aussage als ∃ y ∈ N ∀ x ∈ N : T (x, y ). Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Was ist eine Menge? Georg Cantor (1845–1918), hatte noch definiert: Unter einer Menge“ verstehen wir jede Zusammenfassung M von ” bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente“ von M genannt ” werden) zu einem Ganzen. In der modernen Mathematik verzichtet man auf eine Definition des Begriffs Menge“ und verwendet ihn als Grundbegriff. ” Um Widersprüche zu vermeiden wird speziell gefordert, dass eine Menge sich nicht selbst als Element enthalten darf. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Elemente einer Menge Ist ein Objekt“ a in einer Menge M enthalten, schreiben wir ” a ∈ M (gesprochen a Element M“), ” andernfalls a 6∈ M (gesprochen a nicht Element M“). ” andernfalls a 6∈ M (gesprochen a nicht Element M“). ” Diejenige Menge, die keine Elemente enthält, heißt leere Menge und wird bezeichnet mit ∅ := {}. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Wie beschreibt oder definiert man Mengen? durch Auflisten der Elemente: z.B. M := {2, 3, 5, 7} durch Auswahl bestimmter Elemente aus einer Grundmenge G mit Hilfe einer Aussageform A(x) auf G : z.B. M := {n ∈ N | n ist Primzahl und 1 ≤ n ≤ 10}. Allgemeine Schreibweise: M := {x ∈ G | A(x)} Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Wichtige Beispiele N = {1, 2, 3, . . .}, die Menge der natürlichen Zahlen. Nehmen wir die Null hinzu, so schreiben wir N0 = N ∪ {0}. Die ganzen Zahlen Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .}. Die rationalen Zahlen Q = { qp | p, q ∈ Z, q 6= 0}. Die reellen Zahlen R, und die komplexen Zahlen C, die in der Vorlesung Analysis“ detailliert behandelt werden. ” Ist (∗) ein LGS mit vorgegebenen (reellen) Koeffizienten aij und bi , 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n, so lässt sich die Lösungsmenge L schreiben als L = {x ∈ Rn | x ist Lösung des LGS (∗)}. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Teilmenge A und B Mengen A heißt Teilmenge von B, wenn jedes Element von A auch in B liegt: x ∈ A ⇒ x ∈ B. Die Menge B heißt dann Obermenge von A. Wir schreiben A ⊆ B oder B ⊇ A. ⊆ (manchmal auch ⊂) heißt Inklusionszeichen. Um zu verdeutlichen, dass A eine echte Teilmenge von B ist (d.h. A ⊆ B und ∃ x ∈ B : x ∈ / A) schreiben wir A ( B. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Wann sind zwei Mengen gleich? Zwei Mengen M1 und M2 sind gleich (M1 = M2 ), wenn sie die gleichen Elemente besitzen, d.h. wenn für jedes x gilt: (x ∈ M1 ⇒ x ∈ M2 ) ∧ (x ∈ M2 ⇒ x ∈ M1 ) Also: M1 = M2 ⇔ (M1 ⊆ M2 und M2 ⊆ M1 ). Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Mächtigkeit und Potenzmenge Die Anzahl der Elemente einer Menge M nennt man die Mächtigkeit oder auch Kardinalität von M. Man schreibt dafür |M| oder auch #M. Die Menge aller Teilmengen einer Menge M heißt Potenzmenge P(M) := {A | A ⊆ M}. Ist M eine endliche Menge mit k Elementen (d.h. |M| = k), so ist P(M) eine Menge mit 2k Elementen (d.h. |P(M)| = 2k ). Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Durchschnitt und Vereinigung Der Durchschnitt der Mengen A, B ist die Menge A ∩ B := {x | x ∈ A ∧ x ∈ B}. Ein Element liegt also genau dann im Durchschnitt von A und B, wenn es sowohl in A als auch in B liegt. Ist der Durchschnitt A ∩ B leer, so heißen A und B disjunkt. Die Vereinigung der Mengen A, B ist die Menge A ∪ B := {x | x ∈ A ∨ x ∈ B} . Ein Element liegt also in der Vereinigungsmenge A ∪ B, wenn es in mindestens einer der beiden Mengen liegt. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Kartesisches Produkt und Tupel Sind A, B Mengen, so ist das (kartesische) Produkt von A und B die Menge A × B := {(x, y ) | x ∈ A ∧ y ∈ B}. Dabei ist (x, y ) ein geordnetes Paar, und (x, y ) = (x 0 , y 0 ) gilt genau dann, wenn x = x 0 und y = y 0 . ACHTUNG: A × B nicht mit A ∩ B verwechseln! Analog definiert man für k ∈ N die Menge der k-Tupel in A Ak := {(x1 , x2 , . . . , xk ) | ∀i : xi ∈ A}. Beispiel: R3 = R × R × R. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Differenz und Komplement Die Differenz der Mengen A, B ist die Menge A\B := {x | x ∈ A ∧ x 6∈ B} . Ist insbesondere A die Grundmenge G , so nennt man B c := G \B das Komplement B c = {x ∈ G | x 6∈ B}. Es gelten die folgenden Gleichungen: B\B = ∅, B ∩ B c = ∅, Gabriele Link B ∪ Bc = G , (B c )c = B. Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Verallgemeinerung: Mengensysteme Sei M eine Menge von Mengen, z.B. M ⊆ P(A) für eine Menge A. Der Durchschnitt aller Mengen B des Mengensystems M (M 6= ∅) ist die Menge \ B := {x | ∀ B ∈ M : x ∈ B}. B∈M Die Vereinigung aller Mengen M ∈ M ist die Menge [ B := {x | ∃ B ∈ M : x ∈ B}. B∈M Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Abbildungen Seien X und Y Mengen. Eine Abbildung f von X nach Y ist eine Vorschrift, die jedem Element x von X genau ein Element f (x) aus Y zuordnet. Schreibweise: f : X → Y, x 7→ f (x) X heißt Definitionsmenge oder Definitionsbereich und Y Zielmenge oder Wertebereich von f . Die Menge {(x, f (x)) | x ∈ X } ⊂ X × Y heißt Graph der Abbildung f . Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre Logik Mengenlehre Bild und Urbild Sei f : X → Y eine Abbildung, A ⊆ X und B ⊆ Y . Dann heißt die Menge f (A) := {f (x) | x ∈ A} ⊆ Y Bild von A. Die Menge f −1 (B) := {x ∈ X | f (x) ∈ B} ⊆ X heißt das Urbild von B. Gabriele Link Vorlesung 3: Logik und Mengenlehre