UN-Dekadeprojekt - Biologische Vielfalt Umweltbildungsnetzwerk der Schutzgemeinschaft Kyffhäuser-Unstrutlandschaft (SKU) e.V. i.A. Dr.rer.silv.Dipl.-Ing. Jürgen König, Vorsitzender der SKU Langfassung zum Antrag der SKU als Offizielles UN-Dekadeprojekt - Biologische Vielfalt Die Schutzgemeinschaft handelt seit 1998 satzungsgemäß auf dem Gebiet des Umwelt- und Naturschutzes, insbesondere im Gebiet der mittleren Unstrut, dem trockensten Gebiet Deutschlands mit einzigartigen Vorkommen an Trockenwäldern, Steppenrasen und Salzwiesen. Die Arbeiten der Vereinsmitglieder galt in den letzten Jahren insbesondere dem Art- und Biotopschutz. Mit der Wahl des neuen Vorstandes und der Ergänzung neuer satzungsgemäßer Aufgaben wurden diese Arbeitsfelder mit der Umweltbildung im Bildungssektor stärker vernetzt. Ein Leitmotiv ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung geworden (BNE als Einheit von Ökologie, Ökonomie und Sozialen) sowie die Förderung junger Naturforschertalente bis hin zum Bundeswettbewerb „Jugend forscht“. In der Bildungsregion arbeitet die SKU eng mit den Grundschulen in Bottendorf und Wiehe und der UNESCO-Projektschule Roßleben und deren Fördervereinen sowie mit dem VHS Bildungswerk Roßleben zusammen. Der Vorstand der Schutzgemeinschaft Kyffhäuser-Unstrutlandschaft bildet gleichzeitig einen Teil des wissenschaftlichen Beirates der UNESCO-Projektschule und begleitet so „Jugend-forscht-Projekte“. So werden in den Schulen Bildungsobjekte und –programme geschaffen, Naturforscherthemen mit und durch die Jugendlichen altersgerecht erarbeitet und in den laufenden Unterricht eingebunden. Die staatliche Regelschule „Gerhart Hauptmann“ in Roßleben verfolgt seit nunmehr 16 Jahren Nachhaltigkeitsaspekte auch hinsichtlich der biologischen Vielfalt. Als erste UNESCO-Projektschule und Grünste Schule Thüringens entwickelten wir hier nicht nur Energiesparmodelle, bauten Solaranlagen und ein Biomassekraftwerk auf – wir schufen auch unseren Schulwald der sich jetzt mit 16 Jahren zu einem kleinen Tierund Pflanzenparadies entwickelt hat. Mit der Unterstützung des damaligen Revierleiters aus dem Staatlichen Forstbetrieb Ziegelroda, Herrn Wilmar Frederking, gelang es, auf ca. 2 ha Grünland intakte Biotope zu entwickeln, in denen nicht nur Singdrosseln, Amseln, Elstern, Rotkehlenchen und Grünfinken vorkommen sondern auch Buchfinken, Nachtigallen, Zilpzalps und auch Dachse! Das Gelände wurde zudem zum Jagdrevier des Turmfalken und des Sperbers. Die Schülerinnen und Schüler verinnerlichen im grünen Klassenzimmer den naturwissenschaftlichen Unterricht und vertiefen ihn im außerschulischen Bereich, d.h. in der Umweltgruppe. Dabei spielt der Nachhaltigkeitsgedanke, der von einem Forstmann C. v. Carlowitz bereits im frühen 18. Jh. erstmalig geprägt wurde, eine wichtige Rolle. Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist unser Leitmotiv geworden. Eine wichtige BNEMaxime ist die Einheit von Ökologie, Ökonomie und Sozialen. Natur- und Umweltschutz ist für uns auch immer mit der Entwicklung der persönlichen, fachlichen und sozialen Kompetenzen der Schüler verbunden. So verbinden wir in den Aktivitäten der Umweltgruppe fachliche Kompetenzentwicklung (Artenkenntnisse) mit Aspekten der Persönlichkeitsentwicklung anhand von Umweltthemen. Darüber hinaus ist die Integration benachteiligter, verhaltensauffälliger und damit (vermeidlich) leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler in der Umweltgruppe basisbildend und macht diese zur Multifunktionalen Umweltgruppe. Die Umweltgruppe betreut und pflegt den Schulwald, nach forst- und naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten zu einem Trittstellenbiotop mit möglichst vielen Tier- und Pflanzenarten. Im Regenschatten von Harz und Kyffhäuser, sozusagen im trockensten Gebiet Deutschlands, wollen wir hier ein lebendiges Lehrbeispiel für den naturwissenschaftlichen Unterricht schaffen. Der Schulwald der Gerhart-Hauptmann-Schule beinhaltet nach ersten Aufnahmen: o 0,8 ha: Eichenmischwald mit: Eichen (Quercus spec.) 80 % Charakterbaum an der mittleren Unstrut Bergahorn (Acer pseudoplatanus) 10 % Einer der edelsten Holzarten, die wir bei uns in Deutschland in Wäldern erziehen können Spitzahorn (Acer platanoides) Zunehmende Populationsentwicklung in Mitteldeutschland Birke (Betula pendula) 2 % Ökologischer Baum der mitteldichten Laubmischwälder Feldahorn (Acer campestre) 1 % Charakteristischer Baum des Mitteldeutschen Trockengebietes Aspe bzw. Zitterpappel (Populus tremula) 1 % o o o Zuwachsstarker Baum mit ökologischem Potential für Schmetterlingspopulationen wie dem Großen Eisvogel oder Großen Schillerfalter (beides relativ seltene Edelfalterarten) Ulmen (Ulmus spec.) 4 %, mit vegetativer Naturverjüngung Bedrohte Art nach dem Ulmensterben Pflaume (Prunus spec.) Vogelkirsche (Prunus avium) 3 % Ölweide (Eleagnus spec.) Wildkirschen: Trauben- und Weichselkirsche (Prunus spec.) u.a.m. 0,7 ha: Fichtenwald, seit 2012 stetig waldbaulich umgewandelt in Mischwald mit Gemeine Fichte (Picea abies) 90 % Vergleichspflanzung zur Versuchsfläche auf der Kalirückstandshalde Diesbezügliche Radial- und Höhenzuwachsuntersuchungen laufen Pflaume (Prunus spec.) u.a.m. 0,5 ha Streuobstwiese Birne (Pyrus spec.) – z.Z. Anschauungsunterricht zu Rostpilzen (Birnengitterrost) Apfel (Malus spec.) Eberesche (Sorbus aucuparia) – h/d Verhältnis von 150 – besonders schlank Vogelkirsche (Prunus avium) – Wildfrucht hervorragend für Biodiversität Pfirsich (Perseca spec.) – Wärme liebende Baumart u.a.m. Ehemalige 100m-Sprintstrecke - Potentielle Flächen für den Schulwald Beinwell (Symphytum spec.) Zwerggras (Eragrostis pilosa) – Massenansiedlung der C4-Pflanze (verwandte Art des Zuckerohrs) auf Rotsplitt Im Zuge der Sanierungsarbeiten an der Regelschule wurden alten Gebäude-Trucks abgerissen. Die freigewordenen Flächen stehen im nächsten Jahr zur Begrünung an, was eine Entwicklungschance für unseren Schulwald darstellt. Wir wollen in Zusammenarbeit mit der Bauleitung des Landsratsamtes in Sondershausen einen Lehrpark mit vornehmlich Schülerideen (Labyrinth, Obstgehölzwiese, Großfeldschach, Tischtennisplatte, Grillplatz usw.) gestalten, zu dem nicht nur die Schüler Zugang haben, sondern auch alle Naturinteressierten. Dies soll auch ein Platz der Begegnung der Generationen werden. Für die, für den Umbau der Schulgebäude notwendig gewordenen Baumfällungen, hat die Bauleitung schon Ausgleichspflanzungen für das Jahr 2013 in Aussicht gestellt. Auf diese Weise werden wir so, in Zusammenarbeit mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die Biodiversität des komplex aufgebauten Schulwaldes weiter erhöhen können, so hoffen wir. Im Jahr 2012 entstand durch die freundliche Unterstützung des Landesverbandes Thüringen der Gartenfreunde e.V. und der Kyffhäusersparkasse ein Lehr- und Erlebnispfad in der Kleingartenanlage „Glück Auf“. In solchen Gartengebieten finden sich naturgemäß eine ganze Reihe von Pflanzen und Tieren ein. Insbesondere an der Randlage an einem Straßendamm können wir hier nicht nur mit Nistkästen für eine artenreichere Umgebung sorgen, hier wachsen seit Jahrzehnten auch Bastardindigo, Eschenblättrige Ulme, Essigbaum und Götterbaum neben Flieder, Weichselkirsche, Blasenstrauch und Bergahorn. Einer Reihe von Neophyten kommt hier, in einem der wärmsten Gebiete Deutschlands, im Freien vor und beweisen den Pioniercharakter dieser Pflanzengruppe auch auf trockenen „Ödländern“ – insbesondere im Zeitalter der Klimaerwärmung. Diese ehemaligen Leerparzellen sollen vor allem der Pflege und Vermehrung seltener und bedrohter Pflanzen dienen, wie dem Speierling (Sorbus domestica), der seltensten Baumart Deutschlands. In Zusammenarbeit mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gelang die Aufzucht von drei 16 jährigen Speierlingsbäumen bis zur Fruchtreife. Im vergangenen Jahr ernteten die Regelschüler der Umweltgruppe mehrer hundert apfelförmige Früchte aus denen 1365 Fruchtkerne aus dem keimhemmenden Fruchtfleisch extrahiert und gezählt wurden. Wir bestimmten die 1000-Korn-Masse mit 35,5 g, so dass wir nach wissenschaftlichen Methoden nun das durchschnittliche Gewicht eines Speierlingskernes mit 3,55 mg kennen. Gegenwärtig laufen in Zusammenarbeit mit der Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei in Gotha Versuchsreihen zur Stratifizierung und variablen Aufzucht der 1000 Speierlingskerne. Die Schutzgemeinschaft beteiligte sich 2010-2011 auch an der bundesweiten Kartierung seltener Baumarten (Els, Spei, Eibe, Fah u.a.) in Nordthüringen und Sachsen-Anhalt. Als Ergebnis konnten wir mit beteiligten Schülern zwei autochtonen Speierling- und Elsbeerbeständen als isoenzymatisch belegte Genobjekte im Ziegelrodaer Forst nahe Roßleben und in der Hainleite, in die Bundesdatenbank in Hann. Münden integrieren. Damit haben die Jugendlichen einen nicht unwesentlichen Teil dazu beigetragen, diese Wärme liebenden, seltenen Laubbaumarten unserer Region bekannt zu machen, zu schützen und zu erhalten. Solche im Team erarbeiteten Ergebnisse nutzen die beteiligten Schüler, um sich an naturwissenschaftlichen Wettbewerben zu beteiligen. 2012 starteten 9 Schüler aus Bottendorf und Roßleben beim Regionalwettbewerb in Ilmenau des Bundeswettbewerbes „Jugend experimentiert“ und „Jugend forscht“. Sie waren dort die einzigen Grund- und Regelschüler. Von unseren fünf gestarteten Teams wurde vier ausgezeichnet. Wir erhielten u.a. Sonderpreise für „Umwelt- und Naturschutz“, „Nachhaltige Entwicklung“ und „Talentförderung“. Beim Landeswettbewerb von „Jugend forscht“ erhielten wir sogar den Sonderpreis für „Umwelttechnik“, was unsere Motivation auf diesem Gebiet natürlich stärkte. Urkunden bei „Jugend forscht“ zu erringen bedeutet für unsere Schüler auch verbesserte Bewerbungsunterlagen und Berufschancen. Seit 16 Jahren existiert auf dem Gipfelplateau der Kalirückstandshalde des ehemaligen Kaliwerkes „Heinrich Rauh“ Roßleben eine Versuchsfläche der UNESCO-Projektschule mit einem Ökosystem verschiedener Pflanzen und Tiere. Im wahrsten Sinne auf „Neuland“ stehen hier neben Fichten und Robinien auch Frühlingstamarisken, eine Gehölzart aus den Salzsteppen Zentralasiens, die besonders gut an erhöhte Salzgehalte im Boden und trockene Standortsbedingungen angepasst ist. Hier entstand ein ca. 0,5 ha großes lichtes Buschgebiet, das auch gleichzeitig Biotop von Fasanen, Goldammern, Steinschmätzern, Braun- und Schwarzkehlchen wurde. Regelmäßig diskutieren wir unsere Anbauversuche mit den Bürgern und Bergbauinteressierten zum Tag der Offenen Tür der Gesellschaft zur Herstellung von Bodensubstrat (GHB, Eigentümer und Umwandler der Kalirückstandshalde), der in diesem dieses Jahr am 16. Juni stattfinden wird. Wir beabsichtigen auch die neuen Waldgebiete an der Kupferhütte Bottendorf (einem etwa 10 jährigen Auewald) mit in unsere Untersuchungen sowie Betreuungs- und Monitoring-Pläne zu integrieren, um weitere beispielgebende Biotope als Anschauungsbeispiel für Trittstellenbiotope als Multiplikatoren der Biodiversitätsentwicklung zu schaffen. Ein weiteres Trittstellenbiotop für Steppenrasenbewohner soll am Südrand des Ziegelrodaer Forstes entstehen. Hier bietet sich die Möglichkeit, Federgräser (Stippa spec.), Adinosröschen (Adonis vernalis), Frühlingskuhschelle (Pulsatilla vernalis) und Diptam (Dictamnus albus) wieder anzusiedeln, die vor der Verbuschung durch Schlehen hier autochton vorkamen. An diesem Südrand wurden auf der ehemaligen Rauchschadfläche des Kaliwerkes vor 20 Jahren Pioniergehölzstreifen angepflanzt in denen auch Wärme liebende Baumarten wie Eslbeere, Schwarznuss, Walnuss und Speierling integriert wurden. Eine Bestandsaufnahme und Bestandespflege dieser Baumarten zum heutigen Zeitpunkt wäre dringlich. Unsere Umweltgruppe agiert auch bei den jüngsten Schülern unserer Bildungsregion, der Grundschule Bottendorf. Dort begleiten die Regelschüler die Kleine Umweltgruppe bei den Exkursionen durch das NSG „Bottendorfer Höhen“ und hilft bei der Pflege des Trockenpflanzen-Steinwand-Biotops. Hier werden die Grundschüler schon in der frühen Bildungsphase mit den Naturschönheiten und Besonderheiten ihrer Heimat (wie der einzigartigen Bottendorfer Strandgrasnelke (Armeria maritima ssp. bottendorfensis) oder dem Kleinen Knabenkraut (Orchis mario) vertraut gemacht. Die Unterstützung der Pflege und Entwicklung der Steppenrasen auf den Bottendorfer Höhen, in Zusammenarbeit mit dem Projektbüro des EU-LIFE-Projektes „Erhaltung und Entwicklung der Steppenrasen in Thüringen“, unter Leitung des Projektmanagers Henryk Baumbach, wurde den Mitgliedern der Kleinen Umweltgruppe schon ein wichtiges Anliegen. Wir in Roßleben sind eine der drei Kommunen, die für den Kyffhäuserkreis beim Thüringer Pilotprojekt NELECOM (Neue Lernkultur in Kommunen) teilnehmen. Neben Sondershausen der Kreisstadt und Bad Frankenhausen, verwirklichen wir hier in strukturschwacher Region, in Zusammenarbeit mit der Sinn-Stiftung von Professor Gerald Hüther aus Göttingen, der in diesem Jahr bei uns zu Gast war, neue Lernideen und Entwicklungschancen für den Bildungssektor. Unsere Umweltaktionen werden regelmäßig in der Regionalpresse veröffentlicht (s. unser Literaturverzeichnis zu unseren Umwelt- und Bildungsprojekten), um auch das allgemeine Umweltbewusstsein zu stärken, denn nur was man kennt, schützt man. Das Bildungsnetzwerk Roßleben-Wiehe wurde unter Federführung des Fördervereins der Regelschule Roßleben Offizielles UN-Dekadeprojekt 2010-2011. Die Schule bewirbt sich mit den Neuentwicklungen (modernste Schule des Kreises) auch für den Titel in 2012-2013. Da uns der Umweltschutz im Bildungsnetzwerk gemeinsam mit allen Umwelt und Naturschützern der Region am Herzen liegt, wollen wir von SKU stellvertretend in diesem Wettbewerb Offizielles UN-Dekadeprojekt der Biodiversität werden. Die Auszeichnung würde uns in unseren Bestrebungen helfen, die ehemalige Bergbaulandschaft an der mittleren Unstrut, mit den Bergbaufolgelandschaften Halde, Salzgräben, Salzwiesen, Kali-Bahndämme und Kali-Rauchschadengebiet weiter umzugestalten und die Pionierpflanzen dort zu erforschen. Des Weiteren wäre eine Unterstützung für die Entwicklung unseres Schulwaldes zu einem bürgerfreundlichen Lehrpark sehr wünschenswert. Ganz aktuell wurden unsere Bemühungen zur Biodiversitätsentwicklung, insbesondere die Bemühungen des VHS-Bildungswerkes in Roßleben belohnt. Am 2. Mai zeigte sich auch dem Kunsthorst über dem ehemaligen Schornstein der Schuhfabrik ein Storchenpaar – vielleicht ein gutes Zeichen zur natürlichen Weiterentwicklung unserer Region. Gerne senden wir Ihnen weitere Informationen zu unseren Umweltprojekten, zur Biodiversitätsentwicklung hier vor Ort und zu unserem Antrag zu. Mit besten Grüßen i.A. Dr. rer. silv. Dipl.-Ing. Jürgen König Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Kyffhäuser-Unstrutlandschaft (SKU) e.V. an der UNESCO-Projektschule G.H. Roßleben Anlagen - Satzung der SKU, Publikationsverzeichnis, Europassprofil, Presseartikel