Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Medizinische Fakultät Mannheim der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Scriptum Anästhesie Teil IV Praxis der Postoperativen Patientenüberwachung – Aufwachraum Vs. 1.1 vom 30. 7. 2011 Im Vergleich zur Vorversion betreffen die Veränderungen in dieser vorwiegend stilistische und gestalterische Verbesserungen. Neu dazugekommene Informationen sind minimalst. Wenn Sie dieses Script schon einmal gelesen haben und damit zufrieden sind, müssen Sie diese Version nicht noch einmal lesen um Zusätzliches zu lernen. Wenn Sie es aber unabhängig davon noch einmal lesen wollen, sollten Sie diese Version benutzen. Im Übrigen ist auch dieses Script wie alle anderen copyrightfrei(vgl. dazu die Angaben in den anderen Scripten). Sie können damit anstellen, was Sie wollen, allerdings übernehme ich dafür keine Verantwortung(CL). Klein und kursiv gedrucktes ist, wie bisher, zum Verständnis interessant, aber nicht prüfungsrelevant. Entstehen von „Aufwachräumen“ Auch wenn die Anästhesie in der heutigen Form etwa 150 Jahre alt ist, sind die Möglichkeiten, Patienten unmittelbar nach Operation und Narkose in größerem Maßstab professionell zu überwachen bei weitem jünger und Entwicklungen der gegenwärtigen Medizingeschichte. So dürfte die Anästhesistengeneration, die in den nächsten 10 Jahren in Rente gehen wird, zu einem Zeitpunkt geboren worden sein, wo es in Deutschland solche Möglichkeiten noch nicht gegeben hatte und viele von ihnen mußten in ihrem Berufsleben öfters ohne diese Möglichkeiten auskommen. Zwar hatte bereits Florence Nightingale empfohlen, schwerkranke Patienten gemeinsam in einem speziellen Raum zu betreuen. Eine erste solche Einrichtung, im Weiteren kurz als „Aufwachraum(AWR)“ bezeichnet, wurde aber erst 1932 an der Johns Hopkins Clinic in Baltimore für frisch operierte neurochirurgische Patienten eingeführt. Die weitere Einführung von Aufwachräumen in den 30iger und 40iger Jahren in den USA wurde zwar wie es auch heute noch üblich ist, mit ökonomischen Vorteilen begründet: „Man kann dann Krankenschwestern einsparen.“ - ein Argument, das auch heute noch am besten zieht – . Aber bald wurde klar, dass wesentlich wichtigere medizinische Gründe für die Einführung einer professionellen Überwachung von Patienten nach Operationen sprachen und mit Studien belegt(Ahnefeld FW et al., AufwachraumAufwachphase, Berlin, Heidelberg, New York, 1982). -1- Aufwachräume wurden nämlich primär nicht eingerichtet zur Therapie postoperativer Schmerzen und postoperativer Übelkeit oder um technische Leistungen zu erbringen, die eine normale Krankenabteilung in einer Klinik nicht erbringen kann, wie etwa das Legen von zentralen Venenkathetern. Die Einrichtung von Aufwachräumen wurde zwingend gefordert und auch vollzogen, weil vielfach Patienten unmittelbar nach Operation und Narkose verstarben, nachdem sie auf eine normale Krankenstation verbracht worden waren und dort nicht ausreichend überwacht werden konnten. Nach einer US-Studie aus dem Jahr 1960 ereigneten sich 48,4% anästhesiebedingter Todesfälle auf den Pflegestationen(Ahnefeld, 1982). Beispiele hierfür sind: Patienten werden taktil stimuliert, um es vorsichtig auszudrücken. Durch diesen Stimulus atmen sie spontan, machen vielleicht sogar die Augen auf und sind zu einfacher Kommunikation fähig. Wenn dann im Krankenzimmer auf der Station der Stimulus wegfällt, können dann folgende Fatalitäten auftreten: 1. Es sind noch genügend anästhesierende Substanzen im Körper, sodass ohne Stimulation wieder ein Narkosezustand eintritt mit Muskelerschlaffung im Bereich der äußeren Atemwege und Verlegung derselben, ohne dass der Patient sich dessen bewußt wird: „Die Zunge fällt zurück“ - in der Realität eigentlich genauer der Zungengrund – und verlegt die Luftwege, sodass die Patienten ersticken. 2. Ohne Anreiz von außen kann die Wirkung von Resten atemdepressiver Medikamente wieder zum Tragen kommen. Das sind: Opiate: Eine direkte Atemdepression, die zu Hypoxie und zum Tod führt. „Der Patient kann atmen, aber er will nicht atmen.“ - Das ist der schönere Tod im Gegensatz zu: Muskelrelaxantien: „Der Patient will atmen, aber er kann es nicht.“ - Anfangs führt die Stimulation zu einer mehr oder weniger ausreichenden Spontanatmung – z. B. Während des Transports vom OP auf die Station. Irgendwann erschöpft sich aber die Muskelkraft, der Patient wird ebenfalls hypoxisch und verstirbt – der wenig schönere Tod. 3. Die Patienten erbrechen, spucken das Erbrochene aber nicht aus, da sie noch teilweise in Narkose sind, sondern aspirieren das Erbrochene und versterben möglicherweise an den Lungenschäden, die durch die Aspiration eintreten. In den 50iger 60iger und 70iger Jahren wurden demzufolge zunehmend flächendeckend spezielle postoperative Überwachungseinrichtungen – genannt Aufwachräume - eingeführt. Aber ich selbst habe noch als Anästhesist 1985 in einer Münchener orthopädischen Universitätsklinik ohne Aufwachraum gearbeitet(wir haben da scheußliche Narkosen gemacht, mit so wenig Opiaten wie möglich um postoperative Atemdepression zu verhindern. Die Schmerzen der Patienten postoperativ können Sie sich vorstellen) und 1990 im Kreiskrankenhaus Mühldorf in OstOberbayern(hier war es besser, weil dort sehr viele Regionalanästhesien durchgeführt worden sind und noch in diesem Jahr ein Aufwachraum eingerichtet worden ist). Natürlich gibt es Alternativen zum „Aufwachraum“, die auch medizingeschichtlich genutzt wurden und werden: Die Intensivtherapiestation(Problem: zu wenig freie Betten, Unterforderung der medizinischen Kapazitäten bei den meisten postoperativen Patienten), der Anästhesiebereich im OP oder der OP-Saal selbst(Problem: Der OP-Betrieb kommt ins Stocken), eine personell, professionell, apparativ und räumlich sehr gut ausgerüstete Normalstation(oft ein sogenanntes „Wachzimmer“; Problem: Die genannten vier Qualitäten sind in den seltensten Fällen alle ausreichend auf einer Normalstation zu verwirklichen), als Notlösung eine ständige „Sitzwache“ beim Patienten(z. B. Studenten, die im Notfall Alarm schlagen, aber bei größeren Problemen wenig tun konnten). -2- Der Aufwachraum Sehen wir uns nun so einen Aufwachraum an: Zuerst sehen Sie, dass immer Menschen in Grün(bei uns), oder auch in Blau(in anderen Kliniken) zugegen sind, das heißt Fachkräfte, die eine besondere Ausbildung in der Betreuung von Patienten unmittelbar nach Operationen und Narkose haben, in der Regel Anästhesiepflegekräfte, aber es gibt auch Institutionen, die sich einen Anästhesisten als „Aufwachraumdoktor“ leisten. Das ist nicht unbedingt nötig, aber ärztlicher Beistand sollte bei auftretenden Problemen unmittelbar zur Verfügung stehen(in Mannheim die Oberärzte/Supervisoren, was durch die bauliche Gestaltung der Zugangswege gut gelöst ist), das heißt, der Aufwachraum sollte schnellstmöglich vom OP her zugänglich sein. Patientenüberwachung(Monitoring) Wesentlich in einem Aufwachraum ist das weite Blickfeld. Das heißt, als betreuende Kraft sehen Sie, wenn am anderen Ende des Raums ein Patient aus dem Bett zu fallen droht, erbricht oder sonst um Hilfe ruft. Im normalen Krankenzimmer, das auch den Schutz der Privatsphäre aufrecht erhalten soll, ist dieses nicht gegeben. Apparative Überwachung EKG Langjährig vorwiegend benutzt zur Bestimmung der Herzfrequenz, außerdem zur Erkennung von Herzrhythmusstörungen sowie Myokardischämien(ST-Senkung – Aber Achtung, Katecholamine können ebenfalls ST-Senkungen induzieren). Nebenbei: Bei jungen Patienten in tiefer Narkose und ausgeprägtem Vagotonus sieht man gelegentlich eine nicht infarkttypische ST-Hebung. Anlage: Standardisiert wie an der Ampel: Rot-rechte Schulter, Gelb-linke Schulter, Grün-links lateral am unteren Thoraxrand. Oder deutsch patriotisch: Schwarz-links lateral am unteren Thoraxrand, Rot-rechte Schulter, Gold-linke Schulter. Durch diese Anlage können am Monitor die gewünschten Ableitungen angewählt werden. Meistens wird Ableitung II verwendet, da hier die PWelle am besten zu sehen ist. Dies dient der Differentialdiagnose supraventrikulärer Arrhythmien, z. B. Sinustachykardie - P-Welle sichtbar- (oft durch Schmerzen, zu flache Narkose bedingt -> Therapie Vertiefen der Narkose, evtl. Betablocker) versus Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern mit schneller Überleitung - keine P-Welle sichtbar- (Therapie Calciumkanalblocker wie Verapamil, Digitalis, und ebenfalls Betablocker). Pulsoximetrie Wohl die wichtigste Neueinführung apparativer Überwachung in der operativen Medizin der letzten 25 Jahre. Die Messung der Pulsfrequenz ersetzt mittlerweile vielfach die Messung der Herzfrequenz über das EKG, zumal sie auch bei tachykarden Herzrhythmusstörungen, bei denen nicht jede elektrische Herzerregung hämodynamisch wirksam wird(Pulsdefizit), Werte für die reale Hämodynamik widerspiegelt. Anlegeorte außer Finger und Zehen können sein: Ohrläppchen, Mundwinkel mit Lippe, Nase. Die Sauerstoffsättigung spiegelt aber nur sehr grob die Lungenfunktion wider. Dafür ist eher der pO2 geeignet. Weiter ist der Abfall der Sauerstoffsättigung ein Spätparameter. Wenn sie abfällt, droht unmittelbare Hypoxie und sofortiges Handeln ist angesagt. Frühparameter für eine drohende Hypoxie sind dagegen CO2- und Beatmungsdruck-Alarme, die reagieren, wenn nicht periodisch eine bestimmte endexspiratorische Konzentration von CO2 oder ein bestimmter inspiratorischer Atemwegsdruck erreicht wird(z. B. Wenn sich unter Tüchern versteckt ein Beatmungsschlauch -3- gelöst hat). Dann steht meistens noch ein ausreichender Handlungsspielraum zur Verfügung um nach dem gelösten Beatmungsschlauch zu suchen, bevor der Patient hypoxisch wird. Auch ohne Überwachung der Sauerstoffsättigung würde die Überwachung dieser Frühparameter ausreichen um nach erfolgreicher Intubation und unter Beatmung anästhesietypische Atemwegskomplikationen zu erkennen, wie die Diskonnektion von Beatmungsschläuchen. Solange diese sichere Situation noch nicht(vor erfolgreicher Intubation) oder nicht mehr(nach Extubation) besteht, oder nach riskanten Manövern unter Beatmung(z. B. Beatmung nur einer Lunge bei Lungenoperationen) ist die Pulsoximetrie dagegen äußerst hilfreich. In ähnlich ungesicherten Situationen, vor allem, wenn fachspezifisch keine separate anästhesiologische Überwachung zur Verfügung steht, kann die pulsoximetrische Patientenüberwachung segensreich sein(Im Notfall, wenn die Sättigung "runtergeht", müssen Sie dann aber entweder selbst schnell eingreifen können, oder eine anästhesiologische Notfalltruppe zur Verfügung haben, die Sie alarmieren können). Beispiele für solche Situationen sind: Überwachung sedierter und spontan atmender Patienten bei Operationen in Lokalanästhesie oder bei endoskopischen Eingriffen. Überwachung somnolenter Patienten in der Notaufnahme Artefakte Häufig: Bewegungsartefakte, z. B. Bei Kindern in der HNO, die spät extubiert werden um die Aspiration von Blut zu vermeiden und oft extrem agitiert sind. Um zu erkennen, ob die Atemwege frei sind, ist hier die Auskultation mit einem traditionellen Sthetoskop von Nutzen. Periphere Vasokonstriktion durch Kälte Niedriger Blutdruck Selten: Kohlenmonoxid, Methämoglobin. Noninvasive Blutdruckmessung Nach richtigem Anlegen der Manschette(richtige Breite, nicht zu stramm und nicht zu schlaff), Messung automatisch alle fünf, ggf. auch zehn Minuten. Wenn diese Messung Artefakte liefert, kann man sich akut an der Pulsoximetrie orientieren. Wenn beim Ablassen der Manschette die Pulskurve wieder auftritt, ist der aktuelle systolische Blutdruck meistens 10-20 mmHg höher als wie der beim Ablassen gerade gezeigte Druck. Von automatischen Messungen mit einer Intervalldauer von weniger als 5 min über längere Zeit, außer in Notfällen, wird abgeraten, da Hautdruckschäden an den Meßstellen befürchtet werden. Weitere Messungen Nicht routinemäßig gemessen werden der arterielle Blutdruck invasiv, der zentrale Venendruck, die Körpertemperatur außer bei kleinen Kindern, die Infrarotspektrometrie der Gehirnoberfläche zur Abschätzung deren Sauerstoffversorgung(z. B. wenn bei Operationen an der A. carotis diese -4- temprorär abgeklemmt wird) und das Elektroenzephalogramm - EEGs -(Geräte, die mittels spezieller Hersteller-Algorithmen zur Aufbereitung des Roh-EEGs die Narkosetiefe abschätzen können, sind aber unter anderem aus Kostengründen kaum im allgemeinen Gebrauch). Therapie Mit Überwachung allein ist es aber noch nicht getan. Wenn man therapeutisch nichts unternimmt, kann man mit Meßgeräten wunderschön zuschauen, wie der Druck abfällt, wenn die Patienten verbluten, oder hypoxisch werden, wenn das Blut nicht oxigeniert wird. Die Fälle, wo man dazu gezwungen wird, so etwas in der Praxis zu erleben, ohne etwas dagegen tun zu können, sind zwar äußerst selten, aber auf Intensivtherapiestationen kommt das gelegentlich vor. Nicht so im Aufwachraum. Deshalb ist Therapie angesagt. Das wichtigste Therapeutikum im Aufwachraum ist Sauerstoff. Unmittelbar nach Narkoseende neigen viele Patienten dazu, zu hypoventilieren, entweder mit sehr flachen Atemzügen, sodass die funktionale Residualkapazität und damit die Austauschfläche für Sauerstoff absinkt, oder als Folge einer fortbestehenden Atemdepression durch Opiate mit einer sehr niedrigen Atemfrequenz, sodass trotz ausreichender funktioneller Residualkapazität bei Raumluftatmung der eingeatmete Sauerstoff sehr rasch durch Diffusion ins Blut aufgebraucht wird. Deshalb ist es vielfach üblich, die Inspirationsluft unmittelbar postoperativ mit Sauerstoff anzureichern. Dies geschieht im Klinikum Mannheim durch Aufsetzen einer Sauerstoffmaske mit einer Leitung zu einem Sauerstoffanschluss an der Wand(für Transporte stehen fahrbare Sauerstoffflaschen bereit). An dem Wandanschluss sitzt ein einfaches Gerät, mit dem der Sauerstofffluss eingestellt werden kann. Laut ihren Skalen behaupten diese Geräte, einen Sauerstofffluss von 15, manche sogar von 30 L/min erzeugen zu können. Aber auch ein hoher Sauerstofffluss reicht in der Regel nicht aus um das gesamte Atemzugvolumen eines Patienten abzudecken, da der maximale inspiratorische Fluss bei aktiver Einatmung höher ist. Das restliche Atemzugsvolumen kommt zustande durch Raumluft, die über einen Venturieffekt über Undichtigkeiten beim Sitz der Maske und kleine Löcher in ihr während der Inspiration einströmt und sich mit dem zugeführten Sauerstoff vermischt. Das heißt, man kann mit solchen Masken unter normalen Bedingungen nie 100% Sauerstoff applizieren. Die Hersteller machen folgende Angaben für die real applizierte Sauerstoffkonzentration in Abhängigkeit vom Sauerstofffluss: Sauerstoff-Fluss 5L/min 6L/min 8L/min Real applizierte Konzentration 35% 40% 50% Man kann die inspiratorische Sauerstoffkonzentration erhöhen, indem man an die Maske eine Plastiktüte anschließt, die während der Exspiration mit Sauerstoff gefüllt wird, sodass der Patient bei der Inspiration auch noch den Sauerstoff aus der Tüte entnehmen kann. Im Klinikum Mannheim wird aber eher der Sauerstofffluss erhöht und wenn man am Anschlag angelangt ist(je nach Gerät nominell 15-30 L/min) ist es sowieso ratsam, Beatmungsbeutel, Maske und Intubationsbesteck neben das Bett zu legen). Eine Alternative sind sogenannte „Nasenbrillen“, das heißt, die Sauerstoffleitung wird um den Kopf gelegt und der Auslass besteht aus zwei kurzen, circa 0,5-1cm langen, nebeneinander liegenden Leitungsstücken, die in die Nasenlöcher eingeführt werden. Dies ist weniger effektiv, da das Sauerstoffreservoir, das eine Maske, ähnlich wie die bereits beschriebene Plastiktüte bietet, fehlt. Außerdem besteht die Gefahr, dass durch den hohen Sauerstofffluss die Nasenschleimhäute -5- austrocknen. Wir verwenden solche Nasenbrillen deshalb nur bei Ösophago-GastroDuodenoskopien(ÖGDs), wo eine Maske stören würde. Um Verwechslungen zu vermeiden, sind die Gasschläuche farblich gekennzeichnet. Das wird allerdings gerade EG-weit geändert: Bisher Intermittierend Neue EG-Norm Sauerstoff Blau Schwarz Weiß Druckluft Gelb Schwarz Schwarzweiß Lachgas Grau Schwarz Blau(!, nicht mehr Sauerstoff!) (Ein europäischer Spaßvogel hat sich das vielleicht so ausgedacht: Weiß ist das Gute, Schwarzweiß nicht ganz so gut und vom Gas aus der blauen Leitung wird die Körperfarbe ganz schnell blau.) Zur Vermeidung von Verwechslungen ist aber noch viel wichtiger, dass die Wandanschlüsse für die einzelnen Gase verschieden geformte Konnektionsstücke haben: Sauerstoff sechseckig Druckluft viereckig Lachgas rund Das heißt, Sie können nie einen Sauerstoffschlauch in eine Abgabestelle für Druckluft stecken(wo der Patient immerhin noch 21% Sauerstoff bekäme) oder in eine Abgabestelle für Lachgas(was fatal wäre bei der Abgabe von 0% Sauerstoff). Durch Verwechslungen bei der Montage dieser Abgabestellen hat es in der Tat schon tödliche Zwischenfälle gegeben. Als Folge dieser tödlichen Zwischenfälle hat man schon vor Jahrzehnten die Messung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration als erste verpflichtende Messung unter Narkosebeatmung eingeführt. An der Wand hängt auch eine Absaugvorrichtung die mittels Druckluft über den Venturi-Effekt betrieben wird. Im Aufwachraum wird sie aber selten routinemäßig gebraucht, eher im Narkoseeinleitungsraum und während der Narkose. Die Stromsteckdosen an den Stromdosenleisten haben verschiedene Farben: Weiß Grün Normale Stromversorgung, fällt Notstromversorgung durch aus bei Stromausfall und bleibt Dieselgenerator bei aus Stromausfall, der Generator springt an nach 5 – 10 Sekunden Stromausfall Rot Notstromversorgung durch Akkumulator bei Stromausfall, springt sofort an Konkret heißt das, dass Sie das Gerät, das am wenigsten versagen soll an die rote Steckdose anschließen sollten(z. B. Beatmungsgerät mit 100% Sauerstoff und 10mmHg PEEP beim Intensivpatienten) und die weniger wichtigen Geräte(z. B. Überwachungsgeräte, Monitoring) an die grünen Steckdosen. Medikamente im Aufwachraum Häufig gebrauchte Medikamente im Aufwachraum und in der unmittelbar postoperativen Phase sind Schmerzmedikamente, Medikamente zur Beeinflussung des vegetativen Nervensystems(Blutdrucksenkung, Anhebung der Herzfrequenz, Blutdruckerhöhung-wohlgemerkt, nach Häufigkeit der Anwendung in dieser Reihenfolge) und Medikamente gegen postoperative Übelkeit und postoperatives Erbrechen(PONV: Post Operative Nausea and Vomiting). -6- Schmerzmedikamente Opiate Im Gegensatz zur intraoperativen Phase, wo Medikamente mit kurzer Wirkungsdauer erwünscht sind, mit denen die Narkose gut steuerbar ist, wünscht man sich in der postoperativen Phase länger wirkende Medikamente wie Piritramid(DipidolorTM) oder Oxycodon(OxygesicTM), da dann nicht permanent nachgespritzt werden muss. Allerdings ist es notwendig, die verabreichte Dosis dieser Medikamente an das postoperative Schmerzniveau richtig anzupassen. Das kann dadurch geschehen, indem man intermittierend geringe Dosen spritzt und die Patienten dann fragt, ob es schon besser geworden ist, oder wie z. B. In der chirurgischen Ambulanz üblich, eine Kurzinfusion gibt, sodass sich der Spitzenspiegel des infundierten Opiats über einen größeren Zeitraum verteilt und das Risiko einer Atemdepression verhindert wird. Allerdings gehört es zum Wesen eines Aufwachraums und auch einer Intensivtherapiestation, Atemdepressionen frühzeitig zu erkennen(man hat schließlich freies Blickfeld und auch entsprechende Überwachungsgeräte, wie die Messung der Sauerstoffsättigung), sodass man unter diesen Bedingungen schon einmal mehr riskieren kann, als auf der Normalstation. Deshalb folgendes Statement: Ein Aufwachraum oder eine Intensivtherapiestation, wo niemals jemand respiratorisch insuffizient wird und beatmet werden muss, ist eine Shownummer und keine medizinische Einrichtung. Allerdings stimmt bei der postoperativen Patientenversorgung etwas ebenso nicht, wenn respiratorische Insuffizienzen im Aufwachraum allzuoft aus heiterem Himmel daherkommen, z. B. > 30-50%(pers. Einschätzung, CL). Im großen und Ganzen ist es aber eher selten, dass Patienten im Aufwachraum reintubiert und wieder beatmet werden müssen. Vorgeschlagene Anfangsdosierungen für einige gängige Opiate im Aufwachraum zur i.v.Injektion Bei weiter anhaltenden Schmerzen kann natürlich auch gesteigert werden. 15 mg Dipidolor, also 1 Ampulle, sind durchaus nicht unüblich für eine ordentliche Schmerztherapie bei Personen in Ihrem Alter. Piritramid(DipidolorTM Oxycodon(OxygesicTM Meperidin(DolantinTM) ) ) Erwachsene normal 7,5 mg 1-2 mg(0,03 mg/KgKG) 25 mg Erwachsene für die weniger Mutigen (Dann aber nach 10 Minuten bei den Patienten noch einmal nachfragen!) 3,75 mg Vgl. oben 12,5 mg Nicht verfügbar 0,5 mg/kgKG Kinder, 0,1 mg/KgKG nicht bei Neugeborenen das heißt (<1 Monat) -7- Nicht opiatartige Schmerzmedikamente Im Prinzip sind das Medikamente, die Sie auch zu Hause verwenden, da sie keine atemdepressiven Wirkungen haben(aber dennoch nicht ungefährlich sind: Gerinnungsstörungen, Leberversagen, Nierenschäden. Das Genauere dazu lesen Sie bitte in Ihren Pharmakologielehrbüchern nach). Als Zusatz zur opiatinduzierten Analgesie und auch um Opiate zu sparen sind in Mannheim beliebt: Diclofenac(VoltarenTM) Paracetamol (PerfalganTM) Novaminsulfon (NovalginTM) Häufigste Anwendungsweise Suppositorium, oft bereits vor OPBeginn*) Kurzinfusion Kurzinfusion Dosierung bei Erwachsenen 100 mg 1g 0, 5 - 1 mg Kinder 50 mg, 25 mg, 12,5 mgSuppositorien(letztere aus eigener Apothekenherstellung, je nach Gewicht und Alter ab 1. Lj.: ca 1-) mg/kg rekt. Für Kinder > 33 kg zugelassen 15 mg/kg, max. 60 mg/kg/d Infusion über 15 min 20 mg/kg i.v. Dauerinfusion: 75 mg/kg/d Für Paracetamol supp.(BenuronTM) immer tägl. Höchstdosen festlegen, da hepatotoxisch max. Tagesdosis: < 3 Mon.: 60 mg/kg/d, max. 48 h > 3 Mon.: 100 mg/kg/d, max. 72 h rektale Gabe: Aufsättigung: 30 (3545) mg/kg (zur Einleitung) Repetition: 10-20 mg/kg oral: 10-20 mg/kg Vorteile Besser wirksam als Paracetamol (BenuronTM)Suppositorien Laut Herstellerangaben genauso wirksam wie Diclofenac(„Flüssiges Benuron“) Nachteile(Auswahl) Leichte Bei Überdosis Gerinnungshemmung Leberversagen Nierenschädigung mgl. -8- Soll dieselbe schmerzdämpfende Wirkung haben wie mittelstark wirkende Opiate Seltene Nebenwirkungen: Blutdruckabfall bis zur Anaphylaxie, Leukozytendepression bis zur Agranulozytose (höchst selten aber medizinhistorisch immer wieder Anlass zur Verbannung dieses Medikaments für einige Jahre aus der postoperativen Schmerztherapie, bis man bemerkt hat, dass die Vorteile dieses Medikaments gegenüber der atemdepressiven Wirkung der Opiate überwiegen) Bemerkungen In der operativen Anästhesie in Mannheim wohl am häufigsten angewendetes nicht opiatartiges Schmerzmedikament Gern bereits gegen Ende einer Operation prophylaktisch angewendetes Schmerzmedikament Reserveschmerzmittel, wenn man keine Opiate geben will(oder zu Hause, wenn Diclofenac nicht mehr ausreicht) (Paracetamol supp oder oral)wird dagegen in der Regel nur in der Kinderanästhesie verwendet. Bei Erwachsenen nur, wenn Unverträglichkeiten gegen andere Schmerzmittel auftreten oder in der Schwangerschaft) *) Die Apotheken raten davon ab, Suppositorien zu teilen um kleinere Mengen an Schmerzmittel applizieren zu können, da die Schmerzmittel im einzelnen Suppositorium nicht gleichmäßig verteilt sind. Besser ist es, bei voraussehbarem Bedarf, sich in der Apotheke entsprechende Suppositorien herstellen zu lassen. Natürlich gibt es noch eine Reihe anderer nicht opiatartiger Schmerzmittel(z. b. Ibuprofen[10 mg/kg p.o., max. 40 mg/kg/d], Tilidin[kann süchtig machen] oder auch nicht atemdepressiv wirkende Opiate wie Tramadol[wir haben den i. v. - Einsatz vor vielen Jahren abgebrochen, da es unter i. v. Anwendung erheblich emetisch wirkt, bei oraler Applikation nach klinischer Erfahrung offenbar nicht]), die wahrscheinlich genauso gut sind, aber in der operativen Anästhesie in Mannheim weniger verwendet werden. Zu diesen, aber auch zu den Nebenwirkungen der bisher genannten Schmerzmittel, sowie zu ihrer Dosierung, vor allem bei Kindern, bitte ich Sie gängige Lehrbücher der Pharmakologie oder auch das Internet zu konsultieren. Beim Schreiben dieser Zeilen habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich die Pharmafirmen viel Mühe geben(verständlicherweise), Informationen über ihre Produkte ins Internet zu stellen. Ein bißchen schwieriger ist es dagegen, Informationen über Nebenwirkungen zu finden. -9- Medikamente zur Beeinflussung des vegetativen Nervensystems Im Wesentlichen werden im Aufwachraum mehr Medikamente zur Behandlung hyperaktiver Kreislauffunktionen benötigt als zur Behandlung von Blutdruckabfall und Bradykardie. Primär sollte man daran denken, dass hoher Blutdruck und Tachykardie die Folge von Schmerzen sein können und diese sollten natürlich auch mit den bisher genannten Schmerzmitteln behandelt werden. Auch wenn für eine ausreichende Schmerztherapie gesorgt worden ist, wirken postoperativ die ungewohnte Lebenssituation, der Trubel der im Aufwachraum manchmal herrscht und die ungewohnte körperliche Einschränkung(Verbände, Drainagen, Sauerstoffsonden, Blasenkatheter) auf die Patienten ein. Deshalb ist oft nach der Schmerzbehandlung als nächstes Blutdrucksenkung angesagt. Wir verwenden hier im Wesentlichen Medikamente, die eine Reflextachykardie durch Vasodilatation verhindern, wie es zum Beispiel bei Nitraten der Fall ist. Primäres Medikament ist meistens Urapidil(z. B. EbrantilTM), wegen der geringeren Nebenwirkungen. Leider ist die blutdrucksenkende Wirkung unter Aufwachraumbedingungen oft nur sehr begrenzt, sodass zu dem älteren, aber ähnlich wirkendem Clonidin(CatapressanTM) gegriffen wird. Praxisorientiert sind hier aber einige relevante Nebenwirkungen zu bedenken. Wenn Clonidin schnell injiziert wird, kommt es zuerst zu einer Stimulation der Rezeptoren, das heißt zu einem oft nicht unerheblichen Blutdruckanstieg. Deshalb sollte man Clonidin protrahiert, gegebenfalls in einer Kurzinfusion applizieren. Weiter führt Clonidin zu einer zentralen Sedierung, die bei agitierten Patienten, z. B. im Alkoholentzug erwünscht ist, aber nicht unbedingt bei Patienten, die schon durch die vorausgegangene Narkose sediert sind und eigentlich aufwachen sollen. Die letzte relevante Nebenwirkung ist schließlich eine Bradykardie, die bei agitierten und tachykarden Patienten oft ebenfalls erwünscht ist, aber nicht bei Patienten, die sowieso schon bradykard sind. Zur Therapie einer Bradykardie ist Atropin angeraten – braucht ein bißchen, bis es wirkt und vor allem: Es wirkt nicht immer. Bevor man dann den peripheren Herzschrittmacher einsetzt, gibt es noch eine Alternative: AlupentTM(TM zuerst, weil der eigentliche Namen verschiedene Formen hat, wie Orciprenalin oder Metaproterenol, oder das Isomer Isoprenalin/Isoproterenol), ein Katecholamin, das vorwiegend chronotrop wirkt und noch Wirkung zeigen kann, wenn Atropin versagt. Wie alle Katecholamine wirkt es aber nur sehr kurz und muss ständig nachinjiziert oder über Perfusor gegeben werden(Medizinhistorisch war es früher auch üblich, Alupent subcutan zu injizieren, die dabei entstandenen Tachykardien bei Spitzenspiegeln haben aber schon seit langem alle vernünftigen Anästhesisten veranlasst, dieses Vorgehen zu unterlassen). Manchmal ist es auch nötig, unklare tachykarde Herzrhythmusstörungen zu behandeln, die nicht auf Schmerzen zurückzuführen sind. Dann kommt meistens ein Betablocker(Metoprolol, BelocTM), gelegentlich auch ein Calciumantagonist(Verapamil, IsoptinTM-Cave Blutdruckabfall) zum Einsatz. Einige weitere kreislaufwirksame Medikamente finden Sie im Anhang zum Skriptum Allgemeinanästhesie. Allerdings ist klarzustellen, dass die angeführten Medikamente natürlich nur für die akute postoperative Situation eingesetzt werden sollten, aber k e i n e s w e g s geeignet sind, als primäre Dauertherapie einer chronischen Hypertonie oder chronischer Herzrhythmusstörungen zu dienen. Für diese Zwecke konsultieren Sie bitte lieber die ausgeklügelten Konzepte der Internisten oder internistische Fachliteratur! Die Wirkungsmechanismen und Einsatzmöglichkeiten von Urapidil und Clonidin sind ebenfalls so komplex, dass ich Sie bitten würde, dies in der Fachliteratur nachzulesen. - 10 - Postoperative Übelkeit und postoperatives Erbrechen (PONV- PostOperative Nausea and Vomiting) „The big little evil“, wie es so schön heißt. Viele Patienten nach Operationen unter Narkose beklagen sich über oft lang andauernde Übelkeit, unmittelbar, aber auch während der ersten 1-2 Tage nach der Operation, das heißt, zu einem Zeitpunkt, wo die Leute schon längst nicht mehr von „der Anästhesie“ betreut werden, sondern Sie zuständig sind, wenn Sie als Stationsärztin oder als Stationsarzt diese postoperativen Patienten betreuen. Mehrere nationale und internationale Studien unter Federführung des Würzburger Anästhesisten C. Apfel hatten bereits ab 1998 folgende 4 Hauptrisikofaktoren für die Wahrscheinlichkeit von postoperativer Übelkeit und postoperativen Erbrechens gefunden: - Weibliches Geschlecht - Nichtraucherstatus - Neigung zu Bewegungskrankheiten(z. B. Seekrankheit) - Postoperative Verabreichung von Opiaten zur Schmerztherapie Das heißt, am wenigsten schlecht wird es rauchenden Seebären, die bei einer Operation eine Narkose verweigern, sondern wie im Wilden Westen während der Operation lieber auf eine Bleipatrone beißen. Umgekehrt wird es am ehesten schlecht nichtrauchenden Frauen, denen es bei jeder Seefahrt speiübel ist und denen perioperativ Opiate verabreicht werden. Wenn Sie eines Tages operiert werden sollten und zur letzteren Gruppe gehören, sollten Sie das auf jeden Fall beim Vorbereitungsgespräch für eine Narkose erwähnen, denn man kann dann durchaus etwas dagegen machen(oder es zumindest versuchen). Beim Vorliegen einer größeren Anzahl dieser Hauptrisikofaktoren vergrößern andere bekannte Risikofaktoren das Risiko von PONV nur noch minimal. In einer Multicenterstudie 2004, an der auch wir beteiligt waren(Apfel CC et al., New England J. of Medicine, vgl. auch zusätzliche andere Arbeiten des Hauptautors in der Folgezeit, auch deutschsprachig) und begleitenden Studien, wurde eine Reihe von Medikamenten untersucht, die gegen postoperative Übelkeit eingesetzt werden. Das konkrete Ergebnis war, dass so manches häufig als Antiemetikum eingesetzte Medikament nicht sonderlich gegen postoperative Übelkeit anspricht, z. B. Metoclopromid(PaspertinTM). - Kein Wunder, den es fördert ja vorwiegend die Darmbewegung in die richtige Richtung -. Auch hohe Konzentrationen von Sauerstoff während der Narkose wirkten nicht gegen PONV, wie früher angenommen worden war). Als am besten wirksame Medikamente haben sich dagegen Serotoninrezeptorantagonisten und das Corticoid Dexametason(FortecortinTM) erwiesen(der Wirkungsmechanismus ist unklar, andere Corticoide scheinen nicht zu wirken). Bei schweren PONV-Problemen geben wir im Aufwachraum gelegentlich auch noch das Antihistaminikum Dimenhydrinat(VomexTM), allerdings wird diesem Medikament auch ein sedierender Effekt zugeschrieben. Propofol wird ebenfalls eine leichte antiemetische Wirkung zugeschrieben, sodass es in solchen Fällen ebenfalls in geringen Dosen gegeben wird. Die Wirkung dürfte aber nur kurz sein. Das Neuroleptikum Dehydrobenzperidol, auch Droperidol oder DHB hat ebenfalls eine äußerst starke antiemetische Wirkung und wurde bis Anfang der 90iger Jahre praktisch bei jeder Narkose gegeben(medizinhistorisch weniger als Antiemetikum, sondern mehr als Bestandteil der Narkose in Form der sogenannten Neuroleptanalgesie, bei der versucht wurde, auf ätherähnliche Narkosegase mit ihren Nachteilen zu verzichten und eine Narkose allein durch Gabe von Opiaten, Neuroleptika und Lachgas aufrecht zu erhalten. Bei der sollten die Patienten rasch und schmerzfrei aufwachen, was sie auch taten, wenn diese Form der Narkose erfolgreich durchgeführt werden konnte. Zu diesen Zeiten hatte ich regelmäßig versucht, solche Wundernarkosen zu veranstalten. Nach meiner und der Erfahrung auch anderer Kollegen hat das in reiner Form allerdings nie geklappt. Für eine ausreichende Hypnose mussten wir immer Spuren von - 11 - Narkosegasen dazumischen. Aber wir haben dabei sehr viel gelernt, wie wir heute verschiedene Pharmaka kombinieren können um erfolgreich gute Narkosen zu verabreichen). Der Gebrauch von Dehydrobenzperidol ist hierzulande mittlerweile wegen einer Reihe öfters auftretender Nebenwirkungen eingestellt worden(z. B. Akinesien – leicht zu therapieren, aber für den Patienten erschreckend). Im Klinikum Mannheim erhalten die Patienten zur Therapie und Prophylaxe normalerweise Dexametason(FortecortinTM) 4mg und als Serotoninrezeptorantagonist großzügig Granisetron(KevatrilTM) 1mg. Die Auswahl des Serotoninrezeptorantagonisten wechselt aber von Zeit zu Zeit. Bei entsprechender Indikation werden diese beiden Medikamente sehr oft schon intraoperativ prophylaktisch gegeben, zumal Dexametason als Corticoid eine verlängerte Anschlagszeit hat. Die in der Literatur empfohlenen Schemen zur PONV-Prophylaxe geben etwa folgende Hinweise zur Entscheidungsfindung in Abhängigkeit vom Vorliegen der vier Hauptrisikofaktoren: Anzahl Risikofaktoren Prophylaxe 0 keine Prophylaxe 1-2 intraoperative Prophylaxe, primär mit Dexametason, evtl. zusätzlich Serotoninrezeptorantagonist 3-4 auf jeden Fall intraoperative Prophylaxe mit Dexametason und Serotoninrezepterantagonist; evtl. TIVA mit Propofol erwägen*) *) Die leicht antiemetische Wirkung von Propofol vermindert möglicherweise postoperative Übelkeit und postoperatives Erbrechen, eine totale intravenöse Narkose ist aber etwas schwieriger zu steuern als eine normale Kombinationsnarkose bei der die traditionellen Narkosegase als Hypnotika dienen. Beim Narkosevorbereitungsgespräch wird Patienten, die berichten, dass ihnen nach vorangegangenen Narkosen übel war oder sie brechen mussten, sinngemäß in der Regel gesagt:“Wir können da prophylaktisch etwas dagegen tun, aber 100%ig können wir Ihnen nicht versprechen, dass es hilft. Diese Medikamente helfen nachweislich gegen Übelkeit und Erbrechen nach Narkose und Operation. Wir haben viele Patienten gesehen, die uns berichteten, dass es ihnen immer nach Narkosen schlecht geworden war. Nachdem sie das in einem früheren Narkosevorbereitungsgespräch gesagt hatten, haben die aufklärenden Kolleginnen oder Kollegen gemeint, da würde man prophylaktisch etwas machen können. Diese Patienten erzählen dann, dass es ihnen nach der anschließenden Narkose nicht mehr schlecht war, oder zumindest die Übelkeit stark verringert werden konnte“. Zu beachten ist natürlich, dass diese Medikamente nur im Zusammenhang mit Narkosen getestet worden sind. Für andere übelkeitsauslösende Zustände, z. B. Chemotherapie sind möglicherweise andere Antiemetika besser geeignet. - 12 - Weitere Probleme, die im Aufwachraum behandelt werden Harnverhalt, z. B. Bei rückläufigen Spinalanästhesien -> Einmalkatheterisierung Chirurgische Komplikationen wie Blutungen. In der Regel wird hier der Operateur gerufen und man entscheidet ob folgende Maßnahmen vorgenommen werden sollen: - Unterlassen des Sogs an der Drainage(„Entlüften“ aber eigentlich Belüften und damit Druckausgleich der Redondrainageflasche, die normalerweise mit einem Unterdruck ausgestattet ist um Blut und Wundsekret aus der Operationswunde abzusaugen, gegenüber der Atmosphäre), - Druck auf die blutende Stelle(Sandsack, Druckverband), - Bluttransfusion, - Re-OP, - im Extremfall und sehr selten und in der Regel bereits intraoperativ während einer Re-OP gegeben: Gerinnungsfaktoren(Fibrinogen oder/und rekombinanter Faktov VIIa, Novo SevenTM): Teuer aber oft letztes Mittel, wenn es keine chirurgischen Möglichkeiten gibt, die Blutung zu stillen). Einleitung einer anstehenden Intensivtherapie Es wird zwar vielfach propagiert, im Gesamtkonzept einer integrierten perioperativen Medizin den Aufwachraum als vorgelagerte Intensivtherapiestation zu betrachten(vgl. bereits Ahnefeld et al. 1982). Das ist aber in der Realität nur sehr schwer zu bewerkstelligen. - Der Aufwachraum ist meiner ketzerischen Ansicht nach(CL) keine Intensivtherapiestation. - Intensivmedizin benötigt Zeit, sich mit dem Patienten zu befassen und längerfristige diagnostische und therapeutische Perspektiven zu entwickeln. Um die daraus folgenden therapeutischen Maßnahmen zügig ausführen zu können, ist es weiterhin erforderlich, auch die dafür nötigen personellen Kapazitäten zu besitzen. Im Aufwachraum ist dies leider nur sehr selten gegeben, da vor allem im Nachtdienst bereits die nächsten Notfallpatienten auf ihre Operation warten und das vorhandene Dienstpersonal an die Versorgung dieser Patienten gebunden ist. So bleibt oft nur die Hoffnung, dass längerfristig zu beatmende Patienten im Aufwachraum schnellstmöglichst von der Intensivtherapiestation übernommen werden können, oder wie in Mannheim oft üblich, die Mitarbeiter der Intensivstation in den Aufwachraum kommen und sich bereits dort um diese Patienten kümmern. Überführung des Patienten in den Aufwachraum und von dort in andere Überwachungseinheiten, Patientenübergabe (Dieser Abschnitt ist nahezu deckungsgleich mit dem ähnlichen Abschnitt am Ende des Skriptums „Allgemeinanästhesie“, wird hier aber zur Ergänzung noch einmal mit einigen geringfügigen Erweiterungen aufgeführt). Transport in den Aufwachraum oder auf Intensivstationen Ein Transport kann erst erfolgen, wenn die Vitalfunktionen des Patienten unter Überwachung des Anästhesisten ausreichend stabil sind. Dabei wird der Oberkörper zur Erhöhung der funktionellen Residualkapazität 30° erhöht gelagert, falls nicht kontraindiziert. Während des Transports des Patienten in eine postoperative Überwachungseinheit müssen mit einfachen klinischen Mitteln Vorhandensein und Regelmäßigkeit der Atmung(warme Expirationsluft) und gegebenenfalls auch Kreislauffunktionen(Pulskontrolle) und Vigilanz kontinuierlich überwacht werden. Bei Patienten mit Herz-, Lungen- oder schweren zerebralen Erkrankungen und bei Patienten mit grenzwertiger - 13 - pulmonaler Funktion ist Sauerstoffgabe beim Transport angeraten. Bei jedem Transport eines Patienten in eine postoperative Überwachungseinheit muss sichergestellt sein, dass bei Komplikationen während der Fahrt(z. B. respiratorische Insuffizienz) entweder: - Notfallmaßnahmen schnell durchgeführt werden können(Notfallkoffer, Intubationsbesteck, sich selbst entfaltender Beatmungs(Ambu)beutel). - eine Station mit den entsprechenden Notfallmöglichkeiten in ausreichender Zeit angefahren werden kann(z. B. Narkoseeinleitungseinheit, Aufwachraum) - oder sich die Patienten bereits soweit von der Narkose erholt haben, dass schwerwiegende anästhesiologische Komplikationen wie eine respiratorische Insuffizienz nicht zu erwarten sind. Außerdem ist zu gewährleisten dass bei längeren Transporten die Möglichkeit besteht, Hilfe zu rufen (2-Personen-Transport; 1 Person führt Notfallmaßnahmen durch, die andere ruft Hilfe). Übergabe der Patienten im Aufwachraum Wenn Patienten im Aufwachraum ankommen, ist es anzustreben, dass sie ohne besondere Atemhilfsmittel mit Ausnahme von Guedel- oder Wendeltubus und Sauerstoffmaske suffizient spontan atmen und ausreichende Schutzreflexe aufweisen, damit keine Person ständig daneben stehen muss um die Atmung zu unterstützen. Im Aufwachraum wird eine Übergabe an die betreuenden Pflegekräfte durchgeführt, die folgende Informationen beinhaltet: Patientenname, Art der Operation, verwendete Anästhetika, insbesondere genaue Angaben zu den verwendeten atemdepressiven Anästhetika, Blutverlust und AusgangsBluthämoglobingehalt, Menge an transfundierten Blutprodukten und Anzahl der noch für den Patienten vorgesehenen Blutkonserven, erfolgte Infusionstherapie, Vorerkrankungen; gegebenenfalls weitere Anweisungen wie Laborkontrollen, Infusions- und Medikamententherapie und späterer Verbleib des Patienten(das Wichtigste sollte schriftlich dokumentiert werden). Verlegung vom Aufwachraum auf die Normalstation - Zur Übergabe auf eine Normalstation müssen die Patienten wach sein, alle Schutzreflexe besitzen, in der Regel ohne Sauerstoffgabe bei Spontanatmung eine altersentsprechende Oxygenierung und ausreichende Ventilation aufweisen. Die Möglichkeit einer postoperativen Atemdepression muss ausgeschlossen sein. - Außerdem sollte die Möglichkeit extremer chirurgischer Komplikationen (z. B. Nachblutung) oder extremer Komplikationen bei internistischen Vorerkrankungen gering sein. Die Einschätzung solcher möglichen Komplikationen ist jedoch schwierig und erfolgt in der Regel in Absprache mit den jeweiligen Disziplinen. - Eine Übergabe, ähnlich wie bei der Übernahme im Aufwachraum an die abholende Station sollte erfolgen und die wichtigsten postoperativen Anweisungen schriftlich dokumentiert werden. - 14 -