PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Stundenbild: Sprache & Denken – Stroop-Effekt Schulstufe: 7. Klasse AHS, Pflichtfach, ca. 20 SchülerInnen Lehrplanbezug: Kognitive Prozesse – Sprache und Denken Lehrziel: Die SchülerInnen sollen durch das Experiment (Stroop-Test) für Automatismen sensibilisiert werden. Sie sollen lernen Ergebnisse zu interpretieren und diese auch in Worten wiedergeben. Insgesamt gesehen sollen die SchülerInnen ein Verständnis dafür kriegen, wie nahe Sprache und Denken zusammengehören. Fächerübergreifende Bezüge: Philosophie, Deutsch, Biologie Vorangegangene Stunde: Sprache&Denken – Überblick Nachfolgende Stunde: Kreativität oder Intelligenz Quellen: • Effler, Manfred. Experimentelle Untersuchungen zum STROOP-Test. Frankfurt/Main, 1975. • Hofbauer, Stefan. Stroop Interferenz und DC-Potentiale. Wien, 1998. • http://www.farbimpulse.de/farbwirkung/detail/0/25.html • Konecny Edith, Leitner Maria-Luise. Psychologie. Wien, 2005. Lahmer, Karl. Kernbereiche Psychologie. Wien, 2007. Anfang: Kurze Wiederholung der letzten Stunde über die Entwicklung der Sprache. Dann werden wir die Beziehung zwischen Denken und Sprache aufwerfen und somit einen Übergang zu unserem Experiment herleiten. Vorbereitung: Der/die LehrerIn muss drei Präsentationstafeln bereithalten. Für die Präsentation selbst eignet sich unserer Meinung nach am besten ein PC oder ein Beamer, weil die drei Tafeln somit groß und für alle in der Klasse gut sichtbar sind. Anhand dieser Möglichkeit kann das Experiment gut und deutlich erklärt werden. Zuerst werden die SchülerInnen je nach Gruppenanzahl in 4-5 Gruppen geteilt (mit Hilfe von verschiedenfarbigen Bonbons), wovon jeder diese drei Präsentationstafeln ausgedruckt erhält. Um die Auswahl der Versuchspersonen zu erleichtern, befindet sich jeweils ein Kreuz auf den Bögen und jene ohne Kreuz sind BeobachterInnen. Diese sind dafür verantwortlich, die Zeit zu stoppen und eine Fehlerliste zu erstellen. Nun kann das Experiment beginnen. Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Experiment Tafel 1 – „Farbwörtertafel“: Auf der Tafel sind schwarz gedruckt Farbwörter ersichtlich. Anweisung an die VP: Lies die Wörter so schnell wie möglich laut vor! Beginne dabei bei der linken Spalte und lies von oben bis unten (dann die mittlere, dann die rechte Spalte)! Tafel 2 – „Farbfeldertafel“: Auf der Tafel sind Farbfelder ersichtlich. Anweisung an die Vp: Benenne die Farben so schnell wie möglich laut! Beginne wieder bei der linken Spalte, von oben nach unten. Tafel 3 – „inkongruente Farbwörter“: Auf der Tafel sind inkongruente Farbwörter ersichtlich.(inkongruent = nicht übereinstimmend) z.B. das Wort „gelb“ in grüner Schriftfarbe, das Wort „grün“ in roter Schriftfarbe, etc. Anweisung an die Vp: Lies NICHT das Wort, sondern benenne die Farbe in der es geschrieben ist, so schnell wie möglich! Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Tafel 1 „Farbwörtertafel“ W – Tafel: Word Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Tafel 2 – „Farbfeldertafel“ C-Tafel: Color Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Tafel 3 – „inkongruente Farbwörter“ CW – Tafel: Color & Word Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Nacharbeit: Nach den drei Durchgängen werden die Beobachter gebeten, sowohl die längste beziehungsweise kürzeste Zeit als auch die Anzahl der Versprecher bekannt zu geben. Die Ergebnisse werden an der Tafel festgehalten, damit die SchülerInnen alle Ergebnisse auf einen Blick haben und vergleichen können. Die Ergebnisse werden dann kurz kommentiert und sollen einen Übergang zur Theorie herstellen. Der Vorteil bei diesem Test liegt unserer Meinung nach darin, dass es egal ist, wenn andere Versuchspersonen ihn auch noch probieren, obwohl sie vorher bereits zugesehen haben. Wir könnte uns vorstellen, dass die anderen sogar motiviert werden, die erste Versuchsperson zu überbieten, und es selbst ausprobieren wollen in der Hoffnung, weniger Fehler zu machen. Weiters glauben wir nicht, dass man mit diesem Experiment Gefahr läuft, jemand bloßzustellen oder durch Nennen der Fehleranzahl zu beleidigen. Es ist besonders wichtig, schon im Vorhinein klarzustellen, dass dieser sogenannte Test nichts mit Intelligenz der einzelnen Person zu tun. Zu erwartendes Ergebnis: Die Tatsache, dass für das Benennen der Farben von CW-Items mehr Zeit benötigt wird als für das von einfachen Farbstimuli, bezeichnet man als das Interferenzphänomen. Folglich werden auch hier mehr Fehler gemacht. Dadurch wird unterstrichen, wie sehr Sprache und Denken vernetzt sind bzw. wie sehr das Lesen eines Wortes in unserem Gedächtnis automatisiert ist. Automatische Prozesse laufen schnell ab, benötigen keine Aufmerksamkeit, laufen ohne Bewusstsein ab und sind unvermeidbar, wenn ein entsprechender Stimulus auftritt. Trotz der Aufforderung (vgl. Tafel 3) die Wörter NICHT zu lesen, sondern nur die Schriftfarbe zu benennen, lesen wir eigentlich automatisch das Wort zuerst. Daher fällt es oft schwer, die Schriftfarbe zu nennen, wenn sie nicht dem Wort selbst entspricht, und es kommt deshalb zu häufigeren Versprechern. Der Weg von einem Farbeindruck zum sprachlichen Output ist demnach länger als vom Wort zum sprachlichen Output. Die Farbe, die rechtshemisphärisch lokalisiert ist, wird wahrgenommen, die Instruktion „Farbe benennen“ wird aktiviert und ein Output produziert. Die Sprache ist linkshemisphärisch lokalisiert, wodurch das Wort keinerlei Instruktion bedarf, denn es wird auch ohne dieser sofort gelesen. Es scheint aus sich zum Lesen herauszufordern. Außerdem fand man heraus, dass die Aufgabe schwieriger wird, wenn die zu benennende Farbe vorher ein Wort war (z.B.: grün in roter Farbe folgt auf gelb in grüner Farbe). Die Unterdrückung des Wortes grün macht es beim darauffolgenden Item noch schwieriger mit „grün“ zu antworten. Die Differenz zwischen CW und C, wobei die Karte W unberücksichtigt bleibt, äußert sich dadurch, dass Unterschiede in der Lerngeschichte vorliegen. Das Lesen von Wörtern ist deutlich trainierter als das Benennen von Farben. Außerdem besagt eine Hypothese, dass eine Antwort, welche eindeutig mit einem Muster verbunden ist, eher verfügbar ist, als alle Alternativreaktionen. Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Theorie: Alles begann mit dem Artikel „Studies of interference in serial verbal reactions“, welcher 1935 von John Stroop veröffentlicht wurde. Interessant an diesem darin beschriebenen „Stroop-Effekt“ ist, dass sich ein automatischer Prozeß (Lesen des Wortes) und ein kontrollierter Prozeß (Benennen der Farbe) gegenüberstehen und in einen Konflikt geraten. INTERFERENZ: der Begriff stammt ursprünglich aus der Physik und bezeichnet die Überlagerung von Wellen. In der Psychologie wird Interferenz als Bezeichnung einer Störwirkung verwendet. Die Interferenzwirkung äußert sich üblicherweise als Verzögerung der Reaktionszeit mit der die Versuchsperson reagiert. Das so genannte Stroop-Verfahren ist ein Verfahren zur Messung der individuellen Interferenzneigung (Farb-Wort-Interferenz). Der Stroop Test in seiner eigentlichen Form besteht aus der eigentlichen Testtafel CW (color-word) und den beiden Kontrolltafeln C (color), die aus Farbstrichen desselben Formats und des gleichen Inhalts bestand und W (word), die aus schwarz gedruckten Farbworten bestand. Auf der Testtafel CW stehen farbig gedruckte Farbwörter, bei denen die Farbe des Drucks immer inkrongruent zur Farbbedeutung der Wörter ist. Die Versuchspersonen bekommen Worte in verschiedenen Druckfarben dargeboten und sollen die Druckfarbe nennen: KONGRUENZwörter: „grün“ = grün gedruckt (bei Stroop noch nicht verwendet, erst später als Kontrollbedingung), oder KONFLIKTwörter (Inkongruenzwörter) : „rot“ = grün gedruckt Das Phänomen des Stroop-Effekts zeigt sich auch bei Dingen, denen eine Farbe ziemlich eindeutig zugeordnet werden kann, wie z. B. „Kohle“ (schwarz) oder „Gras“ (grün). Was sich beim Stroop-Effekt genau abspielt, ist nicht geklärt. Es gibt auch keine einfache Erklärung – über die Komponenten, die eine Rolle spielen, ist man sich einig, aber nicht über ihre Gewichtung. Man weiß beispielsweise, dass auf der Bedeutungsebene länger verarbeitet wird als auf der Klangebene. Obwohl manche Reize schneller verarbeitet werden als Lesen, lässt sich Lesen fast nicht stören. Wenn man zu jemandem sagt: „Lies das nicht!“ und dabei auf ein Wort zeigt, dann geht das gar nicht, weil es der-/diejenige im selben Moment schon liest. Verschiedene Einzel-Vermutungen mussten schon verworfen werden. So nahm man an, dass der Stroop-Effekt auf die Geübtheit des Lesens zurückgehe. Es zeigte sich aber in Experimenten, dass der Stroop-Effekt selbst bei Kindern mit geringen Lesekenntnissen zu beobachten ist – allerdings natürlich nicht bei Analphabeten. Dann gab es die Vermutung, dass Wörter schneller identifizierbar seien als andere Reize. Hier konnte Paul Fraisse 1964 jedoch experimentell nachweisen, dass Bilder schneller erkannt werden als Wörter. Versuche, gegen den Stroop-Effekt anzukämpfen, sind wenig wirkungsvoll: Wer etwa 20.000 Mal Inkongruenzen im Bereich Farbwahrnehmung versus Farbwort verarbeitet, verringert den Stroop-Effekt tatsächlich etwas. Der Effekt bleibt aber im Prinzip bestehen. Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447 PS Didaktik des Psychologieunterrichts Tamara Katschnig 28.4.2010 Weitere Beispiele: Windes formte Gruppen von Zahlen mit inkongruenten Zahlen, indem er die Objekte und nicht die Zahlen benennen ließ z.B.: eine Gruppe von fünf Zweiern: Die Antwort wäre fünf und nicht 2 Wenn zum Beispiel ein Verkehrszeichen einen Linkspfeil abbildet, das Verkehrsschild selbst aber auf der rechten Straßenseite steht, dann irritiert das den Betrachter. Phänomene dieser Art heißen Eriksen- oder Simon-Effekt, gehen aber letztlich auf Stroop zurück. Beim physischen Zahlenstroop-Test werden gleichzeitig zwei Zahlen dargestellt, von der eine Zahl größer geschrieben ist. Der Proband muss nun so schnell wie möglich die Zahl auf der Tastatur drücken, die größer dargestellt ist. Bei inkongruenter Darstellung (die numerisch kleinere Zahl ist größer dargestellt) erhöht sich die Reaktionszeit und Fehlerrate. Soll man beispielsweise bei zwei gegebenen Farben benennen, ob sie jeweils eher "warm" oder eher "kalt" sind, dann dauert dies länger, als die Farbe zu benennen, obwohl in anderen Versuchsanordnungen die Benennung der Farbe länger dauert. Schluss: Abschließende Partnerarbeit zur Festigung des soeben Gelernten: Bezeichne gemeinsam mit deinem/r NachbarIn die folgenden Sätze mit richtig (R) oder falsch (F)! 1. Volksschulkinder machen beim Stroop-Test verhältnismäßig mehr Fehler als Erwachsene. ……………………. (F) 2. „Grün“ ist ein Beispiel für ein inkongruentes Farbwort. ……………………. (F) 3. Wörter sind nicht schneller identifizierbar als andere Reize ..………………. (R) 4. Die Interferenzwirkung äußert sich nicht in der Reaktionszeit der Versuchsperon ……………………. (F) 5. Kongruenz bedeutet, dass ein Wort und seine Schriftfarbe gleich sind. (z.B. „rot“ – rot gedruckt) ……………………. (R) Evelyn Simperler, 0701977 Tanja Preining,0602447