Lange Schlangen bei der Tafel | Manuskript Lange Schlangen bei der Tafel Bericht: Christian Bergmann, Alexander Ihme, Ines Ziglasch Dienstagmorgen. Der Tag der Neuanmeldungen bei der Tafel in Halle Neustadt. Und Neue gibt es in letzter Zeit immer mehr. Auch weil Flüchtlinge hinzukommen. Es wird aufgeteilt, links die Bestandskunden, rechts die Neuanmeldungen. Ja, Sie wollen sich anmelden, da müssen Sie hier rüber. Wer will noch anmelden. Die Nummer 20. Die Flüchtlinge melden sich mit unterschiedlichen Papieren an. Für die Helfer oft gar nicht verständlich. Eine Übergangslösung. Wegen des hohen Andrangs dürfen Bestandskunden nicht mehr so oft kommen. Passantin Früher war aller 2 Wochen jetzt durch den Flüchtlingsansturm muss ich ja mal sagen ist es nur aller 3 Wochen, das wir hierherkönnen. Dass wir hier her können. Doch Mitarbeiterin Marion Kruse versucht Ordnung ins Chaos zu bringen. Arabisch kann sie nicht. Sie hat sie sich die wichtigsten Tafelbegriffe vorsorglich ins Arabische. übersetzen lassen. Marion Kruse Ja 3 Körbe, ein, ein Obst und Gemüse einmal Brot und Brötchen. Moment essen sie Schweinefleisch-Nein- Ok dann vermerken wir das. Immer neue Kundschaft heißt Überlastung. Falls das so weiter geht, kündigt Tafel-Chefin Elke Ronneberger Einschränkungen an. Elke Ronneberger Das hatten wir auch der Stadt schon mitgeteilt, dass dann auch die Konsequenz wäre, dass keine Aufnahme mehr möglich wäre und dann u.U. eine Warteliste notwendig wäre. Die Mannschaft im Anlieferbereich hält derweil den Laden am Laufen. 30 Helfer - zum Teil auch körperlich und geistig behinderte Menschen - arbeiten hier. Ihre Zahl wurde sogar erhöht, doch auch hier gibt es Stress. Die Ware muss nun sortiert und überprüft werden. Alle Kunden sollen gleiche Kisten bekommen, egal ob Flüchtling oder nicht. Insgesamt jedoch gibt es in Halle immer weniger zu verteilen. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 1 Lange Schlangen bei der Tafel | Manuskript Elke Ronneberger Wir sind froh und dankbar über Lebensmittelspenden, die auch zurückgehen, das muss man sagen. Da gibt es auch Vermarktungsstrategien, dass weniger überschüssige Lebensmittel vorhanden sind, auf die sind wir angewiesen. Die Lebensmittelkisten gibt es diese Woche nur für Bestandskunden, und die sind meist Deutsche. Viele machen nur die Flüchtlinge für die neue Situation verantwortlich. Ich hab nix gegen Flüchtlinge aber dass wir als Hartz-IV-Empfänger darunter leiden müssen, finde ich nicht so toll. Leiden muss der junge Mann die nächste Zeit aber nicht. Für 2,50 Euro kann er zwei vollgepackte Sporttaschen voller Lebensmittel mitnehmen. Einige wenige Tafelkunden haben da mehr Verständnis für die veränderte Situation. Irgendwo müssen sie ja hin und ich meine ist ja richtig jetzt bei der Jahreszeit wird ja immer kälter ohne Lebensmittel und mit Kindern und so, dass geht ja gar nicht. Ortswechsel – Plauen im Vogtland. Hier gibt es keine Probleme mit dem Nachschub. Für ein zügiges Arbeitstempo in der Warenannahme sorgen seit einem knappen Monat auch Asylbewerber selbst. So wie Abdul Rahmann aus Syrien. Abdul Rahmann Al Hzoure, Flüchtling aus Syrien Jeden Tag Arbeit. Immer. Schöne Arbeit auch. Als Ein-Euro-Jobber müssen sie vier Stunden am Tag vor allem Obst und Gemüse sortieren. Was kann man noch verteilen, was muss weg? Anita Eilenberger ist seit drei Jahren dabei. Sie gibt den Neuen Tipps. Anita Eilenberger und Yosef Sulaiman Gut? Die nehmen wir noch mit. Die tun wir hinten bei den Schlechten mit in die Tonne. Essen für Bedürftige, weil das Geld nicht reicht. In Deutschland werden mittlerweile 1,5 Millionen Menschen von der Tafel versorgt. Für Abdul Rahmann ist das System neu. In seiner Heimat wird mit Lebensmitteln zweiter Wahl ganz normal gehandelt. Abdul Rahmann Al Hzoure Nee geschenkt nicht, aber verkaufen noch mal. Da muss man auch sauber machen, ja. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 2 Lange Schlangen bei der Tafel | Manuskript Arbeitsende. Alles erledigt. Auch bei der Plauener Tafel sind schon fast 20 Prozent der Kunden Asylbewerber. Warum die Flüchtlinge deshalb nicht vorn an der Ausgabe einsetzen? Chefin Waltraud Klarner will das nicht. Waltraud Klarner, Leiterin der Tafel in Plauen. Ne. Das ist ein bisschen ungünstig, weil da brauchst du ja Deutschkenntnisse. Die müssen ja Listen schreiben, müssen die Ausgaben machen. Das Einzige wo sie vorne mit dem Laden Kontakt haben, ist wenn sie Waren vorschaffen. Auch manche Stammkunden würden sich darüber aufregen, vermutet sie. Zurück in Halle-Neustadt. Bei der Registrierung herrscht seit Stunden Andrang. Nur 20 Neuzugänge können heute angenommen werden, der Rest wird abgewiesen. Die Nerven liegen blank. Einzelne wollen es doch noch versuchen. Nein, nein. Bitte draußen warten. Nein. Ich brauche Unterlagen. Ich brauche Bescheinigung. Und draußen ist eine deutsche Neuanmelderin über die lange Wartezeit frustriert. Antje Ahmetaj Ich hab auch ne Nummer gekriegt. Die Deutschen sind die letzten. Auf Deutsch gesagt. Mit den Nummern. Bevor man sich mal anmelden darf. Dauert ne Weile. 4 Stunden dauert es für Antje Ahmetaj, bis sie schließlich drankommt. Wer es geschafft hat, sich zu registrieren, ist in der Kleiderkammer gerade auf warme Jacken aus, und auch hier wird der Neid untereinander größer, wie der langjährige Tafelmitarbeiter Hartmut Kurz weiß. Hartmut Kurz Klar gibt’s Konkurrenz. Viele glauben, dass die Flüchtlinge den Leuten was wegnehmen. Gut. Man hat ja gelernt zu teilen. Ich bin ja in einer Gesellschaft groß geworden wo ich gelernt habe zu teilen. Das hat in meiner Familie funktioniert und warum soll das im Großen nicht auch funktionieren. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 3