Astronavigation für Dummies

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Astronavigation für Dummies
Mit GPS als Navigationsinstrument kann heute jeder zu jeder Zeit auf der Erde seine Position
bestimmen, ein guter—im Gegensatz zu einem annehmbaren—Navigator sollte aber doch mehrere
Methoden zur Ortsbestimmung kennen, als nur den GPS, um die Chance zu haben, im Zweifelsfall
mehrere Situationen gegeneinander abzuklären.
Astronavigation wurde lange Zeit als schwarze Kunst betrachtet, dabei ist Astro wie jede andere
Hochseenavigation erlernbar und man braucht eigentlich nur simple Rechenarten, d.h addieren,
subtrahieren und Werte aus Tafeln lesen und ein wenig Logik, um abstrakte aber einfache Konzepte
zu verstehen.
Astronavigation fördert die grauen Zellen und verbessert die Seemannschaft. Man sollte mit der
Sonne als Objekt der Begierde starten, damit bekommt man am leichtesten ein Ergebnis. Es gibt für
den Laptop gute Programme, die einem die etwas komplizierte Rechnung abnehmen, dann braucht
man sich wirklich nur auf die Höhenmessung zu konzentrieren.
Für die Theoriesüchtigen gibt es einen Extrateil „Astrotheorie“
Es gehören als Werkzeuge dazu:
 Karten für das Reisegebiet, ob Papier oder als Software ist dabei nicht relevant
 Lineal, Dreieck oder Parallellineal
 Eine Uhr
 Sextant
 Almanach als Buch oder elektronisch, besser noch ein NAV Programm
 Handbücher

Berichtigungstabellen
Wichtig: In diesem Artikel werden wegen der einfacheren Schreibweise die englischen
Bezeichnungen für die einzelnen Grössen benutzt, also:
Lat /Long= Breite und Länge des Standortes
DEC /GHA = Deklination und Greenwichstundenwinkel des Gestirns
ho (height observed)= beobachtete Höhe
hc (height computed)= berechnete Höhe
Zn=vollkreisiges Azimut (Peilung vom Beobachter zum Bildpunkt des Gestirns)
Werte von Lat, Long und DEC bekommen folgende Vorzeichen
Nord (N)= plus (+) Süd (S)= minus (-)
West (W) = plus (+) Ost(E)= minus (-)
Was ist denn nun die Astronavigation?
Ein paar Grundsätze:



Erde und Himmel werden als zwei Kugeln angenommen, wobei die Erde in der Himmelskugel
sitzt, wie die russischen Puppen ineinander. Damit ist der Erdmittelpunkt auch der
Himmelsmittelpunkt.
Die Achse Nord/ Südpol ist die Achse , um die sich beide Kugeln gleichzeitig drehen
Die Kugeln werden durch bestimmte Linien aufgeteilt, diese Linien sind keine Geraden, wie
auf einer flachen Scheibe, sondern Kreise, deren Mittelpunkt der Erdmittelpunkt ist. Der
Äquator ist so ein Kreis (sowohl als (Erd) Äquator als auch als Himmelsäquator) , die Linien
1



von Nord zum Südpol sind Halbkreise und werden Meridiane genannt. Der bekannteste
Meridian ist der Meridian von Greenwich, ab dem die anderen Meridiane ost- bzw.
westwärts gezählt werden
Die Gestirne werden auf der Himmelskugel gleich verteilt (wie angeklebt)angenommen,
diese Kugel dreht sich einmal am Tag um die Erde.
Entfernungen werden auf der Erdkugel in (Bogen) grad angegeben.(Zur Erinnerung: 1 SM ist
die Strecke einer (Bogen)Minute auf der (Erd)kugel.
Aus der Rechnung (40 000 km / 360 Grad des Vollkreises) / 60 Bogenminuten ergibt sich als
theoretisches Maß der Seemeile eine Länge von genau 1851,851 m., wobei 40 000km der
Umfang des Äquators ist und die 360 Grad von Greenwich aus einmal in Grad um die Erde
bedeutet.
So, wie man ein Dreieck auf der ebenen Fläche durch zwei Seiten und den eingeschlossenen
Winkel berechnen kann, kann man auch auf der gekrümmten Erde ein Dreieck bestimmen,
diese Dreieck nennt man wegen der Krümmung „sphärisches Dreieck“, dabei werden die
Seiten in (Bogen)Grad und Minute angegeben.
Annahmen und Tricks:


Trick 1…man weiss, wo man sich befindet, und die Rechnung soll nur beweisen, dass das
auch stimmt. Die Messung der Höhe eines Gestirns wird mit einer errechneten Höhe
verglichen, die Differenz müsste 0 sein.
Ist sie aber nicht, wenn sie negativ ist, dann bin ich weiter vom Stern (seinem Bildpunkt auf
der Erde) entfernt, ist sie positiv, bin ich näher dran.
Trick 2…Die Gestirne sind soweit von der Erde entfernt, dass ihre Strahlen parallel auf die
Erde fallen
Annahmen
 Der Punkt, an dem die vom Erdmittelpunkt durch den Beobachter (Navigator auf seinem
Boot) senkrecht nach oben gehende Linie die Himmelskugel durchstößt , heißt Zenit, denkt
man sich die Linie von den Füssen aus durch den Erdmittelpunkt auf die andere Kugelhälfte
verlängert , heißt der Schnittpunkt Nadir.
 Wenn die Sonne(und alle anderen Gestirne am Himmel)auf die Erde fallen würde, dann
rutscht sie auf einer Geraden vom Himmel durch die Erdoberfläche direkt zum
Erdmittelpunkt. Der Punkt, wo sie durch die Erdoberfläche fallen würde, heißt „Bildpunkt“
der Sonne. Seine Koordinaten heißen Deklination (DEC) und Greenwich -Stunden (hour)
Winkel (angle) (GHA) und sind in Tafeln (wie auch die für andere Sterne oder Planeten), den
„Ephemeriden“ nachzuschlagen, oder mit einem Softwareprogramm zu ermitteln. Es sind
eigentlich die „Länge“ (GHA) und „Breite“ (DEC) des Bildpunktes. Den Bildpunkt der Sonne
kann man sich vorstellen wie den roten Punkt eines Laserstrahls. Da dieser Bildpunkt auf der
Erde von Ost nach West wandert und wie auf einer Spirale jedes Jahr vom südlichen
Wendekreis zum nördlichen Wendekreis und wieder zurückwandert, gelten die Koordinaten
des Bildpunktes immer nur für ein bestimmtes Datum und bestimmte feste Zeit, z. B. am
01.01.08 um 12:00:00 UT1 (Weltzeit). DEC = - 23°1.7‘ (S) ;GHA = 359° 10.3‘
 Die Lage dieses Bildpunktes wird wie bei den Erdkoordinaten als Winkel angegeben:
Deklination von der Äquatorebene jeweils von 0 bis 90° N bzw. S und Längengrad ab
Nullmeridian (Greenwicher Meridian) von 0° bis 360° in westliche Richtung.
2

Die Peilung vom Standort des Beobachters zum Bildpunkt nennt man Azimut (Zn), die Höhe,
unter der der Beobachter die Sonne über seinem Horizont sieht beobachtete Höhe( ho).
Astronomisches Dreieck (grau gerastert)
Erklären wir das Bild:


Die zwei Kugeln sind die „russischen Puppen“ Erde und Himmel
GHA und Long, also Greenwichstundenwinkel und Länge sind Winkel, der GHA wird
vollkreisig gerechnet (also von Greenwich einmal herum bis 360° und die Länge von
Greenwich östlich oder westlich jeweils um 180°
3

In dem Dreieck sind bekannt
die Strecke Sonne-Nordpol (= 90°-DEC)
die Strecke Zenit-Nordpol (= 90°-Lat)
der Winkel t ( = GHA-Long) , damit kann die dritte Seite berechnet werden. Sie wird
Zenitdistanz genannt und ist gleich( 90° -Höhe)
Wie das nun gerechnet wird, braucht der Benutzer eines NAV-Programmes nicht zu wissen, für
Spezie‘s wird das erklärt in „Astronavigation für Spezie’s“
Eine Höhe Schiessen
Was ist denn jetzt diese ominöse Höhe?
Aus dem täglichen Leben wissen wir, dass die Sonne (und alle sonstigen Gestirne) morgens im Osten
auf- und am Abend im Westen untergeht. Die Höhe ist nun nichts anderes als der Winkel zwischen
Horizont (auf unserem Boot)und Sonne, am Morgen klein, um Mittag am grössten und abends
wieder klein. Wir messen sie mit dem Sextanten und sie wird ho (height observed) benannt
Sextant
Die Höhe wird mit einem Sextant (als Winkelmesser)gemessen. Wie das Ding aufgebaut ist….siehe
Sextant für Dummies…. Wir haben nun einen und haben auch schon mal damit geübt.
Wie geübt?
Es lohnt sich nicht, mit einem künstlichen Horizont zu üben.
Wenn man auf dem Land lebt und keinen natürlichen Horizont hat, genügt zum Üben jeder
Gartenzaun, Dachkante oder sonstige gerade Linie. Damit bekommt man zwar keine genaue Höhe,
aber lernt, mit dem Sextanten in der Hand umzugehen.
Wenn man die Sonne auf den Horizont herunterbringt, muss man den Sextanten leicht aus der
Senkrechten zu beiden Seiten schwingen, um den Aufsetzpunkt des Objektes auf dem Horizont zu
finden..
Zu der Höhenmessung, egal ob Üben oder Realität an Bord, gehört, dass man für den Augenblick der
Messung auch die Zeit festhält. Das kann man entweder zu zweit (der Messmann/Frau ruft Stop und
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der Schreibmann/Frau notiert die Uhrzeit z.B. 12:00:00, bitte mit den Sekunden! ) oder allein, dann
braucht man einen Trick, der am besten mit einer Stoppuhr geht.
Bevor man messen will und alles vorbereitet hat, startet man die Stoppuhr nach der Borduhr (die
UT1, also Weltzeit anzeigt) auf eine volle 5er oder 10ner Minute genau und lässt sie laufen. Die Zeit
aufschreiben (z.B. 11:45:00), danach hat man alle Zeit der Welt, die Stoppuhr läuft ja.
Nun misst man in Ruhe und wenn man sich sicher ist, dass der Winkel stimmt, fängt man an zu zählen
(einundzwanzig, zweiundzwanzig etc.) legt den Sextant weg und stoppt die Stoppuhr.
Dann hat man die Zeit als aufgeschriebene Zeit (z.B. 11:45:00), + Anzeige Stoppuhr (10min:24 sec)gezählter Sekunden(einundzwanzig, zweiundzwanzig ..also 2 Sekunden)…gibt 11:55:22…aufschreiben
und den Winkel vom Sextanten dazu…fertig
Diese Zeit wird zum Auffinden von DEC und GHA der Sonne im Softwareprogramm benutzt.
Höhenbeschickung (=Höhenkorrektur)
Was ist das denn schon wieder?
Im Zeitalter der Elektronik kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass eine Winkelmessung (mit
dem Sextanten) aus verschiedenen Gründen fehlerhaft sein könnte. Aber keine Angst, diese
folgenden Fehler werden zu einem Gesamtfehler zusammengefügt und dieser Wert ist für den
Anfänger bestens geeignet, erst wenn man ein Astroprofi werden will, kann man in die
Fehlerdiskussion weiter einsteigen.
Leider ist nun mal der Sextant ein mechanisches Gerät und hat damit durch Dejustage, Verformung
durch Wärme, etc. einen Nullpunktsfehler bzw. Indexfehler, der ist bei einem guten Sextanten auf
dem Prüfpapier angegeben bzw. zu ermitteln. ( siehe Sextant)
Für Spezialisten: Er sollte vor jeder Messung kontrolliert, und bei Abweichungen > 5' korrigiert
werden.
Das ist aber nicht die einzige Korrektur: Es gibt noch

Kimmtiefe . Je höher wir uns über der Wasserlinie
befinden, desto weiter können wir sehen. Der
sichtbare Horizont, die Kimm, wandert weiter von
uns weg und der Winkel zwischen Gestirn und
Kimm ist größer als der Winkel zum wahren
Horizont.
Die Augenhöhe Ah bewirkt, daß wir Kimm und
scheinbaren Horizont nicht gleichsetzen können.
Der scheinbare Horizont verläuft auf der Höhe Ah
senkrecht zum Lot zum Erdmittelpunkt, die Kimm
ist um die Kimmtiefe Kt abgesenkt.
5
Augenhöhe
[m]
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
4,0
5,0
10,0
Kimmtiefe t
[sekunden]
1,3
1,8
2,2
2,5
2,8
3,1
3,6
4,0
5,6

Refraktionsfehler Die parallelen Strahlen eines Gestirns laufen nicht gradlinig bis zur
Erdoberfäche durch, sondern sie werden durch Eintritt in die Atmosphäre zur Erde hin
gebrochen; dies ergibt den Refraktionsfehler R.

Parallaxfehler / Horizontalparallaxe: Bei einer relativ kurzen Distanz zwischen dem zu
messenden Gestirn und der Erde, können die auf der Erde ankommenden Strahlen nicht
mehr als parallel angenommen werden. Hierdurch entsteht der Parallaxfehler P. Die Größe
der Parallaxe ist abhängig von der Entfernung des Gestirns zur Erde und der Höhe über dem
scheinbaren Horizont.
Steht das Gestirn am Horizont, ist der Fehler am größten. Die Parallaxe wird in diesem Fall
Horizontalparallaxe HP genannt; steht das Gestirn im Zenit, so ist der Fehler = 0.
Gestirnsdurchmesser : Sonne und Mond können nicht mehr als punktförmige Sterne
angesehen werden. Dort müssen die Radien berücksichtigt werden. Je nach Messung des
Unter- oder Oberrandes von Mond bzw. Sonne muß der Radius addiert bzw. subtrahiert
werden.

Diese Werte addieren sich zu einer Gesamtbeschickung, die man theoretisch ermitteln kann, die aber
für die Praxis ausreichend in der Tabelle für Sonne und Fixsterne auf wenige Spalten und Zeilen
reduziert werden kann:
Beschickungstabelle für Praktiker
Höhe
gemessen
SonnenSonnen- Fixstern
unterrand oberrand
ab 20°
+ 11 ‘
- 21 ‘
-5‘
ab 25°
+ 12 ‘
- 20 ‘
-4‘
ab 45°
+ 13 ‘
- 19 ‘
-3‘
Am besten nimmt man sich als Arbeitsschema den Sonnenunterrand.
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Jetzt mal zur Praxis und einem Beispiel:
Wir sind im Mittelmeer vor der französischen Küste auf Lat= 45° N und Long= 006° E am 2.11.08 und
„schießen“ die Sonne, d.h. den Sonnenunterrand um 11:00:00 mit dem Sextanten auf ho = 28° 00.0‘.
Unser Standort ist geloggt, also angenommen, sicher wissen wir das nicht.
Nun die Rechnung:
ho =
Beschickung aus Tabelle
ho (berichtigt)
+
28° 00.0‘
12.0‘
28°12.0‘
Am 2.11.08 um 11:00:00 sind DEC und GHA der Sonne, hier aus einem Programm auf dem PC :
DEC: 14°56.3‘ S (also -14°56.3‘)
GHA: 349°6.4‘
Welche tatsächliche Höhe müsste man an diesem Standort messen??
Gottseidank, dass es das Programm gibt, denn damit wird es simpel.
1.Standortbreite eingeben
2. Standortlänge eingeben, damit ergibt sich der LHA der Sonne (hier GHA minus Länge =349°6.4‘ 006° = 343°6.4‘ )
Das Ergebnis ist:
hc =
Azimut (Zn) =
28°07.7‘
161°.4‘
Unsere Standlinie ist:
ho- hc =
28°12.0‘ - 28°07.7‘= + 4.3‘ und, da 4.3‘ 4.3 SM sind wir 4.3 SM näher am Bildpunkt
der Sonne als angenommen.
Warum näher dran?? Weil die beobachtete Höhe grösser als die errechnete ist.
Das ist so, als ob man mit dem Sextanten die Höhe eines Leuchtturmes misst, je näher man dran ist
umso grösser ist der gemessenen Winkel.
Aber wo genau bin ich den jetzt? Weiter weg, gut und schön, aber in welche Richtung?
Mit der Richtung ist es ja noch leicht, das ist die Peillinie Zn, also 173°.4‘, aber wie in der
terrestrischen Navigation bekommt man so nur eine Standlinie, aber keinen Standort, dazu müsste
man mindestens zwei, wenn nicht drei solcher Standlinien haben.
Das ist aber blöd, da bleibe ich lieber bei meinem GPS, da weiß ich genau, wo ich bin.
Das stimmt, aber wer von Seemannschaft etwas hält, der hört ja nun hier nicht auf und an Bord hat
man viel Zeit, also weiter (in Astronavigation für Spezie‘s).
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