Literaturliste - Thomas A. Bauer

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1. Angaben zum Artikel
Angerer, Marie-Luise, Krips, Henry P. (Hg), Der andere Schauplatz. Psychoanalyse. Kultur.
Medien.Verlag Turia + Kant, 2001, Wien
Artikel: Marie-Luise Angerer: Die Haut ist schneller als das Bild: Der Körper – das Reale –
der Affekt
2. Abstract
Größtenteils befasst er sich mit der Klärung des Begriffes „Körperbild“, beschreibt dessen
Entstehung, verschiedene Ansätze und Sichtweisen desselben und leitet über zu der nach
innen wie nach außen gerichteten Medialität des Körperbildes.
Körperbilder sind aus Erinnerung, Vorstellung und Erfahrung dem physischen Körper, hier
Körperschema genannt (1), anhaftende, höchst individuelle, subjektive Auffassungen des
physischen Körpers und der damit verbundenen Identität, die sich aber erst durch den Körper
ausdrücken. Nach dieser Auffassung ist der Körper das Medium des Körperbildes. Das sich
selbst zum Zweck der Erschaffung von Körperbildern betrachtende Subjekt friert einzelne
Standbilder in der Erinnerung ein, da es ihm nicht möglich ist, vollständige
Bewegungsabläufe an sich selbst weder wahr zu nehmen, noch zu speichern. Der so geartet
unabgeschlossene Körper verhält sich hier als Mischgefäß, in dem eine Verschränkung von
Medienbildern und Körperbildern stattfindet.
3. Schlagwörter

Marie-Luise Angerer

Henry P. Krips

Turia.at

Freud
4. Angaben zu den Rezensentinnen:
Julia Broucek, 0308234, SKZ: 033 641
Elisabeth Hecker, 9802220, SKZ: 300/301
5. Angaben zu LV
696511 VO: Medienpädagogik: Medienbildung, Medienkompetenz, Medienkultur
Leiter: Univ. Prof., Dr. phil. Thomas A. Bauer, Institut für Publizistik und
Kommunikationswissenschaften, Universität Wien, WS 2004/2005
Zusammenfassung
Das Moment menschlichen Begehrens wird in dem Artikel als eine Korrelation von
Körperbild und Wahrnehmung beschrieben, das seine Anregung aus medialen Anordnungen
übernimmt. Der Begriff des Mediums wird hierbei um die Komponente des Körpers als
Medium erweitert, dieser ist der Kommunikator des Körperbildes.
Der Begriff „Körperbilder“ meint mehr als bloße Bilder vom Körper. Als psychologischer
Begriff und als Metapher meint er nicht zuerst wirkliche Bilder, sondern etwas, das erfahren
wird, ohne dass der Blick beteiligt ist. (2)
Gemeint ist also das Bild, das das Individuum von sich selbst hat, ohne sich dabei anzusehen,
sondern mehr das Bild, das aus erfahren und erwünschen entsteht. Dieser Begriff haftet dem
Körperschema, damit ist der physische Körper selbst gemeint, an. Das Körperbild entsteht
durch Wahrnehmung, verzerrt Wahrnehmung und erweitert sich selbst in der Folge wiederum
durch Wahrnehmung. Damit ist es in einen anfangs dipermeablen Kommunikations- und
Wahrnehmungsprozess des Körpers eingebunden, dessen Permeabilität sich nach beiden
Richtungen im Zuge einer Fixation des Körperbildes verringert und durch dessen
Sinneserfahrungen der Körper das Körperbild einerseits speist, also (weiter-)entwickelt, und
dieses sich durch die Kommunikativität des Köpers, ihn medial nutzend, äußert.
Als Vergleichsbild für diese Wahrnehmungsverzerrung ist Ronald Reagans Autobiographie
angeführt, in der er eingangs seine Erfahrungen als Schauspieler schildert. Er verkörperte in
einer seiner Rollen einen verunglückten Menschen, dessen untere Hälfte des Körpers bei
einem Unfall „abhanden“ gekommen ist. Diese Situation konfrontiert den Betroffenen mit
einem der Realität gänzlich nicht (mehr) entsprechendem Körperbild und löst einen Konflikt
zwischen dem alten und dem neuen Körperbild aus. Die Re-Identifikation stellt ein ständiges
Zusammenprallen von kurzfristig aufblitzenden Bildern aus beiden Körperbildern dar.
Dieses aufblitzen von Bildern wird durch Medien in einem weit gefassten Begriff initiiert, es
ist ein wiederholtes aufrufen von Erinnerungen, vor allem Erinnerungen an
Sinneserfahrungen, welche in sich selbst eine Erinnerung an Sinneserfahrungen darstellen
können, so wird eine Reihe von Bildern aus der Erinnerung verknüpft mit der aktuellen
Anregung durch die Außenwelt, dies ergibt weder ein neues Körperbild.
Als Beispiel wird auch Phantomschmerz erwähnt, der sich wohl aus der ständigen
Vermischung von Erfahrungen mit Erinnerungen ergibt.
Der statische Begriff Körperbild verweist auf eine wesentliche Komponente dieses
Phänomens. In der Erinnerung abgespeichert werden Standbilder, statische Einzelteile von
Bewegungsabläufen. Es ist nicht möglich, Bewegungsabläufe in ihrer Komplexität in
Erinnerung zu behalten. Körperbilder sind also partiell in der Erinnerung gespeicherte
Bruchteile der Realität.
Sexuelle Differenz positioniert ebenfalls innerhalb dieser Körperbilder, sie ist ein Bestandteil
dieser und damit in der Folge auch ein Wahrnehmungskriterium, da Körperbilder sich durch
Wahrnehmung manifestieren und andererseits durch den Körper kommunizieren, womit auch
deutlich wird, den Körper als Medium verstehend, dass hier eine Wechselwirkung eintreten
muss.
Sexuelle Differenz bedingt die Ermöglichung von Entitäten und Identitäten (3) . Das Moment
der Begierde enthält eine Sehnsucht nach Polarisierung, das Begehrte liegt außerhalb dessen,
was innerhalb des Körperbildes enthalten ist. Der imperative Charakter von Geschlecht sei
also denaturalisiert, unabhängig von Körperlichkeit, sondern „organ-ized“ by the image and
the word (4); er wird also durch sinngemäße Aufmerksamkeit (-serregung) durch Image und
Sprache konstituiert.
Eine sozial-geschlechtliche Rolle einzunehmen ist demnach eine Polarisierung, die ein
anderes soziales Geschlecht ermöglicht.
Medienrezeption beinhaltet nun einerseits das Fehlende dem Körperbild kurzfristig
nachzutragen, indem das Individuum sich in Medien von einer Warte außerhalb seiner selbst
erfahren kann (z.B. auf Fotographien, Filmen), andererseits schreibt Sharivo über das sehen
von Filmen, das dies eine Gelegenheit darstellt, zu der alle fünf Sinne gleichzeitig Anregung
bekommen, die sich vermischen: It is the medium where input from all five senses meet,
across sub-sensate excitation, and become flesh together, tense and quivering. Mesoperceptive
flesh functions as a corporeal transformer where one sense shades into another over all the
failure of each, their input translated into movement and affect. (5)
Rezension:
Der Titel „Die Haut ist schneller als das Bild“ lässt etwas ganz anderes erwarten als
tatsächlich auf dem Papier steht. Zu Beginn versucht die Autorin verschiedene Begriffe zu
erklären bzw. ihrer Ansicht nach zu definieren, was ihr aber nur spärlich gelingt. Ständig
verwendet sie wieder andere Wörter und kommt so nie wirklich auf den Punkt, der dann die
komplizierten Sätze eventuell erklären würde beziehungsweise sobald man glaubt, dass sie
nun eine genauere Ausführung des angesprochenen „Problems“ oder ihre verworrenen
Gedankengänge entwirren wird, schafft sie dies nicht und die Erwartung des Lesers wird nicht
erfüllt - im Gegenteil sie verstrickt sich in ein erneutes Satzgefüge, das auf einen weiteren
Punkt kommt, der wiederum nicht abgehandelt wird.
Wichtiges Schlagwort Phantasie, ja, diese kann man wirklich gut gebrauchen, wenn frau/man
sich mit diesem ganzen Buch abgeben will. Es ist wirklich nur eine Literaturempfehlung,
wenn frau/man sich für Freud und seine psychischen Domänen (6) sowie für das gewisse
„Objekt klein a“ (7) interessiert, welche von gewissen verstörten Personen begehrt werden,
aber nicht auf die Weise, die unter normalen Umständen Assoziationen mit dem Wort
„Begierde“ hervorrufen, sondern Nahrung darstellt, auch wenn in dem Artikel das Gegenteil
niedergeschrieben steht.
Hauptsächlich ist die Rede von medialen Orten, die Settings des Begehrens darstellen, was
möglicherweise so viel heißen könnte, dass jedem Medium mit dem wir in Kontakt kommen,
eine gewisse Erwartung zugeschrieben wird, das Medium wird sozusagen begehrt. Nicht nur
das Medium selbst, sondern primär die Botschaften, die es aussendet. Entweder steckt
Wissensdurst, Realitätsflucht, Unterhaltungsdrang oder jegliche andere gesellschaftstypische
Verhaltensmuster bezüglich der Medienrezeption dahinter. Gewissermaßen spielt hier die Art
des Mediums eine Rolle, doch die wählen wir normalerweise eigenständig aus.
In dem Artikel wird außerdem angesprochen, dass das Körperschema Voraussetzung für das
Körperbild ist. Bevor man dies aber verstehen kann, muss man sich mit der Erklärung für die
beiden Begriffe auseinander setzen. Doch genau diese zu verstehen ist die Schwierigkeit an
der Sache, weil die Autorin das Körperbild zum Beispiel als psychischen Raum jenseits des
Sichtbaren bezeichnet und gleichzeitig als unbewusste symbolische Verkörperung des
begehrten Objekts. Außerdem weisen Körperbilder Kräfte auf, die anders als die Anatomie sie
beschreibt, sind und ohne Blicke erfahren werden. Das klingt aus irgendeiner anderen Welt
gegriffen und so als würde sich alles dort abspielen, worauf wir ohnehin keinen Einfluss
haben – diese kulturelle Intelligibilität, die nur gedanklich erfassbar ist und in der Ideenwelt
von jedem Individuum zu finden ist.
Beeindruckend und gleichzeitig scheinbar irreal ist die Tatsache, dass den Körperbildern
sexuelle Besetzung zugeschrieben wird, egal in welchem Zusammenhang, besonders betont
wird aber, dass diese mehr oder weniger erzwungen werden durch soziale Prozesse, durch die
frau/man entweder weibliche oder männliche Identität annimmt oder annehmen muss.
Gesellschaftliche Zwänge bestimmen das Geschlecht? Frau/Man(n) wird also konstruiert zu
dem was frau/man ist oder wird oder werden soll? Das ist dann die Voraussetzung von der
gesprochen wird, damit man im Körperschema Verbindungen zu Mitmenschen erstellen kann
und sich mit ihnen austauschen, egal aus welcher Kultur stammend.
Kultur wird bekanntlich auch von der Gesellschaft gemacht und umgekehrt, hier wird der
Bezug zur Medienpädagogik bemerkbar, doch die Autorin hätte auch hier mehr in die Tiefe
gehen können.
Die Substanz und der Organismus jedes Individuums sind so, wie wir sie wahrnehmen. Bei
dieser Gelegenheit ist auch die Sexualität wieder angesprochen: auf der einen Seite ist sie
nichts Natürliches, dem frau/man heftig widersprechen muss, und nichts Instinkthaftes. Klar,
die Natur hat uns Instinkt in die Wiege gelegt, damit wir Gespür für Dinge haben, die wir
sonst nicht einmal wahrnehmen und somit auch nicht kennen würden. Wäre kein Instinkt für
körperliche Nähe zu anderen da und auch nicht das Bedürfnis vorhanden, sich fort zu
pflanzen, wären nicht nur die Menschen ausgestorben, sondern auch alle anderen Lebewesen,
deren Lebenszyklus eine harmonische Zusammenarbeit ist. Tiere und Pflanzen wissen, ohne
dass sie hochintelligent sind, dass sie um ihr Überleben zu sichern, kämpfen müssen und sich
gegenseitig unterstützen, auch wenn diese Unterstützung nicht immer einfach oder angenehm
(fressen und gefressen werden) sein mag, ist sie doch für jede/n Zyklusteilnehmer eine
essentielle Lebenserhaltungsgrundlage.
Unangefochten wird auch das Statement, dass Trieb, Sexualität und Phantasie zusammen den
„anderen Schauplatz“ ergeben oder darstellen, nicht gelassen. Das Subjekt taucht in einer
Welt auf, aber durch nicht-erscheinen – dann ist der Trieb gelungen, den Kreislauf zwischen
Ziel und Weg zu schließen. Die Nahrung für diesen berühmten Trieb ist das Umkreisen von
fehlenden Objekten. Aber wie erkennen wir, welche Dinge uns fehlen und wie stellen wir uns
das Umkreisen vor? Wir begehren etwas, dadurch könnte frau/man schließen, dass es fehlt im
Leben oder in der Situation in der frau/man sich gerade befindet. Wobei wir wieder bei den
Orten des Begehrens wären – den medialen Orten. Die Verbindung zwischen
Medienrezeption und Körper wäre nun vollständig, doch wo treffen Medien auf Körper oder
umgekehrt? Vielleicht in der angedeuteten „Mesoperception“, der Differenz zwischen
Bewegung und Vision – „Body meets image“. „Being and becoming other“
(Deleuze und Guattari sprechen vom Körper ohne Organe (BwO) im Sinne eines Körpers
ohne Organisation) die Sekunde in der so viel Reaktion passiert, dass sie nicht erfassbar ist.
Zu viele Spuren und gefüllte Narben werden hinterlassen. Das Terrain des Affekts ist
vollkommen.
Unser Tipp: Die Seiten von hinten nach vorne lesen, dann erfährt frau/man das, was eigentlich
schon ganz am Beginn gesagt werden sollte, damit von Anfang an Verständnis vorherrscht.
Literaturliste
(1) Dolto, Francoise: Das unbewusste Bild des Körpers. (Übersetzung: Elisabeth Widmer)
Weinheim-Berlin, 1987
(2) Hartwig, Helmut: Die Grausamkeit der Bilder. Horror und Faszination in alten und neuen
Medien. Weinheim und Berlin, 1986 (S. 47)
(3) Grosz, Elizabeth: Volatili Bodies: Towards a Corporeal Feminism, Bloomington.
Indianapolis, 1994 (S. 209)
(4) Douglas, Mary: Purity and Danger. An Analysis of the Concepts of Pollution and Taboo.
London, 1980
(5) Massumi, Brian: The skin is faster than the word. The Autonomy of Affect. Cambridge,
1996
(6) Angerer, Marie-Luise: Body-Options. Medien. Spuren. Körper. Bilder. Wien, 1999
(7) Lacan, Jacques: Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse. Das Seminar Buch XI.
Weinheim/Berlin, 1996 (S. 208)
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