Wasser - ein Oxid? An kalten Wintertagen bilden sich hinter den Auspuffrohren Autos weiße Nebelwolken. Wenn im Chemieraum viele Gasflammen brennen, beschlagen manchmal die Fensterscheiben. Offenbar enthalten die Flammen der Gasbrenner und die Auspuffgase auch Wasserdampf, der an der kalten Luft oder den kalten Fensterscheiben zu Wassertröpfchen kondensiert. Aufgrund dieser Beobachtungen kann man vermuten, dass bei der Verbrennung von Benzin und Brennergas Wasser gebildet wird. Diese Vermutung muss allerdings bestätigt werden. Ein Becherglas, das über eine Brennerflamme gehalten wird, beschlägt mit einer farblosen Flüssigkeit. Die Siedetemperatur der Flüssigkeit beträgt 100°C und die Dichte 1 g/cm3. Bei der Verbrennung des Brennergases entsteht Wasser! Wasser - eine Sauerstoffverbindung? Wir wissen schon, dass Oxiden der Sauerstoff entzogen werden kann. Man benötigt dazu einen Stoff mit besonders großem Bindungsbestreben zu Sauerstoff. Ein solcher Stoff ist Magnesium. Sein Bindungsbestreben zu Sauerstoff ist so groß, dass Magnesium sogar unter Wasser brennt (Taucherfackel). Hält man ein brennendes Magnesiumband in einen mit Wasserdampf gefüllten Kolben, so verbrennt es unter Feuererscheinung zu Magnesiumoxid. Das Magnesium kann den zur Verbrennung benötigten Sauerstoff nur dem Wasser entzogen haben, da bei unserem Experiment kein Luftsauerstoff zugegen war. Bei genauem Hinsehen kann man eine weitere Flamme beobachten. Rührt diese Flammenerscheinung vom brennenden Magnesium her oder ist neben Magnesiumoxid ein brennbares Gas entstanden? Um dies zu klären, leiten wir in einem weiteren Experiment Wasserdampf über erhitztes Magnesium. Getrennt vom heftig reagierenden Magnesium lässt sich an der Spitze des Glasrohrs ein brennbares Gas entzünden. Bei seiner Verbrennung entsteht Wasserdampf. Magnesium reagiert mit Wasser zu Magnesiumoxid und einem brennbaren Gas; Magnesium hat also der Verbindung Wasser den Sauerstoff entzogen. Wasser ist eine Sauerstoffverbindung - ein Oxid! Das brennbare Gas, bei dessen Oxidation Wasser entsteht, heißt Wasserstoff. Wasserstoff ist ebenso wie Sauerstoff ein Element. Wir werden im Folgenden einige seiner Eigenschaften näher kennen lernen. Eigenschaften des Wasserstoffs Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas. Wegen seiner geringen Dichte wurde Wasserstoff als Füllgas für Freiballons und Zeppeline verwendet. Als der mit 200000 m3 Wasserstoff gefüllte deutsche Zeppelin "Hindenburg" am 6. Mai 1937 in Lakehurst (USA) in Brand geriet und innerhalb weniger Minuten völlig vernichtet wurde), war dies zunächst das Ende der Zeppelinluftfahrt. Heute werden diese mit dem unbrennbaren Edelgas Helium gefüllten Luftschiffe wieder verstärkt eingesetzt. Wasserstoff hat die kleinste Dichte alter Stoffe. Er ist brennbar, unterhält die Verbrennung jedoch nicht. Gefahren beim Umgang mit Wasserstoff. Vermischt sich Wasserstoff mit Luft, bildet sich ein Gemisch, das beim Zünden explosionsartig verbrennt. Noch heftiger erfolgt die Verbrennung von Wasserstoff im Gemisch mit reinem Sauerstoff. Man bezeichnet solche explosiven Gasgemische als Knallgas. Außer Wasserstoff können auch andere brennbare Gase wie Erdgas oder Campinggas und Dämpfe von brennbaren Flüssigkeiten wie Benzin und Alkohol mit Luft explosive Gasgemische bilden. Man muss die unerwünschte Entstehung solcher gefährlicher Gemische verhindern. Wo sie dennoch entstehen können (z.B. an Tankstellen und in Garagen), muss jede Entzündungsmöglichkeit (Rauchen, offenes Feuer, elektrische Funken) vermieden werden. Gemische von brennbaren Gasen mit Luft können explodieren. Die Knallgasprobe Bevor ein Wasserstoffstrom aus einer Apparatur entzündet werden darf, muss geprüft werden, ob aus der Apparatur reiner Wasserstoff oder das gefährliche Knallgas entströmt. Hierzu füllt man am besten ein kleines Reagenzglas durch Wasserverdrängung mit dem aus der Apparatur ausströmenden Gas, und nähert die nach unten weisende Öffnung des Reagenzglases der Brennerflamme. Brennt das Gas ruhig ab, so handelt es sich um reinen Wasserstoff, der gefahrlos entzündet werden kann. Verbrennt es dagegen mit einem pfeifenden Geräusch, so liegt das gefährliche Knallgas vor. In diesem Fall muss die Probe so oft wiederholt werden, bis kein Geräusch mehr auftritt. Eigenschaften des Wasserstoffs: farblos geruchlos geschmacklos gasförmig Brennbarkeit: sehr gut brennbar, bildet mit Luft und Sauerstoff explosive Gemische Dichte (20°C): (0,0887 g/l Nachweis: Knallgasprobe Eigenschaften des Sauerstoffs zum Vergleich: farblos geruchlos geschmacklos gasförmig Brennbarkeit: nicht brennbar, unterstützt die Verbrennung Dichte (20°C): 1,4200 g/l Nachweis: Glimmspanprobe Bei der Untersuchung des Wassers haben wir festgestellt, dass die Verbindung Wasser mindestens aus Sauerstoff und Wasserstoff aufgebaut ist. Ob jedoch die beiden Stoffe allein diese Verbindung aufbauen, können wir noch nicht entscheiden. Es ist möglich, dass bei der Reaktion von Magnesium mit Wasser noch andere Stoffe entstehen, die uns entgangen sind. Gelingt es aber, nur aus Wasserstoff und Sauerstoff Wasser herzustellen, haben wir bewiesen, dass Wasser eine Verbindung aus diesen beiden Elementen ist. Das kann man mit dem Eudiometer vornehmen. Oder man kann Wasser mit dem Hoffmann’schen Apparat zerlegen s.u.). Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff Sowohl beim Verbrennen von Wasserstoff an der Luft als auch in reinem Sauerstoff lässt sich eine farblose Flüssigkeit gewinnen. Die Prüfung mit Kobaltchloridpapier zeigt, dass es sich jeweils um Wasser handelt. Es hat sich durch Reaktion der beiden Elemente Wasserstoff und Sauerstoff gebildet. Wasser ist ein Oxid des Wasserstoffs, also Wasserstoffoxid. Bei seiner Bildung aus den Elementen wird viel Wärme frei. Wortgleichung: Wasserstoff + Sauerstoff ----> Wasser(stoffoxid) / exotherm Diese Reaktion wird in der Technik vielfältig genutzt. In Raketentriebwerken verbrennt man flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff. Dabei entstehen hohe Temperaturen und Drücke. Das Verbrennungsprodukt Wasser strömt deshalb mit großer Geschwindigkeit aus der Düse der Rakete und bewirkt einen hohen Schub. Autoingenieuren ist es gelungen, Wasserstoff anstelle von Benzin als Treibstoff einzusetzen. Dadurch könnte der Schadstoffgehalt der Luft erheblich vermindert werden. Na also: Wasser ist eine Verbindung aus den Elementen Sauerstoff und Wasserstoff. Mit Hilfe des Hoffmannschen Apparates haben wir Wasser elektrolytisch zerlegt. Die Beobachtungen zeigen, dass dabei zwei Volumenteile Wasserstoff und ein Volumenteil Sauerstoff entstehen. Jetzt geht’s ans Rechnen: Wir können also aus dem Volumenverhältnis von 2:1 Dichten (s.o.) das Massenverhältnis bestimmen. mit Hilfe der Gehen wir von 2 Litern Wasserstoff und einem Liter Sauerstoff aus: Masse(Wasserstoff) = Dichte(Wasserstoff) = 0,0887 g/l x Volumen(Wasserstoff) x 2 l = 0,1774 g ----------------------------------------------------------------Masse(Sauerstoff) = Dichte(Sauerstoff) x Volumen(Sauerstoff) = 1,4200 g/l x 1 l = 1,4200 g ----------------------------------------------------------------Masse(Wasserstoff) : Masse(Sauerstoff) = 0,1774 g : 1,4200 g = 1 : 8 Das Massenverhältnis von Wasserstoff zu Sauerstoff im Wasser beträgt also 1 : 8. Daraus können wir nun in gewohnter Weise das Teilchenverhältnis ermitteln und die Formel aufstellen: n(H) n(H) : n(O) : n(O) = 1g ---1u = 1g ---1u = 2 : 8g ---16u (Kehrwert) x 16u ---8g (Kürzen) : 1 Nun ist es heraus, Wasserstoff und Sauerstoff reagieren im Teilchenverhältnis 2:1 zu Wasser. Das entspricht genau dem Volumenverhältnis! Stellen wir gleich Formel und Gleichung auf: 2 H + 1 O + 2 Teilchen Wasserstoff ---> 1 H2O ---> 1 Teilchen Sauerstoff 2 l Wasserstoff + 1 l Sauerstoff 1 zusammengesetztes Teilchen Wasser ein paar Tropfen Wasser Hier sind die beiden Ergebnisse gleichzeitig dargestellt und wir könnten mit der Erkenntnis zufrieden sein. Könnten.... ... wenn man nicht eine weitere Beobachtung gemacht hätte. Erhitzt man das schon oben erwähnte Eudiometer auf über 100°C, so bildet sich aus den Wassertropfen gleich Wasserdampf. Und zwar soviel: + 2 l Wasserstoff ---> 1 l Sauerstoff 2 l Wasserdampf Jetzt kommen wir mit unserer Rechnung mit dem Verhältnis der Teilchen nicht mehr zum korrekten Ergebnis. Es entstehen offensichtlich doppelt so viele Wasserteilchen! Aus dieser misslichen Lage befreit uns Amadeo AVOGADRO, der angenommen hat, dass Wasserstoff und Sauerstoff nicht aus einzelnen (Atomen), sondern aus zusammengesetzten Teilchen (Molekülen) bestehen. Wir sprechen von zweiatomigen Molekülen. Jetzt passt es: + 2H2 + ---> O2 ---> 2H2O Ein Stoff im Gaszustand besteht aus isolierten kleinsten Teilchen. Gasteilchen können einzelne Atome sein (nur bei den Edelgasen Helium, Neon, usw.) oder sich aus zwei oder mehreren Atomen zusammensetzen. Gasförmiges Wasser besteht aus frei beweglichen Teilchen, von denen wir wissen, dass sie mindestens ein Sauerstoffatom und doppelt so viele Wasserstoffatome enthalten müssen. Kleinste Teilchen, die aus zwei oder mehreren Atomen zusammengesetzt sind, nennt man Moleküle. Der Satz von AVOGADRO Die Zusammensetzung der Moleküle von Gasen lässt sich ermitteln durch Anwendung einer Hypothese, die der italienische Physiker AVOGADRO 1811 aufgestellt hatte. Er nahm an: In gleichen Volumina verschiedener Gase sind gleich viele Teilchen enthalten, wenn der Druck der Gasportionen und deren Temperatur gleich sind. Heute weiß man, dass AVOGADROs Hypothese zu richtigen Schlussfolgerungen führt. Das Volumen einer Gasportion ist nicht von der Größe und der Masse der Gasteilchen abhängig, sondern von der Anzahl der Gasteilchen. Durch den Satz von AVOGADRO lässt sich auch das Gleichverhalten der Gasvolumina bei Temperaturänderung deuten. Ebenso stammt die Erkenntnis von AVOGADRO, dass alle elementar vorliegenden Gase (Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Chlor, ...) immer als zweiatomige Moleküle auftreten. Achtung: Nicht die Edelgase! Wenn sie in Verbindungen vorliegen, muss das natürlich nicht der Fall sein (s. Wassermolekül). Diese Tatsache müssen wir bei der Aufstellung von Formelgleichungen beachten. Von Lp 2004, unter Verwendung folgender Quellen: Klett, Elemente I PZ Berlin, Ein Weg zur chemischen Formelsprache