Vorlesung 18

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Grundlagen der Sportpsychologie
(Prof. Würth; WS 06/07)
Sternchen2016
Vorlesung 18. 10. 2006
Motivation:
Motivation – die Frage nach dem Wozu und Warum
• Lat. „movere“: bewegen, in Bewegung setzen; „motus“: bewegt,
angetrieben
• Was bewegt uns, etwas zu tun – oder nicht zu tun, z.B.
–Aufsuchen – Meiden
(Was bewegt uns, zu VO zu gehen?)
–Beharrlichkeit – (oft vorschnelle) Aufgabe
(Was bewegt uns, regelmäßig zur VO zu gehen?)
(Wieso stehen wir morgens auf?)
Klassische theoretische Ansätze:
• Biologisch-physiologisch (Homöostase)
Homöstase = Gleichgewicht zwischen Physe und Psyche
Der Mensch ist bestrebt, dieses Gleichgewicht herzustellen
 bei Schmerzen geht er zum Arzt
• Ethologisch-instinkttheoretisch („Dampfkessel“)
Einzelne Motive (z.B.: Aggression) stauen sich auf und möchten ausgelebt werden
• Tiefenpsychologisch-triebtheoretisch (Trieb)
Psychoanalyse: Thanatos (=Todes-) – Trieb, Sexuelle Triebe
• Behavioristisch-lerntheoretisch (need – drive)
Eher mathematisch: durch Formeln versucht man bestimmte Bedürfnisse zu beschreiben
Reiz-Reaktions-Muster
• Persönlichkeitstheorie (Bedürfnishierarchie)
Wir haben als Menschen bestimmte Bedürfnisse, die befriedigt werden müssen
 mind. 2 Grundbedürfnisse: 1.) Körper erhalten (Nahrung)
2.) Art erhalten (Fortpflanzung)
Kognitiv-handlungstheoretischer Ansatz:
In den 20er, 30er und 40er Jahren gab es Kämpfe, welche Ansätze, die besseren seien.
Ende der 1960er: kognitive Wende  Menschen sind kognitiv gesteuert
• Der Mensch
– plant,
– entscheidet,
– ist auf die Zukunft gerichtet,
– setzt sich Ziele, die er erreichen will (nicht ausschließlich triebgesteuert,
sondern gezielt geplant)
• Er handelt
– routinemäßig (z.B. gehen)  man schreibt, z.B., einfach, ohne darüber nachzudenken,
dass man schreibt
– „auffällig“ (z.B. Foulspiel)  man erwartet diese Handlung nicht
Auffälliges Handeln und Motive:
Interindividuelle Unterschiede
(Unterschied zwischen Individuen  z.B.: eine Person geht aus der VO)
Intraindividuelle Unterschiede
(Unterschied innerhalb einer Person  Prof. hat immer Folien vorbereitet – einmal nicht)
Stabilität über die Zeit
(Dieses Verhalten zeigt sich ständig)
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(Prof. Würth; WS 06/07)
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„Motive sind situationsüberdauernde, zeitlich überdauernde und
persönlichkeits-spezifische Wertungsdispositionen“
Gabler (2000), S. 205
(Motiv = Ziel, das wir verfolgen; hat etwas Längerfristiges; betrifft eine Person für sich alleine und hat
persönlichen Wert)
Motivation bedeutet...
Zielausrichtung: auf Situationen, von denen man sich angezogen fühlt
(HS, Laufbahn usw. sind kompatibel mit dem Motiv  deswegen wird man
mehr oder weniger davon angezogen)
Intensität: wie viel Anstrengung wird in die Aktivität investiert
(Wird die VO zuhause nachbereitet? Wie wird auf die Prüfung vorbereitet?)
Aktivierung: Wie viel Anstrengung wird investiert, dass Verhalten in Gang kommt
(Bsp. Motiv Fithalten  60min. morgens laufen  aber auch Anstrengung um
das Laufen in Gang zu setzen: Wecker stellen, aufstehen, anziehen usw.)
das Ergebnis aus situativen Anreizen und Personmerkmalen (Motiven)
 Interaktion!
(Im Fernsehen sieht man einen Bericht über eine Sportart, die einen interessiert
 davon angeregt, möchte man das auch – wieder - machen)
Motiv und Motivation...
Sind „hypothetische Konstrukte“
Werden durch den Prozess der Motivierung ineinander überführt
Können in verschiedene Grundsituationen klassifiziert werden
Grundsituationen sind z.B.
Leistung Leistungsmotiv (Menschen wollen Leistung erbringen)
Anschluss  Anschlussmotiv (Wir suchen Anschluss an andere)
Macht  ...
Aggression  ...
Angst  ...
Motivation zum Sport:
 Warum treibt jemand überhaupt Sport?
 Warum treibt jemand eine bestimmte Sportart?
 Warum bleiben manche Menschen dem Sporttreiben treu und andere nicht?
Motivation im Sport:
 Wieso sucht die Tennisspielerin den Weg ans Netz? Welche Idee steckt dahinter?
 Warum foult der Fußballspieler seinen Gegner?
 Warum ärgert sich der Turner über einen missglückten Salto?
Das Leistungsmotiv:
Kriterien sportlicher Leistung: (Wann sprechen wir von sportlicher Leistung?)
Objektivierbarkeit (um Leistung zu erfassen)
Gütemaßstab (z.B. Zeit) (Strecke x in bestimmter Zeit  Vergleich mit anderen möglich)
Schwierigkeitsmaßstab
Verbindlichkeit von Güte- und Schwierigkeitsmaßstab
Selbst verursacht (von einer Person kontrolliert werden, von einer anderen wiederholbar sein
Bsp. Basketball: Man trifft blind in den Korb  Zufall
9 von 10 Freiwürfen landen im Korb  Leistung
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Leistungsmotiv – Definition:
„Achievement motivation refers to a person‘s efforts to master a task, achieve excellence, overcome
obstacles, perform better than others, and take pride in exercising talent.“
(Murray, 1938)
(Leistungsmotivation bezieht sich auf die Anstrengung einer Person, eine Aufgabe zu
bewältigen, etwas Herausragendes, Hindernisse zu überwinden, besser zu sein als andere
und ein gewisses Maß an Stolz zu empfinden)
„It is a person‘s orientation to strive for task success, persist in the face of failure, and experience
pride in accomplishments“
(Gill, 2000)
Weinberg und Gould (2003), S. 59
(Erleben von Stolz, wenn man eine Aufgabe tatsächlich bewältigt, Streben nach Erfolg,
Durchzuhalten, auch wenn man Gefahr läuft, zu scheitern.)
Theorien der Leistungsmotivation im Sport – 3 Ansätze:
Das Risikowahl-Modell (Atkinson, 1957)
Das Attributions-Modell (Weiner, 1976)
Die Theorie der Zielorientierung (goal orientation) (Nicholls, 1984)
Risikowahl-Modell: Grundannahmen: (seit 50 Jahren)
• Zwei grundlegende Tendenzen:
– Motiv, Erfolg zu erzielen (Hoffnung auf Erfolg)
– Motiv, Misserfolg zu vermeiden (Furcht vor Misserfolg)
• Es gibt "erfolgzuversichtliche" und "misserfolgsängstliche" Personen
Risikowahl-Modell: Grundannahmen
Jede Aufgabe besitzt einen bestimmten Anreizwert
Für jede Aufgabe gibt es eine subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit
 Welche Person wählt welche Aufgabe zur Bearbeitung?
 Wie sieht Leistungshandeln aus (Anstrengung, Ausdauer, Ergebnis)?
Risikowahl-Modell: Erfolgszuversichtliche:
Suchen Leistungssituationen auf (brauchen Vergleich mit anderen)
Suchen Herausforderung
Wählen mittelschwere Aufgaben (subjektive Ansicht: kann ich schaffen oder auch nicht)
Erwarten eher Erfolg (sind sich aber auch bewusst, scheitern zu können)
Antizipieren den "Stolz" auf den Erfolg
Haben positive Affektbilanz (fühlen sich besser, haben positivere Emotionen, die mit Leistung
verbunden sind)
Leisten besser/gleich gut unter Druck (sind resistenter gegen Stress, weil sie
Leistungssituationen als Herausforderung sehen)
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Risikowahl-Modell: Misserfolgsängstliche:
Meiden Leistungssituationen (stellen sich nicht dem Wettkampf, wenn sie nicht müssen)
Wählen leichte oder zu schwere Aufgaben (zu leicht  Hoffnung auf Erfolg
zu schwer  Aufgabe war zu hart, andere
schaffen es auch nicht - es ist nicht so schlimm)
Sehen eher die Gefahr des Scheiterns
Vermeiden Risiken
Befürchten eher die Beschämung des Misserfolgs
Haben eine negative Affektbilanz (Leistungssituationen sind bedrückend)
Leisten schlechter unter Druck
Attributionsmodell – Grundannahmen:
Menschen schreiben Ereignissen Ursachen zu (= Kausalattribution)
– Warum habe ich gewonnen?
– Warum habe ich verloren?
Die Ursachenzuschreibung erfolgt in vier Kategorien (nach Weiner, 1976)
Vier-Felder-Schema der Attribution: (Weiner, 1976)
Beeinflussungsbereich
Internal
External
Stabil
Begabung/Fähigkeit
Aufgabenschwierigkeit
Variabel
Anstrengung
Äußeres Ereignis
zeitlich
Internal  liegt an mir
External  liegt nicht an mir
Variabel  nicht ständig vorhanden
Stabil  ständig vorhanden
Wer attribuiert wie?
Erfolgszuversichtliche
– Führen Erfolg auf eigene Fähigkeit (Ich bin sportlich talentiert, habe Fähigkeiten)
– Misserfolg auf mangelnde Anstrengung zurück
Misserfolgsängstliche
– Führen Erfolg auf äußere Umstände (Glück, Zufall)
– Misserfolg auf mangelnde Fähigkeit zurück
Die Erziehung und die subjektiven Erlebnisse spielen dabei eine große Rolle, welches
Attributionsmuster zutrifft.
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(Prof. Würth; WS 06/07)
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Zielorientierungen:
 Menschen streben unterschiedliche Leistungsziele an:
– Leistungsgüteziele ( = Aufgaben-orientierung, mastery goals, task goals)
– Wettbewerbsziele (ego goals, performance goals, competitive goals)
 Beide Zielorientierungen sind prinzipiell unabhängig voneinander!
Leistungsgüteziele: (aufgabenorientiert)
Aufgaben werden um der Herausforderung willen angestrebt
Ziel: Verbessern der eigenen Fähigkeiten/Fertigkeiten bzw. bisherigen Leistung
Bezugsnorm: individuell (eigener Leistungsstand; ich mache das für mich, weil ich
mich verbessern will)
Wettbewerbsziele:
Aufgaben werden angestrebt, um andere zu übertreffen
Ziel: besser sein als andere
Bezugsnorm: sozialer Vergleich
Erkenntnisse aus der Theorie der Zielorientierungen:
Task goals sind stärker ausgeprägt als ego goals
Hohe task orientation geht mit positiver, intrinsischer Motivation einher
 „um der Sache selbst willen“ (Diese Personen bleiben länger bei einer Aufgabe)
Task orientation sollte stärker gefördert werden als ego!
Ableitungen für die Praxis:
Schwierigkeitsgrad der Aufgabe:
– herausfordernd, aber realistisch
– Wahlmöglichkeiten geben
– Mittlere Schwierigkeit (subjektiv)
Betonung der Leistungsgüteziele (selber Aufgaben aussuchen)
Weniger starke Betonung von Wettbewerbszielen
Ableitungen für die Praxis:
Vermittlung „günstiger“ Attributionsmuster
– Erfolg = aufgrund Fähigkeit
– Misserfolg = augrund mangelnder Anstrengung oder auch mal externaler Ursachen
(z.B. Pech)
Positive Affektbilanz erhöhen:
– Mehr Freude nach Erfolg als
– Enttäuschung nach Misserfolg
Ableitungen für die Praxis:
Wettbewerbsziele an Können der Athleten anpassen
Darauf achten, wann Wettbewerbsziele angemessen sind
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