Definitionsansätze „Sportpsychologie ist die angewandte Wissenschaft, die sich mit dem Verhalten und Erleben (sowie deren Ursachen und Folgen) von Menschen beschäftigt, welche dem Sport aktiv oder passiv verbunden sind.“ Aus: Janssen, J. P. (1995), Grundlagen der Sportpsychologie (S. 12). Wiesbaden: Limpert Definitionsansätze „Sportpsychologie untersucht die psychischen, psychosomatischen und psychosozialen Bedingungen, Abläufe und Folgen sportbezogenen Handelns und leitet daraus Möglichkeiten zu deren systematischen Beeinflussung ab.“ Nitsch, Gabler und Singer (2000), S. 13 Definitionsansätze –gemeinsame Kriterien Sport und Bewegung � Psychologische Einflüsse auf Verhalten und Erleben in Sport und Bewegung Psychologische Effekte durch Sport und Bewegung � Grundfragen - Ebene 1 Wozu (Motivation) werden � welche Informationen � wie aufgenommen (Wahrnehmung), � gespeichert (Gedächtnis), � verarbeitet (Denken), � bewertet (Emotion) und � in Handlungsvorsätze umgesetzt (Volition)? � Grundfragen - Ebene 2 Was von diesem Geschehen erleben wir in welcher Form (Bewusstsein)? � Worauf kann ich bei Bewegungen achten? � Woran merke ich, dass ich mich besonders ärgere oder, dass ich unter Druck bin? �… � Grundfragen - Ebene 3 Welche Ansichten entwickeln wir über uns (Selbstreflexion), Sachverhalte und andere? � Selbstkonzept � Körperkonzept � Einstellungen �… � Zwei Richtungen 1. Wie beeinflussen psychische Faktorendie sportliche Leistung? Wie beeinflusst Angst die Treffsicherheit eines Basketballers beim Freiwurf? � Wirkt sich ein geringes Selbstbewusstsein auf die Fähigkeit eines Kindes aus,Schwimmen zu lernen? � Wie beeinflusst das Trainerverhalten den Zusammenhalt eines Teams? � Zwei Richtungen 2. Wie beeinflusst die Teilnahme an Sport und Bewegung Merkmale wie psychische Entwicklung, Gesundheit, Wohlbefinden, Persönlichkeit...? Reduziert Joggen Angst und Depression? � Wird durch sportliche Aktivität das Selbstwertgefühl eines Kindes erhöht? � Verändert regelmäßiges Sporttreiben die Persönlichkeit? � Ziele der Sportpsychologie Wissenschaftliche Diagnose bzw.Beschreibung (Deskription), � Erklärung (Explikation), � Vorhersage (Prädikation) von Verhalten und Erleben und � wissenschaftlich begründete Beeinflussung (Intervention) im Bereich Sport und Bewegung � Grundaufgaben von SportpsychologInnen � Forschung Theorieentwicklung Methodenentwicklung � Empirische Forschung � � � Lehre Systematisierung, Zielgruppenorientierung,… � z.B. Ausbildung an Universitäten, Fortbildung in Sportverbänden � � Praxis/Beratung Informieren, beraten, betreuen, begleiten � z.B. im Spitzensport, in der Rehabilitation � Anwendungsfelder Leistungssport/Spitzensport � Gesundheitssport (Prävention/Rehabilitation) � Freizeit- und Erholungssport � Rehabilitativer und (psycho)therapeutischer Sport � Sportmanagement � Schulsport � Leistungssport Warum kann eine 17jährige Sportlerin, die mehrmals täglich trainiert und im Training konstant ihre Leistungen bringt, diese im Wettkampf nicht umsetzen? � � Also welche psychischen Fähigkeiten und Kompetenzen werden im Wettkampf benötigt? Gesundheitssport Warum schafft ein schwer übergewichtiger Mann, dem schon mehrmals vom Arzt ans Herz gelegt wurde sich körperlich zu betätigen, nicht, bei einer Walkinggruppe dabeizubleiben? � � Welche Kompetenzen muss diese Person erwerben, um sportlich aktiv werden zu können und wie kann das unterstützt werden? Freizeitsport Was bewegt Menschen dazu, in ihrer Freizeit Sport zu betreiben? Warum bevorzugen dabei die einen diese Sportart, die anderen jene? � Warum gehen immer mehr Personen scheinbar extreme Risiken bei sportlicher Betätigung ein? � Verstehen wir etwa, warum sich Jugendliche gegen Schule und Unterricht auflehnen? Warum sie in der FZ Sport betreiben, im Sportunterricht aber gelangweilt sind? � Psycho(therapeutischer) Sport Welche Funktion haben sportliche Aktivitäten in der Therapie und Rehabilitation psychisch beeinträchtigter und psychosomatisch erkrankter Menschen? � � Welcher Zusammenhang besteht zwischen körperlicher Aktivierung und psychischen Funktionen? Sportmanagement Wie könnte man bei einem Streit im Fußballverband zwischen Trainer und Funktionären psychologisch intervenieren? � � Wie funktionieren Sportsysteme und wie kann man diese verändern? Schulsport Welche Bedeutung hat die psychische und soziale Entwicklung für die Erstellung von Lehrplänen und die Gestaltung des Sportunterrichts? � Und so fing alles an... 1898, USA: � Norman Triplett publiziert die erste Studie zum Einfluss von Zuschauern auf sportliche Leistung: „The dynamogenic factors in pacemaking and competition“ Die 20er und 30er Jahre... 1920, Berlin: R. W. Schulte baut das „sportpsychologische aboratorium“ auf � Erste Publikationen im deutschsprachigen Raum � 1921-31: Coleman Griffith publiziert 25 Forschungsartikel zu sportpsychologischen Problemstellungen; er gilt als „Vater der Sportpsychologie“ in den USA � Die 60er und 70er Jahre 1965, Rom: Erster Weltkongress der Sportpsychologie; Gründung der International Society of Sport Psychology (ISSP) � 1969: Gründung der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie der Bundesrepublik Deutschland e.V. (asp) und der Fédération Européenne de Psychologie des Sports et des Activités Corporelles (FEPSAC) � 1970: International Journal of Sport Psychology � 1979: Journal of Sport Psychology (später: Journal of Sport and Exercise Psychology) � Die 80er Jahre Mehrere internationale Zeitschriften � 1987: Erste deutschsprachige Fachzeitschrift „Sportpsychologie“ (heute: „Zeitschrift für Sportpsychologie“) � 1987: American Psychological Association Division 47 (Sport Psychology) wird entwickelt � Und heute... Weitere Etablierung sportpsychologischer Forschung und Praxis weltweit � Sportpsychologische Internetforen, z.B. www.bisp-sportpsychologie.de � European Masters Degree in Exercise and Sport Psychology � Curriculum „Fortbildung in Sportpsychologie“ � Österreichisches Bundesnetzwerk Sportpsychologie (gegr. 2006) � Motivation 1 – die Frage nach dem Wozu und Warum � Lat. „movere“: bewegen, in Bewegung setzen; „motus“: bewegt, angetrieben � Was bewegt uns, etwas zu tun – oder nicht zu tun, z.B. Aufsuchen – Meiden � Beharrlichkeit – (oft vorschnelle) Aufgabe � Motivation – klassische theoretischeAnsätze Biologisch-physiologisch (Homöostase) � Ethologisch-instinkttheoretisch(„Dampfkessel“) � Tiefenpsychologisch-triebtheoretisch(Trieb) � Behavioristisch-lerntheoretisch (need –drive) � Persönlichkeitstheorie (Bedürfnishierarchie) � Kognitiv-handlungstheoretischer Ansatz � Der Mensch plant, � entscheidet, � ist auf die Zukunft gerichtet, � setzt sich Ziele, die er erreichen will � � Er handelt routinemäßig (z.B. gehen) � „auffällig“ (z.B. Foulspiel) � Auffälliges Handeln und Motive Interindividuelle Unterschiede � Intraindividuelle Unterschiede � � Stabilität über die Zeit „Motive sind situationsüberdauernde, zeitlich überdauernde und persönlichkeitsspezifischeWertungsdispositionen“ Gabler (2000), S. 205 Motiv und Motivation „Der Prozeß der Motivanregung wird Motivierung genannt, das Ergebnis dieser Motivierung die Motivation“ „Motivation is the direction and intensityof effort“ Gabler (2000), S. 206 Weinberg und Gould (2003), S. 52 Motivation bedeutet... Zielausrichtung: auf Situationen, vondenen man sich angezogen fühlt � Intensität: wie viel Anstrengung wird in die Aktivität investiert � Aktivierung: Wie viel Anstrengung wird investiert, dass Verhalten in Gang kommt � das Ergebnis aus situativen Anreizen und Personmerkmalen (Motiven) ⇒ Interaktion! � Motiv und Motivation... Sind „hypothetische Konstrukte“ � Werden durch den Prozess der Motivierung ineinander überführt � Können in verschiedene Grundsituationen klassifiziert werden � Grundsituationen sind z.B. Leistung ⇒ Leistungsmotiv � Anschluss ⇒ Anschlussmotiv � Macht ⇒ ... � Aggression ⇒ ... � Angst ⇒ ... � Motivation zum Sport Warum treibt jemand überhaupt Sport? � Warum treibt jemand eine bestimmte Sportart? � Warum bleiben manche Menschen dem Sporttreiben treu und andere nicht? � Motivation im Sport Wieso sucht die Tennisspielerin den Weg ans Netz? � Warum foult der Fußballspieler seinen Gegner? � Warum ärgert sich der Turner über einen missglückten Salto? � Das Leistungsmotiv Kriterien sportlicher Leistung: Objektivierbarkeit � Gütemaßstab (z.B. Zeit) � Schwierigkeitsmaßstab � Verbindlichkeit von Güte- und Schwierigkeitsmaßstab � Selbst verursacht. � Theorien der Leistungsmotivation im Sport – 3 Ansätze Das Risikowahl-Modell (Atkinson, 1957) � Das Attributions-Modell (Weiner, 1976) � Die Theorie der Zielorientierung (goalorientation; Nicholls, 1984) � Risikowahl-Modell: Grundannahmen � Zwei grundlegende Tendenzen: Motiv, Erfolg zu erzielen (Hoffnung aufErfolg) � Motiv, Misserfolg zu vermeiden (Furcht vor Misserfolg) � Es gibt "erfolgzuversichtliche" und "misserfolgsängstliche" Personen � Risikowahl-Modell: Grundannahmen Jede Aufgabe besitzt einen bestimmten Anreizwert � Für jede Aufgabe gibt es subjektive erfolgswahrscheinlichkeit ⇒ Welche Person wählt welche Aufgabe zur Bearbeitung? ⇒ Wie sieht Leistungshandeln aus (Anstrengung, Ausdauer, Ergebnis)? � Risikowahl-Modell: Erfolgszuversichtliche Suchen Leistungssituationen auf � Suchen Herausforderung � Wählen mittelschwere Aufgaben � Erwarten eher Erfolg � Antizipieren den "Stolz" auf den Erfolg � Haben positive Affektbilanz � Leisten besser/gleich gut unter Druck � Risikowahl-Modell: Misserfolgsängstliche Meiden Leistungssituationen � Wählen leichte oder zu schwere Aufgaben � Sehen eher die Gefahr des Scheiterns � Vermeiden Risiken � Befürchten eher die Beschämung des Misserfolgs � Haben eine negative Affektbilanz � Leisten schlechter unter Druck � Attributionsmodell - Grundannahmen Menschen schreiben Ereignissen Ursachen zu (=Kausalattribution) � Warum habe ich gewonnen? � Warum habe ich verloren? � Die Ursachenzuschreibung erfolgt in vier Kategorien (nach Weiner, 1976) � Wer attribuiert wie? � Erfolgszuversichtliche Führen Erfolg auf eigene Fähigkeit, � Misserfolg auf mangelnde Anstrengungzurück � � Misserfolgsängstliche Führen Erfolg auf äußere Umstände(Glück), � Misserfolg auf mangelnde Fähigkeit zurück � Zielorientierungen � Menschen streben unterschiedliche Leistungsziele an: Leistungsgüteziele ( = Aufgabenorientierung, mastery goals, task goals) � Wettbewerbsziele (ego goals, performance goals, competitive goals) � � Beide Zielorientierungen sind prinzipiellunabhängig voneinander! Leistungsgüteziele Aufgaben werden um der Herausforderung willen angestrebt � Ziel: Verbessern der eigenen Fähigkeiten/Fertigkeiten bzw. bisherigen Leistung � Bezugsnorm: individuell (eigener Leistungsstand) � Wettbewerbsziele Aufgaben werden angestrebt, um andere zu übertreffen � Ziel: besser sein als andere � Bezugsnorm: sozialer Vergleich � Erkenntnisse aus der Theorie der Zielorientierungen Task goals sind stärker ausgeprägt als ego goals � Hohe task orientation geht mit positiver, instrinsischer Motivation einher ⇒ „um der Sache selbst willen“ � Task orientation sollte stärker gefördert werden als ego! � Zusammenfassung – Risikowahl-Modell Was folgt daraus? � Schwierigkeitsgrad der Aufgabe: herausfordernd, aber realistisch � Wahlmöglichkeiten geben � Mittlere Schwierigkeit (subjektiv) � Betonung der Leistungsgüteziele � Weniger starke Betonung von Wettbewerbszielen � Vermittlung „günstiger“ Attributionsmuster � Erfolg = aufgrund Fähigkeit � Misserfolg = augrund mangelnder Anstrengung oder auch mal externaler Ursachen (z.B. Pech) � � Positive Affektbilanz erhöhen: Mehr Freude nach Erfolg als � Enttäuschung nach Misserfolg � Wettbewerbsziele an Können der Athleten anpassen � Darauf achten, wann Wettbewerbsziele angemessen sind � Motivation 2 Flow (Csikszentmihalyi, 1985) „Das reflexionsfreie gänzliche Aufgehen in einer glatt laufenden Tätigkeit, die man trotz hoher Anforderungen unter Kontrolle hat.“ Rheinberg, F. (1997), Motivation. Stuttgart: Kohlhammer. (S. 142) Komponenten des Flow Passung zwischen Fähigkeit und Anforderung auf hohem Niveau (Kontrolle unter optimaler Beanspruchung) � Anforderungen und Rückmeldungen klar und ohne Interpretationsnotwendigkeit; eingegrenztes Stimulusfeld � Der Handlungsablauf ist glatt, folgt eigener Logik � Die Konzentration kommt wie von selbst, nicht willentlich erzwungen. � Zeiterleben stark verändert (meist vergeht Zeit viel schneller). � Verschmelzen vom Selbst und Tätigkeit; kein bewußtes Erleben meiner Selbst mehr ("tiefer Flow"); Aufgehen in derTätigkeit. � Der Flow-Kanal (nach Csikszentmihalyi) Flow und Gefahrenbewusstsein 93 % der Fahrer kennen Flow beim Motorradfahren (Ausnahme: 3 Novizen). 88 % halten Motorradfahren im Allgemeinen für gefährlich. � aber: nur 12% halten speziell den Flow-Zustand für eine Gefahrenquelle. (Aufklärungsbedarf?) � 29 % geben an, im Flow ein geringes Gefahrenbewußtsein zu haben. � Flow und Angst sind kaum vereinbar (r = - .61 mit „habe öfter Angst auf der Maschine“). � � www.psych.uni-potsdam.de/people/rheinberg/personal/lectures-d.html Aggression als Motiv? Aggression – klassische theoretische Ansätze Trieb-und instinkttheoretisch („Dampfkessel“) � Lern- und sozialisationstheoretisch (Aggressives Verhalten führt zum Erfolg) � Frustrations-Aggressions-Hypothese � Frustration: Enttäuschung aufgrund einer wirklichen oder vermeintlichen Vereitelung von Zielvorstellungen � Aggression - Definitionsansätze Lat. „aggredi“: herangehen, angreifen; „aggressus“: angreifend � Unterschiedliche Charakteristika � Instrumentelle versus explizite Aggression � Autoaggression � „Aggressionen sind Verhaltensweisen, die auf die soziale Umwelt im Sinne einer Schädigung gerichtet sind.“ � „Die überdauernde Bereitschaft (das Motiv) in gegebenen Situationen aggressiv zu handeln, wird als Aggressivität bezeichnet. Eine Handlung ist auch dann als aggressiv zu bezeichnen, wenn lediglich die Intention zur Schädigung gegeben ist...“ � Gabler (2000), S. 239 Aggression im Sport „Eine Handlung im Sport ist dann als ‚aggressiv‘ zu bezeichnen, wenn eine Person in Abweichung von sportlichen Normen mit dieser Handlung intendiert, einer anderen Person Schaden...zuzufügen...“ � Gabler (2000), S. 239 Prozessmodell der Aggressionsmotivation s. Gabler, 2000, S. 241 (Schema) � Bsp.: Ein Stürmer wird vom Verteidiger mit gestrecktem Bein gefoult und erleidet dadurch eine Verletzung � � Mögliche Prozesse: Die Sicht der Gefoulten (1) � (2) � (3) � (4) � (5) � (6) � Wahrnehmung des Tritts = primäre Affektaktivierung (diffus) Bewertung: Absichtlich?Rücksichtslos? Unglücklich? Ergebnis z.B.: Absicht!!! Ärger, Wut Aggressionsmotiv angeregt Aggressive Handlung: „Nachtreten“ Aber... Nicht jede Frustration führt zu Aggression! � Nicht jede Aggressionstendenz führt zu aggressivem Handeln! � Nicht immer ist aggressives Verhalten als Ergebnis vorhergehenden Ärgers zu verstehen ⇒ instrumentelle A.! Motivation im Sport – Motivation zum Sport � Leistung, Aggression, Flow etc. = Motive, die während des Sporttreibens aktualisiert werden ⇒ M. im Sport � Aber: Wie kommt jemand erst dazu, Sport zu treiben ⇒ M. zum Sport? ⇒ Modelle zur Sportteilnahme � � Verschiedene (psychische) Faktoren wirken auf Die Sportteilnahme direkt � Die Intention, Sport zu treiben � Entwicklung komplexer Modelle zur Erklärung der Sportteilnahme und Aufrechterhaltung Motivation zu regelmäßiger Bewegungsund Sportaktivität � Das MAARS-Modell (Fuchs, 1997) Motivation zur Aneignung und Aufrechterhaltung Regelmäßiger Sportaktivität � Modell, das im Gesundheits-/Freizeitsport entwickelt wurde � Empirisch überprüft an einer Berliner Stichprobe (N = 1372) � Erkenntnisse aus dem MAARS-Modell Modell erklärt nur die Sportteilnahme in der Altersklasse 41-70 Jahre (nicht beijüngeren) � Guter Erklärungswert für die Intention, � weniger gut für die Sportteilnahme selbst � Wichtigster Einflussfaktor auf Sportmotivation: BarriereErwartungen � Fuchs (1997, S. 282-289) Motivation und Volition Welche Rolle spielen Willensprozesse in der Motivationspsychologie? � Wozu tu ich irgendwas? ⇒ Motivation = Auswahl eines Ziels � Wie führ ich das dann aus? ⇒ Volition = Umsetzung dieses Ziels � � Motivation - Intentionsbildung – Volition Exkurs: Was geschah am Rubikon? Das Rubikon-Modell (Heckhausen, 1989) Motivation - prädezisional Abwägen von Handlungsalternativen � Fazit-Tendenz: Tendenz, bei diesem Abwägen zu einem Ende (Entschluss zu kommen); lat. „facit“ = er (sie, es) macht � Resultat: Intention (Rubikon überschritten!) � Volition - präaktional Gelegenheit und/oder Zeitpunkt der Handlungsinitiierung wird hergestellt/erwartet � Bildung von Vornahmen � Fiat-Tendenz: Intentionen drängen nach Umsetzung; lat. „fiat“ = es möge geschehen � Ergebnis: Handlungsinitiierung � Volition - aktional Intention wird realisiert = Handlung � Anstrengung zur Erreichung des Handlungsergebnisses � Resultat: Handlungsziel erreicht = Intentionsdesaktivierung � Motivation - postaktional Bewertung des Handlungsergebnisses � Handlungsziel erreicht? � � � Ja = Intentionsdesaktivierung Nein = Kausalattribuierung (Warum?) � Entscheidung: Intention weiterverfolgen oder revidieren? � Bei Misserfolgen oft Perseveration � Beeinträchtigung nachfolgender Handlungen (degenerierte Intention) � Das Rubikon-Modell: Zusammenfassung � Prozessmodell, das verschiedene Phasen oder Stadien unterscheidet � Klassiker in der deutschen Motivationsforschung � Wurde als Basis für Modelle verwendet, die speziell im Sport entwickelt wurden Stadienmodelle im Sport Transtheoretisches Modell nach Prochaska und DiClemente (1992) � Berliner Sportstadien-Modell nach Fuchs (2001) ⇒ Bezug zu motivationalen und volitionalen Steuerungsgrößen ⇒ Speziell im Anwendungsfeld Sport entwickelt � Fuchs, R. (2003). Sport, Gesundheit und Public Health. Göttingen: Hogrefe Mit freundlicher Genehmigung von O. Höhner und K. Willimczik Lernen Definition - Alltagssprachlich Lernen = bewusster Erwerb von Wissen, Kenntnissen, Fähigkeiten etc. unter mehr oder minder großer Anstrengung Beispiel: Lernen von Lesen, Rechnen, Schreiben, Rolle vorwärts etc. im Schulunterricht „Mit Lernen wird ein Vorgang bezeichnet, der aufgrund der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen zu relativ stabilen Änderungen im Verhaltenspotential einer Person führt“ Definition – psychologischer Lernbegriff Singer und Munzert, 2000, S. 247 ⇒ Lernen schließt aus: � Änderungen durch Wachstum oder Reifung (z.B. Laufen lernen) bzw. biologische Anpassungsprozesse � Kurzfristige, reversible Änderungen durch Ermüdung, Drogenkonsum, Krankheit etc. Definition – Abgrenzung Etwa 100 Jahre moderne psychologische Lernforschung in drei großen Richtungen � Verhaltenstheoretisch (Behaviorismus) � Kognitiv � Handlungstheoretisch Lerntheorien - Überblick ⇒ Experimentelle Verfahren, v.a. mit Tieren ⇒ „Lernen“ anstelle von „Denken“ ⇒ Stimulus-Response-Mechanismen (S-RInformation) Behavioristische Lerntheorien Zwei bedeutende Lernprinzipien � Klassisches Konditionieren: • Iwan Pawlow • John Watson und Rosalie Rayner � Instrumentelles Konditionieren Operantes Konditionieren • Edward Thorndike • Burrhus Frederik Skinner Behavioristische Lerntheorien Grundidee (Pawlow 1849-1936) Reiz (UCS) ⇒ Reaktion (UCR) Fleisch ⇒ Speichelfluss Reiz („neutral“) ⇒ keine Reaktion Ton ⇒ kein Speichel Gekoppelte Darbietung von „neutral“ und UCS: CS (vorher „neutral“) ⇒ CR Ton ⇒ Speichelfluss Klassisches Konditionieren Eine Reaktion kann durch einen vormals neutralen Stimulus ausgelöst werden, wenn dieser Stimulus zusammen mit dem „eigentlichen“ Stimulus dargeboten wird. Wichtig: � Zeitliche Nähe der beiden Stimuli � Häufigkeit der gekoppelten Darbietung � Wirkung des so konditionierten Stimulus lässt nach, wenn der Stimulus wiederholt allein dargeboten wird Klassisches Konditionieren - Prinzip „Der kleine Albert“ (Watson & Rayner, 1920)*⇒ Klassische Konditionierung „Der kleine Peter“ (Jones, 1924)*⇒ Gegenkonditionierung Erste Konditionierungsversuche bei Menschen (Konditionierung von Angst) – heute nicht unumstritten!** *Download der Originalpublikation unter http://psychclassics.yorku.ca kostenlos möglich! **http://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/experimentbspwatson.html Klassisches Konditionieren – Beispiele Welchen Effekt hat die Konsequenz eines Verhaltens auf genau dieses Verhalten? Law of effect (nach Thorndike): Ein Verhalten, das eine angenehme Konsequenz hat, wird wiederholt (und umgekehrt) Bsp: Katze im Käfig Instrumentelles Konditionieren Verhaltensweisen oder Reaktionen, die bestimmte Folgen haben, dienen als Mittel oder Instrument, die Wiederholung dieses Verhaltens zu verstärken oder zu entmutigen (= Instrumentelles Lernen). Wichtig: � Instrumentelles Verhalten (IV) wird durch Konsequenz geformt (K) � Vorausgehende Stimuli gelten als Hinweisreize (SD) SD--------- IV----- K Instrumentelles Konditionieren – Prinzip Weiterentwicklung (Skinner) Begriff des „operanten“ Konditionierens: � Von Bedeutung sind allein unmittelbar beobachtbare Reize, Reaktionen und die Auswirkungen von Verstärkern � Kontingenz = Beziehung zwischen Verhalten und Konsequenz (wie wahrscheinlich tritt dieselbe Konsequenz bei einem Verhalten auf) � Differenzierte Betrachtung von Konsequenzen Operantes Konditionieren Operantes Konditionieren– verschiedene Konsequenzen Operantes Konditionieren - Verstärker Formen von Verstärkern: � Primäre Verstärker: Konsequenzen, die angeborene Bedürfnisse befriedigen z.B. Zärtlichkeiten, Nahrung � Sekundäre Verstärker: urspr. neutrale Konsequenzen, die durch Koppelung mit primären V. verstärkende Wirkung erhalten z.B. Geld Arten von Verstärkern: � materiell, sozial, Aktivität, informativ Operantes Konditionieren – Anwendung von Verstärkern � Verstärkung unmittelbar nach dem Verhalten erzielt die beste Wirkung � Zwei Grundmuster: � Kontinuierliche Verstärkung (immer) � Intermittierende Verstärkung(gelegentlich) ⇒ Wirkung unterschiedlich Kognitive Lerntheorien � Abwendung von mechanischen S-R-Verbindungen � wichtig sind kognitive Komponenten, z.B. � Wahrnehmungen � Erwartungen � Präferenzen Kognitive Lerntheorien Mehrere Theorien und Ansätze � Lernen durch Einsicht: � Wolfgang Köhler � Sozial-kognitve Theorie: Lernen am Modell � Albert Bandura Lernen am Modell Lernen am Modell Albert Bandura Beobachtungslernen, Imitationslernen, stellvertretendes Lernen Sozial – kognitiver Ansatz: Die Wahrnehmung eines Modells „beeinflusst“ einen Beobachter M⇒B Prinzipien des Modelllernens: � Es können komplexe Verhaltensweisen gelernt werden, nicht nur einzelne Reaktionen � Modelle können real beobachtet werden (konkrete Personen), aber auch symbolisch (z.B. im Film oder in Büchern) � Man muss unterscheiden zwischen Aneignung neuer Verhaltensmuster und der Ausführung Lernen am Modell Drei Effekte: � Der Beobachter erwirbt neue Verhaltensweisen (neue Reaktionen bzw. Neukombination bekannter Reaktionen) � Bereits erlernte Verhaltensweisen werden verstärkt oder gehemmt (je nachdem, welche Konsequenzen das Modell erfährt) � Bereits gelerntes Verhalten wird ausgelöst Lernen am Modell Interaktion von vier Subsystemen: � Aufmerksamkeit � Gedächtnis � Motorische Reproduktion � Verstärkung und Motivation Lernen am Modell – am wirksamsten,wenn... � das Modell dem Beobachter ähnlich ist (Geschlecht, Alter, Herkunft) und emotional positiv verbunden � das Modell Prestige, Macht und Intelligenz verkörpert � klare, gut erkennbare und nicht zu komplexe Verhaltensmuster ausreichend lange präsentiert werden � der Beobachter die notwendigen kognitiven Voraussetzungen mitbringt Lernen am Modell – reale vs. Symbolische Modelle Vorteile: � Real: spontan, flexibel einsetzbar,„echt“ � Symbolisch: genau „präparierbar“, beliebig oft wiederholbar Nachteile: � Real: kann auch unerwünschtes Verhalten zeigen (z.B. Angst) � Symbolisch: kann „künstlich“ wirken Lernen von Bewegung - Ausblick Bewegungslernen ist intentional und als Lernen von Bewegungshandeln zu verstehen � Ansätze der klassischen Lerntheorien (z.B. S-R-Schemata) greifen zu kurz � Basis: Handlungstheoretischer Ansatz � Integriert die kognitivistischen und mechanistischen Ansätze � Lernen = richtiges Verhältnis zwischen Einsicht, Denken, Wahrnehmen etc. und motorischer Reproduktion Kognition Kognition - Definition Lat. „cognoscere“: erkennen, kennen lernen „Kognition ist ein Sammelbegriff für alle Prozesse des Wahrnehmens, Denkens, des Erkennens, des Sich-Vorstellens, des Sich-Erinnerns und des Sprechens.“ Gabler, H. (2000), S. 166 Kognitive Teilkomponenten � Info-Aufnahme � Wahrnehmung, Aufmerksamkeit,Konzentration � Info-Verarbeitung � Denken, Problemlösen, Entscheiden � Info-Speicherung: � Gedächtnis, mentale Vorstellungen Wahrnehmung (Perzeption) „Vorgang und Ergebnis der Reizverarbeitung. Das Ergebnis ist ein Abbild objektiv-realer Umwelt und der eigenen Person (Innenwelt)“ Dorsch Psychologisches Wörterbuch (1987), s.v. Wahrnehmung 3 Aspekte der Wahrnehmung physikalische Perspektive � physiologische Perspektive � � visuell, akustisch, olfaktorisch, taktil, kinästhetisch, � psychologische Perspektive Wahrnehmung aus psychologischer Sicht Aufnahme von Info über Sinnesorgane � Verarbeitung der Info zu bewussten Wahrnehmungserlebnissen � Selektion � Ergänzen fehlender Info � Weglassen überflüssiger Info � Raum-zeitliche Ganzheit � � Interpretation (nicht nur bloße „Abbildung“) Gestaltpsychologischer Ansatz „Das Ganze ist mehr als die Summe ihrer Teile“ � Wahrnehmung einzelner Teile wird zu einer Gestalt zusammengefügt � Dies geschieht nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten � Einige Gesetze sind von zentraler Bedeutung � Gesetz der Nähe Elemente, die nah beieinander sind, werden zu Einheiten organisiert � Gesetz der Ähnlichkeit � Einander ähnliche Elemente erscheinen zusammengehörig Gesetz der Geschlossenheit � Nicht vorhandene Teile werden auf Basis des Erfahrungswissens ergänzt Gesetz der guten Gestalt Ergebnis der Wahrnehmung ergibt eine möglichst einfache, einprägsame, deutliche und regelhafte Gestalt � Interpretation � Wahrnehmung ist Ergebnis einer Schlussfolgerung � Aktiv � Abhängig von realen Infos � Abhängig von subjektiven Einflüssen � Aufmerksamkeit und Konzentration � Aufmerksamkeit: Bündelung der Wahrnehmung � Ausrichtung auf ein Objekt � � Konzentration Gesteigerte Aufmerksamkeit � Fokussierung auf engen Ausschnitt (oft bewusst) � Weitere Aspekte der Aufmerksamkeit Umschalten � Impulsivität vs. Reflexivität � Willkürlich vs. unwillkürlich � Dauer der Aufmerksamkeit � Vigilanz (Daueraufmerksamkeit) � internal vs. external � Breites vs. enges Wahrnehmungsfeld � Vier-Felder-Schema (nach Nideffer) Was fördert Aufmerksamkeit? � Intern (z.B.) Attraktivität der Aufgabe � Optimale Aktivierung � Sportartspezif. Konzentrationsfähigkeit � � Extern (z.B.) Optimale Umwelt � Sportartspez. günstige Konzentrationsanforderungen � Was erschwert Aufmerksamkeit? � Intern (z.B.) Aufgabenirrelevante Kognitionen � Stress � Schlechte konditionelle Voraussetzungen � � Extern (z.B.) Ungünstige Umwelt � Sportartspez. ungünstige Konzentrationsanforderungen � Gedächtnis „...Fähigkeit..., Informationen aus früher verlaufenen lernprozessen aufzubewahren und auf spezifische Reize hin...wiederzugeben. Gabler, H. (2000), S. 187 Drei-Speicher-Modell � � � � Ultrakurzzeitspeicher 0.2 bis 0.25 sek. Behaltensdauer Kapazität unbegrenzt Kurzzeitspeicher Ca. 1 min. Speicherungsdauer � Kapazität sehr begrenzt � � � � Langzeitspeicher z.T. lebenslang Relativ unbegrenzt Gedächtnissysteme � Deklarativ „knowing that“ (Faktenwissen) � Bewusstes Erinnern und Wiedererkennen von Tatsachen, Objekten etc. � � Non-deklarativ (prozedural) „knowing how“ � Implizites Behalten von z.B.Bewegungsabläufen � Vorstellungen � Kognitive Inhalte ohne direkte Wahrnehmungsprozesse Erinnerungsvorstellungen � Phantasievorstellungen � Wichtig im Sport: Bewegungsvorstellung � Basis für mentales (psychomotorisches)Training � Antizipation „Unter Antizipation im Sport wird in erster Linie die vorstellungsmäßige Vorwegnahme fremder Bewegungen verstanden, die beim Bewegungsentwurf der folgenden eigenen Bewegung berücksichtigt wird“ Gabler, H. (2000), S. 189 Antizipation – Befunde im Sport Alters-/Geschlechtsunabhängig � Hängt vom Könnensniveau ab � Kann z.T. von einer Sportart auf eine ähnliche Sportart übertragen werden � Basis für Finten (= wecken „falscher“ Antizipation beim Gegner) � Denken „...Prozeß des „inneren Handelns“..., bei dem Wahrnehmungsinhalte und Vorstellungsinhalte miteinander in Beziehung gebracht werden, wobei Begriffe und Worte...eine wichtige Funktion haben“ Gabler, H. (2000), S. 190 Denken... Verarbeitet Information � Schafft Ordnung � Hilft bei der Interpretation � Führt zu Annahmen und Schlussfolgerungen � Dient dem Problemlösen � Denken hat... Handlungsvorbereitende � Handlungsbegleitende � Handlungsnachbereitende Funktion � Formen des Denkens I � Intuitives Denken Hoher Zeitdruck (z.B. im Tennis) � Unmittelbare Erfassung des Situation � Ergebnis: eng umschriebene Handlungseinheit (z.B. Torwurf) � Formen des Denkens II � Operatives Denken Wenig bis mittlerer Zeitdruck � Handlungsketten (z.B. Ballwechsel imTennis) oder � Zielorientierte Einzelhandlungen (z.B.Elfemetervorbereitung) � Formen des Denkens III � Strategisches Denken Ohne Zeitdruck � Situationsübergreifendes Gesamtkonzept � Entwurf von Handlungsplänen (z.B. Strategie bei einer Etappe der Tour de France) � Taktik und Intelligenz Intelligenz = allg. Befähigung zu Leistungen auf der Basis von Denkvorgängen � Taktik = sportartspezifische Intelligenz = Zusammenspiel von intuitivem,operativem und strategischem Denken � Intelligenz im Sport