Hinweis: Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule). Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende: http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html -0- Inhaltsverzeichnis 1. Allgemeines 2 Definition Geschichtliches 2 2 2. Inhaltsstoffe der Milch 3 2.1 4 2.5 2.6 Milchfett VERSUCH 1: EMULSIONSTYP VON SAHNE UND BUTTER VERSUCH 2: VERDAUUNG VON MILCHFETT MIT LIPASE Lactose – Milchzucker Milchsäure VERSUCH 3: IST MEINE MILCH NOCH FRISCH? (BESTIMMUNG DER SHZ) Proteine Casein VERSUCH 4: SAURE CASEINFÄLLUNG VERSUCH 5: PROTEINNACHWEIS – BIURETREAKTION Molkenproteine VERSUCH 6: NACHWEIS DER MOLKENPROTEINE – XANTHOPROTEINREAKTION Vitamine Mineralstoffe 3. Milchverarbeitung 18 3.1 3.2 18 19 3.3 Überblick Hitzebehandlung VERSUCH 7: NACHWEIS DER PASTEURISIERUNG Homogenisierung 4. Milchprodukte 22 4.1 Sauermilcherzeugnisse REZEPT: HERSTELLUNG VON JOGHURT Sahneerzeugnisse REZEPT: HERSTELLUNG VON BUTTER Käse VERSUCH 8: ENZYMATISCHE CASEINFÄLLUNG MIT LAB REZEPT: HERSTELLUNG VON MOZZARELLA – KÄSE 22 5. Ausblick – Milch in der Schule 29 6. Literaturverzeichnis 30 1.1 1.2 2.2 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 4.2 4.3 -1- 8 9 11 11 15 16 18 21 23 24 1. Allgemeines 1.1 Definition Milch ist ein aus den Milchdrüsen weiblicher Säugetiere abgesondertes Sekret. Sie enthält als ausschließliche Nahrung des heranwachsenden Lebewesens alle wichtigen Nährstoffe. Dieser Vortrag beschränkt sich auf die Betrachtung der Kuhmilch. Sie spielt für die Ernährung eine wichtige Rolle, so betrug beispielsweise 2002 die Produktion von Kuhmilch in Deutschland 27.874.000 t, mehr als in jedem anderen EU-Land. 1.2 Geschichtliches Die älteste Bilddarstellung von der Milchgewinnung und –verarbeitung stammt von einem Fries an einem Tempel der Sumerer im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Dieses tönerne Reliefbild ist auf 3000 J. v. Chr. datiert, jedoch wurde wahrscheinlich schon viel früher Milch gewonnen und als Nahrung genutzt. Abb. 1: Die ältesten Bilddarstellungen der Milchgewinnung und –verarbeitung auf sumerischen Reliefen Nach: http://www.imber.li/geschichte/wissenschaft&produkte/geschichtliches_zur_milch_oder.htm Sowohl im alten Testament als auch in Quellen aus dem antiken Griechenland findet man unzählige Hinweise auf die große Wertschätzung von Milch, so soll der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten „in ein Land führen, da Milch und Honig fließen“ (2. Mose 13.5). Im Mittelalter pflegten besonders die Klöster die Milchverarbeitung und die Käseherstellung. Im späten Mittealter kam es dann zu einem Aufschwung, die Städte wuchsen an, somit auch die Nachfrage, und der Handel mit Milchprodukten florierte. -2- Im 17. Jh. wurden erste wissenschaftliche Untersuchungen an der Milch vorgenommen, Milchzucker (F. Bartoletti, 1633), Fettkügelchen (A. van Leeuwenhoek, 1673) und Milchalbumin (Th. A. Quevenne, 1841) wurden als Bestandteile der Milch entdeckt und beschrieben. Im 18. und 19. Jh. führten wichtige technologische Entwicklungen zu der Milchwirtschaft, wie wir sie heute kennen. Louis Pasteur entdeckte ein Verfahren, die Milch durch Erhitzen haltbar zu machen, die Pasteurisierung. In der Folgezeit wurden Apparaturen zur Weiterverarbeitung der Milch entwickelt, die einen Vertrieb im großen Stil ermöglichten. Heute ist die gleich bleibende Qualität von Milch- und Milchprodukten gesetzlich geregelt. 2. Inhaltstoffe der Milch Im Folgenden soll die Zusammensetzung der Kuhmilch betrachtet werden. Die in der Grafik wiedergegebenen Werte sind Durchschnittswerte, sie schwanken bei Kühen je nach Rasse, Alter, Ernährung und Lactationsstadium. Milchzucker; 4,8% Fett; 3,8% Eiweiß; 3,4% Mineralstoffe und Vitamine; 0,7% Wasser; 87,3% Abb. 2: Zusammensetzung von Kuhmilch -3- Nach: NiU-C, 7/33, Jg. 1996, S. 5 Die Bestandteile der Milch liegen auf Grund ihrer unterschiedlichen Größe in verschiedenen Zustandsformen vor. Das Fett liegt emulgiert, die Proteine kolloidal, Salze und Lactose in echter Lösung vor. Demnach ist Milch ein polydisperses System aus Trockenmassebestandteilen und Wasser. 2.1. Milchfett Milchfett ist neben Kakaobutter das am höchsten bewertete Nahrungsfett, allerdings mit dem Nachteil, dass Milchfett schneller „ranzig“ schmeckt als andere Fette. Dies ist auf den Gehalt an Buttersäure zurückzuführen. Der Cholesteringehalt der Milch dagegen ist relativ niedrig im Verhältnis zu anderen tierischen Fetten, er beträgt nur 3 mg/g. Die besonders gute Verdaulichkeit von Milchfett ist zurückzuführen auf: seine feine Verteilung, die eine schnelle enzymatische Spaltung ermöglicht, den hohen Anteil an kurz- und mittelkettigen Fettsäuren, die von Lipasen bevorzugt abgespalten und schnell resorbiert werden können, die günstige Triglyceridstruktur, bei der die kürzeren Fettsäuren in der Endposition stehen. Milchfett liegt in der Milch in Form von Micellen vor, deren Größe 0,1-10 μm beträgt. Die Micellen sind von einer hydrophilen Hülle umgeben (Emulgatorhülle), die aus Proteinen, Phospho- und Glycolipiden besteht. Diese Hülle ermöglicht eine gute Emulgierbarkeit der Fettkügelchen im hydrophilen Medium Wasser, es liegt eine Fettin-Wasser-Emulsion vor. Im Inneren der Micellen befindet sich der Fettkern mit dem eigentlichen Milchfett. Proteine und Hydratwasser Emulgatorhülle Phospholipidschicht Fettkern Abb. 3: Aufbau eines Milchfetttröpfchens -4- O O O O R P O O O Phospholipid Abb. 4: Darstellung eines Phospholipids ___________________________________________________________________ VERSUCH 1: EMULSIONSTYP VON SAHNE UND BUTTER MATERIAL: Mörser mit Pistill Magnetrührer mit Rührfisch 20 mL- Becherglas Spatel Objektträger Demonstrationsmikroskop CHEMIKALIEN: Sahne Butter Sudan-III-Rot Methylenblau DURCHFÜHRUNG: In einem Becherglas werden 5 mL Sahne mit je einer Spatelspitze Sudanrot und Methylenblau etwa 10 min unter Erwärmen (50°C) gerührt. Ein Tropfen der Flüssigkeit wird unter dem Demonstrationsmikroskop betrachtet. Im Mörser wird ein Stück Butter mit je einer Spatelspitze Sudanrot und Methylenblau verrieben und dünn auf einen Objektträger aufgebracht und ebenfalls unter dem Mikroskop betrachtet. AUSWERTUNG: Bei Methylenblau handelt es sich um einen hydrophilen Farbstoff, der die wässrigen Phasen der beiden Emulsionen Sahne und Butter anfärbt. Sudanrot ist ein lipophiler Farbstoff, er färbt die lipophilen Phasen, d.h. das Fett, an. -5- HO N N N N N H3C S N N X CH3 Sudan III = Ceresinrot + CH3 CH3 Methylenblau Bei der angefärbten Sahne beobachtet man rote Fetttröpfchen auf hellblauem Grund, es handelt sich demnach um eine Fett-inWasser-Emulsion. Die Butter ist eine Wasser-in-Fett-Emulsion, man erkennt blau gefärbte Wassertropfen auf rosa Hintergrund (siehe Abb. 5) Sahne: Fett-in-Wasser-Emulsion Butter: Wasser-in-Fett-Emulsion Abb. 5: Emulsionstyp Sahne und Butter, oben: Illustration der Beobachtungen unter dem Mikroskop, unten: OiW- und WiO-Emulsion schematisch Nach: http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/milch/emulsion.htm ___________________________________________________________________ Im Dünndarm werden die Triacylglyceride der Milch durch das Enzym Pancreaslipase gespalten, Gallensäure fungiert hierbei als Emulgator. Bei der Reaktion entstehende Monoacylglyceride und freie Fettsäuren werden im Darm resorbiert. Dieser Vorgang soll im folgenden Versuch nachgestellt werden. -6- _____________________________________________________________________________________________________ VERSUCH 2: VERDAUUNG VON MILCHFETT MIT LIPASE MATERIAL: Wasserbad 40°C 2 Demonstrationsreagenzgläser 1 passender Stopfen Spatel CHEMIKALIEN: H-Milch Phenolphthalein (w= 0,001 in Ethanol) NaOH(aq) c= 2 mol/L Pancreaslipase DURCHFÜHRUNG: 10 mL Milch werden mit 10 Tropfen Phenolphthalein-Lösung versetzt und soviel NaOH(aq) zugegeben, bis eine bleibende Rotfärbung eintritt. Die Lösung wird gleichmäßig auf 2 Reagenzgläser verteilt. In ein Reagenzglas gibt man eine Spatelspitze Pancreaslipase-Pulver und schüttelt gut um. Beide Gläser werden in ein Wasserbad (40°C) gestellt. AUSWERTUNG: Nach wenigen Minuten entfärbt sich die violette Lösung, der vorher Pancreaslipase zugesetzt wurde, die Lösung ohne Enzym bleibt violett. Bei der enzymatischen Spaltung der Triglyceride der Milch sind neben Monoglyceriden auch freie Fettsäuren entstanden. Diese neutralisieren die Hydroxid-Ionen der zugesetzten NaOH(aq), die Färbung des Säure-Base-Indikators Phenolphthalein geht zurück, die Lösung wird schließlich farblos. Das Temperaturoptimum des Enzyms liegt bei 37°C, daher lässt sich die Reaktion im Wasserbad bei etwa 40°C beschleunigen. Es hat folgende Reaktion stattgefunden. R1 O OH R1 HO H2C H2C O O Pancreatin R2 O R2 + O HC HC +2 H2O R3 HO O O R3 O OH H2C H2C O O Fettsäuren Monoacylglycerid Triacylglycerid ___________________________________________________________________ -7- 2.2. Lactose – Milchzucker Die stabilste Form der Lactose ist α-Lactose, welche aus wässriger Lösung als Monohydrat auskristallisiert. Das Disaccharid ist zusammengesetzt aus β-Galactose und α-Glucose und ist über eine β-1,4-glycosidische Bindung verknüpft. HO OH OH O HO O HO OH O OH OH α-Lactose (β-D-Galactose, α-D-Glucose) Abb. 6: α-Lactose (Sesselprojektion) Der süßliche Geschmack der Milch ist auf die Lactose zurückzuführen, er macht aber nur etwa 1/3 der Süßkraft von Rohrzucker aus. Im Darm wird die Lactose durch Spaltung des Disaccharids in Glucose und Galaktose weiterverwertet. Diese Reaktion wird durch das Enzym β-Galactosidase (Lactase) katalysiert. Dieser Vorgang verläuft relativ langsam, daher führt der Genuss von Lactose zu einer längeren Sättigung, im Gegensatz zu anderen Zuckern. Außerdem fördert Lactose die Calciumresorption im Darm. Durch mikrobiellen Abbau entsteht Milchsäure, schwerlösliche Ca-(II)-Salze gehen in Lösung, Ca2+ kann über die Darmwand aufgenommen werden. Das saure Milieu fördert außerdem das Wachstum der natürlichen Darmbakterien, so dass Lactose zur Wiederherstellung der natürlichen Darmflora nach Krankheit genutzt werden kann. Fehlt das Enzym β-Galactosidase im Darm, kann Lactose nicht verdaut werden, es kommt zu Verdauungsproblemen bei Milchgenuss. In Europa leiden etwa 15% der Erwachsenen an der sog. Lactoseintoleranz, in Asien sind es 80 bis 100%. -8- 2.3 Milchsäure Milchsäure entsteht auf verschiedenen Wegen durch die Vergärung von Lactose durch Milchsäurebakterien (Lactobacillus spec., Streptococcus spec.). Die Gärung verläuft meist über Hexosephosphat, Triosephosphat und Pyruvat bis zur Milchsäure (homofermentativ). Die heterofermentative Gärung verläuft über Pentosephosphat, als Nebenprodukte entstehen hier Ethanol und CO2. Die Milchsäure liegt in Form von zwei Enantiomeren vor, da sie ein stereogenes Zentrum besitzt, sie ist optisch aktiv. Welches Enantiomer bei der Milchsäuregärung entsteht, hängt von der Art der Milchsäurebakterien ab, die teilweise spezifisch nur ein Enantiomer oder zu gleichen Teilen beide Enantiomere bilden. 3 2 H3C 3 2 COOH C C 4 4 H HO H OH 1 1 COOH COOH HO CH3 HOOC C H H C OH CH3 CH3 S-Milchsäure R-Milchsäure (L-(+)-Milchsäure) (D-(-)-Milchsäure) Abb. 7: Enantiomere der Milchsäure (oben: Prioritäten nach CIP, unten: Fischer-Projektion) Ein wichtiges Kriterium zur Qualitätsbestimmung von Milch ist das Ausmaß des Abbaus von Lactose zu Milchsäure. Bereits 1884 haben Soxhlet und Henkel die erste quantitative Methode zur Bestimmung saurer Bestandteile ermittelt. Da Milch aufgrund des gelösten CO2, der gelösten sauren Salze und der Säuregruppen der Proteine einen pH-Wert unter 7 besitzt, werden bei einer Titration mit Natronlauge auch diese Bestandteile mit erfasst. Man bestimmt also die gesamte titrierbare Acidität und bringt sie durch die Soxhlet-Henkel-Zahl (SHZ) zum Ausdruck. Definition: Unter der SHZ versteht man die Anzahl Milliliter an NaOH (aq) (c = 0,25 mol/L), die für die Titration von 100 mL Milch unter Zusatz von 4 mL 2%iger Phenolphthalein-Lösung Standardfarbtones erforderlich sind. -9- bis zum Erreichen eines Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Soxhlet-Henkel-Zahlen einiger Milchprodukte: Produkt SHZ pH-Wert Süße Milch 5-8 6,4-6,8 Ansaure Milch 9-12 6,0-6,3 Saure Milch 35-45 4,2-4,5 Hochsaure Milch 60-90 3,0-4,0 Joghurt 45-55 4,0-4,3 Tab. 1 Soxhlet-Henkel-Zahlen einiger Milchprodukte Nach: Döring, U.: „Milch“, SEK I Chemie, Curriculare Entwicklungen, Pädagogisches Zentrum (Hrsg.), Berlin 1989, S. 31 ___________________________________________________________________ VERSUCH 3: IST MEINE MILCH NOCH FRISCH? (BESTIMMUNG DER SHZ) MATERIAL: Bürette Stativmaterial Erlenmeyerkolben 250 mL Magnetrührer mit Rührfisch CHEMIKALIEN: NaOH(aq) (c= 0,25 mol/L, t= 0,9901) Phenolphthalein (w= 2%)in Ethanol CoSO4(aq) (w= 5%) 2 mL in 100 mL Milch als Farbstandard 100 mL zu untersuchende Milch DURCHFÜHRUNG: Der zu untersuchenden Milch werden 2 mL Phenolphthalein-Lösung zugesetzt und unter Rühren wird mit NaOH(aq) (c= 0,25 mol/L) bis zum Erreichen des Farbstandards titriert. AUSWERTUNG: Der NaOH-Verbrauch beträgt 11,4 mL, was unter Berücksichtigung des Titers einer SHZ von 11,3 entspricht, die Gesamtacidität beträgt 0,028 mol/L. Laut Tabelle handelt es sich um „ansaure Milch“, tatsächlich handelt es sich um Rohmilch, die bereits 8 Tage alt ist. ___________________________________________________________________ -10- 2.4 Proteine Kuhmilch enthält durchschnittlich 3,8% Gesamtprotein, das aus mehreren hundert Proteinarten besteht. Man teilt die Milchproteine in zwei Fraktionen ein, das Casein (Käsestoff), welches in Form von Micellen vorliegt, und die globulären Molkenproteine. Beide Proteinfraktionen unterscheiden sich außerdem in ihrem Verhalten gegenüber Säuren. Während Casein säurekoagulierbar ist, werden die Molkenproteine bei Hitze ausgefällt. Diese historische Einteilung (1872) wird aus praktischen Gründen beibehalten, obwohl bekannt ist, dass es sich um keine einheitlichen Verbindungen handelt. Milchproteine Casein (76-86%) Molkenproteine (14-24%) α -Casein β-Casein γ-Casein κ-Casein α-Lactalbumin β-Lactoglobulin Immunoglobuline Abb. 8: Einteilung der Milchproteine 2.4.1 Casein Casein, der sog. Käsestoff, liegt in Form von Micellen vor, die eine Größe von etwa 10-300 nm haben. Diese Caseinmicellen bestehen wiederum aus vielen Submicellen. In der Hüllschicht der Submicellen befindet sich κ-Casein, welches in Gegenwart von Ca2+ wasserlöslich ist. Wasserunlösliches α- und β-Casein befindet sich im Inneren der Hüllschicht. Die einzelnen Submicellen sind über Calciumphosphat-Brücken miteinander verbunden und bilden so die Caseinmicellen aus. Polare Gruppen, wie Phosphatester der Aminosäure Serin und Carboxylat-Gruppen, ermöglichen die Ausbildung einer Hydrathülle um die Micellen. -11- CalciumPhosphatBrücken hydrophober Kern κ-Casein hydrophile Reste Abb. 9: Caseinsubmicelle Nach: http://www.foodsci.uoguelph.ca/deicon/casein.gif Abb. 10: Caseinmicelle Nach: http://www.foodsci.uoguelph.ca/ deicon/casein.gif Schematisch lässt sich die Verknüpfung der Submicellen über Calciumphosphatgruppen wie folgt darstellen: Phosphoserinrest OH OH 2+ O P O Ca OH 2+ O P O Ca O P O O O O 0-n Peptid OH O 2+ Ca O 2+ Peptid O O P O Ca O O 0-n Asparaginsäurerest Casein flockt schon beim vorsichtigen Absäuern der Milch z.B. durch Essigsäure aus (Versuch 4). Dies geschieht auch beim Ansäuern durch Milchsäuregärung, man erhält dann Dickmilch und schließlich Quark. Das sog. Säurecasein ist arm an Calciumionen, weil diese beim Ansäuern in Lösung gehen und in der überstehenden sauren Lösung, der Sauermolke, verbleiben. Bei Zugabe des Labenzyms entsteht das calciumreiche Labcasein, es wird als Ausgangsstoff zur Käseherstellung genutzt (siehe Kap. 4.4). den calciumarmen Überstand nennt man Süßmolke. -12- _____________________________________________________________________________________________________ VERSUCH 4: SAURE CASEINFÄLLUNG MATERIAL: 2 Bechergläser Trichter mit Faltenfilter pH-Papier Glasstab Stativmaterial CHEMIKALIEN: Frische Vollmilch Essigsäure (30%) DURCHFÜHRUNG: Die Milch wird mit Essigsäure versetzt, bis ein pH-Wert von 4-5 erreicht ist. Anschließend wird abfiltriert, um die Molke vom Casein zu trennen. AUSWERTUNG: Bei Erreichen des isoelektrischen Punktes (pH 4,6) kommt es zum Ausflocken des Carboxylatgruppen, Caseins. Durch Phosphatreste und Protonierung der Imidazolgruppen des Histidins kommt es zur Bildung von Zwitterionen und somit zur Ladungsneutralität. Die vorher bestehende Abstoßung der Micellen untereinander aufgrund ihrer negativen Ladungen ist nicht mehr gegeben. Außerdem wird die Hydrathülle geschwächt, es kommt zur Aggregation, das Casein fällt aus. Das in den Phosphatbrücken gebundene Calcium geht in Lösung und bleibt bei der sauren Caseinfällung in der Molke gelöst (im Gegensatz zur Labfällung). O O O P OH O P O O O NH O NH O O 3H+(aq) N N OH Abstoßung der Micellen aufgrund der negativen Ladungen + H Zwitterion, Ladungsneutralität Aggregation Abb. 11: saure Caseinfällung (schematisch) Nach: PdN-C 7/44. Jg. 1995, S. 23 ___________________________________________________________________ -13- Im folgenden Versuch soll das ausgefällte Casein untersucht werden und durch die Biuretprobe sein Proteincharakter nachgewiesen werden. ___________________________________________________________________ VERSUCH 5: PROTEINNACHWEIS – BIURETREAKTION MATERIAL: NaOH(aq) (c= 2 mol/L) CuSO4(aq) (w= 1%) Casein aus Versuch 4 CHEMIKALIEN: Demonstrationsreagenzglas Glasstab Spatel DURCHFÜHRUNG: Eine Spatelspitze Casein wird in NaOH (aq) gelöst. Man gibt tropfenweise CuSO4 (aq) hinzu AUSWERTUNG: Die Violettfärbung bei Zugabe von CuSO4(aq) ist ein positiver Proteinnachweis. Cu2+-ionen bilden mit Proteinen in alkalischer Lösung eine violett gefärbte Protein-Kupfer-Komplexverbindung. Das Cu2+- Ion ist im Komplex planarquadratisch durch negativ geladene, deprotonierte Stickstoffatome der Peptide koordiniert. Oberhalb und unterhalb der Ebene liegt je ein Wassermolekül, so dass eine verzerrt oktaedrische Koordination resultiert. H O R2 R1 R3 O N H N R4 2+ Cu R8 N O R7 H R5 N H O R6 Abb10: Protein-Kupfer-Komplex ___________________________________________________________________ -14- 2.4.2 Molkenproteine Die bei der Caseinfällung anfallende Molke ist keineswegs ein Abfallprodukt. Sie enthält Lactose, wasserlösliche Vitamine, Mineralstoffe (Ca2+ in Sauermolke) und Molkenproteine. Fett und fettlösliche Vitamine verbleiben allerdings in der Caseinfraktion. Im folgenden Versuch sollen die Molkenproteine in der bei Versuch 4 gewonnenen Molke nachgewiesen werden. _____________________________________________________________________________________________________ VERSUCH 6: NACHWEIS DER MOLKENPROTEINE – XANTHOPROTEINREAKTION MATERIAL: Demonstrationsreagenzglas Tropfpipette Wasserbad (100°C) CHEMIKALIEN: Molke aus Versuch 4 HNO3 (konz.) DURCHFÜHRUNG: Zu 20 mL Molke wird etwa die halbe Menge HNO3 (konz.) gegeben und die Lösung im Wasserbad erhitzt. Ein intensiv gelber Niederschlag zeigt das Vorhandensein von Proteinen an. AUSWERTUNG: Die sog. Xanthoproteinreaktion funktioniert nur beim Vorhandensein aromatischer Aminosäuren (Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan). Da diese Aminosäuren jedoch in nahezu allen Eiweißen vorkommen, verläuft der Nachweis fast immer positiv. Die Gelbfärbung resultiert aus der Nitrierung der Benzolringe, Nitrobenzole sind gelb. Auch die Gelbfärbung der Haut bei Kontakt mit Salpetersäure beruht auf dieser Reaktion. Bildung des Elektrophils durch Eigenprotonierung. + + 2 H2O + NO2 (aq) HNO3(aq)+ H3O(aq) Elektrophile Substitution (am Beispiel Phenylalanin): COOH + NO2(aq) +H NH2 O2N H + COOH COOH NH2 H+ O2N NH2 gelb ___________________________________________________________________________ -15- 2.5 Vitamine In der Milch sind alle lebenswichtigen Vitamine enthalten, jedoch ist deren Zusammensetzung nicht ideal, so dass sich der Tagesbedarf an Vitaminen nicht durch Milchkonsum allein decken lässt. Ausnahme bildet hier Vitamin B 12, das nur in tierischen Fetten vorkommt. Daher wird Vegetariern empfohlen, reichlich Milch und Milchprodukte zu sich zu nehmen. Nur so ist eine ausreichende Versorgung mit Cobalamin gewährleistet. fettlöslich Vitamin Gehalt [mg/L] A (Retinol) 0,4 D (Calciferol) 0,001 E (Tocopherol) 1,0 B1 (Thiamin) 0,4 B2 (Lactoflavin) 1,7 wasserlöslich B6 (Pyridoxin) 0,6 B12 (Cobalamin) 0,005 C (Ascorbinsäure) 20,0 Tab. 2. Vitamine der Milch Nach: NiU-C 7/33. Jg. 1996, S. 6 Die Verarbeitung der Milch nimmt erheblichen Einfluss auf den Gehalt und die Verteilung der Vitamine in den Milchprodukten. Bei der Entrahmung werden der Magermilch die fettlöslichen Vitamine A, D und E weitgehend entzogen, es kommt zur Anreicherung dieser Vitamine in Sahne und Butter. Auch in Käse sind die fettlöslichen Vitamine angereichert, während Molke und Magermilchprodukte die wasserlöslichen Vitamine enthalten. Wärmebehandlung führt je nach Vitamin und Verfahren zu einem Verlust an Vitaminen, während Fermentierungsprozesse durch Mikroorganismen eher zu einer Erhöhung des Vitamingehaltes führen. Daher werden vielen wärmebehandelten Milchprodukten Vitamine zugesetzt. Um eine appetitliche Gelbfärbung von Butter zu erzielen, setzt man β-Carotin (Provitamin A) zu, in der Sommerbutter ist es jedoch schon enthalten, da weidende Kühe über die Nahrung viel β-Carotin aufnehmen. -16- Vitamin B2 ist als Lactoflavin bekannt, entspricht strukturell dem Riboflavin und ist für die gelbgrüne Farbe der Molke verantwortlich. Die Substanz zeigt eine gelbgrüne Fluoreszenz bei Bestrahlung mit UV-Licht. CH2OH HO OH HO H3C N H3C N O N NH O Riboflavin (Lactoflavin) Vitamin B2 Abb. 11: Struktur des Riboflavins (rot: Riboserest, blau. Flavinrest) 2.6 Mineralstoffe Milch ist mit 8 g/L sehr reich an Mineralstoffen, daher fördert Milch bei Neugeborenen den Zahnstoffwechsel und das Skelettwachstum. Die Menge der Mineralstoffe in Milch ist relativ konstant, während der Gehalt an Spurenelementen stark von der Fütterung der Kühe abhängt. Kalium 0,15% Calcium 0,12% Chlorid 0,11% Phosphor 0,09% Natrium 0,05% Spurenelemente Tab. 3: Mineralstoffe der Milch Nach: UB 170/15, Jg. 1991, S.7 Milch ist der wichtigste Calciumlieferant für Menschen mit mitteleuropäischer Ernährungsweise. Die deutsche Bevölkerung deckt bis zu 60% ihres Calciumbedarfs durch den Verzehr von Milchprodukten. Dabei wirkt sich die Lactose noch positiv auf die Calciumresorption aus. Besonders Labkäse enthält viel Calcium, da dieses beim Einlaben in der Caseinfraktion verbleibt. Calcium erfüllt im Organismus viele wichtige Funktionen, darunter der Aufbau, Erhalt und die Regeneration von Knochen, die Blutgerinnung, Muskelkontraktion und die Erregbarkeit unseres Nervensystems. Auch Phosphat ist wichtig für den Knochenaufbau, es liegt in der Milch gemeinsam mit Calcium in den o.g. Calciumphosphatbrücken der Caseinmicellen vor. -17- 3. Milchverarbeitung 3.1 Überblick Als Rohmilch bezeichnet man „…das unveränderte Gemelk einer Kuh oder mehrerer Kühe, das nicht über die Gewinnungstemperatur (ca. 40°C) erhitzt worden ist.“ Der Fettgehalt der Rohmilch ist unverändert bei etwa 3,8%. Diese Milch darf nur ab Hof verkauft werden mit dem Aufdruck: „Vor Genuss abkochen“. Diese Milch enthält die verschiedensten Keime (Milchsäurebakterien, fett- und eiweißspaltende Bakterien), daher ist sie auch gekühlt nur drei Tage haltbar. Lässt man sie bei Zimmertemperatur stehen, tritt schon nach 10 Stunden die Säuerung ein. Ein weiterer Nachteil der Rohmilch ist das sog. „Aufrahmen“, lässt man sie einige Stunden stehen, bildet sich auf der Milch eine Rahmschicht. Um diese Effekte zu vermeiden und die Milch länger haltbar zu machen, gibt es verschiedene Methoden zur Haltbarmachung von Rohmilch. Die Milch wird gekühlt in der Molkerei angeliefert. Dort werden zuerst der Keimgehalt und Fett- und Eiweißgehalt überprüft. Anschließend wird die Milch durch Zentrifugation gereinigt, dabei findet auch die Auftrennung in Magermilch und Rahm statt. Dann wird der gewünschte Fettgehalt durch Rahmzugabe eingestellt. Es folgt die Hitzebehandlung, um pathogene Keime abzutöten und die Haltbarkeit der Milch zu verlängern. Schließlich wird die Milch homogenisiert, um ein Aufrahmen zu vermeiden. Rohmilch Reinigung Entrahmung Vollmilch Fettarme Milch entrahmte Milch Hitzebehandlung Pasteurisierung Ultrahocherhitzung Sterilisation Homogenisierung Frischmilch H-Milch Sterilmilch Abb. 12: Milchverarbeitung (Übersicht) -18- 3.2 Hitzebehandlung Die Hitzebehandlung von Rohmilch dient in erster Linie der Abtötung pathogener Mikroorganismen und der Inaktivierung von Enzymen. Dadurch wird die Milch länger haltbar gemacht. Ein Nebeneffekt ist die Denaturierung von Proteinen, so wird die Milch leichter verdaulich. Es werden drei verschiedene Verfahren zur Hitzebehandlung angewendet, die Pasteurisierung, das Ultrahocherhitzen und die Sterilisation. Pasteurisierung: Erhitzen auf 72-75°C über 15-30 Sekunden. Man erhält Frischmilch, die gekühlt 3-6 Tage haltbar ist. Ultrahocherhitzen: Erhitzen durch einen Dampfstoß auf 135-150°C, mindestens 1 Sekunde. Man erhält H-Milch (haltbare Milch), diese ist verpackt 6 Wochen ungekühlt haltbar, jedoch gehen beim Erhitzen wichtige Vitamine verloren. Sterilisation: Erhitzen in der Verpackung auf 115-117°C. Dabei werden Mikroorganismen und Enzyme weitgehend inaktiviert, Sterilmilch ist daher ungekühlt bis zu 6 Monate haltbar. Jedoch ist der Nährwert geringer als bei Frischmilch, so dass Sterilmilch nicht als Nahrung für Säuglinge und Kleinkinder verwendet werden sollte. ___________________________________________________________________ VERSUCH 7: NACHWEIS DER PASTEURISIERUNG MATERIAL: 2 Demonstrationsreagenzgläser Wasserbad 40°C Messpipetten 5 mL CHEMIKALIEN: Rohmilch Pasteurisierte Milch Formaldehyd-Lösung (0,4%) Methylenblau-Lösung (0,04% in Wasser) Paraffinöl -19- DURCHFÜHRUNG: In zwei Demonstrationsreagenzgläser werden je 20 mL Milch gegeben (1x Rohmilch, 1x pasteurisierte Milch). Anschließend gibt man in beide Gläser je 3 mL Formaldehydlösung und 2 mL Methylenblau-Lösung, dann überschichtet man zum Sauerstoffausschluss etwa 2 cm hoch mit Paraffinöl. Beide Reagenzgläser werden in ein Wasserbad (40°C) gestellt. AUSWERTUNG: Nach etwa 5 Minuten beobachtet man eine Entfärbung des Reaktionsgemisches, das Rohmilch enthält, während das Gemisch mit pasteurisierter Milch blau bleibt. Rohmilch enthält das sog. Schardinger-Enzym, eine AldehydDehydrogenase. Formaldehyd Das auf Enzym überträgt Methylenblau, Wasserstoff welches zum von farblosen Leukomethylenblau reduziert wird. Da das Schardiger-Enzym bei Erhitzen auf 60°C zerstört wird, fehlt es in der pasteurisierten Milch, es tritt dort keine Entfärbung ein. Diese Reaktion wird auch in der Molkereitechnik zum Nachweis der Pasteurisierung angewendet. REAKTIONSMECHANISMUS: Formaldehyd als Wasserstoffdonator (Oxidation): OH SchardingerH C OH Enzym H O H C + H2O H Formaldehyd O H C + OH 2 [H] Ameisensäure Methandiol Methylenblau als Wasserstoffakzeptor (Reduktion): H N N H3C N CH3 S Schardinger-Enzym/ 2[H] + N X CH3 Luftsauerstoff CH3 H3C H + S N CH3 N CH3 CH3 Leuko-Methylenblau farblos Methylenblau blau ___________________________________________________________________ -20- +X 3.3 Homogenisierung Bei der Homogenisierung wird die Größe der Fettmicellen verkleinert, indem die Milch mit hohem Druck (200-350 bar) durch feine Düsen gepresst wird, dabei wird auch die Proteinhülle der Fetttröpfchen zerstört. Native Fettmicellen haben eine Größe von 0,1-10 μm, diese wird auf 0,1-1 μm verringert, so kommt es nicht mehr zum Aufrahmen der Milch. nicht homogenisierte Milch homogenisierte Milch Große Fetttröpfchen rahmen auf kleine Fetttröpfchen bleiben fein verteilt Abb. 13: Homogenisierung (schematisch) Nach: http://www.chemieunterricht.de/dc2/milch/m-bearb.htm 4. Milchprodukte Milchprodukte kann man in drei große Kategorien einteilen, die Sauermilchprodukte, Sahneerzeugnisse und Käse. Außerdem zu erwähnen sind Milchtrockenprodukte, Molke, Eiweißerzeugnisse und Kondensmilch, worauf allerdings nicht näher eingegangen werden soll. 4.1 Sauermilcherzeugnisse Zu dieser Kategorie gehören alle Produkte, die durch Milchsäurebakterien fermentiert werden. Vor der Zugabe der Starterkulturen wird die Milch hitzebehandelt, um unerwünschte Bakterien und somit unerwünschte Gärungsprozesse zu unterbinden. -21- Anschließend wird die Milch homogenisiert und es werden die jeweiligen Starterkulturen zugesetzt, es folgt das Bebrüten der Milch bei einer bestimmten Temperatur. Je nach Bakterienstamm und Verfahren erhält man als Produkte Joghurt, Dickmilch, Saure Sahne oder Kefir. Zur Herstellung von Joghurt werden Mischkulturen der Säurebildner Streptococcus thermophilus und Lactobazillus bulgaricus zugesetzt und die Milch bei 42-54°C etwa 3 Stunden bebrütet. Die beiden Bakterienstämme leben symbiotisch im Joghurt und fördern sich durch Bildung von speziellen Säuren und Peptiden gegenseitig im Wachstum. Nach Abkühlen erhält man stichfesten Joghurt. Dieser Joghurt kann, sofern nicht durch Hitzebehandlung die Bakterien abgetötet wurden, als Starterkultur für neuen Joghurt verwendet werden. In der Molkereitechnik werden jedoch nur frische Kulturen verwendet, da sich das Verhältnis der beiden Bakterienstämme im Laufe der Zeit verändert. Probiotische Produkte, die in letzter Zeit immer mehr in Mode geraten, enthalten noch lebende Bakterien, sind also nicht hitzebehandelt worden. Diese Bakterien sind magensaftresistent und sollen die Darmflora positiv beeinflussen. ___________________________________________________________________ REZEPT: HERSTELLUNG VON JOGHURT ZUTATEN: 1 L frische Vollmilch (oder H-Milch, diese muss vorher nicht abgekocht werden) Frischer Vollmilchjoghurt (nicht wärmebehandelt) MATERIAL: Kochtopf Thermometer Schneebesen Esslöffel Joghurtbereiter (Milch kann auch im Kochtopf, der durch Handtücher isoliert wird, bebrütet werden) ZUBEREITUNG: Die Milch kurz aufkochen, dann auf etwa 45°C abkühlen lassen. 2 Esslöffel Vollmilchjoghurt einrühren und in den Joghurtbereiter füllen. Bei 45 °C 6 Stunden lang bebrüten, anschließend in den Kühlschrank stellen, fertig ist der stichfeste Joghurt. ___________________________________________________________________ -22- 4.2 Sahneerzeugnisse Zu den Sahneerzeugnissen gehören Schlagsahne, Streichrahm, Sahneeis und viele weitere Produkte, die aus Sahne hergestellt werden, nicht zu vergessen die Butter. „Wenn man Milch stößt, macht man Butter daraus“ (Salomon 30, 33), so lautet das wohl älteste bekannt Butterrezept. Heute wird Butter immer noch nach dem selben Prinzip hergestellt, auch wenn das Verfahren natürlich optimiert wurde. Zuerst wird durch Zentrifugation der Rahm von der Magermilch getrennt, Dieser wird anschließend hitzebehandelt und weiterverarbeitet. Butter entsteht aus Süßrahm oder Sauerrahm. Schlägt man den Butterrahm, wird die Emulgatorhülle der Fetttröpfchen zerstört, die Fetttröpfchen fließen zusammen und bilden Butterkörner, die sich von der Buttermilch trennen. Durch anschließendes Kneten wird dafür gesorgt, dass sich restliche Wassertröpfchen fein in der Butter verteilen, man erhält eine Wasser-in-Fett-Emulsion. ___________________________________________________________________ REZEPT: HERSTELLUNG VON BUTTER ZUTATEN: 250 mL Sahne Etwas Salz MATERIAL: Rührbecher Mixer Sauberes Tuch 2 Holzlöffel Holzbrettchen Form für die Butter ZUBEREITUNG: Die Sahne solange mit dem Mixer schlagen, bis sich die Butterflocken von der Buttermilch trennen (etwa 10 min). Durch das Handtuch gut auspressen und anschließend auf dem Holzbrettchen mit den Löffeln kneten, etwas salzen. In eine Form pressen und kühl stellen ___________________________________________________________________ -23- 4.3 Käse Nach der Käse-Verordnung sind Käse frische oder in verschiedenen Graden der Reifung befindliche Erzeugnisse, die aus dickgelegter Milch hergestellt sind. Man unterscheidet sie nach Milchart, Art der Dicklegung, Grad der Reifung, Konsistenz und nach dem Fettgehalt. In der Molkerei wird Milch erst auf ihre Käsereitauglichkeit geprüft, diese ist abhängig von der mikrobiellen Beschaffenheit. Anschließend wird der Fettgehalt eingestellt und die Milch wärmebehandelt. Der nächste Schritt ist die Dicklegung der Milch, die jetzt Kesselmilch genannt wird. Geschieht das Dicklegen durch Milchsäurebakterien, spricht man von Sauermilchkäse, wird die Milch mit Lab dickgelegt, spricht man von Labkäse. Nach dem Dicklegen wird das Casein, Sauermilchquark oder Dickete genannt, von der Molke getrennt. Aus der Molke kann nun Molkekäse hergestellt werden, häufig wird sie auch als Viehfutter verwendet. Dem Käsebruch werden nun unterschiedliche Reifungskulturen zugesetzt, es entstehen gereifte Sauermilch- oder Labkäse (vgl. Abb.14). Lab-Enzym, Reifungskulturen Milchsäurebakterien Quark, Frischkäse Milch Dickete schneiden schneiden, formen, salzen Molke Käsebruch Molke Reifungskulturen formen, salzen, pressen Reifung Molke gereifte Sauermilchkäse gereifte Labkäse Abb. 14: Käseherstellung – Überblick Nach: NiU-C, 7/33., Jg.1996, S 31 Frischkäse wird aus ungereiftem Sauermilchquark hergestellt. Will man Kochkäse herstellen, schmilzt man Sauermilchquark unter Zusatz von Salz, Sahne, Butter und Gewürzen. Wird Sauermilchquark mit bestimmten Bakterien und Schimmelpilzkulturen besprüht, reift er von außen nach innen zum Sauermilchkäse (z.B. Handkäse). -24- Labkäse wird durch Salzen weitere Molke entzogen, dabei entsteht eine Rinde. Außerdem wird durch Salzen das Wachstum von Verderbniserregern gehemmt. Die Reifung erfolgt zuerst durch die bereits vorhandenen und zugesetzten Mikroorganismen, dies führt zu einem verstärkten Ausfällen des Caseins. Bei der zweiten Reifung sind besonders die bakteriellen Enzyme aktiv, die Proteine werden zersetzt, Amine und Aldehyde entstehen und ergeben den charakteristischen Käsegeschmack. ___________________________________________________________________ VERSUCH 8: ENZYMATISCHE CASEINFÄLLUNG MIT LAB MATERIAL: Becherglas (100 mL) Wasserbad 40°C CHEMIKALIEN: Rohmilch Lablösung (0,5 g Labferment in 20 mL Wasser) DURCHFÜHRUNG: 40 mL Milch werden mit 20 mL Lablösung vermischt und im Wasserbad auf 40°C erwärmt, nach 10 Minuten beobachtet man, das die Milch zu einem Gel wird, die Molke scheidet sich schon teilweise am Boden des Glases ab. AUSWERTUNG: Das Labenzym Rennin (Chymosin) wurde früher aus dem Labmagen säugender Kälber gewonnen, man nimmt an, das alle jungen Säugetiere dieses Enzym während der Saugphase bilden. Heute wird das Enzym durch gentechnisch veränderte Bakterien hergestellt. Setzt man das Enzym der Milch zu, so spaltet es selektiv die Peptidbindung des κ-Caseins an der Stelle Phe105-Met106. Somit ist das Casein nicht mehr vor Ausflockung geschützt, es entsteht ein lösliches Glycopeptid und das unlösliche Paracasein. Dieses verbindet sich mit α- und β-Casein über Calciumphosphatbrücken zu einem Gel, welches die Milch dickgelegt. -25- Gerinnung der Milch durch Lab: 1 105 106 169 Peptid····Phe - Met····Peptid κ-Casein Lab 1 105 106 169 Peptid····Phe + Met····Peptid Paracasein Glycopeptid ___________________________________________________________________ REZEPT: HERSTELLUNG VON MOZZARELLA-KÄSE ZUTATEN: 2 L pasteurisierte Milch 1 Zitrone 1 Labtablette (0,5 g) 50 g Salz MATERIAL: Kochtopf Schneebesen Handtuch zum Isolieren Saubere Geschirrhandtücher Salatsieb Eimer oder große Schüssel Durchlöcherte Form Brettchen Gewichte (Konservendosen) Hinweis. Alle benötigten Materialien müssen vorher gereinigt und möglichst keimarm gemacht werden (auskochen)! ZUBEREITUNG: Milch auf 32°C erwärmen, 3 Esslöffel Zitronensaft zur Geschmacksverbesserung zugeben. Eine Labtablette in wenig Wasser auflösen und einrühren. Milch eine Stunde lang eingewickelt in Tüchern eindicken lassen. Mit dem Messer die Dickete in Würfel schneiden und kurz stehen lassen. Milchmasse auf ein Sieb geben, das mit einem sauberen Tuch ausgelegt ist, Molke auffangen. -26- Käsebruch eine Stunde gut abtropfen lasse, dann in eine durchlöcherte Form geben, die mit einem Tuch ausgelegt ist, Über Nacht Molke gut abtropfen lassen. Brettchen und Gewichte auf den Käse legen und 3 Stunden lang gut pressen. Salz in ½ Liter Wasser aufkochen, abkühlen lassen. Nach dem Pressen Käse für 4 Stunden in das Salzbad legen, im Kühlschrank aufbewahren, anschließend abspülen. Dieser Käse ist im Kühlschrank 3-5 Tage haltbar, um Austrocknen zu vermeiden, in einer verschlossenen Schüssel in der Molke aufbewahren. Schneiden Labenzym Dicklegen Dickete Käsebruch formen pressen abtropfen Molke Guten Appetit! Mozzarella Abb. 15: Herstellung von Mozzarella-Käse ___________________________________________________________________ -27- 5. Ausblick – Milch in der Schule Die Möglichkeiten, das Thema Milch in der Schule zu behandeln, sind sehr vielfältig. In fast allen Jahrgangsstufen lässt sich das Thema einbringen; angefangen bei den Milchprodukten und der gesunden Ernährung in den Klassen 5-8, über die Milchverarbeitung (9-10) und der chemischen Analyse von Milch (Oberstufe). Neben der Chemie lässt sich Milch auch noch in anderen Fächern behandeln, z.B. in der Biologie (Ernährung, Mikrobiologie), aber auch in den Gesellschaftswissenschaften (Industrielle Verarbeitung, Verpackung, Transport, Markt etc.). Aufgrund der Vielfalt, die das Thema bietet, ist auch fächerübergreifender Unterricht möglich. Folgende Grafik soll nur einen kleinen Überblick über die zahlreichen Ansatzpunkte geben, die das Thema Milch für den Schulunterricht bietet. Bi o lo g ie Transport Produkt- und umweltgerechte U Verpackung erz mwe ieh ltun g Milchbildung Mikrobiologie der Milch Gentechnik Hygiene Ernährung Chemie Analyse Synthese von Zusatzstoffen re h le So zi a ts ei lk u b Ar nd e Milch Landwirtschaft Industrielle Milchverarbeitung Abb. 16: Milch in der Schule – Ein Ausblick -28- 6. Literaturverzeichnis [1] Apel, J. und Wöhrmann, H.: „Rund um die Milch“ ein Unterrichtskonzept; in Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 18 ff [2] Deifel, A.: Die Milchsäure im Joghurt – Auswirkungen der Säure auf das Casein der Milch; in: Praxis der Naturwissenschaften – Chemie, 7/44, Jg. 1995, S. 22 ff [3] Dietrich, V.: Zur Behandlung der Milchsäure im Chemieunterricht; in: Praxis der Naturwissenschaften – Chemie, 7/48, Jg. 1999, S. 6 ff [4] Döring, U.: „Milch“, SEK I Chemie, Curriculare Entwicklungen, Pädagogisches Zentrum (Hrsg.), Berlin 1989 [5] Gottschall, K. und Pfeifer, P.: Von der Milch zum Käse – Mit Anregungen zu einem projektorientierten Unterricht; in: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 32 ff [6] Gruber, W. und Klautke, S.: Milch und Milchprodukte; in: Unterricht Biologie, 15/170, Jg. 1991, S. 4 ff [7] Gymnasium Konz, Projekt Lebensmittelchemie: Nachweis von SchardingerEnzym in Milch: http://www.Gymnasium-konz.bildung-rp.de/Projekte/ chemie/Lebensmittel/ [8] Prof. Blumes Medienangebot: Rund um die Milch; http://www.chemieunterricht.de/dc2/milch.htm (und alle damit verlinkten Seiten zum Thema innerhalb Prof. Blumes Medienangebot) [9] Pfeifer, P.: Das Thema „Milch“ und der Chemieunterricht; in: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 4 ff [10] Schlieper, C.: Grundfragen der Ernährung, 11.Aufl., Verlag Dr. Felix Büchner, Hamburg 1992 [11] Voigt-Niehus, R., Ahrens, H. und Nevers, P.: Milchverarbeitung früher und heute; in: Unterricht Biologie, 15/170, Jg. 1991, S. 27 ff [12] Wöhrmann, H.: Die Geschichte der Milch; in: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 9 ff [13] Wöhrmann, H.: Milch auf dem Prüfstand – Experimente rund um die Milch; in Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 11 ff -29-