doc - ChidS

Werbung
Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden,
unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
-0-
Inhaltsverzeichnis
1.
Allgemeines
2
Definition
Geschichtliches
2
2
2.
Inhaltsstoffe der Milch
3
2.1
4
2.5
2.6
Milchfett
VERSUCH 1: EMULSIONSTYP VON SAHNE UND BUTTER
VERSUCH 2: VERDAUUNG VON MILCHFETT MIT LIPASE
Lactose – Milchzucker
Milchsäure
VERSUCH 3: IST MEINE MILCH NOCH FRISCH? (BESTIMMUNG DER SHZ)
Proteine
Casein
VERSUCH 4: SAURE CASEINFÄLLUNG
VERSUCH 5: PROTEINNACHWEIS – BIURETREAKTION
Molkenproteine
VERSUCH 6: NACHWEIS DER MOLKENPROTEINE –
XANTHOPROTEINREAKTION
Vitamine
Mineralstoffe
3.
Milchverarbeitung
18
3.1
3.2
18
19
3.3
Überblick
Hitzebehandlung
VERSUCH 7: NACHWEIS DER PASTEURISIERUNG
Homogenisierung
4.
Milchprodukte
22
4.1
Sauermilcherzeugnisse
REZEPT: HERSTELLUNG VON JOGHURT
Sahneerzeugnisse
REZEPT: HERSTELLUNG VON BUTTER
Käse
VERSUCH 8: ENZYMATISCHE CASEINFÄLLUNG MIT LAB
REZEPT: HERSTELLUNG VON MOZZARELLA – KÄSE
22
5.
Ausblick – Milch in der Schule
29
6.
Literaturverzeichnis
30
1.1
1.2
2.2
2.3
2.4
2.4.1
2.4.2
4.2
4.3
-1-
8
9
11
11
15
16
18
21
23
24
1.
Allgemeines
1.1
Definition
Milch ist ein aus den Milchdrüsen weiblicher Säugetiere abgesondertes Sekret. Sie
enthält als ausschließliche Nahrung des heranwachsenden Lebewesens alle
wichtigen Nährstoffe.
Dieser Vortrag beschränkt sich auf die Betrachtung der Kuhmilch. Sie spielt für die
Ernährung eine wichtige Rolle, so betrug beispielsweise 2002 die Produktion von
Kuhmilch in Deutschland 27.874.000 t, mehr als in jedem anderen EU-Land.
1.2
Geschichtliches
Die älteste Bilddarstellung von der Milchgewinnung und –verarbeitung stammt von
einem Fries an einem Tempel der Sumerer im Zweistromland zwischen Euphrat und
Tigris. Dieses tönerne Reliefbild ist auf 3000 J. v. Chr. datiert, jedoch wurde
wahrscheinlich schon viel früher Milch gewonnen und als Nahrung genutzt.
Abb. 1: Die ältesten Bilddarstellungen der Milchgewinnung und –verarbeitung auf sumerischen Reliefen
Nach: http://www.imber.li/geschichte/wissenschaft&produkte/geschichtliches_zur_milch_oder.htm
Sowohl im alten Testament als auch in Quellen aus dem antiken Griechenland findet
man unzählige Hinweise auf die große Wertschätzung von Milch, so soll der Auszug
des Volkes Israel aus Ägypten „in ein Land führen, da Milch und Honig fließen“ (2.
Mose 13.5).
Im Mittelalter pflegten besonders die Klöster die Milchverarbeitung und die
Käseherstellung. Im späten Mittealter kam es dann zu einem Aufschwung, die Städte
wuchsen an, somit auch die Nachfrage, und der Handel mit Milchprodukten florierte.
-2-
Im 17. Jh. wurden erste wissenschaftliche Untersuchungen an der Milch
vorgenommen,
Milchzucker
(F.
Bartoletti,
1633),
Fettkügelchen
(A.
van
Leeuwenhoek, 1673) und Milchalbumin (Th. A. Quevenne, 1841) wurden als
Bestandteile der Milch entdeckt und beschrieben.
Im 18. und 19. Jh. führten wichtige technologische Entwicklungen zu der
Milchwirtschaft, wie wir sie heute kennen. Louis Pasteur entdeckte ein Verfahren, die
Milch durch Erhitzen haltbar zu machen, die Pasteurisierung.
In der Folgezeit wurden Apparaturen zur Weiterverarbeitung der Milch entwickelt, die
einen Vertrieb im großen Stil ermöglichten. Heute ist die gleich bleibende Qualität
von Milch- und Milchprodukten gesetzlich geregelt.
2.
Inhaltstoffe der Milch
Im Folgenden soll die Zusammensetzung der Kuhmilch betrachtet werden. Die in der
Grafik wiedergegebenen Werte sind Durchschnittswerte, sie schwanken bei Kühen je
nach Rasse, Alter, Ernährung und Lactationsstadium.
Milchzucker; 4,8%
Fett; 3,8%
Eiweiß; 3,4%
Mineralstoffe und
Vitamine; 0,7%
Wasser; 87,3%
Abb. 2: Zusammensetzung von Kuhmilch
-3-
Nach: NiU-C, 7/33, Jg. 1996, S. 5
Die Bestandteile der Milch liegen auf Grund ihrer unterschiedlichen Größe in
verschiedenen Zustandsformen vor. Das Fett liegt emulgiert, die Proteine kolloidal,
Salze und Lactose in echter Lösung vor. Demnach ist Milch ein polydisperses
System aus Trockenmassebestandteilen und Wasser.
2.1.
Milchfett
Milchfett ist neben Kakaobutter das am höchsten bewertete Nahrungsfett, allerdings
mit dem Nachteil, dass Milchfett schneller „ranzig“ schmeckt als andere Fette. Dies
ist auf den Gehalt an Buttersäure zurückzuführen. Der Cholesteringehalt der Milch
dagegen ist relativ niedrig im Verhältnis zu anderen tierischen Fetten, er beträgt nur 3
mg/g. Die besonders gute Verdaulichkeit von Milchfett ist zurückzuführen auf:

seine feine Verteilung, die eine schnelle enzymatische Spaltung ermöglicht,

den hohen Anteil an kurz- und mittelkettigen Fettsäuren, die von Lipasen
bevorzugt abgespalten und schnell resorbiert werden können,

die günstige Triglyceridstruktur, bei der die kürzeren Fettsäuren in der
Endposition stehen.
Milchfett liegt in der Milch in Form von Micellen vor, deren Größe 0,1-10 μm beträgt.
Die Micellen sind von einer hydrophilen Hülle umgeben (Emulgatorhülle), die aus
Proteinen, Phospho- und Glycolipiden besteht. Diese Hülle ermöglicht eine gute
Emulgierbarkeit der Fettkügelchen im hydrophilen Medium Wasser, es liegt eine Fettin-Wasser-Emulsion vor. Im Inneren der Micellen befindet sich der Fettkern mit dem
eigentlichen Milchfett.
Proteine und
Hydratwasser
Emulgatorhülle
Phospholipidschicht
Fettkern
Abb. 3: Aufbau eines Milchfetttröpfchens
-4-
O
O
O
O
R
P O O
O
Phospholipid
Abb. 4: Darstellung eines Phospholipids
___________________________________________________________________
VERSUCH 1:
EMULSIONSTYP VON SAHNE UND BUTTER
MATERIAL:
Mörser mit Pistill
Magnetrührer mit Rührfisch
20 mL- Becherglas
Spatel
Objektträger
Demonstrationsmikroskop
CHEMIKALIEN:
Sahne
Butter
Sudan-III-Rot
Methylenblau
DURCHFÜHRUNG: In einem Becherglas werden 5 mL Sahne mit je einer Spatelspitze
Sudanrot und Methylenblau etwa 10 min unter Erwärmen (50°C)
gerührt.
Ein
Tropfen
der
Flüssigkeit
wird
unter
dem
Demonstrationsmikroskop betrachtet.
Im Mörser wird ein Stück Butter mit je einer Spatelspitze Sudanrot
und Methylenblau verrieben und dünn auf einen Objektträger
aufgebracht und ebenfalls unter dem Mikroskop betrachtet.
AUSWERTUNG:
Bei Methylenblau handelt es sich um einen hydrophilen Farbstoff,
der die wässrigen Phasen der beiden Emulsionen Sahne und Butter
anfärbt. Sudanrot ist ein lipophiler Farbstoff, er färbt die lipophilen
Phasen, d.h. das Fett, an.
-5-
HO
N N
N
N N
H3C
S
N
N
X
CH3
Sudan III = Ceresinrot
+
CH3
CH3
Methylenblau
Bei der angefärbten Sahne beobachtet man rote Fetttröpfchen auf
hellblauem Grund, es handelt sich demnach um eine Fett-inWasser-Emulsion. Die Butter ist eine Wasser-in-Fett-Emulsion, man
erkennt blau gefärbte Wassertropfen auf rosa Hintergrund (siehe
Abb. 5)
Sahne:
Fett-in-Wasser-Emulsion
Butter:
Wasser-in-Fett-Emulsion
Abb. 5: Emulsionstyp Sahne und Butter, oben:
Illustration der
Beobachtungen unter dem Mikroskop, unten: OiW- und WiO-Emulsion
schematisch
Nach: http://dc2.uni-bielefeld.de/dc2/milch/emulsion.htm
___________________________________________________________________
Im Dünndarm werden die Triacylglyceride der Milch durch das Enzym Pancreaslipase gespalten, Gallensäure fungiert hierbei als Emulgator. Bei der Reaktion
entstehende Monoacylglyceride und freie Fettsäuren werden im Darm resorbiert.
Dieser Vorgang soll im folgenden Versuch nachgestellt werden.
-6-
_____________________________________________________________________________________________________
VERSUCH 2:
VERDAUUNG VON MILCHFETT MIT LIPASE
MATERIAL:
Wasserbad 40°C
2 Demonstrationsreagenzgläser
1 passender Stopfen
Spatel
CHEMIKALIEN:
H-Milch
Phenolphthalein (w= 0,001 in Ethanol)
NaOH(aq) c= 2 mol/L
Pancreaslipase
DURCHFÜHRUNG: 10 mL Milch werden mit 10 Tropfen Phenolphthalein-Lösung
versetzt und soviel NaOH(aq) zugegeben, bis eine bleibende
Rotfärbung
eintritt.
Die
Lösung
wird
gleichmäßig
auf
2
Reagenzgläser verteilt. In ein Reagenzglas gibt man eine
Spatelspitze Pancreaslipase-Pulver und schüttelt gut um. Beide
Gläser werden in ein Wasserbad (40°C) gestellt.
AUSWERTUNG:
Nach wenigen Minuten entfärbt sich die violette Lösung, der vorher
Pancreaslipase zugesetzt wurde, die Lösung ohne Enzym bleibt
violett. Bei der enzymatischen Spaltung der Triglyceride der Milch
sind neben Monoglyceriden auch freie Fettsäuren entstanden. Diese
neutralisieren die Hydroxid-Ionen der zugesetzten NaOH(aq), die
Färbung des Säure-Base-Indikators Phenolphthalein geht zurück,
die Lösung wird schließlich farblos. Das Temperaturoptimum des
Enzyms liegt bei 37°C, daher lässt sich die Reaktion im Wasserbad
bei etwa 40°C beschleunigen.
Es hat folgende Reaktion stattgefunden.
R1
O
OH
R1
HO
H2C
H2C
O
O
Pancreatin
R2
O
R2 +
O
HC
HC
+2 H2O
R3
HO
O
O
R3
O
OH
H2C
H2C
O
O
Fettsäuren
Monoacylglycerid
Triacylglycerid
___________________________________________________________________
-7-
2.2. Lactose – Milchzucker
Die stabilste Form der Lactose ist α-Lactose, welche aus wässriger Lösung als
Monohydrat auskristallisiert. Das Disaccharid ist zusammengesetzt aus β-Galactose
und α-Glucose und ist über eine β-1,4-glycosidische Bindung verknüpft.
HO
OH
OH
O
HO
O
HO
OH
O
OH
OH
α-Lactose (β-D-Galactose, α-D-Glucose)
Abb. 6: α-Lactose (Sesselprojektion)
Der süßliche Geschmack der Milch ist auf die Lactose zurückzuführen, er macht aber
nur etwa 1/3 der Süßkraft von Rohrzucker aus. Im Darm wird die Lactose durch
Spaltung des Disaccharids in Glucose und Galaktose weiterverwertet. Diese
Reaktion wird durch das Enzym β-Galactosidase (Lactase) katalysiert. Dieser
Vorgang verläuft relativ langsam, daher führt der Genuss von Lactose zu einer
längeren Sättigung, im Gegensatz zu anderen Zuckern.
Außerdem fördert Lactose die Calciumresorption im Darm. Durch mikrobiellen Abbau
entsteht Milchsäure, schwerlösliche Ca-(II)-Salze gehen in Lösung, Ca2+ kann über
die Darmwand aufgenommen werden. Das saure Milieu fördert außerdem das
Wachstum der natürlichen Darmbakterien, so dass Lactose zur Wiederherstellung
der natürlichen Darmflora nach Krankheit genutzt werden kann.
Fehlt das Enzym β-Galactosidase im Darm, kann Lactose nicht verdaut werden, es
kommt zu Verdauungsproblemen bei Milchgenuss. In Europa leiden etwa 15% der
Erwachsenen an der sog. Lactoseintoleranz, in Asien sind es 80 bis 100%.
-8-
2.3
Milchsäure
Milchsäure entsteht auf verschiedenen Wegen durch die Vergärung von Lactose
durch Milchsäurebakterien (Lactobacillus spec., Streptococcus spec.). Die Gärung
verläuft meist über Hexosephosphat, Triosephosphat und Pyruvat bis zur Milchsäure
(homofermentativ). Die heterofermentative Gärung verläuft über Pentosephosphat,
als Nebenprodukte entstehen hier Ethanol und CO2.
Die Milchsäure liegt in Form von zwei Enantiomeren vor, da sie ein stereogenes
Zentrum besitzt, sie ist optisch aktiv. Welches Enantiomer bei der Milchsäuregärung
entsteht, hängt von der Art der Milchsäurebakterien ab, die teilweise spezifisch nur
ein Enantiomer oder zu gleichen Teilen beide Enantiomere bilden.
3
2
H3C
3
2
COOH
C
C
4
4
H
HO
H
OH
1
1
COOH
COOH
HO
CH3
HOOC
C
H
H
C
OH
CH3
CH3
S-Milchsäure
R-Milchsäure
(L-(+)-Milchsäure)
(D-(-)-Milchsäure)
Abb. 7: Enantiomere der Milchsäure
(oben: Prioritäten nach CIP, unten: Fischer-Projektion)
Ein wichtiges Kriterium zur Qualitätsbestimmung von Milch ist das Ausmaß des
Abbaus von Lactose zu Milchsäure. Bereits 1884 haben Soxhlet und Henkel die
erste quantitative Methode zur Bestimmung saurer Bestandteile ermittelt. Da Milch
aufgrund des gelösten CO2, der gelösten sauren Salze und der Säuregruppen der
Proteine einen pH-Wert unter 7 besitzt, werden bei einer Titration mit Natronlauge
auch diese Bestandteile mit erfasst. Man bestimmt also die gesamte titrierbare
Acidität und bringt sie durch die Soxhlet-Henkel-Zahl (SHZ) zum Ausdruck.
Definition: Unter der SHZ versteht man die Anzahl Milliliter an NaOH
(aq)
(c = 0,25
mol/L), die für die Titration von 100 mL Milch unter Zusatz von 4 mL
2%iger
Phenolphthalein-Lösung
Standardfarbtones erforderlich sind.
-9-
bis
zum
Erreichen
eines
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Soxhlet-Henkel-Zahlen einiger
Milchprodukte:
Produkt
SHZ
pH-Wert
Süße Milch
5-8
6,4-6,8
Ansaure Milch
9-12
6,0-6,3
Saure Milch
35-45
4,2-4,5
Hochsaure Milch
60-90
3,0-4,0
Joghurt
45-55
4,0-4,3
Tab. 1 Soxhlet-Henkel-Zahlen einiger Milchprodukte
Nach: Döring, U.: „Milch“, SEK I Chemie, Curriculare Entwicklungen,
Pädagogisches Zentrum (Hrsg.), Berlin 1989, S. 31
___________________________________________________________________
VERSUCH 3:
IST MEINE MILCH NOCH FRISCH? (BESTIMMUNG DER SHZ)
MATERIAL:
Bürette
Stativmaterial
Erlenmeyerkolben 250 mL
Magnetrührer mit Rührfisch
CHEMIKALIEN:
NaOH(aq) (c= 0,25 mol/L, t= 0,9901)
Phenolphthalein (w= 2%)in Ethanol
CoSO4(aq) (w= 5%) 2 mL in 100 mL Milch als Farbstandard
100 mL zu untersuchende Milch
DURCHFÜHRUNG: Der zu untersuchenden Milch werden 2 mL Phenolphthalein-Lösung
zugesetzt und unter Rühren wird mit NaOH(aq) (c= 0,25 mol/L) bis
zum Erreichen des Farbstandards titriert.
AUSWERTUNG:
Der NaOH-Verbrauch beträgt 11,4 mL, was unter Berücksichtigung
des Titers einer SHZ von 11,3 entspricht, die Gesamtacidität beträgt
0,028 mol/L. Laut Tabelle handelt es sich um „ansaure Milch“,
tatsächlich handelt es sich um Rohmilch, die bereits 8 Tage alt ist.
___________________________________________________________________
-10-
2.4
Proteine
Kuhmilch enthält durchschnittlich 3,8% Gesamtprotein, das aus mehreren hundert
Proteinarten besteht. Man teilt die Milchproteine in zwei Fraktionen ein, das Casein
(Käsestoff),
welches
in
Form
von
Micellen
vorliegt,
und
die
globulären
Molkenproteine. Beide Proteinfraktionen unterscheiden sich außerdem in ihrem
Verhalten gegenüber Säuren. Während Casein säurekoagulierbar ist, werden die
Molkenproteine bei Hitze ausgefällt. Diese historische Einteilung (1872) wird aus
praktischen Gründen beibehalten, obwohl bekannt ist, dass es sich um keine
einheitlichen Verbindungen handelt.
Milchproteine
Casein
(76-86%)
Molkenproteine
(14-24%)
α -Casein
β-Casein
γ-Casein
κ-Casein
α-Lactalbumin
β-Lactoglobulin
Immunoglobuline
Abb. 8: Einteilung der Milchproteine
2.4.1 Casein
Casein, der sog. Käsestoff, liegt in Form von Micellen vor, die eine Größe von etwa
10-300 nm haben. Diese Caseinmicellen bestehen wiederum aus vielen Submicellen.
In der Hüllschicht der Submicellen befindet sich κ-Casein, welches in Gegenwart von
Ca2+ wasserlöslich ist. Wasserunlösliches α- und β-Casein befindet sich im Inneren
der Hüllschicht.
Die einzelnen Submicellen sind über Calciumphosphat-Brücken miteinander
verbunden
und
bilden
so
die
Caseinmicellen
aus.
Polare
Gruppen,
wie
Phosphatester der Aminosäure Serin und Carboxylat-Gruppen, ermöglichen die
Ausbildung einer Hydrathülle um die Micellen.
-11-
CalciumPhosphatBrücken
hydrophober
Kern
κ-Casein
hydrophile
Reste
Abb. 9: Caseinsubmicelle
Nach: http://www.foodsci.uoguelph.ca/deicon/casein.gif
Abb. 10: Caseinmicelle
Nach: http://www.foodsci.uoguelph.ca/
deicon/casein.gif
Schematisch
lässt
sich
die
Verknüpfung
der
Submicellen
über
Calciumphosphatgruppen wie folgt darstellen:
Phosphoserinrest
OH
OH
2+
O P O Ca
OH
2+
O P O Ca
O P O
O
O
O
0-n
Peptid
OH
O
2+
Ca
O
2+
Peptid
O
O P O Ca
O
O
0-n
Asparaginsäurerest
Casein flockt schon beim vorsichtigen Absäuern der Milch z.B. durch Essigsäure aus
(Versuch 4). Dies geschieht auch beim Ansäuern durch Milchsäuregärung, man
erhält dann Dickmilch und schließlich Quark. Das sog. Säurecasein ist arm an
Calciumionen, weil diese beim Ansäuern in Lösung gehen und in der überstehenden
sauren Lösung, der Sauermolke, verbleiben.
Bei Zugabe des Labenzyms entsteht das calciumreiche
Labcasein, es wird als
Ausgangsstoff zur Käseherstellung genutzt (siehe Kap. 4.4). den calciumarmen
Überstand nennt man Süßmolke.
-12-
_____________________________________________________________________________________________________
VERSUCH 4:
SAURE CASEINFÄLLUNG
MATERIAL:
2 Bechergläser
Trichter mit Faltenfilter
pH-Papier
Glasstab
Stativmaterial
CHEMIKALIEN:
Frische Vollmilch
Essigsäure (30%)
DURCHFÜHRUNG: Die Milch wird mit Essigsäure versetzt, bis ein pH-Wert von 4-5
erreicht ist. Anschließend wird abfiltriert, um die Molke vom Casein
zu trennen.
AUSWERTUNG:
Bei Erreichen des isoelektrischen Punktes (pH 4,6) kommt es zum
Ausflocken
des
Carboxylatgruppen,
Caseins.
Durch
Phosphatreste
und
Protonierung
der
Imidazolgruppen
des
Histidins kommt es zur Bildung von Zwitterionen und somit zur
Ladungsneutralität. Die vorher bestehende Abstoßung der Micellen
untereinander aufgrund ihrer negativen Ladungen ist nicht mehr
gegeben. Außerdem wird die Hydrathülle geschwächt, es kommt zur
Aggregation, das Casein fällt aus. Das in den Phosphatbrücken
gebundene Calcium geht in Lösung und bleibt bei der sauren
Caseinfällung in der Molke gelöst (im Gegensatz zur Labfällung).
O
O
O P OH
O P O
O
O
NH
O
NH
O
O
3H+(aq)
N
N
OH
Abstoßung der Micellen aufgrund der
negativen Ladungen
+
H
Zwitterion, Ladungsneutralität
Aggregation
Abb. 11: saure Caseinfällung (schematisch)
Nach: PdN-C 7/44. Jg. 1995, S. 23
___________________________________________________________________
-13-
Im folgenden Versuch soll das ausgefällte Casein untersucht werden und durch die
Biuretprobe sein Proteincharakter nachgewiesen werden.
___________________________________________________________________
VERSUCH 5:
PROTEINNACHWEIS – BIURETREAKTION
MATERIAL:
NaOH(aq) (c= 2 mol/L)
CuSO4(aq) (w= 1%)
Casein aus Versuch 4
CHEMIKALIEN:
Demonstrationsreagenzglas
Glasstab
Spatel
DURCHFÜHRUNG: Eine Spatelspitze Casein wird in NaOH
(aq)
gelöst. Man gibt
tropfenweise CuSO4 (aq) hinzu
AUSWERTUNG:
Die Violettfärbung bei Zugabe von CuSO4(aq) ist ein positiver
Proteinnachweis. Cu2+-ionen bilden mit Proteinen in alkalischer
Lösung eine violett gefärbte Protein-Kupfer-Komplexverbindung.
Das Cu2+- Ion ist im Komplex planarquadratisch durch negativ
geladene, deprotonierte Stickstoffatome der Peptide koordiniert.
Oberhalb und unterhalb der Ebene liegt je ein Wassermolekül, so
dass eine verzerrt oktaedrische Koordination resultiert.
H
O
R2
R1
R3 O
N
H
N
R4
2+
Cu
R8
N
O
R7
H
R5
N
H
O
R6
Abb10: Protein-Kupfer-Komplex
___________________________________________________________________
-14-
2.4.2 Molkenproteine
Die bei der Caseinfällung anfallende Molke ist keineswegs ein Abfallprodukt. Sie
enthält Lactose, wasserlösliche Vitamine, Mineralstoffe (Ca2+ in Sauermolke) und
Molkenproteine. Fett und fettlösliche Vitamine verbleiben allerdings in der
Caseinfraktion.
Im folgenden Versuch sollen die Molkenproteine in der bei Versuch 4 gewonnenen
Molke nachgewiesen werden.
_____________________________________________________________________________________________________
VERSUCH 6:
NACHWEIS DER MOLKENPROTEINE – XANTHOPROTEINREAKTION
MATERIAL:
Demonstrationsreagenzglas
Tropfpipette
Wasserbad (100°C)
CHEMIKALIEN:
Molke aus Versuch 4
HNO3 (konz.)
DURCHFÜHRUNG: Zu 20 mL Molke wird etwa die halbe Menge HNO3 (konz.) gegeben
und die Lösung im Wasserbad erhitzt. Ein intensiv gelber
Niederschlag zeigt das Vorhandensein von Proteinen an.
AUSWERTUNG:
Die sog. Xanthoproteinreaktion funktioniert nur beim Vorhandensein
aromatischer Aminosäuren (Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan).
Da
diese
Aminosäuren
jedoch
in
nahezu
allen
Eiweißen
vorkommen, verläuft der Nachweis fast immer positiv. Die
Gelbfärbung
resultiert
aus
der
Nitrierung
der
Benzolringe,
Nitrobenzole sind gelb. Auch die Gelbfärbung der Haut bei Kontakt
mit Salpetersäure beruht auf dieser Reaktion.
Bildung des Elektrophils durch Eigenprotonierung.
+
+
2 H2O + NO2 (aq)
HNO3(aq)+ H3O(aq)
Elektrophile Substitution (am Beispiel Phenylalanin):
COOH
+
NO2(aq) +H
NH2
O2N
H
+
COOH
COOH
NH2
H+
O2N
NH2
gelb
___________________________________________________________________________
-15-
2.5
Vitamine
In der Milch sind alle lebenswichtigen Vitamine enthalten, jedoch ist deren
Zusammensetzung nicht ideal, so dass sich der Tagesbedarf an Vitaminen nicht
durch Milchkonsum allein decken lässt. Ausnahme bildet hier Vitamin B 12, das nur in
tierischen Fetten vorkommt. Daher wird Vegetariern empfohlen, reichlich Milch und
Milchprodukte zu sich zu nehmen. Nur so ist eine ausreichende Versorgung mit
Cobalamin gewährleistet.
fettlöslich
Vitamin
Gehalt [mg/L]
A (Retinol)
0,4
D (Calciferol)
0,001
E (Tocopherol)
1,0
B1 (Thiamin)
0,4
B2 (Lactoflavin)
1,7
wasserlöslich B6 (Pyridoxin)
0,6
B12 (Cobalamin)
0,005
C (Ascorbinsäure)
20,0
Tab. 2. Vitamine der Milch
Nach: NiU-C 7/33. Jg. 1996, S. 6
Die Verarbeitung der Milch nimmt erheblichen Einfluss auf den Gehalt und die
Verteilung der Vitamine in den Milchprodukten. Bei der Entrahmung werden der
Magermilch die fettlöslichen Vitamine A, D und E weitgehend entzogen, es kommt
zur Anreicherung dieser Vitamine in Sahne und Butter. Auch in Käse sind die
fettlöslichen Vitamine angereichert, während Molke und Magermilchprodukte die
wasserlöslichen Vitamine enthalten. Wärmebehandlung führt je nach Vitamin und
Verfahren zu einem Verlust an Vitaminen, während Fermentierungsprozesse durch
Mikroorganismen eher zu einer Erhöhung des Vitamingehaltes führen. Daher werden
vielen wärmebehandelten Milchprodukten Vitamine zugesetzt. Um eine appetitliche
Gelbfärbung von Butter zu erzielen, setzt man β-Carotin (Provitamin A) zu, in der
Sommerbutter ist es jedoch schon enthalten, da weidende Kühe über die Nahrung
viel β-Carotin aufnehmen.
-16-
Vitamin B2 ist als Lactoflavin bekannt, entspricht strukturell dem Riboflavin und ist für
die gelbgrüne Farbe der Molke verantwortlich. Die Substanz zeigt eine gelbgrüne
Fluoreszenz bei Bestrahlung mit UV-Licht.
CH2OH
HO
OH
HO
H3C
N
H3C
N
O
N
NH
O
Riboflavin (Lactoflavin)
Vitamin B2
Abb. 11: Struktur des Riboflavins
(rot: Riboserest, blau. Flavinrest)
2.6
Mineralstoffe
Milch ist mit 8 g/L sehr reich an Mineralstoffen,
daher
fördert
Milch
bei
Neugeborenen
den
Zahnstoffwechsel und das Skelettwachstum. Die
Menge der Mineralstoffe in Milch ist relativ
konstant, während der Gehalt an Spurenelementen
stark von der Fütterung der Kühe abhängt.
Kalium
0,15%
Calcium
0,12%
Chlorid
0,11%
Phosphor
0,09%
Natrium
0,05%
Spurenelemente
Tab. 3: Mineralstoffe der Milch
Nach: UB 170/15, Jg. 1991, S.7
Milch
ist
der
wichtigste
Calciumlieferant
für
Menschen mit mitteleuropäischer Ernährungsweise. Die deutsche Bevölkerung deckt
bis zu 60% ihres Calciumbedarfs durch den Verzehr von Milchprodukten. Dabei wirkt
sich die Lactose noch positiv auf die Calciumresorption aus. Besonders Labkäse
enthält viel Calcium, da dieses beim Einlaben in der Caseinfraktion verbleibt.
Calcium erfüllt im Organismus viele wichtige Funktionen, darunter der Aufbau, Erhalt
und die Regeneration von Knochen, die Blutgerinnung, Muskelkontraktion und die
Erregbarkeit
unseres
Nervensystems.
Auch
Phosphat
ist
wichtig
für
den
Knochenaufbau, es liegt in der Milch gemeinsam mit Calcium in den o.g.
Calciumphosphatbrücken der Caseinmicellen vor.
-17-
3.
Milchverarbeitung
3.1
Überblick
Als Rohmilch bezeichnet man „…das unveränderte Gemelk einer Kuh oder mehrerer
Kühe, das nicht über die Gewinnungstemperatur (ca. 40°C) erhitzt worden ist.“ Der
Fettgehalt der Rohmilch ist unverändert bei etwa 3,8%. Diese Milch darf nur ab Hof
verkauft werden mit dem Aufdruck: „Vor Genuss abkochen“. Diese Milch enthält die
verschiedensten Keime (Milchsäurebakterien, fett- und eiweißspaltende Bakterien),
daher ist sie auch gekühlt nur drei Tage haltbar. Lässt man sie bei Zimmertemperatur
stehen, tritt schon nach 10 Stunden die Säuerung ein. Ein weiterer Nachteil der
Rohmilch ist das sog. „Aufrahmen“, lässt man sie einige Stunden stehen, bildet sich
auf der Milch eine Rahmschicht.
Um diese Effekte zu vermeiden und die Milch länger haltbar zu machen, gibt es
verschiedene Methoden zur Haltbarmachung von Rohmilch. Die Milch wird gekühlt in
der Molkerei angeliefert. Dort werden zuerst der Keimgehalt und Fett- und
Eiweißgehalt überprüft. Anschließend wird die Milch durch Zentrifugation gereinigt,
dabei findet auch die Auftrennung in Magermilch und Rahm statt. Dann wird der
gewünschte Fettgehalt durch Rahmzugabe eingestellt. Es folgt die Hitzebehandlung,
um pathogene Keime abzutöten und die Haltbarkeit der Milch zu verlängern.
Schließlich wird die Milch homogenisiert, um ein Aufrahmen zu vermeiden.
Rohmilch
Reinigung
Entrahmung
Vollmilch
Fettarme Milch
entrahmte Milch
Hitzebehandlung
Pasteurisierung
Ultrahocherhitzung
Sterilisation
Homogenisierung
Frischmilch
H-Milch
Sterilmilch
Abb. 12: Milchverarbeitung (Übersicht)
-18-
3.2
Hitzebehandlung
Die Hitzebehandlung von Rohmilch dient in erster Linie der Abtötung pathogener
Mikroorganismen und der Inaktivierung von Enzymen. Dadurch wird die Milch länger
haltbar gemacht. Ein Nebeneffekt ist die Denaturierung von Proteinen, so wird die
Milch leichter verdaulich.
Es werden drei verschiedene Verfahren zur Hitzebehandlung angewendet, die
Pasteurisierung, das Ultrahocherhitzen und die Sterilisation.
Pasteurisierung:
Erhitzen auf 72-75°C über 15-30 Sekunden. Man erhält
Frischmilch, die gekühlt 3-6 Tage haltbar ist.
Ultrahocherhitzen: Erhitzen durch einen Dampfstoß auf 135-150°C, mindestens 1
Sekunde. Man erhält H-Milch (haltbare Milch), diese ist verpackt
6 Wochen ungekühlt haltbar, jedoch gehen beim Erhitzen
wichtige Vitamine verloren.
Sterilisation:
Erhitzen in der Verpackung auf 115-117°C. Dabei werden
Mikroorganismen und Enzyme weitgehend inaktiviert, Sterilmilch
ist daher ungekühlt bis zu 6 Monate haltbar. Jedoch ist der
Nährwert geringer als bei Frischmilch, so dass Sterilmilch nicht
als Nahrung für Säuglinge und Kleinkinder verwendet werden
sollte.
___________________________________________________________________
VERSUCH 7:
NACHWEIS DER PASTEURISIERUNG
MATERIAL:
2 Demonstrationsreagenzgläser
Wasserbad 40°C
Messpipetten 5 mL
CHEMIKALIEN:
Rohmilch
Pasteurisierte Milch
Formaldehyd-Lösung (0,4%)
Methylenblau-Lösung (0,04% in Wasser)
Paraffinöl
-19-
DURCHFÜHRUNG: In zwei Demonstrationsreagenzgläser werden je 20 mL Milch
gegeben (1x Rohmilch, 1x pasteurisierte Milch). Anschließend gibt
man in beide Gläser je 3 mL Formaldehydlösung und 2 mL
Methylenblau-Lösung,
dann
überschichtet
man
zum
Sauerstoffausschluss etwa 2 cm hoch mit Paraffinöl. Beide
Reagenzgläser werden in ein Wasserbad (40°C) gestellt.
AUSWERTUNG:
Nach etwa 5 Minuten beobachtet man eine Entfärbung des
Reaktionsgemisches, das Rohmilch enthält, während das Gemisch
mit pasteurisierter Milch blau bleibt.
Rohmilch enthält das sog. Schardinger-Enzym, eine AldehydDehydrogenase.
Formaldehyd
Das
auf
Enzym
überträgt
Methylenblau,
Wasserstoff
welches
zum
von
farblosen
Leukomethylenblau reduziert wird. Da das Schardiger-Enzym bei
Erhitzen auf 60°C zerstört wird, fehlt es in der pasteurisierten Milch,
es tritt dort keine Entfärbung ein. Diese Reaktion wird auch in der
Molkereitechnik zum Nachweis der Pasteurisierung angewendet.
REAKTIONSMECHANISMUS:
Formaldehyd als Wasserstoffdonator (Oxidation):
OH
SchardingerH C OH
Enzym
H
O
H C
+
H2O
H
Formaldehyd
O
H C
+
OH
2 [H]
Ameisensäure
Methandiol
Methylenblau als Wasserstoffakzeptor (Reduktion):
H
N
N
H3C
N
CH3
S
Schardinger-Enzym/ 2[H]
+
N
X
CH3
Luftsauerstoff
CH3
H3C
H
+
S
N
CH3
N
CH3
CH3
Leuko-Methylenblau
farblos
Methylenblau
blau
___________________________________________________________________
-20-
+X
3.3
Homogenisierung
Bei der Homogenisierung wird die Größe der Fettmicellen verkleinert, indem die
Milch mit hohem Druck (200-350 bar) durch feine Düsen gepresst wird, dabei wird
auch die Proteinhülle der Fetttröpfchen zerstört. Native Fettmicellen haben eine
Größe von 0,1-10 μm, diese wird auf 0,1-1 μm verringert, so kommt es nicht mehr
zum Aufrahmen der Milch.
nicht
homogenisierte Milch
homogenisierte
Milch
Große
Fetttröpfchen
rahmen auf
kleine
Fetttröpfchen
bleiben fein
verteilt
Abb. 13: Homogenisierung (schematisch)
Nach: http://www.chemieunterricht.de/dc2/milch/m-bearb.htm
4.
Milchprodukte
Milchprodukte kann man in drei große Kategorien einteilen, die Sauermilchprodukte,
Sahneerzeugnisse und Käse. Außerdem zu erwähnen sind Milchtrockenprodukte,
Molke, Eiweißerzeugnisse und Kondensmilch, worauf allerdings nicht näher
eingegangen werden soll.
4.1
Sauermilcherzeugnisse
Zu dieser Kategorie gehören alle Produkte, die durch Milchsäurebakterien fermentiert
werden. Vor der Zugabe der Starterkulturen wird die Milch hitzebehandelt, um
unerwünschte Bakterien und somit unerwünschte Gärungsprozesse zu unterbinden.
-21-
Anschließend wird die Milch homogenisiert und es werden die jeweiligen
Starterkulturen zugesetzt, es folgt das Bebrüten der Milch bei einer bestimmten
Temperatur. Je nach Bakterienstamm und Verfahren erhält man als Produkte
Joghurt, Dickmilch, Saure Sahne oder Kefir.
Zur Herstellung von Joghurt werden Mischkulturen der Säurebildner Streptococcus
thermophilus und Lactobazillus bulgaricus zugesetzt und die Milch bei 42-54°C etwa
3 Stunden bebrütet. Die beiden Bakterienstämme leben symbiotisch im Joghurt und
fördern sich durch Bildung von speziellen Säuren und Peptiden gegenseitig im
Wachstum. Nach Abkühlen erhält man stichfesten Joghurt. Dieser Joghurt kann,
sofern nicht durch Hitzebehandlung die Bakterien abgetötet wurden, als Starterkultur
für neuen Joghurt verwendet werden. In der Molkereitechnik werden jedoch nur
frische Kulturen verwendet, da sich das Verhältnis der beiden Bakterienstämme im
Laufe der Zeit verändert.
Probiotische Produkte, die in letzter Zeit immer mehr in Mode geraten, enthalten
noch lebende Bakterien, sind also nicht hitzebehandelt worden. Diese Bakterien sind
magensaftresistent und sollen die Darmflora positiv beeinflussen.
___________________________________________________________________
REZEPT:
HERSTELLUNG VON JOGHURT
ZUTATEN:
1 L frische Vollmilch (oder H-Milch, diese muss vorher nicht
abgekocht werden)
Frischer Vollmilchjoghurt (nicht wärmebehandelt)
MATERIAL:
Kochtopf
Thermometer
Schneebesen
Esslöffel
Joghurtbereiter (Milch kann auch im Kochtopf, der durch Handtücher
isoliert wird, bebrütet werden)
ZUBEREITUNG: Die Milch kurz aufkochen, dann auf etwa 45°C abkühlen lassen. 2
Esslöffel Vollmilchjoghurt einrühren und in den Joghurtbereiter füllen.
Bei 45 °C 6 Stunden lang bebrüten, anschließend in den Kühlschrank
stellen, fertig ist der stichfeste Joghurt.
___________________________________________________________________
-22-
4.2
Sahneerzeugnisse
Zu den Sahneerzeugnissen gehören Schlagsahne, Streichrahm, Sahneeis und viele
weitere Produkte, die aus Sahne hergestellt werden, nicht zu vergessen die Butter.
„Wenn man Milch stößt, macht man Butter daraus“ (Salomon 30, 33), so lautet das
wohl älteste bekannt Butterrezept. Heute wird Butter immer noch nach dem selben
Prinzip hergestellt, auch wenn das Verfahren natürlich optimiert wurde.
Zuerst wird durch Zentrifugation der Rahm von der Magermilch getrennt, Dieser wird
anschließend hitzebehandelt und weiterverarbeitet. Butter entsteht aus Süßrahm
oder Sauerrahm. Schlägt man den Butterrahm, wird die Emulgatorhülle der
Fetttröpfchen zerstört, die Fetttröpfchen fließen zusammen und bilden Butterkörner,
die sich von der Buttermilch trennen. Durch anschließendes Kneten wird dafür
gesorgt, dass sich restliche Wassertröpfchen fein in der Butter verteilen, man erhält
eine Wasser-in-Fett-Emulsion.
___________________________________________________________________
REZEPT:
HERSTELLUNG VON BUTTER
ZUTATEN:
250 mL Sahne
Etwas Salz
MATERIAL:
Rührbecher
Mixer
Sauberes Tuch
2 Holzlöffel
Holzbrettchen
Form für die Butter
ZUBEREITUNG: Die Sahne solange mit dem Mixer schlagen, bis sich die Butterflocken
von der Buttermilch trennen (etwa 10 min). Durch das Handtuch gut
auspressen und anschließend auf dem Holzbrettchen mit den Löffeln
kneten, etwas salzen. In eine Form pressen und kühl stellen
___________________________________________________________________
-23-
4.3
Käse
Nach der Käse-Verordnung sind Käse frische oder in verschiedenen Graden der
Reifung befindliche Erzeugnisse, die aus dickgelegter Milch hergestellt sind. Man
unterscheidet sie nach Milchart, Art der Dicklegung, Grad der Reifung, Konsistenz
und nach dem Fettgehalt. In der Molkerei wird Milch erst auf ihre Käsereitauglichkeit
geprüft, diese ist abhängig von der mikrobiellen Beschaffenheit. Anschließend wird
der Fettgehalt eingestellt und die Milch wärmebehandelt. Der nächste Schritt ist die
Dicklegung der Milch, die jetzt Kesselmilch genannt wird. Geschieht das Dicklegen
durch Milchsäurebakterien, spricht man von Sauermilchkäse, wird die Milch mit Lab
dickgelegt, spricht man von Labkäse. Nach dem Dicklegen wird das Casein,
Sauermilchquark oder Dickete genannt, von der Molke getrennt. Aus der Molke kann
nun Molkekäse hergestellt werden, häufig wird sie auch als Viehfutter verwendet.
Dem Käsebruch werden nun unterschiedliche Reifungskulturen zugesetzt, es
entstehen gereifte Sauermilch- oder Labkäse (vgl. Abb.14).
Lab-Enzym,
Reifungskulturen
Milchsäurebakterien
Quark,
Frischkäse
Milch
Dickete
schneiden
schneiden, formen, salzen
Molke
Käsebruch
Molke
Reifungskulturen
formen, salzen, pressen
Reifung
Molke
gereifte Sauermilchkäse
gereifte Labkäse
Abb. 14: Käseherstellung – Überblick
Nach: NiU-C, 7/33., Jg.1996, S 31
Frischkäse wird aus ungereiftem Sauermilchquark hergestellt. Will man Kochkäse
herstellen, schmilzt man Sauermilchquark unter Zusatz von Salz, Sahne, Butter und
Gewürzen.
Wird
Sauermilchquark
mit
bestimmten
Bakterien
und
Schimmelpilzkulturen besprüht, reift er von außen nach innen zum Sauermilchkäse
(z.B. Handkäse).
-24-
Labkäse wird durch Salzen weitere Molke entzogen, dabei entsteht eine Rinde.
Außerdem wird durch Salzen das Wachstum von Verderbniserregern gehemmt. Die
Reifung
erfolgt
zuerst
durch
die
bereits
vorhandenen
und
zugesetzten
Mikroorganismen, dies führt zu einem verstärkten Ausfällen des Caseins. Bei der
zweiten Reifung sind besonders die bakteriellen Enzyme aktiv, die Proteine werden
zersetzt, Amine und Aldehyde entstehen und ergeben den charakteristischen
Käsegeschmack.
___________________________________________________________________
VERSUCH 8:
ENZYMATISCHE CASEINFÄLLUNG MIT LAB
MATERIAL:
Becherglas (100 mL)
Wasserbad 40°C
CHEMIKALIEN:
Rohmilch
Lablösung (0,5 g Labferment in 20 mL Wasser)
DURCHFÜHRUNG: 40 mL Milch werden mit 20 mL Lablösung vermischt und im
Wasserbad auf 40°C erwärmt, nach 10 Minuten beobachtet man,
das die Milch zu einem Gel wird, die Molke scheidet sich schon
teilweise am Boden des Glases ab.
AUSWERTUNG:
Das Labenzym Rennin (Chymosin) wurde früher aus dem
Labmagen säugender Kälber gewonnen, man nimmt an, das alle
jungen Säugetiere dieses Enzym während der Saugphase bilden.
Heute wird das Enzym durch gentechnisch veränderte Bakterien
hergestellt.
Setzt man das Enzym der Milch zu, so spaltet es selektiv die
Peptidbindung des κ-Caseins an der Stelle Phe105-Met106. Somit ist
das Casein nicht mehr vor Ausflockung geschützt, es entsteht ein
lösliches Glycopeptid und das unlösliche Paracasein. Dieses
verbindet sich mit α- und β-Casein über Calciumphosphatbrücken
zu einem Gel, welches die Milch dickgelegt.
-25-
Gerinnung der Milch durch Lab:
1
105
106
169
Peptid····Phe - Met····Peptid
κ-Casein
Lab
1
105
106
169
Peptid····Phe + Met····Peptid
Paracasein
Glycopeptid
___________________________________________________________________
REZEPT:
HERSTELLUNG VON MOZZARELLA-KÄSE
ZUTATEN:
2 L pasteurisierte Milch
1 Zitrone
1 Labtablette (0,5 g)
50 g Salz
MATERIAL:
Kochtopf
Schneebesen
Handtuch zum Isolieren
Saubere Geschirrhandtücher
Salatsieb
Eimer oder große Schüssel
Durchlöcherte Form
Brettchen
Gewichte (Konservendosen)
Hinweis. Alle benötigten Materialien müssen vorher gereinigt und
möglichst keimarm gemacht werden (auskochen)!
ZUBEREITUNG: Milch
auf
32°C
erwärmen,
3
Esslöffel
Zitronensaft
zur
Geschmacksverbesserung zugeben. Eine Labtablette in wenig
Wasser auflösen und einrühren. Milch eine Stunde lang eingewickelt
in Tüchern eindicken lassen. Mit dem Messer die Dickete in Würfel
schneiden und kurz stehen lassen. Milchmasse auf ein Sieb geben,
das mit einem sauberen Tuch ausgelegt ist, Molke auffangen.
-26-
Käsebruch
eine
Stunde
gut
abtropfen
lasse,
dann
in
eine
durchlöcherte Form geben, die mit einem Tuch ausgelegt ist, Über
Nacht Molke gut abtropfen lassen. Brettchen und Gewichte auf den
Käse legen und 3 Stunden lang gut pressen. Salz in ½ Liter Wasser
aufkochen, abkühlen lassen. Nach dem Pressen Käse für 4 Stunden
in das Salzbad legen, im Kühlschrank aufbewahren, anschließend
abspülen. Dieser Käse ist im Kühlschrank 3-5 Tage haltbar, um
Austrocknen zu vermeiden, in einer verschlossenen Schüssel in der
Molke aufbewahren.
Schneiden
Labenzym
Dicklegen
Dickete
Käsebruch
formen
pressen
abtropfen
Molke
Guten Appetit!
Mozzarella
Abb. 15: Herstellung von Mozzarella-Käse
___________________________________________________________________
-27-
5.
Ausblick – Milch in der Schule
Die Möglichkeiten, das Thema Milch in der Schule zu behandeln, sind sehr vielfältig.
In fast allen Jahrgangsstufen lässt sich das Thema einbringen; angefangen bei den
Milchprodukten und der gesunden Ernährung in den Klassen 5-8, über die
Milchverarbeitung (9-10) und der chemischen Analyse von Milch (Oberstufe). Neben
der Chemie lässt sich Milch auch noch in anderen Fächern behandeln, z.B. in der
Biologie (Ernährung, Mikrobiologie), aber auch in den Gesellschaftswissenschaften
(Industrielle Verarbeitung, Verpackung, Transport, Markt etc.). Aufgrund der Vielfalt,
die das Thema bietet, ist auch fächerübergreifender Unterricht möglich. Folgende
Grafik soll nur einen kleinen Überblick über die zahlreichen Ansatzpunkte geben, die
das Thema Milch für den Schulunterricht bietet.
Bi
o
lo
g
ie
Transport
Produkt- und
umweltgerechte
U
Verpackung
erz mwe
ieh ltun
g
Milchbildung
Mikrobiologie der Milch
Gentechnik
Hygiene
Ernährung
Chemie
Analyse
Synthese von
Zusatzstoffen
re
h
le
So
zi
a
ts
ei
lk
u
b
Ar
nd
e
Milch
Landwirtschaft
Industrielle Milchverarbeitung
Abb. 16: Milch in der Schule – Ein Ausblick
-28-
6.
Literaturverzeichnis
[1] Apel, J. und Wöhrmann, H.: „Rund um die Milch“ ein Unterrichtskonzept; in
Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 18 ff
[2] Deifel, A.: Die Milchsäure im Joghurt – Auswirkungen der Säure auf das
Casein der Milch; in: Praxis der Naturwissenschaften – Chemie, 7/44, Jg.
1995, S. 22 ff
[3] Dietrich, V.: Zur Behandlung der Milchsäure im Chemieunterricht; in: Praxis
der Naturwissenschaften – Chemie, 7/48, Jg. 1999, S. 6 ff
[4] Döring,
U.:
„Milch“,
SEK
I
Chemie,
Curriculare
Entwicklungen,
Pädagogisches Zentrum (Hrsg.), Berlin 1989
[5] Gottschall, K. und Pfeifer, P.: Von der Milch zum Käse – Mit Anregungen zu
einem projektorientierten Unterricht; in: Naturwissenschaften im Unterricht
Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 32 ff
[6] Gruber, W. und Klautke, S.: Milch und Milchprodukte; in: Unterricht Biologie,
15/170, Jg. 1991, S. 4 ff
[7] Gymnasium Konz, Projekt Lebensmittelchemie: Nachweis von SchardingerEnzym
in
Milch:
http://www.Gymnasium-konz.bildung-rp.de/Projekte/
chemie/Lebensmittel/
[8] Prof.
Blumes
Medienangebot:
Rund
um
die
Milch;
http://www.chemieunterricht.de/dc2/milch.htm (und alle damit verlinkten
Seiten zum Thema innerhalb Prof. Blumes Medienangebot)
[9] Pfeifer,
P.:
Das
Thema
„Milch“
und
der
Chemieunterricht;
in:
Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 4 ff
[10] Schlieper, C.: Grundfragen der Ernährung, 11.Aufl., Verlag Dr. Felix Büchner,
Hamburg 1992
[11] Voigt-Niehus, R., Ahrens, H. und Nevers, P.: Milchverarbeitung früher und
heute; in: Unterricht Biologie, 15/170, Jg. 1991, S. 27 ff
[12] Wöhrmann, H.: Die Geschichte der Milch; in: Naturwissenschaften im
Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 9 ff
[13] Wöhrmann, H.: Milch auf dem Prüfstand – Experimente rund um die Milch; in
Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, 7/33, Jg. 1996, S. 11 ff
-29-
Herunterladen