1 Amandus-Abendroth-Gymnasium_ Abendrothstr.10_______________ 27474 Cuxhaven_______________ Facharbeit im Leistungskurs Biologie Ökologische Aspekte genetischer Veränderungen an Kulturpflanzen ( „grüne Gentechnik“ ) Verfasser: Carlos Yniguez Fachlehrer: Christiane Schneider Abgabetermin: 24.03.2004 2 Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt und die Stellen der Facharbeit, die im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt aus anderen Werken entnommen wurden, mit genauer Quellenangabe kenntlich gemacht habe. Verwendete Informationen aus dem Internet sind der Lehrerin vollständig im Ausdruck zur Verfügung gestellt worden. Cuxhaven, den 11.02.2004 Carlos Yniguez_________ ___________________ 3 1. Einleitung Jeder hat sicherlich schon mal etwas von Gentechnik gehört, evtl. sogar im Zusammenhang mit Pflanzen. Wenn die Allgemeinheit von Gentechnik bei Pflanzen spricht, wird oft von „grüner Gentechnik“ geredet. Obwohl dieses Thema immer aktueller wird und häufig auch aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und sehr kontrovers diskutiert wird, bleiben noch viele Fragen offen. Mit dem Thema „Gentechnik“ sind viele Ängste verbunden, welche oft stichhaltig mit Forschungsversuchen begründet werden können. Das Schlagwort der Gentechnik in Bezug auf Pflanzen ist die „Resistenz“. Diese ist der eigentliche Beweggrund wieso überhaupt versucht wird, bestimmte Gene von Pflanzen zu modifizieren/verändern. Die Ursachen des Schadens an Kulturpflanzen reichen von einfachen Raupen bis hin zur Dürre. Im Laufe der Jahre ist es Forschern gelungen gesamte Genome höherer Pflanzen zu entziffern, welches ihnen erleichterte bestimmte Gene „auszutauschen“ und somit die Resistenz gegen beispielsweise Dürre zu maximieren. Ziel dieser Facharbeit ist es dem Leser ein Einblick in die Gentechnik in Bezug auf Pflanzen zu geben. Damit der Leser überhaupt erst einmal einen Überblick bekommt von der Art und Weise wie Gentechnik auf Pflanzen angewandt werden kann, möchte ich verschiedene Methoden erläutern mit denen es möglich ist das Erbgut einer Pflanze zu verändern. Zu diesen Methoden zählt sowohl die Veränderung des Erbguts durch den „natürlichen“ Einsatz von Bakterien, als auch der Einsatz der „Genkanone“. Ich werde versuchen dem Leser Schritt für Schritt einzelne Eigenschaften der Gentechnik interessant zu erläutern um ihm somit das Verstehen der einzelnen Methoden zu erleichtern. Mit Hilfe dieser Informationen werde ich aktuelle, genetisch veränderte Pflanzen vorstellen, wie beispielsweise der Mais, die Tomate oder den Raps. Weiterhin werde ich auf die ökologischen Aspekte und die damit verbundenen Folgen der Gentechnik an 4 Kulturpflanzen eingehen, wobei ich mich auf aktuelle Statistiken beziehen werde und gleichzeitig an Hand von Forschungsergebnissen erklären werde wieso über das Thema Gentechnik immer kontrovers diskutiert wird. 2. Begriffserläuterungen zum Thema Zur Einführung in die Gentechnik möchte allgemeine Einzelheiten der Zelle und Zellorganismen der Pflanze wiederholen, sowie eine möglichst exakte Definition einer Kulturpflanze anführen. Die DNA & das Gen Der Grundbaustein für die Gentechnik ist die Desoxyribonukleinsäure, sprich DNS. Zwischen DNS und DNA besteht kein Unterschied, außer das DNA Englisch ist und „Desoxyribunucleinacid“ bedeutet. Diese beinhaltet das Erbgut aller Organismen, egal ob Bakterium, Pflanze, Tier oder Mensch1. Von großer Bedeutung sind die vier Basen der DNA (Adenin, Cytosin, Thymin, Guanin). Wie wir wissen, codieren diese vier Basen die Erbinformation. Das Gen Als Gen kann man einen bestimmten Abschnitt der DNA oder RNA bezeichnen. Es wird bis jetzt als „kleinste funktionelle Einheit der Vererbung“2 definiert. Die Größeneinheit eines Gens wird in Basenpaaren (bp) oder Kilobasenpaaren angegeben. So sind 1000 Basenpaare (bp) ein 1 Kilobasenpaar (kb). Ein DNA-Molekül mit 1000 bp hat eine durschnittliche Breite von 2 Nanometer (nm) aber eine Länge von rund 320 nm. Ein Nanometer sind 10-9 Meter. Genom bezeichnet. Das Plasmid 1 2 Vgl. Riewenherm, S. (2000), S.10 www.wissen.de Stichwort: Gen Alle Gene eines Organismus werden als 5 Plasmide sind zusätzlich zufindende DNA-Moleküle welche eine zirkuläre Struktur besitzen. Plasmide kommen sowohl in Prokaryonten als auch in Eukaryonten vor. Wissenschaftler haben es geschafft Plasmide so zu modifizieren, dass sie fremde DNA aufnehmen können. Die Plasmide spielen in den Transformations-Methoden eine sehr große Rolle und werden deshalb auch häufig als „Gen-Fähren“ oder „Vektoren“ bezeichnet.3 3. Herstellung einer transgenen Pflanze Im Laufe der Jahre wurden verschiedene Methoden erforscht mit denen es möglich wurde, das Erbgut einer Pflanze zu verändern. Nur drei Methoden konnten sich durchsetzen. Dies liegt daran das bei sehr komplizierten Methoden, die Wahrscheinlichkeit zu gering war, dass die 2. Generation die, durch die Transformation errungenen Eigenschaften, beibehielt. Oftmals war die gentechnisch veränderte Pflanze nicht einmal in der Lage sich zu reproduzieren, weshalb das angewandte Verfahren nicht weiter praktiziert wurde. Insgesamt wurden schon 150 Pflanzen erfolgreich transformiert, d.h. gentechnisch verändert4. Darunter befinden sich auch viele Nutzpflanzen wie beispielsweise Äpfel, Mais oder Tomaten. Unter einer „transgenen“ Pflanze versteht man eine deren Erbgut verändert wurde, wobei die veränderte DNA oft als „Transgen“ bezeichnet wird. Der eigentliche Vorgang wird einfach als „Transformation“ definiert. Bei einer Transformation werden immer nur einzelne oder wenige Gene übertragen. Dabei ist es interessant das nicht nur Gene von einer Pflanze in die andere übertragen werden können, sondern es ist gleichzeitig möglich gewisse Gene eines Bakteriums auf eine Pflanze zu übertragen. Somit lassen sich nicht nur einzelne Eigenschaften einer Pflanze modifizieren, sondern es besteht die Möglichkeit komplett neue Merkmale zu erschaffen. 3 4 www.biosicherheit.de , lexikon, stichwort: plasmid Vgl. Kempken, F. (2003), S.85 6 Die drei verschiedenen Verfahren unterscheiden sich in einem wesentlichem Punkt. So nutzt die Methode des „agrobacterium-tumefaciens“ eher von „Natur aus gegebenen“ Eigenschaften. Wohingegen die biolistische Transformation nicht so intensiv sich „Gebrauch von der Natur“ macht. 3.1 Transformation mit Agrobacterium-tumefaciens Die Herstellung einer transgenen Pflanze mittels der Agrobacteriumtumefaciens-methode ist wohl die am meist bekannteste. Anhand des Namens lässt sich leicht herleiten das es sich um ein Bakterium handelt. Eine Wunde im Pflanzengewebe ist die mindeste Vorraussetzung für diese Art gentechnischen Eingriff. Der Grund dafür liegt darin, dass eine verwundete Pflanze spezifische Stoffe aussondert, was dazu führt dass das Agrobacterium-tumefaciens ist ein Bodenbakterium welches in der Lage ist sein Erbgut auf das der angegriffenen Pflanze zu übertragen. Gleichzeitig ruft das Bakterium die Bildung von Tumoren hervor, welche als „Lebensraum für die Bakterien dienen“5. Diese Tumore werden auch „Wurzelhalsgallen“ genannt. 1907 entdeckte man zuerst das dieses Bakterium dafür verantwortlich war, solch eine Reaktion bei einer Pflanze auszulösen. Ungefähr 70 Jahre später fanden Wissenschaftler, zusätzlich zu der genomischen DNA, sehr große Plasmide von einer Größe von 200 bis 800 kb6. Es dauerte nicht lang und man stellte fest, das dies diese Plasmide die Tumoren verursachten und nannte sie deshalb „Tumor induzierende Plasmide“ (Ti-Plasmide). Diese Plasmide tragen zum einen Gene, welche dazu beitragen verwundete Zellen erkennen zu können und zum anderen Gene, die für den Transport der T-DNA in die pflanzliche Zelle verantwortlich sind. Bei der T-DNA (Transfer-DNA) handelt es sich um ein Teil des Ti-Plasmids. Allerdings sind zwei wesentliche Aspekte noch nicht erforscht. Zum einen der genau Ablauf der T-DNA Übertragung in die pflanzliche DNA und zum anderen kann der genaue Integrationsort noch nicht bestimmt werden, d.h. die Integration geschieht immer zufällig. 5 6 Kempken, F. (2003), S.86 Kempken, F. (2003), S.87 7 3.2 Die biolistische Transformation Die biolistische Methode unterscheidet sich im ganzen von der Agrobacterium-tumefaciens Methode zur Herstellung einer transgenen Pflanze. Umgangssprachlich ist die biolistische Methode oft in Zusammenhang oder sogar nur als „Genkanone“ bekannt. Bei dieser Methode werden zuerst Wolfram- oder Goldpartikel mit DNA beschichtet. Anschließend wird pflanzliches Gewebe oder einzelne Zellen mit den Partikeln inkl. DNA beschossen. Die ersten Entwürfe wurden noch mit Schießpulver betrieben. Heute wird komprimiertes Helium zur Beschleunigung verwendet. Die dabei erreichte Geschwindigkeit beträgt in etwas 1300m/s7. Aufgrund der immens kleinen Größe der Partikel, dringen diese in die Zelle eine ohne einen bedeutenden Schaden zu verursachen. Die Herstellung einer transgenen Pflanze mit der biolistischen Transformation hat gegenüber anderen Methoden mehrere Vorteile. Im Vergleich mit der Agrobacterium-tumefaciens Methode besteht kein langwieriger Prozess der Übertragung. Hinzu kommt, dass die bei der biolistischen Methode verwendeten Vektoren nicht so kompliziert aufgebaut sind, wie die, die bei dem Agrobacterium-tumefaciens Vorgang verwendeten. Der wahrscheinlich größte Vorteil liegt jedoch darin, dass die biolistische Methode nicht eingeschränkt anwendbar ist, sondern für alle Organismen verwendet werden kann. Ob die Durchführung dieser Methode jedoch erfolgreich abläuft ist von verschiedenen Faktoren abhängig: DNAMenge pro Gold- oder Wolframpartikel, die Geschwindigkeit der Partikel, die Partikelzahl und Größe, sowie die Art und Dichte der verwendeten Zellen oder Gewebe2. 3.3 Die Protoplastentransformation Pflanzliche Zellen besitzen im Gegensatz zu tierischen Zellen eine Zellwand. Diese besteht zum Großteil aus Zellulose und muss bei der Protoplastentransformation abgebaut werden. Dazu werden Zellulasen (Enzyme) benötigt, welche die Zellwand systematisch abbauen. „Als 7 2 Vgl. Kempken, F. (2003), S.96 Vgl. Kempken, F. (2003), S.96 8 Konsequenz entstehen zellwandlose, abgerundete Protoplasten, die in einem isoosmotischen Medium gehalten werden müssen, damit sie stabil bleiben.“8 Von diesem Punkt an bestehen zwei weiter Methoden mit denen man die DNA in die Protoplasten integrieren kann. Bei der ersten handelt es sich um die Verwendung des sogenannten „Polyethylenglykol“ (PEG). Durch die Verwendung von PEG entstehen Einstülpungen in der Membran, welche permeabel für die einzuschleusende DNA sind. Sobald höhere Mengen von PEG verwendet werden, besteht auch die Möglichkeit das Protoplasten komplett miteinander verschmelzen und DNA aufnehmen. 4. Die verbesserte Anpassung an Umweltbedingungen Der Aspekt der Umweltbedingungen verbesserten durch Anpassungen Transformation ist von Pflanzen wohl einer an der interessantesten, da er sich mit einer Vielzahl verschiedener Themen befasst. Zum einen wird hier die Resistenz gegen Herbizide thematisiert, zum anderen auch die Resistenz gegen verschiedene, entscheidende Faktoren wie Trockenheit (Dürre). 4.1 Resistenz gegen Herbizide Der ein oder andere mag sicherlich wissen was Herbizide sind, jedoch muss hier differenziert werden. Herbizide sind chemische Mittel, die angewendet werden um Unkraut oder Konkurrenzpflanzen zu bekämpfen. Der genaue Unterschied zwischen Herbiziden liegt in der Wirkweise. Zum einen gibt es Herbizide die nur bestimmte Pflanzen angreifen bzw. schaden und zum anderen gibt es auch Herbizide die einer sehr breiten Masse von Pflanzen schaden. Hier unterscheidet man selektive Herbizide und Totalherbizide. Die wohlbekanntesten Totalherbizide sind „RoundUp“ (Glyphosat) und „Basta“ (Phosphinothricin). 4.1.1 Eigenschaften von RoundUp & Resistenz gegen RoundUp 8 Kempken, F. (2003), S.98-99 9 Die Wirkweise von RoundUp ist im groben relativ einfach zu verstehen. Bei der Anwendung von RoundUp wird bei der angegriffenen Pflanze das Enzym „5-Enol-pyruvylshikimat-3-Phosphat-Synthase“ (EPSP-Synthase) inhibiert. Dieses Enzym ist lebenswichtig für die Pflanze, da es zur Produktion von aromatischen Aminosäuren beiträgt. Menschen und Tiere besitzen dieses Enzym nicht, weshalb RoundUp in dem Sinne, nicht schädlich für Menschen oder Tiere ist.9 Wissenschaftler haben es, wieder mit bakterieller Hilfe, geschafft Pflanzen gegen RoundUp Resistent zu machen. Diese Resistenz wurde mit Hilfe vom Agrobacterium-tumefaciens erschaffen. Im Detail, wurde vom Agrobacterium-tumefaciens die EPSP-Synthase isoliert und in andere Pflanzen integriert. Neben dieser Methode besteht noch die Möglichkeit eine mutagenisierte EPSP-Synthase einzufügen, welche gegen RoundUp resistent ist. 4.2 Resistenz gegen Insekten Die Resistenz gegen Schadinsekten hat eine große Bedeutung erlangt, insbesondere im Zusammenhang mit der Gentechnik. Besonders in der Landwirtschaft haben Pflanzen, die so transformiert worden sind dass sie gegen Schadinsekten resistent sind, enorm an Bedeutung gewonnen. Der Schaden der von Insekten verursacht wird lässt sich differenzieren. Insekten sind in der Lage Pflanzen direkt zu schaden, d.h. durch „Fressen“ oder indirekt durch Viren oder Bakterien. Um Schadinsekten zu bekämpfen werden oft Pestizide angewendet, wobei die Verwendung von Pestiziden zweifellos aus ökologischer Sicht bedenklich gesehen wird10. 4.2.1 Bacillus thuringensis und Bt-Toxin Bacillus thuringensis ist ursprünglich ein natürliches Bodenbakterium, welches für Fraßinsekten ein giftiges Kristallprotein bildet11. Die Wirkung vom Bt-Toxin (Gift welches vom Bacillus thuringensis produziert wird) 9 Kempken, F. (2003), S.128 Kempken, F. (2003), S.130 11 Vgl. www.biosicherheit.de ; stichwort: bacillus thuringensis 10 10 entfaltet sich erst im Darm der Insekten. „Im Insektendarm werden die [Delta]-Endotoxine in die aktive Form umgewandelt, die sich in die Zellmembran der Darmepithelzellen einlagert.“12 Durch diese Umwandlung und Einlagerung kommt es zu fatalen Schäden im Darm der Fraßinsekten, welche dann letztendlich zum Tod führen. Wissenschaftlern gelang es Gene welche Bt-Toxine produzieren, zu modifizieren und in wichtige Nutzpflanzen zu integrieren, welche von Natur aus nicht solch einen „Abwehrmechanismus“ besitzen. 4.2.2 Der Bt-Mais Sehr interessant bezüglich dieses Gesichtspunkts, ist die gelungene Integrierung solcher Gene in die Maispflanze. Der sogenannte Bt-Mais war die erste gentechnisch veränderte Pflanze, die nicht nur angebaut werden durfte, sondern deren Erntegut auch verkauft worden durfte. Der Grund für Genehmigung bestand wohl darin, dass ca. 10% des Ernteverlusts auf den sogenannten „Maiszünsler“ (Ostrinia nubilalis) zurück zu führen war. Dieser frisst sich, nachdem er die Blätter angefressen hat, in den Stängel der Maispflanze und „holt“ diese anschliessend aus. Aufgrund dieser Art und Weise dem Mais zu schaden, war die Erzeugung von „Bt-Mais“ fast evolutionär. Denn vor dieser Möglichkeit, die Bt-Toxin erzeugenden Gene in den Mais zu integrieren, half die Besprühung von Insektiziden nicht gegen den Maiszünsler. Kommerziell und ökologisch war dies von großer Bedeutung, da 1996 und 1997 durch die Verwendung von Bt-Mais (in den USA) die benutzte Insektizidmenge im Maisanbau um 10% gesunken ist, wobei der Ertrag um 9% anstieg.13 5. Verbesserte Anpassung an Stressfaktoren Vorausgehend sei gesagt, dass Pflanzen im allgemeinen sehr an ihren Standort gebunden sind und sich diesem auch meist anpassen. Somit sind 12 13 Kempken, F. (2003), S.131 Kempken, F. (2003), S.132 11 Pflanzen an ihren eigenen Lebensraum „gewöhnt“. Bei der Analyse der Anpassung an Stressfaktoren müssen insbesondere die abiotischen Faktoren beachtet werden. Die relevantesten Faktoren sind die physiographische, edophische und hydrologische Umwelt. In Zukunft wird es aus verschiedenen Gründen lebensnotwendig sein Pflanzen gentechnisch an Stressfaktoren anzupassen. Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass die jetzt benutzbare Ackerfläche zukünftig nicht ausreichen wird, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Deshalb liegt die Idee sehr nahe, Nutzpflanzen durch Transfirmation an andere Lebensraumverhältnisse anzupassen. In direktem und indirektem Zusammenhang mit den Stressfaktoren hängt der oxidative Stress. „Darunter versteht man das Auftreten toxischer reaktiver Sauerstoffverbindungen oder abgekürzt ROS (reactive oxygen species).“14 Im Detail schadet ROS den Nukleinsäuren und somit den Zellstrukturen. Nach der Bildung von ROS sorgen bestimmte Gene für die Bildung von Antioxidanzien, welche dem ROS entgegenwirken. Bei ROS welche auf Salz oder Trockenheit zurückzuführen sind, versucht die Pflanze das Wasser nicht aus der Zelle nach aussen passieren zu lassen. „Glycinbetaine“ zählen zu den Substanzen, die Pflanzen benötigen um das Wasser auf zellulärer Ebene zurückzuhalten. Bei der Ackerschmalwandpflanze (Arabidopsis thaliana) ist es bereits gelungen sie so zu transformieren, das sie eine erhöhte Konzentration an Glycinbetainen produziert, was zur Folge hat, dass sie eine höhere Salztoleranz aufweist. Ein fast genauso großes Problem wie versalzte Böden, stellt die Dürre da. Um erstmals eine Pflanze gegen Dürre resistenter zu machen, wurde erneut die Arabidopsis thaliana herangezogen. Sie gilt für viele Wissenschaftlicher als „Laborratte“, da sie leicht zu züchten ist, ihr Modellorganismus gentechnisch einfach zu verändern ist und ihr Erbgut zu 100% sequenziert (entschlüsselt) ist.15 In der Arabidopsis thaliana haben Wissenschaftler ein Gen gefunden, welches den Stoffwechsel bei Dürre „zurückschraubt“. Genauer gesagt, bilden sich während die Pflanze im Stress ist bestimmte 14 15 Kempken, F. (2003), S.139 Vgl. www.3sat.de :„Gentechnik lässt Pflanzen der Dürre trotzen“ 12 Giftstoffe. Mit Hilfe des gefundenen Gens werden diese besser abgebaut. Dies liegt am Enzym „Aldehyd-Dehydrogenase“ (ALDH), welches entgiftend wirkt. Das Gen wurde infolge dessen so modifiziert, dass das ALDH öfter „abgelesen“ wird, was zur Folge hatte, dass die Pflanze eine höhere Resistenz bezüglich Dürre vorwies. Somit konnten die gentechnisch veränderten Pflanzen 16 Tage lang der Dürre trotzen, wohingegen die genetisch unveränderten Pflanzen nur 12 Tage aushielten.16 Insgesamt wurden nur wenige Versuche, mit dem Ziel Pflanzen resistenter gegen Dürre zu machen, durchgeführt. Dies lässt sich auf einen finanziellen Aspekt zurückführen. Stressfaktoren treten in höherer Konzentration in Entwicklungsländern auf und dort ist der Markt für stressresistente Pflanzen nicht lukrativ genug. Deshalb wird in die Erzeugung und die Versuche mit stressresistenten Pflanzen nicht genügend investiert. Ein weiterer Grund dafür, dass die Anpassung an abiotische Faktoren eine Schwierigkeit darstellt, liegt in der Komplexität der miteinander verbundenen Prozesse innerhalb der Pflanze, wie beispielsweise die Transpiration und die Fotosynthese. 6. Bodensanierung durch transgene Pflanzen Bislang war die Sanierung von Böden welche z.B. durch Munitionsfabriken kontaminiert waren sehr aufwendig und teuer. Oftmals musste der Boden um die Fabrik herum abgetragen und verbrannt werden. Aus mehreren Gründen wird deshalb daran gearbeitet transgene Pflanzen zu erzeugen, welche in der Lage sind kontaminierte Böden zu säubern, ohne ein gewisses Risiko darzustellen. 1999 ist es gelungen Tabakpflanzen so zu transformieren, dass sie in der Lage waren TNT abzubauen. In den Tabakpflanzen klonierte man das Enzym „Penthathritol- Tetranitratreduktase“, welches in der Lage ist das giftige TNT in harmlose Bestandteile abzubauen (denitrifizieren).17 16 17 Vgl. www.3sat.de :„Gentechnik lässt Pflanzen der Dürre trotzen“ / siehe Bild Nr.1 Vgl. Kempken, F. (2003), S.153 13 Weiterhin wurde der Abbau von Quecksilber erlangt, wobei giftiges ionisches Quecksilber zu metallischen abgebaut wird. Dies gelang mit einer Magnolienverwandten, der eine bakterielle Quecksilberreduktase zugeführt wurde, welche für den Abbau verantwortlich ist.18 Die zwei genannten Verfahren bauen beide Stoffe in weniger oder nichtgiftige Stoffe um. Teilweise ist es aber auch möglich das transgene Pflanzen in der Lage sind Giftstoffe mit der Wurzel aufzunehmen und diese anschließend in den überirdischen Teil zu transportieren. Das hat zu Folge, dass die Pflanzen nur noch komplett entfernt werden müssen und somit ein gereinigter Boden zurückbleibt. Trotz dieser bahnbrechenden Möglichkeiten befindet sich die Sanierung von Böden durch transgene Pflanzen immer noch im Entwicklungsstadium, da nicht klar ist, welche Gene exakt in der Lage sind Giftstoffe abzubauen. 7. Folgen und Risiken der Gentechnik bei Pflanzen Um auf die verschiedenen Risiken und die eventuellen Folgen der Gentechnik an Kulturpflanzen einzugehen, müssen eine Vielzahl von Fakten beachtet werden. Unerlässlich für diese Analyse ist die Beobachtung des Lebensraums der transgenen Pflanze. Wichtig ist es, zu untersuchen in wie weit es möglich ist, dass bestimmte transgene Merkmale (z.B.Resistenzen) sich auf andere Organismen übertragen. Dies kann beispielsweise über Pollen oder über Insekten geschehen. Das wohl am meisten gefürchtete Szenario ist das einer „Pflanzendiktatur“. Hierbei wird Bezug auf eine beliebige Pflanze genommen, welche durch etliche Resistenzen, alle anderen Pflanzen verdrängt. Solch ein Szenario wird höchstwahrscheinlich nie eintreten, trotzdem müssen die damit verbunden Aspekte beachtet werden. 7.1 Wirkung transgener Pflanzen auf Tiere im Ökosystem 18 Vgl. Kempken, F. (2003), S.153 14 Dieser Abschnitt betrifft Pflanzen, welche gegen bestimmte Insekten resistent gemacht wurden, wie z.B. der Bt-Mais. In diesem Sinne sind BtFelder aber im positiven Sinne aufgefallen, da die Artenvielfalt größer ist als auf normalen Feldern. Dies ist auf die verwendeten Insektizide zurückzuführen, da auf diese bei Bt-Feldern weitestgehend verzichtet werden kann. Häufig raten Bt-Saatgutverkäufer zu zusätzlichem Anbau von konventionellen Pflanzen. Dies liegt daran, dass in Gebieten welche mit Pestiziden behandelt worden sind, oftmals eine Insektenart überlebt. Im Falle dieser absoluten Resistenz muss anderen Insekten genügend Raum gegeben werden, um sich rechtzeitig zurück zu ziehen, so dass die überlebende Insektenart andere Arten nicht verdrängt.19 7.2 Vertikaler und horizontaler Gentransfer Bei der Übertragung von Genen oder transgenen Merkmalen muss zwischen horizontalem und vertikalem Transfer unterschieden werden. Der Gentransfer per Pollen wird als vertikaler Gentransfer definiert, d.h. Transfer durch Bestäubung. Die eventuelle Übertragung von Eigenschaften die gentechnisch erzeugt wurden, darf nicht als unrealistisch dargestellt werden. Immer häufiger tritt die Auskreuzung bei verwandten Kulturarten auf. Dies kann sowohl Nachteile, aber auch Vorteile haben. Das größte „Risiko“ steht eng im Zusammenhang mit den Biotopen (abgrenzbarer Lebensraum). Denn wenn sich die Persistenz (Beständigkeit) einer Pflanze in ihrem Biotop erhöht, so führt dies zwangsläufig zu einer Ausbreitung dieser Pflanze und zu eventuellem Übergreifen in andere Biotope. Bei einer Ausbreitung in andere Biotope spricht man von einer „Invasivität“. 20 Dies kann aber aus einer bestimmten Perspektive auch als positiv eingestuft werden, wenn man jene Pflanzenarten berücksichtigt, welche vom Aussterben bedroht sind. Durch diese übergreifende Ausbreitung wird diesen die Chance gegeben wieder einen Bestand herzustellen, welcher dann nicht als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft werden kann. Bei rein 19 20 Vgl. Kempken, F. (2003), S.193-195 Vgl. Kempken, F. (2003), S.195-196 15 konventionellem Anbau ist jedoch die Übertragung durch Pollen auch möglich. Hierbei gilt die Faustregel, dass im Prinzip 70m Abstand zwischen verschiedenen Feldern ausreichen um eine Kreuzbefruchtung zu vermeiden. Natürlich kann dies nicht direkt mit transgenen Pflanzen/Feldern verglichen werden, da sich die Merkmale, welche durch Transformation erreicht worden sind (z.B. Resistenzen) doch erheblich hervorheben. Als horizontaler Transfer wird die Übertragung auf andere Organismen ohne Bestäubung bezeichnet. Diese Art von Übertragung kann z.B. über den Boden stattfinden. Hierbei wird von „Gensprüngen“ geredet. Somit werden Gene auf Tiere oder sogar Menschen übertragen. Die Wahrscheinlichkeit das dies in die Realität geschieht, ist jedoch sehr gering. Die Persistenz der transgenen DNA im Boden steht in engem Zusammenhang mit dem horizontalen Transfer. Somit wurde Untersuchungen zu Folge ermittelt, dass transgene DNA im Boden eine höhere Persistenz im Boden vorweist als die von konventionellen Pflanzen. In der Praxis ist die Möglichkeit der Übertragung von transgener PflanzenDNA auf Mikroorganismen kaum realistisch zu betrachten. Um die Wahrscheinlichkeit dieses Aspekts zu ermitteln wurde folgendender Versuch durchgeführt: es wurden 100.000 kg Kartoffeln und 100 Trillionen Bakterien zusammengebracht. Die verantwortlichen Forscher berichteten von einem Gensprung bei der oben genannten Proportion. Allerdings sollte nicht ausgeschlossen werden, dass mehr als nur ein horizontaler Transfer stattgefunden hat. 8. Gefahren für den Menschen Gefahren für den Menschen können von ihrer Wahrscheinlichkeit und Bedeutung nicht gleich gestellt werden. Somit wird von den Medien immer wieder der Aspekt der Allergien eingeworfen. 16