Thema: Systembiologie der Signaltransduktion Der mit diesem Antrag geplante Forschungsschwerpunkt konzentriert sich auf eine zentralen Herausforderungen der postgenomischen Ära: Das quantitative Verständnis der dynamischen und regulatorischen Systemeigenschaften der Signaltransduktion. Für dieses Ziel wollen sich 7 Arbeitsgruppen zusammenschließen, die am Zentrum für Biosystemanalyse, am Zentrum für Biochemie und Molekulare Zellforschung und am Zentrum für Datenanalyse und Modellbildung, respektive den Fakultäten für Biologie, Medizin, Physik und Mathematik, und Angewandte Wissenschaften beheimatet sind. Für ein quantitatives Verständnis der systemischen Eigenschaften der Signaltransduktion ist eine mathematische Modellierung der Prozesse notwendig. Dieser unter dem Namen Systembiologie zur Zeit international stark wachsende Forschungsbereich stützt sich bisher hauptsächlich auf Simulationen. Hierzu werden basierend auf dem qualitativen biochemischen Wissen dynamische Modelle in Form von nichtlinearen Differentialgleichungen aufgestellt. Die Parameter in diesen Gleichungen sind in der Regel nicht bekannt und werden ad hoc ohne Bezug auf experimentelle Daten festgesetzt. Dadurch ist es schwer, aus den Ergebnissen der Simualtionen Schlüsse über die zu Grunde liegende Biologie zu ziehen, da nicht entschieden werden kann, ob die Struktur der Gleichungen oder die Wahl der Parameter das Ergebnis bestimmt. Das zentrale Anliegen dieses Antrags ist es, eine quantitative mathematische Modellierung basierend auf experimentellen Daten zu erreichen und so theoretische Modelle mit experimentellen Daten in Bezug zu setzen. Dieses erfordert die Entwicklung von neuen Methoden im experimentellen wie im theoretischen Bereich. Im experimentellen Bereich müssen Methoden der Mirkosystemtechnik, Molekularbiologie, Biochemie und Zellbiologie weiterentwickelt werden, um quantitativ zeitaufgelöste Daten dynamischer, biologischer Prozesse im Hochdurchsatz zu erheben. Hierzu sind am Zentrum für Biosystemanalyse, am Zentrum für Biochemie und Molekulare Zellforschung und am Institut für Mikrosystemtechnik in Bezug auf Genexpressionsanalyse, Proteinanalyse und Imaging bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet worden. Im theoretischen Bereich müssen physikalisch/mathematische Methoden entwickelt werden, um basierend auf experimentellen Daten, mathematische Modelle zu spezifizieren, zu testen und zu erweitern. Hierzu sind am Zentrum für Datenanalyse und Modellbildung (Sprecher: Prof. Honerkamp, Fakultät für Mathematk und Physik) umfangreiche Vorarbeiten geleistet wurden. Ferner wird dieser Themenbereich im Graduiertenkolleg “Nichtlineare Differentialgleichungen” (Sprecher Prof. Kröner, Fakultät für Mathematk und Physik), bearbeitet. Daher bietet der Antrag die Chance, der von der Arbeitsgruppe Lebenswissenschaften des Landesforschungsbeirats geübten Kritik des mangelnden Engagements der Fakultät für Mathematik und Physik der Universtät Freiburg in den Lebenswissenschaften konsequent Rechnung zu tragen. Die an diesem Antrag beteiligten Arbeitsgruppen sind auch an einer erfolgreichen Antragsskizze im Rahmen der BMBF-Förderaktivität "Systeme des Lebens Systembiologie", der speziell auf ein systembiologisches Verständnis der Leber abzielt, beteiligt und somit bereits miteinander vernetzt. Durch die Etablierung des hier beantragten Schwerpunktes soll die Grundlage für einen fakultätenübergreifenden systembiologisch orientierten Sonderforschungsbereich gelegt werden. Der Zeitplan sieht vor, daß die Voranträge Anfang des WS 03/04 zur Begutachtung vorgelegt werden, der Hauptantrag zur Begutachtung zu Beginn des SS 04 vorliegt, damit die Etablierung des SFB zum 1.1.2005, zeitgleich mit dem Bezug des Gebäudes des Zentrums für Biosystemanalyse, möglich ist. Die Projekte, für die hier eine Anschubfinanzierung beantragt wird, sollen im Anschluß in den SFB aufgenommen werden. Der SFB soll darüberhinaus auf der theoretischen Seite von der am Institut für Mikrosystemtechnik der Fakultät für Angewandte Wissenschaften im Berufungsverfahren befindlichen Professor für Systemtheorie und den an der Fakultät für Biologie und am Institut für Informatik im Berufungsverfahren befindlichen Professuren für Bioinformatik sowie dem Institut für Angewandte Mathematik verstärkt werden. Auf der biologisch/klinischen Seite sollen weitere Arbeitsgruppen des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und der Fakultäten für Biologie und Medizin aufgenommen werden. Somit stellt der beabsichtigte SFB einen fakultätenübergreifenden Ansatz dar, der von biologisch/klinischen Fragestellungen über mikrosystemtechinsche Messtechniken bis hin zur Bioinformatik und der mathematischen Modellierung die Möglichkeiten der Freiburger Universität im Bereich der Lebenswissenschaften bündelt und die Systembiologie zu einem Schwerpunkt der Forschung an der Universität Freiburg werden läßt. Die Teilprojekte dieses Antrags reflektieren intensive Vorarbeiten unseres interdisziplinären Ansatzes. Der apoptotische Fas/CD95 Signalübertragungsweg von T- und B-Zellen (Borner) und die JAK-STAT Signalkaskade im hämatopoetischen System (Klingmüller) sind qualitativ gut bekannt. Basierend auf quantitativen zeitaufgelösten Messungen der beteiligten Proteine (Nann, Urban) soll an diesen Systemen durch mathematische Modellierung (Timmer) ein quantitatives Verständnis der Systemeigenschaften erzielt werden. Für T- und B-Zellen soll die Reaktion unter verschiedenen physiologischen Bedingungen vorausgesagt werden. Für das hämatopoetischen System sollen negative Rückkopplungsmechanismen modelliert und die daraus resultierende Robustheit des Systems quantitativ erklärt und Modellvorhersagen an knock-out Modellen getestet werden. Weitaus komplexer stellt sich die Situation für die Modulation der EGF- und Wnt-vermittelten Signalübertragung in Protease-defizienten Keratinozyten dar (Reinheckel, Hecht, Peters). Daher sind hier zuerst durch Hochdurchsatzmessmethoden der Proteomanalyse (Reinheckel) und der Genomanalyse (Walz, Sparna, Donauer) notwendig, um die relevanten Komponenten zu identifizieren und diese einer mathematischen Modellbildung (Timmer) zuzuführen. Die Untersuchung von Transportmechanismen durch die Kernmembran erweitert die Analyse um den räumlichen Aspekt (Nitschke). Durch moderne Imaging-Methoden wird die raumzeitliche Dynamik der Translokation von Markomolekülen erfasst und so durch mathematischen Modellierung (Timmer) ermöglicht, zwischen passiver Diffusion und aktiven Transport der Moleküle in Abhängigkeit relevanter physiologischer Parameter zu unterscheiden. Speziell soll eine Hypothese über den Kerntransport im JAK-STAT Signalweg untersucht werden, die aus der ersten Modellierung des hämatopoetischen System (Klingmüller, Timmer) resultierte. Auf der theoretischen Seite werden die konkreten Anforderungen der biologischen Fragestellungen neue Methoden der Modellierung und Systemanalyse hervorbringen. Auf biologischer Seite ist einerseits ein systembiologisches Verständnis allgemeiner Prinzipien der Informationsverarbeitung von Signalnetzwerken Ziel des beantragten Projektes, andererseits ermöglicht dieses Verständnis aber auch Anwendungen wie das Identifizieren von drug targets und neuer Therapieansätze. Dieser Landesschwerpunkt ist Teil eines integrierten Konzeptes zur Stärkung der Systembiologie und der Bioinformatik im Rahmen der Freiburger Zentren für Biosystemanalyse (ZBSA), für Bioinformatik (ZfBI) und für Datenanalyse und Modellbildung (FDM). Mit diesen Zentren hat die Universität Freiburg einen prominenten Schwerpunkt innerhalb der Life Sciences etabliert. Im Rahmen dieses integrierten Konzeptes werden in dieser Antragsphase zwei koordinierte Forschungsschwerpunktprogramme dem Lande Baden-Württemberg vorgelegt. Der parallel eingereichten Antrag " Effiziente Suche und Wissensextraktion in komplexen biologischen Datenbanken" hat seinen Schwerpunkt im Bereich der Bioinformatik und zielt auf die Entwicklung neuer Konzepte und Algorithmen für Suchstrategien in Datenbanken unterschiedlichster multidimensionaler Datentypen - damit bewegt er sich aus der "Eindimensionalität" der Sequenzanalyse der "klassischen" Bioinformatik heraus in Neuland hinein. Der hier vorliegende komplementäre Antrag wird dagegen Grundstein eines neuen Sonderforschungsbereiches sein, der das Herz der Systembiologie in Freiburg bilden soll, und durch neuen Datenerhebungsparadigmen zur zeitlich und räumlich hochauflösenden in vivo Untersuchung von Signalwegskomponenten neue realitätsnahe Modellbildungskonzepte in der Freiburger Systembiologie etabliert. Die koordinierte Förderung beider Forschungsschwerpunkte wird bewirken, dass im Jahre 2005 die Forschung im neuen Freiburger Forschungszentrum ZBSA auf höchstem internationalem Niveau beginnen kann. Teilprojekt 1: Teilprojekt 2: Teilprojekt 3: ...