Erfassung und naturschutzfachliche Bewertung von alpinen Offenlandquellen im Sudelfeld - Erarbeitung von Schutz- und Optimierungskonzeptionen für ausgewählte Quellbereiche - Bearbeiter: Dipl.Geogr. Heike Howein, Erlangen Dipl.Biol. Ralf Hotzy, Hilpoltstein Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. Einleitung.......................................................................................................................................... 4 Zielsetzung........................................................................................................................................ 6 Gebietsbeschreibung ......................................................................................................................... 8 3.1 Auswahl des Arbeitsgebietes .................................................................................................... 8 3.2 Lage des Arbeitsgebietes .......................................................................................................... 9 3.3 Geologie ................................................................................................................................. 11 3.4 Hydrogeologie ........................................................................................................................ 13 3.5 Wasserbeschaffenheit ............................................................................................................. 13 4 Methodik......................................................................................................................................... 13 4.1 Aufnahmebogen ...................................................................................................................... 16 Allgemeine Angaben ...................................................................................................................... 16 Physikalisch-Chemische Angaben .................................................................................................. 16 Abflußart sowie Organische und Anorganische Substrate .............................................................. 16 Flora und Fauna .............................................................................................................................. 16 Ökologischer Zustand ..................................................................................................................... 17 Neigung und Exposition ................................................................................................................. 19 4.2 Aufsuchen der Quellen ........................................................................................................... 20 4.3 Auswertung – Büro ................................................................................................................. 21 5. Charakterisierung / Typisierung der Quellen .................................................................................. 23 6. Zustandsbeschreibung und Gefährdung der Quellen ...................................................................... 27 6.1 Nutzungsintensität................................................................................................................... 28 6.2 Größe der Pufferzone .............................................................................................................. 28 6.3 Beeinträchtigungsgrad ............................................................................................................ 29 6.4 Beeinträchtigungsart ............................................................................................................... 29 Viehtritt........................................................................................................................................... 30 Quellfassung ................................................................................................................................... 31 Wanderwege ................................................................................................................................... 32 Ablagerungen.................................................................................................................................. 32 6.5 Zustand und Gefährdung der Quellen ..................................................................................... 33 7. Leitbild ........................................................................................................................................... 41 8. Maßnahmen .................................................................................................................................... 43 Zu 1, Abpufferung von Quellbereichen .............................................................................................. 43 Zu 2, Um- oder Rückbau von Verbauungen, Wasserfassungsanlagen oder Wegen............................ 44 Zu 3, Entfernen von Ablagerungen in Quellbereichen ........................................................................ 45 Zu 4, Aufklären der Bevölkerung, vor allem der Almbauern als Nutzer des Gebietes ....................... 45 9. Diskussion ...................................................................................................................................... 46 9.1 Definition der Quellen ............................................................................................................ 46 9.2 Deckungsschätzung................................................................................................................. 47 9.3 Untersuchung der Flora und Fauna ......................................................................................... 47 9.4 Schutzmaßnahmen .................................................................................................................. 48 9.5 Offenland / Waldland.............................................................................................................. 48 9.6 Einbeziehung Ortskundiger..................................................................................................... 48 10. Ausblick ...................................................................................................................................... 49 11. Zusammenfassung ....................................................................................................................... 50 12. Verzeichnis verwendeter Karten ................................................................................................. 53 13. Literatur ...................................................................................................................................... 53 2 Verzeichnis der Tabellen: Tab. 1: Verteilung der untersuchten Quellen auf die einzelnen Zustandsklassen Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1: Aufnahmebogen Abb. 2: Häufigkeit der vorkommenden Quelltypen Abb. 3: Anteile der anorganischen Substrate insgesamt Abb. 4: Anteile der Abflußarten insgesamt Abb. 5: Nutzungsintensität Abb. 6: Beeinträchtigungsgrad d er Quellen Abb. 7: Beeinträchtigungsarten der Quellen und deren Häufigkeit Abb. 8: Wassertemperaturen der Quellen Verzeichnis der Karten Karte 1: Übersichtskarte Karte 2: Geologische Karte Karte 3: Lage der Quellen und der größeren Naßstellen im Untersuchungsgebiet Karte 4: Faunistische Vielfalt Karte 5: Art und Grad der Beeinträchtigung der Quellen Verzeichnis der Photos Photo 1: Titelblatt: Rosengassen-Alm mit Kar der Fell-Alm und Großem Traiten Photo 2: Unscheinbare Quelle auf der Großalm (Nummer 58) Photo 3: Blick auf Langau- und Schoißer-Alm Photo 4: Blick auf Brünnstein und Herrnalm Photo 5: Blick auf das mittlere und obere Sudelfeld Photo 6: Kuh bei einer Quelle der Baumoosalm Photo 7 bis 10: Beispiele von Quellen mit unterschiedlichen Erscheinungsformen Photo 11: Quelle 64 mit stufigem Relief das durch Viehtritt verursacht wurde Photo 12: Quelle 74 mit kleinen Stillwasserbereichen die durch Viehtritt geschaffen wurden Photo 13: Deutliche Schäden durch Viehtritt an der Tränke der Quelle 45 Photo 14: Kleiner Erdrutsch auf der Baumoosalm, ausgelöst an einem Wanderpfad Photo 15: Blick auf die Baumoosalm Photo 16: Detailaufnahmen bei der Quelle 22 Photo 17: Blick auf das Wendelsteingebiet 3 1. Einleitung Quellen sind zwar bei den meisten Menschen als besonders idyllische Orte im Bewußtsein verankert und auch in der Mythologie nehmen sie einen großen Stellenwert ein, die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Ein Großteil der Quellen entspricht nicht der Vorstellung von Schönheit, es sind keine rauschenden oder sprudelnden Wasseraustritte mit kristallklarem Wasser. Vielmehr handelt es sich häufig um recht unauffällige und kleinflächige Rinnsale, teilweise auch mit umgebendem nassen Bereich – Orte die man normalerweise nicht mit dem Begriff ‘Quelle’ in Verbindung bringen würde. Dabei ist das teilweise wenig schöne Erscheinungsbild mancher Quellen meist auf Nutzung durch den Menschen zurückzuführen. Photo 2: Unscheinbare Quelle auf der Groß-Alm (Nummer 58) Diese unscheinbaren Quellen sind im alpinen Raum weit verbreitet und haben ebenso wie auffällige und schöne Quellen, einen wichtigen Platz in der Umwelt. Kaum jemand weiß um die Besonderheiten von Quellbiotopen: Hier herrschen das ganze Jahr über annähernd gleiche Wassertemperaturen. Im Sommer ist Quellwasser im Vergleich zum Wasser von Bächen und Flüssen also relativ kalt, im Winter relativ warm. Quellen frieren nicht zu und ermöglich dadurch ihren Bewohnern einen ganzjährigen Wachstumszyklus. Weitere 4 Eigenschaften sind die relative Nährstoff- und häufig auch Sauerstoffarmut des Wassers sowie relativ konstante Verhältnisse – nicht nur bezüglich der Temperatur. Sieht man von verkarsteten und sehr klüftigen Gebieten ab, so schwankt die Schüttung echter Quellen meist nur in sehr geringem Rahmen. Hochwassererscheinungen – wie sie in Flüssen in der Regel ein bis zweimal jährlich auftreten – kommen in Quellen nicht vor. Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften beherbergen Quellen eine an den Lebensraum angepaßte besondere Fauna und auch Flora. Gerade bei den meist wirbellosen Tieren gibt es viele Spezialisten, die nur in Quellen überleben können, und die bislang noch relativ unerforscht sind. Es werden immer wieder neue, bislang unbekannte, Arten gefunden. Die Diversität der Quell-Biotope ist hoch, unter anderem auch weil es hier zu einer engen Verzahnung von terrestrischer sowie aquatischer Fauna kommt. Auch Arten der Grundwasserfauna werden ans Tageslicht gespült und bereichern die Quellen. Quellschutz sollte aus verschiedenen Gründen selbstverständlich sein. Zunächst einmal sind Quellen nach dem bayerischen Naturschutzgesetz (Art. 13d) geschützt. Hier heißt es: “Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung folgender ökologisch besonders wertvoller Biotope führen können, sind unzulässig: 1. Moore und Sümpfe, Röhrichte, seggen- oder binsenreiche Naß- und Feuchtwiesen, Pfeifengraswiesen und Quellbereiche….” (StMLU, 1999). Verbauungen, Ablagerungen und andere Schädigungen sind demnach gesetzeswidrig. Zudem bedeutet Quellschutz auch eine Wertschätzung der Ressource Trinkwasser. Da Quellen zu Tage tretendes Grundwasser sind, sollten sie Trinkwasserqualität aufweisen, was aber eher selten der Fall ist. Kulturhistorisch gesehen wurden viele Quellen Heiligen geweiht und als Kultplätze verehrt. Dieses Erbe sollte nicht – teils buchstäblich zu verstehen – mit Füßen getreten werden! Nicht zuletzt sind Quellen um ihrer selbst willen zu schützen. Mitunter handelt es sich um sehr schöne Kleinode in der Landschaft, teils erschließt sich ihre 5 Schönheit erst auf den zweiten Blick; in jedem Fall bilden Quellen optisch eine Abwechslung und tragen so zu einem vielseitigen und attraktiven Landschaftsbild bei. 2. Zielsetzung Der LBV beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Erfassung und Kartierung von Quell-Biotopen in verschiedenen Naturräumen Bayerns. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei dem alpinen Raum zukommen, da Bayern als einziges Bundesland mit Alpengebiet hier besondere Verantwortung trägt. Photo 3: Blick auf Langau- und Schoißer-Alm Die Alpen werden häufig als ‘Wasserschloß Europas’ bezeichnet. In dem Gebirge werden die großen Niederschlagsmengen als Grundwasser gespeichert, das unter anderem in den Groß-Städten der Umgebung (z.B. München) als Trinkwasser genutzt wird. Quellen sind die natürlichen Austrittsstellen des Grundwassers und haben als empfindliche Biotope Indikatorfunktion für den Zustand ihres Einzugsgebietes. Quellenschutz ist also mit Trinkwasserschutz gleichzusetzen. Über Anzahl, Zustand und Gefährdung alpiner Quellen ist jedoch immer noch sehr wenig bekannt, was den Schutz dieser Biotope sehr erschwert. Im Rahmen dieses Projektes soll nun der Kenntnisstand über Quellen eines ausgewählten Gebietes in den bayerischen Alpen erweitert werden, um so zum 6 Erhalt dieser Lebensräume beitzutragen. Desweiteren sollen Grundlagen hinsichtlich der Arbeits-Methodik für weitere Untersuchungen in den Alpen gelegt werden Ziel des LBV-Alpen-Quellschutz-Projektes ist es zunächst die Quellen des Untersuchungsgebietes zu erfassen sowie ihren Zustand in ökologischer Hinsicht zu beschreiben. Dabei werden auch Beeinträchtigungen die beispielsweise von der Freizeitnutzung oder auch der Landwirtschaft ausgehen können, berücksichtigt. Desweiteren sollen die Möglichkeiten und Grenzen einer Quellkartierung in den Alpen aufgezeigt werden. Aufgrund der Vielzahl der Quellen in diesem Naturraum sowie der Geländeverhältnisse trifft eine Kartierung hier auf besondere Probleme. Es gilt effektive Arbeitsmethoden zur Quellkartierung in den Alpen zu finden. Photo 4: Blick aud Brünnstein und Herrnalm Eine Möglichkeit, die weitere Quellkartierung in den Alpen zu erleichtern, besteht in der Entwicklung einer Typologie mittels der eine klarere Sicht auf die Vielgestaltigkeit der alpinen Quellen ermöglicht werden kann. Die Übertragbarkeit der für Quellen des Nationalparks Berchtesgaden erstellten 7 strukturellen Typisierung (HOWEIN 1998) auf die Quellen des Arbeitsgebietes wird überprüft. Die Untersuchung soll auch zum Aufzeigen von Konfliktpotentialen und Strategien zu deren Lösung, sowie als Grundlage für eventuelle Schutzmaßnahmen im Arbeitsgebiet dienen. Immerhin sind der Schutz und die Regeneration von Quellbiotopen im ABSP Rosenheim (StMLU, 1995) als Hauptaufgabe des Naturschutzes genannt. Zusammenfassend werden mit der Kartierung der Offenlandquellen im Sudelfeldgebiet folgende Ziele verfolgt: Erfassung und Zustandsbeschreibung der Offenlandquellen im Arbeitsgebiet Erfassung der von Landwirtschaft und Freizeitnutzung ausgehenden Gefährdung Aufzeigen von Lösungsstrategien und Erarbeiten von Vorschlägen für Schutzmaßnahmen Charakterisierung der Quellen mit dem Ziel der Zuordnung zu Typen Aufzeigen der Möglichkeiten und Grenzen einer Quellkartierung im alpinen Raum Vergrößerung des Kenntnisstandes über alpine Quellen und deren Gefährdungsursachen 3. Gebietsbeschreibung 3.1 Auswahl des Arbeitsgebietes Grundbedingung für die Wahl des Untersuchungsgebietes für das LBV-AlpenQuellschutz-Projekt war dessen Lage in den bayerischen Alpen. Zudem sollte das Gebiet sowohl landwirtschaftlich als auch touristisch erschlossen und gut zugänglich sein um die sich daraus ergebenden Gefährdungen untersuchen zu können. Ein weiteres Kriterium war eine relativ heterogene geologische Ausstattung, um ein vielgestaltiges Spektrum an Quellen zu finden. 8 Nach einer im Vorfeld des Projektes durchgeführten Geländebegehung in mehreren in Frage kommenden Gebieten viel die Wahl schließlich auf das Gebiet im Bereich des Traiten und Brünnstein. 3.2 Lage des Arbeitsgebietes Das Arbeitsgebiet befindet sich südlich von Rosenheim in den Nördlichen Kalkalpen (Karte 1). Es handelt sich um den zwischen Bayrischzell und Oberaudorf gelegenen Gebirgszug vom Kleinen und Großen Traiten bis zum Brünnstein, einschließlich des sich nördlich an den Traiten anschließenden Sudelfeldgebiets, das den Charakter einer Mittelgebirgskuppenlandschaft hat. Im Norden wird das Gebiet durch den Auerbach begrenzt, im Süden durch den Gießenbach. Die westliche Grenze wird in etwa auf Höhe des kleinen Traiten gezogen, im Osten bezeichnet der Brünnstein in etwa die Grenze. Kartiert wurde auf den Almen in diesem Bereich, zwischen ca. 800m NN und ca. 1650m NN. Photo 5: Blick auf das mittlere und obere Sudelfeld 9 Karte 1: Übersichtskarte 10 3.3 Geologie Anhand der geologischen Karte (Blatt 8338 1:25.000; Karte: 2; W OLFF, 1985) kann man das Arbeitsgebiet in zwei Teilräume unterteilen, deren Grenze in etwa entlang der drei Gipfel vom kleinen und großen Traiten und dem Brünnstein gezogen werden kann. Das südlich dieser Linie gelegene Gebiet ist in geologischer Hinsicht relativ einheitlich. Die oberen Bereiche werden von Plattenkalk aufgebaut. Es handelt sich um reine, aber auch dolomitische, plattige bis dickbankige Kalke (W OLFF, 1985). Darunter folgt der Hauptdolomit, der hier große Flächen einnimmt, häufig von Kalkeinschaltungen unterbrochen und nur gelegentlich von Lokalmoränen überdeckt ist. Das nördlich der durch die drei Gipfel beschriebenen Linie gelegene Gebiet ist wesentlich uneinheitlicher aufgebaut (Siehe Karte 2). Es finden sich hier im wesentlichen Schichten aus dem Rät und Lias bis Malm, die sehr kleinräumig wechseln. Es kommt aber auch noch Plattenkalk und Hauptdolomit vor, die dem Nor zuzuordnen sind. Große Bereiche sind von Lokalmoräne oder Hang- und Verwitterungsschutt überdeckt. Vereinzelt finden sich sehr kleinräumig auch anmoorige Böden (W OLFF, 1985). 11 KArte 2: Ausschnitt aus der geologischen Karte 12 3.4 Hydrogeologie Die meisten der im Arbeitsgebiet anstehenden Gesteine sind “für die Aufnahme und Speicherung größerer Wassermengen wenig geeignet” (W OLFF, 1985), weshalb oberirdischer Abfluß vorherrschend ist. Damit es zu nennenswerter Grundwasserneubildung kommen kann, bedarf es einer flächigen Verbreitung von durchlässigem Gestein (Plattenkalk, Hauptdolomit, Rät- und Kössener Kalke), in das Niederschlagswasser versickern kann (W OLFF, 1985). Der südliche Teilbereich, von Traiten über Brünnstein und Großen Brünnberg Richtung Südost ist stärker verkarstet bzw. geklüftet und somit für Grundwasserbildung besser geeignet. Als Leiter fungieren unter dem Hauptdolomit vorkommende Raibler Rauhwacken (W OLFF, 1985). Die im nördlichen Teil des Gebietes häufig anzutreffenden Vernässungen sind auf den Untergrund aus Mergel oder mergelige Verwitterungsprodukte zurückzuführen, welche in den Kössener Schichten, den Lias-Fleckenmergeln, den Malm-Aptycheen-Schichten und teilweise auch in den Moränen enthalten sind (W OLFF, 1985). 3.5 Wasserbeschaffenheit Nach den Ausführungen von W OLFF (1985) weisen alle in dem Gebiet untersuchten Wässer eine hohe Sauerstoffsättigung auf. Sie enthalten sehr wenig Eisen und Mangan und einen Nitratgehalt von unter 10mg/l. Probleme hinsichtlich lokaler Trinkwassernutzung bereitet zuweilen der hygienische Zustand des Wassers, wohl in mikrobiologischer Hinsicht. Die Grundwassertemperatur liegt je nach Höhenlage zwischen +5°C und knapp +10°C (W OLFF, 1985). 4 Methodik Für die Erfassung der Quellen wurde ein Kartierbogen entworfen (Abb. 1). Dieser setzt sich aus Teilen des Quellerfassungsbogens von NordrheinWestfalen (im folgeneden: QEB) (NATURSCHUTZZENTRUM NRW 1993) sowie aus Abschnitten der Kartierung der Natürlichkeitsgrade der Fließgewässer des Nationalparks Berchtesgaden (FRANZ, 1992) zusammen. Es wurden auch Anregungen aus der Bodenkundlichen Kartieranleitung (AG BODEN 1994) sowie 13 aus AHNERT (1996) entliehen. Zudem sind praktische Erfahrungen aus der Kartierung der Quellen des Nationalparks Berchtesgaden eingeflossen. 14 Abb. 1: Aufnahmebogen 15 4.1 Aufnahmebogen Allgemeine Angaben: Zunächst werden allgemeine Angaben zur Bezeichnung der Quelle und ihrer Größe, sowie zu Datum, Wetter, Höhenlage und Geologie gemacht. Physikalisch-Chemische Angaben: Die Physikalisch-Chemischen Angaben sollen zur groben Orientierung dienen. Die Temperaturmessung erfolgte mittels eines Taschenthermometers mit einer Auflösung von 1°C (Messbereich –10°C bis +100 °C). Der pH-Wert wurde mit Spezialindikatorstäbchen für den pH-Bereich von 6,5 bis 10,0, Firma Merck, gemessen. Zur Gegenkontrolle wurden meist auch pHIndikatorstäbchen der Firma Macherey und Nagel (pH-Bereich 0 bis 14) eingesetzt. Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit erfolgte mit dem Gerät ‘DIST WP 3’ von Hanna Instruments. Abflußart sowie Organische und Anorganische Substrate: Die Angaben zur Art des Abflusses sowie zu den organischen und anorganischen Substraten wurden anhand der Skala nach Braun-Blanquet vorgenommen. Diese Skala dient in der Vegetationskunde zur Schätzung von Deckungsanteilen von Pflanzenarten. Die Anwendbarkeit dieser Skala zur Schätzung der Anteile einzelner Abflußarten bzw. Substrate wurde im Rahmen dieses Projektes versucht. Flora und Fauna: Unter dem Punkt ‘Pflanzen in der Quelle wurden lediglich auffällige Störungsoder Magerkeitszeiger berücksichtigt. Die in der Quelle vorkommenden Invertebraten wurden mittels eines Siebes an verschiedenen Substraten gesammelt und in einer weißen Schale ausgelesen. Die Zuordnung zu Ordnungen oder Familien erfolgte, soweit die Kenntnis dazu vorlag und richtet sich in der Nomenklatur und Systematik nach STRESEMANN (1986 - 1989). Zudem wurde nach der im QEB genannten Methode die Häufigkeit der Taxa geschätzt, sowie – soweit dies deutlich erkennbar war – die Anzahl verschiedener Arten einer Ordnung / Familie angegeben. Dies sollte 16 einen ersten, sehr groben Eindruck in die Individuendichte und Artenanzahl der Quellen ermöglichen. Ökologischer Zustand: Der ökologische Zustand der Quellen wurde beschrieben durch die Kartierung der Nutzungsintensität, der Pufferzonen-Größe, Art und Grad der Beeinträchtigung sowie der genaueren Beschreibung der Verbauung – so vorhanden. Die Intensität der Nutzung wurde in ca. 50m Umkreis der Quellen nach folgenden Kriterien aufgenommen : Keine Nutzung: aufkommendes (Grauerlen-) Gebüsch als Indikator für beginnende / begonnene Sukzession, hoher Bewuchs. Extensive Nutzung: Viehgangeln sind nicht vorhanden oder wenn vorhanden dann inzwischen vollständig zugewachsen. Der Bewuchs ist relativ hoch und artenreich mit Magerkeitszeigern wie z.B. Orchideen. Mittlere Nutzung: Vorkommende, rezente Viehgangeln sind durch die Geländemorphologie bestimmt. Als Nährstoffzeiger finden sich z.B. Klee und Minze ein. Intensive Nutzung: Viehgangeln mit offenem Boden sind auf der ganzen Alm verteilt, die Flora ist relativ artenarm, Nährstoffzeiger dominieren. Unter dem Punkt ‘Pufferzone’ wird festgehalten ob die (unter den folgenden Punkten näher beschriebene) Nutzung bis an den Rand der Quelle reicht, oder ob ein gewisser Abstand eingehalten wurde. Dabei wird in Pufferzonenstreifen von bis 1m Breite, 1 – 2m Breite, 2 – 5m Breite, 5 – 10m Breite oder über 10m Breite unterschieden. Der Punkt ‘Beeinträchtigungsart’ soll kurz die Faktoren, von der eine Beeinträchtigung der Quelle ausgeht, beschreiben. Im Untersuchungsgebiet wurden als Beeinträchtigungsarten Viehtritt, Wanderweg, Ablagerungen, verschiedene Formen der Quellfassung und Skilifte festgestellt. 17 Verbauungen von Quellen werden unter ‘Quellfassung’ beschrieben. Unterschieden wird zwischen einer Einleitung des Wassers in ein Rohr oder einen Schlauch, mit oder ohne anschließender Einleitung des Wassers in eine Tränke und zwischen einer Fassung der Quelle in einen Wasserbehälter. Dabei gibt es jeweils die Möglichkeit, daß noch Quellwasser ungefasst abfließt, also nur ein Teil der Quelle verbaut ist, oder daß das gesamte Quellwasser umgeleitet wird. Es ist nicht auszuschließen, daß je nach Wasserstand mal frei abfließendes Wasser vorhanden ist und mal nicht. Völlig gefaßte Quellen mit offensichtlich zu keiner Zeit frei abfließendem Wasser wurden bei der Kartierung nicht berücksichtigt. Unter dem Punkt ‘Grad der Beeinträchtigung’ wird die Stärke der von einer Nutzung oder Verbauung auf die Quelle ausgeübten Störung in vier Stufen eingeteilt. Dabei ist zu beachten, daß eine für dieses Gebiet “mittlere” Beeinträchtigung in Gegenden mit abweichender allgemeiner Nutzungsintensität durchaus als starke Beeinträchtigung gewertet werden kann. Die Einteilung ist speziell für das Arbeitsgebiet vorgenommen worden und nur bedingt auf ein anderes Gebiet übertragbar! Keine Beeinträchtigung: Die Quelle ist unverbaut und weist keine Spuren von Viehtritt auf. Dies liegt in der Regel entweder daran, daß die Quelle gezäunt ist, oder daß aufgrund der Geländeverhältnisse das Vieh nicht bis in den direkten Quellbereich gelangt. Schwache Beeinträchtigung: Eine Verbauung wird dann als schwache Beeinträchtigung gewertet, wenn sie zwar durch ein Rohr oder einen Wasserbehälter gegeben ist, aber ein Großteil des Wassers noch frei abfließt. Es ist also eine Quelle mit frei fließendem Wasser und den typischen Strukturen vorhanden. Schwache Beeinträchtigung ist auch dann gegeben, wenn vereinzelt Spuren von Viehtritt sichtbar sind, diese aber nur < 10% des Quellbereiches bedecken. Mittlere Beeinträchtigung: Mittlere Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Quelle verbaut ist und nur noch wenig, aber immer noch genug Wasser frei abfließt, daß gerade noch Lebensraum vorhanden ist. Bedecken Viehtrittspuren 10 – 50% des Quellbereiches mit stellenweise offenem Boden wird dies als 18 mittlere Beeinträchtigung gewertet. Ist aber die Austrittsstelle direkt zertrampelt dann handelt es sich bereits um starke Beeinträchtigung, auch wenn diese Stelle unter 50% des Quellbereiches ausmacht. Starke Beeinträchtigung: Eine Verbauung ist derart gestaltet, daß nur sehr selten Wasser frei abfließen kann. Als starke Beeinträchtigung zählt auch eine aus einem Rohr und einer Trinkwanne bestehende Verbauung, wenn ein Großteil des Wassers in die Wanne geleitet wird bevor es abfließt. Ist die Austrittsstelle direkt vom Vieh zertrampelt, oder sind insgesamt > 50% des Quellbereiches mit matschigem und durchwühltem Boden durch Viehtritt gekennzeichnet, ist dies als starke Beeinträchtigung zu werten. Photo 6: Kuh bei einer Quelle der Baumoosalm Modifizierend gingen weitere Beeinträchtigungsarten wie Ablagerungen oder Skilift in die Bewertung ein. Neigung und Exposition: Die Messung der Neigung und die der Exposition erfolgte mit einem Kompaß mit integriertem Klinometer. Auch hier dient die Angabe zur Neigung zur einfachen Beschreibung der Geländeverhältnisse. Auf eine gradgenaue Messung wird kein Wert gelegt. 19 Insgesamt dient der Kartierbogen dazu sich eine rasche Übersicht über die ökologischen und morphologischen Gegebenheiten der Quellen machen zu können. 4.2 Aufsuchen der Quellen Die Kartierung der Quellen erfolgte in den Monaten Juni, Juli und August 2000. Als Orientierungshilfe diente vor allem das Blatt 8338 der topographischen Karte 1 : 25.000, sowie eine Wanderkarte (ARBINGER, 1997). Das Aufsuchen der Offenlandquellen erfolgte, indem die Almen systematisch abgelaufen wurden. Waren Bachläufe vorhanden, so wurde diesen bachaufwärts bis in die Quellregion gefolgt. Auf diese Weise wurden im Arbeitsgebiet 81 Quellen erfasst, von denen nur 9 in der topograhischen Karte verzeichnet sind. Die Lage der Quellen im Untersuchungsgebiet kann der Karte ‘Lage der Quellen und der größeren Naßstellen im Untersuchungsgebiet’ entnommen werden. Wahrscheinlich kommen noch weitere Offenlandquellen im Gebiet vor, die im Rahmen dieser Arbeit nicht gefunden wurden, da sich vor allem in den Randbereichen der Almen viele unübersichtliche Nischen befinden, die nicht ohne weiteres eingesehen, bzw. überhaupt gesehen werden können. Eine wirklich flächendeckende Kartierung wäre durch den damit verbundenen hohen Zeitaufwand nicht zu rechtfertigen gewesen. Mit Sicherheit ist die Zahl der potentiell übersehenen Quellen so gering, daß sie sich nicht auf das GesamtErgebnis auswirken würden. Bei der Kartierung außer Acht gelassen wurden abflußlose Naßstellen mit Niedermoorvegetation. Hier handelt es sich zwar unter Umständen auch um austretendes Grundwasser, also um quellige Bereiche, aber die Stellen sind ohne Abfluß. Ein klarer Grundwasseraustritt kann nicht festgestellt werden. Die Definition einer Quelle besagt aber: “ eine Quelle ist Ort eines räumlich eng begrenzten Grundwasseraustrittes (…) demnach wäre ein diffuser Übertritt von Grundwasser in einen Vorfluter keine Quelle (DIN 4049, Fassung 1979, in: LAWA-ARBEITSKREIS 1994). Naßstellen ohne Abfluß sind nicht “Orte eines räumlich eng begrenzten Grundwasseraustrittes” und damit schon nach dieser Definition keine Quellen. Zudem kann man, da es keine klare Austrittsstelle gibt, 20 nicht sagen ob es sich um Grundwasser handelt oder nicht. Diese Naßstellen werden ohnehin bei der Alpenbiotopkartierung miterfasst. 4.3 Auswertung – Büro Im Anschluß an die Geländearbeit erfolgte die Auswertung der erhobenen Daten unter Zuhilfenahme der Programme Excel und ArcView GIS. 21 Karte: Lage der Quellen und der größeren Naßstellen im Untersuchungsgebiet 22 5. Charakterisierung / Typisierung der Quellen Um eine Übersicht über die Vielzahl der vorkommenden Quellen zu erhalten ist es notwendig, sie anhand ihrer Charakteristika in Gruppen einzuteilen. Die Typisierung kann je nach Fragestellung anhand verschiedener Kriterien erfolgen, z.B. anhand der Geologie, der faunistischen oder floristischen Artenzusammensetzung oder anhand chemischer Eigenschaften, um nur einige der möglichen Kriterien zu nennen. Die bislang gängigste und besonders in der Ökologie allgemein verwendete Methode unterteilt Quellen in Sickerquellen (Helokrene), Tümpelquellen (Limnokrene) und Sturzquellen (Rheokrene) (nach STEINMANN 1915 und THIENEMANN 1925 in HOTZY 1994). Innerhalb der drei Gruppen gibt es aber eine große Bandbreite an Erscheinungsformen, so daß in der Praxis oft eine feinere Unterteilung wünschenswert wäre. Photo 7 bis 10: Beispiele von Quellen mit unterschiedlichen Erscheinungsformen 23 W EIGAND & TOCKNER (1995) und HOWEIN (1998) haben – unabhängig voneinander – eine Unterteilung alpiner Quellen auf morphologisch-struktureller Basis entwickelt. Entscheidend für das Erscheinungsbild einer Quelle sind danach die Zusammensetzung anorganischer Substrate sowie die Abflußverhältnisse. Modifizierend kann sich auch die Vegetation auswirken. Die Quellen des Arbeitsgebietes wurden in Anlehnung an die Typisierung von HOWEIN (1998) eingeteilt, die im Folgenden kurz dargestellt wird: TYP 1 / Rheokrene: Etwa die Hälfte der Fläche oder mehr besteht aus blankem Fels. Überströmtes Gestein (hygropetrische Bereiche) und meist auch fallender Abfluß kommen vor. TYP 2 / Rheokrene: Anorganische Substrate der Größe ‘Block’ (>960mm) und ‘große Steine’ (>240-960mm) bedecken zusammen mindestens die Hälfte der Fläche. Der Abfluß findet zu mindestens 50% strömend oder laminar fließend statt. TYP 3 / Rheokrene: Mindestens 50% des Quellbereiches sind von Steinen (>63-240mm) bedeckt. Das Wasser fließt überwiegend (>50%) strömend oder schießend ab. Typ 3 kann anhand der krautigen Vegetation in zwei Untergruppen untergliedert werden: Quellen mit mehr bzw. mit weniger als 30% Deckung der krautigen Vegetation TYP 4 / Rheokrene: Mehr als 50% des anorganischen Substrats besteht aus der Korngröße ‘Kies & Grus’ (>2-63mm). Mehr als 30% des Abflusses findet strömend oder laminar statt. Auch hier kann anhand des Deckungsgrades der krautigen Vegetation eine Unterteilung getroffen werden in Quellen mit mehr und solche mit weniger als 30% Deckung. TYP 5 / Rheokrene bzw. Helokrene: Mindestens 50% des anorganischen Substrats besteht aus Material der Korngröße Sand (0,63-2,0mm) und/oder Ton/Schluff (<0,63mm). Über 30% des Wassers fließt sickernd ab oder sammelt sich in Stillwasserbereichen. Innerhalb des Typs 5 können zwei deutliche Unterteilungen getroffen werden: Rheokrene, in denen mehr als 30% des Wassers laminar gestreckt abfließt und Helokrene, in denen deutlich weniger als 30% laminar abfließt, sondern der Abfluß eher flächig, sickernd erfolgt. 24 Die Typisierung bildet naturgemäß lediglich eine Unterteilung für Rheokrene, da dieser Quelltyp in den Alpen aufgrund der Geländeverhältnisse vorherrschend ist. In den meisten Quellen des Typ 1 Arbeitsgebietes überwiegen Typ 3 1% 23% 34% die feinkörnigen Substrate Typ 5 Ton/ Schluff, Sand oder Kies & Grus. Nur 24% der Quellen 10% haben steiniges, in einem Typ 4/5 32% Typ 4 Fall auch felsiges Substrat. Abb.: 2: Häufigkeit der vorkommenden Quelltypen Damit sind auch die Quellen, die zu den Typen 4 und 5 gehören im Gebiet sehr häufig (Abb.: 2). Die Dominanz der feinen Substrate geht auch aus Abbildung 3 (Anteile der anorganischen Substrate insgesamt) hervor. Aus dem Diagramm wird ersichtlich, wie häufig die einzelnen Deckungsanteile der sieben Korngrößenklassen 10 herrscht also eine Mischung s Fe l e öc k Bl ne ei St G ro ße ch lu Meist To n/ S häufigsten. ei ne 0 am St sind 20 ff 25% 30 G ru s anteile von bis zu 40 & Deckungs- 50 es verteilt 5 4 3 2 1 + 0 60 Ki sind. die 70 Sa nd wie sie auf Substrate 80 und Anzahl der Quellen vorkommen Anorganische Substrate der Substrate vor. Nur Abb.: 3: Anteile der anorganischen Substrate insgesamt sehr wenige Quellen weisen eine Dominanz von Sand, Kies & Grus oder Steinen (Deckungsgrad 4 bis 5) auf. 25 Die Abbildung 4 (Anteile der Abflußarten insgesamt) zeigt die Häufigkeit des Vorkommens der einzelnen Abflußarten, sowie die Häufigkeit der Deckungsanteile der jeweiligen Abflußart. Fallender, schießender und laminarer Abfluß treten im Arbeitsgbiet fast 40 30 20 einander. hier ist si ck er nd in ar la m st r hy gr op et r St il l w as se r Kombination mit- la ng sa m sc in lle häufig hn el ls vor, nd 0 tr 10 sickernder Abfluß fa strömender oder 50 sc langsam 5 4 3 2 1 + 0 60 ße nd men kom- 70 hi e häufigsten Anzahl der Quellen gar nicht auf. Am 80 Abflußarten Auch das Abb.: 4: Anteile der Abflußarten insgesamt vorherrschende Vorkommen einer Abflußart selten. Nur strömender oder sickernder Abfluß kommen zuweilen auch dominant (Deckungsgrad 4 bis 5) vor. Ansonsten sind immer unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten am Abflußgeschehen beteiligt. Für das Gebiet um das Sudelfeld kommt als weiteres charakterisierendes Element die Veränderung aufgrund Viehtritt hinzu. Viehbesatz verändert eine Quelle nicht nur, indem Pflanzen unterdrückt oder verdrängt werden und das Substrat durchmischt wird, sondern auch dadurch, daß immer dieselben Pfade benutzt werden und so die Morphologie der Quelle verändert wird. Durch das fortwährende Betreten derselben Pfade wird nach und nach ein stufiges Relief angelegt, Viehgangeln laufen quer durch Quellbiotope. Dies ist vor allem bei feinmaterialreichen (Ton bis Grus) schwach bis mittelstark schüttenden Quellen der Fall. Die “Trittflächen” der “Stufen” sind meist nur spärlich bewachsen. An den Kanten und den “Stufenhöhen” wachsen meist nur trittverträgliche Pflanzen, wie Horstgräser (Binsen), Minze oder auch Moose. 26 Im Arbeitsgebiet sind 19 Quellen, das sind 23%, mit diesem stufigen Relief überprägt. Im Datenbogen sind sie mit dem Zusatz “Viehgangeln” gekennzeichnet. Photo 11: Quelle 64 mit stufigem Relief, das durch Viehtritt verursacht wurde Charakteristisch für dieses traditionell als Weide genutzte Gebiet scheinen demnach Quellen mit einem großen Anteil an feinem Substrat und mit einem für alpine Verhältnisse großen Anteil an Stillwasserbereichen und der Abflußart sickernd zu sein. 6. Zustandsbeschreibung und Gefährdung der Quellen Der Zustand der untersuchten Quellen wird durch die Parameter Nutzungsintensität, Größe der Pufferzone um die Quelle, Beeinträchtigungsgrad und Beeinträchtigungsart beschrieben. Einzelheiten zur Kartierung dieser Parameter finden sich in dem Kapitel ‘Methodik’. 27 6.1 Nutzungsintensität Die Nutzungsintensität eines Großteils der Almen wird als mittel (71%; siehe Abb.: 5) eingestuft. Auf diesen Almflächen befinden sich zum Teil deutliche Viehgangeln. Da diese aber meist überwiegend pflanzenbedeckt waren, wird davon ausgegangen daß sie zu früheren Zeiten intensiverer Nutzung entstanden sind. Auf etwa 28% der die Quellen umgebenden Flächen ist die Nutzung als extensiv anzusprechen. Viehgangeln kommen nicht vor und die Vegetation ist relativ artenreich. Nur eine 1% Quellumgebung (Quelle 29, 28% Rosengassenalm) wurde als intensiv genutzt eingestuft. Diese Quelle Extensiv Mittel Intensiv befindet 71% sich neben einem Viehstall, Abb.: 5: Nutzungsintensität der Umgebung der Quellen das Umfeld wird dementsprechend häufig vom Vieh betreten. Die – zumindest früher - relativ starke Nutzung der Almen als Viehweide zeigt sich deutlich in den Quellen. Störungszeiger, wie Minze und Binsen haben sich etabliert und weitestgehend weniger konkurrenzstarke verdrängt. Teilweise Pflanzen befinden Niedermoorvegetation, wie Wollgras, in den sich der noch Niedermoore Arten der Quellen, allerdings nur untergeordnet, mit einer Deckung unter 10%. Eine Wiederbesiedlung mit dieser Vegetation wird zum einen dadurch verhindert, daß die störungsresistenten Pflanzen konkurrenzfähiger sind. Zum anderen werden die Quellen nach wie vor vom Weidevieh aufgesucht und unterstützen damit die Störungszeiger. 6.2 Größe der Pufferzone Nur die wenigsten Quellen sind durch Pufferstreifen vor der umgebenden Nutzung geschützt. 94% weisen keinen Pufferstreifen auf und werden direkt, meist von Viehtritt, beeinträchtigt. Die 5 der 81 Quellen, welche durch mehr oder weniger breite Streifen vor direkter Störung geschützt sind, haben entweder einen Zaun, oder sie schützen sich durch ihre Morphologie (schlechte Erreichbarkeit) oder ‘unattraktive Umgebung’ (z.B. großräumige Naßstelle) selber. Ein Pufferstreifen könnte die Beeinträchtigungen verhindern oder 28 minimieren und so den sensiblen und kleinräumigen Lebensraum Quelle nachhaltig schützen. 6.3 Beeinträchtigungsgrad Der Beeinträchtigungsgrad wurde anhand der am häufigsten vorkommenden Störungsarten ‘Viehtritt’ und ‘Art einer Quellfassung’ festgesetzt (Siehe Kap. Methodik). Von den kartierten Quellen des Gebietes 20% 4% Keine Beeinträchtigung sind nur 4% (Abb.: 6) nicht 40% Schwache Beeinträchtigung Mittlere Beeinträchtigung beeinträchtigt. Starke Beeinträchtigung 36% Eine dieser Quellen ist gezäunt, die anderen zwei sind für Vieh Abb.: 6: Beeinträchtigungsgrad der Quellen schlecht bzw. nicht erreichbar. 40% der Quellen zeigen schwache Beeinträchtigung. Viehtritt oder Verbauungen kommen in diesen Quellen zwar vor, das charakteristische strukturelle Erscheinungsbild der Quelle wird dadurch aber kaum beeinflußt. Die Mehrzahl der kartierten Quellen weist deutliche Störungen auf. 36% sind mittel, 20% stark beeinträchtigt. Die mittel beeinträchtigten Quellen sind in ihrem Erscheinungsbild deutlich von Viehtritt und / oder Verbauungen geprägt, der Lebensraum ist aber nicht zerstört, wie das bei den stark beeinträchtigten der Fall ist. 6.4 Beeinträchtigungsart Im wesentlichen kommen fünf verschiedene 4 6 Beeinträchtigungsarten in den Quellen vor, wobei Beeinträchtigung durch: Viehtritt 18 Quellfassung / Verbauungen Wanderweg eine Quelle durchaus 75 Ablagerung von Totholz auch auf zwei oder mehr Arten gestört sein kann. Häufigste Beeinträchti- gungsart ist Viehtritt, Abb.: 7: Beeinträchtigungsarten der Quellen und Häufigkeit des Vorkommens der einzelnen Beeinträchtigungsarten 29 gefolgt von Verbauungen der Quellen, meist durch unterschiedliche Formen der Quellfassung und Viehtränken. Es treten auch – in geringerem Ausmaß – Störungen durch (Wander-) Wege oder Ablagerungen, meist von Totoholz, auf. Viehtritt Wie die Abbildung 7 zeigt, weisen die meisten Quellen (75 von 81) Störung durch Viehtritt auf. 19 der 81 kartierten Quellen (23%) sind durch Viehtritt sogar in charakteristischer Weise geomorphologisch gekennzeichnet indem sich Viehgangeln quer durch die Quellen ziehen. Der Einfluß von Viehtritt auf die Quellbiotope ist vielgestaltig. Zunächst wird der Untergrund durch die Hufe durchmischt und verdichtet. Feines Bodenmaterial wird ständig aufgewühlt und zum Teil über die Viehhufe von der Umgebung in die Quelle transporiert. Das Substrat wird umgelagert und mit dem Wasser verknetet. In den durch die Hufe entstandenen kleinen Mulden sammelt sich Wasser, daß oft lange nicht abfließt und sich erwärmt. Je nachdem wie lange die Mulden bestehen erwärmt sich das Wasser unterschiedlich stark, so daß jede Mulde eine andere Temperatur aufweisen kann. Es entsteht ein sich ständig wandelndes Mosaik aus sehr unterschiedlichen Mikro-Lebensräumen. Photo 12: Quelle 74 mit kleinen Stillwasserbereichen, die durch Viehtritt geschaffen wurden 30 Eine weitere Beeinflussung besteht darin, daß durch die Fäkalien des Viehs Nährstoffe und Bakterien in die Quellen eingetragen werden. Je nach Besatzdichte wird auch die ursprüngliche Flora stark verändert, indem sich störungsresistente Arten wie Minze oder Binsen ansiedeln und etablieren. Störungsempfindliche Arten, wie Orchideen, verschiedene Seggen oder Wollgräser werden verdrängt. Quellfassung Ungefähr jede fünfte Quelle (22%; siehe Tab.: 1) ist in irgendeiner Art verbaut. Sei es, daß lediglich ein Rohr in der Quelle liegt, die einen Teil des Wassers ableitet, oder daß praktisch der gesamte Abfluß in eine Viehtränke eingeleitet wird oder in einem Wasserbehälter verschwindet. Im gesamten Untersuchungsgebiet gibt es mindestens 7 Quellfassungen, die eine totale Verbauung der Quelle darstellen, also keinerlei Wasser mehr frei abfließen lassen. Diese Wasserfassungen wurden bei der Kartierung der Offenlandquellen nicht berücksichtigt. 4 Quellen des Gebietes sind zwar gefasst, weisen aber immer noch einen Anteil von frei abfließendem Wasser mit erkennbaren Quellstrukturen auf. In weiteren vier Quellen war ein Schlauch oder ein Rohr erkennbar, um Quellwasser abzuleiten. Bei 11% der untersuchten Gewässer wurde das Wasser über ein Rohr in eine Holz-, Beton- oder Photo 13: Deutliche Schäden durch Viehtritt an der Tränke der Quelle 45 31 Plastikwanne geleitet, um als Viehtränke zu dienen. Dies ging jeweils mit einem extrem zertrampelten Bereich um die Tränke herum einher. Bei 79% der untersuchten Gewässer konnte keine Beeinträchtigung durch eine Verbauung festgestellt werden. Wanderwege Eine Beeinträchtigung von Quellbiotopen durch Wanderwege ist nur in 7% der Fälle gegeben. Eine Gefährdung besteht hier darin, daß ähnlich wie bei Viehtritt der Boden verdichtet wird. Häufiger verlassen Wanderer den Weg um sich in der Quelle zu erfrischen. Ablagerungen In 5% der Quellen haben Ablagerungen, sämtlich aus toten Fichtenästen, stattgefunden. Die Beeinträchtigung des Lebensraumes erfolgt hier durch den Eintrag von schwer abbaubarer, sauer wirkender organischer Substanz, sowie durch die damit verbundene Beschattung. Fichtennadeln oder Holz werden von Quellorganismen kaum als Nahrung angenommen. Der Abfluß des Wassers wird teilweise behindert, sowie durch die dichte Lagerung der Äste der Eintrag von anderer organischer Substanz wie abgestorbene Kräuter oder Laub, verhindert. In der Tabelle 1 sind die Beeinträchtigungsarten und ihre Häufigkeit nochmals zusammenfassend dargestellt. 32 kein Streifen kein schwach mittel stark Viehgangeln in der Quelle Streifen bis 1m 3 1 1 76 3 33 29 16 75 6 18 4 19 29 70 1 4 1 1 94 4 40 36 20 93 7 22 5 23 81 / 100% 81 / 100% Quellverbauung Streifen von 1-2m 1 Wanderweg Streifen von 2-5m 57 Viehtritt intensiv 23 Summe mittel Totholz-Ablagerung Beeinträchtigungsart extensiv Beeinträchtigungsgrad Anzahl Pufferzone % Zustandsklasse Nutzungs -intensität 81 / 100% Tab. 1: Verteilung der untersuchten Quellen auf die einzelnen Zustandsklassen 6.5 Zustand und Gefährdung der Quellen Im Untersuchungsgebiet gibt es nur drei Quellen die keine direkte Störung erkennen lassen. Über 50% der kartierten Quellen zeigen dagegen mittlere bis starke Beeinträchtigung. Detaillierte Untersuchungen der Flora und Fauna sowie der Chemie und Mikrobiologie der Quellen würden ein genaueres Bild des Zustandes der Quellen liefern. Was die Fauna angeht, kann ohne eine Artbestimmung wenig ausgesagt werden. Erfreulich ist, daß in einigen untersuchten Quellen bereits bei der einfachen Beprobung Arten aus verschiedenen Ordnungen sowie auch echte Quellarten (z.B.: Bythinella) gefunden wurden (Karte 4 – Faunistische Vielfalt). 33 Karte: Faunistische Vielfalt 34 Allerdings wurde in 12 Quellen keine Fauna gefunden. Zum Teil kann das daran liegen, daß es sich um lineare Quellen handelt, die zum Zeitpunkt der Untersuchung ungewöhnlich hoch austraten. Das trifft mit einiger Sicherheit beispielsweise auf 4 Quellen im Süden des Gebietes zu (Karte: Faunistische Vielfalt; Quellnummern: 65, 66, 68, 71). Nicht auszuschließen ist auch, daß es zwar Fauna gab, diese aber bei der Aufsammlung nicht gefunden wurde. Einen Überblick über die faunistische Vielfalt in den Quellen des Arbeitsgebietes kann die Karte ‘Faunistische Vielfalt’ bieten. Hier sind die in den Quellen vorkommenden Invertebraten auf dem Niveau der Ordnung dargestellt. Floristisch gesehen sind in vielen Quellen Störungszeiger mit großem Deckungsbetrag vertreten. Arten der Niedermoorvegetation, die man zumindest in den Quellen mit flächigem, sickernden Abfluß erwarten würde, treten kaum auf. Die Wasserqualität wurde im Rahmen dieser Kartierung zwar nicht untersucht, aufgrund der geologischen Eigenschaften des Gebietes kann jedoch eine deutliche Beeinträchtigung angenommen werden. Wie bereits eingangs erläutert sind die meisten Gesteine im Untersuchungsgebiet weder gute Wasserleiter noch gute Wasserspeicher (W OLFF, 1985). Daher dringt das Niederschlagswasser nicht sehr tief und nicht sehr lange in den Untergrund ein, wodurch es kaum gefiltert wird und oberirdischen Einflüssen ausgesetzt ist. Diese Tatsache wird an den relativ hohen Wassertemperaturen von 31% der Quellen deutlich (Abb. 8% 19% 23% 4 - 6,5°C 7 - 9,5°C 10 - 12,5°C 13 - 20°C 8). Nach W OLFF (1985) beträgt die Grund- 50% wassertemperatur in diesem Gebiet je nach Höhenlage Abb. 8.: Wassertemperaturen der Quellen zwischen 5°C und 35 knapp 10°C. Diese Temperaturen müssten auch beim Quellaustritt vorherrschen. Bei höheren Temperaturen ist davon auszugehen, daß nicht nur Grund- sondern auch Hangwasser austritt. Nach einer Untersuchung von STEFFAN (1985) im Niederbergischen Land sind “die aus Bodenwasser gespeisten Quellen und oberen Fließstreckenbereiche (…) viel weniger belastbar als vergleichbare Abschnitte anderer Bergbäche”. Da das versickernde Niederschlagswasser nur relativ kurze Zeit im Boden und im Untergrund verweilt, wird es nur wenig gefiltert und gesäubert. Daraus erklärt sich die Aussage W OLFFS (1985), daß der hygienische Zustand des Wassers, was die Trinkwassernutzung betrifft, teilweise bedenklich ist. Das Betreten von Quellen durch Weidevieh kann nicht grundsätzlich negativ gewertet werden. Zunächst ist zu bedenken, daß Quellen als Wasserstellen natürlicherweise von Tieren aufgesucht werden, wodurch eine gewisse Störung durch Viehtritt ein natürlicher Zustand ist. Beispielsweise zeigt eine vom LBV durchgeführte Untersuchung eines großen Quellmoorkomplexes im Berchtesgadener Land (HOTZY & NIEDERBICHLER, 1998), daß Viehtritt sich durchaus auch positiv auf die Artenzusammensetzung von Quellen auswirken kann. Es werden offene Bereiche geschaffen, die von einigen Pflanzen zur Besiedlung genutzt werden können. Zudem gelangen Nährstoffe über das an den Hufen hängende organische Material sowie über Fäkalien in die Quelle. Einige Invertebraten kommen sogar nur in von Vieh regelmäßig aufgesuchten Quellen vor (mündl. Mitteilung R. GERECKE). Zudem ermöglicht das saufende Vieh den Transport von Quellfauna von einem Gewässer zum nächsten, kann also für die Verbreitung wichtig sein. Das Aufwühlen des Untergrundes durch Viehhufe stellt zumindest eine starke Veränderung des Lebensraumes dar. Inwieweit die Quellbiozönose dadurch gefährdet ist richtet sich nach der Intensität des Viehtritts. ZOLLHÖFER (1997) hat festgestellt, daß eine durch Weidevieh gestörte Quelle, deren anorganisches Substrat überwiegend aus sehr feinen Ton-, Schluff- und Sandfraktionen bestand, nach Zäunung und damit Schutz vor Viehtritt bereits sehr bald eine andere Substratzusammensetzung aufwies. Der Anteil von kiesigem Material hat zugenommen. Das könnte darauf hindeuten, daß das 36 Überwiegen der feinen Substratarten in den Quellen des Untersuchungsgebietes nicht nur durch den geologischen Untergrund induziert wird, sondern auch durch Viehtritt. Ungeklärt ist bislang die Frage wieviel der beschriebenen Störungen durch Weidevieh sich positiv auswirkt und ab wann die negativen Folgen überwiegen. Die verträgliche Besatzdichte hängt sicherlich von der Anzahl und Größe der verfügbaren Wasserstellen der jeweiligen Alm, aber auch von der Substratzusammensetzung und Schüttung der jeweiligen Quelle ab. Aufgrund der im Gebiet häufig und stark ausgeprägten Viehgangeln, sowie der häufig dominant vorkommenden Störungszeiger in den Quellen liegt die Vermutung nahe, daß die Nutzung zumindest in vergangenen Jahren intensiv war. Diese (ehemals) intensive Nutzung ist heute noch erkennbar und hat das Gebiet geprägt. Von der Freitzeitnutzung geht kaum eine (im Sommer) erkennbare Gefährdung für die Quellen des Untersuchungsgbietes aus. Bei 4 der 6 durch Wanderwege gestörten Quellen verläuft der Weg direkt oberhalb des Quellaustritts, so daß es mittelfristig zu einem Abrutschen oder Abbrechen des Weges in die Quelle kommen kann. Bei den vorliegenden schwachen Schüttungsmengen würde es sehr lange dauern, bis das Material erodiert ist, eine Regenerierung der Quelle wäre sehr langwierig. Die Gefahr der Verschmutzung der Quelle durch von Wanderern achtlos weggeworfene Abfälle wird angesichts der fortgeschrittenen Aufklärung der Freizeitnutzer sowie der im Gebiet allgemein sehr geringen Hinterlassenschaften von Wanderern als gering angesehen. Stellenweise sind viel frequentierte Wanderpfade jedoch die Ursache für kleine Erdrutsche, da an diesen offenen Stellen die Erosion verstärkt angreifen kann (Siehe Photo 14). Besonders die Strecke vom Gasthof Rosengasse über die Baumoosalm in Richtung Brünnstein wird stark genutzt, so daß hier bereits mehrere Pfade nebeneinander existieren, da mit der Zeit alte Pfade extrem schlammig sind und so neue Pfade ‘angelegt’ werden. Dies ist zwar keine Gefahr für die Quellen des Gebietes, hebt aber auch nicht unbedingt den 37 landschaftlichen Reiz der Landschaft, so daß eine sinnvolle Befestigung angedacht werden sollte. Einige Quellen sind für Trinkwasserzwecke gefasst und scheiden somit als Lebensräume für krenophile Flora und Fauna aus. Die ungefassten Offenlandes verbleibenden Quellen sind des jedoch in hinreichender Anzahl und in den meisten Fällen auch recht dicht beieinander vorhanden, so daß der Verlust an Lebensraum durch die gefaßten Quellen hingenommen werden kann. Photo 14: Kleiner Erdrutsch auf der Baumoosalm, ausgelöst an einem Wanderpfad Bei gefaßten oder auf andere Weise verbauten Quellen ist der ökologische Einfluß von unbedenklich bis Lebensraum-zerstörend einzustufen. Ein mit Steinen befestigtes Rohr, in dem ein Teil des Wassers abgeleitet wird, wird keinen großen Einfluß auf das Biotop haben. Dagegen ist die Umleitung eines Großteils des Wassers in eine Viehtränke ein starker Eingriff in den Lebensraum. Die Rheo- oder Helokrene wird sozusagen in eine anthropogene Limnokrene umgewandelt. Häufig stehen diese Viehtränken sehr exponiert, so daß das Wasser sich stark erwärmt. Sie sind meist aus Beton gefertigt oder alte Badewannen, teilweise werden auch ausgehöhlte Baumstämme verwendet. In diesen ‘anthropogenen Limnokrenen’ kommt kaum Substrat vor, was den ‘Lebensraum’ allgemein relativ lebensfeindlich macht. Wird ein Großteil (oder das gesamte) Wasser in einem Behälter aufgefangen, so wird der Lebensraum Quelle gänzlich zerstört. 38 Zusammenfassend kann der Zustand der Quellen des untersuchten Gebietes zwar nicht als alamierend bezeichnet werden, dennoch ist aus den genannten Fakten eine Bedrohung dieser Lebensräume abzulesen. Art und Grad der Beeinträchtigungen der Quellen sind zusammenfassend in der Karte ‘Art und Grad der Beeinträchtigung der Quellen’, dargestellt. 39 Karte ‘Art und Grad der Beeinträchtigung der Quellen’ 40 7. Leitbild Für die Formulierung von Schutzmaßnahmen bedarf es zunächst eines Entwicklungszieles, das als Leitbild Orientierungshilfe bietet. Das Leitbild für den Quellschutz richtet sich vor allem nach ökologischen und naturschutzfachlichen Qualitäten. Es sollte aber auch mit den menschlichen Bedürfnissen konform gehen, da ansonsten eine Umsetzung utopisch wäre. Quellen bilden einen eigenen Lebensraum mit teils besonderer spezialisierter Fauna, die gegenüber Umweltveränderungen relativ empfindlich reagiert. Meist ist die Individuendichte in Quellen gering im Vergleich zu anderen aquatischen Lebensräumen, im Gegensatz dazu die Artenanzahl aber groß. Diese Diversität gilt es zu erhalten oder wiederherzustellen, zum einen um den Genpool zu schützen, zum anderen aber vor allem auch aus Respekt vor dem Leben! Ein Offenhalten der Almen und der dort befindlichen Quellen ist nicht nur aus touristischen Gründen angestrebt. Der Lebensraum Alpen würde ohne Almwiesen erheblich verarmen. Um diese zu erhalten ist Beweidung unerläßlich, Photo 15: Blick auf die Baumoosalm 41 wobei darauf zu achten ist, die Besatzdichte innerhalb eines ökologisch verträglichen Rahmens zu halten. Bezüglich der Alm-Quellen muß die tolerierbare oder sogar erwünschte Beweidungsintensität noch untersucht werden. Quellen können als Indikatoren für den Zustand ihres Einzugsgebietes angesehen werden. Dabei gilt: je kleiner ein Einzugsgebiet ist, desto deutlicher zeigen sich Einflüsse der Geologie und der Nutzung in der Quelle (BREHM, 1976). Für das Vorkommen von intakten Quellen ist somit nicht zuletzt der nachhaltige Umgang mit der Umgebung unerläßlich. Der Schutz von Quellen muß sich also auf einen weitaus größeren Bereich als die bloße Quelle beziehen um eine gute Wasserqualität zu gewährleisten. Generell ist anzustreben, daß Quellen als Austrittstellen von Grundwasser Trinkwasserqualität aufweisen. Trinkwasser ist eines der kostbarsten Güter der Menschheit und ein Schutz oder Verbesserung eine seiner Qualität sollte selbstverständlich sein. Viele Alpenregionen haben große Bedeutung für die Trinkwasserversorgung umliegender Großstädte, so daß hier besonders auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Grundwasser geachtet werden muß. Rein stellen optisch betrachtet die meisten Photo 16: Detailaufnahme bei der Quelle 22 42 Quellbiotope eine Bereicherung des Landschaftsbildes dar, da im Quellbereich nicht nur die Vegetation anders als die der Umgebung ist, sondern auch die Morphologie. Vor allem kaum oder gar nicht beeinträchtigte Quellen sind häufig besonders ästhethische Orte, Kleinode in der Landschaft. Gerade in touristischen Gebieten ist das als hoher Wert einzustufen! Zusammenfassend lassen sich als Leitbild des Alpen-Quellschutzes folgende Forderungen formulieren: Nachhaltige Nutzung der Alpen insgesamt, vor allem aber der Umgebung von Quellen um schädliche Einflüsse auf das Grundwasser zu verhindern An die ökologischen Verhältnisse angepasste Beweidungsdichte, unter Umständen mit Schutz der Quellen vor direktem Zugang des Weideviehs Offenhalten der Almen Aufklärung der Bevölkerung um vermeidbare Zerstörung oder Degenerierung wertvoller Biotope zu vermeiden 8. Maßnahmen Zur Optimierung der Situation im Arbeitsgebiet werden vier Kategorien für Maßnahmen aufgestellt: 1 Abpufferung von Quellbereichen 2 Um- oder Rückbau von Verbauungen, Wasserfassungsanlagen oder Wegen 3 Entfernen von Ablagerungen in Quellbereichen 4 Information und Aufklärung der Bevölkerung, vor allem der Almbauern als Nutzer des Gebietes Zu 1, Abpufferung von Quellbereichen: Betroffene Quellen: 4, 6, 29, 32, 35, 36, 40, 41, 42, 48, 51 (oder: 52 / 53 / 55), 58 (oder 59 / 60), 79 Die Abpufferung von Quellbereichen, beispielsweise durch Einzäunung, soll die Gefahr eines Eintrags von Schadstoffen, sowie übermäßigen Nährstoffen minimieren. Zudem sollen die Quellen vor Viehtritt geschützt werden. Wie in Kapitel ‘Zustand und Gefährdung der Quellen’ erläutert, sind die Wasseraustritte des Arbeitsgebietes häufig hangwasserbeeinflußt, wodurch sie in besonderem Maße von schädlichen Stoffeinträgen bedroht sind. Eine 43 großräumige Abpufferung, könnte diesen Einfluß zwar nicht verhindern, jedoch könnte zumindest der direkte Eintrag von Verunreinigungen (Fäkalien) durch Weidevieh unterbunden werden. Auch die beschriebenen Beeinträchtigungen durch Viehtritt könnten durch Zäunung unterbunden werden. Da aber bislang noch zu wenig über die Auswirkungen auf die Biozönose von Quellen bekannt ist, wird vorgeschlagen zunächst einige der Quellen zu zäunen, in deren näherer Umgebung sich vergleichbare Quellen befinden. An solchen Stellen würden sich Folge Untersuchungen der Auswirkungen anbieten. Fünf Quellen (29, 40, 41, 42, 48) des Gebietes sind potentiell besonders attraktive Orte, die jedoch aufgrund der Beeinträchtigung durch Weidevieh teilweise stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Eine Zäunung würde ihnen vermutlich die Regeneration ermöglichen. Zu 2, Um- oder Rückbau von Verbauungen, Wasserfassungsanlagen oder Wegen: Um- oder Rückbau von Wasserfassungsanlagen oder Tränken: 3, 14, 16, (18), 26, 30, 38, 43, 45, 56,76, 79, (80), Umbau von Wegen: 9, 10, 32, 46, 78, (80), Quellen sind meist sehr kleinräumige Biotope, die besondere Umweltbedingungen bieten und eine daran angepaßte Fauna und Flora beherbergen. Als solche sind sie empfindlicher gegenüber Störungen als beispielsweise die anschließenden Bäche. In den Bächen ist meist mehr Wasser mit höherer Fließgeschwindigkeit vorhanden, so daß Verunreinigungen (z.B. Fäkalien) abgeschwemmt werden können. Vor allem aber ist die räumliche Ausdehnung von Bächen im allgemeinen größer als die der Quellen, so daß eine lokale Beeinträchtigung von Bächen weniger schwerwiegend ist. Aus diesen Gründen sollten Viehtränken im Bachbereich und nicht direkt in der Quelle angelegt werden, was aber im Untersuchungsgebiet bei nahezu allen vorhandenen Tränken der Fall war. Ein Rück- oder Umbau der Viehtränken ist unbedingt erforderlich! Zudem sollten alle weiteren Verbauungen im Quellbereich (Art. 13d BayNatSchG!), aber auch in den Bächen unterbleiben, bzw. entfernt werden, sowie nicht mehr benötigte Trinkwasserfassungen rückgebaut werden. 44 Wie bereits erwähnt, besteht bei einigen Quellen (10, 46, 78) die Gefahr, daß der darüber verlaufende Wanderpfad abbrechen und die Quelle verschütten könnte. Die Möglichkeit einer Verlegung des Weges sollte überprüft werden. In einem Fall verläuft ein häufig begangener Wanderweg direkt unterhalb einer Quelle (32), häufiger werden (Quell-) Bäche von Wegen gequert. Um eine Unterbrechung von Biotopen zu verhindern und dennoch die Wege zu befestigen könnten hier beispielsweise Steinschüttungen in flachen Mulden oder einfache, kleine Brücken (ohne Betonfundament oder ähnlichem) angelegt werden. Zu 3, Entfernen von Ablagerungen in Quellbereichen Betroffene Quellen: 9, 37, 71, 73 Häufig werden Quellbiotope als praktische Geländemulden zur Ablagerung von Abfällen mißverstanden. Im Arbeitsgebiet wurde erfreulicherweise lediglich in 4 Quellen Totholz abgelegt. Aus den in dem Kapitel ‘Zustand und Gefährdung der Quellen’ genannten Gründen sollten Ablagerungen aller Art unterbleiben, bzw. gegebenenfalls wieder entfernt werden. Zu 4, Aufklären der Bevölkerung, vor allem der Almbauern als Nutzer des Gebietes Während der Kartierung der Quellen im Gelände fiel auf, daß einigen der Almbauern und auch den meisten Freizeitnutzern nicht bewußt war, daß einige der nassen Stellen ihrer Alm Quellen sind. Es ist weitestgehend unbekannt, was das Besondere und Schützenswerte an Quellen st. Als schützenswert werden meist nur ‘schöne’ sprudelnde und spritzende Sturzquellen betrachtet, jedoch nicht matschige Almbereiche, oder andere unauffällige Stellen mit etwas fließendem Wasser. Um eine Wertschätzung und damit einen respektvollen Umgang und Schutz von Almquellen zu erreichen ist eine Aufklärung dringend erforderlich. Da man nur schützt, was man kennt und schätzt, sollte der Bevölkerung das Biotop Quelle nahe gebracht werden, damit diese Lebensräume nicht aus purer Unwissenheit zerstört werden. 45 9. Diskussion 9.1 Definition der Quellen Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war die Erfassung aller Offenlandquellen des Untersuchungsgebietes. Vermutlich konnten aber aufgrund der Unübersichtlichkeit des Gebietes sowie der Unzugänglichkeit einiger Bereiche nicht wirklich alle Offenlandquellen gefunden werden. Der Gesamteindruck des Gebietes wird durch das potentielle Fehlen einiger Quellen sicher nicht beeinflußt. Die Aufgabenstellung alle Quellen zu erfassen hat bei der Kartierung häufiger zu der Frage geführt, was eigentlich eine Quelle ist. Gerade in vielen Bereichen der Alpen dringt an zahlreichen Stellen Wasser aus Gesteinsritzen, Klüften und dem Boden empor, wobei nicht immer klar ist, ob es sich dabei um Grundwasser handelt. Alle diese Stellen zu kartieren wäre also nicht nur ein sehr großer Aufwand, sondern würde auch nicht der Fragestellung entsprechen. Um effektiv und sinnvoll zu kartieren muß eine Grenze gezogen werden, zwischen Wasseraustritten, die einer Quelle entsprechen und solchen, die ihr nicht entsprechen. Da in der Natur jedoch kaum klare und eindeutige Grenzen vorkommen, wird es immer Formen des Übergangs geben, deren Zuordnung einer subjektiven Einschätzung unterliegt. Das Gebiet ist aufgrund der geologischen Gegebenheiten stark hangwasserbeeinflußt, wodurch es zahlreiche Übergange von flächigen Quellen zu reinen Naßstellen gibt. Diese Problematik wurde durch die niederschlagsreiche Periode, die der Kartierung (Ende Juli 2000) vorausging, noch verschärft. Es drückte an zahlreichen Stellen Wasser aus dem Untergrund und auch viele der Quellen waren zumindest hangwasserbeeinflußt. Erkennbar war dies an den oft relativ hohen Temperaturen der Quellwässer. Die flächigen Naßstellen, die häufig auf den Almen auftreten, wurden nicht als Quellen kartiert. Nach der Definition laut DIN 4049 (Fassung 1979, in: LAWAARBEITSKREIS 1994) ist dieses Vorgehen auch korrekt, da hier nicht an einer örtlich begrenzten Stelle, sondern eben flächig Wasser austritt. Zudem werden Naßstellen bei der Alpenbiotopkartierung mit erfaßt. Naßstellen mit einem 46 deutlichen oberirdischen Abfluß bilden eine Übergangsform zu Quellen; hier ist es meist nicht möglich den eigentlichen Ort des Grundwasseraustritts zu lokalisieren, was eine Zuordnung erschwert. Bei Beginn des gesammelten Abflusses ist das Wasser meist bereits so erwärmt, daß eine alleinige Speisung aus Hangwasser nicht ausgeschlossen werden kann. Die Entscheidung, eine solche Stelle als Quelle zu kartieren, ist subjektiven Einflüssen unterworfen. Im Falle dieser Untersuchung war die Voraussetzung dafür, einen Wasseraustritt als Quelle zu kartieren das Vorkommen von fließendem Wasser, sowie die morphologischen oder pflanzlichen Anzeichen dafür, daß es sich um eine ständig wasserbeeinflußte Stelle handelt. Wasser, das mit geringer Schüttung,an Felsen herabrann, also hygropetrische Lebensräume die sich zuweilen über ganze Felswände verteilen, wurden bei der Quellkartierung nicht berücksichtigt. 9.2 Deckungsschätzung Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die Schätzung der Deckungsanteile von Abflußarten sowie organischen und anorganischen Substraten nach BraunBlanquet erprobt. Diese Methode ist seit langem in der Vegetationskunde etabliert und bewährt und es existieren statistische Routinen. In der praktischen Anwendung bei diesem Projekt zeigte sich, daß eine Übertragung auf Abflußarten und Substrate nur sehr bedingt praktikabel ist. Besser erscheint eine sinnvolle Einteilung in Prozentklassen. Diese Einteilung sollte logarithmisch sein, d.h. in den unteren Deckungsklassen feiner und nach oben hin gröber werden. Dies ist zwar prinzipiell bei der Skala nach Braun-Blanquet gegeben, jedoch ist die Beschreibung gerade der unteren Klassen irreführend. Besser wäre eine durchgehende Prozentangabe bei der Klasseneinteilung. 9.3 Untersuchung der Flora und Fauna Im Zuge dieses Projektes galt es eine grobe (im Sinne von schnell, effektiv und günstig) Erfassung der Offenlandquellen eines ausgewählten Gebietes der Alpen durchzuführen. Daher konnte die Untersuchung der Flora und Fauna nur in reduziertem Rahmen durchgeführt werden um einen ersten groben Eindruck zu vermitteln. Anhand der durchgeführten Erfassung der Fauna kann zwar keine Bewertung abgeleitet werden, es liegen damit aber wertvolle 47 Zusatzinformationen sowie Informationen für Folgeuntersuchungen vor. Die einfache und stark reduzierte Aufnahme der Flora läßt ebenfalls nur sehr wenige Aussagen zu. So kann nur festgestellt werde, daß in vielen Quellen Störungszeiger überwiegen. Hier wäre für zukünftige Untersuchungen – gerade in zu Naßstellen neigenden Gebieten – eine genauere Kartierung der Vegetation wünschenswert. 9.4 Schutzmaßnahmen In Anbetracht der eher extensiver werdenden Nutzung der Almen kann die Notwendigkeit von Zäunungen angezweifelt werden. Quellen sind jedoch häufig sehr kleinräumige Biotope in denen sich Weidevieh konzentriert aufhält und so auf kleinem Raum großen Schaden anrichten kann. Eine Regeneration erscheint nicht möglich, wenn diese Orte nach wie vor, wenn auch weniger intensiv, gestört werden. Eine Zäunung ist daher in Einzelfällen sinnvoll. Gegebenenfalls kann nach erfogter Regeneration die Zäunung wieder entfernt werden. Allerdings würde das ein genaues Beobachten des Biotopes erfordern, um unerwünschte Rückfälle zu verhindern. 9.5 Offenland / Waldland Angesichts der Tatsache, daß zumindest die Randbereiche der Wälder häufig auch von Weidevieh aufgesucht werden, stellt sich die Frage ob eine Reduzierung der Kartierung nur auf Offenland-Quellen gerechtfertigt ist. Waldquellen sind wohl nicht in gleichem Maße gefährdet, es kann jedoch auch hier zu Störungen in Form von Viehtritt, Verbauungen, Ablagerungen und Sonstigem kommen. Für weitere Projekte sollte man die Einbeziehung von zumindest almnahen Waldbereichen in Erwägung ziehen, um einen Gesamteindruck über ein Gebiet zu erhalten. 9.6 Einbeziehung Ortskundiger Für einen Ortsfremden ist es im Gelände oft schwierig nachzuvollziehen, ob das aus einem Rohr austretende Wasser an Ort und Stelle gefaßt wurde, oder ob es hierhergeleitet wurde. Auch Fragen wie die nach der Konsistenz der Wasserführung sind schwer zu beantworten. Hilfreich wäre eine vorherige 48 Befragung und Information von Ortskundigen, die ganzjährig schüttende Wasserstellen in ihrem Gebiet meist kennen und über Verrohrungen und Wasserfassungen Auskunft geben können. Zeitgleich mit einer Befragungsaktion könnte man die Betroffenen über die Besonderheit der Quellen informieren und sie so in das Geschehen einbeziehen. 10. Ausblick Wie bereits eingangs erwähnt, ist bislang noch relativ wenig über die Ökologie von Quellen, insbesondere alpinen Quellen bekannt. Insbesondere in Anbetracht des Arbeitsgebietes wäre die Klärung der Frage wichtig, wieviel Störung in Form von Weidevieh erwünscht oder toleriert werden kann und ab wann die negativen Folgen überwiegen. Welchen Einfluß hat Weidevieh direkt auf die Biozönose von Quellen durch Viehtritt und direkt eingetragene Substanzen und welcher Einfluß wird indirekt über das Wasser aus dem Einzugsgebiet ausgeübt? Auskunft auf diese Fragen könnte zum Beispiel ein floristischer und faunistischer Vergleich zweier geologisch ähnlicher Gebiete geben, die seit langem unterschiedlichen Nutzungsintensitäten unterliegen. Ein weiteres Augenmerk kann auf die Indikation mit Hilfe von Quellen, deren Chemismus und Organismen, geworfen werden. Bei bekanntem Einzugsgebiet kann aufgrund von chemischen oder zoologischen Befunden unter Umständen eine Erkenntnis über die ein Einzugsgebiet betreffenden Störungen gewonnen werden. Dies könnte einfacher sein, als das gesamte Gebiet zu beproben. Hierzu bedürfte es allerdings genauerer Kenntnisse, insbesondere der Fauna der Quellen. Insgesamt wäre eine Untersuchung anderer Almgebiete wichtig um einen Überblick über den Zustand bayerischer Alpen-Quellen zu erhalten. Die Bedeutung der Alpen als Trinkwasserspeicher wurde mehrfach erwähnt. Diese Beispiele können den Forschungsbedarf nur knapp umreißen. Für weitere Untersuchungen ist nach wie vor eine effektive Kartierung möglichst vieler Quellen in möglichst vielen, auch unterschiedlichen, Gebieten der Alpen erforderlich, um einen Gesamtüberblick zu erhalten. Dabei wird es aus den in 49 der Diskussion genannten Gründen niemals möglich sein, alle Quellen der Alpen zu kartieren. Die Grenzziehung wird in jedem neuen Gebiet zum Thema werden, sollte sich aber in etwa an gleiche Grundsätze halten um eine gewisse Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Auf Grundlage allgemeiner Kartierungen können dann Bedarfsräume für detailliertere Untersu- Photo 17: Blick auf das Wendelsteingebiet chungen herausgefiltert werden. 11. Zusammenfassung Wesentliches Ziel des Projektes war die Erfassung aller Offenlandquellen eines Almgebietes der bayerischen Alpen, um einen ersten Einblick über den Zustand und eventuelle Gefährdungsursachen von Offenlandquellen zu erhalten. Die Kartierung wurde in dem Gebiet um die Berggipfel Brünnstein und Traiten mit anschließendem Sudelfeld durchgeführt, da hier sowohl touristische als auch landwirtschaftliche Nutzung vorliegt und verschiedene geologische Einheiten vorkommen. Die Quellen wurden nach der Typisierung von HOWEIN (1998) in Typen eingeteilt. Die meisten Quellen zählen aufgrund des Dominierens von feinem Material und sickerndem oder strömenden Abfluß zu dem Typ 4 oder 5. Die Dominanz von Feinmaterial ist unter anderem auch auf Viehtritt zurückzuführen, da dadurch feines Material eingetragen, aufgewühlt und mit Wasser vermischt wird; einem Abtransport wird quasi entgegengewirkt. Etwa jede vierte Quelle hat durch Viehtritt ein charakteristisches Erscheinungsbild angenommen, indem sich Viehgangel quer durch sie hindurch ziehen und ein ‘stufiges’ Relief anlegen. 50 Die Erfassung zeigte, daß es erwartungsgemäß sehr viele Quellen gibt (81 Quellen auf ca. 58 ha Offenland), von denen der Großteil (78%) nicht verbaut ist. Allerdings sind 93% der Quellen durch Viehtritt in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigt. Zum Teil werden die Weidetiere durch Anlage von Viehtränken direkt in den Quellbereich geleitet, was meist zu einer Zerstörung des Lebensraumes führt. Auf die Sensibilität der Quell-Biotope wird, wohl aus Unkenntnis, keine Rücksicht genommen. Störungen aufgrund von Wanderwegen oder Ablagerungen waren mit 7% bzw. 5% nur sehr selten vorhanden. Eine mikrobiologische Verunreinigung der Quellen dürfte in einigen Fällen gegeben sein. Die Gefährdung der Quellen im Arbeitsgebiet ist demnach besonders durch die Weidenutzung der Almen sowie durch Unkenntnis gegeben. Die Störung durch Weidevieh ist zwar nicht in allen, aber doch in einigen Fällen negativ zu werten, und zwar spätestens dann, wenn die Störung bis zu einer Zerstörung und Verödung des Lebensraumes führt. Eine Gefährdung der Quellen geht im untersuchten Raum demnach hauptsächlich von der landwirtschaftlichen Nutzung aus, ließe sich aber mit einfachen Mitteln reduzieren. Als dringenste Maßnahme wird vorgeschlagen einige Quellen zu zäunen um hier eine Entwicklung ohne die Beeinträchtigung durch Weidevieh zu ermöglichen. Auch die Entfernung von Verbauungen und vor allem von Viehtränken im Quellbereich sollte vorrangig geschehen. In Einzelfällen ist ein Umbau von Wanderwegen anzuraten, z.B. ein Verlegen oder das Anlegen eines Steinwurfes zum Überqueren des Quellbaches. Zudem sollten die vorkommenden Ablagerungen von Fichtenästen im Quellbereich entfernt werden. Eine Verbesserung der Situation könnte bereits durch die Information der Almnutzer erzielt werden, die sich meist der Bedeutung des Biotops Quelle nicht bewußt sind. Es gilt ein wirkliches Verständis für die Besonderheiten und den Wert dieses Lebensraumes zu entwickeln. Ein weiteres Arbeitsziel war die Möglichkeiten und Grenzen einer Quellkartierung in den Alpen aufzuzeigen. Bei der Kartierung der Quellen wurde wieder einmal 51 deutlich, daß es nicht möglich sein wird, wirklich alle Quellen eines Gebietes zu erfassen, da ein flächendeckendes Ablaufen einen nicht finanzierbaren Aufwand darstellen würde. Angesichts der Vielzahl der Wasseraustritte und Rinnsale sowie der Vielzahl der Erscheinungsformen wird man sich bei einer Erfassung klare Vorgaben machen müssen, nach denen kartiert wird. Für weitere Untersuchungen erscheint es sinnvoll, zunächst eine allgemeine Kartierung, vergleichbar mit der im Rahmen dieses Projektes, durchzuführen. Im Anschluß daran können bei Bedarf gezielt weitere spezielle Kartierungen organisiert werden. Auch erscheint es sinnvoll während oder besser noch im Vorfeld weiterer Untersuchungen Ortskundige (z.B. Senner/innen) nach den Quellen in ihrem Gebiet zu befragen. Für zukünftige Projekte könnten die Auswirkungen verschiedener Intensitäten der Viehbeweidung auf Flora, Fauna und Substratbeschaffenheit, z.B. in Anlehnung an das LBV-Quellmoorprojekt im Berchtesgadener Land (HOTZY & NIEDERBICHLER, 1998), untersucht werden. Auch die Auswirkung von Zäunungen auf bislang ungepufferte Quellen wäre ein interessantes Studienobjekt. Dies impliziert das Anliegen, die vorgeschlagenen Maßnahmen in die Tat umzusetzen. 52 12. VERZEICHNIS VERWENDETER KARTEN: ARBINGER, M. (1997): Wanderführer für das obere bayerische Inntal, mit Wanderkarte 1 : 25.000, Hrsg.: Kur- und Verkehrsverein Oberaudorf, Bayerisches Landesvermessungsamt München (Hrsg.) 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