6. Zustandsbeschreibung und Gefährdung der

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Erfassung und naturschutzfachliche
Bewertung von alpinen
Offenlandquellen im Sudelfeld
- Erarbeitung von Schutz- und
Optimierungskonzeptionen für ausgewählte
Quellbereiche -
Bearbeiter: Dipl.Geogr. Heike Howein, Erlangen
Dipl.Biol. Ralf Hotzy, Hilpoltstein
Inhaltsverzeichnis
1.
2.
3.
Einleitung.......................................................................................................................................... 4
Zielsetzung........................................................................................................................................ 6
Gebietsbeschreibung ......................................................................................................................... 8
3.1
Auswahl des Arbeitsgebietes .................................................................................................... 8
3.2
Lage des Arbeitsgebietes .......................................................................................................... 9
3.3
Geologie ................................................................................................................................. 11
3.4
Hydrogeologie ........................................................................................................................ 13
3.5
Wasserbeschaffenheit ............................................................................................................. 13
4
Methodik......................................................................................................................................... 13
4.1
Aufnahmebogen ...................................................................................................................... 16
Allgemeine Angaben ...................................................................................................................... 16
Physikalisch-Chemische Angaben .................................................................................................. 16
Abflußart sowie Organische und Anorganische Substrate .............................................................. 16
Flora und Fauna .............................................................................................................................. 16
Ökologischer Zustand ..................................................................................................................... 17
Neigung und Exposition ................................................................................................................. 19
4.2
Aufsuchen der Quellen ........................................................................................................... 20
4.3
Auswertung – Büro ................................................................................................................. 21
5. Charakterisierung / Typisierung der Quellen .................................................................................. 23
6. Zustandsbeschreibung und Gefährdung der Quellen ...................................................................... 27
6.1
Nutzungsintensität................................................................................................................... 28
6.2
Größe der Pufferzone .............................................................................................................. 28
6.3
Beeinträchtigungsgrad ............................................................................................................ 29
6.4
Beeinträchtigungsart ............................................................................................................... 29
Viehtritt........................................................................................................................................... 30
Quellfassung ................................................................................................................................... 31
Wanderwege ................................................................................................................................... 32
Ablagerungen.................................................................................................................................. 32
6.5
Zustand und Gefährdung der Quellen ..................................................................................... 33
7. Leitbild ........................................................................................................................................... 41
8. Maßnahmen .................................................................................................................................... 43
Zu 1, Abpufferung von Quellbereichen .............................................................................................. 43
Zu 2, Um- oder Rückbau von Verbauungen, Wasserfassungsanlagen oder Wegen............................ 44
Zu 3, Entfernen von Ablagerungen in Quellbereichen ........................................................................ 45
Zu 4, Aufklären der Bevölkerung, vor allem der Almbauern als Nutzer des Gebietes ....................... 45
9. Diskussion ...................................................................................................................................... 46
9.1
Definition der Quellen ............................................................................................................ 46
9.2
Deckungsschätzung................................................................................................................. 47
9.3
Untersuchung der Flora und Fauna ......................................................................................... 47
9.4
Schutzmaßnahmen .................................................................................................................. 48
9.5
Offenland / Waldland.............................................................................................................. 48
9.6
Einbeziehung Ortskundiger..................................................................................................... 48
10.
Ausblick ...................................................................................................................................... 49
11.
Zusammenfassung ....................................................................................................................... 50
12.
Verzeichnis verwendeter Karten ................................................................................................. 53
13.
Literatur ...................................................................................................................................... 53
2
Verzeichnis der Tabellen:
Tab. 1: Verteilung der untersuchten Quellen auf die einzelnen Zustandsklassen
Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 1: Aufnahmebogen
Abb. 2: Häufigkeit der vorkommenden Quelltypen
Abb. 3: Anteile der anorganischen Substrate insgesamt
Abb. 4: Anteile der Abflußarten insgesamt
Abb. 5: Nutzungsintensität
Abb. 6: Beeinträchtigungsgrad d er Quellen
Abb. 7: Beeinträchtigungsarten der Quellen und deren Häufigkeit
Abb. 8: Wassertemperaturen der Quellen
Verzeichnis der Karten
Karte 1: Übersichtskarte
Karte 2: Geologische Karte
Karte 3: Lage der Quellen und der größeren Naßstellen im Untersuchungsgebiet
Karte 4: Faunistische Vielfalt
Karte 5: Art und Grad der Beeinträchtigung der Quellen
Verzeichnis der Photos
Photo 1: Titelblatt: Rosengassen-Alm mit Kar der Fell-Alm und Großem Traiten
Photo 2: Unscheinbare Quelle auf der Großalm (Nummer 58)
Photo 3: Blick auf Langau- und Schoißer-Alm
Photo 4: Blick auf Brünnstein und Herrnalm
Photo 5: Blick auf das mittlere und obere Sudelfeld
Photo 6: Kuh bei einer Quelle der Baumoosalm
Photo 7 bis 10: Beispiele von Quellen mit unterschiedlichen Erscheinungsformen
Photo 11: Quelle 64 mit stufigem Relief das durch Viehtritt verursacht wurde
Photo 12: Quelle 74 mit kleinen Stillwasserbereichen die durch Viehtritt geschaffen
wurden
Photo 13: Deutliche Schäden durch Viehtritt an der Tränke der Quelle 45
Photo 14: Kleiner Erdrutsch auf der Baumoosalm, ausgelöst an einem Wanderpfad
Photo 15: Blick auf die Baumoosalm
Photo 16: Detailaufnahmen bei der Quelle 22
Photo 17: Blick auf das Wendelsteingebiet
3
1.
Einleitung
Quellen sind zwar bei den meisten Menschen als besonders idyllische Orte im
Bewußtsein verankert und auch in der Mythologie nehmen sie einen großen
Stellenwert ein, die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Ein Großteil der
Quellen entspricht nicht der Vorstellung von Schönheit, es sind keine
rauschenden oder sprudelnden Wasseraustritte mit kristallklarem Wasser.
Vielmehr handelt es sich häufig um recht unauffällige und kleinflächige Rinnsale,
teilweise auch mit umgebendem nassen Bereich – Orte die man normalerweise
nicht mit dem Begriff ‘Quelle’ in Verbindung bringen würde. Dabei ist das
teilweise wenig schöne Erscheinungsbild mancher Quellen meist auf Nutzung
durch den Menschen zurückzuführen.
Photo 2: Unscheinbare Quelle auf der Groß-Alm (Nummer 58)
Diese unscheinbaren Quellen sind im alpinen Raum weit verbreitet und haben
ebenso wie auffällige und schöne Quellen, einen wichtigen Platz in der Umwelt.
Kaum jemand weiß um die Besonderheiten von Quellbiotopen:
Hier herrschen das ganze Jahr über annähernd gleiche Wassertemperaturen. Im
Sommer ist Quellwasser im Vergleich zum Wasser von Bächen und Flüssen
also relativ kalt, im Winter relativ warm. Quellen frieren nicht zu und ermöglich
dadurch ihren Bewohnern einen ganzjährigen Wachstumszyklus. Weitere
4
Eigenschaften sind die relative Nährstoff- und häufig auch Sauerstoffarmut des
Wassers sowie relativ konstante Verhältnisse – nicht nur bezüglich der
Temperatur. Sieht man von verkarsteten und sehr klüftigen Gebieten ab, so
schwankt die Schüttung echter Quellen meist nur in sehr geringem Rahmen.
Hochwassererscheinungen – wie sie in Flüssen in der Regel ein bis zweimal
jährlich auftreten – kommen in Quellen nicht vor.
Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften beherbergen Quellen eine an den
Lebensraum angepaßte besondere Fauna und auch Flora. Gerade bei den meist
wirbellosen Tieren gibt es viele Spezialisten, die nur in Quellen überleben
können, und die bislang noch relativ unerforscht sind. Es werden immer wieder
neue, bislang unbekannte, Arten gefunden.
Die Diversität der Quell-Biotope ist hoch, unter anderem auch weil es hier zu
einer engen Verzahnung von terrestrischer sowie aquatischer Fauna kommt.
Auch Arten der Grundwasserfauna werden ans Tageslicht gespült und
bereichern die Quellen.
Quellschutz sollte aus verschiedenen Gründen selbstverständlich sein. Zunächst
einmal sind Quellen nach dem bayerischen Naturschutzgesetz (Art. 13d)
geschützt. Hier heißt es:
“Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder
nachhaltigen Beeinträchtigung folgender ökologisch besonders wertvoller
Biotope führen können, sind unzulässig: 1. Moore und Sümpfe, Röhrichte,
seggen- oder binsenreiche Naß- und Feuchtwiesen, Pfeifengraswiesen und
Quellbereiche….” (StMLU, 1999). Verbauungen, Ablagerungen und andere
Schädigungen sind demnach gesetzeswidrig.
Zudem bedeutet Quellschutz auch eine Wertschätzung der Ressource
Trinkwasser. Da Quellen zu Tage tretendes Grundwasser sind, sollten sie
Trinkwasserqualität aufweisen, was aber eher selten der Fall ist.
Kulturhistorisch gesehen wurden viele Quellen Heiligen geweiht und als
Kultplätze verehrt. Dieses Erbe sollte nicht – teils buchstäblich zu verstehen –
mit Füßen getreten werden!
Nicht zuletzt sind Quellen um ihrer selbst willen zu schützen. Mitunter handelt es
sich um sehr schöne Kleinode in der Landschaft, teils erschließt sich ihre
5
Schönheit erst auf den zweiten Blick; in jedem Fall bilden Quellen optisch eine
Abwechslung
und
tragen
so
zu
einem
vielseitigen
und
attraktiven
Landschaftsbild bei.
2.
Zielsetzung
Der LBV beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Erfassung und Kartierung
von Quell-Biotopen in verschiedenen Naturräumen Bayerns. Ein besonderes
Augenmerk sollte dabei dem alpinen Raum zukommen, da Bayern als einziges
Bundesland mit Alpengebiet hier besondere Verantwortung trägt.
Photo 3: Blick auf Langau- und Schoißer-Alm
Die Alpen werden häufig als ‘Wasserschloß Europas’ bezeichnet. In dem
Gebirge werden die großen Niederschlagsmengen als Grundwasser gespeichert,
das unter anderem in den Groß-Städten der Umgebung (z.B. München) als
Trinkwasser genutzt wird. Quellen sind die natürlichen Austrittsstellen des
Grundwassers und haben als empfindliche Biotope Indikatorfunktion für den
Zustand ihres Einzugsgebietes. Quellenschutz ist also mit Trinkwasserschutz
gleichzusetzen. Über Anzahl, Zustand und Gefährdung alpiner Quellen ist jedoch
immer noch sehr wenig bekannt, was den Schutz dieser Biotope sehr erschwert.
Im Rahmen dieses Projektes soll nun der Kenntnisstand über Quellen eines
ausgewählten Gebietes in den bayerischen Alpen erweitert werden, um so zum
6
Erhalt dieser Lebensräume beitzutragen. Desweiteren sollen Grundlagen
hinsichtlich der Arbeits-Methodik für weitere Untersuchungen in den Alpen gelegt
werden
Ziel des LBV-Alpen-Quellschutz-Projektes ist es zunächst die Quellen des
Untersuchungsgebietes zu erfassen sowie ihren Zustand in ökologischer
Hinsicht zu beschreiben. Dabei werden auch Beeinträchtigungen die
beispielsweise von der Freizeitnutzung oder auch der Landwirtschaft ausgehen
können, berücksichtigt.
Desweiteren sollen die Möglichkeiten und Grenzen einer Quellkartierung in den
Alpen aufgezeigt werden. Aufgrund der Vielzahl der Quellen in diesem
Naturraum sowie der Geländeverhältnisse trifft eine Kartierung hier auf
besondere Probleme. Es gilt effektive Arbeitsmethoden zur Quellkartierung in
den Alpen zu finden.
Photo 4: Blick aud Brünnstein und Herrnalm
Eine Möglichkeit, die weitere Quellkartierung in den Alpen zu erleichtern, besteht
in der Entwicklung einer Typologie mittels der eine klarere Sicht auf die
Vielgestaltigkeit
der
alpinen
Quellen
ermöglicht
werden
kann.
Die
Übertragbarkeit der für Quellen des Nationalparks Berchtesgaden erstellten
7
strukturellen Typisierung (HOWEIN 1998) auf die Quellen des Arbeitsgebietes
wird überprüft.
Die Untersuchung soll auch zum Aufzeigen von Konfliktpotentialen und
Strategien
zu
deren
Lösung,
sowie
als
Grundlage
für
eventuelle
Schutzmaßnahmen im Arbeitsgebiet dienen. Immerhin sind der Schutz und die
Regeneration von Quellbiotopen im ABSP Rosenheim (StMLU, 1995) als
Hauptaufgabe des Naturschutzes genannt.
Zusammenfassend werden mit der Kartierung der Offenlandquellen im
Sudelfeldgebiet folgende Ziele verfolgt:

Erfassung und Zustandsbeschreibung der Offenlandquellen im Arbeitsgebiet

Erfassung der von Landwirtschaft und Freizeitnutzung ausgehenden
Gefährdung

Aufzeigen von Lösungsstrategien und Erarbeiten von Vorschlägen für
Schutzmaßnahmen

Charakterisierung der Quellen mit dem Ziel der Zuordnung zu Typen

Aufzeigen der Möglichkeiten und Grenzen einer Quellkartierung im alpinen
Raum

Vergrößerung des Kenntnisstandes über alpine Quellen und deren
Gefährdungsursachen
3.
Gebietsbeschreibung
3.1 Auswahl des Arbeitsgebietes
Grundbedingung für die Wahl des Untersuchungsgebietes für das LBV-AlpenQuellschutz-Projekt war dessen Lage in den bayerischen Alpen. Zudem sollte
das Gebiet sowohl landwirtschaftlich als auch touristisch erschlossen und gut
zugänglich sein um die sich daraus ergebenden Gefährdungen untersuchen zu
können.
Ein weiteres Kriterium war eine relativ heterogene geologische Ausstattung, um
ein vielgestaltiges Spektrum an Quellen zu finden.
8
Nach einer im Vorfeld des Projektes durchgeführten Geländebegehung in
mehreren in Frage kommenden Gebieten viel die Wahl schließlich auf das
Gebiet im Bereich des Traiten und Brünnstein.
3.2 Lage des Arbeitsgebietes
Das Arbeitsgebiet befindet sich südlich von Rosenheim in den Nördlichen
Kalkalpen (Karte 1). Es handelt sich um den zwischen Bayrischzell und
Oberaudorf gelegenen Gebirgszug vom Kleinen und Großen Traiten bis zum
Brünnstein, einschließlich des sich nördlich an den Traiten anschließenden
Sudelfeldgebiets, das den Charakter einer Mittelgebirgskuppenlandschaft hat. Im
Norden wird das Gebiet durch den Auerbach begrenzt, im Süden durch den
Gießenbach. Die westliche Grenze wird in etwa auf Höhe des kleinen Traiten
gezogen, im Osten bezeichnet der Brünnstein in etwa die Grenze.
Kartiert wurde auf den Almen in diesem Bereich, zwischen ca. 800m NN und ca.
1650m NN.
Photo 5: Blick auf das mittlere und obere Sudelfeld
9
Karte 1: Übersichtskarte
10
3.3 Geologie
Anhand der geologischen Karte (Blatt 8338 1:25.000; Karte: 2; W OLFF, 1985)
kann man das Arbeitsgebiet in zwei Teilräume unterteilen, deren Grenze in etwa
entlang der drei Gipfel vom kleinen und großen Traiten und dem Brünnstein
gezogen werden kann.
Das südlich dieser Linie gelegene Gebiet ist in geologischer Hinsicht relativ
einheitlich. Die oberen Bereiche werden von Plattenkalk aufgebaut. Es handelt
sich um reine, aber auch dolomitische, plattige bis dickbankige Kalke (W OLFF,
1985). Darunter folgt der Hauptdolomit, der hier große Flächen einnimmt, häufig
von Kalkeinschaltungen unterbrochen und nur gelegentlich von Lokalmoränen
überdeckt ist.
Das nördlich der durch die drei Gipfel beschriebenen Linie gelegene Gebiet ist
wesentlich uneinheitlicher aufgebaut (Siehe Karte 2). Es finden sich hier im
wesentlichen Schichten aus dem Rät und Lias bis Malm, die sehr kleinräumig
wechseln. Es kommt aber auch noch Plattenkalk und Hauptdolomit vor, die dem
Nor zuzuordnen sind. Große Bereiche sind von Lokalmoräne oder Hang- und
Verwitterungsschutt überdeckt. Vereinzelt finden sich sehr kleinräumig auch
anmoorige Böden (W OLFF, 1985).
11
KArte 2: Ausschnitt aus der geologischen Karte
12
3.4
Hydrogeologie
Die meisten der im Arbeitsgebiet anstehenden Gesteine sind “für die Aufnahme
und Speicherung größerer Wassermengen wenig geeignet” (W OLFF, 1985),
weshalb oberirdischer Abfluß vorherrschend ist. Damit es zu nennenswerter
Grundwasserneubildung kommen kann, bedarf es einer flächigen Verbreitung
von durchlässigem Gestein (Plattenkalk, Hauptdolomit, Rät- und Kössener
Kalke), in das Niederschlagswasser versickern kann (W OLFF, 1985).
Der südliche Teilbereich, von Traiten über Brünnstein und Großen Brünnberg
Richtung Südost ist stärker verkarstet bzw. geklüftet und somit für
Grundwasserbildung besser geeignet. Als Leiter fungieren unter dem
Hauptdolomit vorkommende Raibler Rauhwacken (W OLFF, 1985).
Die im nördlichen Teil des Gebietes häufig anzutreffenden Vernässungen sind
auf den Untergrund aus Mergel oder mergelige Verwitterungsprodukte
zurückzuführen, welche in den Kössener Schichten, den Lias-Fleckenmergeln,
den Malm-Aptycheen-Schichten und teilweise auch in den Moränen enthalten
sind (W OLFF, 1985).
3.5 Wasserbeschaffenheit
Nach den Ausführungen von W OLFF (1985) weisen alle in dem Gebiet
untersuchten Wässer eine hohe Sauerstoffsättigung auf. Sie enthalten sehr
wenig Eisen und Mangan und einen Nitratgehalt von unter 10mg/l. Probleme
hinsichtlich lokaler Trinkwassernutzung bereitet zuweilen der hygienische
Zustand des Wassers, wohl in mikrobiologischer Hinsicht.
Die Grundwassertemperatur liegt je nach Höhenlage zwischen +5°C und knapp
+10°C (W OLFF, 1985).
4
Methodik
Für die Erfassung der Quellen wurde ein Kartierbogen entworfen (Abb. 1).
Dieser setzt sich aus Teilen des Quellerfassungsbogens von NordrheinWestfalen (im folgeneden: QEB) (NATURSCHUTZZENTRUM NRW 1993) sowie aus
Abschnitten der Kartierung der Natürlichkeitsgrade der Fließgewässer des
Nationalparks Berchtesgaden (FRANZ, 1992) zusammen. Es wurden auch
Anregungen aus der Bodenkundlichen Kartieranleitung (AG BODEN 1994) sowie
13
aus AHNERT (1996) entliehen. Zudem sind praktische Erfahrungen aus der
Kartierung der Quellen des Nationalparks Berchtesgaden eingeflossen.
14
Abb. 1: Aufnahmebogen
15
4.1 Aufnahmebogen
Allgemeine Angaben:
Zunächst werden allgemeine Angaben zur Bezeichnung der Quelle und ihrer
Größe, sowie zu Datum, Wetter, Höhenlage und Geologie gemacht.
Physikalisch-Chemische Angaben:
Die Physikalisch-Chemischen Angaben sollen zur groben Orientierung dienen.
Die Temperaturmessung erfolgte mittels eines Taschenthermometers mit einer
Auflösung von 1°C (Messbereich –10°C bis +100 °C).
Der pH-Wert wurde mit Spezialindikatorstäbchen für den pH-Bereich von 6,5 bis
10,0, Firma Merck, gemessen. Zur Gegenkontrolle wurden meist auch pHIndikatorstäbchen der Firma Macherey und Nagel (pH-Bereich 0 bis 14)
eingesetzt.
Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit erfolgte mit dem Gerät ‘DIST WP 3’
von Hanna Instruments.
Abflußart sowie Organische und Anorganische Substrate:
Die Angaben zur Art des Abflusses sowie zu den organischen und
anorganischen Substraten wurden anhand der Skala nach Braun-Blanquet
vorgenommen. Diese Skala dient in der Vegetationskunde zur Schätzung von
Deckungsanteilen von Pflanzenarten. Die Anwendbarkeit dieser Skala zur
Schätzung der Anteile einzelner Abflußarten bzw. Substrate wurde im Rahmen
dieses Projektes versucht.
Flora und Fauna:
Unter dem Punkt ‘Pflanzen in der Quelle wurden lediglich auffällige Störungsoder Magerkeitszeiger berücksichtigt.
Die in der Quelle vorkommenden Invertebraten wurden mittels eines Siebes an
verschiedenen Substraten gesammelt und in einer weißen Schale ausgelesen.
Die Zuordnung zu Ordnungen oder Familien erfolgte, soweit die Kenntnis dazu
vorlag und richtet sich in der Nomenklatur und Systematik nach STRESEMANN
(1986 - 1989). Zudem wurde nach der im QEB genannten Methode die
Häufigkeit der Taxa geschätzt, sowie – soweit dies deutlich erkennbar war – die
Anzahl verschiedener Arten einer Ordnung / Familie angegeben. Dies sollte
16
einen ersten, sehr groben Eindruck in die Individuendichte und Artenanzahl der
Quellen ermöglichen.
Ökologischer Zustand:
Der ökologische Zustand der Quellen wurde beschrieben durch die Kartierung
der
Nutzungsintensität,
der
Pufferzonen-Größe,
Art
und
Grad
der
Beeinträchtigung sowie der genaueren Beschreibung der Verbauung – so
vorhanden.
Die Intensität der Nutzung wurde in ca. 50m Umkreis der Quellen nach
folgenden Kriterien aufgenommen :

Keine Nutzung: aufkommendes (Grauerlen-) Gebüsch als Indikator für
beginnende / begonnene Sukzession, hoher Bewuchs.

Extensive Nutzung: Viehgangeln sind nicht vorhanden oder wenn vorhanden
dann inzwischen vollständig zugewachsen. Der Bewuchs ist relativ hoch und
artenreich mit Magerkeitszeigern wie z.B. Orchideen.

Mittlere Nutzung: Vorkommende, rezente Viehgangeln sind durch die
Geländemorphologie bestimmt. Als Nährstoffzeiger finden sich z.B. Klee und
Minze ein.

Intensive Nutzung: Viehgangeln mit offenem Boden sind auf der ganzen Alm
verteilt, die Flora ist relativ artenarm, Nährstoffzeiger dominieren.
Unter dem Punkt ‘Pufferzone’ wird festgehalten ob die (unter den folgenden
Punkten näher beschriebene) Nutzung bis an den Rand der Quelle reicht, oder
ob ein gewisser Abstand eingehalten wurde. Dabei wird in Pufferzonenstreifen
von bis 1m Breite, 1 – 2m Breite, 2 – 5m Breite, 5 – 10m Breite oder über 10m
Breite unterschieden.
Der Punkt ‘Beeinträchtigungsart’ soll kurz die Faktoren, von der eine
Beeinträchtigung der Quelle ausgeht, beschreiben. Im Untersuchungsgebiet
wurden als Beeinträchtigungsarten Viehtritt, Wanderweg, Ablagerungen,
verschiedene Formen der Quellfassung und Skilifte festgestellt.
17
Verbauungen von Quellen werden unter ‘Quellfassung’ beschrieben.
Unterschieden wird zwischen einer Einleitung des Wassers in ein Rohr oder
einen Schlauch, mit oder ohne anschließender Einleitung des Wassers in eine
Tränke und zwischen einer Fassung der Quelle in einen Wasserbehälter. Dabei
gibt es jeweils die Möglichkeit, daß noch Quellwasser ungefasst abfließt, also
nur ein Teil der Quelle verbaut ist, oder daß das gesamte Quellwasser
umgeleitet wird. Es ist nicht auszuschließen, daß je nach Wasserstand mal frei
abfließendes Wasser vorhanden ist und mal nicht. Völlig gefaßte Quellen mit
offensichtlich zu keiner Zeit frei abfließendem Wasser wurden bei der Kartierung
nicht berücksichtigt.
Unter dem Punkt ‘Grad der Beeinträchtigung’ wird die Stärke der von einer
Nutzung oder Verbauung auf die Quelle ausgeübten Störung in vier Stufen
eingeteilt. Dabei ist zu beachten, daß eine für dieses Gebiet “mittlere”
Beeinträchtigung in Gegenden mit abweichender allgemeiner Nutzungsintensität
durchaus als starke Beeinträchtigung gewertet werden kann. Die Einteilung ist
speziell für das Arbeitsgebiet vorgenommen worden und nur bedingt auf ein
anderes Gebiet übertragbar!

Keine Beeinträchtigung: Die Quelle ist unverbaut und weist keine Spuren von
Viehtritt auf. Dies liegt in der Regel entweder daran, daß die Quelle gezäunt
ist, oder daß aufgrund der Geländeverhältnisse das Vieh nicht bis in den
direkten Quellbereich gelangt.

Schwache Beeinträchtigung: Eine Verbauung wird dann als schwache
Beeinträchtigung gewertet, wenn sie zwar durch ein Rohr oder einen
Wasserbehälter gegeben ist, aber ein Großteil des Wassers noch frei
abfließt. Es ist also eine Quelle mit frei fließendem Wasser und den
typischen Strukturen vorhanden. Schwache Beeinträchtigung ist auch dann
gegeben, wenn vereinzelt Spuren von Viehtritt sichtbar sind, diese aber nur <
10% des Quellbereiches bedecken.

Mittlere Beeinträchtigung: Mittlere Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Quelle
verbaut ist und nur noch wenig, aber immer noch genug Wasser frei abfließt,
daß gerade noch Lebensraum vorhanden ist. Bedecken Viehtrittspuren 10 –
50% des Quellbereiches mit stellenweise offenem Boden wird dies als
18
mittlere Beeinträchtigung gewertet. Ist aber die Austrittsstelle direkt
zertrampelt dann handelt es sich bereits um starke Beeinträchtigung, auch
wenn diese Stelle unter 50% des Quellbereiches ausmacht.

Starke Beeinträchtigung: Eine Verbauung ist derart gestaltet, daß nur sehr
selten Wasser frei abfließen kann. Als starke Beeinträchtigung zählt auch
eine aus einem Rohr und einer Trinkwanne bestehende Verbauung, wenn
ein Großteil des Wassers in die Wanne geleitet wird bevor es abfließt. Ist die
Austrittsstelle direkt vom Vieh zertrampelt, oder sind insgesamt > 50% des
Quellbereiches mit matschigem und durchwühltem Boden durch Viehtritt
gekennzeichnet, ist dies als starke Beeinträchtigung zu werten.
Photo 6: Kuh bei einer Quelle der Baumoosalm
Modifizierend gingen weitere Beeinträchtigungsarten wie Ablagerungen oder
Skilift in die Bewertung ein.
Neigung und Exposition:
Die Messung der Neigung und die der Exposition erfolgte mit einem Kompaß mit
integriertem Klinometer. Auch hier dient die Angabe zur Neigung zur einfachen
Beschreibung der Geländeverhältnisse. Auf eine gradgenaue Messung wird kein
Wert gelegt.
19
Insgesamt dient der Kartierbogen dazu sich eine rasche Übersicht über die
ökologischen und morphologischen Gegebenheiten der Quellen machen zu
können.
4.2 Aufsuchen der Quellen
Die Kartierung der Quellen erfolgte in den Monaten Juni, Juli und August 2000.
Als Orientierungshilfe diente vor allem das Blatt 8338 der topographischen Karte
1 : 25.000, sowie eine Wanderkarte (ARBINGER, 1997).
Das Aufsuchen der Offenlandquellen erfolgte, indem die Almen systematisch
abgelaufen wurden. Waren Bachläufe vorhanden, so wurde diesen
bachaufwärts bis in die Quellregion gefolgt. Auf diese Weise wurden im
Arbeitsgebiet 81 Quellen erfasst, von denen nur 9 in der topograhischen Karte
verzeichnet sind. Die Lage der Quellen im Untersuchungsgebiet kann der Karte
‘Lage der Quellen und der größeren Naßstellen im Untersuchungsgebiet’
entnommen werden.
Wahrscheinlich kommen noch weitere Offenlandquellen im Gebiet vor, die im
Rahmen dieser Arbeit nicht gefunden wurden, da sich vor allem in den
Randbereichen der Almen viele unübersichtliche Nischen befinden, die nicht
ohne weiteres eingesehen, bzw. überhaupt gesehen werden können. Eine
wirklich flächendeckende Kartierung wäre durch den damit verbundenen hohen
Zeitaufwand nicht zu rechtfertigen gewesen. Mit Sicherheit ist die Zahl der
potentiell übersehenen Quellen so gering, daß sie sich nicht auf das GesamtErgebnis auswirken würden.
Bei der Kartierung außer Acht gelassen wurden abflußlose Naßstellen mit
Niedermoorvegetation. Hier handelt es sich zwar unter Umständen auch um
austretendes Grundwasser, also um quellige Bereiche, aber die Stellen sind
ohne Abfluß. Ein klarer Grundwasseraustritt kann nicht festgestellt werden. Die
Definition einer Quelle besagt aber: “ eine Quelle ist Ort eines räumlich eng
begrenzten Grundwasseraustrittes (…) demnach wäre ein diffuser Übertritt von
Grundwasser in einen Vorfluter keine Quelle (DIN 4049, Fassung 1979, in:
LAWA-ARBEITSKREIS 1994). Naßstellen ohne Abfluß sind nicht “Orte eines
räumlich eng begrenzten Grundwasseraustrittes” und damit schon nach dieser
Definition keine Quellen. Zudem kann man, da es keine klare Austrittsstelle gibt,
20
nicht sagen ob es sich um Grundwasser handelt oder nicht. Diese Naßstellen
werden ohnehin bei der Alpenbiotopkartierung miterfasst.
4.3 Auswertung – Büro
Im Anschluß an die Geländearbeit erfolgte die Auswertung der erhobenen Daten
unter Zuhilfenahme der Programme Excel und ArcView GIS.
21
Karte: Lage der Quellen und der größeren Naßstellen im Untersuchungsgebiet
22
5.
Charakterisierung / Typisierung der Quellen
Um eine Übersicht über die Vielzahl der vorkommenden Quellen zu erhalten ist
es notwendig, sie anhand ihrer Charakteristika in Gruppen einzuteilen. Die
Typisierung kann je nach Fragestellung anhand verschiedener Kriterien erfolgen,
z.B.
anhand
der
Geologie,
der
faunistischen
oder
floristischen
Artenzusammensetzung oder anhand chemischer Eigenschaften, um nur einige
der möglichen Kriterien zu nennen. Die bislang gängigste und besonders in der
Ökologie allgemein verwendete Methode unterteilt Quellen in Sickerquellen
(Helokrene), Tümpelquellen (Limnokrene) und Sturzquellen (Rheokrene) (nach
STEINMANN 1915 und THIENEMANN 1925 in HOTZY 1994). Innerhalb der drei
Gruppen gibt es aber eine große Bandbreite an Erscheinungsformen, so daß in
der Praxis oft eine feinere Unterteilung wünschenswert wäre.
Photo 7 bis 10: Beispiele von Quellen mit unterschiedlichen
Erscheinungsformen
23
W EIGAND & TOCKNER (1995) und HOWEIN (1998) haben – unabhängig
voneinander – eine Unterteilung alpiner Quellen auf morphologisch-struktureller
Basis entwickelt. Entscheidend für das Erscheinungsbild einer Quelle sind
danach
die
Zusammensetzung
anorganischer
Substrate
sowie
die
Abflußverhältnisse. Modifizierend kann sich auch die Vegetation auswirken.
Die Quellen des Arbeitsgebietes wurden in Anlehnung an die Typisierung von
HOWEIN (1998) eingeteilt, die im Folgenden kurz dargestellt wird:

TYP 1 / Rheokrene: Etwa die Hälfte der Fläche oder mehr besteht aus
blankem Fels. Überströmtes Gestein (hygropetrische Bereiche)
und meist auch fallender Abfluß kommen vor.

TYP 2 / Rheokrene: Anorganische Substrate der Größe ‘Block’ (>960mm)
und
‘große
Steine’
(>240-960mm)
bedecken
zusammen
mindestens die Hälfte der Fläche. Der Abfluß findet zu mindestens
50% strömend oder laminar fließend statt.

TYP 3 / Rheokrene: Mindestens 50% des Quellbereiches sind von Steinen
(>63-240mm) bedeckt. Das Wasser fließt überwiegend (>50%)
strömend oder schießend ab. Typ 3 kann anhand der krautigen
Vegetation in zwei Untergruppen untergliedert werden: Quellen mit
mehr bzw. mit weniger als 30% Deckung der krautigen Vegetation

TYP 4 / Rheokrene: Mehr als 50% des anorganischen Substrats besteht aus
der Korngröße ‘Kies & Grus’ (>2-63mm). Mehr als 30% des
Abflusses findet strömend oder laminar statt. Auch hier kann
anhand des Deckungsgrades der krautigen Vegetation eine
Unterteilung getroffen werden in Quellen mit mehr und solche mit
weniger als 30% Deckung.

TYP 5 / Rheokrene bzw. Helokrene: Mindestens 50% des anorganischen
Substrats besteht aus Material der Korngröße Sand (0,63-2,0mm)
und/oder Ton/Schluff (<0,63mm). Über 30% des Wassers fließt
sickernd ab oder sammelt sich in Stillwasserbereichen. Innerhalb
des Typs 5 können zwei deutliche Unterteilungen getroffen
werden: Rheokrene, in denen mehr als 30% des Wassers laminar
gestreckt abfließt und Helokrene, in denen deutlich weniger als
30% laminar abfließt, sondern der Abfluß eher flächig, sickernd
erfolgt.
24
Die Typisierung bildet naturgemäß lediglich eine Unterteilung für Rheokrene, da
dieser Quelltyp in den Alpen aufgrund der Geländeverhältnisse vorherrschend
ist.
In den meisten Quellen des
Typ 1
Arbeitsgebietes überwiegen
Typ 3
1%
23%
34%
die feinkörnigen Substrate
Typ 5
Ton/ Schluff, Sand oder Kies
& Grus. Nur 24% der Quellen
10%
haben steiniges, in einem
Typ 4/5
32%
Typ 4
Fall auch felsiges Substrat.
Abb.: 2: Häufigkeit der vorkommenden Quelltypen
Damit sind auch die Quellen,
die zu den Typen 4 und 5 gehören im Gebiet sehr häufig (Abb.: 2).
Die Dominanz der feinen Substrate geht auch aus Abbildung 3 (Anteile der
anorganischen Substrate insgesamt) hervor. Aus dem Diagramm wird
ersichtlich,
wie
häufig
die
einzelnen
Deckungsanteile
der
sieben
Korngrößenklassen
10
herrscht also eine
Mischung
s
Fe
l
e
öc
k
Bl
ne
ei
St
G
ro
ße
ch
lu
Meist
To
n/
S
häufigsten.
ei
ne
0
am
St
sind
20
ff
25%
30
G
ru
s
anteile von bis zu
40
&
Deckungs-
50
es
verteilt
5
4
3
2
1
+
0
60
Ki
sind.
die
70
Sa
nd
wie sie auf
Substrate
80
und
Anzahl der Quellen
vorkommen
Anorganische Substrate
der
Substrate vor. Nur
Abb.: 3: Anteile der anorganischen Substrate insgesamt
sehr wenige Quellen weisen eine Dominanz von Sand, Kies & Grus oder Steinen
(Deckungsgrad 4 bis 5) auf.
25
Die Abbildung 4 (Anteile der Abflußarten insgesamt) zeigt die Häufigkeit des
Vorkommens
der
einzelnen
Abflußarten,
sowie
die
Häufigkeit
der
Deckungsanteile der jeweiligen Abflußart. Fallender, schießender und laminarer
Abfluß treten im
Arbeitsgbiet fast
40
30
20
einander.
hier
ist
si
ck
er
nd
in
ar
la
m
st
r
hy
gr
op
et
r
St
il l w
as
se
r
Kombination mit-
la
ng
sa
m
sc
in
lle
häufig
hn
el
ls
vor,
nd
0
tr
10
sickernder Abfluß
fa
strömender oder
50
sc
langsam
5
4
3
2
1
+
0
60
ße
nd
men
kom-
70
hi
e
häufigsten
Anzahl der Quellen
gar nicht auf. Am
80
Abflußarten
Auch
das
Abb.: 4: Anteile der Abflußarten insgesamt
vorherrschende Vorkommen einer Abflußart selten. Nur strömender oder
sickernder Abfluß kommen zuweilen auch dominant (Deckungsgrad 4 bis 5) vor.
Ansonsten
sind
immer
unterschiedliche
Fließgeschwindigkeiten
am
Abflußgeschehen beteiligt.
Für das Gebiet um das Sudelfeld kommt als weiteres charakterisierendes
Element die Veränderung aufgrund Viehtritt hinzu. Viehbesatz verändert eine
Quelle nicht nur, indem Pflanzen unterdrückt oder verdrängt werden und das
Substrat durchmischt wird, sondern auch dadurch, daß immer dieselben Pfade
benutzt werden und so die Morphologie der Quelle verändert wird. Durch das
fortwährende Betreten derselben Pfade wird nach und nach ein stufiges Relief
angelegt, Viehgangeln laufen quer durch Quellbiotope. Dies ist vor allem bei
feinmaterialreichen (Ton bis Grus) schwach bis mittelstark schüttenden Quellen
der Fall. Die “Trittflächen” der “Stufen” sind meist nur spärlich bewachsen. An
den Kanten und den “Stufenhöhen” wachsen meist nur trittverträgliche Pflanzen,
wie Horstgräser (Binsen), Minze oder auch Moose.
26
Im Arbeitsgebiet sind 19 Quellen, das sind 23%, mit diesem stufigen Relief
überprägt. Im Datenbogen sind sie mit dem Zusatz “Viehgangeln” gekennzeichnet.
Photo 11: Quelle 64 mit stufigem Relief, das durch Viehtritt verursacht wurde
Charakteristisch für dieses traditionell als Weide genutzte Gebiet scheinen
demnach Quellen mit einem großen Anteil an feinem Substrat und mit einem für
alpine Verhältnisse großen Anteil an Stillwasserbereichen und der Abflußart
sickernd zu sein.
6.
Zustandsbeschreibung und Gefährdung der Quellen
Der Zustand der untersuchten Quellen wird durch die Parameter
 Nutzungsintensität,
 Größe der Pufferzone um die Quelle,
 Beeinträchtigungsgrad und
 Beeinträchtigungsart
beschrieben.
Einzelheiten zur Kartierung dieser Parameter finden sich in dem Kapitel
‘Methodik’.
27
6.1 Nutzungsintensität
Die Nutzungsintensität eines Großteils der Almen wird als mittel (71%; siehe
Abb.: 5) eingestuft. Auf diesen Almflächen befinden sich zum Teil deutliche
Viehgangeln. Da diese aber meist überwiegend pflanzenbedeckt waren, wird
davon ausgegangen daß sie zu früheren Zeiten intensiverer Nutzung entstanden
sind.
Auf etwa 28% der die Quellen umgebenden Flächen ist die Nutzung als extensiv
anzusprechen. Viehgangeln kommen nicht vor und die Vegetation ist relativ
artenreich.
Nur
eine
1%
Quellumgebung (Quelle
29,
28%
Rosengassenalm)
wurde
als
intensiv
genutzt eingestuft. Diese
Quelle
Extensiv
Mittel
Intensiv
befindet
71%
sich
neben einem Viehstall,
Abb.: 5: Nutzungsintensität der Umgebung der Quellen
das Umfeld wird dementsprechend häufig vom Vieh betreten.
Die – zumindest früher - relativ starke Nutzung der Almen als Viehweide zeigt
sich deutlich in den Quellen. Störungszeiger, wie Minze und Binsen haben sich
etabliert
und
weitestgehend
weniger
konkurrenzstarke
verdrängt.
Teilweise
Pflanzen
befinden
Niedermoorvegetation, wie Wollgras, in den
sich
der
noch
Niedermoore
Arten
der
Quellen, allerdings nur
untergeordnet, mit einer Deckung unter 10%. Eine Wiederbesiedlung mit dieser
Vegetation wird zum einen dadurch verhindert, daß die störungsresistenten
Pflanzen konkurrenzfähiger sind. Zum anderen werden die Quellen nach wie vor
vom Weidevieh aufgesucht und unterstützen damit die Störungszeiger.
6.2 Größe der Pufferzone
Nur die wenigsten Quellen sind durch Pufferstreifen vor der umgebenden
Nutzung geschützt. 94% weisen keinen Pufferstreifen auf und werden direkt,
meist von Viehtritt, beeinträchtigt. Die 5 der 81 Quellen, welche durch mehr oder
weniger breite Streifen vor direkter Störung geschützt sind, haben entweder
einen Zaun, oder sie schützen sich durch ihre Morphologie (schlechte
Erreichbarkeit) oder ‘unattraktive Umgebung’ (z.B. großräumige Naßstelle)
selber. Ein Pufferstreifen könnte die Beeinträchtigungen verhindern oder
28
minimieren und so den sensiblen und kleinräumigen Lebensraum Quelle
nachhaltig schützen.
6.3 Beeinträchtigungsgrad
Der Beeinträchtigungsgrad wurde anhand der am häufigsten vorkommenden
Störungsarten ‘Viehtritt’ und ‘Art einer Quellfassung’ festgesetzt (Siehe Kap.
Methodik).
Von
den
kartierten
Quellen des Gebietes
20%
4%
Keine Beeinträchtigung
sind nur 4% (Abb.: 6)
nicht
40%
Schwache Beeinträchtigung
Mittlere Beeinträchtigung
beeinträchtigt.
Starke Beeinträchtigung
36%
Eine dieser Quellen ist
gezäunt, die anderen
zwei sind für Vieh
Abb.: 6: Beeinträchtigungsgrad der Quellen
schlecht bzw. nicht erreichbar.
40% der Quellen zeigen schwache Beeinträchtigung. Viehtritt oder Verbauungen
kommen in diesen Quellen zwar vor, das charakteristische strukturelle
Erscheinungsbild der Quelle wird dadurch aber kaum beeinflußt.
Die Mehrzahl der kartierten Quellen weist deutliche Störungen auf. 36% sind
mittel, 20% stark beeinträchtigt. Die mittel beeinträchtigten Quellen sind in ihrem
Erscheinungsbild deutlich von Viehtritt und / oder Verbauungen geprägt, der
Lebensraum ist aber nicht zerstört, wie das bei den stark beeinträchtigten der
Fall ist.
6.4 Beeinträchtigungsart
Im wesentlichen kommen fünf verschiedene
4 6
Beeinträchtigungsarten
in den Quellen vor, wobei
Beeinträchtigung durch:
Viehtritt
18
Quellfassung / Verbauungen
Wanderweg
eine Quelle durchaus
75
Ablagerung von Totholz
auch auf zwei oder mehr
Arten gestört sein kann.
Häufigste
Beeinträchti-
gungsart
ist
Viehtritt,
Abb.: 7: Beeinträchtigungsarten der Quellen und Häufigkeit des
Vorkommens der einzelnen Beeinträchtigungsarten
29
gefolgt von Verbauungen der Quellen, meist durch unterschiedliche Formen der
Quellfassung und Viehtränken. Es treten auch – in geringerem Ausmaß –
Störungen durch (Wander-) Wege oder Ablagerungen, meist von Totoholz, auf.
Viehtritt
Wie die Abbildung 7 zeigt, weisen die meisten Quellen (75 von 81) Störung
durch Viehtritt auf. 19 der 81 kartierten Quellen (23%) sind durch Viehtritt sogar
in charakteristischer Weise geomorphologisch gekennzeichnet indem sich
Viehgangeln quer durch die Quellen ziehen.
Der Einfluß von Viehtritt auf die Quellbiotope ist vielgestaltig. Zunächst wird der
Untergrund durch die Hufe durchmischt und verdichtet. Feines Bodenmaterial
wird ständig aufgewühlt und zum Teil über die Viehhufe von der Umgebung in
die Quelle transporiert. Das Substrat wird umgelagert und mit dem Wasser
verknetet.
In den durch die Hufe entstandenen kleinen Mulden sammelt sich Wasser, daß
oft lange nicht abfließt und sich erwärmt. Je nachdem wie lange die Mulden
bestehen erwärmt sich das Wasser unterschiedlich stark, so daß jede Mulde
eine andere Temperatur aufweisen kann. Es entsteht ein sich ständig
wandelndes Mosaik aus sehr unterschiedlichen Mikro-Lebensräumen.
Photo 12: Quelle 74 mit kleinen Stillwasserbereichen, die durch Viehtritt geschaffen wurden
30
Eine weitere Beeinflussung besteht darin, daß durch die Fäkalien des Viehs
Nährstoffe und Bakterien in die Quellen eingetragen werden.
Je nach Besatzdichte wird auch die ursprüngliche Flora stark verändert, indem
sich störungsresistente Arten wie Minze oder Binsen ansiedeln und etablieren.
Störungsempfindliche Arten, wie Orchideen, verschiedene Seggen oder
Wollgräser werden verdrängt.
Quellfassung
Ungefähr jede fünfte Quelle (22%; siehe Tab.: 1) ist in irgendeiner Art verbaut.
Sei es, daß lediglich ein Rohr in der Quelle liegt, die einen Teil des Wassers
ableitet, oder daß praktisch der gesamte Abfluß in eine Viehtränke eingeleitet
wird oder in einem Wasserbehälter verschwindet.
Im gesamten Untersuchungsgebiet gibt es mindestens 7 Quellfassungen, die
eine totale Verbauung der Quelle darstellen, also keinerlei Wasser mehr frei
abfließen lassen. Diese Wasserfassungen wurden bei der Kartierung der
Offenlandquellen nicht berücksichtigt. 4 Quellen des Gebietes sind zwar gefasst,
weisen aber immer noch einen Anteil von frei abfließendem Wasser mit
erkennbaren Quellstrukturen auf. In weiteren vier Quellen war ein Schlauch oder
ein Rohr erkennbar, um Quellwasser abzuleiten. Bei 11% der untersuchten
Gewässer wurde das Wasser über ein Rohr in eine Holz-, Beton- oder
Photo 13: Deutliche Schäden durch Viehtritt an der Tränke der Quelle 45
31
Plastikwanne geleitet, um als Viehtränke zu dienen. Dies ging jeweils mit einem
extrem zertrampelten Bereich um die Tränke herum einher. Bei 79% der
untersuchten Gewässer konnte keine Beeinträchtigung durch eine Verbauung
festgestellt werden.
Wanderwege
Eine Beeinträchtigung von Quellbiotopen durch Wanderwege ist nur in 7% der
Fälle gegeben. Eine Gefährdung besteht hier darin, daß ähnlich wie bei Viehtritt
der Boden verdichtet wird. Häufiger verlassen Wanderer den Weg um sich in der
Quelle zu erfrischen.
Ablagerungen
In 5% der Quellen haben Ablagerungen, sämtlich aus toten Fichtenästen,
stattgefunden. Die Beeinträchtigung des Lebensraumes erfolgt hier durch den
Eintrag von schwer abbaubarer, sauer wirkender organischer Substanz, sowie
durch die damit verbundene Beschattung. Fichtennadeln oder Holz werden von
Quellorganismen kaum als Nahrung angenommen. Der Abfluß des Wassers
wird teilweise behindert, sowie durch die dichte Lagerung der Äste der Eintrag
von anderer organischer Substanz wie abgestorbene Kräuter oder Laub,
verhindert.
In der Tabelle 1 sind die Beeinträchtigungsarten und ihre Häufigkeit nochmals
zusammenfassend dargestellt.
32
kein Streifen
kein
schwach
mittel
stark
Viehgangeln in der
Quelle
Streifen bis 1m
3
1
1
76
3
33
29
16
75
6
18
4
19
29
70
1
4
1
1
94
4
40
36
20
93
7
22
5
23
81 / 100%
81 / 100%
Quellverbauung
Streifen von 1-2m
1
Wanderweg
Streifen von 2-5m
57
Viehtritt
intensiv
23
Summe
mittel
Totholz-Ablagerung
Beeinträchtigungsart
extensiv
Beeinträchtigungsgrad
Anzahl
Pufferzone
%
Zustandsklasse
Nutzungs
-intensität
81 / 100%
Tab. 1: Verteilung der untersuchten Quellen auf die einzelnen Zustandsklassen
6.5 Zustand und Gefährdung der Quellen
Im Untersuchungsgebiet gibt es nur drei Quellen die keine direkte Störung
erkennen lassen. Über 50% der kartierten Quellen zeigen dagegen mittlere bis
starke Beeinträchtigung. Detaillierte Untersuchungen der Flora und Fauna sowie
der Chemie und Mikrobiologie der Quellen würden ein genaueres Bild des
Zustandes der Quellen liefern.
Was die Fauna angeht, kann ohne eine Artbestimmung wenig ausgesagt
werden. Erfreulich ist, daß in einigen untersuchten Quellen bereits bei der
einfachen Beprobung Arten aus verschiedenen Ordnungen sowie auch echte
Quellarten (z.B.: Bythinella) gefunden wurden (Karte 4 – Faunistische Vielfalt).
33
Karte: Faunistische Vielfalt
34
Allerdings wurde in 12 Quellen keine Fauna gefunden. Zum Teil kann das daran
liegen, daß es sich um lineare Quellen handelt, die zum Zeitpunkt der
Untersuchung ungewöhnlich hoch austraten. Das trifft mit einiger Sicherheit
beispielsweise auf 4 Quellen im Süden des Gebietes zu (Karte: Faunistische
Vielfalt; Quellnummern: 65, 66, 68, 71). Nicht auszuschließen ist auch, daß es
zwar Fauna gab, diese aber bei der Aufsammlung nicht gefunden wurde.
Einen Überblick über die faunistische Vielfalt in den Quellen des Arbeitsgebietes
kann die Karte ‘Faunistische Vielfalt’ bieten. Hier sind die in den Quellen
vorkommenden Invertebraten auf dem Niveau der Ordnung dargestellt.
Floristisch gesehen sind in vielen Quellen Störungszeiger mit großem
Deckungsbetrag vertreten. Arten der Niedermoorvegetation, die man zumindest
in den Quellen mit flächigem, sickernden Abfluß erwarten würde, treten kaum
auf.
Die Wasserqualität wurde im Rahmen dieser Kartierung zwar nicht untersucht,
aufgrund der geologischen Eigenschaften des Gebietes kann jedoch eine
deutliche Beeinträchtigung angenommen werden. Wie bereits eingangs erläutert
sind die meisten Gesteine im Untersuchungsgebiet weder gute Wasserleiter
noch
gute
Wasserspeicher
(W OLFF,
1985).
Daher
dringt
das
Niederschlagswasser nicht sehr tief und nicht sehr lange in den Untergrund ein,
wodurch es kaum gefiltert wird und oberirdischen Einflüssen ausgesetzt ist.
Diese Tatsache wird
an den relativ hohen
Wassertemperaturen
von 31% der Quellen
deutlich
(Abb.
8%
19%
23%
4 - 6,5°C
7 - 9,5°C
10 - 12,5°C
13 - 20°C
8).
Nach W OLFF (1985)
beträgt die Grund-
50%
wassertemperatur in
diesem
Gebiet
je
nach
Höhenlage
Abb. 8.: Wassertemperaturen der Quellen
zwischen 5°C und
35
knapp
10°C. Diese
Temperaturen
müssten
auch beim Quellaustritt
vorherrschen. Bei höheren Temperaturen ist davon auszugehen, daß nicht nur
Grund- sondern auch Hangwasser austritt. Nach einer Untersuchung von
STEFFAN (1985) im Niederbergischen Land sind “die aus Bodenwasser
gespeisten Quellen und oberen Fließstreckenbereiche (…) viel weniger
belastbar als vergleichbare Abschnitte anderer Bergbäche”. Da das versickernde
Niederschlagswasser nur relativ kurze Zeit im Boden und im Untergrund verweilt,
wird es nur wenig gefiltert und gesäubert. Daraus erklärt sich die Aussage
W OLFFS (1985), daß der hygienische Zustand des Wassers, was die
Trinkwassernutzung betrifft, teilweise bedenklich ist.
Das Betreten von Quellen durch Weidevieh kann nicht grundsätzlich negativ
gewertet werden. Zunächst ist zu bedenken, daß Quellen als Wasserstellen
natürlicherweise von Tieren aufgesucht werden, wodurch eine gewisse Störung
durch Viehtritt ein natürlicher Zustand ist. Beispielsweise zeigt eine vom LBV
durchgeführte
Untersuchung
eines
großen
Quellmoorkomplexes
im
Berchtesgadener Land (HOTZY & NIEDERBICHLER, 1998), daß Viehtritt sich
durchaus auch positiv auf die Artenzusammensetzung von Quellen auswirken
kann. Es werden offene Bereiche geschaffen, die von einigen Pflanzen zur
Besiedlung genutzt werden können. Zudem gelangen Nährstoffe über das an
den Hufen hängende organische Material sowie über Fäkalien in die Quelle.
Einige Invertebraten kommen sogar nur in von Vieh regelmäßig aufgesuchten
Quellen vor (mündl. Mitteilung R. GERECKE). Zudem ermöglicht das saufende
Vieh den Transport von Quellfauna von einem Gewässer zum nächsten, kann
also für die Verbreitung wichtig sein.
Das Aufwühlen des Untergrundes durch Viehhufe stellt zumindest eine starke
Veränderung des Lebensraumes dar. Inwieweit die Quellbiozönose dadurch
gefährdet ist richtet sich nach der Intensität des Viehtritts.
ZOLLHÖFER (1997) hat festgestellt, daß eine durch Weidevieh gestörte Quelle,
deren anorganisches Substrat überwiegend aus sehr feinen Ton-, Schluff- und
Sandfraktionen bestand, nach Zäunung und damit Schutz vor Viehtritt bereits
sehr bald eine andere Substratzusammensetzung aufwies. Der Anteil von
kiesigem Material hat zugenommen. Das könnte darauf hindeuten, daß das
36
Überwiegen der feinen Substratarten in den Quellen des Untersuchungsgebietes
nicht nur durch den geologischen Untergrund induziert wird, sondern auch durch
Viehtritt.
Ungeklärt ist bislang die Frage wieviel der beschriebenen Störungen durch
Weidevieh sich positiv auswirkt und ab wann die negativen Folgen überwiegen.
Die verträgliche Besatzdichte hängt sicherlich von der Anzahl und Größe der
verfügbaren Wasserstellen der jeweiligen Alm, aber auch von der
Substratzusammensetzung und Schüttung der jeweiligen Quelle ab. Aufgrund
der im Gebiet häufig und stark ausgeprägten Viehgangeln, sowie der häufig
dominant vorkommenden Störungszeiger in den Quellen liegt die Vermutung
nahe, daß die Nutzung zumindest in vergangenen Jahren intensiv war. Diese
(ehemals) intensive Nutzung ist heute noch erkennbar und hat das Gebiet
geprägt.
Von der Freitzeitnutzung geht kaum eine (im Sommer) erkennbare Gefährdung
für die Quellen des Untersuchungsgbietes aus.
Bei 4 der 6 durch Wanderwege gestörten Quellen verläuft der Weg direkt
oberhalb des Quellaustritts, so daß es mittelfristig zu einem Abrutschen oder
Abbrechen des Weges in die Quelle kommen kann. Bei den vorliegenden
schwachen Schüttungsmengen würde es sehr lange dauern, bis das Material
erodiert ist, eine Regenerierung der Quelle wäre sehr langwierig.
Die Gefahr der Verschmutzung der Quelle durch von Wanderern achtlos
weggeworfene Abfälle wird angesichts der fortgeschrittenen Aufklärung der
Freizeitnutzer sowie der im Gebiet allgemein sehr geringen Hinterlassenschaften
von Wanderern als gering angesehen.
Stellenweise sind viel frequentierte Wanderpfade jedoch die Ursache für kleine
Erdrutsche, da an diesen offenen Stellen die Erosion verstärkt angreifen kann
(Siehe Photo 14). Besonders die Strecke vom Gasthof Rosengasse über die
Baumoosalm in Richtung Brünnstein wird stark genutzt, so daß hier bereits
mehrere Pfade nebeneinander existieren, da mit der Zeit alte Pfade extrem
schlammig sind und so neue Pfade ‘angelegt’ werden. Dies ist zwar keine
Gefahr für die Quellen des Gebietes, hebt aber auch nicht unbedingt den
37
landschaftlichen
Reiz
der
Landschaft, so daß eine sinnvolle
Befestigung angedacht werden
sollte.
Einige
Quellen
sind
für
Trinkwasserzwecke gefasst und
scheiden somit als Lebensräume
für krenophile Flora und Fauna
aus.
Die
ungefassten
Offenlandes
verbleibenden
Quellen
sind
des
jedoch
in
hinreichender Anzahl und in den
meisten Fällen auch recht dicht
beieinander vorhanden, so daß
der Verlust an Lebensraum durch
die
gefaßten
Quellen
hingenommen werden kann.
Photo 14: Kleiner Erdrutsch auf der Baumoosalm, ausgelöst an
einem Wanderpfad
Bei gefaßten oder auf andere
Weise verbauten Quellen ist der ökologische Einfluß von unbedenklich bis
Lebensraum-zerstörend einzustufen. Ein mit Steinen befestigtes Rohr, in dem
ein Teil des Wassers abgeleitet wird, wird keinen großen Einfluß auf das Biotop
haben. Dagegen ist die Umleitung eines Großteils des Wassers in eine
Viehtränke ein starker Eingriff in den Lebensraum. Die Rheo- oder Helokrene
wird sozusagen in eine anthropogene Limnokrene umgewandelt. Häufig stehen
diese Viehtränken sehr exponiert, so daß das Wasser sich stark erwärmt. Sie
sind meist aus Beton gefertigt oder alte Badewannen, teilweise werden auch
ausgehöhlte Baumstämme verwendet. In diesen ‘anthropogenen Limnokrenen’
kommt kaum Substrat vor, was den ‘Lebensraum’ allgemein relativ
lebensfeindlich macht. Wird ein Großteil (oder das gesamte) Wasser in einem
Behälter aufgefangen, so wird der Lebensraum Quelle gänzlich zerstört.
38
Zusammenfassend kann der Zustand der Quellen des untersuchten Gebietes
zwar nicht als alamierend bezeichnet werden, dennoch ist aus den genannten
Fakten eine Bedrohung dieser Lebensräume abzulesen.
Art und Grad der Beeinträchtigungen der Quellen sind zusammenfassend in der
Karte ‘Art und Grad der Beeinträchtigung der Quellen’, dargestellt.
39
Karte ‘Art und Grad der Beeinträchtigung der Quellen’
40
7.
Leitbild
Für die Formulierung von Schutzmaßnahmen bedarf es zunächst eines
Entwicklungszieles, das als Leitbild Orientierungshilfe bietet.
Das Leitbild für den Quellschutz richtet sich vor allem nach ökologischen und
naturschutzfachlichen Qualitäten. Es sollte aber auch mit den menschlichen
Bedürfnissen konform gehen, da ansonsten eine Umsetzung utopisch wäre.
Quellen bilden einen eigenen Lebensraum mit teils besonderer spezialisierter
Fauna, die gegenüber Umweltveränderungen relativ empfindlich reagiert. Meist
ist die Individuendichte in Quellen gering im Vergleich zu anderen aquatischen
Lebensräumen, im Gegensatz dazu die Artenanzahl aber groß. Diese Diversität
gilt es zu erhalten oder wiederherzustellen, zum einen um den Genpool zu
schützen, zum anderen aber vor allem auch aus Respekt vor dem Leben!
Ein Offenhalten der Almen und der dort befindlichen Quellen ist nicht nur aus
touristischen Gründen angestrebt. Der Lebensraum Alpen würde ohne
Almwiesen erheblich verarmen. Um diese zu erhalten ist Beweidung unerläßlich,
Photo 15: Blick auf die Baumoosalm
41
wobei darauf zu achten ist, die Besatzdichte innerhalb eines ökologisch
verträglichen Rahmens zu halten. Bezüglich der Alm-Quellen muß die
tolerierbare oder sogar erwünschte Beweidungsintensität noch untersucht
werden.
Quellen können als Indikatoren für den Zustand ihres Einzugsgebietes
angesehen werden. Dabei gilt: je kleiner ein Einzugsgebiet ist, desto deutlicher
zeigen sich Einflüsse der Geologie und der Nutzung in der Quelle (BREHM,
1976). Für das Vorkommen von intakten Quellen ist somit nicht zuletzt der
nachhaltige Umgang mit der Umgebung unerläßlich. Der Schutz von Quellen
muß sich also auf einen weitaus größeren Bereich als die bloße Quelle beziehen
um eine gute Wasserqualität zu gewährleisten. Generell ist anzustreben, daß
Quellen als Austrittstellen
von
Grundwasser
Trinkwasserqualität
aufweisen. Trinkwasser ist
eines der kostbarsten Güter
der Menschheit und ein
Schutz
oder
Verbesserung
eine
seiner
Qualität
sollte
selbstverständlich
sein.
Viele Alpenregionen haben
große Bedeutung für die
Trinkwasserversorgung
umliegender Großstädte, so
daß hier besonders auf
einen verantwortungsvollen
Umgang mit Grundwasser
geachtet werden muß.
Rein
stellen
optisch
betrachtet
die
meisten
Photo 16: Detailaufnahme bei der Quelle 22
42
Quellbiotope eine Bereicherung des Landschaftsbildes dar, da im Quellbereich
nicht nur die Vegetation anders als die der Umgebung ist, sondern auch die
Morphologie. Vor allem kaum oder gar nicht beeinträchtigte Quellen sind häufig
besonders ästhethische Orte, Kleinode in der Landschaft. Gerade in
touristischen Gebieten ist das als hoher Wert einzustufen!
Zusammenfassend lassen sich als Leitbild des Alpen-Quellschutzes folgende
Forderungen formulieren:

Nachhaltige Nutzung der Alpen insgesamt, vor allem aber der Umgebung
von Quellen um schädliche Einflüsse auf das Grundwasser zu verhindern

An die ökologischen Verhältnisse angepasste Beweidungsdichte, unter
Umständen mit Schutz der Quellen vor direktem Zugang des Weideviehs

Offenhalten der Almen

Aufklärung der Bevölkerung um vermeidbare Zerstörung oder Degenerierung
wertvoller Biotope zu vermeiden
8.
Maßnahmen
Zur Optimierung der Situation im Arbeitsgebiet werden vier Kategorien für
Maßnahmen aufgestellt:
1
Abpufferung von Quellbereichen
2
Um- oder Rückbau von Verbauungen, Wasserfassungsanlagen oder Wegen
3
Entfernen von Ablagerungen in Quellbereichen
4
Information und Aufklärung der Bevölkerung, vor allem der Almbauern als
Nutzer des Gebietes
Zu 1, Abpufferung von Quellbereichen:
Betroffene Quellen: 4, 6, 29, 32, 35, 36, 40, 41, 42, 48, 51 (oder: 52 / 53 / 55),
58 (oder 59 / 60), 79
Die Abpufferung von Quellbereichen, beispielsweise durch Einzäunung, soll die
Gefahr eines Eintrags von Schadstoffen, sowie übermäßigen Nährstoffen
minimieren. Zudem sollen die Quellen vor Viehtritt geschützt werden.
Wie in Kapitel ‘Zustand und Gefährdung der Quellen’ erläutert, sind die
Wasseraustritte des Arbeitsgebietes häufig hangwasserbeeinflußt, wodurch sie
in besonderem Maße von schädlichen Stoffeinträgen bedroht sind. Eine
43
großräumige Abpufferung, könnte diesen Einfluß zwar nicht verhindern, jedoch
könnte zumindest der direkte Eintrag von Verunreinigungen (Fäkalien) durch
Weidevieh unterbunden werden.
Auch die beschriebenen Beeinträchtigungen durch Viehtritt könnten durch
Zäunung unterbunden werden. Da aber bislang noch zu wenig über die
Auswirkungen auf die Biozönose von Quellen bekannt ist, wird vorgeschlagen
zunächst einige der Quellen zu zäunen, in deren näherer Umgebung sich
vergleichbare Quellen befinden. An solchen Stellen würden sich Folge Untersuchungen der Auswirkungen anbieten.
Fünf Quellen (29, 40, 41, 42, 48) des Gebietes sind potentiell besonders
attraktive Orte, die jedoch aufgrund der Beeinträchtigung durch Weidevieh
teilweise stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Eine Zäunung würde
ihnen vermutlich die Regeneration ermöglichen.
Zu 2, Um- oder Rückbau von Verbauungen, Wasserfassungsanlagen
oder Wegen:
Um- oder Rückbau von Wasserfassungsanlagen oder Tränken: 3, 14, 16,
(18), 26, 30, 38, 43, 45, 56,76, 79, (80),
Umbau von Wegen: 9, 10, 32, 46, 78, (80),
Quellen
sind
meist
sehr
kleinräumige
Biotope,
die
besondere
Umweltbedingungen bieten und eine daran angepaßte Fauna und Flora
beherbergen. Als solche sind sie empfindlicher gegenüber Störungen als
beispielsweise die anschließenden Bäche. In den Bächen ist meist mehr Wasser
mit höherer Fließgeschwindigkeit vorhanden, so daß Verunreinigungen (z.B.
Fäkalien) abgeschwemmt werden können. Vor allem aber ist die räumliche
Ausdehnung von Bächen im allgemeinen größer als die der Quellen, so daß eine
lokale Beeinträchtigung von Bächen weniger schwerwiegend ist. Aus diesen
Gründen sollten Viehtränken im Bachbereich und nicht direkt in der Quelle
angelegt werden, was aber im Untersuchungsgebiet bei nahezu allen
vorhandenen Tränken der Fall war. Ein Rück- oder Umbau der Viehtränken ist
unbedingt erforderlich!
Zudem sollten alle weiteren Verbauungen im Quellbereich (Art. 13d
BayNatSchG!), aber auch in den Bächen unterbleiben, bzw. entfernt werden,
sowie nicht mehr benötigte Trinkwasserfassungen rückgebaut werden.
44
Wie bereits erwähnt, besteht bei einigen Quellen (10, 46, 78) die Gefahr, daß
der darüber verlaufende Wanderpfad abbrechen und die Quelle verschütten
könnte. Die Möglichkeit einer Verlegung des Weges sollte überprüft werden.
In einem Fall verläuft ein häufig begangener Wanderweg direkt unterhalb einer
Quelle (32), häufiger werden (Quell-) Bäche von Wegen gequert. Um eine
Unterbrechung von Biotopen zu verhindern und dennoch die Wege zu
befestigen könnten hier beispielsweise Steinschüttungen in flachen Mulden oder
einfache, kleine Brücken (ohne Betonfundament oder ähnlichem) angelegt
werden.
Zu 3, Entfernen von Ablagerungen in Quellbereichen
Betroffene Quellen: 9, 37, 71, 73
Häufig werden Quellbiotope als praktische Geländemulden zur Ablagerung von
Abfällen mißverstanden. Im Arbeitsgebiet wurde erfreulicherweise lediglich in 4
Quellen Totholz abgelegt. Aus den in dem Kapitel ‘Zustand und Gefährdung der
Quellen’ genannten Gründen sollten Ablagerungen aller Art unterbleiben, bzw.
gegebenenfalls wieder entfernt werden.
Zu 4, Aufklären der Bevölkerung, vor allem der Almbauern als Nutzer
des Gebietes
Während der Kartierung der Quellen im Gelände fiel auf, daß einigen der
Almbauern und auch den meisten Freizeitnutzern nicht bewußt war, daß einige
der nassen Stellen ihrer Alm Quellen sind. Es ist weitestgehend unbekannt, was
das Besondere und Schützenswerte an Quellen st.
Als schützenswert werden meist nur ‘schöne’ sprudelnde und spritzende
Sturzquellen betrachtet, jedoch nicht matschige Almbereiche, oder andere
unauffällige Stellen mit etwas fließendem Wasser.
Um eine Wertschätzung und damit einen respektvollen Umgang und Schutz von
Almquellen zu erreichen ist eine Aufklärung dringend erforderlich. Da man nur
schützt, was man kennt und schätzt, sollte der Bevölkerung das Biotop Quelle
nahe gebracht werden, damit diese Lebensräume nicht aus purer Unwissenheit
zerstört werden.
45
9.
Diskussion
9.1 Definition der Quellen
Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war die Erfassung aller Offenlandquellen des
Untersuchungsgebietes.
Vermutlich
konnten
aber
aufgrund
der
Unübersichtlichkeit des Gebietes sowie der Unzugänglichkeit einiger Bereiche
nicht wirklich alle Offenlandquellen gefunden werden. Der Gesamteindruck des
Gebietes wird durch das potentielle Fehlen einiger Quellen sicher nicht
beeinflußt.
Die Aufgabenstellung alle Quellen zu erfassen hat bei der Kartierung häufiger zu
der Frage geführt, was eigentlich eine Quelle ist. Gerade in vielen Bereichen der
Alpen dringt an zahlreichen Stellen Wasser aus Gesteinsritzen, Klüften und dem
Boden empor, wobei nicht immer klar ist, ob es sich dabei um Grundwasser
handelt. Alle diese Stellen zu kartieren wäre also nicht nur ein sehr großer
Aufwand, sondern würde auch nicht der Fragestellung entsprechen. Um effektiv
und sinnvoll zu kartieren muß eine Grenze gezogen werden, zwischen
Wasseraustritten, die einer Quelle entsprechen und solchen, die ihr nicht
entsprechen. Da in der Natur jedoch kaum klare und eindeutige Grenzen
vorkommen, wird es immer Formen des Übergangs geben, deren Zuordnung
einer subjektiven Einschätzung unterliegt.
Das
Gebiet
ist
aufgrund
der
geologischen
Gegebenheiten
stark
hangwasserbeeinflußt, wodurch es zahlreiche Übergange von flächigen Quellen
zu
reinen
Naßstellen
gibt.
Diese
Problematik
wurde
durch
die
niederschlagsreiche Periode, die der Kartierung (Ende Juli 2000) vorausging,
noch verschärft. Es drückte an zahlreichen Stellen Wasser aus dem Untergrund
und auch viele der Quellen waren zumindest hangwasserbeeinflußt. Erkennbar
war dies an den oft relativ hohen Temperaturen der Quellwässer.
Die flächigen Naßstellen, die häufig auf den Almen auftreten, wurden nicht als
Quellen kartiert. Nach der Definition laut DIN 4049 (Fassung 1979, in: LAWAARBEITSKREIS 1994) ist dieses Vorgehen auch korrekt, da hier nicht an einer
örtlich begrenzten Stelle, sondern eben flächig Wasser austritt. Zudem werden
Naßstellen bei der Alpenbiotopkartierung mit erfaßt. Naßstellen mit einem
46
deutlichen oberirdischen Abfluß bilden eine Übergangsform zu Quellen; hier ist
es meist nicht möglich den eigentlichen Ort des Grundwasseraustritts zu
lokalisieren, was eine Zuordnung erschwert. Bei Beginn des gesammelten
Abflusses ist das Wasser meist bereits so erwärmt, daß eine alleinige Speisung
aus Hangwasser nicht ausgeschlossen werden kann. Die Entscheidung, eine
solche Stelle als Quelle zu kartieren, ist subjektiven Einflüssen unterworfen.
Im Falle dieser Untersuchung war die Voraussetzung dafür, einen Wasseraustritt
als Quelle zu kartieren das Vorkommen von fließendem Wasser, sowie die
morphologischen oder pflanzlichen Anzeichen dafür, daß es sich um eine
ständig wasserbeeinflußte Stelle handelt. Wasser, das mit geringer Schüttung,an
Felsen herabrann, also hygropetrische Lebensräume die sich zuweilen über
ganze Felswände verteilen, wurden bei der Quellkartierung nicht berücksichtigt.
9.2 Deckungsschätzung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die Schätzung der Deckungsanteile
von Abflußarten sowie organischen und anorganischen Substraten nach BraunBlanquet erprobt. Diese Methode ist seit langem in der Vegetationskunde
etabliert und bewährt und es existieren statistische Routinen. In der praktischen
Anwendung bei diesem Projekt zeigte sich, daß eine Übertragung auf
Abflußarten und Substrate nur sehr bedingt praktikabel ist. Besser erscheint eine
sinnvolle Einteilung in Prozentklassen. Diese Einteilung sollte logarithmisch sein,
d.h. in den unteren Deckungsklassen feiner und nach oben hin gröber werden.
Dies ist zwar prinzipiell bei der Skala nach Braun-Blanquet gegeben, jedoch ist
die Beschreibung gerade der unteren Klassen irreführend. Besser wäre eine
durchgehende Prozentangabe bei der Klasseneinteilung.
9.3 Untersuchung der Flora und Fauna
Im Zuge dieses Projektes galt es eine grobe (im Sinne von schnell, effektiv und
günstig) Erfassung der Offenlandquellen eines ausgewählten Gebietes der
Alpen durchzuführen. Daher konnte die Untersuchung der Flora und Fauna nur
in reduziertem Rahmen durchgeführt werden um einen ersten groben Eindruck
zu vermitteln. Anhand der durchgeführten Erfassung der Fauna kann zwar keine
Bewertung
abgeleitet
werden,
es
liegen
damit
aber
wertvolle
47
Zusatzinformationen sowie Informationen für Folgeuntersuchungen vor. Die
einfache und stark reduzierte Aufnahme der Flora läßt ebenfalls nur sehr wenige
Aussagen zu. So kann nur festgestellt werde, daß in vielen Quellen
Störungszeiger überwiegen. Hier wäre für zukünftige Untersuchungen – gerade
in zu Naßstellen neigenden Gebieten – eine genauere Kartierung der Vegetation
wünschenswert.
9.4 Schutzmaßnahmen
In Anbetracht der eher extensiver werdenden Nutzung der Almen kann die
Notwendigkeit von Zäunungen angezweifelt werden. Quellen sind jedoch häufig
sehr kleinräumige Biotope in denen sich Weidevieh konzentriert aufhält und so
auf kleinem Raum großen Schaden anrichten kann. Eine Regeneration erscheint
nicht möglich, wenn diese Orte nach wie vor, wenn auch weniger intensiv,
gestört werden. Eine Zäunung ist daher in Einzelfällen sinnvoll. Gegebenenfalls
kann nach erfogter Regeneration die Zäunung wieder entfernt werden. Allerdings
würde das ein genaues Beobachten des Biotopes erfordern, um unerwünschte
Rückfälle zu verhindern.
9.5 Offenland / Waldland
Angesichts der Tatsache, daß zumindest die Randbereiche der Wälder häufig
auch von Weidevieh aufgesucht werden, stellt sich die Frage ob eine
Reduzierung der Kartierung nur auf Offenland-Quellen gerechtfertigt ist.
Waldquellen sind wohl nicht in gleichem Maße gefährdet, es kann jedoch auch
hier zu Störungen in Form von Viehtritt, Verbauungen, Ablagerungen und
Sonstigem kommen.
Für weitere Projekte sollte man die Einbeziehung von zumindest almnahen
Waldbereichen in Erwägung ziehen, um einen Gesamteindruck über ein Gebiet
zu erhalten.
9.6 Einbeziehung Ortskundiger
Für einen Ortsfremden ist es im Gelände oft schwierig nachzuvollziehen, ob das
aus einem Rohr austretende Wasser an Ort und Stelle gefaßt wurde, oder ob es
hierhergeleitet wurde. Auch Fragen wie die nach der Konsistenz der
Wasserführung sind schwer zu beantworten. Hilfreich wäre eine vorherige
48
Befragung und Information von Ortskundigen, die ganzjährig schüttende
Wasserstellen in ihrem Gebiet meist kennen und über Verrohrungen und
Wasserfassungen Auskunft geben können.
Zeitgleich mit einer Befragungsaktion könnte man die Betroffenen über die
Besonderheit der Quellen informieren und sie so in das Geschehen einbeziehen.
10.
Ausblick
Wie bereits eingangs erwähnt, ist bislang noch relativ wenig über die Ökologie
von Quellen, insbesondere alpinen Quellen bekannt. Insbesondere in Anbetracht
des Arbeitsgebietes wäre die Klärung der Frage wichtig, wieviel Störung in Form
von Weidevieh erwünscht oder toleriert werden kann und ab wann die negativen
Folgen überwiegen. Welchen Einfluß hat Weidevieh direkt auf die Biozönose
von Quellen durch Viehtritt und direkt eingetragene Substanzen und welcher
Einfluß wird indirekt über das Wasser aus dem Einzugsgebiet ausgeübt?
Auskunft auf diese Fragen könnte zum Beispiel ein floristischer und faunistischer
Vergleich zweier geologisch ähnlicher Gebiete geben, die seit langem
unterschiedlichen Nutzungsintensitäten unterliegen.
Ein weiteres Augenmerk kann auf die Indikation mit Hilfe von Quellen, deren
Chemismus und Organismen, geworfen werden. Bei bekanntem Einzugsgebiet
kann aufgrund von chemischen oder zoologischen Befunden unter Umständen
eine Erkenntnis über die ein Einzugsgebiet betreffenden Störungen gewonnen
werden. Dies könnte einfacher sein, als das gesamte Gebiet zu beproben.
Hierzu bedürfte es allerdings genauerer Kenntnisse, insbesondere der Fauna
der Quellen.
Insgesamt wäre eine Untersuchung anderer Almgebiete wichtig um einen
Überblick über den Zustand bayerischer Alpen-Quellen zu erhalten. Die
Bedeutung der Alpen als Trinkwasserspeicher wurde mehrfach erwähnt.
Diese Beispiele können den Forschungsbedarf nur knapp umreißen. Für weitere
Untersuchungen ist nach wie vor eine effektive Kartierung möglichst vieler
Quellen in möglichst vielen, auch unterschiedlichen, Gebieten der Alpen
erforderlich, um einen Gesamtüberblick zu erhalten. Dabei wird es aus den in
49
der Diskussion genannten
Gründen niemals möglich
sein, alle Quellen der
Alpen zu kartieren. Die
Grenzziehung
wird
in
jedem neuen Gebiet zum
Thema werden, sollte sich
aber in etwa an gleiche
Grundsätze
halten
um
eine gewisse Vergleichbarkeit zu ermöglichen.
Auf Grundlage allgemeiner Kartierungen können
dann Bedarfsräume für
detailliertere
Untersu-
Photo 17: Blick auf das Wendelsteingebiet
chungen herausgefiltert werden.
11.
Zusammenfassung
Wesentliches Ziel des Projektes war die Erfassung aller Offenlandquellen eines
Almgebietes der bayerischen Alpen, um einen ersten Einblick über den Zustand
und eventuelle Gefährdungsursachen von Offenlandquellen zu erhalten.
Die Kartierung wurde in dem Gebiet um die Berggipfel Brünnstein und Traiten
mit anschließendem Sudelfeld durchgeführt, da hier sowohl touristische als auch
landwirtschaftliche Nutzung vorliegt und verschiedene geologische Einheiten
vorkommen.
Die Quellen wurden nach der Typisierung von HOWEIN (1998) in Typen eingeteilt.
Die meisten Quellen zählen aufgrund des Dominierens von feinem Material und
sickerndem oder strömenden Abfluß zu dem Typ 4 oder 5. Die Dominanz von
Feinmaterial ist unter anderem auch auf Viehtritt zurückzuführen, da dadurch
feines Material eingetragen, aufgewühlt und mit Wasser vermischt wird; einem
Abtransport wird quasi entgegengewirkt. Etwa jede vierte Quelle hat durch
Viehtritt ein charakteristisches Erscheinungsbild angenommen, indem sich
Viehgangel quer durch sie hindurch ziehen und ein ‘stufiges’ Relief anlegen.
50
Die Erfassung zeigte, daß es erwartungsgemäß sehr viele Quellen gibt (81
Quellen auf ca. 58 ha Offenland), von denen der Großteil (78%) nicht verbaut ist.
Allerdings sind 93% der Quellen durch Viehtritt in unterschiedlichem Ausmaß
beeinträchtigt. Zum Teil werden die Weidetiere durch Anlage von Viehtränken
direkt in den Quellbereich geleitet, was meist zu einer Zerstörung des
Lebensraumes führt. Auf die Sensibilität der Quell-Biotope wird, wohl aus
Unkenntnis,
keine
Rücksicht
genommen.
Störungen
aufgrund
von
Wanderwegen oder Ablagerungen waren mit 7% bzw. 5% nur sehr selten
vorhanden. Eine mikrobiologische Verunreinigung der Quellen dürfte in einigen
Fällen gegeben sein.
Die Gefährdung der Quellen im Arbeitsgebiet ist demnach besonders durch die
Weidenutzung der Almen sowie durch Unkenntnis gegeben. Die Störung durch
Weidevieh ist zwar nicht in allen, aber doch in einigen Fällen negativ zu werten,
und zwar spätestens dann, wenn die Störung bis zu einer Zerstörung und
Verödung des Lebensraumes führt. Eine Gefährdung der Quellen geht im
untersuchten Raum demnach hauptsächlich von der landwirtschaftlichen
Nutzung aus, ließe sich aber mit einfachen Mitteln reduzieren.
Als dringenste Maßnahme wird vorgeschlagen einige Quellen zu zäunen um hier
eine Entwicklung ohne die Beeinträchtigung durch Weidevieh zu ermöglichen.
Auch die Entfernung von Verbauungen und vor allem von Viehtränken im
Quellbereich sollte vorrangig geschehen. In Einzelfällen ist ein Umbau von
Wanderwegen anzuraten, z.B. ein Verlegen oder das Anlegen eines Steinwurfes
zum Überqueren des Quellbaches. Zudem sollten die vorkommenden
Ablagerungen von Fichtenästen im Quellbereich entfernt werden. Eine
Verbesserung der Situation könnte bereits durch die Information der Almnutzer
erzielt werden, die sich meist der Bedeutung des Biotops Quelle nicht bewußt
sind. Es gilt ein wirkliches Verständis für die Besonderheiten und den Wert
dieses Lebensraumes zu entwickeln.
Ein weiteres Arbeitsziel war die Möglichkeiten und Grenzen einer Quellkartierung
in den Alpen aufzuzeigen. Bei der Kartierung der Quellen wurde wieder einmal
51
deutlich, daß es nicht möglich sein wird, wirklich alle Quellen eines Gebietes zu
erfassen, da ein flächendeckendes Ablaufen einen nicht finanzierbaren Aufwand
darstellen würde. Angesichts der Vielzahl der Wasseraustritte und Rinnsale
sowie der Vielzahl der Erscheinungsformen wird man sich bei einer Erfassung
klare Vorgaben machen müssen, nach denen kartiert wird.
Für weitere Untersuchungen erscheint es sinnvoll, zunächst eine allgemeine
Kartierung, vergleichbar mit der im Rahmen dieses Projektes, durchzuführen. Im
Anschluß daran können bei Bedarf gezielt weitere spezielle Kartierungen
organisiert werden. Auch erscheint es sinnvoll während oder besser noch im
Vorfeld weiterer Untersuchungen Ortskundige (z.B. Senner/innen) nach den
Quellen in ihrem Gebiet zu befragen.
Für zukünftige Projekte könnten die Auswirkungen verschiedener Intensitäten
der Viehbeweidung auf Flora, Fauna und Substratbeschaffenheit, z.B. in
Anlehnung an das LBV-Quellmoorprojekt im Berchtesgadener Land (HOTZY &
NIEDERBICHLER, 1998), untersucht werden. Auch die Auswirkung von Zäunungen
auf bislang ungepufferte Quellen wäre ein interessantes Studienobjekt. Dies
impliziert das Anliegen, die vorgeschlagenen Maßnahmen in die Tat
umzusetzen.
52
12.
VERZEICHNIS VERWENDETER KARTEN:
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13.
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