3. Tempus und Rahmenadverbien

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v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
TEMPUS, TEMPORALADVERBIEN UND ASPEKT
IN DER KOMPOSITIONALEN SEMANTIK
1.
2.
Einige Fragen: ........................................................................................................................... 2
Tempus-Aspekt Systeme ........................................................................................................... 2
2.1. Syntax ................................................................................................................................. 2
2.2. Semantik ............................................................................................................................. 4
2.2.1. Semantische Bereiche ................................................................................................. 4
2.2.2. Tempora ...................................................................................................................... 4
2.2.3. Aspekte ........................................................................................................................ 5
2.2.4. Aktionsarten ................................................................................................................ 5
2.2.5. Verbeinträge ................................................................................................................ 6
2.2.6. Bemerkung zur Literatur: ............................................................................................ 7
3. Tempus und Rahmenadverbien ................................................................................................. 7
4. Präsens und Futur .................................................................................................................... 12
5. Futur II-Lesarten von Perfektkonstruktionen .......................................................................... 14
6. Negation im TAA-System ....................................................................................................... 17
6.1. Tempus und Negation ...................................................................................................... 17
6.1.1. Das Partee-Problem ................................................................................................... 17
6.1.2. Negation und Temporaladverbien ............................................................................. 20
6.2. Die Negation von Aktionsarten ........................................................................................ 23
6.2.1. Negation von States ................................................................................................... 23
6.2.2. Die Negation von Activities ...................................................................................... 24
6.2.3. Die Negation von Achievements............................................................................... 25
6.2.4. Negation von Accomplishments ............................................................................... 27
7. Temporale PPs mit Quantoren ................................................................................................ 28
7.1. Ein Skopusparadox ........................................................................................................... 28
7.2. Relationale temporale Präpositionen und Konjunktionen: Grundbedeutung ................... 31
7.3. Quantoren als Objekte relationaler Präpositionen ............................................................ 32
7.4. Exkurs: QR in PP ............................................................................................................. 35
7.5. Adverbialsätze mit relationalen tPs .................................................................................. 37
7.5.1. Ziel ............................................................................................................................ 37
7.5.2. Determinierung von Nebensätzen ............................................................................. 37
7.5.3. (Beaver and Condoravdi, 2003) über „after“ und „before“...................................... 42
7.5.4. Die Lösung von Beaver & Condoravdi ..................................................................... 50
7.5.5. Nicht-veridikales „before“ nach C & B: Modalisierung ........................................... 56
8. Aufgaben ................................................................................................................................. 61
8.1. Aufgaben zu Abschnitt 3 .................................................................................................. 61
8.2. Aufgaben zu Abschnitt 6.1 ............................................................................................... 62
8.3. Aufgaben zu Abschnitt 6.1.2 ............................................................................................ 62
8.4. Aufgaben zu Abschnitt 6.2 ............................................................................................... 63
8.5. Aufgaben zu Abschnitt 7.2 ............................................................................................... 63
8.6. Aufgaben zu Abschnitt 7.3 ............................................................................................... 63
9. Literatur ................................................................................................................................... 63
1
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
1.
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


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


EINIGE FRAGEN:
Was sind Satzbedeutungen angesichts der Tatsache, dass sich Wahrheitswerte mit der Zeit
ändern?
Tempusmorpheme und Auxiliare, was bedeuten sie? Haben-Perfekt und Sein-Perfekt.
Lexikalische Einträge für Verben: wo kommt die Zeitabhängigkeit her, verschiedene
logische Typen von Verben (Eventive, Zustände)?
Temporale Abhängigkeit anderer Kategorien (Nomina, Adjektive, Präpositionen)
Temporale Adverbien: welche Arten gibt es, was bedeuten sie, wie ist ihr interner
Aufbau, wie interagieren sie mit Tempus?
Temporale Adverbialsätze: dieselben Fragen
Tempus und Negation (Parteeproblem)
Tempus in eingebetteten Sätzen: verhalten sich Tempora wie in nicht eingebetteten Sätzen
oder anders? Consecutio Temporum.
Temporale Orientierung von Infinitiven: Infinitive unter Modalen und Counterfactuals,
unter Einstellungsverben
Was ist Aspekt (Perfektiv, Imperfektiv, Progressiv), was ist Aktionsart? Wie hängen
Aktionsart, Aspekt und Tempus zusammen?
Aspektuelle Adverbien (bis, seit)
Pluriaktionale
Typologische Fragen: Varianten von Tempussystemen
Verschiedene Tempus und Aspekttheorien
2.
TEMPUS-ASPEKT SYSTEME
Die (mir) bekannten TA-Systeme haben die folgende hierarchische Organisation:
TP
( 1)
deiktisches
Tempus
PerfP
Perfekt
AspP
Perfektiv
Progressiv
...
VP
Die Systeme unterscheiden sich dadurch:
(a) wie die funktionalen Kategorien morphosyntaktisch realisiert sind: als Auxiliare, als
Verbalmorphologie, beides, gar nicht
(b) wie die Kategorien genau semantisch gedeutet werden.
2.1. Syntax
Das folgende System hat sich für das Deutsche recht gut bewährt.
2
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
(2)
TP
SpecTP
t i*
pasti

T'
T
FUT, *präs
wird,*präs
VP
V
hat, *präs
hatte, *past
AspP
Perfektiv
Progressiv
...
PartP
NP
Ede
Part
geschlafen, *perfekt
Erläuterung:
pasti und t*i Symbole vom Typ i der Zeiten, ein neuer Typ, sie sind Pronomina.  ist ein
semantisch leeres Pronomen ohne Typ, das sich wie Chomskys PRO verhält.  heißt
Nulltempus. pasti, bezeichnet eine durch den Kontext gegebene vergangene Zeitspanne, t*i
bezeichnet die Sprechzeit, wenn frei. Sonst ist es eine gebundene Variable. Freies t*i und pasti
sind die absolute Tempora. Absolute Tempora führen die so genannte Referenzzeit (Terminus
von Reichenbach) ein. Absolute Tempora sind also definit, etwas wie Namen. Gebundenes t*i ist
ein anaphorisches Tempus. Die Terminologie des Systems deckt sich kaum mit der klassischen
Terminologie Reichenbach (1947). Die zunächst merkwürdige Dreiteilung ist prinzipiell
motiviert.
Es gibt zwei relative Tempora oder Temporaloperatoren nämlich PERF(ECT),
ausgedrückt durch sein/haben und FUT(UR), ausgedrückt durch das Auxiliar werden oder das
morphologische Präsens. Das Perfekt führt eine weitere Zeit vor der Referenzzeit ein und das
Futur eine weitere nach der Referenzzeit. Diese Zeiten kann man Perfekt- und Futurzeit
respektive nennen. Relative Tempora sind Existenzquantoren.
Die Aspekte verbinden die Referenzzeit oder Perfektzeit mit der Ereigniszeit. Das
Standarddeutsche drückt Aspekte nicht morphologisch aus. Man kann sie frei wählen. Das
Perfektiv sagt, dass die Ereigniszeit ganz in der Referenzzeit ist, das Imperfektiv sagt, dass die
Referenzzeit in die Ereigniszeit fällt.1
Die VP drückt eine Aktionsart aus (accomplishment, achievement, activity, states). Wir
nehmen an, dass States Eigenschaften von Zeiten sind, die anderen Aktionsarten dagegen
Eigenschaften von Ereignissen. Der Ereignistyp ist v.
Das Zusammenspiel von Morphologie und semantischen Tempora, Relativtempora und
Aspekten wird durch Merkmale der * und  gesteuert. * besagt, dass ein Merkmal vom Typ 
verlangt wird. Sowohl * und  werden so lange projiziert, bis sie sich an Zweigen zweier
Töchterknoten treffen. Dort werden sie gestrichen. Ein Merkmalsystem dieser Art gibt es schon
in (Stechow and Sternefeld, 1988); es ist in (Sternefeld, 2000) genau ausgearbeitet.
1
Eine grobe Vereinfachung. Man braucht einen Modaloperator wie das Dowtysche Progressiv;
Dowty, David. 1979. Word Meaning and Montague Grammar: Synthese Language Library.
Dordrecht: Reidel.
3
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
2.2. Semantik
Zunächst eine Zusammenstellung der Definitionen ohne Erläuterung. Das System passt gut zu
(Kusumoto, 1999) und (Stechow, 2004), ist aber technisch in mancher Hinsicht ungeschickt.
Man wird letztendlich mit einem extensionalen System besser fahren. Die hier eingeführten
Unterscheidungen sind aber in jedem Fall sinnvoll.
2.2.1.
Semantische Bereiche
Erweiterung unsers Typensystems um die Typen i (Zeitintervalle), v (Ereignisse), t
Wahrheitswerte. Wir schreiben weiter p für den Typ (st).
(3)
Das erweiterte Typensystem
Die Grundtypen sind e,s,t,i,v.
Wenn a und b Typen sind, ist (ab) ein Typ.
( 4)
Die semantischen Bereiche
De = die Individuen
Dt = die Wahrheitswerte
Ds = die Situationen,Welten
Di = die Menge aller Zeitintervalle
Dv = die Menge der Ereignisse
Dab = die Menge der partiellen Funktionen von Da in Db
(5)
Kontexte bezeichnen wir durch c, c’,...
ac ist der Sprecher von c, tc die Zeit von c usw.
Die Interpretationsfunktion hängt sowohl von einer Belegung g als auch von einem Kontext ab.
2.2.2.
(6)
Tempora
Absoluten Tempora und anaphorisches Tempus
t*j und pastj haben den Typ i.
a. [[ t*j ]] g,c = tc, falls t*j frei ist; g(t*j), falls t*j gebunden ist.2
b. [[ pastj ]] g,c ist nur definiert, wenn g(j) < tc; falls definiert ist [[ pastj ]] g,c = g(j).
Diese absolute Tempora sind Variablen, also kontextabhängige Namen für Zeiten.
(7)
Die Relativtempora
2
Eine
Formulierung
dieser
Art
findet
man
in
Kusumoto, Kiyomi. 1999. Tense in embedded contexts, Department of Linguistics, University of
Massachusetts at Amherst: Ph.D. dissertation., aber auch schon in Schriften von I. Heim.
4
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
PERF und FUT sind Symbole vom Typ (ip)(ip).
a.. [[ PERF ]] = [[ hab- ]] = P  Dip.t.w.t’[t’ ≤ t & P(t’)(w)]
t’ ≤ t gdw. kein Teil von t’ ist nach t.
b. [[ FUT ]] = [[ werd- ]] = P  Dip.t.w.t’[t’ ≥ t & P(t’)(w)]
t’ ≥ t gdw. kein Teil von t’ ist vor t.
Die relativen Tempora sind Adverbien: sie machen aus einer Eigenschaft von Zeiten wieder eine
Eigenschaft von Zeiten. Man kann Präsenst und Präteritum auch als Adverbien:
( 8)
Präsens und Präteritum als Adverbien
a. [[ PRES*]]g = Pip.t.w.t = tc &
2.2.3.
(9)
Aspekte
Aspektoperatoren haben den Typ (vp)(ip)
a. Perfektiv: [[ PF]] = P  Dvp.t.w.e[(e,w)  t & P(e)(w)]
b. Imperfektiv: [[ IP]] = P  Dvp.t.w.e[t  (e,w) & P(e)(w)]
(e,w) ist die Laufzeit des Ereignisses e in der Welt w.
States sind aspektlos!3
2.2.4.
Aktionsarten
Im Anschluss an (Vendler, 1957) und (Dowty, 1979) unterscheidet man heute in der Regel 4
Aktionsarten: Die telischen Aktionsarten Accomplishment und Achievement und die nicht–
telischen Aktionsarten States und Activities. In diesem Abschnitt werden wir
Die telischen Aktionsarten sind gequantelt, ein von (Krifka, 1989) geprägter Terminus. Die nichttelischen Aktionsarten sind (weitgehend) homogen. Accomplishments unterscheiden sich von
Achievements dadurch, dass letztere nur auf punktartige Intervalle zutreffen, erstere dagegen
Dauer haben. States sind vollständig homogen, Activities nur bis zu einem gewissen Grad.
Acitivities sind aber summativ. Die Begriffe sind folgendermaßen definiert:
(10)
a. Sei P eine Eigenschaft von Ereignissen (oder Zeiten). P ist gequantelt („quantized“),
gdw. we[P(e)(w)  e’[e < e’ & P(e’)(w)]]. Analog für Zeiten.
3
In der Literatur wird oft der Typ der Zustände, eine Art von statischen Ereignissen, als neue
Entität
eingeführt.
Wir
schließen
uns
hier
den
Argumenten
von
Herweg, Michael. 1990. Zeitaspekte. Die Bedeutung von Tempus, Aspekt und temporalen
Konjunktionen.
Wiesbaden:
Deutscher
Universitätsverlag.
und
Katz, Graham. 1997. Against underlying states. Paper presented at Twelfth Meeting of the Israeli
Association of Theoretical Linguistics, Jerusalem. gegen States als Entitäten an: es gibt
Adverbien, die nur für Nicht-States sinnvoll sind (z. B. sorgfältig), aber es gibt kein Adverb, das
nur für States sinnvoll ist, nicht aber für Nicht-States.
5
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
b. Sei P eine Eigenschaft von Zeiten (oder Ereignissen). P ist homogen (P hat die
Teilintervall-Eigenschaft, P ist divisiv.) gdw. wtt’[P(t)(w) & t’  t  P(t’)(w)]
c. Sei P eine Eigenschaft von Ereignissen (oder Zeiten). P ist summativ (P ist
kumulativ) gdw. wee’[P(e)(w) & P(e’)(w)  P(e+e’)(w)]
c. P ist punktuell gdw. wt[P(t)(w)  t enthält genau einen Zeitpunkt]
e+e’ ist die mereologische Summe von e und e’. Die Idee, dass die Begriff ‚divisiv’ und
‚summativ’ für die Ontologie der natürlichen Sprache eine wichtige Rolle spielen, findet sich bei
(Quine, 1960). Den Begriff der Quantelung hat nach meiner Kenntnis (Krifka, 1989) in die
Literatur eingeführt.
Wir verwenden „gequantelt“ synonym mit telisch und „homogen“ synonym mit atelisch.
Quantelung und Homogenität sind also Eigenschaften zweiter Stufe, nicht Eigenschaften von
individuellen Ereignissen oder Zeiten (obwohl man das immer wieder in der Literatur liest).
Man kann diese Eigenschaften auch für Verben oder Prädikate definieren, aber hier sind si e für
VPs definiert.
Beispiele:
(11)
Accomplishment: „ein „Vater unser“ beten“
Achievement: „den Gipfel erreichen“
State: „krank sein“
Activity: „Walzer tanzen“
„Walzer tanzen“ ist nicht vollständig homogen, weil man nicht auf Zeitpunkt herunter gehen
kann. Zu einem minimalen Walzer-Intervall gehören drei Schritte, und das dauert eine Zeit.
Accomplishment werden durch Punkte instanziiert, also durch Intervalle, die aus einem
Zeitpunkt bestehen bzw. so gedacht werden. Aber zwei Tanzhandlungen zusammen genommen
ergeben wieder eine Tanzhandlung. Somit ergeben sich die folgenden Definitionen für
Aktionsarten:
(12)
Aktionsarten sind Eigenschaften vom Typ s(vt) oder s(it).
a. P ist ein Accomplishment gdw. P ist gequantelt und nicht punktuell.
b. P ist ein Achievement gdw. P ist gequantelt und punktuell.
c. P ist eine Activity gdw. P ist summativ.
d. P ist ein State gdw. P homogen/divisiv ist.
Aufgabe: Man überprüfe, wie sich Vendlers (1957) Verbklassifikation zu dieser verhält.
2.2.5.
(13)
Verbeinträge
6
Verbeinträge
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
a. anrufen hat den Typ e(vp).
[[ anrufen]] = x  De.e  Dv.w.e ist ein Anrufen von x in w.
b. krank hat den Typ e(ip)
[[ krank]] = x  De.t  Di.w.x ist krank in w zur Zeit t.
States unterscheiden sich von den anderen Eventualitäten dadurch, dass sie Eigenschaften von
Zeiten sind. States haben die Teilintervalleigenschaft, d.h., wenn ein State auf ein Intervall
zutrifft, dann auf jedes Teilintervall. Activities haben diese Eigenschaft zu einem gewissen
Grad. Accomplishments haben die Teilintervalleigenschaft nicht. Achievements sind Ereignisse
ohne Dauer.
2.2.6.
Bemerkung zur Literatur:
Die Tempussemantik dieses Abschnitts ist nur eine unter vielen. Es gibt in der Literatur
mindestens 4 weitere Vorschläge, Tempora zu analysieren, die wechselseitig inkompatibel sind.
1. Tempora bezeichnen unendliche Intervalle. Z.B. bezeichnet PAST(t) die gesamte Zeit vor
t: (Kratzer, 1978), (Fabricius-Hansen, 1986),(Abusch, 1998), (Condoravdi, 2002).
2. Tempora bezeichnen Relationen zwischen zwei Zeiten. Z.B. bedeutet PAST(t)(t’) einfach
t’ < t. (Stechow, 1991), (Stechow, 1995), (Klein, 1994), (Musan, 2002).
3. Tempora sind Relationen zwischen 3 Zeitpunkten: (Reichenbach, 1947), (Nerbonne,
1986). PAST(t0,tr,te) bedeutet t0 > tr & tr = te.
4. Tempora sind Existenzquantoren über Zeiten. PAST(t)(P) bedeutet, dass t’.t’ < t & P(t’).
(Prior, 1967), (Ogihara, 1996).
Gibt es empirische Argumente, welcher von den 4 Vorschlägen der beste ist? Die korrekte
Kombination von Tempora mit Temporaladverbien sollte Aufschluss geben.
Zur Aspektliteratur: Aspekte sind teilweise Modalopertoren, z.B. das engl. Progressiv.
Der obige Imperfektivoperator ist viel zu einfach. Imperfektivparadox!
3.
TEMPUS UND RAHMENADVERBIEN
Die Eigenschaften von Zeiten können durch verschiedene Temporaladverbien modifiziert
werden. In unserem System nehmen Temporaladverbien eine Temporale Eigenschaft und
bilden sie auf eine andere ab. Wir betrachten zuerst die intersektiven Rahmenadverbiale und
zeigen am einfachen Beispiel wie sie mit dem Tempus interagieren.
Temporale Rahmenadverbien lokalisieren temporale Eigenschaften zu bestimmten Zeiten. Sie
sind Eigenschaften von Zeiten.
( 14)
Temporale Rahmenadverbien als Prädikate von Zeiten
7
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
a. morgen hat den Typ ip.
[[ morgen ]] c = t  Di.w  Ds. t  MORGENc,
mit MORGENc = der Tag, der nach dem Tag kommt, in dem tc liegt.
Analog für heute und gestern.
b. um 6 Uhr hat den Typ (ip)
[[ um 6 Uhr]] = t  Di.w  Ds.t  18 Uhr & s  P(t)(w)4
Um die Adverbien mit eine Phrase vom Typ ip zu kombinieren, benötigen wir die Regel der
Prädikatsmodifikation, welche den Schnitt bildet. Dieses kennen wir aus der Einführung.
( 15)
Fritz gestern anrief.
TP
p
c
w g 4  GESTERN & e  e,w  t & A f
i
g4
past4
ip
tw t  GESTERN c & e  e,w  t & A f
Adv
ip
tw.t  GESTERN c
gestern
AspP
ip
twe  e,w  t & A f
VP
ep
Fritz anrief
A f
ep ip
PF
Bei der Kombination von gestern mit der AspP haben wir die Durchschnittsregel angewandt.
Man erhält dasselbe Resultat, wenn man temporale Adverbien als Prädikatsmodifikatoren
kodiert und die Schnittbildung in die Adverbialbedeutung steckt. Wenn es möglich ist, wollen wir
allerdings immer den einfachsten Typ für ein Adverb annehmen:
(16)
Temporaladverbien als Modifikatoren:
Dies ist eine grobe Vereinfachung. „um 6 Uhr“ hängt sicher vom Ort ab. Wenn es in Tokyo 6
Uhr ist, ist es in Konstanz nicht 6 Uhr. Außerdem gibt es 6 Uhr vormittags und nachmittags.
Schließlich wiederholen sich diese Zeiten jeden Tag. Dies sauber zu formulieren, ist sehr knifflig.
4
8
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
a. morgen hat den Typ (ip)(ip).
[[ morgen ]] c = P  Dip.t  Di.w  Ds. t  TMc & P(t)(w),
mit TMc = der Tag, der nach dem Tag kommt, in dem tc liegt.
Analog für heute und gestern.
b. um 6 Uhr hat den Typ (ip)(ip)
[[ um 6 Uhr]] = P  Dip.t  Di.w  Ds.t  18 Uhr & s  P(t)(w)5
(17)
Fritz rief gestern an.
(18)
Analyse von (17):
w.e: e ist ein Anruf von Fritz in w   e,w  past j past j  GESTERNc
TPp
i
pastj
t.w.e: e ist ein Anruf von Fritz in w   e,w  t  t  GESTERNc
AspPip
Adv ip ip
gestern
t.w.e: e ist ein Anruf von Fritz in w   e,w  t
AspPip
PF vp
ip
e.w.e ist ein Anruf von Fritz in w
VP vp
Fritz
anruf
Gestern wird parallel zu den anderen Rahmenadverbien gemacht:
(19)
[[ gestern ]] c = P  Dip.t  Di.w  Ds. t  GESTERNc & P(t)(w),
mit GESTERNc = der Tag, der vor dem Tag ist, in dem tc liegt.
4.
DURATIVADVERBIALE
Die Durativadverbiale „in x time“ und „for x time“ gelten als Diagnosen für das Identifizieren
von Aktionsarten:
( 20)
a. John was sick for three days.
√
Dies ist eine grobe Vereinfachung. „um 6 Uhr“ hängt sicher vom Ort ab. Wenn es in Tokyo 6
Uhr ist, ist es in Konstanz nicht 6 Uhr. Außerdem gibt es 6 Uhr vormittags und nachmittags.
Schließlich wiederholen sich diese Zeiten jeden Tag. Dies sauber zu formulieren, ist sehr knifflig.
5
9
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
b. John slept in his office for an hour.
√
c. The tree fell for an hour.
#
d. John wrote his dissertation for 3 years. #
„for x time“ kann einen State oder eine Activity modifizieren, aber kein achievement oder
accomplishment. Das Adverb verlangt also eine homogene oder vielleicht wenigstens
kumulative Aktionsart als Modifikand. Falls man (c)/(d) überhaupt akzeptiert, dann ist hier der
Nachzustand des Ereignisse charakterisiert.
Die Distribution sollte aus der Adverbialbedeutung und der Aktionsart folgen. Aber ich
kenne keine wirklich befriedigende Theorie. Das Beste ist immer noch °Dowty, 1979 #213: S.
333%, der sagt, dass „for x time“ die Länge eines Intervalls angiebt und verlangt, dass der
Modifikand auf jeden Punkt des Intervalls zutrifft. Wir quantifizieren über Teilintervalle.
( 21)
Die Postposition lang
[[ lang]] = d  ZM.Pi(st).t.w. Dauer_von (t) = d & t’[C(t’) & t’  t  P(t’)(w)]
(ZM steht für Zeitmaß.)
( 20a) wird analysiert als past1 3 Tage lang Hans krank. Dies ist wahr, wenn Hans zu jedem
Teilintervall eines relevanten vergangenen Intervalls krank ist. Activities gehen genau so, nur
müssen die Teileintervalle hier so groß sein, dass noch minimale Geh-Intervalle darin sein
können. Das Intervall muss sich in eine Menge von Geh-Intervallen zerlegen lassen. Bei
Accomplishments ist so eine Zerlegung nicht sinnvoll, bei achievements in der Regel auch
nicht, es sei denn, man reinterpretiert sie iterativ:
(22)
Es blitzte zwei Stunden lang.
Bei der Präposition „in“ müssen wir zwei Lesarten unterscheiden, die durative Lesart und die
Distanzlesart:
( 23)
Duratives „in“
a. John was sick in three days.
b. John slept in his office in an hour.
c. The tree fell in an hour.
d. John wrote his dissertation in 3 years.
#
#
√
√
In der Distanzlesart bedeutet „in“ „nach Ablauf von“:
(24)
a.
b.
c.
d.
Ich bin in 10 Minuten bei dir.
Das Kind schläft in 10 Minuten.
Der Baum fällt in 10 Minuten.
Doris schreibt ihre Dissertation morgen.
√
√
√
#
Im Russ. wird diese Lesart durch „cherez“ ausgedrückt, im It. durch „fra/tra“. In der TAALiteratur geht es immer um duratives „in 1“. Nach Dowty ist der Unterschied von „in 1“ und
„lang“ das „in1“ den Quantor „zu genau einem Teilinterval“ enthält:
(25)
Duratives in1 nach Dowty
[[ in1]] = d  ZM.Pi(st).t.w. Dauer_von (t) = d & !t’[C(t’) & t’  t & P(t’)(w)]
Es ist nächst einmal klar, dass dieses Adverbial nicht mit States oder Activities kombinierbar
ist, denn diese werden immer durch viele Intervalle erfüllt. Für Accomplishments ergibt sich
10
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
die vielleicht erwünschte Folgerung, dass man ein Intervall nehmen muss, das genau die Dauer
des Accomplishments angibt. Dies funktioniert außerdem nun, wenn man den Perfektivoperator
mittels der Relation  definiert.
( 26)
Fritz schrieb seine Dissertation in 3 Jahren.
past1 in1 3 Jahren PF E
Mit punktförmigen Achievements kann diese Bedeutung nicht kombiniert werden, was
vermutlich auch richtig ist:
(27)
#
Es blitzte in1 2 Minuten.
Die Modifikation ist gut, wenn das Accompishment eine Vorbereitungsphase hat. Diese wird
dann mit gemessen:
(28)
Ede erreichte den Gipfel in1 3 Stunden.
Ein solches Accomplishment ist aber eher ein Achievement. Die Vorhersage des Ansatzes ist,
dass Durativadverbien nicht persistent sind:
(29)
Fritz schrieb seine Dissertation in 3 Jahren.
-/ Fritz schrieb seine Dissertation in 5 Jahren.
Wenn man Persistenz haben will, kann die Adverbbedeutung nicht richtig sein. Ein weiteres
Problem ist ein offenes Quantifikationsadverb wie „dreimal“ unter „in 1“:
(30)
Sie rief mich innerhalb von 10 Minuten dreimal an.
past1 in 10 Minuten PF dreimal E
dauer(past1) = 10 Minuten & !t  past1 & e[e ist die Summe von 3 Anrufereignissen e’
in w & (e,w)  t]
Das Quantifikationsadverb „dreimal“ muss unter dem Aspektoperator PF stehen.
(31)
Ein Quantifikationsadverb
[[ dreimal]] = Pvp.ev.t.w.e ist die Summe von drei P-Ereignissen in w & | e | = 3.
Die WB für (30) lassen sich wie folgt veranschaulichen:
( 32)
----------------[///--///--///]--------------------tc
Die Länge des Wahrheitsintervalls soll hier 10 Minuten sein, und das Intervall beginnt mit dem
ersten Anruf und endet mit dem letzten.a
Das Fazit dieser Diskussion ist, dass die Dowtysche Semantik für for-Adverbiale recht
gut zu funktionieren zu scheint, dass man (ich) die in1-Adverbiale aber nicht so richtig versteht.
Nun zu Distanzdurativen. Bei „in2“ ist darauf zu achten, dass das Adverb von einer
Variable abhängt, die der Kontext spezifizieren muss.
( 33)
a. Sie war in 10 Minuten bei mir.
b. Ich bin in 10 Minuten bei dir.
( 34)
Distanz-in2
11
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
hat den Typ (d((ip)(ip))).
[[ in2]] = t.d  ZM.Pip.t’.C(t’) & Distanz_zwischen(t,t’) = d & P(t’)(w)
Die Analyse von Satz ( 33b) ist also:
(35)
t* FUT in2(t’)(10 Min) bei(dir)(ich)
Wenn man hier t’ mit t* identifiziert, erhält man die Lesart, dass der Sprecher 10 Minuten nach
der Sprechzeit beim Hörer ist.
5.
PRÄSENS UND FUTUR
Die erste Anwendung des Systems betrifft das Präsens. Ohne Temporaladverb oder geeigneten
Kontext drückt das Präsens die Sprechzeit aus. Bei geeignetem Kontext ist es völlig
gleichwertig mit dem Futur. Die futurische Rahmenadverbien in präsentischen Sätzen
motivieren die Behauptung.
Behauptung: Das dt. „Präsens“ hat optional ein kovertes FUT (im T-Kopf?).
(36)
a. Fritz ruft an.
b. Fritz ruft morgen an.
= Fritz wird morgen anrufen.
c. *Fritz ruft gestern an.
(37)
a. #Fritz calls.
b. *Fritz calls tomorrow.
c. *Fritz calls yesterday.
(38)
a. Fritz ist krank.
b. Fritz ist morgen krank.
(39)
a. Fritz is sick.
b. *Fritz is sick tomorrow.
(40)
Analyse von (36)
TP
.
* pres
t*
AspP
IP
VP
* pres
V
* pres
Fritz
anruft
w.e[tc  (e,w) & e ist ein Anrufen von Fritz in w]
Der Kontrast mit dem Engl. (37a) folgt daraus, das im Dt. die Aspektoperatoren frei gewählt
werden dürfen. Im Engl. muss für die nicht-progressive finite activity PF gewählt werden. Die
12
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Sprechzeit ist ein Punkt und kann kein Ereignis von Dauer zeitlich inkludieren.
Hier die Präsensversion mit kovertem FUT-Operator:
( 41)
TP
p
SpecTP
t*
T'
ip
T
ip ip
FUT
VP
ip
Adv
ip ip
morgen
'tomorrow'
AspP
ip
vp ip
PF
VP
vp
e
Fritz
V
e vp
anruft
'calls'
w.t[t ≥ t* & t  TMc & e[(e,w)  t & calling(f)(e)(w)]]
Da der unsichtbare FUT-Operator durch eine finite Präsensform selegiert wird, hat er das
Merkmal pres. Da der ganz Satz ein semantisches Präsens hat, selegiert FUT seinerseits pres,
hat
Beispielrechnung (Operatoren werden ohne Klammern links geschrieben!)
[[ t* FUT morgen PF Fritz anruf- ]] g,c =
w[[[ FUT morgen PF Fritz anruf- ]] g,c (tc)(w) = 1]
(FA und Präsensregel)
= [wt[t ≥ tc & [[ morgen PF Fritz anruf- ]] g,c (t)(w) = 1]]
(FA und FUT-Regel)
= [wt[t ≥ tc & t  TMc & [[ PF Fritz anruf- ]] g,c (t)(w) = 1]]
(FA und morgen-Regel)
= [wt[t ≥ tc & t  TMc & e.(e,w)  t & [[ Fritz anruf- ]] g,c (e)(w) = 1]]
(FA und PF-Regel)
= [wt[t ≥ tc & t  TMc & e.(e,w)  t & e ist ein Anrufen von Fritz in w]]
(FA und Lexikon)
Futurisches werden hat dieselbe Struktur, bettet aber einen 0-Infinitiv ein:
(42)
t* [[morgen [PF Fritz anrufen]] wird]
(43)
Futurisches werden
13
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
wird hat die Merkmale *pres und *0-Infinitiv
[[ wird ]] = [[ FUT ]]
Die Ungrammatikalität von (36c) ergibt sich aus dem Zusammenspiel von gestern mit dem
Präsens. Wir erhalten einen semantischen Widerspruch.
Verbreiteter Alternativansatz zum Präsens: Präsens bedeutet Nicht-Vergangenheit (nonpast), also ein Zeitintervall, das keinen Teil enthält, der vor der Sprechzeit ist; z.B. (Comrie,
1995) oder (Pancheva and Stechow, 2004).
(44)
Alternativtheorie für Präsens? [[ presi]] g,c ist nur definiert, wenn g(i) nicht vor tc ist. Falls
definiert, so [[ presi]] g,c .
Mit dieser Semantik kann man Einbettungen nicht korrekt behandeln (siehe unten):
(45)
Ede glaubt, dass Alla morgen anruft.
Um die Nachzeitigkeit für das Komplement zu erhalten, braucht man zusätzlich nur ein
unsichtbares FUT im eingebetteten Satz.
6.
FUTUR II-LESARTEN VON PERFEKTKONSTRUKTIONEN
Eine zweite Anwendung betrifft die Mehrdeutigkeit der folgenden Präsens-PerfektKonstruktion vs. die Eindeutigkeit der entsprechenden Präteritumskonstruktion. Wir lernen.
Der unsichtbare FUT-Operator im „Präsens“ erklärt, dass Perfektkonstruktionen eine
Futur II-Lesart haben.
(46)
a. Um 18 Uhr habe ich angerufen. (mehrdeutig)
= Ich rief um 18 Uhr an
oder
= Ich werde um 18 Uhr angerufen haben
b. Um 18 Uhr rief Fritz an.
(eindeutig)
c. Fritz hatte um 18 Uhr angerufen. (mehrdeutig)
= 18 Uhr ist vor tc & der Anruf ist vor 18 Uhr
oder
= Der Anruf ist um 18 aber vor der vergangenen Referenzzeit
(47)
a. *I have called at 6.
b. Fritz called at 6.
c. Fritz had called at 6.
(mehrdeutig)
Der Kontrast zwischen (46a) und (47a) heißt nach (Klein, 1992) Present Perfect Puzzle. Das
Problem wird in (Pancheva and Stechow, 2004) behandelt.
(48)
Die Vergangenheitslesart von (46a)
14
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
TP
t*
T'
T

.
.
habe
um 18 Uhr
.
PartP
PF
ich angerufen
wt[t ≤ tc & t  18 Uhr & e[(e,w)  t & e ist ein Anrufen von mir in w]]
Das Temporaladverb ist im Skopus des Perfekts.
Beachte: Das Partizip Perfekt angerufen bedeutet das dasselbe wie der 0-Infinitiv anrufen.
Beide Formen unterscheiden sich nur durch ihre Selektionsmerkmale. Das Partizip hat das
Selektionsmerkmal [*perfekt], während haben dieses Merkmal, d.h. [perfekt] hat. anrufen hat
kein temporales Merkmal. Vgl. zu dieser Analyse bereits (Stechow and Sternefeld, 1988).
(49)
Das Perfektauxiliar habe
hat das Merkmal perf,
selegiert den 3.Status und pres, d.h. hat die Merkmale *pres und *3.Status,
bedeutet dasselbe wie PERF.
(50)
Die Futur II-Lesart von (46a)
TP
t*
T'
T
FUT
.
um 18 Uhr
.
.
habe
PartP
PF
ich angerufen
wt[t ≥ tc & t’[t’ ≤ t & t’  18 Uhrc & e[(e,w)  t’ & e ist ein Anruf von mir in w]]]
Das Temporaladverb ist außerhalb des Skopus des Perfekts, aber im Skopus des Futurs.
gestern und um 18 Uhr machen wenig Sinn über PERF. Anders bei aspektuellen Adverbien:
15
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
(51)
a. Ede hat schon gegessen. (mehrdeutig)
b. Ede aß schon.
(eindeutig)
c. Ede hat noch gegessen. (eindeutig)
(52)
Aspektuelle Adverbien6
schon und noch haben den Typ (i(st))(i(st)).
a. [[ schon]] = P  Di(st).t  Di.w  Ds.w’[w’  Erw(w)(t)  t’[t ist Endstück von
t’ & P(t’)(w’) ]].P(t)(w)
b. [[ noch]] = P  Di(st).t  Di. w  Ds.w’[w’  Erw(w)(t)  t’[t ist Anfangsstück
von t’ & P(t’)(w’) ]].P(t)(w)
Erw(w)(t) ist die Menge der Situationen, in denen der Fall ist, was wir in w zur Zeit t erwarten.
Die Adverbien haben keinen Einfluss auf die Wahrheitsbedingung, aber sie haben verschiedene
Präsuppositionen. „schon P“ ist wahr zu einem Intervall t, wenn, wenn wir erwarten, dass t das
Endstück einer nicht-P-Phase ist. „noch P“ ist wahr am Intervall t, wenn wir erwarten, dass P
das Anfangsstück einer nicht-P-Phase ist.
Die Mehrdeutigkeit von (51a) wird wie folgt analysiert (Operatoren links geschrieben):
(53)
a. t* schon PERF PF Ede essb. t* PERF schon IP Ede ess-
(a) ist eine Aussage über die Sprechzeit: Ede hat zu t c gegessen, aber wir erwarten, dass er zu t c
noch isst. (b) ist eine Aussage über eine „Perfektzeit“ t vor t c: zu t isst Ede, aber wir erwarten,
dass er zu t noch nicht isst.
(54)
Analyse von (51b)
pasti schon IP Ede ess-
Dies besagt, dass Ede zur vergangenen Zeit g(i) isst, wir aber erwarten, dass er zu dieser Zeit
noch nicht isst. Aus Typengründen gibt es keinen andern Platz für das Adverb schon.
Rein formal hat auch (51c) die Lesart mit schon direkt unter dem Präsens t*:
(55)
a. #t* noch PERF PF Ede gegessen
Diese Lesart ist aus semantischen Gründen ausgeschlossen. Sie präsupponiert, dass wir von der
Sprechzeit erwarten, dass sie bereits eine Zeit ist, die nicht mehr eine Zeit ist, in der Ede in der
Vergangenheit gegessen hat. Der Satz besagt aber, dass Ede in der Vergangenheit gegessen hat.
Dieses Faktum kann nicht aus der Welt geschafft werden. Unsere Erwartungen sind also nicht
Sinnvoll. Zustände, die irreversibel sind, nennt (Parsons, 1990) resultant states.
6
Zur
Semantik
von
aspektuellen
Adverbien,
vgl.
Löbner, S. 1989. German schon-erst-noch: An Integrated Analysis. Linguistics and Philosophy
12:167-212.. Die Semantik hier ist nicht genau die von Löbner, die allgemeiner konzipiert ist, die
ich aber nicht richtig verstehe. Die Zugänglichkeitsrelation für diese Adverben kann nicht immer
„erwarten“ sein, da z.B. der folgende Satz ok ist: „Wie wir erwarteten, schlief Ede schon.“
16
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
7.
NEGATION IM TAA-SYSTEM
Die Lehren dieses Abschnitts werden die folgenden sein:
 Die Tempussemantik sollte mit der Semantik der Negation nicht interagieren.
 Die Negation einer Aktionsart verlangt, dass diese semantisch perfektiviert ist.
7.1. Tempus und Negation
7.1.1.
Das Partee-Problem
Unsere Tempussemantik ist eine definite, da pastj eine feste Zeit bezeichnet. Die
traditionalen Tempusbedeutungen sind indefinit, nämlich Existenzquantoren. Sie sind seit
einem in (Partee, 1973) beobachteten Skopusparadox in Misskredit geraten, mit dem wir uns
hier auseinander setzen. Es wird sich zeigen, dass indefinite Analysen keineswegs widerlegt
sind. Das Partee-Problem entsteht, wenn man das past tense mit (Prior, 1967) als
Existenquantor deutet:
(56)
Past nach Prior:
[[ PAST ]] = P  Dit.t.t’[t’ < t & P(t’)]
Dieser Operator ist mit unserem PERF-Operator identisch. Partee betrachtet den Satz
(57)
a. I didn’t turn off the stove.
b. PAST I turn off the stove
c. PAST  I turn off the stove
Mit der Konvention, dass bei Beginn der Rechnung Sätze immer an der Sprechzeit ausgewertet
werden, scheinen beide Formulierungen inadäquat zu sein. (57b) bedeutet, dass ich den Herd zu
keiner Zeit vor der Sprechzeit ausgeschaltet habe und (57a) bedeutet, dass ich den Herd zu
einer vergangenen Zeit nicht ausgeschaltet habe.
"The deictic use of the Past tense morpheme appears in a sentence like (3):
(3) I didn't turn off the stove.
When uttered, for instance, halfway down the turnpike, such a sentence clearly does not
mean either that there exists some time in the past at which I did not turn off the stove or
that there exists no time in the past at which I turned off the stove. The sentence clearly
refers to a particular time - not a particular instant, most likely, but a definite interval
whose identity is generally clear from the extralinguistic context." (Partee 1973, pp. 602 603)
Partee meint, dass sich Tempora und Pronomen analog verhalten. Beide sind skopuslos. Dies ist
die definite Tempusanalyse.
Partee hat keine Semantik für ihre Tempora implementiert. Tatsächlich gibt es ein
Problem, wie (Heim, 1997) bemerkt:
17
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
„The past tense morpheme is a time variable. It occupies the verb's time argument slot at
LF. If it remains free, it receives a value from the utterance context. Its possible values
are constrained to times preceding the speech time. (Analogy: free personal pronouns,
constrained by their gender, person, number features to referents with certain properties.)
(14)
(a)
(b)
I turned off the stove.
LF:
I [ [ turn-off PASTt ] the stove]
An utterance of (14b) is felicitous in a context c only if c supplies a variable assignment
gc such that gc(t) is an interval which precedes the time of c. If felicitous in c, the
utterance of (14b) in c is true if the speaker of c turns off the stove at gc(t), and false
otherwise.
Problem: The intervals at which someone turns off the stove (if any) are very short
intervals (perhaps moments). It is not intuitively correct that a felicitous utterance of
(14a) requires the speaker to have a particular such short interval in mind (and the hearer
be able to identify it). Partee, in fact, notes this explicitly.“
Heim & von Fintel fahren fort:
There are (at least) two possible solutions to this problem:
First solution: Change lexical entries for verbs (such as turn off), so that [[turnoff]](t)(y)(x) = 1 iff x turns y off in t. ("in t" as opposed to "at t".) This amounts, in effect,
to building existential quantification over times into the lexical meaning of the verb. ("in
t" means "at some time in t".)
Hier ist eine genaue Ausführung dessen, was H & vF meinen:
(58)
t
tt
not
t
e
I
et
e
the stove
e et
i e et
turn  off
(59)
i
past1
[[ turn-off]] = t.x.y.t’[t’  t & y stellt x zu t’ ab]
18
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
= t.x.y.[y stellt x in t ab]
past1 ist genau unser Präteritum. „zu t“ bedeutet also, dass die ganze Zeit in die Relation eingeht,
„in t“ bedeutet, dass ein Teilintervall von t in die Relation eingeht. Die LF bedeutet also „Es gibt
kein Teilintervall von g(past1) zu dem ich den Herd abstelle, wobei g die Belegung des Kontexts
ist“. Damit ist Partees Paraphrase korrekt rekonstruiert. Aus Typengründen kann es keine
Skopusinteraktion zwischen dem Tempus und der Negation geben.
Wieder Originalton H&vF:
Second solution: Return to the existential analysis of the tense. But to account for Partee's
observation, assume that the existential quantifier has an implicit contextually supplied
restriction. (This is familiar from the study of quantificational determiners. See
Westerståhl, von Fintel.) Here is one implementation (based on v. Fintel): Tense
morphemes take an additional argument, which is a free variable ranging over sets of
times. This free variable receives a value from the utterance context. Typically, it will
pick out the set of times that are part of a certain salient interval.
(15)
[[PAST]] = P. t. Q. t' < t [ P(t)' = 1 & Q(t') = 1 ]
(16)
LF:
Tense
t'
PAST
C
t
VP
I
the stove
turn-off t
If each temporal morpheme comes with its own contextual restriction, we can also give a
better description of the meanings of complex tenses.
(17)
John had left.
PASTC1(t) t'[ haveC2(t') t''[John leave(t'')] ]
Die freie Variable t, die das erste Argument von PAST darstellt, ist die Sprechzeit, falls es
sich um das simple past handelt. Wenn die Variable gebunden ist, haben wir ein Plusquamperfekt
vorliegen. Für unser System müssen wir die Argumente des Verbs umschreiben, weil das Objekt
und Subjekt vor Zeit und Welt ans Verb treten. In einem extensionalen System unserer Art würde
der Baum für (16) also wie folgt aussehen:
(60)
I turned off the stove.
19
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
t
T
it t
it
i
t*
i it t
it i it t
PAST
e
I
it
C
e it
e e it
turn  off
e
the stove
Man überzeuge sich, dass diese Lösung das Problem löst, wenn die Negation Skopus
über das Tempus hat. Allerdings ist die Lösung recht vage, da man genau sagen muss, wie
Variable C belegt werden muss, was nicht so trivial ist. Nicht jede Belegung tut es.
(Übungsaufgabe 9.2)
Unser obiges System läuft inhaltlich auf das erste System von H&vF heraus, aber die
Architektur ist etwas anders. Die extensionale Version des Satzes sieht bei uns ja so aus:
(61)
not past1 PF I turn off the stove
e[(e)  past1 & turn-of(the stove)(I)(e)]
Falls aus syntaktischen Gründen not unter dem Tempus ist, kann man eine Negation vom Typ
(it)(it) einführen.
7.1.2.
Negation und Temporaladverbien
Die Interaktion von Tempus, Negation und Temporaladverbien könnte Aufschluss
darüber geben, ob eine definite oder indefinite Tempussemantik vorzuziehen ist.
(62)
Ede rief gestern nicht an.
Die unmarkierte Bedeutung lautet: „Es gab gestern keinen Anruf von Ede“. Die Wortstellung
legt die folgende LF nahe:
(63)
past1 (gestern (PF (Ede anrufen)))
WB: [past1  Gc & e[(e)  past1 & E(e)]]
Gc ist der Tag vor der Sprechzeit t c, E ist das durch die VP ausgedrückte Ereignisprädikat. Wir
müssen die Negation an das (it) – Argument anpassen. Das ist trivial und kann als
Übungsaufgabe 9.3 gemacht werden. Cf. (Stechow, 1974) oder (Rooth and Partee, 1982).
Mit dieser WB ist verträglich, dass es irgendwann gestern keinen Anruf von Ede gab. Um diese
Lesart auszuschließen benötigen wir ein pragmatisches Prinzip welches besagt, dass die
Referenzzeit möglichst groß gewählt werden soll:
(64)
Pragmatik: Maximiere die Referenzzeit/Tempuszeit!
past1 kann maximal so groß wie der Rahmen G c sein. Ein pragmatisches Prinzip dieser Art ist
bereits in (Herweg, 1990: 269) und (Musan, 2002: 87) angesprochen. Herweg sieht es als eine
Gricesche Konversationsmaxime an.
Eine indefinite Tempustheorie muss diese Maximalisierung auch annehmen:
20
v.Stechow: WS 2004/5
(65)
Ausdruck 14.05.2016:
PASTC(t*)(gestern(PF(Ede anrufen)))
t[t < tc & C(t) & t  Gc & e[(e)  t & E(e)]]
Wir erhalten das Richtige, wenn wir g(C) als {t’ : t’ = G c} = {Gc} setzen. Hier steckt die
Maximalisierung.
Betrachte nun die folgenden Sätze mit dem repetitiven Adverb „wieder“:
(66)
a. Ede rief gestern wieder nicht an.
b. Ede rief gestern nicht wieder an.
(67)
[[ wieder ]] = Pit.t.t’[t’ < t & P(t’)]:P(t) cf. (Dowty, 1979)
(68)
ad (a):
past1 (gestern (wieder (nicht PF(Ede anruf))))
WB: past1  Gc & e[(e)  past1 & E(e)]
Präsupp.: t[t < past1 & e[(e)  t & E(e)]]
E steht für das Ereignisprädikat.
Man muss die Referenzzeit maximieren. Sonst wird die Aussage zu schwach. Wir wollen, dass
es gestern keinen Anruf gab und zu einer relevanten Zeit davor auch nicht.
(69)
ad (b):
past1 (gestern (nicht(wieder PF(Ede anruf))))
WB: past1  Gc & e[(e)  past1 & E(e)]
Präsupp.: t[t < past1 & e[(e)  t & E(e)]]
Die Wahrheitsbedingungen der beiden sind identisch, die Präsuppositionen aber verschieden.
Bei (b) braucht man die Referenzzeit nicht zu maximalisieren. Der präsupponierte Anruf kann
in Gestern liegen.
Die indefinite Tempustheorie erzielt dieselben Resultate, falls man C maximalisiert.
Übungsaufgabe.
(70)
a. PASTC t* gestern wieder nicht PF E
b. PASTC t* gestern nicht wieder PF E
Diese Skopusverhältnisse zwischen der Negation und wieder findet man auch in slawischen
Sprachen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
(71)
(72)
Russisch:
a. Vchera
gestern
b. Vchera
gestern
Ivan
Ivan
Ivan
Ivan
snova
wieder
bol’she
mehr-NPI
ne
NEG
ne
NEG
Bulgarisch:
21
pozvonil.
anrufen-past-pf
pozvonil.
anrufen-past-pf
v.Stechow: WS 2004/5
a. Vchera
gestern
b. Vchera
gestern
Ausdruck 14.05.2016:
Ivan
Ivan
Ivan
Ivan
otnovo
wieder
poveche
mehr-NPI
ne
NEG
ne
NEG
se obadi.
anrufen-refl-past-pf
se obadi
anrufen-refl-past-pf
Könnten Sätze wie die genannten nicht eine LF haben in der die Negation bewegt wird, d.h.
könnten wir z.B. (62) nicht in eine LF übersetzen, in der die Negation weiten Skopus über das
Tempus hat?
(73)
Alternative LF für (62)?
past1 (gestern (PF (Ede anrufen)))
Nein. Adverbiale werden in situ interpretiert. Von der Oberfläche ist klar, dass die Negation im
Skopus von gestern liegt.
In–Situ–Interpretation von Adverbialen:
Adverbiale werden in LF in situ interpretiert. Das liegt an ihrem logischen Typ (aa). Was
würde passieren, wenn man sie auf LF bewegen würde?
(a) Wir müssten dann die Spur interpretieren als eine Variable vom Typ aa, welche
durch einen -Operator gebunden ist. Wegen -Konversion ist dann die LF äquivalent mit der
ursprünglichen. Beispiel:
(74)
Oberfläche: gestern nicht(it)(it) PF E
LF: nicht(it)(it) x. gestern x(it)(it) PF E
Die durch Bewegung geschaffene LF bedeutet genau dasselbe wie die Ausgangsformel!
(b) Wir könnten die Spur uninterpretiert lassen, d.h. auf LF einfach ignorieren. Damit
wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet. Wir könnten der Syntax überhaupt nicht mehr ablesen,
wie der Skopus von Adverbialen ist.
Adverbiale vom Typ (aa) dürfen also nicht bewegt werden.
Die Analysen setzen voraus, dass die Negation ein Adverb ist, welches an verschiedenen
Stellen stehen kann. Was ist mit Sprachen, in denen die Negation einen festen Platz hat, z.B.
direkt unter TP oder direkt darüber? Englisch und Griechisch gehören dazu.
(75)
John didn’t call again yesterday.
Die unmarkierte Lesart ist die von (66b). Seit (Pollock, 1989) gehen die Syntaktiker davon aus,
das die Negation in einigen Sprachen in einer funktionalen Kategorie NegP angesiedelt ist, d ie
entweder über TP steht oder direkt darunter. (Zanuttini, 1991) argumentiert, dass NegP im
Engl. über TP steht. Nehmen wir das einmal an. Adverbien können rechts oder links adjungiert
werden. In LF adjungieren wir sie der Übersicht halber links. Für das Engl. haben wir nach
Rekonstruktion von Kopfbewegung und NP-Bewegung deshalb die folgenden LF:
(76)
[NegP  [TP past1/PASTC(t*) [yesterday[again[AspP PF [John call]]]]]]
Können wir daraus die gewünschte Interpretation herleiten? Übungsaufgabe 9.3. Im
Französischen soll NegP unter TP sein. Damit lägen die folgenden Verhältnisse vor:
22
v.Stechow: WS 2004/5
(77)
Ausdruck 14.05.2016:
Jean n’a pas téléfonné de nouveau hier.
[TP t* [NegP pas [PerfP a [hier [de nouveau [AspP PF [Jean téléfonné]]]]]]]
Kommt hier das Richtige raus? Das Supinum „téléfonné“ wird als infinites Verb gedeutet. Das
Perfekt wird durch „avoir“ ausgedrückt und muss adäquat beschränkt werden.
7.2. Die Negation von Aktionsarten
Ein gängiger Topos der Tempus-Aspekt-Literatur ist der stativierende Effekt der Negation. Das
ist richtig für telische Aktionsarten. Es ist falsch für nicht-telische Aktionsarten. Wenn wir
Stative negieren, geht die Homogenität verloren. Der Punkt, der im Folgenden gemacht wird, ist
dieser:
Wenn eine Aktionsart negiert wird, muss sich unter der Negation immer ein semantisches
Perfektiv PF befinden, gleichgültig, ob die Morphologie imperfektiv ist oder perfektiv.
Dies ist einigermaßen verblüffend und nach meiner Kenntnis auch nicht im allgemeinen
Bewusstsein der Forscher.
7.2.1.
Negation von States
Wir überlegen uns in diesem Abschnitt, dass wir die Intervall-Semantik aus inhaltlichen Gründen
brauchen, dass aber Paradoxe mit der Negation entstehen, wenn wir nicht aufpassen. Diese
werden dadurch gelöst, dass unter die Negation immer noch ein Existenzquantor gehört.
Betrachte zunächst States/Zustände.
(78)
Ede krank sein (= )
Betrachte nun zwei unmittelbar aneinander grenzende Intervalle t 1, t2, so daß  zu t1 gilt und
 zu t2 gilt:
(79)


|–––––|––––––|
t1
t2
Was ist mit dem Punkt t 1  t2, den t1 und t2 gemeinsam haben? Da  ein State ist und somit
homogen ist, ist (t1  t2) = 1. Intuitiv ist die Negation von  auch ein State. Also sollte auch
(t1  t2) = 1 sein, also (t1  t2) = 0. Das ist ein Widerspruch.
Die Relation des zeitlichen aneinander Angrenzens heißt „abuts“. Wir können dieses
Problem das Abutting-Problem für States nennen.
Betrachte nun ein Intervall, welches die beiden Intervall t1 und t2 überlappt, also z.B. t1 
t2. Gilt (t1  t2)? Das kann nicht sein, denn wegen der Homogenität von  würde (t2) gelten.
Wir wissen aber, dass (t2) gilt. Gilt (t1  t2)? Falls  homogen ist, gilt (t1), wir wissen
aber, dass (t1) gilt. Dies ist nur eine Variante des Abutting-Problems für States.
Die Folgerung aus dieser Überlegung ist klar: Die semantische Negation eines States kann
nicht homogen sein:
(80)
Die semantische Negation eines State ist kein State.
Tatsächlich verschwindet das Paradox, wenn man sich die metasprachliche Formulierung der
23
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Wahrheitsbedingung der obigen Aktionsart klar macht:
(81)
a. [[ Ede schlafen]](t1) gdw. t  t1: Ede schläft zu t.
b. [[ Ede schlafen]](t2) gdw. t  t2: Ede schläft zu t.
Für das Intervall t1  t2 gilt dann, dass Ede schläft. Trotzdem kann dieses Intervall auch zu
[[ Ede schlafen]] gehören.
Das Problem mit dieser Lösung besteht darin, dass unser intuitives Verständnis von
negierten States verlangt, dass sie homogen sind, also die Teilintervall-Eigenschaft haben. Um
dies zu erreichen, müssen wir den State perfektivieren:
(82)
past1PF(Ede schlafen)
= t’[t’  past1 & Ede schläft zu t’]
Dies Eigenschaft PF(Ede schlafen) ist homogen. Man betrachte z.B. das obige Intervall t2. Wie
gewünscht ist PF(Ede schlafen) an t2 wahr, denn es gibt kein Teilintervall von t2 an dem Ede
schläft. Andererseits ist diese Eigenschaft an t1  t2 nicht wahr, denn es gibt ein Teilintervall
davon, an dem Ede schläft. Hingegen ist die Eigenschaft (Ede schlafen) an t1  t2 wahr.
Man beachte, dass wir den State tatsächlich perfektivieren müssen, denn die folgende
Formalisierung ist nicht adäquat:
(83)
past1IP(Ede schlafen)
= t’[past1  t’ & Ede schläft zu t’]
Jetzt ist die Eigenschaft IP(Ede schlafen) z.B. an t1  t2 wahr, an t1 dagegen falsch. Die
Eigenschaft ist also nicht homogen und deswegen keine gute Formalisierung der Negation
eines State. Insgesamt haben wir also hergeleitet:
(84)
States unter Negation sind semantisch perfektiviert.
Dieses Resultat zeigt, dass die so genannte semantische Perfektivierung nicht direkt an den
morphologischen Perfektiv gekettet sein kann. Im Russischen wird ein negiertes imperfektives
Verb morphologisch im Imperfektiv belassen, obwohl die Negation Perfektiv ist.
(85)
Ede ne spal. (Russ.)
Ede nicht schlafi-past.
Die LF involviert PF unter Negation, ist also mit (82) identisch. In den slavischen Sprachen gibt
es keine 1-1-Korrespondenz zwischen morphologischem und semantischem Aspekt.
Nach meiner Meinung ist Folgendes nicht falsch: Wenn ein morphologischer Perfektiv
vorliegt, haben wir in aller Regel in der Semantik einen PF-Operator. Wenn dagegen ein
morphologischer Imperfektiv vorliegt, ist auf der semantischen Seite Vieles möglich. Die Wahl
des IP ist nur eine Option unter mehreren. Es gibt viele morphologische Imperfektive, die
semantisch PF sind. Diese Auffassung wird (wohl) vertreten von den folgenden Autoren:
(Forsyth, 1970), (Schoorlemmer, 1995), (Paslawska and Stechow, 2003), (Grønn, 2003),
7.2.2.
Die Negation von Activities
Da Activities summativ sind, verlangt ihre Negation die Einbettung eine PF-Operators,
gleichgültig, ob die Morphologie imperfektiv ist oder nicht. Die Argumentation läuft wie bei
24
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Stativen.
(86)
Vchera Alla ne rabotalai.
Gestern Alla nicht arbeitetei
Die LF muss also diese sein:
(87)
past1 gestern PF Alla arbeiten
„rabotat’“ ist ein imperfektives Verb, das keine synonyme perfektive Variante hat. Das
perfektive Verb „porabotat’“ bedeutet „eine Weile arbeiten“. Es handelt sich um die so
genannte delimitative Aktionsart. Wir haben hier also wieder einen Fall von morphologischem
Imperfektiv vorliegen, der semantisch ein Perfektiv ist.
7.2.3.
Die Negation von Achievements
In diesem Abschnitt betrachten wir Dowtys BECOME-Operator. Dowty kann ihn nur für
diskrete Zeitstrukturen definieren. Wir führen eine neue Variante ein, welche ihn für
kontinuierliche Zeiten definiert. Der neue Operator hat zudem den Vorteil, dass Achievements
wirklich Mengen von Zeitpunkten bezeichnen, nicht Mengen von genau zwei Zeiten, wie bei
Dowty. Um negiert werden zu können, müssen Achievement perfektiviert werden.
Achievements sind punktuelle Ereignisse, die von Dowty so charakterisiert werden, dass
ab diesem Punkt ein State  besteht, davor aber . Es stehe  für ‚Ede auf dem Gipfel sein’.
Die übliche Darstellung für „Ede den Gipfel erreichen“ ist die folgende:
(88)
Ede erreichte den Gipfel.
|
Der Strich steht hier gerade für den Punkt bis zu dem  gilt und ab dem  gilt.
Wir interessieren uns hier für zwei Fragen: (a) wie werden Achievements analysiert; (b) wie
werden sie negiert. Wir werden sehen, dass in beiden Fällen der PF-Operator in die Semantik
eingehen muss. Dowty formalisiert Achievements mittels des BECOME-Operators :
(89)
Achievements:
BECOME 
Dabei muss  ein State sein. Dowty’s Semantik für BECOME sieht folgendermaßen aus:
(90)
[[ BECOME ]] (t) = 1 gdw. t ist das kleinste Intervall so dass (beg(t)) = 0 & (end(t)) =
1. Vgl. (Dowty, 1979)
Dabei ist beg(t) das Intervall, das nur den Anfangspunkt von t enthält, end(t) das Intervall, das
nur den Endpunkt von t enthält. beg(t) muss zeitlich vor end(t) liegen. Dowty überlegt sich,
dass diese Bedingung nur von einem Intervall erfüllt werden kann, das genau zwei Punkte
m1,m2 enthält, wobei m2 zeitlich direkt auf m1 folgt. Dies sind gerade die beiden Punkte, in den
 und  sich berühren. Das Problem ist, dass es solche Punkte nur in einer diskreten Zeit gibt.
Wenn Zeitpunkte isomorph zu den rationalen oder reellen Zahlen sind, gibt es so etwas nicht.
Zu einer rationalen oder reellen Zahl gibt es nicht die nächst größere. Die natürliche Sprache
würde uns also zu einer harten ontologischen Annahme über die Zeit zwingen. Dowty
akzeptiert diese Konsequenz.
25
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Dowtys Überlegungen gehen davon aus, dass sich den Übergang von  zu  mittels der
semantischen Negation zu formulieren ist. Überlegungen zur Homogenität von negierten
Achievements haben uns aber dazu geführt, dass  alleine nicht zur Formalisierung der
natürlichsprachlichen
Negation genügt. Wir formulieren den Vorzustand mittels der
Kombination PF und kommen zu der folgenden Revision von BECOME, die Achievements
tatsächlich als punktförmige Ereignisse beschreibt:
(91)
BECOME revidiert
[[ BECOME ]] = Pit.State(P): t. t ist das kleinste Intervall, welches die folgende
Bedingung erfüllt: P(t) & t’[t’ >< t & [[ PF]] (P)(t’ – t)].
Dabei ist >< die „Abutting“-Relation, die wie folgt definiert ist: t >< t’ gdw. t und t’ haben
einen Punkt m* gemeinsam und für jedes m  t, m’  t’ gilt: wenn m ≠ m* ≠ m’, dann m < m’.
Der Beispielsatz (88) lässt sich in Dowty’s System nun wie folgt analysieren:
(92)
past1 PF BECOME AUF(den Gipfel)(Ede)
Dabei ist die eingebettete Aktionsart eigentlich kein Ereignis, sondern eine Menge von
Zeitpunkten. Aus diesem Grund muss es auch perfektiviert werden, bevor man es verzeiten
kann.
(93)
[[ AUF]] = x.y.t.x ist auf y zu t.
Man rechnet nach, dass BECOME AUF(den Gipfel)(Ede) auf ein Intervall t zutrifft, wenn t
genau einen Punkt m enthält, so das Ede zu m auf dem Gipfel ist und m der Endpunkt eines
Intervalls t’ ist, so dass es kein Teilintervall von t’ gibt, zu dem Ede auf dem Gipfel ist.
Die Negation eines perfektivierten Achievements ist offensichtlich ein State:
(94)
Ede erreichte den Gipfel nicht.
past1 PF BECOME AUF(den Gipfel)(Ede)
Entsprechend kann der Satz
(95)
Gestern erreichte Ede den Gipfel nicht.
bedeuten, dass Ede gestern den Gipfel zu keinem Zeitpunkt erreichte.
In den slavischen Sprachen wird bei negierten Achievements sowohl Imperfektiv als auch
Perfektiv benutzt.
(96)
a. Vchera Ede ne dostigali vershiny. (Russ.)
Gestern Ede nicht erreichtei Gipfel-Gen
b. Vchera Ede ne dostigp vershiny. (Russ.)
(97)
a. Vchera Alla ne pozvonilap.
Gestern Alla nicht anriefp.
b. Vchera Alla ne zvonilai.
Ich denke, die nahe liegende Formalisierung verlangt den PF-Operator auch bei der
imperfektiven Variante. Der Imperfektiv hat noch viele andere Verwendungen, z.B. markiert er
auch die konative Aktionsart (vgl. (Forsyth, 1970)). Demnach könnte (96a) bedeuten, dass Ede
gestern zu keiner Zeit versuchte, den Gipfel zu ereichen. Die Formalisierung dieser Lesart wird
26
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
wieder den PF-Operator involvieren.
Wie die LF mit Dekomposition aussehen kann, ist völlig unklar. In meinen eigenen Arbeiten
(z.B. (Rapp and Stechow, 1999)) sieht der Baum für (88) etwa so aus:
(98)
t
AspP
it
past1
it it
PF
VP
it
V
it it
BECOME
XP
it
e
Ede
X'
X
e e it
AUF
* BEC
erreich 
e
den Gipfel
Das Verb „erreichen“ muss dekomponiert werden in die stative Präposition AUF und den
Operator BECOME, der vom Verb selegiert werden muss, was durch das Merkmal *BEC
ausgedrückt ist. Die Dekomponierer lassen meist offen, von welcher Kategorie die unterste
Projektion ist. Sie wird bei (Halle and Marantz, 1993) „Root“ (Wurzel) genannt. Man könne sie
V nennen, was insofern merkwürdig wäre, als intuitiv hier eine PP eingebettet ist. Die Wurzel
regiert auch den Akkusativ des Komplements. Alles dieses ist völlig umstritten. Die
Dekomponierer machen sich mit wenigen Ausnahmen nicht ernsthaft Gedanken über die
kompositionale Semantik, aber etwas von dieser Art muss es sein.
Es ist klar, dass man die Dekomposition für diese Beispiele nicht braucht. Man kann die
Semantik von „erreichen“ direkt analysieren und dasselbe Resultat erreichen.
Hinweis: In diesen Abschnitten haben wir stillschweigend angenommen, dass wir auch
temporale Prädikate perfektivieren können. Dies wird in der Literatur ohnehin immer getan.
7.2.4.
Negation von Accomplishments
Sie funktioniert natürlich genau so, wie die eines Achievements. Ein typisches Accomplishment
ist die VP „von der Post zum Bahnhof gehen“, die in (Dowty, 1979: 000) lange diskutiert wird.
Sie muss die LF (99b) haben.
(99)
a. Alla ging gestern nicht von der Post zum Bahnhof.
b. past1  PF E
Generationen von Lernern des Russischen haben sich gewundert, dass sich russische
Bewegungsverben so völlig quer zu den üblichen Lehren zum Aspekt verhalten. Egal ob
negiert oder nicht, der Satz mittels eines imperfektiven Verb ausgedrückt:
(100) Vchera Alla (ne) xodilai s pochty na vokzal.
27
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Alla nicht gingi von Post auf Bahnhof
Das Verb ist im Imperfektiv. Der negierte Satz muss ein PF unter der Negation haben, der
positive Satz hat auf jeden Fall eine PF-Lesart. Mittels eines perfektiven Verbs kann man
diesen Sachverhalt nicht einfach ausdrücken, weil es keins gibt. Den Satz soll man in einer
Übungsaufgabe mal formalisieren.
8.
TEMPORALE PPS MIT QUANTOREN
In diesem Abschnitt analysieren wir relationale temporale Präpositionen und Konjunktionen wie
während/als, nach/nachdem und vor/bevor. Das Gebiet ist ausgesprochen schwierig, und erst in
jüngster Zeit hat man nach meiner Kenntnis wirklich Fortschritte in einer kompositionalen
Semantik gemacht. Wenn wir die Syntax und Semantik dieser Präpositionen in den Griff kriegen,
haben wir etwas ganz Wesentliches über die Organisation der T/A-Struktur des Satzes gelernt.
8.1. Ein Skopusparadox
Die Diskussion der folgenden Abschnitte basiert auf (Stechow, 2002).
(Ogihara, 1994) diskutiert das folgende Skopusparadox.
(101) a. John called every Monday.
b. I[PAST(I) & x[MONDAY(x)  ON(I, x) & CALL-AT(JOHN, I)]]
c. x[MONDAY(x)  I[PAST(I) & ON(I, x) & CALL-AT(JOHN, I)]]
Ogihara benutzt I zur Dastellung von Intervallen. PAST ist wie bei (Dowty, 1979) gedeutet: das
Tempus trifft auf eine Zeit zu, wenn sie vor der Sprechzeit liegt.
(102) PAST bei Dowty und Ogihara
[[ PASTit]] c = t.t < tc.
Die existenzielle Abbindung des Zeitarguments von PAST muss durch eine logische Operation
geschehen.
(101b) impliziert, dass eine bestimmte vergangene Zeit in jedem Montag liegt. (101c)
impliziert, dass jeder Montag in der Vergangenheit liegt. Die erste Analyse ist sicher falsch.
Zur zweiten schreiben (Heim, 1997: 14):
If the every-phrase happens to be contextually restricted to Mondays in the past, the structure (101c) [= Heim’s
(32)] is adequate. But why does it have to be so restricted? The past tense is somehow responsible for this, but our
analysis does not explain how.
Nach (Pratt and Francez, 2001) läuft Ogiharas Lösung des Problems auf folgende WB hinaus:
(103) I[PAST(I) & x[MONDAY(x)  ON(I, (x)) & CALL-AT(JOHN ,I)]]
Dabei ist (x) die Laufzeit von x, hier des Montags, der als Ereignis gedacht wird. Diese WB
ist identisch mit der von (101b), also falsch.
Heim meint, dass die Restriktion aus einer korrekten Theorie der Präsupposition folgen
muss. Wahrscheinlich ist das richtig. Als Analogie kann der folgende Satz gelten:
(104) a. Every employee called her boss.
28
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
b. Jede Angestellte rief ihren Chef an.
c. x[x ist eine Angestellte & x ist weiblich  x{weiblich(x)}rief x{weiblich(x)}’s Chef
an]
(Die Notation für Präsuppositionen von Variablen ist aus (Schlenker, 2003) übernommen.) Die
gebundene Variable „her“ präsupponiert, dass über weibliche Referenten quantifiziert wird.
Hier wird also die Präsupposition „x ist weiblich“ in die Restriktion des Allquantors „jeder
Angestellter (im sexusspezifischen Sinn)“ projiziert: der Quantor ist nur für weibliche
Angestellte definiert. Nach derselben Idee müsste man aus der LF (101c) die folgende LF
schneidern:
(105) x[MONDAY(x) & PAST(x)  I[PAST(I) & ON(I, x) & CALL-AT(JOHN, I)]]
Hier wäre das Tempus also im Skopus des Temporaladverbs. Da ich nicht genau weiß, wie dies
allgemein funktioniert und wie das zum Bisherigen passt, gehe ich einen Weg, der durch (Pratt
and Francez, 2001) inspiriert ist, aber davon stark abweicht. Der Aufsatz von Pratt & Francez
hat keine Tempora und schlägt eine sehr komplizierte hochgestufte Semantik für Präpositionen
vor, die das Papier sehr schwer zugänglich macht. Der Ansatz ist zudem nicht allgemein genug.
Wenn man Dowtys und Ogiharas Tempustheorie her nimmt, läuft P & Fs Vorschlag auf
Folgendes raus7:
(106) I[PAST(I) & x[MONDAY(x) & (x)  I  I’[CALL-AT(JOHN, I’) & ON(I’,
(x))]]]
Interessanterweise schränkt PAST die Zeitvariable von „Montag“ ein, nicht die eines Verbs.
Dies ist übrigens nicht genau die Lösung von Pratt & Francez, sondern meine Adaption. P&F
stufen alles hoch und benutzen eine undurchsichtige Semantik für Präpositionen, wie auch in
Beavers SuB-Vortrag kritisiert wurde. Meine Lösung hat das Ziel, möglichst einfach und
nachvollziehbar sein, in Beavers Worten, „langweilig“.
Bei der Präzisierung dieser Lösung müssen wir darauf achten, dass wir tPPs mit
Quantoren iterieren.
( 107) a. Maria rief in keinem Monat an jedem Montag an.
b. Maria hat bisher in keinem Monat an jedem Montag angerufen.
Man muss aufpassen, dass man hier keinen Fehler macht. Dieses sind Rahmenadverbien, und
sie sollten deshalb durchschnittsbildend analysiert werden. Die Analyse von an/in muss diese
sein:
(108) an/in haben den Typ (i(it)).
7
One of the problems of the representation is that we have to make sure that the PAST-interval I
must be sufficiently big. We can achieve this by a contextual restriction of the temporal quantifier
by a free property variable C whose value is supplied by the context. So the proper representation
of the semantic tense would be I[C(I) & PAST(I) &....] For a treatment along these lines, see
Musan, Renate. 1997. On the Temporal Interpretation of Noun Phrases: Outstanding
Dissertations
in
Linguistics.
New
York
&
London:
Garland,
Musan, Renate. 2000. The Semantics of Perfect Constructions and Temporal Adverbials in
German, Humboldt Universität: Habilitationsschrift.
29
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
an’(in’) = t.t’.t’ = t (bzw. t’  t)
„Maria rief an jedem Montag an“ wird zunächst folgendermaßen analysiert:
t
(109)
jedem Montag C
it
t
t

it
PASTC'
it
it
an t
it
Maria anrief
Wir akzeptieren hier Heim & von Fintels Annahme, dass Quantoren an Objektposition ovn tPPs
weiten Skopus bezüglich des Tempus haben. Wir nehmen an, das die Kontextvariable C
Montag auf vergangene Zeiten einschränkt. Die LF bedeutet dann:
(110) t[t < tc & Montag(t)  t’[t’ < tc & t’ an t & e[(e)  t’ & anrufen(e)(Maria)]]]
Die Ableitung von ( 107a) sollte dann sein:
(111)  PAST in keinem Jahr an jedem Montag Maria anrief
(falsch)
keinem Jahr 2 jedem Montag 1  PAST in t2 an t1 Maria anrief
t2[t2 < tc & J(t2) & [t1[t1 < tc & M(t1) 
t3[t3 < tc & t3 in t2 & t3 an t1 & e[(e)  t’ & A(e)(m)]]]]]
(falsch)
Dies besagt, dass Maria in keinem vergangenen Jahr und an keinem vergangenen Montag
anrief. Das ist nicht gemeint. Wir wollen, dass es kein vergangenes Jahr gibt, so dass Maria an
jedem Montag in diesem anrief.
Um die gewünschte Lesart zu erhalten, nimmt °Stechow, 2002 #25575% eine inverse
Linking Konstruktion an:
( 112) DS:  PAST an jedem [Montag in keinem Jahr] Maria anrief
SS: [in keinem Jahr]2  PAST an jedem [Montag in keinem Jahr2] Maria anrief
keinem Jahr 2 jedem [Montag in t2] 1  PAST an t1 Maria anrief
t2[t2 < tc & J(t2) & [t1[t1 < tc & M(t1) 
t3[t’ < tc & t’ in t2 & t’ an t1 & e[(e)  t’ & A(e)(M)]]]]]
In der D-Struktur ist die PP „in keinem Jahr“ ein Attribut von „Montag“. Auf der S-Struktur
wird die PP „in keinem Jahr“ gescrambelt. Die LF tilgt die piedgepipte Präposition „in“ und
interpretiert sie in der Spur. Der bewegte Quantor „keinem Jahr“ wird oben interpretiert. Hier
wird mit Chomskys °, 1995 #1100% „copy-and-deletion“-Theorie gearbeitet.
Die so erhaltene Lesart ist genau die Gewünschte. Die Syntax ist freilich abenteuerlich,
aber ich kenne keine andere Methode, die Lesart zu erzeugen. Die erzeugt LF enthält noch nicht
die Kontextvariablen C.
30
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
8.2. Relationale temporale Präpositionen und Konjunktionen:
Grundbedeutung
Relationale temporale Präpositionen/Konjunktionen drücken die zeitlichen Verhältnisse aus, die
auch die Tempora ausdrücken. Beispiele sind während/bei/als, vor/bevor, nach/nachdem.
(113) Gleichzeitigkeit/Überlappung:
a. Das Unglück geschah um 5/während des Essens/an einem Sonntag.
b. Caroline arbeitete als/während Ede schlief.
(114) Vorzeitigkeit
a. Das Unglück geschah vor dem Essen
b. Ede bekreuzigte sich, bevor er sprang.
(115) Nachzeitigkeit
a. Das Unglück geschah nach dem Essen.
b. Ede schlief, nachdem er gegessen hatte.
Es gibt eine große Literatur zur Bedeutung von temporalen Präpositionen ,die mit dem
Standardwerk von (Heinämäki, 1974) anhebt. Die vorgeschlagenen Bedeutungen sind in der
Regel sehr kompliziert, weil die Syntax kompliziert ist. In den (a)-Sätzen verbinden die
Präpositionen eher Ereignisse. Trotzdem wird über die Laufzeiten der Ereignisse geredet. In
den (b)-Sätzen werden die Ereignisse durch Haupt- und Nebensatz beschrieben, und es geht
auch wieder um das zeitliche Verhältnis der Ereignisse. Die zeitlichen Verhältnisse in (114)
lassen sich wie folgt schematisieren:
(116) Vorzeitigkeit
---------------E1-------------E2-------------s*---------->
E1: das Unglück/Ede sich bekreuzigen
E2: das Essen/Ede springen
Analog lassen sich Gleichzeitigkeit und Nachzeitigkeit schematisieren. Der Bedeutungskern
von temporalen Präpositionen muss also identisch sein. Syntaktisch gibt es Unterschiede: vor
verlangt eine Ereignis-DP als Komplement, bevor dagegen eine temporale CP als
Komplement.
Die Grundbedeutungen der temporalen Präpositionen sind wohl diese:
(117) „Transitiver“ Typ (i(it)
a. [[ um/während/an ]] = t.t’. t’ GZ t
b. [[ vor/bevor ]] = t.t’. t’ < t
c. [[ nach/nachdem ]] = t.t’. t’ > t
Die Relation GZ ist im Vagen belassen. Es kommen dafür =,  um O („Überlappung“) in
Frage. Der Kontext muss hier desambiguieren. Die temporalen Relationen werden aus der
Perspektive des Subjekterms bzw. des Ereignisses gesehen, welches der Hauptsatz beschreibt.
Diese Regeln nehmen den Typ i(it) für die Präpositionen/Konjunktionen an. Der adverbiale
Typ macht aus dem Argument einen temporalen Modifikator.
(118) „Adverbialer“ Typ
i(((ip)(ip))
31
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
a. [[ um/während/an ]] = t.Pip.t’.t’ GZ t & P(t’)
b. [[ vor/bevor ]] = t.Pip.t’.t’ < t & P(t’)
c. [[ nach/nachdem ]] = t.Pip.t’.t’ > t & P(t’)
Mit diesen Regeln können wir tPP-en analysieren, deren Objekte reine Zeitangaben sind:
(119) a. Alla schlief um 5.
b. Ede rief vor 5 an.
c. Fritz kommt nach 5.
So hat (b) etwa die folgende LF:
(120) past1 vor 5 PF E
= past1 < 5 Uhr & e[(e)  past1 & E(e)]
Die Analyse der (a)-Sätze schieben wir hinaus und betrachten die etwas transparenteren
Varianten:
(121) a. Arnulf schlief während des Vortrags.
b. Olga betete vor dem Essen.
c. Ede schlief nach dem Essen.
Wir nehmen an, dass der Vortrag und das Essen durch den Kontext festgelegte unikale
Ereignisse sind. Sie haben den Typ v. Da temporale Präpositionen den Typ i als Objekt
verlangen, muss er an i angepasst werden. Für den Augenblick nehmen wir an, dass die
Funktion  das tut:
(122) Temporale Lokalisierung von Ereignissen (vorläufig)
Wenn  ein Ausdruck vom Typ v ist, ist () ein Ausdruck vom Typ i.
[[ () ]] = ([[ ]] )
 ist die Funktion, die ein Ereignis auf seine Laufzeit abbildet. Wir kennen sie schon. Es gi bt
auch eine intensionale Variante dazu, die wir oben benutzt haben. Die drei temporalen
Varianten von Satz (121) haben demnach die folgenden LFs:
(123) a. past1 während (des Vortrags) IP Arnulf schlafen
= past1 GZ (der Vortrag) & e[past1  e & schafen(Arnulf,e)]
b. past1 vor (dem Essen) PF Olga beten
= past1 < (dem Essen) & e[e  past1 & beten(Olga,e)]
c. past1 nach (dem Essen) PF Ede schlafen
= past1 > (dem Essen) & e[e  past1 & schlafen(Ede,e)]
8.3. Quantoren als Objekte relationaler Präpositionen
Präpositionen sind vom Typ her nicht viel anders als transitive Verben. Sie nehmen Individuen
als Objekte. Deswegen müssen Quantoren QR-t werden. Für temporale PPs können wir nicht
das übliche QR verwenden, weil der Output einer PP-Modifikation nicht den Typ t oder p hat,
sondern den Typ it oder ip. Wir müssen also QR anpassen. Wir betrachten den Satz
(124) Olga betete vor jedem Essen.
32
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Die tPP „vor jedem Essen“ muss den Typ (it)(it) oder (ip)(ip) haben. Deswegen muss dieses
Adverbial die AspP modifizieren, also oberhalb des semantischen Aspekts angesiedelt sein. Die
AspP hat offensichtlich die folgende Struktur:
(125) Olga vor jedem Essen beten
te Essen e &  e  t  t' t' <  e & e'  e'  t' & beten Olga,e'
it
DP
v it it
jedem Essen
et t <  e & e'  e'  t & beten Olga,e'
v it
e
it
AspP
it
PP
it it
i
 DP
v
e
P
i it it
vor
vt it
PF
VP
vt
Olga beten
Wenn die Information des Spitzenknotens auf past1 angewandt wird, kommt offensichtlich das
Richtige raus. Der Baum ist ohne große Tricks erzeugt. Wir haben lediglich den Typ des
Ereignisses v an den verlangten Typ i mittels der Projektionsfunktion  angepasst. Dann haben
wir das Objekt jedem Essen an die AspP QR-t und dabei eine Relation vom Typ v(it) erzeugt.
Es ist nun offensichtlich, dass QR für jeden Typ der Form (a(bt))(bt) verallgemeinert
werden kann. Traditionale generalisierte Quantoren haben den Typ (et)t, d.h. a = e und b ist leer.
Quantoren in einem System im Sinne von (Cresswell, 1973), die wir laufend benutzen, haben den
Typ (ep)p, d.h. (e(st))(st). Es ist also völlig klar, dass es auch Quantoren vom Typ (v(it))(it) gibt.
Das Wichtige ist lediglich, dass der Resultatstyp auf t endet.
Dem Baum sieht man sofort an, welche Bedeutung der Quantor jedem Essen haben muss.
(126) jedem Essen hat den Typ (v(it))(it).
[[ jedem Essen ]] = Rv(it).t.e[Essen(e) & (e)  t  t’.R(e)(t’)]
Wie praktisch alle Typenanhebungsregeln in der Literatur ist dieses nicht eine reine
Hochprojizierung eines Quantors auf eine höhere Stufe, sondern es handelt sich hier um die
zeitliche Lokalisierung der Ereignisse, über die quantifiziert wird, an die lokale Evaluationszeit
der temporalen Eigenschaft, in die hineinquantifiziert wird. M.E. ist es eine sehr natürliche
Bedingung, dass die Ereignisse, über die quantifiziert wird, in der Zeit liegen, über die geredet
wird. Die existenzielle Abquantifizierung der Temporalvariablen im Nukleus des Quantors
scheint ad hoc, ist aber inhaltlich motiviert. Man kann sich überlegen, dass sonst nicht das
Richtige heraus kommt. In (Stechow, 2002) wird ein etwas abstrakterer Ansatz vorgeschlagen.
Das Subjektargument der tPP wird in der Syntax als freie Variable projiziert, die entweder
existenziell abgebunden wird oder durch -Abstraktion gebunden ist. Die existenzielle
33
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Abquantifizierung des tPP-Subjekts scheint also auf jeden Fall nötig zu sein.
Wir können nun die Bedeutung von jedem heraus faktorisieren:
(127) [[ jedem]] = Pvt.Rv(it).t.e[P(e) & (e)  t  t’.R(e)(t’)
Wie man sich überzeugt, leistet dies das Gewünschte:
[[ jedem Essen e vor e PF Olga beten]] =
= [[ jedem Essen]] ([[ e vor e PF Olga beten ]] )
= Rv(it).t.e[Essen(e) & (e)  t 
t’.R(e)(t’)](e.t.[t < (e) & e’[(e’)  t & E(e’)]])
= t.e[Essen(e) & (e)  t  t’.e.t.[t < (e) & e’[(e’)  t & E(e’)]](e)(t’)]
= t.e[Essen(e) & (e)  t  t’[t’ < (e) & e’[(e’)  t’ & E(e’)]]]
Dieses Abstrakt muss noch auf past 1 angewandt werden.
In dieser Formalisierung ist der PF-Quantor unspezifisch oder distributiv. Im Allgemeinen gibt
es für jedes Essen ein anderes Beten. Wenn es z.B. zwei Essen e1 und e2 gibt, so sind die Beten
b1 und b2 jeweils davor. Das lässt sich wie folgt darstellen:
( 128) Ereignisdistribution
------b1---e1----b2 ----e2------s*--------->
Dies ist die unmarkierte Lesung. Nach (Pratt and Francez, 2001) gibt es auch eine Lesart, die
man spezifisch nennen kann: Es geht um ein Gebet, das vor jedem Essen stattfindet. Wenn das
Gebet durch b dargestellt wird und die beiden Ereignisse wie eben, dann lässt sich das
Gemeinte wie folgt symbolisieren:
(129) Spezifisches Ereignis
------b----e1----e2--------------s*------------>
Für mich ist diese Lesart nur schwer zu kriegen. Aber wenn man sie haben will, muss der
Aspekt weiten Skopus bezüglich der temporalen PP haben. Die LF muss also etwa so aussehen:
(130) past1 PF jedem Essen e vor e Olga beten
e[(e)  past1 & e’[Essen(e’) & (e’)  past1  (e) < (e’) & E(e)]]
Es ist klar, dass wir jetzt die Semantik der Präposition vor geeignet umformulieren müssen,
damit die Typen passen.
Die Syntax ist so gemacht, dass man Kaskaden von tPPs analysieren kann:
(131) Ede betete in keinem Jahr vor jedem Essen.
34
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Man
it
kann
i it
keinem Jahr
t
it
PP
it it
P
i it it
in
it
i
t
DP
v it it
jedem Essen
v it
e
it
AspP
it
PP
it it
P
i it it
vor
i
 DP
v
e
vt it
PF
VP
vt
Ede beten
nachrechnen, dass die Wahrheitsbedingung korrekt vorhergesagt wird.
8.4. Exkurs: QR in PP
Wir brauchen eine allgemeine Strategie zum QRen in PPs, welche die Kontextvariable „in t“,
welche wir angenommen haben, motiviert.
Betrachte zunächst Beispiele aus Heim & Kratzer 000:
(132) Ein Apfel in jedem Korb ist verdorben.
Dies ist eine „Inverse Linking“-Konstruktion, d.h. das P-Objekt muss QR-t werden.
(133) jedem Korb x [ein Apfel in x] verdorben
„in“ hat den Typ e((et)(et)) und die Bedeutung x.P.y.P(y) & y in x. Hier wird normal in den
Satz hinein QR-t. Die Präposition fungiert hier als Attribut von „Apfel“. Wenn man die ganze
PP voranstellt, fungiert sie als Rahmenadverbial:
(134) In jedem Korb ist ein Apfel verdorben.
Die einfachste Methode besteht darin, beim Nomen eine Variable zu lassen, welche für den
Hintergrund steht:
(135) jedem Korb xe [PP in x] P(et)(et) ein [Apfel P] verdorben
Wir haben erst die PP bewegt und dann aus der PP heraus QR-t. Die gebundene Variable P ist
der „Frame“ für die Lokalisierung von „Apfel“. Es handelt sich um das Innere von jeweils
einem Korb. Bei Lokativen ist dieser rahmensetzende Effekt besonders deutlich:
(136) In Bayern ist in jedem Dorf eine Kirche.
35
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Die gescrambelte PP „in jedem Dorf“ rekonstruieren wir und erhalten die folgende DS:
(137) DS: Eine Kirche [PP in jedem [Dorf in Bayern]] ist
Die Kopula ist semantisch leer und wird in LF getilgt. Da die PP „in jedem Dorf in Bayern“
prädikativ benutzt wird, hat sie den Typ (et). Den Rahmen „in Bayern“ erhalten wir durch
Topikalisierung der PP „in Bayern“:
(138) in Bayern P(et)(et) eine Kirche [PP in jedem [Dorf P(et)(et)]]
Jetzt müssen wir noch das P-Objekt „jedem [Dorf P (et)(et)]“ QR-en und erhalten eine
interpretierbare LF:
(139) in Bayern P(et)(et) jedem [Dorf P(et)(et)] x.eine Kirche [PP in x]
Da der Rahmen „in Bayern“ semantisch an die Hintergrundvariable von „Dorf“ rekonstruiert
wird, erhalten wir die folgende Lesart:
( 140) x[Dorf(x) & x in Bayern  y[Kirche(y) & y in x]]
In allen diesen Fällen haben wir bei einem Nomen eine Variable für eine Restriktion für dessen
Referenz. Etwas Ähnliches haben wir im vorigen Abschnitt für Nomina, welche Ereignisse
bezeichnen auch gemacht. Wir sind davon ausgegangen, „Essen“ wurde als „Essen während t“
gedeutet. „während t“ ist also eine Information, die auf einen temporalen Hintergrund verweist,
der durch das Tempus oder eine temporales Adverb geliefert wird. Die Behandlung ist nicht
ganz parallel zu den in diesem Abschnitt betrachteten Fällen von QR in PP. Man sollte deshalb
versuchen, die temporalen PPs noch einfacher und transparenter zu analysieren, als oben
geschehen. Die Behandlung von PPs ist übrigens alles andere als andere als klar. Zu lokalen
Framesettern, vgl. Maienborn 000.
Im Deutschen wird der relative Skopus von Quantoren im Mittelfeld durch Scrambling im
in der Regel disambiguiert:
(141) a. weil auf einem Tisch in jedem Korb ein Apfel verdorben ist
b. ?weil ein Apfel auf einem Tisch in jedem Korb verdorben ist
Der zweite Satz ist nicht so recht verständlich. Die LF für den ersten Satz konstruieren wir in
zwei Schritten.
(142)
[auf einem Tisch] P.[in jedem Korb P] P.[ein Apfel P verdorben]
Wir haben die PPs aus der Attributposition hinausbewegt und eine Variable vom Typ (et)(et)
hinterlassen. Jetzt müssen wir noch parallel QR-en, so dass der relative Skopus der beiden
Quantoren an Objektposition gewahrt bleibt:
(143) einem Tisch y. jedem Korb x.[auf y] P.[in x P] P.[ein Apfel P verdorben]
Man kann ausrechnen, dass dies die folgende WB ergibt:
(144) x[Tisch(x) & y[Korb(y) & y auf x & z[Apfel(z) & z in y & verdorben(z)]]]
Mehr oder weniger dieselbe Idee liegt bei der Behandlung von Kaskaden von tPPs vor:
(145) weil Olga an einem Sonntag vor jedem Essen betete
36
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Wir erzeugen zunächst die folgende DS:
(146) past1 t [an einem Sonntag in t] P(it)(it) [vor jedem Essen P] PF Olga beten
Wir müssen nun parallel QR-en und sehen nun ein Problem. Die folgende LF ist nämlich nicht
in Ordnung, weil die Kontextvariable P in „jedem Essen P“ frei wird und nicht mehr durch P
gebunden ist:
(147) past1 t [einem Sonntag in t] y.[jedem Essen P] x.[an y] P(it)(it) [vor x] PF Olga beten
P ist frei! Dies ist der Grund, weshalb wir im vorigen Abschnitt ein QR in den Typ (it)
angenommen haben. D.h. wir haben eine LF der folgenden Art angenommen:
(148) past1 t [einem Sonntag in t] y.[an y] P(it)(it) [jedem Essen P] x. [vor x] PF Olga beten
P ist gebunden! Dieses QR haben wir so gedeutet, dass folgende Äquivalenz gilt:
(149) [jedem Essen P] x. [vor x] PF Olga beten
= t.e[essen(e) & (e)  t & P(e) & e’[(e’)  (e) & Olga beten(e’)]]
Alle vorgenommenen Anpassungen sollten nur diese Lesart sicherstellen. Vielleicht geht es
einfacher, aber dies steckt dahinter.
8.5. Adverbialsätze mit relationalen tPs
8.5.1.
Ziel
Es geht um die Analyse von Adverbialsätzen wie sie in den folgenden Beispielen vorkommen:
(150) a. David war in Amerika, während/als Cleo in Deutschland war.
b. Cleo war in Amerika, bevor/ehe David in Amerika war.
c. David war in Amerika, nachdem Cleo in Amerika war.
Wir wollen mit der einfachen Bedeutung der relationalen Präposition auskommen, die wir im
vorigen Abschnitt 8.2 eingeführt werden. Da die Präpositionen zwei Zeiten verbinden, liegt es
nahe, aus dem Nebensatz eine Kennzeichnung zu machen, sich also an den folgenden
Paraphrasen zu orientieren (vgl. (Stechow, 2002)):
(151) David war in Amerika, während/vor/nach der Zeit zu der Cleo in Deutschland war.
Der bestimmte Artikel muss kontextuell beschränkt werden: man muss saliente Zeiten nehmen,
also wohl die nächsten, die in Frage kommen. Die Formulierung legt nahe, dass dies dann
maximale Zeitintervalle sein müssen, welche die temporale Eigenschaft des Nebensatzes
erfüllen. Die Paraphrase stimmt dann wohl für „während“ und „bevor“, aber nicht für
„nachdem“: die Wahrheitsintervalle für Haupt- und Nebensatz können überlappen:
(152) David war in Amerika, nachdem Cleo bereits in Amerika war.
8.5.2.
Determinierung von Nebensätzen
Wir starten mit meiner eigenen Analyse, die dann verfeinert wird. Wir analysieren (150b) und
orientieren uns an der Paraphrase (151), die hier wiederholt wird:
37
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
(153) Cleo war in Amerika, vor der Zeit, zu der David in Amerika war.
In unserem System muss also der Satz etwa die folgende LF haben:
(154) past1 [PP (be)vor [CP (der Zeit zu der) David in Amerika war]] [David in Amerika war]
Der temporale Nebensatz drückt also ein tPP aus, deren Bedeutung wir bereits kennen. Die
Aufgabe besteht darin, aus dem Nebensatz die Kennzeichnung „die Zeit, zu der David in
Amerika war“ zu basteln. (Pratt and Francez, 2001) nennen die Herstellung einer
Kennzeichnung (oder eines Quantors) aus einem Satz „sentence determination“,(Condoravdi,
2002) sprechen von „type coercion“ (Typenanpassung). In jedem Fall braucht man einen
logische Operation, welche den Satz nominalisiert.
1. Methode zu Satzdetermination. Am einfachsten geht das, wenn wir eine adverbiale
Version von Dowtys PAST-Operator ansetzen:
(155) Dowty’s PAST als Adverb
[[ PASTC ]] cg = Pit.t.C(t) & t < tc & P(t).
Das Tempus beschränkt einfach die Zeiten über die wir reden auf vergangene Zeiten. Sätze
werden dann durch existenziellen Abschluss gebildet:
( 156) [[ ]]g = Pit.t.g(C)(t) & P(t)
Diese Modularisierung des Tempus in zwei Bestandteile ist wahrscheinlich der tragfähigste
Ansatz.
Der Satz „David war in Amerika“ hätte also die LF C PAST David in Amerika. Der Vorteil
bei diesem Vorgehen besteht darin, dass Sätze mit Tempus immer noch temporale
Eigenschaften ausdrücke und man deswegen den bestimmten Artikel „die Zeit, so dass...“
darauf anwenden kann.
(157) Satzdeterminator Nr.1
[[ DEFC]]g (P) = das t  Di.g(C)(t) & t ist ein maximales P-Intervall in C, falls P
homogen ist
= das t  Di.g(C)(t) & t ist ein minimales P-Intervall, falls P nicht
homogen ist
Die Fallunterscheidung ist hässlich aber notwendig, wie Sie sich überlegen sollten.
(158) Ein determinierter Nebensatz
i
it i
DEFC
Hier ist die LF für den gesamten Satz:
IP
it
it it
PAST
VP
it
David in Amerika
(159) Cleo war in Amerika bevor David in Amerika war
38
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
t
C
it
it it
PAST
it
it
Cleo in Am erika
it it
i it it
bevor
i
it i
DEFC'
IP
it
it it
PAST
VP
it
David in Am erika
Als WB erhalten wir: „Es gibt ein t  C, t < tc & Cleo ist zu t in Amerika & t < das t’, t’  C’
& t’ < tc & David ist zu t’ in Amerika.“ t’ ist hier ein maximales Zeitintervall in C’, zu dem
David in Amerika ist. Ein mögliches Szenario, dass durch diesen Satz beschrieben wird, ist ds
folgendes.
(160)
Cleo in Amerika
----------------------------------------------David in Amerika
----------------------
tc
2. Methode zur Satzdetermination. Wir bilden erste einen abstrakten Relativsatz,
welcher eine abstraktes Nomen „ZEIT“ beschränkt, welches dann durch den bestimmten
Artikel determiniert wird.
(161) Determinierter NS nach Methode 2
39
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
i
it i
DEFC
it
it
ZEIT
it
t
t
it t
PASTC' t *
it
it
ZU t
it
Cleo in Amerika
t ist durch Bewegung des Relativoperators entstanden, der an Objektstelle von „ZU“ steht. ZU
ist eine abstrakte Präposition. PAST ist hier der Heimsche indeterminierte Tempusoperator.
Eine Kombination von  + Dowtys PASTC tut es auch. Die Semantik für DEF muss man so
machen, dass die folgende Deskription herauskommt: „das t[C(t) & t ist eine maximale Zeit t’
mit: C’(t’) & t’ < tc & zu t’ ist Cleo in Amerika“]. Wenn man den Nebensatz einmal hat, kann
man die LF für den Gesamtsatz genau wie vorher bauen.
Methode 3 zur Determination? Es fällt auf, dass wir nicht mit dem definiten Tempus
past1 gearbeitet haben. Wir haben Schwierigkeiten, dieses unter DEF unterzubringen. Wie soll
denn eine Paraphrase für den definiten Nebensatz aussehen?
„die Zeit t in past1, so dass C(t) & David zu t in Amerika ist“. Richtig, aber wie kriegen
wir das kompositional? past1 beschränkt hier die Zeit über die wir reden, aber der eigentliche
Nebensatz ist völlig tempuslos. Die Tatsache, dass wir in diesen Fällen nicht mit einem
pronominalen Tempus zurecht kommen spricht dafür, dass eine definite Tempustheorie nicht für
alle Fälle brauchbar ist. In diesen Beispielen muss das Tempus wohl eine Relation ausdrücken.
Mit Nulltempus kann man hier auch nichts anfangen, weil diese sich als -gebundene Variable
niederschlagen müsste.
Die Methode 1 der Determination ist die einfachste, und wir wollen sie anwenden,
solange wir nicht zu Methode 2 gezwungen sind.
Übungsaufgabe: 1. Geben Sie die Semantik für dieses DEF genau an.
2. Wie kann man
( 162) Fritz kam vor/nach/*während Olga an.
analysieren?
3. Komparative Konstruktionen
Denken Sie über komparative Konstruktionen wie die folgenden nach:
( 163) a. Sveta kam eher heim als Olga.
40
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
b. Olga kam später heim als Sveta.
c. Olga kam nicht so spät/früh nach Hause wie Sveta.
Die Komparativspezialisten sollten nachdenken, wie man diese analysiert. Gleichzeitig sollten
sie nach Literatur zu diesen Konstruktionen suchen.
Bemerkung zur Literatur:
(Kusumoto, 1999: Kapitel 3) geht ungefähr nach Methode 2 vor. Hier ist eine LF für einen
temporalen Nebensatz:
( 164) Kusumotos temporale NS
[= 38]
a.
when Karen called
b.
(at a time) whichi Karen called at ti
c.
CP
4
which
jwt'[t' < s* & call(Karen)(t')(w) & t' = tj]
3
j
TP: wt'[t' < s* & call(Karen)(t')(w) & t' = tj]
3
t*
TP: twt'[t' < t & call(Karen)(t')(w) & t' = tj]
3
PAST
tw[call(Karen)(t)(w) & t = tj]
3
i
T': w[call(Karen)(ti)(w) & ti = tj]
3
pasti
VP: tw[call(Karen)(t)(w) & t = tj]
$
Karen call at tj
„at tj“ ist die temporale PP, aus der das temporale Relativpronomen „which“ heraus bewegt
wird. Kusumotos LF nimmt allerdings keinen Determinator an, sondern bettet temporale
Eigenschaften als Objekt für temporale Präpositionen ein. Dann muss man freilich den Typ
Präpositionen anpassen und die Definitheit in die Präposition stecken. Wie wir im
Zusammenhang mit den so genannten Geissätzen sehen werden, ist Methode 2 in manchen
Fällen nötig.
(Stechow, 2002) geht auch ungefähr nach Methode 2 vor. Der Ansatz ist etwas
allgemeiner, da anstelle eines Satzdeterminators DEF jede Art von Quantor zu gelassen wird.
Deswegen muss man den Quantor aus der tPP heraus QR-en. Hier ist ein Beispiel für die
Analyse des Satzes::
( 165) Jane called whenever Mary arrived
41
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
TP

I.T'
P ASTz
T
past
AspP
CP
J
K.AspP
min(Le.AspP)(K)
PP
K
SpecAsp
(e)  L
P'
WHE N J
SpecCP
E VE RY TIME  I
whenever
J.C'
C
VP
asp CALL(JA NE,e)
Jane called
TP
T
past
min (Ke.AspP)(J)
AspP
PP
(e)
SpecAsp
(e )  K
VP
asp ARRIVE (MARY,e)
Mary arrived
Es ist bemerkenswert, dass sich hier kein Tempus im Nebensatz befindet. Ich hatte die definite
Tempustheorie angenommen und konnte mit past1 im Nebensatz nichts anfangen.
Hier soll noch eine Bemerkung zu Musan eingefügt wrden.
8.5.3.
(Beaver and Condoravdi, 2003) über „after“ und „before“
Das Material dieses Abschnitts ist (Beaver and Condoravdi, 2003) entnommen.
• It seems a matter of common sense that before and after are converses.
• That is, “A before B” if and only if “B after A” .
• For example, (1) is true iff (2) is:
(1) Cleo left Europe before David did.
(2) David left Europe after Cleo did.
Common sense sagt auch, dass die Präpositionen eine transitive Relation ausdrücken:
(166) Caroline verließ die Kneipe vor Doris. Doris verließ die Kneipe vor Ede.
Also verließ Caroline die Kneipe vor Ede.
• Anscombe (1964) argued that before and after are not converses (and not transitives).
• She said (1) quantifies universally over times when
42
AT K
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
David left Europe, but (2) is purely existential.
• Her arguments have never been countered.
• Until now. We will show that before and after really
are just converse orderings over times.
Contra (Anti-)symmetry
(3)
a. There were ammonites after there were dinosaurs.
b. There were dinosaurs after there were ammonites.
(4)
There were violent upheavals after there were animals.
www.bvalphaserver.com/postp218906.html
(167)
Ammoniten
--------------------------------------Dinosaurier
----------------------------------------------
Counterexample to transitivity
(5) After the safe was open, Downey was pushed to the floor and was then beaten with
the butt of a shotgun.
(4-9-03, Court of Appeal 2nd Circuit, St. of Louisiana No. 36,929-KA)
(6) The safe was open after the robbers left.
(7) Therefore, Downey was beaten after the robbers left.
( 168)
safe open
-----------------------------------------------------------D. beaten
robbers left
NPI licensing
• NPIs are not licensed in main clauses regardless of the temporal connective.
• NPIs are licensed in before-clauses but usually not in after-clauses.
(8) Cleo leapt into action before David moved a muscle/could say a word.
(9) * Cleo leapt into action after David moved a muscle/could say a word.
(10) * David moved a muscle/could say a word before Cleo leapt into action.
(11) * David moved a muscle/could say a word after Cleo leapt into action.
Discussion of NPI licensing data
• There is an asymmetry in NPI licensing between before and after, although, as we will
see, the difference is not categorical.
• Ladusaw (1979) and others have argued that the main licensing condition for NPIs is
semantic: they are licensed by operators producing a downward monotone context.
• If so, the NPI distribution data we have seen so far suggests before and after are not
converses, since we would expect the same NPI distribution in an
43
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
after main clause as a before sub-clause.
A further NPI licensing puzzle
• Linebarger (1987) claimed that after may license NPIs when combined with an
appropriate measure phrase.
(15) She persisted long after she had any hope of succeeding. [ML]
(16) She persisted for years after she had any hope at all of succeeding. [ML]
3. Anscombe’s position
• Anscombe proposed (essentially) the following definitions, in which X and Y are
predicates true of times when X and Y hold, respectively, and < is temporal precedence:
X before Y iff t X(t) & t’Y(t’)  t < t’
X after Y iff t, t’ X(t) &Y(t’) & t’ < t
• These definitions do not appear to make before and after into converse relations.
Inference patterns explained
• Non-overlapping events are as expected.
X
Y
------------------------------True: “X before Y”, “Y after X”
False: “Y before X”, “X after Y”
• But in cases of overlap, after is weak:
X
------------- -------- --------Y
-------------True: “X before/after Y”, “Y after X”
False: “Y before X”
Basic NPI licensing explained
• The logic of universal quantifiers means that before licenses NPIs.
• After has only existentials, so does not license NPIs.
Problem 1: A lack of compositionality
• Anscombe did not give an account of the meaning of the connectives themselves but rather of
the meaning of the sentences containing the connectives.
• The different quantification force at the sentential level can of course be built into the lexical
meaning of the connectives.
• But this begs the question of why the two connectives should differ in their meaning so
substantially.
Problem 2: NPI Licensing
• If NPI licensing is semantic, as most supporters of Anscombe’s position have
maintained, there is no obvious way of explaining Linebarger’s data.
44
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Problem 3: Odd truth conditions
• The truth conditions predicted are strange. Even if David never won a gold medal at
anything in his whole life, provided he ate lots of ketchup at some point, (19) is predicted
true.
(169) Das ketchup-Beispiel
(19) David ate lots of ketchup before he made a clean sweep of all the gold medals in the
Sydney Olympics.
Problem 4: Measure phrases
• Anscombe did not discuss measure phrases.
• If extended in the most obvious way, her account would make incorrect predictions for
before, e.g.,that in (20) Cleo left exactly 5 seconds before every time point at which
David was singing.
(20) Cleo left exactly 5 seconds before David sang.
• Indeed, since leaving events are not extended, and given that Cleo did leave at some
point, (20) is predicted true iff David did not sing.
Problem 5: NP complements
• For after but not before, NP complements behave differently to sentential
complements, but Anscombe’s theory does not provide any hint as to why this might be.
(21)
a. Henk left after the talk was in progress. -I
b. Henk left after the talk.
(22) a. Henk left before the talk was in progress. 
b. Henk left before the talk.
(23) a. Henk felt sick after the car was in motion (between Amsterdam and Nijmegen).
–/
b. Henk felt sick after the drive (between Amsterdam and Nijmegen).
(24) a. Mike felt sick before the car was in motion (between Amsterdam and Nijmegen).
 b. Mike felt sick before the drive (between Amsterdam and Nijmegen).
Relation of Anscombe’s to other proposals
• Anscombe’s proposals are adopted by e.g. Landman (1991), Ogihara (1995) and
Valencia, van der Wouden and Zwarts (1992).
• Pratt and Francez (2001) treat sentential complements like definite NP complements.
(Incorrect predictions for states, activities, most accomplishments.)
Beispiele?
• The best known alternative account is Hein¨am¨aki’s (1974), which appears quite
different to Anscombe’s.
45
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Exkurs zu(Heinämäki, 1974)
46
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Discussion:
A are B are sets of intervals. It is not clear how tr(A) and I(B) are to be understood. Since
tr(A) serves the purpose of making possible temporal anchoring, the function tr must depend on a
truth interval. I(B), however, seems to bet the function that assigns B the left boundary of the first
truth interval of B. Thus my interpretation is this:
(170) tr(A)(J) = RB(J), if A(J) & A is an accomplishment; LB(J), if A(J) & A is a state, an
activity or an achievement.
I(A) = the left boundary of the first truth interval of A, if there is one.
My interpretation of (36) is therefore this.
(171) Def. (36) interpreted:
47
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
A BEFORE B iff (J  A, K  B) tr(A)(J) < I(B)
A AFTER B iff (J  A, K  B, J’  J) J’ > tr(B)(J)
Note: The quantifier (K  B) doesn’t bind anything and therefore only expresses the condition
that B ≠ Ø.
Definition (37) wants to eliminate quantification over intervals in favour of quantification
over points. To reach that aim, A and B are identified with the union of their truth intervals. B &
C use the same letter for that identification. It is more perspicuous the use the standard set
theoretical notaion: A = {t : (I  A) t  I}. (37) can now be rewritten as:
(172) Def. (37) rewritten:
A BEFORE B iff (t  A, t’  B)(t’’  B) tr(A)(fA(t)) < t’’
A AFTER B iff (t  A, t’  B) t > tr(B)(fB(t’))
Here fX(t) is the largest interval that contains t and makes X true. Note that despite
quantification over points, X still is a set of intervals. Recall that tr(X)f X(t) is the left or the
right boundary of an X-interval, depending on the Aktionsart of X. Given that the argument t of
fX is a point, we still need the parameter X to define the jump to the beginning ort he end of the
X-interval that contains t.
Definition (38) can be equivalently stated as:
(173)
A BEFORE B
A AFTER B
iff
iff
B ≠ Ø & (t  A)(t’  B) t < t’
(t  A, t’  B) t > t’
At this stage the information that A and B are sets of intervals doesn’t play any role anymore.
Therefore A and B can literally identified with the union of their truth interval and we have
arrived at B & C’s definition (38):
(174) Definition (38) regained:
A BEFORE B
iff
A AFTER B
iff
B ≠ Ø & (t  A)(t’  B) t < t’
(t  A, t’  B) t > t’
Therefore, B & C have shown the following proposition:
Example: A = A1  A2, B = B1  B2
A1
A2
|---------------| |-----------------|
|----------------| |-------------|
B1
B2
TRUE: A BEFORE B
iff B ≠ Ø &v (t  A1  A2)(t’  B1  B2) t < t’
Choose a t in A1 that is not in B1.
48
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
FALSE: B BEFORE A
To extend (174) [= (38)] to accomplishment, B & C simply identify the truth of accomplishments
with their final points. Note that this works for the particular contexts considered only, i.e.,
accomplishments have to occur as arguments of BEFORE or AFTER. We cannot treat sentences
such as „Yesterday, David started to write a book“.
Examples
A:
David eat the apple
B:
Cleo leave
A:
B:
-------


------

------- is an entire A-interval with final point . The theory identifies the denotation of A with
the two endpoints  given in the A-diagram. B is a set of achievements, i.e. points.
FALSE:
TRUE:
TRUE:
A BEFORE B
B BEFORE A
A AFTER B
B & C on Heinämäki’s position
Comment form SuB-talk:
• Heinämäki’s proposal still suffers from at least 3 of the above 5 problems. (Her account
does not deal with measure phrases but could, and her truth conditions for factual
49
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
‘before’, as for ‘after’, require that the temporal clause be true at some interval,
thus predicting falsity for the ketchup example.)
• Despite superficial differences between the accounts, we can show formally that for
veridical states, activities and achievements, Hein¨am¨aki’s
proposal yields identical truth conditions to Anscombe’s (Beaver and Condoravdi 2003).
8.5.4.
Die Lösung von Beaver & Condoravdi
Dies ist die Version des SuB-Vortrags. Die Ingredienzien für eine uniforme lexikalische Analyse
sind diese:
50
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
51
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Nach 5:30!
(175) Die Funktion earliest, Typ (it)i
52
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
earliest’ = P.P ≠ Ø: t[t  P & t’  P[t’ ≠ t  end(t’) > end(t)]]
Bemerkung: der Nebensatz ist hier tempuslos.

NPIs können nun lizensiert werden.

Differenzialphrasen sind unproblematisch.
53
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Bemerkung zur Komposition: Die Regel der Durchschnittsbildung ist das, was in °Heim, 1998
#246% Prädikatsmodifikation genannt wird. B & C ignorieren das Tempus im Nebensatz.
Tatsächlich benötigt man hier das adverbiale PAST, welches wir in 8.5.2 vorgestellt haben. Der
Typ von Adverbien und Prädikaten muss nicht unterschieden werden, wenn
Durchschnittsbildung vorliegt. Das Adverbiale PAST sieht also so aus:
(176) Adverbiales (= prädikatives) PAST hat den Typ it.
[[ PAST]] gc = t. C(t) & t < tc.
Der Baum von B & C sieht also so aus:
(177)
t

it
it
PASTC
it
it
Cleo was in Am erica
it
i it
before
i
it i
earliest
it
it
PASTC
it
David was in Am erica
Die Maßphrasen sind bei dieser Methode ganz unproblematisch:
3 years drückt hier in der Metasprache eine Maßzahl aus, also einen Grad für Zeitlänge. In der
Objektsprache dagegen eine Relation zwischen zwei Zeiten, die den Abstand von drei Jahren
zu einander haben. Man kann sich hier eine abstrakte Präposition DIST vorstellen, die etwas
54
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
wie „drei Jahre entfernt“ bedeutet.
( 178) [[ DIST]] = d  ZM.t’.t’’. | t“ – t’ | = d.
Durchschnittsbildung liefert also dann die komplexe temporale Konjunktion DIST 3 years
before. Ich habe meine Zweifel, ob dies ganz richtig ist. Wenn man im Dt. über Zeitmaße
quantifiziert, benutzt man eine komparativische Konstruktion:
( 179) a. Cleo war (um) mindestens drei Jahre früher in Amerika, als David in Amerika war.
b. Cleo war mindestens drei Jahr in Amerika, bevor David in Amerika war.
Dies bedeuten nicht genau dasselbe, oder doch?
NPIs sind lizensiert, wenn der Typenanpassungsoperator das gesamte Intervall lokalisiert oder
dessen Anfangspunkt. Der Anpassungoperator gehört also nicht ins Lexikon. Daten dazu:
Bemerkung zu den Daten.
Heinämäki sagt ja, dass man auf den Endpunkt eines
Accomplishments im Nebensatz zurückgreifen muss. Im Dt. muss man in allen diesen Fällen
55
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
das Plusquamperfekt nehmen:
(180) a. *David kam nach Amerika, nachdem Cleo ihr erstes Buch schrieb.
b. David kam nach Amerika, nachdem Cleo ihr erstes Buch geschrieben hatte.
8.5.5.
Nicht-veridikales „before“ nach C & B: Modalisierung
( 181) a. Die Polizei entschärfte die Bombe, bevor sie explodierte.
b. Die Polizei entschärfte die Bombe, bevor sie explodieren konnte.
D.h. wir modalisieren bei Nicht-Veridikalität in vielen Fällen explizit. B & C stecken die
Modalisierung in den Satzdeterminator und zwar so, dass die veridikalen Fälle als Spezialfall
herauskommen.
56
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
B & C nennen dieses „before“ non-committal.
(182) a. Ich verließ die Demonstration bevor es Ärger gab/geben konnte.
b. Das Gericht stoppte die Auszählung bevor sie fertig war/*fertig sein konnte.
Im (a) wird die neutrale Lesart durch Modalisierung ausgedrückt. In (b) scheint das nicht
möglich zu sein. Generalisierung?
( 183) Mozart starb bevor er das Requiem *vollendete/?vollenden konnte/vollendet hatte.

after-Konstruktionen sind immer veridikal.

3 Fälle für before-Konstruktionen
a. Veridikal: Komplement ist wahr
b. Kontafaktisch: Antezedens schließt aus, dass das Komplement wahr sein kann. Wenn
das Antzedens falsch wäre, wäre es wahr geworden oder hätte wahr werden können.
c. Es ist unklar, ob das Komplement wahr wird, aber es ist wahrscheinlich

Der undefinierte Fall: Komplement ist falsch und auch unwahrscheinlich.
Frühere Analysen:
57
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Die erweiterte Analyse:
58
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Die Idee ist, dass in diesem Fall „before he finished the requiem“ ausgewertet wird in Bezug
auf Welten, in denen das Hauptsatzereignis zur Referenzzeit nicht eingetreten ist, deren
Zukunft aber ansonsten wahrscheinlich ist oder erwartbar („branching time“, nach °Thomason,
1984 #32505%). In der Zeichnung muss man genau hinschauen: das Ereignis des Hauptsatzes
(„Mozart stirbt“) liegt unmittelbar hinter dem Verzweigungspunkt.
59
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
60
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Bemerkung: Die Definition von earliestW.X verlangt eine Möglichkeit in Skopus. Mit dem
Allquantor kann das nicht funktionieren, denn es gibt keinen frühesten Zeitpunkt, zu dem
Mozart das Requiem in allen zugänglichen Welten gleichzeitig vollendet.
Wird fortgesetzt.
9.
AUFGABEN
9.1. Aufgaben zu Abschnitt 3
1.Futur Lesart vom Präsens.
61
v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
Geben Sie die genaue Analyse für die folgenden Sätze:
(184) a. Ede ruft morgen an.
b. Ede wird morgen anrufen.
Dabei müssen (184a) und (184b) gleiche Wahrheitsbedingungen bekommen.
2. Temporaladverbiale mit Quantoren.
Analysieren Sie die folgenden Sätze:
(185) a. Ede rief jeden Tag an.
b. Ede wird jeden Tag anrufen.
Rauskommen soll, dass Ede an jedem Tag einer bestimmten Zeit in der Vergangenheit/Zukunft
anrief/anrufen wird.
Hinweise: Relativieren Sie die Bedeutung von „Tag“ auf die Referenzzeit, d.h. „Tag“ hat zwei
Zeitargumente: Tag(j)(i) bedeutet „i ist ein Tag in j“.
Deuten sie „jeden Tag“ als „an jedem Tag“.
9.2. Aufgaben zu Abschnitt 7.1
Ist mit der Analyse (60) das Partee-Problem gelöst? Die Antwort vollzieht sich in folgenden
Schritten.
(a) Man analysiert den negierten Satz und überlegt sich, an welchen Stellen die
Negation eingefügt werden kann.
(b) Man überlegt sich, welche Wahrheitsbedingungen bei welcher Analyse vorhergesagt
sind. Zur Lösung gehört, dass man genau sagt, welche Mengen von Zeiten die Kontextvariable
C bezeichnet.
Hinweis: Es muss genau die Wahrheitsbedingung herauskommen, die Partee beschreibt: „Ich
denke an eine bestimmte Zeit in der ich den Herd nicht abgestellt habe.“
Nochmal zum Partee-Problem. Nehmen Sie die Analyse von H&vFs Perfekt her. Betrachten
Sie jetzt den Satz:
(186) Ich habe den Herd nicht abgestellt.
Geben Sie die LF an mit der entsprechenden Wahrheitsbedingung.
9.3. Aufgaben zu Abschnitt 7.1.2
1. Passen Sie die Negation an den Typen it an.
2. Können sie sich vorstellen, dass man die Negation einer Eigenschaft vom Typ vt brauchen
könnte?
3. Analysieren sie das engl. und das französische Beispiel und überlegen Sie sich, ob man mit
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v.Stechow: WS 2004/5
Ausdruck 14.05.2016:
der definiten oder der indefiniten Tempussemantik besser hinkommt.
4. Eruieren Sie durch Informantenbefragung, ob und wie gegebenenfalls man die Lesart (66a)
im Engl. und Franz. ausdrücken kann. Überlegen Sie sich dann die entsprechenden LFs.
9.4. Aufgaben zu Abschnitt 7.2
1. Entwickeln Sie eine Dekompositionsanalyse für den Satz „Ede erblickte Alla“ und rechnen
Sie die Wahrheitsbedingungen genau aus. Wie sieht die LF für den negierten Satz aus?
2. Lesen Sie Kapitel 3 von (Dowty, 1979). Vergleichen Sie seine Klassifizierung von
aspektuellen Klassen mit unserer Klassifizierung der Aktionsarten. Sind sie inhaltlich
identisch?
3. Schauen Sie bei Vendler nach, wie er die Aktionsarten klassifiziert. Entspricht sie der
unsrigen?
4. Analysieren sie Satz (99) genau. Sie müssen dazu die PPs „von der Post“ und „zum
Bahnhof“ behandeln. Die definiten Terme können Sie als Namen ansehen. Hinweis: „gehen“ ist
eine Activity mit einem Subjekt. Die beiden PPs sollen diese modifizieren. Die „source-PP“
bedeutet „die Handlung beginnt im Bahnhof“.
Schreiben Sie am Ende die WB für das Ganze hin.
5. Diskutieren Sie den folgenden Satz:
(187) Sveta schickte ein Paket nach Vologda. (Es kam nicht an.)
Was ist das Problem? Kann man die bisherige Analyse mehr oder weniger übernehmen?
(Natürlich nicht! Sonst würde ich ja nicht fragen!)
9.5. Aufgaben zu Abschnitt 8.2
1. Geben Sie für eines dieser Beispiele den Baum für die LF mit allen Typen an und schreiben
sie die Wahrheitsbedingungen neben die Knoten.
2. Überlegen Sie sich, ob sich „während“ auch mit PF verträgt. Schauen sie sich dazu Beispiele
aus slawischen oder romanischen Sprachen an.
9.6. Aufgaben zu Abschnitt 8.3
1. Man führe die Analyse für die spezifische Lesart genau durch.
2. Analysieren Sie einen der (a)-Sätze aus (113) bis (115) ganz genau. Es geht also um das
Verb „geschehen“.
10.
LITERATUR
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v.Stechow: WS 2004/5
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