Schwangerschaft und Training Auf einen Blick: die Vorteile Wenn Frauen während der Schwangerschaft körperlich aktiv sind, hat dies nicht nur präventive und therapeutische Bedeutung. Schwangere Frauen können von einer Vielzahl anderer physischer und psychischer Effekte profitieren. Zu den physischen Vorteilen zählen unter anderem die Stärkung der Muskulatur und die Fähigkeit, mit der Schwerpunktverlagerung und dem zusätzlichen Gewicht umzugehen. Rückenschmerzen können so beispielsweise reduziert werden. Neben der Motivation sich auch während der Schwangerschaft fit und agil zu fühlen, kann Sport zudem die Funktion eines Stressableiters erfüllen und so bei Berg- und Talfahrten der Gemütslage, welche durch Hormone und die emotionale Umstellung bedingt sein können, ausgleichend wirken. Sport treibende Schwangere haben offenbar ein stärkeres Selbstbewusstsein und leiden weniger an Unannehmlichkeiten als Frauen, die während der Schwangerschaft inaktiv sind. Schwimmen spielt eine Sonderrolle Dem Schwimmen bzw. der Wassergymnastik kommt während der Schwangerschaft ein besonderer Stellenwert zu. Bei Gymnastikübungen im Wasser muss eine Schwangere nur noch ein Zehntel ihres Körpergewichts tragen. Das ist gelenkschonend und wohltuend entspannend. In der Schwangerschaft kommt es im mütterlichen Organismus zu Anpassungsreaktionen, die die körperliche Leistungsfähigkeit beeinflussen. Folgende Veränderungen sind neben der Gewichtszunahme zu nennen: Kardiovaskuläre und respiratorische Veränderungen Anpassung des Glukosestoffwechsels Muskuloskelettale Veränderungen Psychische Faktoren Schon in der Frühschwangerschaft kommt es durch eine Reihe hormoneller Veränderungen zu grundlegenden Änderungen im kardiovaskulären und respiratorischen System. Zu Beginn der Kette zahlreicher Veränderungen steht die Veränderung des Spannungszustands der glatten Muskulatur. Die Spannung nimmt ab, was zu einer Erweiterung der Arteriolen (kleinste Blutgefäße) und venösen Gefäße führt. Dadurch wiederum kommt es zu einer relativen Abnahme des zirkulierenden Blutvolumens. Dem steuert der Organismus entgegen – das Plasmavolumen nimmt zu. Die Volumenzunahme des Blutplasmas bewirkt eine Erhöhung des Herzschlagvolumens, der Herzfrequenz und somit des Herzminutenvolumens bei gleichzeitiger Senkung des arteriellen Blutdrucks. Dieser Effekt der Blutdrucksenkung bis zur Mitte des 2. Schwangerschaftsdrittels wird durch die Abnahme des Gefäßwiderstands bedingt. Der Ruhesauerstoffbedarf ist nun gegenüber dem nicht-schwangeren Zustand erhöht. Dies wird durch eine vermehrte Belüftung der Lungenbläschen kompensiert. Das Atemminutenvolumen steigt um bis zu 50 % an. Gebärmutter und Plazenta werden zusätzlich stärker durchblutet. Die Zunahme des Plasmavolumens hat ebenfalls eine Vermehrung der Erythrozyten, der roten Blutkörperchen, zur Folge. Allerdings bleibt die Erythrozytenmenge hinter der des Plasmavolumens zurück, wodurch die Ausbildung von Krampfadern und Wassereinlagerungen begünstigt wird. Das Risiko für die Entstehung von Thrombosen und Krampfadern lässt sich durch regelmäßige sportliche Betätigung in der Schwangerschaft reduzieren. Schwangerschaftsdiabetes durch Sport vorbeugen Ebenfalls durch hormonelle Veränderungen kommt es zunehmend zu einer erhöhten Insulinresistenz der Zellen, was sekundär eine vermehrte Insulinausschüttung bewirkt. Diese Stoffwechsellage, die einer Stoffwechsellage im Vorstadium eines manifesten Diabetes mellitus gleicht, kann in Verbindung mit einer Körpergewichtszunahme die Entwicklung eines Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) bedingen. Liegt während einer Schwangerschaft Gestationsdiabetes vor, ist das Risiko, innerhalb von 4 Jahren nach der Geburt an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, erhöht. Auch die Kinder von an Gestationsdiabetes erkrankten Müttern sind stark vorbelastet selbst an Diabetes mellitus zu erkranken. Der physiologisch erhöhten Insulinresistenz kann durch körperliches Training gut entgegengewirkt werden. Durch Sport wird die zelluläre Glukoseaufnahme verbessert und die Empfindlichkeit des Organismus auf Insulin erhöht. Gelenke, Sehnen, Bänder – auf sie wirkt eine große Last Das Körpergewicht steigt in einer Schwangerschaft um 15–20 % an und erhöht die Kräfte, die auf die Gelenke wirken. Durch den hormonellen Einfluss von Relaxin und Östrogen kommt es zu einer leichten Überstreckbarkeit von Sehnen und Bändern. Dies führt durch die ungünstigeren Hebelverhältnisse zu erhöhter Verletzungsgefahr. Die Verlagerung des Körperschwerpunkts, die mit einer Kippung des Beckens einhergeht, führt häufig zu Rückenschmerzen. Durch den Bauch kann eine Schwangere beim Gehen und Laufen das Aufsetzen der Füße optisch nicht mehr kontrollieren. Dies verunsichert den Gang und erhöht die Sturzgefahr. Regelmäßiges sportliches Training in der Schwangerschaft verbessert die Bewegungssicherheit und schult die Koordination der sich ständig ändernden Hebelverhältnisse aufgrund der Brust- und Bauchentwicklung nach vorne. Außerdem lassen sich Rücken- und Haltungsschäden minimieren. Training während der Schwangerschaft – Was ist zu beachten? Grundsätzlich ist anzumerken, dass die körperlichen Belastungen den oben genannten physiologischen Veränderungen in einer Schwangerschaft Rechnung tragen müssen. Pauschale Trainingsvorgaben zu Zeiten und Intensitäten sind schwierig zu formulieren und besser individuell zu gestalten. Die körperliche Fitness vor der Geburt, das Alter der Schwangeren, die betriebene Sportart, mögliche Risiken – dies alles sind Faktoren, die bei Empfehlungen zu berücksichtigen sind. Als potentielles Risiko für das Kind wird eine erhöhte Körpertemperatur, wie sie z. B. bei sportlicher Betätigung auftritt, diskutiert. Tatsächlich zeigte sich in verschiedenen Studien, dass ein moderates Training keinen Einfluss auf die fetale Mortalität und Morbidität hat. Aerobes Ausdauertraining bis zu 45 Minuten beispielsweise lässt die Körperkerntemperatur im Schnitt um 1–1,5 °C ansteigen, was kein Problem für den Fötus darstellt. Die Risiken einer sportlichen Betätigung in der Schwangerschaft liegen in erster Linie in der Verletzungsgefahr der Mutter und später im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel auch des Kindes. Stumpfe Traumata können den Fötus direkt bedrohen. Deshalb sollten Sportarten gewählt werden, in denen das Verletzungsrisiko kontrollierbar ist. Allgemeine Hinweise für ein moderates Training: Ausdauerbelastungen sollten im aeroben Bereich durchgeführt werden. Das Ausdauertraining sollte 30–60 Minuten nicht überschreiten und kann im Schwangerschaftsverlauf auf bis zu 5-mal die Woche gesteigert werden. Wobei im letzten Schwangerschaftsdrittel die Häufigkeit ein wenig zurückgehen sollte. Es sollte auf eine ausreichende Kohlenhydrat- und Flüssigkeitszufuhr geachtet werden um die Versorgung von Mutter und Fötus sicherzustellen. Sehr zu empfehlen sind neben dem Ausdauertraining auch Kräftigungsübungen. Leichtes bis moderates Krafttraining mit freien Gewichten oder an Geräten führt zu einer Verbesserung der Kraftfähigkeiten und erleichtert den Umgang mit erhöhtem Körpergewicht. Übungen mit einer deutlichen Erhöhung des intraabdominalen Drucks sind zu vermeiden, das heißt schwere Gewichte oder maximale isometrische Kraftanstrengungen sollten nicht erfolgen. Auch die Pressatmung während des Krafttrainings sollte unbedingt vermieden werden. Ab der 28.–30. Woche sollte zur Vermeidung einer Schwangerschaftskomplikation, wie Kreislaufstörungen der Mutter, Sport in Rückenlage nicht mehr erfolgen. Diese Sportarten sind zu empfehlen bzw. nicht zu empfehlen Eine Vielzahl sportlicher und Freizeitaktivitäten während der Schwangerschaft erscheinen als unbedenklich. Die Sicherheit einer Sportart ist im Wesentlichen durch die spezifische Art der Bewegung determiniert, die sie erfordert. Zu empfehlen sind: Wandern/Spazierengehen Walking/Nordic Walking Radfahren Schwimmen/ aqua jogging/ aqua fitness (sehr zu empfehlen!) Skilanglauf – nur wenn es bereits ausgeübt wurde – Sturzgefahr Gymnastik/ moderates Krafttraining Jogging ist in den meisten Fällen unproblematisch – es sollte auf die Ausübungsintensität geachtet werden Sportliche Aktivitäten auf max. 1400–2000 m Höhe Radfahren in der Ebene; im Gebirge sind die Intensitäten schwieriger zu regulieren Davon ist abzuraten Von Kampf- und Kontaktsportarten sowie Mannschaftssportarten, die eine hohe Wahrscheinlichkeit von Körperkontakt mit sich bringen (z. B. Basketball) ist abzuraten. Sie können zu einem abdominalen Trauma und damit zu einer Verletzung von Mutter und Kind führen. Ebenso ist von allen Sportarten Abstand zu nehmen, die ein erhöhtes Sturzrisiko in sich bergen und damit die Schwangerschaft gefährden können (z. B. alpines Skifahren, Reiten oder Mountainbiking). Die Beweglichkeit der Gelenke führt zu einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit während der Ausübung von Ballsportarten mit raschen Richtungswechseln.