Grosser Rat Wortprotokoll 12. Sitzung 15. September 2009, 14.00 Uhr Vorsitzender: Herbert H. Scholl, Zofingen Protokollführung: Rahel Ommerli-Peyer, Ratssekretär Stellvertreterin Präsenz: Anwesend 134 Mitglieder (Art. 0221–0244) Abwesend mit Entschuldigung 6 Mitglieder Entschuldigt abwesend: Benjamin Brander, Muri; Jonas Fricker, Baden; Clemens Hochreuter, Aarau; Christian Sprenger, Hendschiken; Herbert Strebel, Muri; Gusti Ungricht, Bergdietikon Behandelte Traktanden 0221 Inpflichtnahmen; Richterwahlen, I. Staatsanwalt, neues Mitglied Bankrat Aargauische Kantonalbank, Mitglied Erziehungsrat 0222 Motion der Fraktionen der SP (Sprecherin), der EVP und der Grünen vom 15. September 2009 betreffend Erhalt und Rekrutierung einer genügend grossen Anzahl von gut qualifizierten Lehrpersonen für die Schule Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 0223 Motion der Fraktionen der SP (Sprecherin), der CVP-BDP, der EVP und der Grünen betreffend bedarfsgerechte Steuerung der Ressourcen für die Schule Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 0224 Motion Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden (Sprecherin), und Samuel Schmid, EDU, Biberstein, betreffend Förderung der psychischen Gesundheit im Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 0225 Motion Hansjörg Knecht, SVP, Leibstadt (Sprecher), Thierry Burkart, FDP, Baden, und Peter Voser, CVP, Killwangen, betreffend Zurückstufung der Tätigkeiten der Schweizerischen Steuerkonferenz auf die informelle Ebene; Einreichung und schriftliche Begründung 0226 Postulat der SP-Fraktion betreffend Stärkung der Schulleitungen durch Verbesserung von Aus- und Weiterbildung; Einreichung und schriftliche Begründung 0227 Postulat Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden, und Samuel Schmid, EDU, Biberstein (Sprecher), betreffend Versorgung durch niedergelassene Psychiater im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung 0228 Postulat Kathrin Nadler, SP, Lenzburg (Sprecherin), Esther Gebhard, EVP, MörikenWildegg, Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, betreffend Reduktion der Klassengrösse bei den Berufsfachschulen; Einreichung und schriftliche Begründung 0229 Interpellation der SVP-Fraktion betreffend Kostenentwicklung der Sanierungsarbeiten der SMDK Kölliken; Einreichung und schriftliche Begründung 0230 Interpellation der SP-Fraktion betreffend Frühförderung von Kindern und Unterstützung der Erziehungsberechtigten; Einreichung und schriftliche Begründung 0231 Interpellation der SP-Fraktion betreffend Integrative Schulung im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Seite 418 418 419 419 420 421 422 422 423 423 424 416 15. September 2009 0232 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, vom 15. September 2009 betreffend Umfahrung Mellingen Abschnitt 2 (Knoten Birrfeldstrasse bis Knoten Lenzburgerstrasse); Einreichung und schriftliche Begründung 424 0233 Motion Jörg Hunn, SVP, Riniken, Richard Plüss, SVP, Lupfig, Dr. Jürg StüssiLauterburg, SVP, Windisch (Sprecher), vom 9. Juni 2009 betreffend kostenneutrale Erhöhung des Kinderabzugs im Steuergesetz bei gleichzeitiger Abschaffung des Abzugs für die Betreuung der Kinder ausserhalb des Haushalts; Fortsetzung der Beratung; Ablehnung 425 0234 Motion der Fraktionen der FDP und CVP-BDP vom 23. Juni 2009 betreffend ausgeglichenes Budget 2010 und Stärkung des Standorts Aargau; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung 428 0235 Interpellation der Fraktion der Grünen vom 9. Juni 2009 betreffend Wahlverfahren in den Bankrat der Aargauischen Kantonalbank; Beantwortung und Erledigung 428 0236 Postulat Dr. Dragan Najman, SD, Baden, vom 9. Juni 2009 betreffend Verstärkung der Position des Kantons Aargau innerhalb der Schweiz; Ablehnung 430 0237 Gemeinde Brunegg; Bauzonen- und Kulturlandplan, Genehmigung; Publikation; Auftrag an Staatskanzlei "Steirüti"; 432 0238 Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB); Beitritt des Kantons Aargau; Zustimmung mit Vorbehalt; Ermächtigung an Regierungsrat; fakultatives Referendum; Auftrag an Staatskanzlei 433 0239 Auftrag Richard Plüss, SVP, Lupfig, vom 3. März 2009 betreffend Übernahme der Führungsrolle zur Realisierung eines Blockheizkraftwerks auf der Basis von Holz im Zusammenhang mit der Spitalsanierung des Kantonsspitals Baden; Überweisung an den Regierungsrat 439 0240 Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 31. März 2009 betreffend Gefahrenpotenzial der Kernkraftwerke Beznau I und II, Leibstadt und Gösgen; Beantwortung und Erledigung 441 0241 Interpellation Elisabeth Burgener, SP, Gipf-Oberfrick (Sprecherin), Regula BachmannSteiner, CVP, Magden, Gertrud Häseli-Stadler, Grüne, Wittnau, Christopf Riner, SVP, Zeihen, vom 5. Mai 2009 betreffend Haltung und weiteres Vorgehen des Regierungsrats im Zusammenhang mit einem möglichen Tiefenlager im Kanton Aargau am Beispiel des Bözberges; Beantwortung und Erledigung 443 0242 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 3. März 2009 betreffend Qualität der Agglomerationsprogramme "Aargau-Ost" und "AareLand"; Beantwortung und Erledigung 445 0243 Interpellation Peter Jean-Richard, SP, Aarau, vom 17. März 2009 betreffend Rolle der Jäger bei der Wiederansiedlung des Luchses und der möglichen Entschärfung des Wildschweinproblems durch den Luchs; Beantwortung und Erledigung 447 0244 Interpellation Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 30. Juni 2009 betreffend Prüfungsexperten bei Lehrabschlussprüfungen (LAP); Beantwortung; Erledigung 449 417 Teiländerung Art. 0221–0222 15. September 2009 Vorsitzender: Ich begrüsse Sie zur 12. Sitzung der laufenden Legislaturperiode. 0221 Inpflichtnahmen; Richterwahlen, I. Staatsanwalt, neues Mitglied Bankrat Aargauische Kantonalbank, Mitglied Erziehungsrat Vorsitzender: Ich bitte alle Anwesenden im Saal, sich für die Inpflichtnahme zu erheben. Es werden die an der Morgensitzung Gewählten in Pflicht genommen: Fabian Hess, Boniswil, Sandra Massari, Rombach, Roger Seiler, Hermetschwil-Staffeln, Patricia Waller, Aarau, als Ersatzrichter/-innen des Obergerichts; Gabriele Gersbach, Baden-Rütihof, als nebenamtliche Richterin des Verwaltungsgerichts; Reto P. Miloni, Hausen, Christian Bolleter, Wettingen, Olaf Kiener, Niederrohrdorf, Kenad Melunović, Suhr, als Ersatzrichter des Verwaltungsgerichts; Meinrad Vetter, Brugg, Stefan Meichssner, Rombach, als Stellvertreter des Präsidenten und Vizepräsidenten des Handelsgerichts; Dominik Gruntz, Wettingen, Thomas Friedli, Würenlingen, als Handelsrichter; Peter Hohn, Baden, Alfred Baumgartner, Schinznach Bad, als nebenamtliche Mitglieder der Schätzungskommission nach Baugesetz; Marcello Biondo, Zofingen, als nebenamtliches Ersatzmitglied des Steuerrekursgerichts; Andreas Clavadetscher, Lenzburg, als nebenamtliches Mitglied des Rekursgerichts im Ausländerrecht; Maja Gehrig, Brugg, als Ersatzrichterin des Rekursgerichts im Ausländerrecht; Peter Heuberger, Aarau, als I. Staatsanwalt; Hans-Peter Kunz, Oftringen, als Mitglied des Bankrats der Aargauischen Kantonalbank; Simona Brizzi, Ennetbaden, als Mitglied des Erziehungsrats 0222 Motion der Fraktionen der SP (Sprecherin), der EVP und der Grünen betreffend Erhalt und Rekrutierung einer genügend grossen Anzahl von gut qualifizierten Lehrpersonen für die Schule Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Von den Fraktionen der SP (Sprecherin), der EVP und der Grünen wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird gebeten, anlässlich der Revision des Lohndekrets für Lehrpersonen Massnahmen vorzusehen, die der Schule Aargau mittel- und langfristig eine genügend grosse Anzahl von gut qualifizierten Lehrpersonen sichern. Insbesondere sind dabei folgende Massnahmen umzusetzen: - Der Berufsauftrag der Lehrpersonen ist neu zu definieren. Er soll so beschrieben werden, dass die einzelnen Teilaufträge klar sind. Jeder Teilauftrag soll mit einem realistischen Zeitbudget versehen werden. Die Aufträge müssen innerhalb der Normarbeitszeit in guter Qualität erfüllbar sein. - Die Verlässlichkeit der Arbeitsbedingungen muss erhöht werden. Die jährlichen Schwankungen des Anstellungsgrads müssen beseitigt werden. Die Löhne sind regelmässig der Teuerung anzupassen, wie dies in den übrigen Kantonen der Nordwestschweiz die Regel ist. - Die Lohnentwicklung, insbesondere die Entwicklung der Positionslöhne, muss kontinuierlich unter Berücksichtigung des Marktumfeldes erfolgen. Unter Markt sind die gesamte Deutschschweiz und im Besonderen die vier Trägerkantone der Pädagogischen Hochschule der Nordwestschweiz zu verstehen. Auch ein Vergleich mit den Löhnen der übrigen (Fach)-Hochschulberufe ist einzubeziehen. - Der Altersrücktritt muss flexibilisiert werden, um der hohen psychischen Belastung der Lehrpersonen Rechnung zu tragen. An den Kosten beteiligen sich die Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber. Begründung: Die Personalsituation für die Lehrpersonen ist in der Schweiz und besonders im Kanton Aargau besorgniserregend. Der Mangel an qualifizierten Lehrpersonen ist bereits Realität. Einzelne Fakten mögen dies belegen: - Schweizweit zeichnet sich ein Mangel an Lehrpersonen ab. In den nächsten 15 Jahren werden überdurchschnittlich viele Lehrpersonen pensioniert. Die Anzahl der Studierenden an den Pädagogischen Hochschulen stagniert und reicht bei Weitem nicht aus, um die Abgänge zu ersetzen. Rekrutierungen aus Deutschland und Österreich dürften nicht mehr im bisherigen 418 15. September 2009 Art. 0223–0224 Ausmass möglich sein, da sich auch dort ein Lehrpersonenmangel abzeichnet. - Junge Männer wenden sich fast ganz vom Lehrberuf ab. - Das Interesse am Lehrberuf ist im Kanton Aargau besonders tief. Proportional gibt es bei uns nur halb so viele PH-Studierende wie z.B. im Kanton Bern. - Eine im Auftrag von LCH erstellte Studie zur Berufszufriedenheit 2006 zeigt für den Kanton Aargau im Vergleich zum schweizerischen Durchschnitt eine signifikant höhere Unzufriedenheit, insbesondere im Bereich Verlässlichkeit der Arbeitsbedingungen. - Die Anfangslöhne für die aargauischen Lehrpersonen (Positionslöhne) sind im Vergleich zur übrigen Schweiz seit 2005 markant gesunken. - Eine Studie, durchgeführt von Trachsel und iafob im Auftrage des BKS 2008 zeigt auf: - 20 % der Lehrpersonen zeigen Burn-out-Symptome. - Die durchschnittlich geleistete Überzeit beträgt 25 %. Die Situation lässt sich so zusammenfassen: Die Schweiz steuert auf einen empfindlichen Lehrpersonenmangel zu. Der Kanton Aargau steht offensichtlich im Wettbewerb um genügend qualifizierte Lehrpersonen schlecht gerüstet da. Genügend qualifizierte Lehrpersonen sind die wichtigste Voraussetzung für eine gute Bildung. Es ist daher unerlässlich, dass der Kanton Aargau nun entschlossen und rasch Massnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt für Lehrpersonen ergreift. Ein zögerliches Verhalten riskiert die Qualität der aargauischen Schule. Bereits heute sind viele Schulbehörden genötigt, Lehrerstellen mit Bewerbern zu besetzen, die sie als qualitativ ungenügend beurteilen. Der Kanton Aargau kann es sich nicht leisten, dieser Tendenz tatenlos zuzusehen. 0223 Motion der Fraktionen der SP (Sprecherin), der CVP-BDP, der EVP und der Grünen betreffend bedarfsgerechte Steuerung der Ressourcen für die Schule Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Von den Fraktionen der SP (Sprecherin), der CVP-BDP, der EVP und der Grünen wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird gebeten, das Schulgesetz zu überarbeiten, um die Ressourcen für die einzelnen Schulen und Abteilungen bedarfsgerecht zuteilen zu können. Die Ressourcen für die einzelnen Schulen sollen stärker als heute gemäss ihren Schülerzahlen definiert werden. Belastete Schulen und Abteilungen erhalten zusätzliche Ressourcen, insbesondere um schwierige Klassen zum Beispiel im Teamteaching führen zu können. Die zusätzlich gesprochenen Ressourcen dürfen nicht zu Lasten der übrigen Abteilungen und Gemeinden gehen. Die heute anzutreffenden Abteilungsmaxima von bis zu 31 Schüler/Schülerinnen in einer Primarabteilung sollen verunmöglicht werden. Begründung: Bei der Abstimmung über das Bildungskleeblatt wurde auch die Ressourcensteuerung mit Sozialindex abgelehnt. Allerdings wurde in der Debatte um das Bildungskleeblatt der Grundsatz der Ressourcensteuerung nach Bedarf ebenso wenig in Frage gestellt wie die Notwendigkeit von zusätzlichen Ressourcen für schwierige Klassen, insbesondere in der Realschule. Von den Gegnern des Bildungskleeblatts wurde stets betont, dass sie die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Realschule unterstützen. Die Kritik an der Vorlage zur Ressourcensteuerung mit Sozialindex richtete sich zum einen gegen das Maximum von 140 %, zum andern gegen die als zu zahlreich und kompliziert empfundenen Indikatoren zur Bemessung des Sozialindexes. Dieser Kritik ist Rechnung zu tragen. Eine strukturelle Verbesserung der Situation der Realschule ist nach dem Nein zum Bildungskleeblatt kurzfristig nicht realisierbar. Umso wichtiger ist es deshalb, den Problemen der Realschule und anderen belasteten Abteilungen und Schulen mit einer besseren Personal- und Ressourcensituation zu begegnen. 0224 Motion Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden (Sprecherin), und Samuel Schmid, EDU, Biberstein, betreffend Förderung der psychischen Gesundheit im Aargau; Einreichung 419 Art. 0225 15. September 2009 und schriftliche Begründung Von Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden (Sprecherin), Samuel Schmid, EDU, Biberstein, und 55 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird eingeladen, ein umfassendes Konzept zur Förderung der psychischen Gesundheit im Aargau zu erarbeiten und dem Grossen Rat vorzulegen. Dazu gehört insbesondere auch der Bereich Prävention. Begründung: Die Stiftung "Gesundheitsförderung Schweiz" hat bereits im Jahr 2005 die wissenschaftlichen Grundlagen für eine nationale Strategie zur Stressprävention und Förderung psychischer Gesundheit in der Schweiz erarbeitet. Im Bericht wird Folgendes festgehalten: "Die grosse Mehrheit der Bevölkerung in der Schweiz schätzt zwar ihr psychisches Wohlbefinden als hoch ein, psychische Störungen sowie Suizid treten jedoch im internationalen Vergleich deutlich über dem Durchschnitt auf. Rund die Hälfte leidet während ihres Lebens mindestens einmal an einer psychischen Störung, vor allem an affektiven und Angst-Störungen. Bestimmte Bevölkerungsgruppen, insbesondere 15- bis 24jährige Menschen, 45- bis 54-jährige Frauen sowie Männer über 50, leiden mit steigender Tendenz an mangelnder psychischer Ausgeglichenheit und tiefer Kontrolle über das eigene Leben oder konsumieren regelmässig Schlaf- und Beruhigungsmittel. Der psychische Gesundheitszustand der Bevölkerung hat sich im Erwerbsalter deutlich verschlechtert. Seit 1986 hat sich die Anzahl InvalidenRentner/-innen verdoppelt und die infolge psychischer Beeinträchtigung ausgesprochenen Renten haben sich fast vervierfacht." Der Referenzrahmen der Nationalen Gesundheitspolitik von Bund und Kantonen empfiehlt unter anderem die Förderung der psychischen Gesundheit in Familie, Schule und Arbeit und definiert zur Verbesserung der psychischen Gesundheit folgende Ziele: "Bis zum Jahr 2020 sollte sich die psychische Gesundheit der Bevölkerung verbessern, und für Personen mit psychischen Problemen sollten bessere umfassende Dienste verfügbar und zugänglich sein. In diesem Zusammenhang sollten insbesondere folgende Teilziele erreicht werden: 1. Die Prävalenz und die gesundheitsschädigenden Auswirkungen von psychischen Problemen sollten sich erheblich verringern, und die Bevölkerung sollte besser befähigt werden, stressreiche Lebensereignisse zu bewältigen. 2. Die Suizidraten sollten um mindestens einen Drittel zurückgehen, wobei die signifikantesten Verringerungen in den Ländern und Bevölkerungsgruppen mit derzeit hohen Suizidraten erreicht werden sollten (Schweizerische Gesellschaft für Prävention und Gesundheitswesen 2002)." Die psychiatrische Versorgung der Aargauer Bevölkerung gehört zum Kernauftrag der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) und wird mit den drei Säulen Psychiatrische Klinik Königsfelden (PKF), Externer psychiatrischer Dienst (EPD) und Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD) sichergestellt. Zur Förderung der psychischen Gesundheit Aargau ist "Prävention" als vierte Säule unabdingbar. Dem Themenbereich "Übergewicht und Bewegungsmangel" hat der Kanton mit dem Schwerpunkteprogramm "Gesundes Körpergewicht" (SPP GKG) Rechnung getragen: Auch im Bereich "Psychische Gesundheit" herrscht dringender Handlungsbedarf. Zu einem ganzheitlichen Konzept "Psychische Gesundheit Aargau" gehört nebst der psychiatrischen Versorgung zwingend auch die vierte Säule "Prävention". Eine Renovation der drei vorhandenen Säulen PKF, EPD und KJPD ist nur sinnvoll und zukunftsorientiert auf der Grundlage des Vier-SäulenModells. 0225 Motion Hansjörg Knecht, SVP, Leibstadt (Sprecher), Thierry Burkart, FDP, Baden, und Peter Voser, CVP, Killwangen, betreffend Zurückstufung der Tätigkeiten der Schweizerischen Steuerkonferenz auf die informelle Ebene; Einreichung und schriftliche Begründung Von Hansjörg Knecht, SVP, Leibstadt (Sprecher), Thierry Burkart, FDP, Baden, Peter Voser, CVP, 420 15. September 2009 Art. 0226 Killwangen, und 63 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird beauftragt, Massnahmen in die Wege zu leiten, um die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) wieder auf die informelle Ebene zurückzuführen, wie dies bei deren Gründung anno 1919 auch beabsichtigt war. Der Regierungsrat wirkt bei der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) darauf hin, dass diese von der SSK fordert, ihr Wegleitungen und Kreisschreiben sowie wichtige Neuerungen rechtzeitig zu unterbreiten. Überdies hat ein ordentliches Vernehmlassungsverfahren unter Einbezug der kantonalen Parteien und der kantonalen Wirtschaftsverbände stattzufinden. Die genannten SSK-Publikationen sind vor Inkrafttreten durch die FDK zu genehmigen. Der Regierungsrat unterbreitet dem Grossen Rat alle jene Entscheide der SSK, die über einen Verordnungs- oder Gesetzescharakter verfügen, das heisst Entscheide, welche geeignet sind, die Praxis der Steuerverwaltung relevant zu ändern. Bei Entscheidungen der SSK, die nicht solchen Charakter aufweisen, äussert sich der Regierungsrat – oder zumindest der kantonale Finanzdirektor – zur Umsetzung der Wegleitungen und Kreisschreiben der SSK. Begründung: Sinn und Zweck der SSK war ursprünglich, den Informationsaustausch und die reibungslose Abwicklung des Kontakts unter den kantonalen Steuerverwaltungen sicherzustellen. Die Konferenz hat damit informellen Charakter. Sie verfügt über keine verfassungsmässige Grundlage und schon gar nicht über gesetzgeberische Kompetenzen. In jüngster Vergangenheit hat sich die SSK zunehmend in heikle politische Bereiche eingemischt und ganz direkt versucht zu legiferieren. Dass die SSK mit ihren Weisungen steuerrechtlich weitreichende Beschlüsse verursacht, obwohl sie keinen Auftrag und keine Legitimation zur Gesetzgebung hat, ist störend. Als problematisch erweisen sich u.a. die Kreisschreiben, die faktisch oft Verordnungs- bzw. Gesetzescharakter entwickelt haben. Konkrete Beispiele, die insbesondere auch vom Schweizerischen Gewerbeverband kritisiert wurden, sind der Neue Lohnausweis und die Berechnung der Vermögenssteuer auf Wertpapieren. Bei diesen Weichenstellungen wurde der Weg der Vernehmlassung (insbesondere bei betroffenen Verbänden) umgangen. So wurden weitreichende Entscheide am Parlament vorbei getroffen und mussten von der Politik faktisch übernommen werden. Dies alles steht in diametralem Widerspruch zu den Grundregeln unserer direkten Demokratie. Eine Oberaufsicht über die SSK soll mithelfen, diese Eigendynamik zu unterbinden. 0226 Postulat der SP-Fraktion betreffend Stärkung der Schulleitungen durch Verbesserung von Aus- und Weiterbildung; Einreichung und schriftliche Begründung Von der SP-Fraktion wird folgendes Postulat eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird aufgefordert, dem Parlament Verbesserungsvorschläge in folgenden Bereichen zu unterbreiten: - Wirksamkeit bestehender Schulleitungsmodelle (vor allem strukturell betrachtet) - die Rekrutierung und Eignungsabklärung von Schulleitungspersonen - berufsbegleitende Schulleitungsausbildung für Lehrpersonen - fachliche Begleitung der Berufseinführung von Schulleitungspersonen - die Weiterbildung von Schulleitungspersonen nach abgeschlossener Ausbildung Begründung: Die Schulleitungen sind nun an allen aargauischen Schulen eingeführt. Der Stand der Umsetzung an den einzelnen Schulen ist jedoch noch sehr unterschiedlich. Weiter unterscheiden sich die Schulleitungsmodelle sowohl in Bezug auf ihre Ausgestaltung als auch in Bezug auf ihre Wirksamkeit sehr stark. Durch die unterschiedlichen Modelle finden die Lehrpersonen an verschiedenen Schulen 421 Art. 0227–0228 15. September 2009 auch sehr unterschiedliche Arbeitssituationen vor. Es ist wichtig, dass der Kanton in Bezug auf die Wirksamkeit und Tauglichkeit der Führungsorganisation Rahmenbedingungen setzt und deren Einhaltung überprüft. Die externe Schulevaluation überprüft die Qualität der Schule vor Ort und wird nicht in Frage gestellt. Wir erwarten eine Strukturüberprüfung der verschiedenen Modelle. Die Rekrutierung angehender Schulleitungspersonen erfolgt zu wenig systematisch. Durch den Umstand, dass interessierte Personen bereits Führungsverantwortung innehaben müssen, um zur Ausbildung zugelassen zu werden, können Lehrpersonen, die diese Möglichkeiten an ihrer Schule nicht haben, ihr mögliches Führungspotenzial nicht nutzen und werden wenn überhaupt nur mit grossen Hürden zur Ausbildung zugelassen. Hier sind einerseits weniger restriktive Aufnahmekriterien gefragt und andererseits alternative Ausbildungsmodelle zu prüfen. Die Arbeitsbedingungen der Lehrpersonen hängen stark von der Kompetenz der Schulleitung ab. Die Führungs- und Sachkompetenzen sind heute zu unterschiedlich. Die Fachhochschule sollte daher spezifische und differenzierte Möglichkeiten anbieten, um bestehenden Defiziten entgegenwirken zu können. Schulleitungen müssen einerseits verpflichtet werden, sich berufsbegleitend weiterzubilden, andererseits müssen ihnen die zeitlichen Ressourcen für die Weiterbildung zur Verfügung gestellt werden. 0227 Postulat Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden, und Samuel Schmid, EDU, Biberstein (Sprecher), betreffend Versorgung durch niedergelassene Psychiater im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Von Vreni Friker-Kaspar, SVP, Oberentfelden, Samuel Schmid, EDU, Biberstein (Sprecher), und 62 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird gebeten, einen Bericht über die Aargauer Ärztedichte im Fachbereich Psychiatrie im Vergleich zu Kantonen mit ähnlichen Strukturen zu erstellen und, falls notwendig, geeignete Massnahmen vorzuschlagen, welche zur Verbesserung der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Psychiater und damit zur Entlastung der Psychiatrischen Dienste Aargau beitragen. Begründung: Gemäss Aussagen der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) verfügt die Aargauer Psychiatrie im Vergleich zu den Kantonen Solothurn, Thurgau, Graubünden und Baselland über die geringste Ärztedichte, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dies erzeugt zusätzlichen Druck auf die Versorgungsstrukturen der PDAG. Offenkundig gibt es zu wenig niedergelassene Psychiater, welche zu einer optimalen Abdeckung der ambulanten psychiatrischen Versorgung beitragen können. Da es sich nach Einschätzung der Fachleute bei der Psychiatrie um einen "Wachstumsmarkt" handelt, ist mit einem tendenziell steigenden Bedarf an niedergelassenen Psychiatern zu rechnen. 0228 Postulat Kathrin Nadler, SP, Lenzburg (Sprecherin), Esther Gebhard, EVP, MörikenWildegg, Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, und Kathrin Fricker, Grüne, Baden, betreffend Reduktion der Klassengrösse bei den Berufsfachschulen; Einreichung und schriftliche Begründung Von Kathrin Nadler, SP, Lenzburg (Sprecherin), Esther Gebhard, EVP, Möriken-Wildegg, Renate Gautschy, FDP, Gontenschwil, Kathrin Fricker, Grüne, Baden, und 28 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat eingereicht: Text: Die Sparmassnahme von 2001, die die Erhöhung der Klassengrössen an Berufsfachschulen von 24 auf 26 Lernende verlangte, soll rückgängig gemacht werden. Begründung: 422 15. September 2008 Art. 0229–0230 Die Berufsschulen haben damals mit einem gewissen Verständnis auf die Massnahme reagiert. Seither haben sich jedoch einige Rahmenbedingungen verändert. Die früheren Anlehren gibt es nicht mehr, daher hat die Heterogenität der Lerngruppen insbesondere bei der Detailhandelsabteilung verstärkt zugenommen. Die Ansprüche an einen individualisierten Unterricht sowie an vermehrte Einzelbetreuungen können bei der momentanen Klassengrösse kaum mehr geleistet werden. In der Berufsbildung werden zunehmend Zusatzangebote notwendig, die diese Entwicklung bestätigen. (Cobe, FIB, Case Management...) Die höheren Ansprüche an die Betreuung und Unterstützung der einzelnen Lernenden haben leider einen vermehrten Abgang hoch qualifizierter Lehrpersonen zur Folge, insbesondere an den kaufmännischen Berufsschulen. Die Rekrutierung von Lehrpersonen wird zunehmend schwieriger. Damit ein qualitativ hochstehender und zeitgemässer Unterricht gewährleistet werden kann, muss die Obergrenze der Klassengrösse unbedingt gesenkt werden. 0229 Interpellation der SVP-Fraktion betreffend Kostenentwicklung der Sanierungsarbeiten der SMDK Kölliken; Einreichung und schriftliche Begründung Von der SVP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Die Rückbauarbeiten sind seit einiger Zeit im Gange. Nachdem diese von Rückschlägen betroffen worden sind, interessiert: 1. Welches ist der aktuelle Stand der Kosten? 2. Welche Endkosten sind aus heutiger Sicht zu erwarten? 3. Bei allfälligen Mehrkosten – wie gedenkt der Regierungsrat diese zu kompensieren? 0230 Interpellation der SP-Fraktion betreffend Frühförderung von Kindern und Unterstützung der Erziehungsberechtigten; Einreichung und schriftliche Begründung Von der SP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Beim Eintritt in den Kindergarten weisen die Kinder neben Entwicklungsunterschieden auch grosse sprachliche wie soziale Differenzen aus. Die Wurzeln des Schulerfolges werden bereits im Kleinkindalter gelegt, das heisst in den ersten drei bis vier Lebensjahren. Die Chancengerechtigkeit ist bereits beim Eintritt in den Kindergarten resp. in die Schule längst nicht mehr gegeben. Das Aufholen der Defizite ist aufwändig und wird schwieriger je älter die Kinder sind. Die Mütter- und Väterberatung, die in der Regel während des ersten Jahres nach der Geburt die Eltern unterstützend und beratend begleitet, erweist sich als sehr sinnvoll und hilfreich. Einige Gemeindeverbände haben das Angebot ausgeweitet. Damit die Chancengerechtigkeit für alle Kinder beim Kindergarten- resp. Schuleintritt möglichst vorhanden ist, drängen sich eine frühere Förderung der Kinder und eine begleitende Unterstützung der Eltern auf. Dank einer Früherfassung von Defiziten und Schwierigkeiten kann effizient und auch kostengünstig reagiert werden. Die Aufgabe der Erziehungsberechtigten ist eine verantwortungs- und anspruchsvolle Aufgabe. Damit sie diese Aufgabe im Sinne einer gesunden Entwicklung der Kinder wahrnehmen können, ist eine frühe Unterstützung und Begleitung ein wirksames Mittel. Immer wieder wird gefordert, die Eltern bei Schulschwierigkeiten in Pflicht zu nehmen. Werden sie zu einem frühen Zeitpunkt abgeholt, kann vielen Schwierigkeiten schon zu Beginn entgegengewirkt werden. Studien, Untersuchungen wie auch die Praxis belegen die Wirksamkeit der frühen Förderung und Unterstützung. Werden Familien dank Angeboten gestärkt, können sie auch vermehrt die Eigenverantwortung wahrnehmen. Fragen: 1. Teilt der Regierungsrat die Ansicht, dass Frühförderung ein taugliches Mittel ist, der klaffenden 423 Art. 0231–0232 15. September 2009 Chancenungerechtigkeit beim Eintritt in den Kindergarten resp. in die Schule entgegenzuwirken? 2. Sieht der Regierungsrat in Bezug auf Förderung und Unterstützung Handlungsbedarf, um die Sprach- und Sozialkompetenz, aber auch die Persönlichkeitsentwicklung bereits vor Kindergartenresp. Schuleintritt zu fördern? 3. Welche Probleme können aus Sicht des Regierungsrats mit Frühförderung angegangen werden? 4. Welche Maßnahmen gedenkt der Regierungsrat zu planen, um die Erziehungsberechtigten möglichst früh einzubeziehen und zu unterstützen? 5. Welchen Zeithorizont für eine mögliche Umsetzung von Maßnahmen sieht der Regierungsrat vor? 0231 Interpellation der SP-Fraktion betreffend Integrative Schulung im Kanton Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung Von der SP-Fraktion wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Die "Integrative Schulung" (IS) ist unabhängig vom Ausgang der Bildungsabstimmung vom 17. Mai 09 am Laufen und wird als nötige und positive Veränderung und Entwicklung unserer Volksschule und Gesellschaft wahrgenommen und unterstützt. Unser Kanton hat sich verpflichtet, mit dem Systemwechsel von Separation zu Integration ein breites und qualitativ gutes Angebot zu gewährleisten. Nach erfolgter Einführung erkennen und erfahren die Schulen die Entlastung, die dank IS erreicht werden kann. Der Gewinn für die Kinder und Jugendlichen ist unbestritten. Die Einführung indes ist belastend und fordert heraus. Viele Schulen haben zum Teil unter erschwerten Bedingungen IS eingeführt oder sind daran, IS umzusetzen. Ein zentrales Problem ist auch die Umsetzung der "Unterstützenden Massnahmen im Einzelfall" (UME), die Kinder und Jugendliche mit eigentlichen Behinderungen resp. Sonderschulbedürftigkeit betreffen, die in der Regelschule verbleiben. Geregelt sind die UME durch das Betreuungsgesetz. Die Unterstützungen sind wichtig und notwendig, der Aufwand, diese zu erhalten, erscheint oft in einem Missverhältnis. Es gibt viele Schnittstellen, die unklar sind. Auf dem Papier wäre die Abgrenzung zwar gezogen, die Praxis ist aber mit grossen Schwierigkeiten konfrontiert. Wir bitten den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie sieht die Übergangsphase zu IS und UME personell aus? Was unternimmt der Kanton gegen den bestehenden Mangel an Fachpersonal? Wie wird das professionelle Angebot, das den Bedürfnissen der verschiedenen Behinderungsformen gerecht wird, gewährleistet? 2. Wie stellt der Kanton die dringend nötigen Ressourcen für UME-Stunden und bei der Einführung von IS sicher? 3. Wie sieht der Zeitplan aus? 4. Betroffen von der Umstellung sind auch die Logopädie und die Psychomotorik. Wie sieht hier die Unterstützung seitens des Kantons aus? 5. IS hat zu markantem Anstieg von "Regelschülerinnen und -schülern" geführt, die in die Sonderschulen wechseln. Wie erklärt sich der Regierungsrat das? Wie beurteilt der Regierungsrat diese Entwicklung? 6. Wie werden die nötigen Strukturen, die Finanzierung und die Qualitätssicherung an den Sonderschulen durch diese Mehrbelastung gewährleistet? Ist sich der Regierungsrat der grossen Belastung für die Sonderschulen bewusst? 7. Auf der anderen Seite ist die Integration von so genannten "HPS-Schülerinnen und -Schülern" ein wichtiges Thema. Die Regelschulen sind jedoch weder personell, infrastrukturell noch finanziell gerüstet. Was geschieht mit Kindern und Jugendlichen, welche durch zu massive Beeinträchtigungen in den Regelklassen überfordert sind? 8. Wie und wann kommuniziert der Regierungsrat, wie gedenkt er die Integrative Schulung nach Ablehnung des Bildungskleeblattes fortzusetzen? 0232 Interpellation Sämi Richner, EVP, Auenstein, betreffend Umfahrung Mellingen Abschnitt 2 (Knoten Birrfeldstrasse bis Knoten Lenzburgerstrasse); Einreichung und schriftliche Begründung 424 15. September 2009 Art. 0233 Von Sämi Richner, EVP, Auenstein, wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Der Abschnitt 2 (Knoten Birrfeldstrasse bis Knoten Lenzburgerstrasse) der geplanten Umfahrung Mellingen ist gemäss neusten Erkenntnissen von den Untergrundverhältnissen her noch viel schwieriger zu bauen, als in der Grobplanung angenommen wurde. Das schlägt sich logischerweise in massiv höheren Baukosten nieder. Der Regierungsrat wird daher eingeladen, folgende Fragen zu beantworten: 1. Kosten 1.a) Wie hoch waren die veranschlagten Kosten für Abschnitt 2 bei der Vorlage an den Grossen Rat mit Richtplananpassung (geänderte Linienführung)? 1.b) Wie hoch werden die Kosten effektiv sein für Abschnitt 2 der Umfahrung nach dem aktuellen Wissensstand? 1.c) Welche landschaftsverträglichen und nachhaltigen Lärmschutzmassnahmen für die von der Umfahrung Abschnitt 2 betroffene Bevölkerung sind darin enthalten? 1.d) Wie hoch sind die Kosten für die ca. 200m lange und 7 m hohe Überführung, welche den Abschnitt 2 im Bereich Büblikerweg 10 (Haus Widmann) überquert? 1.e) Trifft es zu, dass der Bund im Rahmen des Agglomerationsprogramms die eingereichten Projekte gesichtet, bewertet und priorisiert hat und in diesem Zusammenhang die Umfahrung Mellingen in Priorität C zurückgestuft wurde, d.h. dass für dieses Projekt vorläufig keine Bundesgelder fliessen ? Wenn ja, welchen Einfluss hat es auf die nachfolgenden Fragen? 2. Prioritätenliste nach Kosten/Nutzen im Strassenbau Wo reihte sich das Projekt Umfahrung Mellingen Abschnitt 2 in der Prioritätenliste im Vergleich zu andern Strassenprojekten im Aargau ein, 2.a) bei der Grobplanung der letzten Richtplananpassung mit Spezialzuschuss der Stadt Mellingen? 2.b) bei der Grobplanung der letzten Richtplananpassung ohne Spezialzuschuss der Stadt Mellingen? 2.c) nach den Kostenberechnungen mit dem aktuellen Wissensstand mit Spezialzuschuss der Stadt Mellingen? 2.d) nach den Kostenberechnungen mit dem aktuellen Wissensstand ohne Spezialzuschuss der Stadt Mellingen? 3. Verkehrsleitsystem als Alternative Wurde als Alternative zum Abschnitt 2 der Umfahrung Mellingen ein Verkehrsleitsystem geprüft, um die Verkehrsströme vom geplanten Kreisel "Birrfeldstrasse" von Abschnitt 1 grossräumig über das Birrfeld in Richtung Autobahn N1 zu leiten? 0233 Motion Jörg Hunn, SVP, Riniken, Richard Plüss, SVP, Lupfig, Dr. Jürg StüssiLauterburg, SVP, Windisch (Sprecher), vom 9. Juni 2009 betreffend kostenneutrale Erhöhung des Kinderabzugs im Steuergesetz bei gleichzeitiger Abschaffung des Abzugs für die Betreuung der Kinder ausserhalb des Haushalts; Fortsetzung der Beratung; Ablehnung (vgl. Art. 0220) Bhend Martin, EVP, Oftringen: Ich nehme es vorweg, die EVP unterstützt die Motion. Ich bin von der Argumentation der Grünen ein bisschen überrascht: Das ist doch eine Vorlage, die auch ökologisch sinnvoll wäre, weil sie den Eltern die Argumentationsmöglichkeit entzieht, ein zweites Auto anschaffen zu müssen. Im Ernst: Die EVP hat sich in der Vergangenheit mit verschiedenen Vorstössen aus den eigenen Reihen in ähnlicher Sache engagiert. Die im Steuergesetz festgehaltenen unterschiedlichen Summen betreffend Kinderabzüge für extern betreute und im eigenen Haushalt betreute Kinder sind heute – weil ungerecht – nicht mehr erklär- und tragbar. Ich erkläre Ihnen kurz warum: Die letzte Steuergesetzrevision hat unter anderem nebst der Entlastung für Unternehmer und Rentner auch den Kleinverdienern eine enorme Entlastung beschert. Dies ist richtig so und soll auch so bleiben. Unserer Ansicht nach ist damit die Basis für eine zusätzliche Entlastung durch höhere Kinderabzüge der Doppelverdiener, die ihre Kinder ausserhalb des Haushalts betreuen lassen, als für Eltern, die ihre Kinder im eigenen Haushalt betreuen, nicht mehr gegeben. Aus pädagogischer Sicht ist zudem die 425 Art. 0233 15. September 2009 Elternbetreuung nach wie vor grundsätzlich der externen Betreuung vorzuziehen, dies unter anderem auch, weil wir uns als christliches Abendland nach wie vor zur traditionellen Familienform bekennen. Da "Kinder haben" heute in Anbetracht der demografischen Entwicklung gesellschaftspolitisch unheimlich wichtig ist und da auch das Familienleben – wie fast alles – immer kostspieliger wird, macht eine grundsätzliche Änderung der Gesetzgebung jedoch Sinn. Die Gesellschaft und damit auch der Staat muss sich immer mehr mit Vehemenz hinter die Familien stellen und wir können dies mit diesem kleinen Zeichen auch tun. Wir unterstützen diese Motion und bitten Sie um Überweisung. Guhl Bernhard, BDP, Niederrohrdorf: Ich spreche zu Ihnen als eine von dieser Motion direkt betroffene Person. Ich denke nicht, dass ich Völkerrecht verletze. Meine zwei Töchter besuchen an zwei Tagen in der Woche eine Kinderkrippe, eine private Kinderkrippe. Unsere Kinderkrippe wird daher weder durch eine Gemeinde noch durch eine Kirche oder ein Unternehmen unterstützt. Wir zahlen also den vollen Beitrag selbst. Unsere KITA hat – wie viele andere – keine staatliche Unterstützung, wie uns dies die Motion glaubhaft machen will. Durch diese Fremdbetreuung hat meine Frau die Möglichkeit, an zwei Tagen in ihrem angestammten Beruf zu arbeiten. Mit ihrem Lohn können wir die Kinderkrippe bezahlen. Durch den Verdienst meiner Frau zahlen wir jedoch mehr Steuern. Wenn wir nun den Lohn meiner Frau, abzüglich der Kosten der Kinderkrippe und abzüglich der zusätzlichen Steuern nehmen, die anfallen, weil meine Frau verdient, dann bleibt nicht mehr viel von diesem Lohn übrig. Von Bevorteilung der Doppelverdienenden in unserem Fall kann keine Rede sein! Wir bezahlen mehr Steuern als Eltern, die ihre Kinder selbst zu Hause betreuen. In der Kinderkrippe werden durch unseren Fremdbetreuungsauftrag Arbeitsplätze geschaffen. Die Kinderkrippe bezahlt Steuern und die Mitarbeiter der Krippe ebenfalls. Dadurch, dass meine Frau stets im Beruf bleibt, kann sie, wenn die Kinder erwachsen sind, gut wieder voll arbeiten gehen und wird dann ebenfalls mehr Steuern bezahlen, wogegen es Personen, die zwanzig Jahre weg vom Job waren, schwer haben, einen Job zu finden. Der Staat und die Wirtschaft müssten also sehr daran interessiert sein, dass beide Elternteile zumindest teilweise im Berufsleben bleiben. Langfristig gesehen zählt also dieses Argument der Steuererleichterung für Doppelverdiener nicht. Ich finde es natürlich auch sehr schön, wenn Eltern ihre Kinder voll und ganz selbst familienintern zu Hause betreuen. Das sollen alle machen, die es können. Benachteiligt werden diese Eltern vom Staat jedoch nicht, denn sie haben auch diese effektiven Betreuungskosten nicht, ergo kann von Bevorteilung derjenigen Eltern, die ihre Kinder in der Krippe betreuen lassen, nicht die Rede sein. Der Steuerabzug, welcher gemäss Motion gestrichen werden soll, kann nur auf dem zusätzlichen Einkommen gemacht werden, also auf dem Einkommen, durch welches die Fremdbetreuung erst nötig wird. Bitte beachten Sie auch, dass nur ein Bruchteil der effektiven Fremdbetreuungskosten abgezogen werden kann. Würde die Motion angenommen und umgesetzt, würde es für unsere Familie kaum mehr Sinn machen, dass meine Frau arbeiten geht: Die zusätzlichen Steuereinnahmen würden wegfallen wie auch eine Teilzeitstelle in der Krippe. Wer also familieninterne Kinderbetreuung als einzig richtige anschaut und wer möchte, dass die Frauen an den Herd zurückkehren, der Stimme dieser Motion zu, wer aber offen ist und beide Betreuungsformen als gleichwertig akzeptiert, der lehne die Motion ab. Schmid Samuel, EDU, Biberstein: Ich darf gerade an meinen Vorredner anknüpfen und dadurch den Trugschluss zeigen, der hier bereits mehrmals im Rat vollzogen wurde. Es geht eben nicht einfach nur um die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der externen Kinderbetreuung, sondern gleichzeitig um die Anhebung des Kinderabzugs. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Es geht gleichzeitig um die Anhebung des Kinderabzugs, was zur Folge hat, dass endlich auch in diesem Punkt eine Gerechtigkeit hergestellt wird. Der Regierungsrat stützt sich in seiner Begründung im Grundsatz darauf, dass Betreuungsabzüge nur geltend gemacht werden können, wenn auch Betreuungskosten entstehen. Das ist – mit Verlaub – die mathematische Seite des Problems. Aber hier zeigt sich auch gerade das Grundproblem, nämlich wie wir Familienpolitik anschauen. Es geht bei der Familienpolitik eben nicht einfach nur um die mathematische Seite – und das ist eine familienpolitische Vorlage –, sondern es geht um die menschliche Seite! Zurzeit setzen wir das fragwürdige Signal: Arbeit in der Wirtschaft ist wertvoller als Arbeit in der Familie. Das kann es doch wirklich nicht sein. Wir wollen nun nicht mathematisch, sondern menschlich denken und den menschlichen Aspekt anfügen. Ich möchte Ihnen dazu drei Gründe zeigen, die Sie hoffentlich überzeugen werden und die ich jeweils an unterschiedliche politische Seiten hier im Saal richte. Zum ethischen Aspekt: Kinder sind wertvoll. Das ist – denke ich – unbestritten. Aber die Betreuung der Kinder ist mindestens ebenso wertvoll und wichtig wie die Berufstätigkeit. Kinder sind wertvoll und deren Betreuung ist wertvoll, ob sie jetzt fremd betreut oder innerhalb der Familie betreut werden. 426 15. September 2009 Art. 0233 Zum sozialen Aspekt: Für kinderreiche Familien ist eine Fremdbetreuung häufig schlicht und einfach nicht bezahlbar. Denken Sie an eine Familie mit drei oder vier Kindern: Diese können sich Kinderkrippen nicht leisten. Zudem, denken wir an die schlecht qualifizierten Elternteile: Eine Fremdbetreuung ihrer Kinder, um arbeiten zu gehen, lohnt sich häufig nicht, weil die Fremdbetreuung mehr kostet, als das Einkommen einbringen würde. Diese Regelung, wie wir sie jetzt haben, kommt einzig und allein mittel- und gutverdienenden Elternteilen zugute. Aber auch Leute mit unteren Einkommen haben Anrecht darauf, dass sie Abzüge geltend machen können. Auch sie haben dasselbe Recht wie Leute mit mittleren und hohen Einkommen, was hinreichend bekannt sein sollte. Schlussendlich zum ökonomischen Aspekt: Wie schön ist es doch – ich möchte Ihnen diese Chance aufzeigen –: Sie können Gerechtigkeit schaffen, ohne dass es mehr kostet. Sie können auf der Grundlage der Kostenneutralität Gerechtigkeit schaffen. Setzen Sie ein klares Zeichen! Geben Sie die Chance für eine gerechte Lösung, die eben nicht mehr kostet! Setzen Sie ein klares Zeichen dafür, dass Kinder wertvoll und förderungswürdig sind, egal ob sie zu Hause oder in einer Krippe betreut werden! Beseitigen Sie die stossenden Ungerechtigkeiten und unterstützen Sie die Motion! Ich betone noch einmal: Mit der Motion verbunden ist auch die Erhöhung des Kinderabzugs. Dieser kommt allen gleichermassen in wahrer Gerechtigkeit zugute. Die EDU empfiehlt Ihnen deshalb herzlichst und wärmstens, die Motion zu überweisen. Eliassen Vecko Eva, Grüne, Obersiggenthal: Ich stehe hier als Einzelvotantin, weil meine Fraktion kein Fraktionsvotum beschlossen hat. Wir lehnen diese Motion grundsätzlich ab, und zwar schon aufgrund eines rechnerischen Grundsatzes: Berufstätige Eltern geben ihre Kinder höchstens einen Viertel ihrer Lebenszeit ab, die restliche Zeit betreuen sie ihre Kinder auch selber. Ich möchte daran erinnern, dass externe Kinderbetreuung von der Wirtschaft initiiert und gepuscht worden ist und nicht von den Netten und Linken, wie das immer dargestellt wird. Nun zum Grund, warum ich überhaupt hier stehe: Philosophisch kann ich dem Vorstoss und der Argumentation von Jürg Stüssi durchaus folgen. Ich finde die philosophische und gesellschaftliche Aussage dahinter durchaus hochinteressant. Diesem Gedankenzug folgend könnten wir nämlich gelegentlich wieder einmal darüber reden, wie die übrige Gratisarbeit zu Hause abgegolten werden soll. Ein ziemlich grosser Anteil der Gratisarbeit wird mehrheitlich von Frauen geleistet. Denken Sie einmal darüber nach. Hunn Jörg, SVP, Riniken: Die Argumentation des Regierungsrates und vieler meiner Vorrednerinnen und Vorredner kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Der Regierungsrat schreibt in seiner Stellungnahme unter anderem Folgendes: "Der Abzug für die notwendige Drittbetreuung trage gerade dem Umstand Rechnung, dass infolge Geldausgabe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit geschmälert sei." Da stellt sich für mich unweigerlich die Frage: Wird denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht geschmälert, wenn nur ein Elternteil ein Lohneinkommen hat beziehungsweise wenn die beiden Eltern zusammen wegen der Kinderbetreuung nur ein 100 Prozent Arbeitspensum ausüben können? Das ist doch genau das Gleiche, wie wenn beide Eltern über 100 Prozent arbeiten und für die Drittbetreuung ihrer Kinder Geld ausgeben. Bitte stimmen Sie unserer Motion zu, damit die Gleichbehandlung hergestellt werden kann. Brogli Roland, Landammann, CVP: Die Motionäre haben zur Thematik der Kinderbetreuung bereits im Januar dieses Jahres eine Motion eingereicht, die der Grosse Rat am 5. Mai 2009 abgelehnt hat. Damals wollten die Motionäre einen Kinderbetreuungsabzug für die eigene Kinderbetreuung einführen, das heisst für Familien, die ihre Kinder ohne externe Hilfe alleine zu Hause betreuen. Nach der Ablehnung jenes Anliegens wollen die Motionäre ihr Ziel nun dadurch erreichen, dass der Abzug für die externe Kinderbetreuung, der auch noch nicht so lange existiert, abgeschafft und dafür der Kinderabzug erhöht werden soll. Die Motionäre vertreten die Auffassung, das heutige System sei ungerecht, weil Familien mit eigener Kinderbetreuung auf einen Zweiterwerb verzichten und deshalb schlechter gestellt seien als Familien mit zwei Erwerben und einer externen Kinderbetreuung mit entsprechendem Kinderbetreuungskostenabzug. Diese Auffassung trifft nicht zu, meine Damen und Herren! Es geht auch nicht um die Bevorteilung einer gewissen Familienform. Das Steuergesetz richtet sich konsequent und ausschliesslich nach der Besteuerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wobei das Gesamteinkommen der Familie massgebend ist. Das heisst, wer auf ein Zweiteinkommen verzichtet, bewirkt eine höhere Steuerbelastung und darf deshalb nicht mit einem zusätzlichen oder erhöhten Kinderabzug belohnt werden. Vergleicht man aber zwei Familien mit demselben Gesamteinkommen, von denen die eine die Kinder selber betreut und die andere auf eine Fremdbetreuung angewiesen ist, so steht die Familie mit der Fremdbetreuung wirtschaftlich schlechter da, denn sie muss vom Gesamteinkommen noch die Kinderbetreuungskosten bezahlen. Deshalb ist ein Kinderbetreuungskostenabzug notwendig. Dieser Abzug bewirkt eben gerade, dass die 427 Art. 0234–0235 15. September 2009 Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erfolgt. Würde man das Anliegen der Motionäre umsetzen, wäre dies eine Abkehr vom Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das hätte eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung der Familie mit notwendiger Drittbetreuung zur Folge. Der Regierungsrat legt in seiner Stellungnahme dar, dass auf Bundesebene zurzeit eine Revision zur Entlastung von Familien mit Kindern im Gange ist. Die Revision enthält die zwingende Vorgabe an die Kantone, einen Kinderbetreuungskostenabzug vorzusehen. Der National- und der Ständerat sind sich in diesem Punkte einig. Es bestehen lediglich noch zwei kleinere Differenzen, die in der laufenden Session bereinigt werden sollen. Damit steht fest, dass die Kantone künftig nicht auf einen Kinderbetreuungskostenabzug für Fremdbetreuung verzichten dürfen. Ein Verzicht liesse sich in der Praxis nicht durchsetzen, da die Steuerpflichtigen den Abzug einklagen könnten. Ich bitte Sie deshalb namens des Regierungsrats, die Motion abzulehnen. Die neuerliche Einreichung einer modifizierten Fassung der Motion vom 13. Januar 2009 und die Entwicklung sowie die Diskussionen dazu auf Bundesebene sprechen klar gegen eine Überweisung. Abstimmung Die Motion wird mit 82 gegen 51 Stimmen abgelehnt. 0234 Motion der Fraktionen der FDP und CVP-BDP vom 23. Juni 2009 betreffend ausgeglichenes Budget 2010 und Stärkung des Standorts Aargau; Überweisung an den Regierungsrat und gleichzeitige Abschreibung (vgl. Art. 0086) Antrag des Regierungsrats vom 12. August 2009: Der Regierungsrat nimmt die Motion entgegen und beantragt mit folgender Begründung die gleichzeitige Abschreibung: Das Anliegen der Motion der Fraktionen der FDP und CVP-BDP, das Budget 2010 unter Verwendung der Bilanzausgleichsreserve ausgeglichen zu gestalten, hatte für den Regierungsrat während der verwaltungsinternen Erstellung des Aufgaben- und Finanzplans (AFP) 2010–2013 eine sehr hohe Priorität. Dank der vom Grossen Rat am 30. Juni 2009 bewilligten Bilanzausgleichsreserve von 190 Millionen Franken zulasten des Ergebnisses der Jahresrechnung 2008 wurden die Voraussetzungen geschafft, trotz dem sich verschlechterten Konjunkturumfeld und den damit niedrigeren Steuererträgen ein ausgeglichenes Budget 2010 vorlegen zu können. Der Budgetausgleich wird im Rahmen der Vorlage zum AFP 2010–2013 eingehend kommentiert. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 750.–. Vorsitzender: Weder der Überweisung noch der Abschreibung erwächst Opposition. Damit ist der Vorstoss stillschweigend an den Regierungsrat überwiesen und gleichzeitig als erfüllt von der Kontrolle abgeschrieben. 0235 Interpellation der Fraktion der Grünen vom 9. Juni 2009 betreffend Wahlverfahren in den Bankrat der Aargauischen Kantonalbank; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 57) Antwort des Regierungsrats vom 1. Juli 2009: Zur Frage 1: "Ein aussenstehender Headhunter nimmt bei der Auswahl der Kandidierenden entscheidende Weichenstellungen vor. Er kann die Kandidierenden jedoch lediglich nach fachlichen Kriterien prüfen. Für die Beurteilung politischer Gesichtspunkte ist er ungeeignet. Wir haben in den letzten Monaten erlebt, wie Bankfachleute versagt haben und wie die Politik rettend in die Wirtschaft eingreifen musste. - Ist der Regierungsrat der Meinung, bei der Wahl eines Bankrats / einer Bankrätin sollten diesmal – 428 15. September 2009 Art. 0235 im Gegensatz zu früheren Wahlen und trotz der Geschehnisse der letzten Monate – ausschliesslich fachliche Kriterien entscheidend sein? - Welche Kriterien stehen, zusätzlich zu denen aus § 8 des Gesetzes über die AKB, im Vordergrund?" Das Verfahren zur Wahl von Mitgliedern des Bankrats der Aargauischen Kantonalbank (AKB) ist gesetzlich detailliert geregelt. Die Regelungen im Gesetz über die Aargauische Kantonalbank vom 27. März 2007 (AKBG; SAR 681.100), das am 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, sehen folgenden Ablauf vor: Gemäss § 7 Abs. 2 AKBG wählt der Grosse Rat auf Antrag des Regierungsrats die Mitglieder sowie die Präsidentin oder den Präsidenten des Bankrats. Die Wahlvoraussetzungen gemäss § 8 AKBG müssen dabei eingehalten werden: Wählbar sind Personen, die Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten und einen guten Ruf geniessen; die Mehrheit des Bankrats muss zudem über ausgewiesene Kenntnisse in Unternehmensführung oder in den Bereichen Finanzdienstleistung, Rechnungslegung oder Recht verfügen. Die Kriterien gemäss § 8 AKBG und die regulatorischen Vorgaben der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) sind für den Regierungsrat bindend. Dem Bankrat steht es gemäss § 8 Abs. 3 des Geschäfts- und Organisationsreglements der Aargauischen Kantonalbank vom 3. April 2008 (SAR 681.121) zu, seine Nachfolge zu planen, die Kriterien für die Auswahl festzulegen und dem Regierungsrat Kandidierende vorzuschlagen. Gemäss § 4 des Reglements der Aargauischen Kantonalbank über die Corporate Governance vom 3. April 2008 sollen dem Bankrat Personen mit den erforderlichen Fähigkeiten angehören, damit eine eigenständige und konstruktive Willensbildung im kritischen Gedankenaustausch mit der Geschäftsleitung gewährleistet ist. Seine Mitglieder sollen zudem Erfahrung und Wissen aus verschiedenen Bereichen einbringen, um die Funktionen von Leitung und Kontrolle optimal unter sich verteilen zu können. Schliesslich sollen sie die Unabhängigkeitskriterien der Bankenaufsicht erfüllen, und es wird eine ausgewogene Zusammensetzung des Bankrats angestrebt. Der Bankrat muss folglich bei der Nachfolgeplanung auf die für die Bildung seiner Ausschüsse zwingend erforderlichen Kenntnisse achten, weshalb seitens des Bankrats im Speziellen ein künftiges Mitglied für einen vakanten Platz im Prüfungs- und Risikoausschuss gesucht wurde. Der Bankrat ist dabei ebenso wie der Regierungsrat an die Kriterien gemäss § 8 AKBG und die regulatorischen Vorgaben der Finma gebunden. Gemäss Finma-Rundschreiben 2008/24 vom 20. November 2008, in Kraft seit 1. Januar 2009, "verfügen Mitglieder des Audit Committees über gute Kenntnisse und Erfahrung im Finanz- und Rechnungswesen und sind mit der Tätigkeit der internen und externen Prüfer vertraut". Der Bankrat hat in Abstimmung mit dem Regierungsrat eine öffentliche Ausschreibung der vakanten Position vorgenommen. Er hat eine externe Personalberatung mit der neutralen Durchführung des Prozesses beauftragt, wobei diese bei der Auswahl der Kandidierenden keine Entscheide fällte. Die inhaltliche Beurteilung sämtlicher Kandidierenden wurde durch eine Delegation des leitenden Ausschusses des Bankrats (Präsident, Vizepräsident, Vorsteher des Departements Finanzen und Ressourcen) vorgenommen. Weder eine Konsultation politischer Parteien und Fraktionen durch den Regierungsrat oder Bankrat noch eine proportionale Vertretung von Exponenten der politischen Parteien im Bankrat der AKB ist gesetzlich vorgesehen. Dies entspricht der Stossrichtung des AKB-Gesetzes, das eine Auswahl der Mitglieder des Bankrats gemäss fachlicher Eignung und funktionalen Kriterien statt politischen Kriterien vorsieht. Der Regierungsrat hält die gesetzlichen Kriterien und regulatorischen Vorgaben für sinnvoll und zielgerichtet, da sie der Transparenz, Good Governance, Risikominimierung und Leistungsfähigkeit der Kantonalbank dienen. Eine politische Einflussnahme auf die Tätigkeit der AKB hat im Rahmen der Gesetzgebung gemäss § 2 AKBG zu erfolgen. Das gewählte Auswahlverfahren entspricht somit dem Willen des Gesetzgebers. Regierungsrat und Bankrat halten sich an die Abläufe und Kriterien, wie sie im AKBG vorgesehen sind. Für das neue Mitglied des Bankrats sind gute Kenntnisse in Finanz- und Rechnungswesen erforderlich; es muss keine Bankfachperson sein, wie in der Frage des Vorstosses dargestellt wird. Zur Frage 2: "Falls nach Meinung des Regierungsrats ausschliesslich fachliche Kriterien gelten sollten, stellt sich die Frage, warum diese nicht konsequent auf alle Bankräte angewendet werden. Als Standard sollen dann die Leistungen von allen Verwaltungsräten regelmässig überprüft werden. Wiederwahlen sollen keine Selbstverständlichkeit mehr sein. Die bisherigen Bankräte wurden unseres Wissens nicht durch einen Headhunter gefunden, noch mussten sie ein erneutes Assessment 429 Art. 0236 15. September 2009 durchlaufen. - Ist der Regierungsrat nicht auch der Meinung, dass unter diesen neuen Vorgaben auch die bisherigen Bankrätinnen und Bankräte einem Assessment unterzogen und die Wiederwahl bis zum Abschluss des Assessments ausgesetzt werden sollten?" Die Kriterien gemäss § 8 AKBG gelten aus Sicht des Regierungsrats für alle zu wählenden Mitglieder des Bankrats, unabhängig davon, ob es sich um eine Neuwahl oder Wiederwahl handelt. Der Regierungsrat wie auch der Bankrat beurteilen die Kriterien gemäss § 8 AKBG bei allen zur Wahl vorgeschlagenen Mitgliedern des Bankrats als erfüllt. Dabei ist insbesondere festzuhalten, dass die bisherigen, zur Wiederwahl vorgeschlagenen Mitglieder vor ihrer ersten Wahl ein analoges Auswahlverfahren wie der zur Neuwahl vorgeschlagene Kandidat durchliefen. Es wurde ebenfalls eine Ausschreibung durchgeführt, im Rahmen derer sie sich aufgrund ihrer Qualifikationen gegenüber anderen Bewerbern durchsetzen konnten. Sie haben sich zudem im Rahmen ihrer nun vierjährigen Tätigkeit als Bankräte bewährt. Die Wiederwahl der bisherigen Bankräte ist auch im Sinne der Kontinuität in der gegenwärtig für die Bankbranche herausforderungsreichen Zeit angezeigt. Der Regierungsrat ist daher nicht der Meinung, dass die bisherigen Mitglieder des Bankrats einem Assessment zu unterziehen sind. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'871.–. Eliassen Vecko Eva, Grüne, Obersiggenthal: Rein sachlich müssen wir uns mit der Beantwortung unserer Interpellation zufrieden geben. Sie hören, dass sich die Begeisterung in Grenzen hält. Wir bemängeln das Vorgehen und den mangelnden Einbezug des Grossen Rates. Die Kantonalbank gehört als öffentlich-rechtliche Anstalt immer noch dem Aargauer Volk. Bei der Ausarbeitung des neuen Bankgesetzes, des Geschäfts- und Organisationsreglements wurde von uns und anderen Grossräten bemängelt, dass der Grossrat nach den neuen Bestimmungen zum "Kopfnickergremium" wird. Dies ist nicht im Sinn der Wähler und Wählerinnen sowie der Steuerzahler. Der Unterschied zu einer privaten Bank ist dann nicht mehr sehr gross. Eine Privatisierung würden wir entschieden bekämpfen. Wir stellen fest, dass die Information und die Transparenz zur Ausschreibung sehr dürftig waren und unbemerkt am Grossen Rat vorbeigingen, auch wenn das Wahlverfahren nach dem neuen Geschäftsund Organisationsreglement und dem Bankengesetz rechtens ist. Wir sind als Politiker und Politikerinnen nicht über die Vorgaben der Finma (Finanzmarktaufsicht) orientiert oder über den Hintergrund und die Zielrichtungen der einzelnen Audit- oder Arbeitsgruppen innerhalb des neuen verkleinerten Bankrats. Es kann sein, dass andere Parteien, deren Mitglieder im Bankrat sitzen, darüber Bescheid wissen und wussten. Wir gehören nicht dazu und sind daher auf offizielle Verlautbarungen angewiesen. So hörten wir denn zum ersten Mal anfangs Juni eine einleuchtende Begründung zu den besonderen Anforderungen an das neue Bankratsmitglied. Diese kam nicht etwa aus dem zuständigen Departement. Das geschah, bevor wir die Beantwortung unserer Interpellation in den Händen hatten, in der dann diese Begründung auch erwähnt wurde. Das neu zu wählende Bankratsmitglied musste eine Vakanz im Prüfungs- und Risikoausschuss ausfüllen. Dass diese Anforderungen zwingende Vorgaben der Finma sind, war für uns neu. Dies ging vermutlich auch diversen anderen Grossratsmitgliedern so. Wenn solche Zusammenhänge für alle transparenter gewesen wären, nicht nur für diejenigen Parteien, die im Bankrat involviert sind, hätte sich die Aufregung in Grenzen halten können. Wir müssen uns rein sachlich gesehen mit der Beantwortung unserer Interpellation zufrieden geben. Wir sind mit dem Vorgehen, der Transparenz und der Informationspolitik nicht zufrieden. Wir fügen uns zähneknirschend einem Bankengesetz, für das wir nicht mit Überzeugung einstehen können, weil es die Bankpolitik dem Einfluss der Stimmbürger und Stimmbürgerinnen sowie der Steuerzahler wie auch der Volksvertreter und Gesetzgeber gänzlich entzieht. Damit sind wir ganz und gar nicht zufrieden; aber das geht über die Fragestellung dieser Interpellation hinaus. Vorsitzender: Die Interpellantin erklärt sich von der Antwort befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0236 Postulat Dr. Dragan Najman, SD, Baden, vom 9. Juni 2009 betreffend Verstärkung der Position des Kantons Aargau innerhalb der Schweiz; Ablehnung (vgl. Art. 0055) 430 15. September 2009 Art. 0236 Antrag des Regierungsrats vom 19. August 2009 Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender Begründung ab: Der Regierungsrat setzt sich generell für eine starke Positionierung des Kantons Aargau gegenüber den anderen Kantonen und dem Bund ein. Er nutzt die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente des Schweizer Föderalismus sehr gezielt, um die Interessen des Kantons einzubringen und seine Position innerhalb der Schweiz zu stärken. Dies wird er auch in Zukunft so handhaben. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 602.50. Dr. Najman Dragan, SD, Baden: Ich danke dem Regierungsrat für seine "ausführliche" Antwort auf mein Postulat. Die knapp 5 Zeilen sind zumindest ausführlich im Vergleich zu den jeweiligen Antworten des damaligen Regierungsrates Dr. Jörg Ursprung in der Fragestunde, die wir seinerzeit im Grossen Rat hatten. Dieser hatte die Frechheit besessen, auf für ihn missliebige Fragen einfach lapidar mit Ja oder Nein zu antworten. Da ich nicht in dieselbe Frechheit verfallen möchte, erlaube ich mir, etwas ausführlicher zu werden. Dabei kann ich natürlich nicht auf alle Diskriminierungen eingehen, die sich der Kanton Aargau in den letzten Jahrzehnten hat gefallen lassen müssen. 1. Zur Diskriminierung im Bahnverkehr, zumindest für den Ostaargau: Die besten und schnellsten Zugverbindungen zwischen Zürich und Bern fahren am Ostaargau vorbei. Seit der Eröffnung des Heitersbergtunnels fahren die besten Zugverbindungen zwischen diesen beiden Metropolen am Aargau vorbei, eventuell wird hie und da in "grosszügiger Weise" ein Halt in Aarau eingeschaltet. Oder handelt es sich hier eher um eine Alibiübung? Irgendwie logisch, denn der Ostaargau ist ja wirtschaftlich und politisch eine "quantité négligeable". Oder irre ich mich da vielleicht? Nicht erst seit der famosen Bahn 2000, sondern schon früher ging der Aargau praktisch bei jeder grösseren Fahrplanänderung einiger wichtiger Zugverbindungen verlustig. 2. Betreffend Aargauer Bundesräte: Es gibt wohl kaum einen Kanton, insbesondere nicht von der Grösse und vom wirtschaftlichen Gewicht des Kantons Aargau, der so wenige Bundesräte gestellt hat, zumindest nicht im 20. Jahrhundert. 3. Zur Stromversorgung: Bei den KKWs liegt der Kanton Aargau an der Spitze. Drei von fünf schweizerischen KKWs befinden sich auf Aargauer Territorium. Gösgen, ein viertes KKW, liegt unmittelbar neben dem Kanton Aargau. Die meisten für die Entsorgung radioaktiver Abfälle in die nähere Auswahl kommenden Orte liegen im Kanton Aargau. 4. Last but not least unterstützt der Regierungsrat – wenn auch wohl ungewollt – mein Postulat in seiner Antwort auf meine Interpellation betreffend zu hohe Nitratwerte im Grundwasser. Er gibt unter anderem zu, dass gleich mehrere Gespräche von landwirtschaftlichen Stellen, unter anderem von Liebegg, mit Bern rein gar nichts gebracht haben. 5. Dass sich der Kanton Aargau auch sonst immer wieder über den Tisch ziehen lässt, habe ich in meinem Postulat erwähnt. Ich nenne als Beispiel die Beiträge an die Zürcher Westumfahrung beziehungsweise die Nichtbeiträge bei der dritten Baregg-Röhre. Wenn wir schon beim Thema Strassen sind: Der Aargau wird – dies wurde ebenfalls im Postulat erwähnt – von Ost nach West und von Nord nach Süd von Autobahnen durchquert. Näheres zu diesem Punkt steht in meinem Postulat ebenfalls deutsch und deutlich geschrieben. Ich hoffe, dass die Damen und Herren Grossräte mein Postulat etwas aufmerksamer gelesen haben als der Regierungsrat. Ich bitte Sie deshalb, mein Postulat zu überweisen. Damit können wir ein Signal nach Bern schicken. Sollte das Postulat nicht überwiesen werden, würde das gerade das Gegenteil bewirken. Wir würden damit der ganzen Schweiz zeigen: Seht, nicht einmal die Aargauer Volksvertreter wollen, dass der Aargau in Bern etwas besser angesehen wird! Brogli Roland, Landammann, CVP: Was lässt sich dazu noch sagen? Der Postulant rennt offene Türen ein und fordert Massnahmen, die seit langem und nicht erst seit heute als Selbstverständlichkeit gelten. Der Regierungsrat setzt sich generell für eine starke Positionierung des Kantons Aargau gegenüber den anderen Kantonen und dem Bund ein. Er nutzt die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente des Schweizer Föderalismus ganz gezielt, um die Interessen des Kantons einzubringen und seine Position innerhalb der Schweiz zu stärken. Zu diesen Instrumenten zählen unter anderem die Arbeit in interkantonalen Gremien, Vernehmlassungen gegenüber dem Bund, die aktive Information über regierungsrätliche Beschlüsse und Positionen, die Netzwerkpflege und Kontakte zu Bundesparlamentariern, auch zum Bundesrat, zu Wirtschaftsverbänden und Unternehmen im In- und Ausland, aber auch die Imagepflege im Rahmen von Veranstaltungen und politischen Initiativen. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen glaube ich, sagen zu dürfen, dass der Kanton Aargau 431 Art. 0237 15. September 2009 schweizweit als dynamischer und leistungsfähiger Kanton wahrgenommen wird. Der Regierungsrat wird auch in Zukunft die Interessen des Kantons hochhalten und gegen aussen vertreten. Namens des Regierungsrates bitte ich Sie deshalb, das Postulat abzulehnen. Abstimmung Das Postulat wird mit 104 gegen 18 Stimmen abgelehnt. 0237 Gemeinde Brunegg; Bauzonen- und Kulturlandplan, Genehmigung; Publikation; Auftrag an Staatskanzlei Teiländerung "Steirüti"; (Vorlage des Regierungsrats vom 27. Mai 2009) Keller Martin, SVP, Obersiggenthal, Präsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung UBV: Diese Vorlage geht bis auf eine Sitzung des Grossen Rats vom 16.09.1997 zurück. Damals hat der Grosse Rat die Nutzungsplanung der Gemeinde Brunegg genehmigt, mit Ausnahme der Zuweisung des nun diskutierten Gebiets "Steirüti" in die Wohnzone. Die Teiländerung "Steirüti" der Gemeindeversammlung Brunegg vom 25.06.2003 wurde im Januar 2005 vom Grossen Rat erneut abgelehnt. Die Gemeinde Brunegg hat daraufhin eine umfassende Überprüfung vorgenommen. Die aktuell vorliegende Teiländerung des Bauzonen- und Kulturlandplans wurde von der Gemeindeversammlung am 24.06.2008 beschlossen. Im Wesentlichen sieht diese eine Zuweisung zur Landwirtschaftszone vor, wobei zwei Parzellen mit ergänzenden Bauvorschriften der Bauzone zugewiesen werden. Beratung in der Kommission: An ihrer Sitzung vom 12.08.2009 hat die Kommission UBV die Vorlage beraten. Das Eintreten und auch die Vorlage im Grundsätzlichen waren unbestritten. Nach einem kurzen Meinungsaustausch folgte die Kommission mit einer grossen Mehrheit dem Antrag des Regierungsrats. Es wurden keine weiteren Anträge von Kommissionsmitgliedern gestellt. Die Kommission stimmte der Teiländerung "Steirüti" des Bauzonen- und Kulturlandplans der Gemeinde Brunegg und somit dem Antrag des Regierungsrats mit 11 gegen 1 Stimme, bei 1 Enthaltung, zu. Die Kommission UBV beantragt dem Grossen Rat Eintreten und Beschlussfassung gemäss dem Antrag des Regierungsrats. Eintreten Vorsitzender: Stillschweigend treten die Fraktionen der FDP, der SVP und der EVP auf die Vorlage ein. Wittwer Hansjörg, Grüne, Aarau: Die Vorlage erfüllt die Voraussetzungen für die Genehmigung. Es sind ja bloss zwei zusätzliche Parzellen und sogar die kantonale Denkmalpflege billigt die Einzonung im Sinne eines ortsbild- und landschaftspflegerischen Kompromisses. Alles klar mit den Kompromissen? Für die Fraktion der Grünen nicht! Die Bauzonen in Brunegg weisen eine Fläche von total 34,5 ha auf. Davon sind Ende 2007 ca. 26,3 ha mehrheitlich überbaut, beziehungsweise zonenkonform genutzt und ca. 8,2 ha unüberbaut. Die unüberbauten Flächen umfassen rund 5,2 ha Wohn- und Mischzonen, ferner 3 ha Arbeitsplatzzonen. Aufgrund der rechnerischen Beurteilung der Einwohnerkapazität ist daher kein Bedarf für eine Einzonung erkennbar, vielmehr sind die Bauzonen in Brunegg nach wie vor grosszügig dimensioniert. Die Schweiz wird zugebaut! Fast 1 m2 Grünfläche pro Sekunde verschwindet unter Strassen, Einkaufszentren, Parkplätzen und Häusern. Im Zeitraum unserer Morgensitzung also die Grössenordnung von einem Fussballfeld: Grünfläche – schwups – einfach weg! Doch Boden ist nicht vermehrbar. Die freie Landschaft, Erholungsgebiete, natürliche Lebensräume und das Kulturland kommen immer mehr unter Druck. Wenn wir unsere Lebensqualität erhalten wollen, sind wir auf intakte und zusammenhängende Lebensräume für Tiere und Pflanzen angewiesen. Unser Nein zu diesem Geschäft ist gleichzeitig ein überzeugtes Ja für eine vernünftige Entwicklung und ein Ja für den Erhalt unserer wertvollen Natur- und Kulturlandschaft: also keine Kompromisse mehr! Sorry, liebe Brunegger und Bruneggerinnen: Nein zu euren überdimensionierten Bauzonen! Agustoni Roland, SP, Magden: Sie haben es gehört, am 16. September 1997 wurde dieses Geschäft im Rat schon einmal behandelt. Der Regierungsrat beantragte damals die Nichtgenehmigung der unüberbauten Bauzone im Gebiet "Steirüti". Die damalige Bau- und Planungskommission stimmte 432 15. September 2009 Art. 0238 diesem Antrag nach einem Augenschein vor Ort mit 8 zu 5 Stimmen zu. Die wichtigsten Gründe dafür waren, dass die Bauzone von Brunegg viel zu gross ist und dass in der "Steirüti" der Umgebungsschutz und der Denkmalschutz in gröbster Weise verletzt werden. Das Schloss Brunegg steht rechtskräftig unter kantonalem Denkmalschutz. Zum Schutz des freien Umgeländes des Schlosses darf in die Bauzone nicht hangaufwärts gebaut werden. Eine weitere Überbauung des Schlosshanges bis zur Waldgrenze würde die Umgebung und die Sicht auf das denkmalgeschützte Schloss nachhaltig beeinträchtigen. Eine Zonierung in der Bauzone widerspricht somit § 40 des Baugesetzes und § 12 des Denkmalschutzdekretes. Eine Überbauung wäre also rechtswidrig. Trotzdem wurde das Geschäft auf Drängen der SVP vom Grossen Rat mit 76 zu 68 Stimmen überwiesen. Nun liegt ein Kompromissvorschlag vor uns, welcher die beiden Parzellen 76 und 77 der Bauzone zuteilen will. Nach wie vor verfügt die Gemeinde über eine zu grosse Bauzone. Dass diese Fläche lediglich über ein kleines Strässchen erreichbar ist, soll uns nicht weiter kümmern, trägt aber dazu bei, dass man hier mit viel Aufwand die beiden Parzellen erschliessen könnte. Da diese Fläche am Rand liegt, ist die Beeinträchtigung auf den Schlosshang nicht mehr so stark und kann als Kompromiss noch knapp hingenommen werden. Es ist zugegeben – mein Kollege aus der Fraktion der Grünen hat es gesagt – keine optimale Lösung, korrigiert jedoch den durch die SVP angestossenen Fehlentscheid wenigstens teilweise. Die Begründungen von Seiten der SP sind dieselben wie im September 1997 und finden nun zu einem grossen Teil ihren Niederschlag in dieser Botschaft. Die SP wird diesen Kompromiss mittragen und der Botschaft zustimmen. Flach Beat, GLP, Auenstein: Die Geschichte dieser Nutzungsplanänderung ist ein Beispiel dafür, dass Raumplanung manchmal weniger ein Planungsprozess als viel mehr ein Entwicklungsprozess ist. Unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden Zersiedlung ist diese Einzonung an der Grenze dessen zu betrachten, was unter haushalterischer Bodennutzung noch zulässig ist. Aus Gründen dieses Kompromisses, wie es Herr Agustoni bereits angetönt hat, können wir der Einzonung an diesem Ort zustimmen, zumal diese beiden Landflächen derart am Rand liegen, dass sich dort ein qualitativ passender Siedlungsrand ergibt. Es darf aber nicht vergessen werden, dass Brunegg damit über mehr als genug bebaubares Land verfügt und weitere Einzonungen dort vorderhand nicht möglich sind. Flury Oliver, SVP, Lenzburg: Ich wollte eigentlich zu diesem Geschäft nichts sagen. Aber ich muss der Darstellung von Roland Agustoni widersprechen. Seit 2005 hat sich einiges geändert. Es gibt in Brunegg einen komplett neuen Gemeinderat, der die vorhandene Vorlage positiver beurteilt als der alte. Zudem wurden keine Anliegen von Direktbetroffenen an uns herangetragen. Also entscheidet sich die SVP konsequent unter Wahrung der Gemeindeautonomie für das Abstimmungsresultat der Gemeindeversammlung. Beyeler Peter C., Landstatthalter, FDP: Für ein Geschäft, das 12 Jahre alt ist, ist dies ein gutes Resultat. Stimmen Sie dem zu und beenden Sie eine lange Geschichte. Detailberatung Keine Wortmeldung Vorsitzender: Ich schlage vor, dass wir über die beiden Anträge gemeinsam abstimmen, wenn Sie damit einverstanden sind. Dies scheint der Fall zu sein. Abstimmung Den Anträgen 1 und 2 wird mit 100 gegen 18 Stimmen zugestimmt. Beschluss 1. Der Bauzonen- und Kulturlandplan, Teiländerung "Steirüti" der Gemeinde Brunegg vom 24. Juni 2008 wird genehmigt. 2. Die Staatskanzlei wird mit der Publikation im Amtsblatt beauftragt. 0238 Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB); Beitritt des Kantons Aargau; Zustimmung mit Vorbehalt; Ermächtigung an Regierungsrat; fakultatives 433 Art. 0238 15. September 2009 Referendum; Auftrag an Staatskanzlei (Vorlage des Regierungsrats vom 24. Juni 2009: Keller Martin, SVP, Obersiggenthal, Präsident der Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung UBV: Zur Ausgangslage: Die Regelung des Baupolizeirechts – dazu gehören insbesondere auch Baubegriffe und Messweisen – ist Sache der Kantone. Dies hat in den einzelnen Kantonen zu einer bunten Vielfalt von Begriffen geführt. Im Baurecht werden nicht überall die gleichen Begriffe verwendet. Identische Begriffe werden oft unterschiedlich umschrieben. Die gesamtschweizerische Vereinheitlichung der Baubegriffe und Messweisen entspricht einem breiten und nicht nur politischen Bedürfnis. So stehen auch die Fachverbände SIA und FSU hinter dieser Harmonisierung. Seitens des Bundes besteht ebenfalls ein gewisser Druck. Falls sich die Kantone nicht einig werden können, wird der Bund die Messweisen vorgeben. Nun haben die Mitglieder der Schweizerischen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) ein Konkordat – die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB) – lanciert und die allgemein gültigen Messweisen festgelegt. Bis heute sind dem Konkordat die drei Kantone Bern, Graubünden und Freiburg beigetreten, wobei sich weitere Kantone sowie der Kanton Aargau in Beitrittsberatungen befinden. Einzig der Kanton Wallis lehnt die Harmonisierung grundsätzlich ab. Das Konkordat kommt zustande, wenn 6 Kantone beigetreten sind. Zur Beratung in der Kommission: An ihrer Sitzung vom 12.08.2009 hat die Kommission UBV die Vorlage beraten. Eintreten war unbestritten. Auch stimmten alle Fraktionsvertreter und -vertreterinnen einer Harmonisierung im Grundsatz zu. Zu weiterführenden Diskussionen Anlass gaben die Dauer der Übergangsfrist von 15 anstelle von 10 Jahren und die Folgekosten für die Gemeinden. Eine Übergangsfrist von 15 Jahren würde den Druck ein wenig dämpfen, war zu hören. Von den Vertretern des Departements wurden diese Bedenken genommen und damit begründet, dass die Anpassungen bei einer nächsten Zonenplanänderung erfolgen könnten und eine solche wohl in jeder Gemeinde innerhalb der nächsten 10 Jahre anstehen werde. Die Kosten werden eindeutig bei den Gemeinden anfallen. Diese werden jedoch im Rahmen einer Gesamtüberarbeitung einen kleinen Faktor ausmachen, sprich marginal klein sein. Viel zu diskutieren gab der Begriff der "Geschossflächenziffer". In der Detailberatung wurde von allen Seiten hervorgehoben, dass die Beibehaltung der bisherigen Definition und Anwendung dieser Ausnützungsziffer eine Voraussetzung für den Beitritt des Kantons Aargau zum Konkordat sein muss, so wie es der Regierungsrat in der Botschaft vorschlägt. Von den Kommissionsmitgliedern wurden keine weiteren Anträge gestellt. Zur Abstimmung: Die Kommission UBV stimmte dem Beitritt des Kantons Aargau zur Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB) mit dem Vorbehalt bezüglich Ausnützungsziffer mit 11 gegen 0 Stimmen und mit 2 Enthaltungen zu. Eintreten Vorsitzender: Stillschweigend treten die Fraktionen der FDP, der SP, der SVP, der EVP und der CVPBDP auf die Vorlage ein. Wittwer Hansjörg, Grüne, Aarau: Die einzige nicht stillschweigende Fraktion meldet sich ganz kurz zu Wort. Wir unterstützen das Anliegen der Harmonisierung. Schade ist nur, dass sie in der Vorbereitung nicht im Sinne des Wortes umgesetzt wurde. Der Kanton Aargau bleibt wie einige andere Kantone auch bei seiner Berechnungsart der Ausnützungsziffer. Andere wollten stattdessen die Geschossflächenziffer – schade. Die konsequente Harmonisierung kann aber vielleicht im Nachhinein doch noch angestrebt werden. Was bleibt ist, dass das Gros der Begriffe und Messmethoden mit den anderen Kantonen harmonisiert wird, was ja seit dem gescheiterten Turmbau zu Babel durchaus positiv zu werten ist: Alle reden in der gleichen Sprache oder eben der fast gleichen. Flach Beat, GLP, Auenstein: Die Architekten, die Planer und deren Investoren können natürlich auch mit der vorherrschenden Vielfalt an Baubegriffen und deren Messweise operieren. Sie haben das über die Jahrzehnte hinweg gelernt und wenden es auch an. Es gibt auf der anderen Seite aber überhaupt keinen rationalen Grund dafür, dass wir 26 verschiedene Messweisen und Bezeichnungen im Baubegriffswesen beibehalten. Wenn ein Architekt oder ein Planer über die Kantonsgrenze hinweg nach einem anderen Kantonsbaugesetz plant und baut, dann muss er sich darüber im Klaren sein, 434 15. September 2009 Art. 0238 was diese Baubegriffe bedeuten. Das ist mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Dieser Mehraufwand schlägt sich natürlich in den Honorar- und in den Baukosten und schlussendlich dann auch irgendwann einmal in den Mieten nieder. Volkswirtschaftlich gibt es also überhaupt keinen Grund dafür. Es ist, wie mein Vorredner schon gesagt hat, eigentlich bedauerlich, dass man die Flächennutzungsberechnung nicht ebenfalls harmonisiert hat. Es ist aber gemessen daran, welcher Aufwand es bedeuten würde, dies im Kanton Aargau und auf unsere Ausnützungsziffern umzurechen, nicht sinnvoll, dass wir einen derartigen Aufwand auf uns nehmen. Für die Gemeinden sind die Anpassungen im Rahmen ihrer normalen Zonenplanänderungen keine allzu grosse Belastung. Wir sollten auf diese kantonale Lösung setzen, weil ansonsten tatsächlich der Bund uns vorschreiben wird, wie wir die Baubegriffe zu harmonisieren haben. Ich erinnere an die Motion, die Philipp Müller im Nationalrat eingereicht hat und die immerhin 147 Räte mitunterzeichnet haben. Darin wird gefordert, dass der Bund auf diesem Gebiet legiferiert. Als Zeichen für die anderen Kantone, die jetzt noch in dieser Verhandlung stehen, bitte ich Sie darum, dieser Vorlage mit einem deutlichen Ja zuzustimmen. Beyeler Peter C., Landstatthalter, FDP: Ich bin froh, dass Sie diese Botschaft positiv aufnehmen. Der Kanton Basel-Landschaft hat am 20. August 2009 den Vereinbarungen ebenfalls zugestimmt, das heisst, mittlerweile haben 4 Kantone zugestimmt und der Kanton Aargau wäre der fünfte Kanton; der sechste wird bald kommen, denn der Kanton Zürich sowie die Ostschweizer Kantone beraten darüber. Das Pièce de résistence war die Geschossflächenziffer. Sie war lange der Grund, weshalb kein Kanton der Harmonisierung zustimmen und diesem Konkordat beitreten wollte, weil diese Umsetzung nicht funktioniert. Es gibt keine geometrischen oder andere Faktoren, die zulassen, eine Ausnützungsziffer in eine Geschossflächenziffer umzurechen. Die Komplikationen in diesem Bereich sind gross, insbesondere wenn man sieht, dass grosse Flächen schon überbaut sind und bei Neubauten plötzlich eine andere Messweise angewandt würde. Dies würde zu Vor- und Nachteilen führen, und zwar in eklatanter Weise. Würde beispielsweise an einem gut situierten Ort ein grosser Keller für Oldtimer gebaut, dann könnte der Bauherr kein Haus mehr darüber errichten, weil die Geschossflächenziffer bereits erschöpft wäre. Es gibt einfach Sachen, die nicht funktionieren, wenn eine Umrechnung stattfindet. Auch Nutzungsübertragungen nach altem Recht sind nicht zulässig. Es gibt viele Probleme rechtlicher Art, die im Einzelfall gelöst werden müssten. Das funktioniert in der Praxis nicht. Die Baudirektorenkonferenz hat deshalb im letzten Jahr entschieden, dass man die Ausnützungsziffer in den Konkordatsvereinbarungen lassen will. Man wird darüber entscheiden und rechtlich abstimmen, sobald 6 Kantone beigetreten sind, denn dann ist die Organisation auch entscheidungsfähig. Ich nehme an, dass dies nächstes Jahr der Fall sein wird. Die Ausnützungsziffer, die vom SIA definiert wird, wird dann ein fester Bestandteil sein und demzufolge nichts Aargauspezifisches, sondern die Mehrzahl der Kantone wird sie anwenden. Ich möchte daran erinnern, dass es viele verschiedene Aargauer Gemeinden gibt, die weder eine Ausnützungsziffer noch eine Geschossflächenziffer oder andere Ziffern kennen, sondern mit anderen Messweisen operieren. Aus dieser Warte muss man es immer relativieren, wenn man sagt, es sei jetzt noch keine volle Harmonisierung vorhanden. Ich bin sicher, dass sie kommen wird. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Der letzte Redner hat es richtig gesagt: Es ist ein Zeichen, das wir an die anderen Kantone aussenden, damit man diese Harmonisierung nun wirklich schnell aufnimmt. Wenn wir von Seiten der Kantone noch lange zuwarten, dann wird der Bund aktiv werden, und das wird nach meiner Erfahrung meist auch nicht einfacher. Bitte stimmen Sie zu! Ich danke für die positive Unterstützung der Kommission und der Redner und bin gespannt auf Ihren Entscheid. Detailberatung Keine Wortmeldung Vorsitzender: Da Antrag 1 dem fakultativen Referendum untersteht, stimmen wir über diese drei Anträge einzeln ab. Abstimmungen Antrag 1 wird mit 122 gegen 0 Stimmen angenommen. 435 Art. 0238 Name Abbt-Mock Ackermann Agustoni Andermatt-Bürgler Attiger Bachmann-Steiner Basler Beck-Matti Bhend Bialek Biffiger Boeck Böni Brander Brun Brünisholz-Kämpfer Brunner Bühler Burgener Brogli Burgherr-Leu Burgherr Burkart Caflisch Christen Deppeler-Lang Dieth Dössegger Dubach Eckert Egli Eliassen Vecko Emmenegger Flach Flury Fricker Fricker Fricker Friker-Kaspar Frunz Furer Gallati Gautschy Gebhard-Schöni Giezendanner Glarner Glur Gosteli Groux Guhl Guignard Haller Haller Härri Häseli-Stadler Heller Hochreuter 15. September 2009 Vorname Alexandra Christina Adrian Roland Astrid Stephan Regula Roland Beatrice Martin Roland Gregor Rita Fredy Benjamin Christoph Friedrich Lothar Andreas Hans Ulrich Elisabeth Thomas Patrick Thierry Jürg Martin Walter Markus Hans Manfred Antoinette Dieter Eva Kurt Beat Oliver Jonas Kathrin Roger Vreni Eugen Pascal Jean-Pierre Renate Esther Benjamin Andreas A. Christian Patrick Rosmarie Bernhard Marcel Christine Stefan Max Gertrud Daniel Clemens Sitzplatz 124 121 069 100 056 063 060 133 037 015 111 099 021 006 019 137 123 116 068 051 062 122 132 066 024 093 082 135 054 098 016 104 008 115 072 039 028 003 077 081 112 084 038 053 113 050 025 138 059 032 070 033 045 020 087 004 Wohnort Islisberg Kaisten Magden Lengnau Baden Magden Staffelbach Schafisheim Oftringen Buchs Berikon Brugg Möhlin Muri Brugg Zofingen Oberentfelden Stein Gipf-Oberfrick Wiliberg Rheinfelden Baden Baden Turgi Tegerfelden Wettingen Seon Zofingen Wettingen Windisch Obersiggenthal Baden Auenstein Lenzburg Baden Baden Oberhof Oberentfelden Obersiggenthal Staufen Wohlen Gontenschwil Möriken-Wildegg Rothrist Oberwil-Lieli Murgenthal Böttstein Berikon Niederrohrdorf Aarau Reinach Wohlen Birrwil Wittnau Erlinsbach Aarau Partei CVP FDP SP SP FDP CVP BDP SP EVP EVP SVP SP SVP SVP Grüne SP CVP FDP SP SVP CVP FDP SP SP SVP CVP SVP SP FDP SP Grüne SP GLP SVP Grüne Grüne SVP SVP SVP SVP SVP FDP EVP SVP SVP SVP SVP SP BDP FDP SP BDP SVP Grüne FDP SVP Resultat Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – – Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – 436 15. September 2009 Hollinger Hottiger Hunn HuonderAschwanden Inniger Jauslin Jean-Richard Jenni Keller Klaus Günthart Klöti Knecht Köchli Koller Koller Küng Kunz Läng Lehmann-Wälchli Leitch-Frey Lepori-Scherrer Lerch-Germann Leuenberger Leuenberger Lüem Lüpold Lüscher Lüscher Mazzocco Meier Doka Meier-Pfeiffer Meier Mettler Moll-Reutercrona Morach Moser Nadler Najman Nebel Nussbaumer Marty Ochsner Plüss-Mathys Portmann-Müller Rhiner Richner Riner Roth Rüegger Rüetschi-Hartmann Ryser Scheier Schmid-Schmid Schmid Schoch Scholl Scholl 437 Art. 0238 Franz Hans-Ruedi Jörg Trudi 091 131 107 130 Brugg Zofingen Riniken Egliswil CVP CVP SVP CVP Ja – Ja – Thomas Matthias Peter Felix Martin Susanne Rainer Ernst Hansjörg Martin Marlène Peter Monika René Max Regina Thomas Theres Martin Beat Urs Daniel Thomas Brunette Rudolf Renato Nicole Erwin Titus Hansruedi Andrea Annerose Ernst Kathrin Dragan Franz Marie-Louise Bettina Richard Barbara Robert Sämi Christoph Barbara Kurt Beat Rolf Ruth Jo. Heidi Samuel Adrian Bernhard Herbert H. 108 119 101 011 080 041 085 026 017 074 067 043 034 095 049 140 126 029 046 125 120 114 022 129 103 092 110 086 014 117 078 076 134 035 083 097 118 106 009 057 013 027 102 052 031 079 012 139 030 073 088 058 Hägglingen Wohlen Aarau Oberwil-Lieli Obersiggenthal Aarau Auenstein Leibstadt Boswil Untersiggenthal Rheinfelden Wohlen Reinach Obersiggenthal Reitnau Wohlen Berikon Rothrist Schöftland Widen Hendschiken Möriken-Wildegg Magden Laufenburg Aarau Baden Tägerig Brugg Dürrenäsch Sins Obersiggenthal Würenlos Lenzburg Baden Bad Zurzach Obersiggenthal Oberlunkhofen Lupfig Lenzburg Zofingen Auenstein Zeihen Erlinsbach Rothrist Suhr Würenlingen Wettingen Muri Biberstein Fislisbach Möhlin Zofingen SVP FDP SP GLP SVP Grüne FDP SVP Grüne SVP SP Grüne SD CVP SVP SP CVP EDU SVP CVP FDP SVP SVP CVP SP CVP SVP FDP EVP FDP SVP SVP SP SD FDP SP FDP SVP GLP FDP EVP SVP SP SVP FDP SVP GLP SP EDU SVP FDP FDP Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – Ja Ja Ja – Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja – Enth Ja Ja Ja – Ja – Ja Ja Art. 0238 15. September 2009 Schöni Schreiber-Rebmann Schuhmacher Senn Sommerhalder Sprenger Steinacher-Eckert Stierli-Popp Heinrich Patricia Peter Andreas Martin Christian Martin Walter 136 071 010 096 047 061 064 109 Stöckli-Ammann Strebel Studer Stüssi-Lauterburg Ungricht Unternährer Villiger-Matter Villiger Vogt Vögtli Voser Vulliamy Wanner Weber Wehrli-Löffel Wehrli Wiederkehr Wildi Wittwer Wyss Milly Herbert Lilian Jürg Gusti Beat Andreas Jörg Franz Theo Peter Daniel Maja Ruedi Peter Daniel Kurt Daniela Hansjörg Kurt 007 127 036 105 075 005 128 044 048 065 089 023 055 042 001 002 094 018 040 090 Abstimmungsresultate: JA: NEIN: ENTHALTEN: ABWESEND: 122 000 001 017 Oftringen Wegenstetten Wettingen Würenlingen Schmiedrued Hendschiken Gansingen FischbachGöslikon Muri Muri Wettingen Windisch Bergdietikon Unterentfelden Sins Aarburg Leimbach Böttstein Killwangen Rheinfelden Würenlos Menziken Küttigen Küttigen Baden Lenzburg Aarau Leuggern SP Grüne GLP CVP SVP BDP CVP SVP Ja Ja Ja Ja Ja – Ja Ja SVP CVP EVP SVP SVP SVP CVP Grüne SVP CVP CVP SVP FDP Grüne SVP SVP CVP Grüne Grüne CVP Ja – Ja Ja – – Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja Antrag 2 wird mit 123 gegen 0 Stimmen angenommen Antrag 3 wird mit 123 Stimmen gegen 1 Stimme angenommen. Beschluss 1. Dem Beitritt des Kantons Aargau zur Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB) vom 22. September 2005/15. Januar 2009 wird zugestimmt, mit dem Vorbehalt, dass der Kanton Aargau den Begriff "Geschossflächenziffer" nicht übernimmt und weiterhin Regelungen über die Ausnützungsziffer beschliesst. 2. Es wird festgestellt, dass spätere Änderungen der IVHB für den Kanton Aargau nur gültig werden können, wenn der Grosse Rat diesen Änderungen in einem referendumspflichtigen Beschluss zugestimmt hat. 3. Der Regierungsrat wird ermächtigt, nach unbenütztem Ablauf der fakultativen Referendumsfrist gegenüber der Schweizerischen Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) beziehungsweise gegenüber dem Interkantonalen Organ den Beitritt des Kantons Aargau zur IVHB zu erklären. Die Gemeinden werden dabei nicht verpflichtet, die Ausnützungsziffer durch die Geschossflächenziffer zu ersetzen. Fakultatives Referendum: 438 15. September 2009 Art. 0239 Der Beschluss unter Ziffer 1 untersteht gemäss § 63 Abs. 1 lit. c der Kantonsverfassung dem fakultativen Referendum. – Die Staatskanzlei wird mit der Publikation im Amtsblatt beauftragt. 0239 Auftrag Richard Plüss, SVP, Lupfig, vom 3. März 2009 betreffend Übernahme der Führungsrolle zur Realisierung eines Blockheizkraftwerks auf der Basis von Holz im Zusammenhang mit der Spitalsanierung des Kantonsspitals Baden; Überweisung an den Regierungsrat (vgl. GR-Prot. 2005/09 Art. 2207) Antrag des Regierungsrats vom 26. August 2009: Der Regierungsrat ist bereit den Auftrag mit folgender Erklärung entgegenzunehmen: 1. Ausgangslage: Das Heizwerk der Kantonsspital Baden AG (KSB) ist 34 Jahre alt und versorgt mit je zwei Dampf- und Heisswasserkesseln die Regionale Wäscherei Baden, die Kantonsspital Baden AG sowie die Fernwärme Dättwil mit Energie. Die beiden Dampfkessel (15 Bar) sind der Energieversorgung der Regionalen Wäscherei zugeordnet. Die Heisswasserkessel (180 C°) versorgen das KSB und die Fernwärme Dättwil zu etwa gleichen Teilen. Im Jahr 2004 wurden die Brenner- und Kesselsteuerungen erneuert respektive ersetzt. Im Jahr 1988 wurden nach 14 Jahren die vier Brenner der Kessel gegen 2-Stoff-Low-NOX-Brenner Gas/Oel getauscht. Die restlichen Anlagen im Kesselhaus wie die Dampf- und Heisswasserkessel, Armaturen, Pumpen, Speisewassergefässe und Kondensatrückführung sind noch im Originalzustand von 1974. 2. Blockheizkraftwerk mit Biobrennstoff: Der Regierungsrat begrüsst die Nutzung der erneuerbaren Energien im Energiekanton Aargau. Sie stellen einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung von erneuerbaren Ressourcen, wie Holz dar. Zudem zielt die Aargauer Energiepolitik auf die Verbesserung der CO2-Bilanz. Der Regierungsrat setzt sich daher für eine CO 2-neutrale Energieproduktion ein. Er erachtet es deshalb als sinnvoll, wenn die heutige gasbetriebene Anlage durch eine Anlage mit erneuerbaren Energien ersetzt wird. Blockheizkraftwerke mit Holz als Brennmaterial haben einen elektrischen Wirkungsgrad im Bereich von rund 25 %. Der Gesamtwirkungsgrad kann zwischen 50 % und 60 % betragen, hängt aber davon ab, wie viel Abwärme im Jahresdurchschnitt genutzt werden kann. Weil in der warmen Jahreszeit keine Energie für die Raumerwärmung notwendig ist, kann die Abwärme eines Blockheizkraftwerks nur eingeschränkt genutzt werden. Daher kann der Regierungsrat den Bau von Blockheizkraftwerken mit reiner Holzverfeuerung zwecks Gewinnung von Wärme und Strom nicht bedingungslos unterstützen. Anders muss die Lage bei einem Blockheizkraftwerk mit Holzvergasung beurteilt werden. Der Gesamtwirkungsgrad einer Anlage mit Holzvergasung liegt zwischen 60 % und 70 %. Dabei soll aus waldfrischem Energieholz oder Altholz mittels Vergasung, kombiniert mit einer gasbetriebenen Wärme-Kraft-Koppelungsanlage, Strom und Wärme gewonnen werden. Es kann aber auch durch Methanierung Gas hergestellt werden, das in ein Erdgasnetz eingespiesen werden kann. Mit Holzvergasung werden ein höherer Gesamtwirkungsgrad und zusätzlich eine höhere Energiequalität erreicht. Erfahrungen mit Blockheizkraftwerken mit Holzvergasung sind sehr bescheiden, sie gelten nach wie vor als Pilotanlagen. Das erste Kraftwerk dieser Art mit einer Leistung von 1 MW ist bereits in Güssing (A) in Betrieb und hat die erste Pilotphase vor wenigen Monaten erfolgreich abschliessen können. 3. Konzept Energie-Hub Baden: Die Regionalwerke AG Baden haben vor rund 4 Jahren das Konzept eines Energie-Hubs mit einem Blockheizkraftwerk mit Holzvergasung mit 3,2 MW Leistung erstellt. Technische Risiken mit negativen Auswirkungen auf das Spital und die weitere Umgebung sind nach diesem Konzept beherrschbar. In der Anlage wird ausschliesslich frisches Waldholz verarbeitet und die umfassenden Reinigungsstufen repräsentieren den höchsten Stand der Technik. Der Standort direkt neben der bestehenden Heizzentrale ist ablauftechnisch optimal. Der Biomassetransport würde ab „Im Ergel“ über eine eigene Zufahrtsstrasse direkt zum Hub mit werktäglich 6 bis 10 grossen Container-Lastwagenfahrten erfolgen. Aufgrund der guten Resultate der Pilotanlage Güssing (A) bietet sich eine analoge Anlage am Standort KSB als interessante Alternative zu gasbefeuerten Kraftwerken an. Mit der Realisierung des Energie-Hubs Baden ergäbe sich die einmalige Chance, am Standort des KSB die Emission von 439 Art. 0239 15. September 2009 fossilem Kohlendioxid deutlich zu verringern und aus dem nachwachsenden regionalen Rohstoff Holz ein hochwertiges Biogas in Erdgasqualität (Bio-SNG, Biological Synthetic Natural Gas) zu produzieren. Die aus dem Prozess resultierende Wärme würde über 50 % des ganzjährigen Wärmebedarfs des KSB und der Fernwärme Dättwil decken. Die Anlage könnte im Weiteren auf aktuelle und zukünftige betriebliche und energetische Bedürfnisse des KSB abgestimmt werden. Mit den erstmalig in dieser Kombination und Grösse angewendeten zukunftsträchtigen Technologien kämen Baden und das KSB zu einer schweizweit einmaligen Anlage zur energetischen Nutzung von Biomasse. In den Jahreszeiten mit wenig Wärmebedarf kann Strom und Biogas produziert werden und in die naheliegenden Gas- und Stromnetze eingespiesen werden. Damit kann ein kontinuierlicher Jahresbetrieb garantiert werden, der die Wirtschaftlichkeit positiv beeinflusst. Durch den Energie-Hub könnte das 34 Jahre alte und erneuerungsbedürftige Heizwerk des KSB entlastet werden. Durch eine allfällige energetische Sanierung des KSB in den nächsten Jahren könnte der Energie-Hub einen grossen Teil der zukünftigen Wärmelieferung übernehmen. Das Heizwerk des KSB würde dann noch zur Spitzenlastdeckung oder bei der Revision oder einem Ausfall des Hubs zum Einsatz kommen. Während 7'500 Stunden von 8'760 Stunden im Jahr könnte nach diesem Konzept der Hub einen Grossteil des Energiebedarfs decken. Das Projekt eines Energie-Hubs ist hoch komplex und hat teilweise forschungsnahen Charakter. Eine kostendeckende Produktion kann nicht vorausgesetzt werden, das heisst zur Realisierung sind à fonds perdu Beiträge zukünftiger Aktionäre und der öffentlichen Hand unabdingbar. Für die Anlage ist mit einem Gesamtinvestitionsbedarf von ca. 40 Millionen bis 50 Millionen Franken zu rechnen (Grobschätzung). 4. Vorläufige Stellungnahme des Kantonsspitals Baden: Das KSB nimmt gegenüber dem EnergieHub Baden grundsätzlich eine eher neutrale Haltung ein. Es begrüsst den innovativen Ansatz der Anlage, signalisiert aber zugleich, dass es nicht interessiert sei, ein solches Kraftwerk mit regionalem Charakter zu betreiben. Zurzeit erarbeitet das KSB zusammen mit dem Kanton das Projekt zur Gesamtsanierung des KSB gemäss Beschluss des Grossen Rats vom 24. März 2009. Die Klärung des grundsätzlichen Konzepts zur Energie- und Medienversorgung wird daher immer dringlicher. Der Energiebedarf des KSB wird in Zukunft markant sinken (Gesamtsanierung nach Minergie-Standard). Als möglicherweise einer der grössten Leistungsbezüger wäre das KSB jedoch bereit, eine langfristige Bindung zu marktkonformen Bedingungen zu prüfen. Zugleich weist das KSB aber zu Recht auf die aktuell noch ungenügende Wirtschaftlichkeit der Anlage hin. Den daraus entstehenden Gefahren, insbesondere bezüglich der technischen als auch wirtschaftlicher Abhängigkeit, ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ebenso erachtet das KSB die noch ungeklärte Frage der Geruchsimmissionen als kritisch. Allfällige technische Lösungen und deren zusätzlichen Kostenfolgen gilt es vor einem Grundsatzentscheid zu klären. 5. Haltung des Regierungsrats: Die Aufgabenteilung mit dem Bund weist den Kantonen primär die Förderung von technisch ausgereiften Systemen zu, damit diese eine breite Verwendung finden. Die Unterstützung von Forschungs- und Pilotanlagen liegt beim Bund. Damit soll verhindert werden, dass die gleichen oder ähnlichen Technologien mehrmals unabhängig voneinander gefördert werden. Falls ein Kanton trotzdem einen Schwerpunkt bei einer bestimmten Technologie legen will, so ist eine Unterstützung in Absprache mit dem Bund möglich. Dies macht vor allem dann Sinn, wenn diese Technologie künftig in der Schweiz verbreitet zum Einsatz kommen soll. Mit der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) fördert der Bund gegenwärtig unter anderem die Stromproduktion aus Holzkraftwerken. Wird dieser Anreiz für die Stromproduktion beibehalten, so wird ein grosser Teil der vorhandenen Holzressourcen von Holzkraftwerken konventioneller Technik beansprucht, was wenig sinnvoll wäre. Der Regierungsrat stellt klar, dass er eine direkte Beteiligung an der Erstellung und am Betrieb des Energie-Hubs aus grundsätzlichen Überlegungen ablehnt. Er erachtet die Lösung über eine Trägerschaft um Dritten als zweckmässig und sinnvoll. Der Regierungsrat ist bereit, sich bei der Bildung einer Trägerschaft für ein Projekt Energie-Hub Baden aktiv zu engagieren. Das Interesse von Unternehmen im Energiebereich ist aufgrund des guten Ergebnisses mit der Anlage in Güssing (A) stark gewachsen. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Projekts stehen der Trägerschaft bereits existierende Förderprogramme offen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 2'933.–. 440 15. September 2009 Art. 0240 Vorsitzender: Der Auftrag ist unbestritten. Der Rat überweist ihn stillschweigend an den Regierungsrat. 0240 Interpellation Martin Christen, SP, Turgi, vom 31. März 2009 betreffend Gefahrenpotenzial der Kernkraftwerke Beznau I und II, Leibstadt und Gösgen; Beantwortung und Erledigung (vgl. GR-Prot. 2005/09 Art. 2323) Antwort des Regierungsrats vom 17. Juni 2009: Zur Frage 1: "Wie beschreibt und beurteilt der Regierungsrat das Gefahrenpotenzial der bestehenden Kernkraftwerke Beznau I, II, Leibstadt und Gösgen?" Die Frage wurde in der (08.351) Interpellation von Martin Christen, Turgi, vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle im Kanton Aargau beantwortet (Frage 1.1). Die Gesetzgebung und die Regelung des Kernenergiebereichs sind ausschliesslich Sache des Bundes. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) beurteilt die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke im Auftrag des Bundes. Der Regierungsrat sieht keinen Anlass an der Kompetenz des ENSI zu zweifeln. Die Fragestellung in dieser Interpellation wurde im Vergleich zur (08.351) Interpellation um das KKW Gösgen ergänzt. Diese Ergänzung hat aber keinen Einfluss auf die Beantwortung. Zur Frage 2: "Wie beurteilt der Regierungsrat aufgrund des heutigen Wissensstandes das von den in Betrieb stehenden Nuklearanlagen ausgehende Sicherheitsrisiko respektive die Wahrscheinlichkeit eines grösstmöglichen atomaren Unfalls?" Die Frage wurde in der (08.351) Interpellation von Martin Christen, Turgi, vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle im Kanton Aargau beantwortet (Frage 1.8). Das ENSI beurteilt die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke im Auftrag des Bundes, wozu auch die Risikoabschätzung gehört. Der Regierungsrat sieht keinen Anlass, an der Kompetenz des ENSI zu zweifeln. Zur Frage 3: "Trifft es zu, dass bei einem schweren KKW-Unfall oder einem Terroranschlag auf Beznau I, II, Leibstadt oder Gösgen praktisch die ganze Schweiz, Süddeutschland, Liechtenstein und Teile Österreichs und Frankreichs unbewohnbar würden?" Die Frage wurde in der (08.351) Interpellation von Martin Christen, Turgi, vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle im Kanton Aargau beantwortet (Frage 1.7). Das ENSI beurteilt die Sicherheit der Schweizer Kernkraftwerke im Auftrag des Bundes, wozu auch die Schadensbeurteilung und die Beurteilung des Risikos von Terroranschlägen gehört. Der Regierungsrat sieht keinen Anlass an der Kompetenz des ENSI zu zweifeln. Zur Frage 4: "Erachtet der Regierungsrat das "Konzept für den Notfallschutz in der Umgebung der Kernanlagen" der eidgenössischen Kommission für ABC-Schutz als ausreichend, insbesondere unter Berücksichtigung der nach der AKW-Katastrophe in Tschernobyl gemachten Erfahrungen?" Das Konzept für den Notfallschutz in der Umgebung der Kernanlagen vom Januar 2006 wurde von der Eidgenössischen Kommission für ABC-Schutz herausgegeben. An der Bearbeitung waren folgende Institutionen beteiligt: - Eidgenössische Kommission für ABC-Schutz (KomABC) - Eidgenössische Kommission für die Sicherheit von Kernanlagen (KSA) - Leitender Ausschuss Radioaktivität (LAR) - Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) - Nationale Alarmzentrale (NAZ) - Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) - Standortkantone Aargau, Bern, Solothurn Der Kanton Aargau war somit in die Bearbeitung dieses Notfallschutzkonzepts einbezogen. Zur Frage 5: "Teilt der Regierungsrat die Ansicht, dass im Prinzip auch Kernkraftwerke – wie alle 441 Art. 0240 15. September 2009 übrigen Produktionsbetriebe, Betreiberinnen und Betreiber technischer Anlagen, Unternehmen, Verkehrsbetriebe etc. auch – für die volle Schadensdeckung haften müssten? Wie ist zu erklären, dass bei allen Versicherungen Schäden durch Kernenergie von jeder Haftung ausgenommen sind resp. durch Kernkraftwerke grossflächig verursachte Gesundheits-, Sach- und Vermögensschäden gleich behandelt werden wie solche, die aufgrund kriegerischer Ereignisse entstanden sind?" Die Frage wurde sinngemäss in der (08.351) Interpellation von Martin Christen, Turgi, vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines möglichen Endlagers für radioaktive Abfälle im Kanton Aargau beantwortet (Frage 1.13). Die Haftung für Nuklearschäden, die durch Kernanlagen oder durch den Transport von Kernmaterialien verursacht werden, sowie deren Deckung sind im Kernenergiehaftpflichtgesetz (KHG) geregelt. Die Betreiber haben für die Deckung der versicherbaren Risiken bei einer privaten Versicherungsgesellschaft für mindestens 300 Millionen Franken je Kernanlage eine Versicherung abzuschliessen. Der Bund versichert den Haftpflichtigen gegen Nuklearschäden bis zu einer Milliarde Franken je Kernanlage. Der Inhaber einer Kernanlage haftet ohne betragsmässige Begrenzung für die Nuklearschäden. Reichen die für die Deckung der Schäden zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus, kann der Bund an den nicht gedeckten Schaden nötigenfalls zusätzliche Beiträge leisten. Das KHG wurde revidiert, kann aber erst in Kraft treten, wenn die damit zusammenhängenden internationalen Abkommen von der Schweiz ratifiziert worden sind. Dies dürfte frühestens im Verlauf des Jahrs 2010 der Fall sein. Im revidierten Gesetz wird unter anderem die Haftung von 1 Milliarde auf 1,8 Milliarden Franken erhöht. Zur Frage 6: "Hält es der Regierungsrat für ausgeschlossen, dass Kinder, die in der Nähe von Kernkraftwerken aufwachsen, einem erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt sind, so wie das die vom deutschen Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegebene Studie "Kinderkrebs um Kernkraftwerke" nachweist? Unterstützt der Regierungsrat die von der Krebsliga Schweiz und dem Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegebene CANUPIS Studie zu Kinderkrebs um Kernkraftwerke?" Der Regierungsrat begrüsst die objektive Abklärung des Krebsrisikos in der Umgebung der Kernkraftwerke. Die beiden Stromkonzerne Axpo und BKW beteiligen sich zu einem Viertel an der Finanzierung der Kosten für die Studie. Die Resultate werden 2011 erwartet. Zur Frage 7: "Versteht der Regierungsrat die Befürchtungen, Ängste und Sorgen weiter Teile der Bevölkerung in Bezug auf die von Kernkraftwerken ausgehenden Gefahren und Risiken? Ist er bereit, im Hinblick auf eine mögliche Ablehnung neuer Kernkraftwerkprojekte durch das Volk Alternativoptionen auf der Basis erneuerbarer Energien voranzutreiben?" Der Regierungsrat versteht die Befürchtungen der Bevölkerung, wird doch die Kernenergiediskussion sehr emotional geführt. Das Schweizer Volk hat aber im Jahr 2003 die beiden Volksinitiativen "Strom ohne Atom – Für eine Energiewende und die schrittweise Stilllegung der Atomkraftwerke" und "MoratoriumPlus – Für die Verlängerung des Atomkraftwerk-Baustopps und die Begrenzung des Atomrisikos" abgelehnt und damit gezeigt, dass es sehr wohl in der Lage ist, selektiv zu entscheiden. Der Grosse Rat hat die Gesamtenergiestrategie energieAARGAU im Juni 2006 beschlossen. Diese hält in der Strategie 7 Kernenergie fest: Der langfristige, sichere Betrieb der drei Kernenergieanlagen im Kanton Aargau wird durch den Kanton Aargau unterstützt, wie auch die Bestrebungen um den Ersatz der bestehenden Kraftwerkskapazitäten durch CO2-neutrale Anlagen. energieAARGAU postuliert im Leitsatz 7 aber auch: Der Kanton Aargau fördert erneuerbare Energien und die effiziente Energieanwendung. In Bezug auf die Stromproduktion schafft der Kanton attraktive Rahmenbedingungen. So unterstützt er zum Beispiel Photovoltaikanlagen, die vom Bund mit der Kostendeckendeckenden Einspeisevergütung (KEV) oder Investitionsbeiträgen nicht gefördert werden, finanziell. Auch fördert er den Ausbau der Wasserkraft, soweit dies aus ökologischen Gründen überhaupt noch möglich ist und unterstützt die Nutzung von Holz und Geothermie. Er ist klar der Meinung, dass heute alle Energieträger genutzt werden sollen, die die CO2-Bilanz verbessern, natürlich immer unterstützt durch die Förderung der Energieeffizienz. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'399.–. Christen Martin, SP, Turgi: Meine Interpellation war ein Anschlussvorstoss an meine Interpellation vom 25. November 2008 betreffend Gefahrenpotenzial eines möglichen Endlagers für radioaktive 442 15. September 2009 Art. 0241 Abfälle im Kanton Aargau. Der Regierungsrat hat in seiner damaligen Antwort die hier erneut gestellten Fragen materiell nicht beantwortet, mit der Begründung, diese Fragen hätten keinen direkten Zusammenhang mit einem Tiefenlager. In seiner heute zur Diskussion stehenden Stellungnahme bleibt der Regierungsrat erneut eine Antwort schuldig, diesmal mit der Begründung, er habe die Fragen ja bereits bei meiner letzten Interpellation beantwortet. Ich frage jetzt den Regierungsrat, wann und unter welchen Umständen er bereit ist, Fragen zu den Gefahren und Risiken, die von den bestehenden Atomkraftwerken Beznau I und II sowie Leibstadt ausgehen, auch materiell zu beantworten. Keine der Interpellationsfragen wurde befriedigend beantwortet. Einziger Lichtblick ist die Aussage, der Regierungsrat begrüsse die objektive Abklärung des Krebsrisikos in der Umgebung der Kernkraftwerke. Mit seiner AKW-freundlichen Haltung verbaut der Regierungsrat dem Kanton Aargau und der Schweiz den Weg in eine umweltfreundliche, atom- und strahlenfreie Zukunft auf der Basis erneuerbarer Energieformen, so wie sich das die Schweizerinnen und Schweizer tatsächlich auch wünschen. Denn in einer repräsentativen, in diesem Sommer durchgeführten Umfrage des Stromkonzerns Alpic wurde die Frage, auf welche Weise der Stromknappheit am besten entgegengewirkt werden könnte, wie folgt beantwortet: 56,6 Prozent wünschen die Entwicklung erneuerbarer Energien, 16,8 Prozent votieren für die Optimierung der Stromenergie mit Wasserkraft, 13,1 Prozent sind für die Stabilisierung des Verbrauchs, 4,9 Prozent bevorzugen den Bau von Gaskraftwerken und nur gerade mickrige 4,5 Prozent sehen die Lösung in der Erneuerung und im Ausbau der Kernkraftwerke. Ich bitte den Regierungsrat und Sie meine Damen und Herren, dieses Ergebnis von 4,5 Prozent zur Kenntnis zu nehmen. Mit den Antworten des Regierungsrates bin ich ganz und gar nicht zufrieden: 4,5 Prozent! Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0241 Interpellation Elisabeth Burgener, SP, Gipf-Oberfrick (Sprecherin), Regula BachmannSteiner, CVP, Magden, Gertrud Häseli-Stadler, Grüne, Wittnau, Christopf Riner, SVP, Zeihen, vom 5. Mai 2009 betreffend Haltung und weiteres Vorgehen des Regierungsrats im Zusammenhang mit einem möglichen Tiefenlager im Kanton Aargau am Beispiel des Bözberges; Beantwortung und Erledigung (vgl. Art. 0023) Antwort des Regierungsrats vom 24. Juni 2009: Ausgangslage: Das Kernenergiegesetz (KEG) des Bundes vom 21. März 2003 regelt die friedliche Nutzung der Kernenergie in der Schweiz. Die Zuständigkeit für Kernanlagen liegt beim Bund. Die Gesetzgebung verlangt, dass die in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle grundsätzlich im Inland entsorgt werden. Für die Entsorgung haben die Erzeuger der Abfälle aufzukommen. Die dauernde und sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle hat in einer geologischen Tiefenlagerung zu erfolgen. Gemäss Kernenergiegesetz muss die sicherheitstechnische Eignung des Lagerstandorts mit Untersuchungen während des Baus bestätigt werden und eine Rückholung der eingelagerten Abfälle muss bis zu einem allfälligen Verschluss ohne grossen Aufwand möglich sein. Während der sogenannten Beobachtungsphase wird der Tiefenlagerstandort bezüglich seiner allfälligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt streng überwacht. Die Anforderungen an die Konditionierung und Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle sowie die Schutzziele für deren Endlagerung werden in den Richtlinien der Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen (HSK) beziehungsweise des Eidgenössischen NuklearSicherheitsinspektorats (ENSI) präzisiert. Das Verfahren, nach dem die Standorte der geologischen Tiefenlager in der Schweiz ausgewählt werden, ist im Konzeptteil des "Sachplans geologische Tiefenlager" (SGT) definiert. Das Verfahren unter Federführung des Bundesamts für Energie dauert acht bis zehn Jahre und ist in drei Etappen gegliedert. In Etappe 1 steht die geologisch-sicherheitstechnische Überprüfung der vorgeschlagenen möglichen Standortgebiete durch die Behörden im Zentrum. Die Etappe 2 beinhaltet dann das Konkretisieren möglicher Lagerprojekte und das Bewerten von Raumplanungs- und Umweltaspekten; hierzu werden auch sozioökonomische Grundlagenstudien durchgeführt. Am Ende der Etappe 3, welche voraussichtlich 2015 beginnen wird, erfolgt die Standortwahl; das heisst der definitive Vorschlag zuhanden des Bundesrats für die auszuwählenden Standorte der beiden Tiefenlagerkategorien steht fest. Der Sachplan sieht in Etappe 2 und 3 die 443 Art. 0241 15. September 2009 Mitbestimmung regionaler Interessen durch die Prozesse der regionalen Partizipation ausdrücklich vor. Zur Frage 1: "Wie gedenkt der Regierungsrat die Kommunikation mit der betroffenen Bevölkerung aufzunehmen? Wie kommuniziert er die eigene Haltung? Welche Interessen ist er bereit zu vertreten?" Für jedes der vorgeschlagenen, möglichen Standortgebiete wird zurzeit in Zusammenarbeit mit den Regionalplanungsverbänden eine regionale Behördenorganisation aufgebaut, welche in engem Kontakt mit der betroffenen Bevölkerung steht. Die Delegation für das Gebiet Bözberg wurde am 7. Mai 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt. Am 28. Mai 2009 hat die Behördenorganisation unter Beteiligung von Kantonsvertretern ihre Startsitzung durchgeführt, an der auch über den Aufbau der regionalen Partizipation diskutiert wurde. Der Regierungsrat wird bei Vorliegen neuer Informationen mit Informationsveranstaltungen wie am 11. Dezember 2008 in Oberbözberg und mit Presseaktivitäten seine Haltung kommunizieren. Der Regierungsrat vertritt dabei die Interessen des Kantons und der betroffenen Gemeinden im Aargau. Zur Frage 2: "Wie sichert der Regierungsrat die demokratischen Mitentscheidungsrechte? Wie steht er zum aktiven Miteinbezug der Zivilgesellschaft?" Der Regierungsrat hat die Erarbeitung des Konzeptteils des SGT – in dem die "Spielregeln" für das Verfahren bestimmt werden – von Anfang an kritisch begleitet. Er hat unter anderem erfolgreich eingebracht, dass die betroffenen Kantone, Gemeinden und Regionen am Verfahren beteiligt und nicht nur angehört werden und dass die betroffenen Kantone gemeinsam eine unabhängige Expertengruppe einsetzen. Regierungsrat Peter C. Beyeler ist der Aargauer Vertreter im Ausschuss der Kantone, der das Verfahren eng begleitet. Die regionalen Behördenorganisationen sind bereits aktiv in das laufende Verfahren miteinbezogen worden. Der Einbezug der interessierten Bevölkerung und Organisationen (Zivilgesellschaft) wird in Etappe 1 vorbereitet und dann in Etappe 2 auf breiter Basis aufgenommen. Im Sachplanverfahren geologische Tiefenlager werden diese umfassenden Prozesse mit 'regionaler Partizipation' umschrieben. Der Regierungsrat unterstützt das breit angelegte Verfahren und die vorgesehenen Mitbestimmungsmöglichkeiten. In jeder der drei Etappen findet zudem eine formelle öffentliche Vernehmlassung und Mitwirkung gemäss Art. 19 der Raumplanungsverordnung statt. Zur Frage 3: "Wie geschieht der Einbezug von Tiefenlager-kritischen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern? Wie werden deren Interessen und Besorgnisse vertreten?" Die Gefässe und Veranstaltungen, welche im Rahmen der regionalen Partizipation vorgesehen sind, stehen allen Interessierten in der Region offen, das heisst auch einzelnen Bürgerinnen und Bürgern. Das Aufnehmen der ganzen Bandbreite der regionalen Interessen geschieht in Zusammenarbeit mit der regionalen Behördenorganisation. Die identifizierten Gruppierungen und Interessierte werden aktiv zur Teilnahme im Rahmen der regionalen Partizipation ermuntert. Zur Frage 4: "Wie erklärt sich der Regierungsrat seine abwartende Haltung, obwohl er immer wieder in den Beantwortungen verschiedener Vorstösse erwähnt, dass Widerstand nicht bundesrechtswidrig ist?" In der laufenden Etappe 1 des Sachplans geologische Tiefenlager werden die sicherheitstechnische Überprüfung und weitere fachliche Arbeiten vorgenommen. Der Aargau nimmt an diesem Bundesverfahren teil – in gleicher Art und Weise wie die Kantone, die Widerstand gegen ein Tiefenlager in der Verfassung oder auf Gesetzesstufe verankert haben. Zunächst wird der Regierungsrat die vorliegenden Standortvorschläge unter Einbezug von Experten prüfen, bevor er überhaupt materiell dazu Stellung nimmt. Seit seinen Stellungnahmen im November und Dezember 2008 bestand für den Regierungsrat kein Grund, nochmals an die Öffentlichkeit zu gelangen. Er möchte seine Haltung jedoch nicht als "abwartend" bezeichnet wissen, denn der Kanton Aargau hat beispielsweise als erster Kanton seine kritischen Fragen zur geologischen Auswahl der Standortvorschläge der Entsorgungspflichtigen (Nagra) formuliert und in die unabhängige, kantonale Expertengruppe Sicherheit sowie in das technische Forum Sicherheit des Bundes eingebracht. Diese kritischen Fragen des Kantons Aargau können als im jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens angemessenes Zeichen der kritischen Haltung bezeichnet werden. Im Weiteren hat der Regierungsrat bereits wiederholt erklärt, dass er, wenn nötig, auch die Rechtsmittel ausschöpfen wird, damit ein faires Verfahren stattfindet. Zur Frage 5: "Wie stellt sich der Regierungsrat dazu, wenn in potenziellen Standortgemeinden mit 444 15. September 2009 Art. 0242 Abgeltungen und Steuererleichterungen der öffentlichen Meinungsbildung nachgeholfen wird?" Bei der eigentlichen Standortevaluation muss das Primat der Sicherheit das Mass aller Dinge sein. Der Regierungsrat akzeptiert kein "Abschieben" des Tiefenlagers in den Aargau aufgrund "weicher" Kriterien. In diesem Sinn wird es kein 'Nachhelfen' geben. Auf der anderen Seite ist der Regierungsrat grundsätzlich der Meinung, dass Nachteile für die Region in der Schweiz, welche durch Bau und Betrieb eines im nationalen Interesse stehenden Tiefenlagers betroffen wird, abgegolten werden müssen. Die Diskussion hierüber soll jedoch nicht vor Beginn der Etappe 3 lanciert werden. Zur Frage 6: "Wie lässt sich der geplante Jurapark Aargau mit einem Tiefenlager vereinbaren? Wie kann ein Naturpark glaubhaft vermarktet werden, wenn im Boden ein Tiefenlager mit hochradioaktiven Abfällen besteht?" Der Regierungsrat will den laufenden Abklärungen bezüglich der sozioökonomischen Einflüsse eines Tiefenlagers, die Antworten auf diese Fragen geben werden, nicht vorgreifen. Zur Frage 7: "Wie stellt sich der Regierungsrat zu der Tatsache, dass sich Kantone wie Baselland, die von ihrer Verfassung her die Endlager verbieten, zur Wehr setzen werden, falls der Bözberg ausgewählt wird?" Für den Regierungsrat stellt die in der Frage postulierte 'Tatsache' zum jetzigen Zeitpunkt keine Tatsache, sondern ein Szenario dar. Er äussert sich deshalb nicht materiell zu dieser Frage. Er weist darauf hin, dass in diesem Verfahren Bundesrecht zur Anwendung gelangt. Das Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalen Recht vor (Art. 49 Abs. 1 BV) [vergleiche auch Antworten auf den (08.336) Auftrag der SP-Fraktion, die (08.340) Motion der Fraktion der Grünen und der (08.341) Motion Martin Christen]. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'812 Burgener Brogli Elisabeth, SP, Gipf-Oberfrick: Der Regierungsrat weist in seiner Beantwortung auf verschiedene andere Vorstösse hin, die uns aber mit unseren lokalen Fragen und unseren regionalen Anliegen nicht weiterbringen. Es ist schade, dass der Regierungsrat nicht realisiert, dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine Auseinandersetzung mit der betroffenen Bevölkerung wichtig wäre. Gerade jetzt wäre es gut, auch aus psychologischen Gründen Signale nach aussen zu senden und nicht erst in der Etappe 2 oder 3, wie die Beantwortung des Regierungsrats uns zu beruhigen versucht. Seit Ende August ist es nämlich klar, das Bundesamt für Umwelt unterstützt in den nächsten drei Jahren den 244 km 2 grossen Jurapark Aargau, bestehend aus 34 Gemeinden. Er soll ein Naturpark von nationaler Bedeutung werden. Eine ganze Region will Natur und Landschaft nachhaltig fördern. Ein Tiefenlager würde diese Entwicklung verhindern und den Jurapark Aargau zerstören, darüber ist man sich in der betroffenen Region mehrheitlich einig: ein Naturpark mit einem Tiefenlager? Wie gedenkt der Regierungsrat das zu kommunizieren? Oder ist er gar nicht bereit und interessiert, auf konkrete Fragen in diesem Zusammenhang einzugehen, wie das bei der Beantwortung unserer Interpellation der Fall ist. Noch zu den Kantonen Schaffhausen, Basel-Stadt und Basel-Landschaft, die ein Nein gegen ein Endbeziehungsweise Tiefenlager in ihrer Verfassung verankert haben: In unserer Interpellation baten wir dazu den Regierungsrat um eine Stellungnahme. Natürlich ist die Antwort des Regierungsrats richtig, dass das übergeordnete Bundesrecht über dem Kantonsrecht steht. Doch es geht um etwas anderes. Der Verfassungsartikel in den erwähnten Kantonen verpflichtet die jeweiligen Behörden, somit auch die Regierungen, alle ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Mittel zu ergreifen, um das Errichten eines Tiefen- oder Endlagers zu verhindern. Es hängt also nicht von den Mehrheitsverhältnissen oder dem Goodwill der Regierung ab, ob sie sich wehrt, sondern sie hat sich in diesen Kantonen zu wehren. Diesen Auftrag hat das Volk gegeben. Wir wünschen uns von unserem Kanton auch ohne Verfassungsartikel mehr von dieser Haltung. Wir sind mit der Antwort nicht zufrieden. Vorsitzender: Elisabeth Burgener Brogli, Gipf-Oberfrick, erklärt sich namens der Interpellanten von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0242 Interpellation Jürg Caflisch, SP, Baden, vom 3. März 2009 betreffend Qualität der Agglomerationsprogramme "Aargau-Ost" und "AareLand"; Beantwortung und Erledigung (vgl. GR-Prot. 2005/09 Art. 2209) 445 Art. 0242 15. September 2009 Antwort des Regierungsrats vom 27. Mai 2009: Zur Frage 1: "Wie erklärt sich der Regierungsrat die starke Kritik des Bundes an den Aargauer Agglomerationsprogrammen? Teilt der Regierungsrat die Meinung des Bundes?" Dem Regierungsrat ist keine starke Kritik des Bundes bekannt. In der Beurteilung der Gesamtprogramme schneiden die Agglomerationsprogramme Verkehr und Siedlung im Kanton Aargau im Quervergleich zu anderen Schweizer Agglomerationen sehr gut ab. Mit dem Mitfinanzierungsbeitragssatz von 40 % konnten die drei Agglomerationsprogramme im Kanton Aargau den höchsten von einer Agglomeration erhaltenen Beitragssatz erzielen. Die positive Würdigung des Bundes kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass das absolute Beitragsvolumen für die erste Periode (2011 - 2014) im Gesamtvergleich in etwa der Bevölkerungsverteilung entspricht. Unter Berücksichtigung der verfügbaren finanziellen Mittel beim Bund kann der Kanton Aargau mit den erzielten Resultaten aus Sicht des Regierungsrats zufrieden sein. Nebst der positiven Gesamteinschätzung beurteilt die Bundesverwaltung einzelne Teilbereiche kritisch. Dazu ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Einzelne Einwände sind nachvollziehbar. Bei gewissen Punkten beruht die Beurteilung des Bundes jedoch auf einer falschen Einschätzung der tatsächlichen Sachlage. Andere Agglomerationen sind ebenfalls mit dieser Problematik konfrontiert. Als möglicher Grund kann dabei die hohe Informationsdichte genannt werden, mit welcher die Bundesverwaltung sich bei 30 Agglomerationsprogrammen unter Zeitdruck befassen musste. Zudem konnte eine vorgängige genügende Abstimmung zwischen Bund und Kantonen nicht zuletzt aufgrund fehlender Vorgaben des Bundes nicht erreicht werden. Zur Frage 2: "Was hat der Kanton unternommen, um eine gute Qualität der Eingaben zu erreichen?" Der Kanton Aargau hat die Aufgabe zur Erstellung von qualitativ guten Agglomerationsprogrammen zusammen mit den Regionalplanungsverbänden mit hohen personellen sowie finanziellen Ressourcen wahrgenommen. Mit Einbezug von qualifizierten externen Büros konnten die hohen Anforderungen des Bundes erreicht werden. Eine intensive Zusammenarbeit mit den Regionalplanungsverbänden und ein regelmässiger Austausch über bestehende Strukturen (zum Beispiel Plattformen AargauZürich und Aargau-Solothurn) haben den Einbezug von Gemeinden und Nachbarkantonen sichergestellt. So wurden die Programme nach der Zwischenbeurteilung des Bundes aus dem Jahr 2005 bis zur definitiven Eingabe weiter entwickelt, und es fanden zwei Vernehmlassungen (2005 und 2007) statt. Zudem bauen die Agglomerationsprogramme auf den Strategieberichten mobilitätAARGAU und raumentwicklungAARGAU sowie auf dem Mehrjahresprogramm Öffentlicher Verkehr auf, welche durch den Grossen Rat verabschiedet wurden. Zur Frage 3: "Sieht der Kanton für eine nächste Runde der Eingaben für das Agglomerationsprogramm Handlungsbedarf? Wenn ja, wie sieht dieser aus?" Die Agglomerationsprogramme Verkehr und Siedlung der ersten Generation waren für den Bund, den Kanton wie auch für die Agglomerationen und die beteiligten externen Beratungsbüros Neuland. Die gesammelten Erfahrungen beim Erstellen dieser Programme werden nun ausgewertet und bei der Erarbeitung der Programme der zweiten Generation berücksichtigt. Dazu wird auch die Zusammenarbeit mit dem Bund intensiviert und es finden regelmässige Treffen statt, bei welchem die künftigen Weisungen sowie die Inhalte und Vorgaben für die Agglomerationsprogramme 2015 - 2018 thematisiert werden. Die aktive Weiterentwicklung der Agglomerationsprogramme ist bereits im Gang und wird zu Veränderungen in der Form, Struktur und Inhaltstiefe der Programme führen. Dabei kann auf dem Bewährten aufgebaut werden. Zur Frage 4: "Wie könnte die Qualität der Aargauer Eingaben generell erhöht werden, um damit die Chancen der Realisierbarkeit (und Mitfinanzierung!) zu erhöhen?" Wie dargelegt geht es nicht primär um eine Erhöhung der bereits sehr hohen Qualität, sondern um eine aktive Aufnahme der neuen Entwicklungen und Anforderungen. Dazu sind wir mit dem Bund, welcher die Vorgaben und Weisungen überarbeiten wird, im intensiven Dialog. Ab 2010 sollen von der Bundesverwaltung Arbeitshilfen und "best-practice-Beispiele" vorliegen, woran sich der Kanton orientieren muss. Der Bund erarbeitet für die zweite Generation klarere Vorgaben bezüglich Struktur und notwendigen Unterlagen. Parallel dazu sind durch Kanton und Gemeinden die notwendigen Voraussetzungen zur Abstimmung der Siedlungsentwicklung mit dem Verkehr, zur vertieften Zusammenarbeit in den funktionalen Räumen sowie zur verbindlichen Regelung der gemeindeübergreifenden Konzepte zu schaffen. 446 15. September 2009 Art. 0243 Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'546.–. Caflisch Jürg, SP, Baden: Bei der Beantwortung des Regierungsrats haben wir es mit einer klassischen Fragestellung zu tun. Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer? Der Regierungsrat bestreitet, dass die Eingaben für die Agglomerationsprogramme des Kantons beim Bund schlecht benotet worden seien. Im Gegenteil, beim Quervergleich zeige sich, dass der Mitfinanzierungsbeitrag relativ hoch sei und im Gesamtvergleich die gesprochenen Gelder der Bevölkerungsvertretung entsprächen. Dies könnte aber auch damit erklärt werden, dass der Kanton Aargau im Vergleich noch etwas Nachholbedarf hat. Unbestreitbar ist aber die Kritik, die am Kanton Aargau gemacht wird. Ich zitiere: "Trotz einiger öV-Angebotsverbesserungen, insbesondere auf der Schiene, fehlt eine stringente, auf die Siedlungsentwicklung abgestimmte öV-Strategie." Und weiter: "In keinem der Wirkungsbereiche konnten Vorleistungen beziehungsweise langjährige massgebliche Anstrengungen identifiziert werden, welche zu einem deutlich überdurchschnittlichen Standard geführt haben." Die Kritik ist ziemlich deutlich. Die Antwort des Regierungsrats erinnert mich ein bisschen an meine Schulzeit. Kamen wir damals mit einer schlechten Note nach Hause, dann erklärten wir dies in der Regel damit, dass die Proben einfach zu schwierig waren und/oder dass alle andern auch so schlecht gewesen seien. Ich hoffe, dass der Regierungsrat für die nächsten Agglomerationsprogramme noch etwas mehr Ehrgeiz entwickelt. Mit der Antwort bin ich teilweise zufrieden. Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist erledigt. 0243 Interpellation Peter Jean-Richard, Aarau, vom 17. März 2009 betreffend Rolle der Jäger bei der Wiederansiedlung des Luchses und der möglichen Entschärfung des Wildschweinproblems durch den Luchs; Beantwortung und Erledigung (vgl. GR-Prot. 2005/09 Art. 2264) Antwort des Regierungsrats vom 27. Mai 2009: Zur Frage 1: "Welche Rolle haben die Jagdaufseher im Zusammenhang mit dem Schutz bedrohter Wildtiere und der Wiederansiedlung von Luchsen? Gehört das Verfolgen dieser Tiere mit Hunden in deren Aufgabenbereich?" Das eidgenössische Jagdgesetz (JSG) vom 20. Juni 1986 bezweckt, die Artenvielfalt und die Lebensräume der einheimischen und ziehenden wildlebenden Säugetiere und Vögel zu erhalten und bedrohte Tierarten zu schützen. Der Luchs ist in der Schweiz geschützt und seit der Wiederansiedlung in den 70er-Jahren in den Alpen und im Jura wieder heimisch. Das Jagen, Töten oder Einfangen von geschützten Arten ist strafbar. Die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen jagdrechtliche Bestimmungen ist Sache der Kantone. Die Jagdaufseher sind Organe der kantonalen Jagdpolizei. Sie werden von den Bezirksämtern in Pflicht genommen und unterstützen die kantonale Vollzugsbehörde in ihrer Aufsichtsfunktion. Zur Frage 2: "Welche Rolle kommt den Aargauer Jägern bei der Wiederansiedlung des Luchses zu? Unterstützen sie die Wiederansiedlung, tolerieren sie diese oder müssen wir auch bei uns damit rechnen, dass mit illegalen Methoden (Abschuss, Fallen, Gift, Hunde) die Luchse im Kanton Aargau bekämpft werden?" Der Kanton Aargau hat sich an schweizerischen Projekten zur Wiederansiedlung oder Umsiedlung von Luchsen nicht beteiligt. Er hat jedoch im Jahr 2001 mit dem Bundesamt für Umwelt und den Kantonen Basel-Landschaft, Bern, Jura, Neuenburg, Solothurn und Waadt einen Vertrag unterzeichnet für Eingriffe, das Monitoring und die Begleitung der Entwicklung des Luchsbestands im Jura. Ziel des Vertrags ist es, im Jura einen den Verhältnissen angepassten Luchsbestand zu schaffen und dessen langfristiges Überleben zu sichern. Das Konzept Luchs Schweiz ist integraler Bestandteil des Vertrags. Bund und Kantone arbeiten in einer interkantonalen Kommission zusammen. Diese Kommission überwacht alle mit dem Luchs im Zusammenhang stehenden Entwicklungen und koordiniert die notwendigen Massnahmen. Noch ist der Jura vom Luchs nicht vollständig und permanent besiedelt. Die Fläche der potenziellen Verbreitung des Luchses im Jura beträgt rund 7'000 km2. Der Kanton Aargau hat daran nur mit wenigen Prozenten Anteil. Er eignet sich als flächiger Lebensraum für den Luchs wenig. Einzelne 447 Art. 0243 15. September 2009 Tiere dürften aber die bisherige Verbreitungslücke im Aargauer Jura bald geschlossen haben. So konnte im März 2009 unweit der Stadt Aarau ein Luchs fotografiert werden. Es ist der erste Nachweis dieser Qualität im Kanton. Das für die Jagd und das Wildtiermanagement zuständige Departement Bau, Verkehr und Umwelt hat sich gestützt auf das Konzept Luchs Schweiz auf die Einwanderung des Luchses vorbereitet. Kantonsweit hat sich eine Gruppe von Rissexperten, vom Bund speziell ausgebildete Jagdaufseher, etabliert. Diese Experten haben den Auftrag, gerissene Nutz- und Wildtiere auf die Präsenz des Luchses zu prüfen beziehungsweise Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter sowie Jägerinnen und Jäger zu beraten. Sie melden der Fachstelle alle mit dem Luchs im Zusammenhang stehenden Entwicklungen. In den Fragen des Luchsmanagements steht dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt zudem die beratende Jagdexpertenkommission zur Seite. Darin vertreten sind die Gemeinden sowie die Jagd-, Natur-, Tier- und Vogelschutzorganisationen. Ein breit abgestützter Konsens im Umgang mit dem Luchs ist somit gewährleistet. Zur Frage 3: "Welche Rolle kann nach Ansicht des Regierungsrats, dem Luchs bei der Bekämpfung der grossen Wildschweinbestände zukommen? Wie begründet der Regierungsrat seine Meinung?" Das Beutespektrum des Luchses in der Schweiz wurde über viele Jahre mittels Riss- und Kotanalysen detailliert untersucht. Es ist kein einziger Fall belegt, bei dem ein Wildschwein zur Beute des Luchses geworden ist. Auch aus den umliegenden Ländern liegen keine Nachweise von durch den Luchs gerissenen Wildschweinen vor. Das Wildschwein ist wahrscheinlich aufgrund seiner sozialen Struktur und seiner Abwehrkraft als Beutetier nicht geeignet. Dem Luchs kann folglich keine Rolle bei der Regulation der Wildschweinbestände zukommen. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'045.–. Jean-Richard Peter, SP, Aarau: Wir alle wissen, dass ein Hund, der ein Reh jagt und dabei von einem Jäger ertappt wird, erschossen werden kann. Der Halter des Hundes muss zudem noch mit unangenehmen Konsequenzen rechnen. Was passiert wohl, wenn ein Hund eine geschützte Tierart, wie zum Beispiel einen Luchs angreift und wenn der Besitzer des Hundes ein Jäger ist – nicht ein gewöhnlicher Jäger, sondern ein Jagdaufseher im Kanton Aargau? Was passiert, wenn zudem noch bekannt wird, dass dieser Jagdaufseher den Luchs, der bundesweit geschützt ist und möglichst in Ruhe gelassen werden soll, mit seinem Hund über längere Zeit verfolgt hat? Nun, die Geschichte dazu ist in der AZ vom 31. Januar 2009 erschienen. Da stellten sich mir einige Fragen: Gehört das Verfolgen eines Luchses zu den Aufgaben eines Jagdaufsehers? Wie unterscheidet sich das Wildern eines Jagdhundes vom Wildern eines gewöhnlichen Hundes? Wie werden Luchse im Aargau geschützt – auch vor den Jägern und deren Hunden? Wie stellt der Regierungsrat sicher, dass der Luchs im Aargau eine Chance bekommt? Ist er sicher, dass die Jäger ihn bei seinen Schutzaufgaben unterstützen? Hat der Kanton die Aufgaben der Jagdaufseher genügend klar definiert und nimmt er seine Aufsichtspflicht diesen gegenüber wahr? In der Beantwortung meiner Interpellation stellte der Regierungsrat klar, dass der Kanton Aargau die Bemühungen des Bundes zur Wiederansiedlung des Luchses und seines Schutzes unterstützt. Das beruhigt. Es beunruhigt aber, dass er nicht überzeugend darlegen kann, dass alle oder zumindest ein grosser Teil der Jäger ihn dabei unterstützen. Es beunruhigt auch, dass die Aufgaben der Jagdaufseher in diesem Zusammenhang nicht geklärt worden sind. Nach Information der Jagdverwaltung hat ein Gespräch mit dem betreffenden Jagdaufseher stattgefunden. Da im Anschluss der Sachverhalt nicht korrigiert wurde und auch keine offizielle Beurteilung erfolgte, bleiben zwiespältige Gefühle zurück. Der Luchs ist bei einem Teil der Jäger als Konkurrent unbeliebt. Er könnte allenfalls Bonuspunkte bekommen, wenn er die Jäger bei der schwierigen Wildschweinjagd unterstützen würde. Diesen Aspekt habe ich in der Interpellation auch angesprochen. Nach der Einschätzung des Regierungsrates wird der Luchs hier keine Entlastung bringen. Er schreibt, dass bisher noch kein einziger Fall belegt wurde, bei dem ein Wildschwein zur Beute des Luchses geworden ist. Im schon erwähnten AZ-Artikel ist jedoch genau so ein Fall erwähnt. Auch in unserem nördlichen Nachbarland gibt es eine entsprechende Beobachtung. Dort wird das Wildschwein zum Beutespektrum des Luchses gezählt. Es kann also durchaus sein, dass in Gebieten wie im Aargauer Jura mit dem sehr hohen Bestand an Wildschweinen die Luchse sich auch junge Wildschweine vornehmen. Das könnte seine Akzeptanz verbessern und ein Problem, das wir haben, lösen helfen. Von der Beantwortung der Interpellation bin ich, weil die Fragen, welche die Jägerschaft betrafen, nur unvollständig beantwortet wurden, nur teilweise zufrieden. Vorsitzender: Der Interpellant erklärt sich von der Antwort teilweise befriedigt. Das Geschäft ist 448 15. September 2009 Art. 0244 erledigt. 0244 Interpellation Theres Lepori, CVP, Berikon, vom 30.Juni 2009 Prüfungsexperten bei Lehrabschlussprüfungen (LAP); Beantwortung; Erledigung betreffend (vgl. Art. 0115) Antwort des Regierungsrats vom 12. August 2009: Als Ergänzung zur Interpellation weist der Regierungsrat darauf hin, dass die Berufsbildung nicht nur eine Verbundaufgabe zwischen dem Bund und den Kantonen darstellt, sondern gemäss Art. 1 des Bundesgesetzes über die Berufsbildung (BBG) auch die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) als wichtige Partner in allen Berufsbildungsfragen in die Zusammenarbeit mit einzubeziehen sind. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden in vielen Berufen verschiedene Prüfungsteile von Berufsverbänden in gesamtschweizerischem Rahmen vorbereitet und validiert. So werden Prüfungen professionell erstellt und die Standards für die meisten Prüfungsteile überregional festgelegt. Über die Bildungspläne legt das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden fest, über welche Kompetenzen gelernte Berufsleute verfügen müssen. Die Experten können und dürfen bei der Abnahme von Prüfungen den Massstab nicht den individuellen Voraussetzungen der Kandidatinnen und Kandidaten anpassen, schliesslich gilt es, die Bedeutung des Fähigkeitsausweises und des Berufsattests als glaubwürdige Kompetenznachweise zu wahren. Da viele Betriebe auch schwächeren Schulabgängern eine Chance geben und Lernende ohne Vorselektion aufnehmen, ist es nahe liegend, dass die Erfolgsquote in einigen Berufen kleiner ausfällt als beispielsweise in einer Diplomschule mit definierten Aufnahmebedingungen. Zur Frage 1: „Wie sieht das Anforderungsprofil für einen Prüfungsexperten gar Chefexperten aus, im mündlichen wie im schriftlichen Bereich und wer rekrutiert diese?“ Die Chefexperten werden von den Fachkommissionen oder vom Bildungsausschuss des Berufsverbands verpflichtet und von der Abteilung Berufsbildung und Mittelschule bestätigt. Die Experten wiederum werden von den Berufsverbänden beziehungsweise Chefexperten auf der Basis des Anforderungsprofils und der Auflagen der Abteilung Berufsbildung und Mittelschule rekrutiert. Um zur Expertentätigkeit zugelassen zur werden muss vorgängig ein Prüfungsexpertenkurs besucht werden. Zusätzlich müssen die Expertinnen und Experten bei der Einführung einer neuen Bildungsverordnung einen Ergänzungskurs absolvieren. Im Weiteren werden auch Kurse zur Erweiterung und Vertiefung der Expertenkompetenz angeboten. Prüfungsexperten bringen meist einen Abschluss im Bereich der höheren Berufsbildung mit, in der Regel sind sie auch als Berufsbildner tätig und haben somit Erfahrung im Umgang mit Berufslernenden. Zusätzlich zum Anforderungsprofil eines Prüfungsexperten zeichnen sich Chefexperten dadurch aus, dass sie die Fähigkeiten und zeitlichen Ressourcen besitzen, um die organisatorischen Aufgaben im Zusammenhang mit der Koordination eines Expertenteams wahrnehmen zu können. Zur Frage 2: „Existiert ein Grundsatzpapier oder gar ein Leitbild zur Aufgabe?“ Ein Grundsatzpapier oder Leitbild zur Tätigkeit der Expertinnen und Experten besteht nicht. Ein solches wird der Komplexität der Aufgaben von Expertenteams und den unterschiedlichen Bedürfnissen in den verschiedenen Berufsfeldern zuwenig gerecht. Als Grundlage für die Expertentätigkeit dient stattdessen das 67 Seiten umfassende "Handbuch für Expertinnen und Experten in Qualifikationsverfahren der beruflichen Grundbildung; Hinweise und Instrumente für die Praxis", das vom Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) herausgegeben und den Expertenteams abgegeben wird. Ergänzend gibt das EHB auch Checklisten heraus, welche den Prüfungsexperten als standardisierte Arbeitsinstrumente zur Verfügung stehen. Zudem erhalten die Expertenteams zur Sicherung einer einheitlichen und verordnungskonformen Bewertung spezielle Notenformulare, die vom Schweizerischen Dienstleistungszentrum Berufsbildung, Berufs-, Studienund Laufbahnberatung herausgegeben werden. Zur Frage 3: „Exisitiert für die Geprüften institutionalisiert eine Feedbackkultur, welche für den Kanton als verantwortlichen Partner wertvolle Hinweise gäbe?“ Im Lauf jeder Prüfungssession werden von der Abteilung Berufsbildung und Mittelschule Rückmeldungen über den Verlauf der Prüfungen eingeholt. Dies geschieht unter anderem über die Berufsinspektorinnen und Berufsinspektoren, welche im Rahmen ihrer Möglichkeiten 449 Art. 0244 15. September 2009 Prüfungsbesuche unternehmen. Zudem erhalten die Berufsinspektoren wichtige Rückmeldungen bei den Prüfungsbesprechungen, die mit allen erfolgslosen Kandidatinnen und Kandidaten mit verhältnismässig grossem Aufwand durchgeführt werden. Auch in Fachkommissionen, welche die Prüfungen vor- und nach besprechen, erhalten die Berufsinspektorinnen und Berufsinspektoren wichtige Rückmeldungen. Nach der Prüfungssession wird innerhalb der Abteilung Berufsbildung und Mittelschule der Verlauf der Prüfungssession analysiert und im Sinne der Qualitätssicherung werden allfällige Fehler korrigiert und Optimierungsmöglichkeiten für die zukünftigen Prüfungssessionen erarbeitet. Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen Fr. 1'458.–. Vorsitzender: Mit Datum vom 24. August 2009 hat sich die Interpellantin gemäss § 84 Abs. 2 GO schriftlich von der Antwort des Regierungsrates befriedigt erklärt. Das Geschäft ist somit erledigt. (Schluss der Sitzung um 15.15 Uhr) ________________________________________ 450