Pressegespräch der NRW SPD zum Thema Verbraucherschutz – Ernährung – Landwirtschaft 16. 8. 2002 Presseinformation Zwischen Grün und Schwarz regiert die Vernunft: NRW-SPD stärkt vorsorgenden Verbraucherschutz und eine verbraucherfreundliche, wettbewerbsfähige Landwirtschaft 1. Verbraucherschutz und Landwirtschaft haben in der letzten Legislaturperiode einen neuen Stellenwert und eine neue Orientierung erhalten: Eine zukunftsorientierte Politik für Verbraucher und Landwirtschaft muss die klassische Trennung überwinden. Eine zielgerichtete Perspektive muss Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucher „von der Ladentheke definieren“ und Produktion, Veredlungswirtschaft, Handel und Verbraucher zusammenführen. 2. Vor diesem Hintergrund will die NRW-SPD ihr Profil in diesen Politikfeldern schärfen und eine breit angelegte Diskussion führen. Eine auf Initiative von Harald Schartau eingerichtete Arbeitsgruppe unter der Leitung von Bernhard Daldrup und Dr. Babette Winter arbeitet gegenwärtig an einem entsprechenden Konzept. Die Arbeitsgruppe besteht aus Vertretern der Landwirtschaft, Verbraucherschützern, Experten verschiedener Disziplinen sowie Abgeordneten des Europaparlaments, aus Bund und Land sowie den Kommunen. Mit einem landesweiten Kongress zur Verbraucher- und Landwirtschaftspolitik im kommenden Jahr soll die Debatte neue Anstöße geben. Angesichts der notwendigen Zusammenführung dieser Politikfelder ist die von CDU/CSU angekündigte Trennung von Verbraucherschutz- und Agrarressort völlig inakzeptabel. 3. Beim Verbraucherschutz ist NRW schon heute Spitze. Kein Bundesland fördert in vergleichbarem Umfang Verbraucherberatungsstellen wie die NRW-Landesregierung. Trotz der angespannten Finanzlage wird das Land auch 2003 seine Mittel für die 54 Verbraucherberatungsstellen in NRW aufrechterhalten. 4. In einer jüngst abgeschlossenen Untersuchung des NRW-Verbraucherministeriums wird die hohe Akzeptanz („Mit Tatkraft im Hintergrund“) der Verbraucherberatung eindrucksvoll bestätigt. 5. Der Verbraucherschutz kann sich auch in der Regierungsbilanz Gerhard Schröders sehen lassen: Die Zusammenlegung der Themen Landwirtschaft und Verbraucherschutz in ein Ministerium vollzog nach, was real schon lange zusammengehört. Zahlreiche Initiativen haben die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern in verschiedenen Lebensbereichen deutlich gestärkt. Die Einrichtung eines Bundesinstituts für Risikobewertung ermöglicht eine frühzeitige Erkennung und Bewertung von Gefahren im Lebensmittelsektor – ein wichtiger Baustein im vorsorgenden Verbraucherschutz. 6. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz wollen wir die Rechte der Verbraucher stärken und für mehr Gleichberechtigung zwischen Anbietern und Konsumenten sorgen. Das Gesetz enthält zwei Kernelemente: Erstens ein Informationsrecht der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Behörden Zweitens ein Recht der Behörden, die Öffentlichkeit schon über konkrete Gefahrensituationen aktiv und ausführlich zu informieren, wenn Tatsachen vorliegen, die eine Annahme begründen CDU/CSU haben mit ihrer Blockade im Bundesrat das Gesetz verhindert. Aus wahltaktischen Gründen wird den Menschen in Deutschland dieser wichtige Meilenstein im Verbraucherschutz vorenthalten. Wir werden weiter für die Durchsetzung des Informationsgesetzes kämpfen. 7. In Sachen Verbraucherschutz trägt das Regierungsprogramm die Handschrift der NRW SPD (s. Anlage: Auszug aus dem Regierungsprogramm). Keine der für den nächsten Bundestag kandidierenden Parteien hat sich vergleichsweise umfassend und präzise zum Verbraucherschutz positioniert. Unsere Ziele finden hohe Zustimmung bei Verbraucherschützern – die SPD erzielt eine hohe Übereinstimmung mit den Wahlprüfsteinen der Verbraucherzentralen. Dabei ist Verbraucherschutz für die SPD ein unverzichtbarer Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft. Dies gilt um so mehr als Globalisierung und Deregulierung mit der Stärkung der Konsumentensouveränität ein notwendiges Korrektiv benötigen. SPD und Landwirtschaft – der vernünftige Weg zwischen schwarzem Konservativismus und grüner Verteufelung konventioneller Landwirtschaft 8. Die Landwirtschaft in NRW hat in den vergangenen Jahrzehnten einen immensen Strukturwandel vollzogen. Von knapp 110.000 Betrieben im Jahre 1971 existieren heute in NRW noch ca. 50.800. Für die Existenzsicherung dieser Betriebe wollen wir eine Neuausrichtung auf eine verbraucherorientierte, tierschutz- und umweltgerechte und wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Wir sind uns bewusst, dass dies nach Jahrzehnten der Regulierung eine große Herausforderung ist, der wir uns mutig stellen. 9. Die Weichen für eine zukunftsfähige Landbewirtschaftung sind gestellt. Die Konsequenzen aus der durch BSE ausgelösten schwersten Krise der deutschen Landwirtschaft wurden gezogen. Die Ertragslage der landwirtschaftlichen Betriebe hat sich gleichzeitig verbessert. 2 Verbraucherinnen und Verbraucher wollen sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel. Landwirte müssen diesen Anspruch erfüllen, um auch künftig im Markt bestehen zu können. Die Lebensmittelsicherheit hat Vorrang, das Vorsorgeprinzip gilt auch bei der Grünen Gentechnik. Die Verfütterung von Tiermehl ist verboten. Mit obligatorischen BSE-Tests sind unsere Nahrungsmittel sicherer geworden. Der Missbrauch von Arzneimitteln in der Tierhaltung wurde wirksam bekämpft. Wir haben ein einheitliches Biosiegel für ökologische Produkte geschaffen und erreicht, dass ein Qualitätssicherungssystem für Fleisch und Fleischerzeugnisse aus konventioneller Erzeugung vom Stall bis hin zur Ladentheke die Einhaltung unserer anspruchsvollen Produktionsstandards garantiert. Für Rindfleisch und Fischerzeugnisse gibt es die durchgehende Herkunftsetikettierung. 10. Die Landwirte sind nicht nur Produzenten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen. Sie haben auch eine zentrale Aufgabe bei der Gestaltung des ländlichen Raumes. Sie sollen aus ihrer Arbeit angemessene Einkommen erzielen. Landwirtschaftliche Betriebe sind in erster Linie Wirtschaftsbetriebe. 11. Die deutsche Landwirtschaftspolitik muss sicherstellen, dass Landwirte in einem EU-weit stark reguliertem Markt ihre Existenz zu sichern und auszubauen. Europäische Agrarpolitik der Zukunft muss Qualitätspolitik werden. 12. Die NRW-SPD setzt sich für eine flächendeckende, umweltschonende Landwirtschaft ein. Dazu müssen der Anteil des ökologischen Landbaus und die regionale Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte stetig erweitert werden. Wir wollen Landwirten mehr Möglichkeiten eröffnen, ihre bäuerliche Existenzen auf breitere Grundlagen zu stellen. Neben der regionalen Vermarktung ihrer Produkte gehört dazu auch die Förderung zur Energieerzeugung aus erneuerbareren Energiequellen und eine Erleichterung zur Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude ohne der Zersiedlung der Landschaft Vorschub zu leisten. Leistungen für die Allgemeinheit sind auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen zu unterstützen. 13. Ernährung / Lebensmittel Eine gesunde und hochwertige Ernährung ist eines der Grundbedürfnisse der Menschen. Trotz aller realen und vermeintlichen Lebensmittelskandale zeichnen sich die Lebensmittel in Deutschland durch hohe Qualität und Sicherheit aus. Die aktuell erschienene Studie der Bundeszentrale für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) bestätigt dies: In 98,4% aller untersuchten Lebensmittelproben ließen sich keinerlei gesundheitsschädigende Belastungen nachweisen. 3 Diesen Standard wollen wir erhalten und ausbauen. Hier leistet das staatliche Netz der Untersuchungseinrichtungen wertvolle Arbeit. Als Lehre aus dem BSE-Skandal wurde von der Bundesregierung ein Institut für Risikobewertung eingerichtet, welches von uns perspektivisch als "Frühwarneinrichtung" gesehen wird. Wir fordern aber auch von Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Handel gleichermaßen ein System der Selbstkontrolle für alle Produktionsprozesse "vom Feld bis zur Ladentheke" zu etablieren und – wie in anderen Wirtschaftszweigen – Qualitätssicherung mit "good manufacturing practice" durchzuführen. Dies nutzt den Verbrauchern als Kunden und damit mittelbar den genannten Wirtschaftszweigen. Insbesondere im internationalen Umfeld der EU, vor dem Hintergrund der Osterweiterung, kann und muß die deutsche Landwirtschaft durch Qualität und Sicherheit überzeugen. 14. Grüne Gentechnik International hat sich – insbesondere im Bereich der Futtermittel – grüne Gentechnik bereits etabliert. Vorreiter sind hier seit Jahren die USA. In Deutschland ist sowohl bei Verbrauchern wie auch bei Landwirten die Ablehnung gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln nach wie vor hoch. Ein Akzeptanzwandel – wie in der roten Gentechnik (Medizin) – ist hier nicht in Sicht. Gleichwohl sind die Chancen der grünen Gentechnik nicht zu verkennen, zudem wird sich Deutschland nicht dauerhaft von internationalen Handelsströmen abkoppeln können. Eine sofortige Aufhebung des EU-Zulassungsmoratoriums für gentechnisch veränderte Pflanzen, wie von der CDU gefordert, halten wir jedoch für übereilt. Zunächst müssen haftungs- und kennzeichnungsrechtliche Fragen eindeutig geklärt sein, so dass Landwirte und Verbraucher gleichermaßen eigenständig entscheiden können, ob sie gentechnisch veränderte Futter-/Lebensmittel nutzen möchten oder nicht. Zudem sehen wir die Notwendigkeit, noch mehr für Verbraucherinformation und –aufklärung zu tun, um Vorbehalte und Ängste abzubauen. zu den Personen Bernhard Daldrup 46 Jahre Wirtschaftsförderer der Stadt Beckum Vorsitzender der SPD im Kreis Warendorf SPD-Vorsitzender im Regionalrat Münster Dr. Babette Winter 38 Jahre, verheiratet, 2 Kinder Dipl. Chemikerin mit Schwerpunkt Analysentechnik und Biotechnologie Tätig in einem Forschungsinstitut in Münster stellv. Vorsitzende der SPD Münster 4