Argumentationskatalog

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Argumentationskatalog
zu
Kritik-Schwerpunkten der aktuellen Tierschutzkampagne
mit dem Schwerpunkt Schweinehaltung
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------1. Fleischverzehr
a) Fleisch gehört zu einer ausgewogenen gesunden Ernährung
Schweinefleisch gilt als besonders gesund (Vit. B-Komplex)
b) Fleischverzehr (41,4 kg) nicht mit Fleischverbrauch (57,5 kg) verwechseln: Verzehr =
Verbrauch minus Knochen, industrielle Verwertung, Heimtierfutter, Verluste.
2. Schweinehaltung
a) Die Verhaltensweisen der Ur-Form (Wildschwein) können nicht Maßstab für die Haltung
der domestizierten Hausschweine sein. Auch der Mensch lebt heute anders als seine
Urahnen.
b) Moderne Schweinehaltung erfolgt nicht in dunklen, feuchten Koben, sondern in klimatisierten, bedarfsgerecht belichteten Ställen (Schweine sind Dämmerungstiere).
c) Ldw. Schweinehaltung dient der Fleischerzeugung zur Ernährung der Bevölkerung. Es
werden nicht mehr Schweine gehalten, als zur Ernährung der Bevölkerung erforderlich
sind.
Deutschland hat einen Selbstversorgungsgrad von rd. 82 %, d.h. rd. 20 % des Bedarfes
müssen durch Importe gedeckt werden.
d) Schweinehaltung ist ein landwirtschaftlicher Erwerbszweig, d.h. eine Einkommensquelle
für Bauernfamilien.
Als Wirtschaftszweig ist die Schweinehaltung bzw. Schweinefleischerzeugung dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Neben den Bedürfnissen des Tier- und Umweltschutzes ergeben sich also auch ökonomische Zwänge.
Der erforderliche Aufpreis für sog. Biofleisch zeigt sehr anschaulich, dass kostenwirksame zusätzliche Anforderungen an die Haltungsbedingungen nur durch einen höheren
Preis erfüllt werden können.
e) Markt für Biofleisch ist begrenzt; wie Absatzprobleme in der Vergangenheit bereits bewiesen haben ist der Verbraucher nicht unbedingt bereit, mehr für diese Produkte auszugeben.
3. Genußqualität / Kastration
Der anspruchsvolle deutsche Verbraucher fordert zusätzlich zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln auch eine hohe Genußqualität. Um diesem Anspruch
gerecht zu werden, werden in Deutschland die zur Mast bestimmten männlichen
Schweine generell kastriert. Dieser Eingriff erfolgt unter Wahrung der Bestimmungen
des Tierschutzgesetzes i.d.R. bereits 2-3 Tage nach der Geburt. In diesem Alter sind
die Nerven noch nicht voll ausgewachsen, so dass die Schmerzempfindlichkeit noch rel.
gering ist. Gleichzeitig besitzen die Ferkel in diesem Alter eine hohe Wundheilfähigkeit.
Schulz/..D:\68618678.doc
Erstellt: 14.09.2000 15:32:00 / Überarbeitet: 14.05.2016 20:55:00
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-2Nach der Kastration ist zu beobachten, dass die Ferkel direkt wieder zum Gesäuge der
Mutter gehen und die Entwicklung der kastrierten Tiere sich in keiner Weise von den
weiblichen Geschwistern unterscheidet.
Ein Verzicht auf die Kastration würde bedeuten, dass die Tiere früher geschlachtet werden müßten (vor dem Einsetzen der Geschlechtsreife), um das Risiko des typischen
Ebergeruches im Fleisch zu minimieren. Im Ausland wird auch die Möglichkeit der hormonellen Kastration erwogen.
Aus dem Bundesversuch "Ebermast" ist bekannt, dass in Schlachtkörpern von Ebern
über 80 kg in 55 % problematische Androstenongehalte festgestellt werden konnten.
Bei Schlachtkörpern unter 80 kg waren dies noch 39 %. 18 bis 32 % der deutschen Bevölkerung reagieren empfindlich auf Andostrenongeruch
In der EU hat sich Deutschland für die Einführung eines Andostrenontestes stark gemacht, um Eberfleisch mit Geschmacksbelastung im Schlachtbetrieb erkennen und in
die Verarbeitungsschiene für Hitzebehandlung (zur Neutralisierung des Geruches) lenken zu können. Es wird ein Rückgang im Schweinefleischverzehr befürchtet, wenn geruchsbelastetes Eberfleisch auf den Markt kommt.
4. Schwänze kupieren
2-3 Tage nach der Geburt ist dieser Eingriff relativ schmerzfrei bei gleichzeitig gutem,
schnellen Heilungsprozeß.
Es handelt sich um vorsorglichen Tierschutz gegen das Problem des Kannibalismus bei
suboptimalen Haltungsbedingungen. Wenn die Tiere erst einmal groß sind und – aus
welchen Gründen auch immer – in suboptimale Haltungsbedinungen geraten, ist es für
diese Maßnahme zu spät.
5. Frühabsetzen
Gemäß Tierschutzbestimmungen darf frühestens mit 21 Tagen abgesetzt werden.
Wichtiger Grund des Frühabsetzens ist die Sicherung der Ferkelgesundheit. In dieser
Phase beginnen die Ferkel mit dem Aufbau eines eigenen Abwehrsystems. Es hat sich
als vorteilhaft herausgestellt, wenn dieses getrennt von der Mutter, gemeinsam mit
gleichaltrigen Stallgefährten geschieht, um einen einheitlichen Immunitätsstatus zu erhalten. Voraussetzung ist ein gutes, konsequentes Tiergesundheitsmanagement!
So besteht die Möglichkeit, große Ferkelpartien einheitlicher gesundheitlicher Qualität
für die Mast zusammenzustellen.
Gesundheitssicherung ist Tierschutz!
Gesunde Tiere haben bessere Leistungen (Ökonomie).
Systematisches Frühabsetzen bewirkt in gut geführten Betrieben i.d.R. eine verbesserte
Reproduktionsleistung.
6. Einzelhaltung von säugenden Sauen
Die Einzelhaltung säugender Sauen dient
- dem Tierschutz (Ferkelschutz)
- der besseren Tierbetreuung (individuell)
- der besseren Tierbeobachtung (übersichtlich)
- der individuellen Tierfütterung.
Schulz/..D:\68618678.doc
Erstellt: 14.09.2000 15:32:00 / Überarbeitet: 14.05.2016 20:55:00
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Der Zeitraum beträgt 3,5 bis ca. 5 Wochen, ist also klar begrenzt.
Anbindehaltung ist verboten (mit einer Auslauffrist bis Ende 2005).
Kastenstände und Ferkelschutzbügel sind z.Z. "Stand der Technik". Neue Verfahren mit
größeren Bewegungsfreiraum für die Sauen sind z.Z. in Entwicklung, können jedoch
bislang noch nicht befriedigen, und zwar insbesondere aus Gründen des Tierschutzes
(Ferkelschutz).
Zur Gruppenhaltung säugender Sauen gab und gibt es zwar Forschungsarbeiten; die
damit verbundenen Probleme (Tierschutz, Hygiene, Arbeitswirtschaft) erscheinen
schwer lösbar.
7. Sauenhaltung im Deckstall
Der Zeitraum beträgt etwa 3 bis max. 6 Wochen (Trächtigkeitskontrolle).
Aus Gründen des Tierschutzes und der Arbeitswirtschaft dominiert die Einzelhaltung in
sog. Kastenständen.
Tierschutzgründe: - Verletzungen durch das gegenseitige Bespringen der Sauen werden unterbunden
- Rangkämpfe und damit das Risiko von Aborten werden unterbunden
Arbeitswirtschaft: - bessere Tierbeobachtung
- individuelle Tierbetreuung
- gezielte, effektive Brunst- und Trächtigkeitskontrolle.
Gruppenhaltung erscheint in diesem Stallbereich nur sinnvoll, wenn kleine, überschaubare Gruppen mit gleichaltrigen Sauen gebildet werden können. Das erfordert größere
Bestände (> 60 Sauen).
Vorteile der Gruppenhaltung:
- Brunststimulation
- Sozialkontakte.
8. Sauenhaltung im Wartestall (tragende Sauen)
Zunehmend setzt sich die Gruppenhaltung durch. Voraussetzung ist eine ausreichende
Bestandsgröße, um stabile, sozialverträgliche Gruppen gleichalter Sauen bilden zu
können.
9. Beschäftigungsmaterial gegen Langeweile
Zwar liegt es in der Natur der Schweine, viel zu ruhen (und zu fressen). Dennoch haben
Schweine auch einen Erkundungstrieb, der in einer Bucht durch Beschäftigungsmaterial
befriedigt werden kann. Hierzu kommt die Möglichkeit, Agressionen, die u.a. aus mangelnden Umweltbedingungen (Klima, Platzangebot, Fütterung usw.) resultieren können,
Schulz/..D:\68618678.doc
Erstellt: 14.09.2000 15:32:00 / Überarbeitet: 14.05.2016 20:55:00
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-4an Beschäftigungsmaterial abzureagieren (statt an Ohren und Schwänzen der Artgenossen).
Der Beschäftigung der Tiere ist also – für das Wohlbefinden – eine rel. große Bedeutung beizumessen (nach der Futterzusammensetzung und dem Stallklima).
Ideales Beschäftigungsmaterial sollte formbar und evtl. auch verschiebbar sein, wie z.B.
Stroh oder Holz.
Da dieses Material die Entsorgung der Gülle erheblich beeinträchtigen kann, besteht
Forschungsbedarf.
Auch Duschen, Bürsten und andere "Techniken" können das Wohlbefinden der
Schweine fördern.
10. Platzangebot
Zum Platzbedarf für Schweine gibt es eindeutige wissenschaftliche Studien, die Eingang in die Tierschutzgesetzgebung gefunden haben (Bodenfläche nach Gewichtsklassen).
Grundsätzlich muß jedem Tier ein Liegeplatz zur Verfügung stehen. In kalten Ställen
liegen die Tiere dichter, in warmen Ställen weiter auseinander.
Eine zu dichte Buchtebelegung führt in der Regel zu Minderleistungen und wird daher
bereits aus ökonomischen Gründen vermieden.
Bei stabilen Gruppen während der gesamten Mastdauer kann sich zu Beginn der Mast
das Problem eines großen zusätzlichen Heizbedarfes ergeben, um das Wohlbefinden
der kleinen Tiere in den (dann noch) zu großen Buchten sicherstellen.
11. Funktionsbereiche
Die Gliederung der Buchten nach sog. Funktionsbereichen erscheint problematisch,
da gegen Ende der Mast mehr oder weniger die gesamte Bucht als Liegefläche genutzt wird. Hinzu kommt das Problem der Tiergewöhnung an die Funktionsbereiche
bzw. des Mißbrauches (z.B. Verschmutzung der festen Liegefläche in der Teilspaltenbucht.)
12. (Voll)Spaltenbodenhaltung / Einstreu
Vollperforierte Böden befinden sich in der öffentlichen Kritik, obwohl sich nachweislich
im wesentlichen folgende Vorteile nachweisen lassen (jeweils gutes Management vorausgesetzt):
- bessere Sauberkeit der Tiere (hygienische und gesundheitliche Vorteile)
– besseres Stallklima (Luftqualität)
– Ammoniakreduktion (durch Gülle).
Die Kritik (Klauenschäden, schlechtes Stallklima, unbefriedigender Ruhekomfort usw.)
erscheint allenfalls bei schlechtem Management und schlechter Stalleinrichtung gerechtfertigt.
Schulz/..D:\68618678.doc
Erstellt: 14.09.2000 15:32:00 / Überarbeitet: 14.05.2016 20:55:00
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-5Hinsichtlich de diskutierten Differenzierung des Schlitzanteils im Vollspaltenboden (für
verschiedene Funktionsbereiche) besteht Forschungsbedarf (Tierverhalten, Effekte für
Tier- und Umweltschutz, Sauberkeit usw.).
Einstreu führt i.d.R. zu
- Verschlechterung des Stallklimas
– Erhöhung der Ammoniakbelastung
– hygienischen / gesundheitlichen Beeinträchtigung (Erkrankung der Atemweg)
- Mehrarbeit
13. "Schnellmast"
Im vorigen Jahrhundert wurden die Schweine zur Eichelmast in die Wälder getrieben
oder mit Nahrungsresten der Bauernfamilien gefüttert. Das einseitige Futter ließ die
Tiere erst nach drei Jahren schlachtreif werden. Züchterische Verbesserung, optimale
Umweltbedingungen (Stall , Klima) und eine auf die Nährstoffbedürfnisse angepaßte
Fütterung lassen die Tiere heute bereits nach 180 Tagen schlachtreif werden.
Dadurch werden wertvolle Ressourcen (Futter, Energie etc.) gespart. Früher brauchte
ein Schwein rd. 700 kg Futter, heute nur noch 280 kg. Gleichzeitig ist der Gülleanfall
pro Schwein reduziert.
14. "Massentierhaltung"
Noch 1960 wurden in 1,7 Millionen Ställen Schweine gehalten. Es war auf dem Land
üblich, dass fast jeder Haushalt ein bis zwei Schweine zum Eigenverzehr hielt. Sie
wurden meist im Winter verwurstet und kamen als Braten auf den Tisch. Mit zunehmender Bevölkerungsdichte und Entfremdung von der Landwirtschaft ist das heute
nicht mehr möglich. Im Rahmen der zunehmenden Spezialisierung halten heute in
ganz Deutschland nur noch rd. 180.000 Bauern insges. 26 Mill. Schweine. Die Mastschweine werden i.d.R. in Gruppen zu 10 bis 15 Tieren gehalten. Deshalb ist es völlig
unerheblich, ob ein Betrieb nur 20 oder 2.000 Stallplätze hat.
Allerdings steigt mit zunehmender Bestandsgröße die Verantwortung des Tierhalters.
Wird in einem großen Bestand ein Schwein krank, können alle anderen Tiere angesteckt werden.
Durch die Spezialisierung und die entsprechende fachliche Qualifikation ist gewährleistet, daß die Haltungsbedingungen in großen Anlagen den Anforderungen des Tierund Umweltschutzes entsprechen.
15. 'Massentierhaltung' ist verantwortlich für niedrige Preise
Falsch. Weil der Verbraucher überwiegend preiswerte Ware einkauft und die Lebensmittelketten Schweinefleisch als "Lockartikel" verwenden, ist der Schweinehalter gezwungen, die Produktionskosten durch Bestandsaufstockung zu minimieren. Viele
Landwirte haben sich daher spezialisiert, so daß die Schweinefleischerzeugung dann
dann häufig die einzige Einnahmequelle ist.
16. Transport von Tieren über große Strecken
Schulz/..D:\68618678.doc
Erstellt: 14.09.2000 15:32:00 / Überarbeitet: 14.05.2016 20:55:00
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Grundsätzlich sollten die Tiere in regionalen Schlachthäusern schonend geschlachtet
werden. In Regionen mit einem Überschuß an Schweinen ist dies häufig nicht möglich.
Die Tiere müssen dann in entferntere Schlachthäuser transportiert werden.
18. "Gülle verseucht unser Grundwasser"
Gülle, ein Gemisch aus Kot, Harn und Wasser, ist ein wertvoller Wirtschaftsdünger. Er
ist reich an Nährstoffen, die die Pflanze zum Wachstum braucht. Deshalb wird die Gülle in der Zeit auf die Felder ausgebracht, wenn die Pflanzen wachsen und Nährstoffe
benötigen. Das ist übrigens auch vom Gesetzgeber in Form der sog. Düngeverordnung vorgeschrieben. Gemäß dieser VO dürfen nur soviel Nährstoffe ausgebracht
werden, wie von der Pflanze aufgenommen werden können. Deshalb legt der Bauer
Nährstoffbilanzen an. Dadurch soll einer Auswaschung der wertvollen Nährstoffe ins
Grundwasser vorgebeugt werden. Betriebe, bei denen mehr Gülle anfällt als auf den
Acker ausgebracht werden darf, verkaufen die Gülle als preiswerten Dünger an andere Betriebe.
Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion e.V. (ZDS) 09/2000
Schulz/..D:\68618678.doc
Erstellt: 14.09.2000 15:32:00 / Überarbeitet: 14.05.2016 20:55:00
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