Vorschläge des Arbeitswissenschaftlichen

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Michael Hepp „Die Durchdringung des Ostens in Rohstoff- und Landwirtschaft“
Vorschläge des Arbeitswissenschaftlichen Instituts der Deutschen Arbeitsfront zur
Ausbeutung der UdSSR aus dem Jahr 1941
Aus: 1999, Heft 4, S. 96 – 134 (1987)
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Seite 1-5:
Einführung von M. Hepp
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Seite 6-20:
Abdruck des Dokuments des AWI der DAF vom 17. November 1941
Postanschrift AWI: Berlin W9, Leipziger Platz 14.Quellen: - Amtliches Fernsprechbuch für
den Bezirk der Reichspostdirektion Berlin / hrsg. v. der Reichspostdirektion Berlin; S. 935, 3. Spalte;
Ausg.: Juni 1941, Stand: 1. Februar 1941
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Das Arbeitswissenschaftliche Institut der Deutschen Arbeitsfront (AWI) wurde 1935 gegründet und
entwickelte sich rasch zu einem der wichtigsten sozialpolitischen Planungszentren des „Dritten Reiches“. Es
sollte die umfangreichen Akten- und Bibliotheksbestände der im Mai 1933 zerschlagenen Gewerkschaften
aufarbeiten und für die Zwecke der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und des Sicherheitsdienstes (SD)
benutzbar machen. Zum anderen sollte das Institut den Dienststellen der Deutschen Arbeitsfront konkrete
Planungsdaten und Konzepte für ihre vielfältigen Aufgaben erarbeiten. Darüber hinaus fertigte es für
Dienststellen der NSDAP und einzelne Ministerien Gutachten zu den verschiedensten Problemen und
Fragestellungen. Die Bandbreite reichte von den klassischen Themen der Arbeitswissenschaft wie Lohn-. und
Preispolitik, Arbeitszeit, Berufserziehung, Rationalisierung über sozialpolitische Fragen wie
Nahrungsmittelversorgung, Beobachtung der Sozialpolitik des Auslands, Freizeitgestaltung, bis hin zu
kolonialpolitischen Planungen für Afrika und die eroberten „Ostgebiete“. Durch die „Statistische Zentralstelle
des AWI“ wurden laufend Betriebserhebungen durchgeführt, Lohn- und Preisstatistiken sowie
Unfallstatistiken erstellt, die Wirtschaftslage beobachtet und die statistischen Grundlagen für die
Denkschriften und Gutachten des AWI erarbeitet. Die Klammer dieser weitgesteckten Aufgaben war die
weltanschauliche Ausrichtung der Forschung. Sozialpolitische Reformkonzepte verbanden sich mit dem Ziel,
die Effizienz des nationalsozialistischen Unterdrückungssystems zu steigern. So sollte das AWI zum Beispiel
Vorschläge zur Stabilisierung der "Heimatfront“ im „totalen Krieg“ entwickeln, Modelle zur
„Leistungssteigerung“ von ausländischen Zwangsarbeitern erarbeiten, Rationalisierungsmöglichkeiten in der
industriellen Produktion – speziell unter den Voraussetzungen der Kriegsplanungen – aufzeigen, gleichzeitig
aber auch Kompensationsangebote zum Ausgleich steigender Leistungsanforderungen entwickeln.
Großangelegte sozialtechnische Konzepte wie „Reichslohnordnung“, einheitliche „Altersversorgung des
deutschen Volkes“ mit einer Mindestrente, „Wohnungsbauprogramm“, „Gesundheitswerk“ usw. sollten den
Arbeiter für den nazistischen Staat gewinnen und dem latenten Widerstand entziehen. Im Verlauf der
Radikalisierung der nationalsozialistischen Expansionspolitik bekam das AWI eine weitere Aufgabe
zugewiesen. Es erstellte für SS, Verwaltung und Wehrmacht umfangreiche soziologische und
wirtschaftspolitische Untersuchungen über die okkupierten Länder und machte Vorschläge zu ihrer
Ausbeutung. So wurde zum Beispiel nach dem Einmarsch in Österreich 1938 eine eigene Außenstelle des
AWI in Wien eingerichtet, um die wirtschafts- und sozialpolitische „Gleichschaltung“ anhand von aktuellen
Planungsdaten möglichst rasch und reibungslos durchführen zu können. Führende Mitarbeiter der Berliner
Zentrale wurden zeitweise für spezielle Aufgaben nach Wien geschickt. In großangelegten Untersuchungen
wurde zum Beispiel das Lohn-Preis-Verhältnis durchgeleuchtet. Vergleiche der Arbeitsleistung von Arbeitern
im „Altreich und der Ostmark“ folgten. Spezielle Betriebsuntersuchungen schlossen sich an,
Wirtschaftskarten wurden angefertigt, Miet- und Wohnungsprobleme aufgezeigt. Kürzlich gefundenes
umfangreiches Dokumentationsmaterial macht es erstmals möglich, die Rolle der Deutschen Arbeitsfront und
des AWI bei der „Eingliederung“ Österreichs genau zu rekonstruieren.
Für die weitgefächerten Aufgaben rekrutierte das AWI aus sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen
Institutionen wie etwa dem Verein Deutscher Ingenieure (VDI) usw. hochqualifizierte Mitarbeiter. Zahlreiche
Wissenschaftler aus Universitäten und Institutionen konnten als freie Mitarbeiter gewonnen werden. 1935
wurden sogar Verhandlungen darüber geführt, ob das REFA-Institut nicht komplett dem AWI angegliedert
werden sollte. Zu den Mitarbeitern des AWI zählen so bekannte Soziologen, Sozialpolitiker, Statistiker und
Volkswirtschaftler wie Hans Peter, Wilhelm Brepohl, Albert Brengel, Heinz Rhode, Theodor Bühler, Adolf
Günther, Johannes Riedel, Friedrich Sitzler, Heinrich von Stackelberg oder Werner Ziegenfuß. Aber auch
einige ehemalige ADGB (Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund)-Sekretäre wie Clemens Nörpel oder
Kurt Gusko arbeiteten im AWI an den nationalsozialistischen Unterdrückungsplänen mit. Bisher konnten
rund 200 Mitarbeiter identifiziert werden. Nach dem Organisationsplan von 1940 (Friedensplanung)1 war das
AWI allerdings wesentlich größer. 560 Planstellen waren vom Leiter des Instituts, Wolfgang Pohl, beantragt
worden. Davon entfielen etwa zwei Drittel auf das wissenschaftliche Personal. Dementsprechend
umfangreich war auch 1940/41, in denen sich das AWI als das bedeutendste arbeits- und sozialpolitische
Planungszentrum für die nazistische „Neuordnung“ Europas profilierte und in zahlreichen Denkschriften und
soziologischen Untersuchungen die Bedingungen einer optimalen Einverleibung analysierte.
Seit dem Sommer 1939 beschäftigte sich das AWI in zahlreichen Denkschriften und Untersuchungen mit der
UdSSR. Der Hitler/Stalin-Pakt vom August 1939 sah neben den territorialen Absprachen auch eine
Intensivierung des Warenaustauschs vor, besonders im Bereich der landwirtschaftlichen Produkte und der
Rohstoffe wie Erz, Erdöl usw. Damit rückt die Sowjetunion verstärkt in das Blickfeld wirtschaftlicher
Planungen. Voraussetzung dafür waren aber möglichst genaue Daten über die „wirtschaftlichen
Möglichkeiten der Sowjetunion“, über ihre geographische Struktur usw. bis hin zu sozialpolitischen
Datensammlungen. Gleichzeitig erfüllen die umfangreichen AWI-Denkschriften auch weitgehend die
Forderungen von General Thomas, Chef des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamts des Oberkommandos der
Wehrmacht (OKW). Für seine Planungen gegen „potentielle Kriegsgegner“ benötigte er Angaben über:
„a) industrielle Leistungsfähigkeit, insbesondere der Rüstungsindustrie, d.h. die Fertigung von Kriegsgerät
unter Berücksichtigung von Engpässen, industriellen Zusammenballungen, Grenznähe usw.
b) Rohstoff- und Energieversorgung, und zwar vorhandene Rohstoffquellen wie auch fehlende Rohstoffe, und
damit in Abhängigkeit der Rüstungsindustrie von kontinentalen oder überseeischen Importen,
c) Arbeitseinsatzlage und ihre voraussichtliche Veränderlichkeit im Kriege,
d) Ernährungslage
e) Finanzlage und Finanzkraft eines Landes und seine eventuelle Abhängigkeit von Verbündeten,
f) Außenhandel,
g) Verkehrsverhältnisse im Land und über die Grenzen,
h) Hafenanlagen, Umschlagseinrichtungen und deren Verlagerungsvermögen,
i)
soziale Verhältnisse,
k) Versorgungseinrichtungen.“2
Knapp zwei Jahre später- am 22. Juni 1941 überfiel die Wehrmacht mit über drei Millionen Soldaten die
Sowjetunion – machte das AWI dann konkrete Vorschläge zur Ausbeutung und Einverleibung der eroberten
Gebiete. Noch im Mai 1941 erschienen umfangreiche Beiträge zur sowjetischen Sozialpolitik, im Juni folgten
drei Arbeiten mit Karten und Angaben über die wirtschaftsgeographische Struktur der UdSSR. Im Dezember
1941 legten die Autoren des AWI dann drei Denkschriften vor, in denen Umfang und Ausmaß der geplanten
deutschen Plünderungspolitik konkret beschrieben sind. Die beiden ersten Arbeiten „Raum formt
Sozialpolitik“ und „Erwägung zur Nutzung der eroberten Gebiete durch das deutsche Volk“ verstehen sich
als allgemeiner Überblick über die Probleme, die die Unterwerfung eines so riesigen Gebietes aufwarf. Die
dritte Denkschrift „Die Durchdringung des Ostens in Rohstoff- und Landwirtschaft“ (Dokument) zeigt
dagegen bereits erste konkrete Möglichkeiten und Berechnungen zur „Ausbeutung“ auf. Sie wurde ein Jahr
später wesentlich erweitert und modifiziert und unter dem Titel „Die Erschließung der Rohstoff- und
Landwirtschaft des Ostens“ erneut publiziert. Da der Umfang von 70 Seiten jedoch den Rahmen dieses
Heftes sprengen würde, dokumentieren wir die erste Fassung vom Dezember 1941. Die drei Denkschriften
müssen vor dem Hintergrund der deutschen Großmachtpläne seit dem Ersten Weltkrieg gesehen werden.
Bereits 1914/15 wurde in zahlreichen Denkschriften die Forderung aufgestellt, den „europäischen“ Teil
Rußlands dem Deutschen Reich einzuverleiben, um mit „einem Schlage ein mächtiges deutsches Land“ zu
bekommen.3 Auch damals waren die wirtschaftlichen Interessen – Rohstoffe und landwirtschaftliche
1
2
Georg Thomas, Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft, hg. von Wolfgang Birkenfeld,
Boppard/Rhein 1996, S. 113. Auszugsweise ist die Arbeit von Thomas auch als Nürnberger Dokument PS 2353 in IMT,
Bd. 30 veröffentlicht.
3
Paul Rohrbach, Rußland und wir, Berlin 1915. Weitere Denkschriften stammten u.a. von Thyssen, Erzberger,
Stresemann, Krupp, Stinnes, Kirdorf. Siehe dazu: Werner Basler, Die Politik des deutschen Imperialismus gegenüber
Litauen 1914-1918, in: Jahrbuch für die Geschichte der UdSSR und der volksdemokratischen Länder Europas, Bd. 4,
Berlin 1960, S. 235 f.
Erzeugung – ausschlaggebend. Wie weit die territorialen Minimalforderungen gesteckt waren, kann man dem
„Friedensvertrag“ von Brest-Litowsk entnehmen. Nach dem verlorengegangenen Weltkrieg gingen die
Bemühungen weiter, sich den russischen Reichtum an Rohstoffen zunutze zu machen und die eigenen
Absatzgebiete zu erweitern. Zu diesem Zweck wurde der Rußland-Ausschuß der deutschen Wirtschaft – unter
Federführung des Reichsverbandes der deutschen Industrie – gegründet. Mitglieder waren u.a. Siemens,
AEG, Gutehoffnungshütte, Krupp, Otto Wolf und die führenden Großbanken. Während des „Dritten Reiches“
wurde dieser Rußland-Ausschuß zur Speerspitze erneuerter Annexionsplanungen. Er löste sich am 30.
September 1941 auf, als Industrie und Hochfinanz sich durch die deutschen Eroberungen am Ziel ihrer
Wünsche sahen. Das Sprachrohr des Ausschußes erschien allerdings weiter, um „über die Wirtschaftslage,
die Wirtschaftsentwicklung und den Wirtschaftsaufbau in den besetzten Ostgebieten und den Restgebieten
(sic!) der Sowjetunion ...“ zu berichten.4 Neben dem Rußland-Ausschuß gab es noch eine ganze Reihe von
Institutionen, die sich teilweise lange vor dem Überfall auf die Sowjetunion mit Planungen für die
Ausraubung Rußlands beschäftigten. Neben der SS mit ihrem „Generalplan Ost“5 ist hier besonders der
spätere „Reichsminister für die besetzten Ostgebiete“, Alfred Rosenberg, zu nennen. Erste größere
Ausarbeitungen aus dem Aktivitätsbereich Rosenbergs sind bereits aus dem April 1941 „über die Ziele und
Methoden einer künftigen deutschen Besetzung weiter Teile der Sowjetunion“ bekannt.6 Grundtenor dabei
war, „durch Ansiedlung rassisch möglicher Elemente dieses Gebiet (Estland, Lettland, Litauen und
Belorußland, von den Nazis als „Weißruthenien“ bezeichnet, M.H.) zu einem Teil des Großdeutschen
Reiches umzuwandeln“.7 In personellen Bedarfsplanungen vom 28. Juni 1941, also kurz nach dem deutschen
Überfall, wurde bereits das gesamte Gebiet bis zum Ural einbezogen. Rosenberg forderte zur Verwaltung
dieses riesigen Gebiets vier „Reichskommissare“, 24 „Generalkommissare“, 80 „Hauptkommissare“ und
mehr als 900 „Gebietskommissare“.8 Als Rosenberg zum „Reichsminister“ ernannt wurde, schrieb er in sein
Tagebuch: „Der Führer schenkt mir heute einen Kontinent.“ Daß es sich bei den Planungen nicht nur um
wirtschaftliche Raubzüge handelte, zeigt deutlich ein Leitartikel mit der Überschrift „Germanisieren?“ in der
SS-Zeitschrift „Das Schwarze Korps“:
„Unsere Aufgabe ist es, den Osten nicht im alten Sinne zu germanisieren, das heißt dort vorhandene
Menschen deutsche Sprache und deutsche Sitten beizubringen, sondern dafür zu sorgen, daß im Osten nur
Menschen wirklichen deutschen, germanischen Blutes wohnen.“9
Ähnliche Vorstellungen finden sich auch in den Denkschriften des AWI. Trotzdem war erstes und oberstes
Ziel,
„Erdöl und landwirtschaftliche Produkte zu erbeuten... In diesen beiden wichtigen Punkten war das
Wirtschaftspotential des europäischen Kontinents, so weit es bisher dem deutschen Imperialismus für seinen
Krieg zur Verfügung stand, am schwächsten. Das Öl sollte vorwiegend zur unmittelbaren Kriegführung über
Kontinente und - wie auf längere Sicht geplant – Ozeane dienen. Mit den Lebensmitteln sollte die
Wehrmacht ernährt und die deutsche Zivilbevölkerung von Mangel und damit Unzufriedenheit und
Kriegsunlust ferngehalten werden.“10
Gemeinsamer Konsenz und Grundlage für alle Planungen war das Ergebnis einer Besprechung Hitlers mit
Rosenberg, Lammers, Göring und Keitel am 16. Juli 1941:
„Grundsätzlich kommt es also darauf an, den riesenhaften Kuchen handgerecht zu zerlegen, damit wir ihn
erstens beherrschen, zweitens verwalten und drittens ausbeuten können.“11
In seinen „Richtlinien für die Führung der Wirtschaft“ stellte Göring deshalb die Forderung,
„alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um die sofortige und höchstmögliche Ausnutzung der
besetzten Gebiete zugunsten Deutschlands herbeizuführen. Dagegen sind alle Maßnahmen zu unterlassen
oder zurückzustellen, die dieses Ziel gefährden könnten“.12
4
Die Ostwirtschaft, Jg. 1942, Heft 1. Siehe dazu auch die Arbeit von Roswitha Czollek (vgl. Anm. 8).
Siehe dazu: Erster „Generalplan Ost“ (April/Mai 1940) von Konrad Meyer in: Mitteilungen der Dokumentationsstelle
zur NS-Sozialpolitik, hg. von der Dokumentationsstelle zur NS-Sozialpolitik in Hamburg, (1) 1985, Heft 4, Seite 45 ff.
6
IMT, Bd 26, S. 547-554. Dok. PS 1017. Rosenberg wurde im April 1941 zum „Beauftragten für die zentrale
Bearbeitung der Frage des osteuropäischen Raumes“ ernannt.
7
Ebenda, S. 573 ff.: Instruktion für einen Reichskommissar im Ostland“. Dok PS 1029
8
Roswitha Czollek, Faschismus und Okkupation. Wirtschaftspolitische Zielsetzungen und Praxis des faschistischen
Besatzungsregimes in den baltischen Sowjetrepubliken während des Zweiten Weltkrieges. Berlin (DDR) 1974, S. 46.
Das Buch gibt einen detailreichen Überblick über die verschiedenen Planungen seit dem Ersten Weltkrieg, dem der
Verfasser wertvolle Hinweise entnahm.
9
Das Schwarze Korps, 20. August 1942.
10
Diedrich Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft, Bd. I, Berlin (DDR) 1969, S. 209.
11
IMT, Bd. 38, Dok. 221-L, S. 86 ff.
12
Der Reichsmarshall des Großdeutschen Reiches (Hg.), Richtlinien für die Führung der Wirtschaft, Teil I, Berlin 1941,
S. (Hervorhebung im Original)
5
In diesem Gesamtzusammenhang müssen auch die Denkschriften des Arbeitswissenschaftlichen Instituts
gesehen werden. Im Gegensatz zu den Planungen Rosenbergs stellten die Arbeiten des AWI nüchterne
sozialwissenschaftliche Methoden dar, um bei der geplanten Ausbeutung der eroberten Gebiete möglichst
Widerstand seitens der unterdrückten Bevölkerung und damit politische Reibungsverluste zu vermeiden. Die
Denkschriften gehen von einem Stufenplan aus, nach dem der europäische Teil der UdSSR, einschließlich
des „Ural Industriegebiets“, Schritt für Schritt unter deutsche Kontrolle gebracht und – als Endziel – über
weite Teile auch von Deutschen besiedelt werden sollte. Konsenz war, daß die „kulturell und geistig
unterlegenen“ Russen zu Sklavenarbeitern degradiert werden sollten. In der Denkschrift „Raum formt
Sozialpolitik“ wird sogar davon ausgegangen, daß bei der schrittweisen Kolonialisierung nur noch „Reste der
... Ostbevölkerung“ überleben sollten.13 Voraussetzung war für das AWI, daß die „bisher von den
Eingliederungs- und Anschlußfachleuten gehandhabte Methoden“ aufgegeben und völlig neue Konzepte
erarbeitet wurden. Den puren Ausbeutungsanforderungen hielt das AWI entgegen:
„Die einfache Angliederung der neuen Gebiete an das Reich würde ... zwar der industriellen Wirtschaft einen
nicht unwillkommenes Menschenreservoir erschließen, damit aber gleichzeitig eine volkspolitische
Entwicklung in die Wege leiten, die der politischen Ordnungsaufgabe des europäischen Raumes völlig
entgegengesetzt ist.“14
Hier näherten sich die AWI-Autoren deutlich den Germanisierungsbestrebungen der SS.
Um die „Europäisierung“ des Ostens durchführen zu können, bedarf es nach Ansicht der Planer sozialer
Anreize, um genügend Menschen in die eroberten Gebiete zu bekommen. Abgesehen davon, daß der
Lebensstandard der im Land belassenen Russen auf maximal 60 Prozent der deutschen „Einwanderer“
bestimmt wurde, sollte der Umzug „mit einem unmittelbar fühlbaren sozialen Aufstieg verbunden sein“.15
Also vom Arbeiter im „Altreich“ zum Vorarbeiter in den eroberten Gebieten, oder vom Vorarbeiter zum
Werksleiter. Dabei sollte die Qualifikation hinter den Primat der Politik zurückstehen:
„Man wird sich daran gewöhnen müssen, in dem gegenüber dem alten Gebiet unendlich angewachsenen
neuen Reichsraum (sic!) auch die Befähigungsnachweise bei der Besetzung der Arbeitsplätze mit anderen
Maßstäben zu messen.“16
In der Denkschrift von 1943 „Die Erschließung der Rohstoff- und Landwirtschaft des Ostens“ wird dieser
Punkt konkretisiert:
„Aus naheliegenden politischen Gründen kommen für den sofortigen Einsatz als Siedler im Osten nach dem
Krieg vor allem politische Aktivisten und ehemalige Angehörige der Wehrmacht in Frage, während der
Gesichtspunkt der charakterlich bedingten Bodenständigkeit, der berufliche Qualität und der vorhandenen
bzw. zu erwarteten Kinderzahl vorläufig zurücktritt.“17
Diese Prämisse steht in eindeutigem Widerspruch zu den Ausführungen der im Anhang abgedruckten
Denkschrift. Diese Modifizierung ist möglicherweise auf Anregung von SS und Partei zurückzuführen, die
mehrfach die bevorzugte Landzuweisung an „verdiente Kämpfer der Bewegung“ forderten.
Noch in einem anderen Punkt weicht die Arbeit von 1943 von den Denkschriften von 1941 ab. Wurde hier in
der ersten Euphorie teilweise noch der Eindruck erweckt, das Gebiet bis zum Ural sollte langfristig zu einem
fast ausschließlich von Deutschen bewohnten Gebiet werden, sprechen die Autoren 1943 nur noch von
„Streusiedlungen in den wirtschaftlich wichtigsten Gebieten“. Als neue Komponente wird dabei allerdings
die Einbeziehung von fast 10 Millionen Auslandsdeutschen eingeplant:
„Hier besteht eine Reserve, die solange ausgeschöpft werden kann, bis es mit Hilfe einer
zweckentsprechenden Bevölkerungspolitik, d.h. durch eine starke Zunahme der Geburten gelungen ist, einen
jährlichen Überschuß für den Osten sicherzustellen.“18
Insgesamt schwebte den AWI-Planern eine „grundlegende Neuordnung“ der volkswirtschaftlichen und
sozialpolitischen Grundlagen vor. Durch den ständigen Mangel an „Arbeitskräften und insbesondere an
13
AWI, Raum formt Sozialpolitik (Erste Gedankenskizze), Berlin Dezember 1941, S. 34
Ebenda, S. 21
15
Ebenda, S. 29
16
Ebenda, S. 31.
17
AWI, Die Erschließung der Rohstoff- und Landwirtschaft des Ostens. Problematisches und Grundsätzliches, Berlin
Januar 1943, S. 9.
18
Ebenda, S. 11
14
hochqualifizierten Arbeitskräften“ ändere sich die gesamte „Arbeitsverfassung und Wirtschaftsorganisation
Europas“. Zwangsläufige Folge sei eine „Mechanisierung, Rationalisierung und Technisierung des täglichen
Lebens..., die das weit in den Schatten stellen (wird), was bisher etwa in Nordamerika an Ansätzen dazu
gemacht worden ist“.19
Gleichzeitig sei eine „größere Disziplin“ in den Arbeitsverhältnissen erforderlich, da die „deutschen
Volksgenossen“ nicht mehr „Untertanen des Reiches, sondern Träger, also Herren des Reiches“ seien. Mit
den Mittelchen des Untertanenstaates“ könne der Zusammenhalt in einem derart großen Gebiet nicht
aufrechterhalten werden. Im Gegensatz zu den „Herren des Reiches“ werde die „ortsansässige Bevölkerung
... zur Arbeitsleistung im Dienst der deutschen Nation verpflichtet sein, wofür sie zwar einen Lohn zum
Lebensunterhalt erhält, der aber doch nur einen Teil des gesamten Arbeitsertrags ausmacht. Der übrige Teil
geht in den Gesamthaushalt der deutschen Volkswirtschaft ein, an dem die Bewohner der neuen Gebiete als
Nutznießer so weit beteiligt sind, als es ihnen gestattet ist, sich zum deutschen Volk zu rechnen ... Im übrigen
richtet sich jede soziale Stellung und ihr Rechtsverhältnis einerseits nach den Bedürfnissen, die durch die
politische Beherrschung des Raumes durch das deutsche Volk gegeben sind, andererseits nach dem Ton, der
von diesen Völkern selbst den Deutschen gegenüber angeschlagen wird.“20
Die zweite grundsätzliche Denkschrift vom Dezember 1941 „Erwägungen zur Nutzung der eroberten Gebiete
durch das deutsche Volk“ umfaßt nur neun Seiten. Neben einer allgemeinen Einleitung , in der aus
„zwingenden politischen Gründen“ die „ausschließliche wirtschaftliche Nutzung ... der eroberten Gebiete“
vorgeschlagen wird, werden mögliche Wege hierzu aufgezeigt. Konsens dazu ist, daß die Bewohner der
eroberten Gebiete „nur einen Teil ihrer Produktion selbst verbrauchen können. Der andere Teil soll dem
Staatsvolk als Gegenwert für seine politische Führung vorbehalten bleiben.“ Dies „Mehrwert“-Abschöpfung
könne auf verschiedenen Wegen erreicht werden.
Einmal die „koloniale Ausbeutung durch auf Erwerb ausgerichtete Kapitalgesellschaften nach dem Beispiel
der von Holland, Frankreich, Portugal und England seit Jahrhunderten geübten Kolonialpolitik"“ Der
Nachteil sei, daß der Gewinn bei den Unternehmen bleibe. Dieser Mißstand sei dadurch zu vermeiden, daß
der „Staat die koloniale Nutzung selbst in dem Kolonialgebiet auftritt, oder aber sich mindestens ein
Handelsmonopol mit den Kolonialgebieten sichert“. Der einfachste Weg sei, „daß das Deutsche Reich die in
der Sowjetunion vorgefundenen Staatsbetriebe und Kollektivwirtschaften für seine Rechnung betreiben
läßt.“21
Als weitere Möglichkeiten werden noch die Ausbeutung über „die Lohn- und Preispolitik“ und über die
Steuern aufgezeigt. Nachdem der Autor in einem zweiten Teil „Einzelfragen über den Wettbewerb zwischen
der Produktion des Ostens und des Altreichs“ skizziert und Berechnungen über die Ertragsaufteilung in den
Kolchosbetrieben angestellt hat, kommt er zu dem Schluß:
„Auf lange Sicht ist ... die primitive Ausbeutungswirtschaft durch eine planmäßige Anpassung der
Wirtschaftsstruktur an die Bedürfnisse des deutschen Volkes zu ersetzen. Erst dann ist ein wirklicher
‚Gewinn‘ des deutschen Volkes gesichert.“22
Das nachfolgend komplett abgedruckte Dokument ist offensichtlich bereits vor den beiden oben kurz
skizzierten Arbeiten fertiggestellt worden. Es trägt das Datum des 17. November 1941. Diese Denkschrift
stellt die ersten konkreten Planungen und Berechnungen des AWI vor. Im Gegensatz zu der Arbeit „Raum
formt Sozialpolitik“ wird hier die klare Forderung aufgestellt – in deutlicher Übereinstimmung mit den
Richtlinien Görings -, daß während des Kriegs die Gebiete lediglich für den „Nahrungsmittel- und
Materialbedarf unseres Heeres“ auszubeuten seien. Weiterreichende Konzepte seien erst nach dem Ende des
Krieges möglich. Aber auch hierfür legten die Sozialplaner der Deutschen Arbeitsfront bereits konkrete
Vorschläge vor, aufgebaut auf einem Vierstufenplan. In dieser Denkschrift schließt sich auch wieder der
Kreis zu den Planungen des Ersten Weltkriegs. Es sind in etwa die gleichen Gebiete, die vom AWI zur
„geschlossene(n) Besiedlung“ vorgeschlagen werden, wie 1915.
19
Raum formt Sozialpolitik, a.a.O., S. 33
Ebenda.
21
AWI, Erwägung zur Nutzung der eroberten Gebiete durch das deutsche Volk, Berlin, Dezember 1941, S. 3 f.
22
Ebenda, S. 9.
20
Geheim
Die Durchdringung des Ostens
in Rohstoff- und Landwirtschaft
Inhaltsübersicht
A. Die politischen Notwendigkeiten
1. Lebensraumerweiterung und Bevölkerungsabgabe
2. Die Grundformen des Menscheneinsatzes
B. Die wirtschaftlichen Probleme
1. Volkswirtschaft und Staatsraumwirtschaft
2. Raubbau oder optimale Urproduktion
3. Industrialisierung und Kontingentierung der Rohstoffe
4. Wiederaufbau und gedrosselter Lebensstandard
C. Die sozialpolitischen Konsequenzen
1. in der Bauwirtschaft
2. in der Eisengewinnung
3. im Kohlebergbau
4. in der Nichteisengewinnung
5. in der Treibstoffgewinnung
6. in der Landwirtschaft
7. in der Forstwirtschaft
D. Die geopolitischen Gegebenheiten
Nach den Siegen im Westen 1940 und im Osten 1941 zeichnen sich ganz klar zwei große wirtschafts- und
sozialpolitische Aufgaben ab:
-
die wirtschaftliche Durchdringung des Ostens und
die Führung der europäischen Großraumwirtschaft
Möglicherweise wird zu diesen beiden Aufgaben noch eine dritte treten: die Erschließung eines Teiles des
afrikanischen Raumes.
A. Die Politischen Notwendigkeiten
1. Die Eroberungen der weiten Gebiete im Osten ist nicht Selbstzweck, d.h. ihr Sinn liegt nicht darin, diese
großen Gebiete lediglich politisch zu beherrschen und zu verwalten, sondern sie sollen den bisher zu
engen Lebensraum des deutschen Volkes erweitern und für Jahrhunderte Entwicklungsmöglichkeiten
bieten.
Dies bedeutet, deutsche Menschen in diesen Gebieten des Ostens zum Einsatz zu bringen, um sie
wirtschaftlich auszuwerten. Damit ist diese Aufgabe im wesentlichen ein Problem des
Menscheneinsatzes. Es ist hierzu ein gewaltiger Einsatz notwendig und die Frage liegt nahe:
Wieviel Menschen stehen zur Verfügung?
a. Nimmt man einmal an, daß die bisherige durchschnittliche Dichte im Deutschen Reich bestehen
bleiben soll, so bedeutet dies, daß in jedem Jahr der Bevölkerungszuwachs von fast 1 Million
Menschen für den Osten zur Verfügung steht.
Würde das Ausmaß der Abwanderung höher sein, so bestünde die Gefahr des Rückganges der
Intensität der Wirtschaft im Altreich; würde die Bevölkerungsabwanderung wesentlich darunter
bleiben, so müßte dies als Versäumnis im Aufbau der neuen Gebiete des Ostens bezeichnet werden.
Also ohne Schädigung des bisher im Altreich Erreichten und ohne Versäumnis der Möglichkeiten im
Osten muß die Abwanderung jährlich fast 1 Million Deutsche betragen.
b. Darüber hinaus aber ist zu überlegen, in welchem Umfang eine einmalige Bevölkerungsabgabe des
Altreiches an den Osten möglich ist, um die riesengroßen Aufgaben im Osten mit Hochdruck
beginnen zu können, d.h. mit anderen Worten: Wieviel Menschen vermag das Altreich einmalig
abzugeben, ohne daß dadurch seine Wirtschafts- und Sozialstruktur gestört wird. Es soll vielmehr
durch diese Abgabe eine Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen des Altreiches
erreicht werden.
Da außerdem die europäischen Führungsaufgaben einen nicht unerheblichen Menschenbedarf
erfordern, so erscheint es unvermeidlich, daß eine umfangreiche koloniale Betätigung des deutschen
Volkes in Afrika die Durchführung der Ostaufgaben, denen aus naheliegenden politischen Gründen
unbedingt der Vorrang gebührt, ungünstig beeinflussen müßte.
2. Aus den politischen Notwendigkeiten der zu bewältigenden Aufgaben, die zeitlich und gebietlich
unterschiedlichen Charakter tragen, ergeben sich grundverschiedene Formen des Einsatzes des deutschen
Menschen:
a. Solange der Krieg währt, handelt es sich in erster Linie darum, in den Ostgebieten das wirtschaftliche
und soziale Leben so weit in Gang zu bringen, daß dadurch die Nahrungsmittel- und Materialbedarf
unseres Heeres im besetzten Gebiet sichergestellt bzw. erleichtert wird. Alle Maßnahmen der
Besestzungsstellen sind in diesem Sinne kriegsbedingt ausgerichtet.
b. Nach dem Krieg wird es sich darum handeln, die ehemals russischen Gebiete zunächst dauerhaft mit
Deutschen wirtschaftlich zu durchdringen, d.h. die besten Rohstoffvorkommen und die besten
landwirtschaftlichen Gegenden unter die wirtschaftliche Leitung Deutscher zu bringen.
Dieser Zustand ist im wesentlichen während des Krieges bereits im Warthegau und Gau DanzigWestpreußen sowie in dem wieder zurückgewonnenen Ostoberschlesien erreicht worden.
c. Nach dem Krieg wird es sich ferner darum handeln, vor allem im Warthegau und im Gau DanzigWestpreußen die geschlossene Siedlung durchzuführen und die Polen weiter nach dem Osten
umzusiedeln.
Anschließend an die geschlossene Besiedlung des Warthegaues und des Gaues Danzig-Westpreußen wird
es sich darum handeln, Jahr für Jahr Zone um Zone die Besiedlung geschlossen vom Westen nach dem
Osten vorzuschieben.
d. Es wird aber auch nach dem Krieg Gebiete geben, die infolge des Mangels ausreichender deutscher
Menschen im weiten Osten vorläufig lediglich politisch geführt werden. Sicherlich wird dies
beispielsweise für die Gebiete östlich des Urals (vielleicht schon östlich der Wolga) zutreffen, für die
auch die Form der wirtschaftlichen Durchdringung mit Deutschen zumindest zunächst nicht in Frage
kommen kann. Sie bleiben vorwiegend wirtschaftlich Reservate der Russen und anderer Völker.
Diese vier Stufen der Entwicklung lösen sich zeitlich gesehen gegenseitig ab Dies gilt ganz besonders
von der Durchdringung, die früher oder später durch die Siedlung abzulösen ist, und dies gilt genauso
von den wirtschaftlichen Reservaten, denen später die wirtschaftliche Durchdringung folgen wird.
B. Die wirtschaftlichen Probleme
Diese politischen Notwendigkeiten und Einsichten werfen wirtschaftspolitische Probleme von größter
Tragweite auf.
1. Es ist zunächst zu entscheiden, in welcher Form das Sich-Aufeinander-Einspielen der großdeutschen
Volkswirtschaft und der Volkswirtschaft der UdSSR von sich gehen soll.
a. Es sind dabei zunächst grundsätzlich zwei Möglichkeiten zu unterscheiden:
Sollten die Gebiete im Osten lediglich eine, wenn auch äußerst wertvolle und enge Ergänzung der
großdeutschen Volkswirtschaft darstellen oder aber sollen beide Räume, d.h. der deutsche und der
russische, völlig zu einer wirtschaftlichen Einheit verschmolzen werden?
Im ersten Fall handelt es sich um zwei getrennte Volkswirtschaften, im zweiten Fall um eine einzige
Volkswirtschaft. Im ersten Fall wird man z.B. für Großdeutschland am Prinzip der Selbstversorgung in
Rohstoffen und Nahrungsmittel festhalten müssen, im zweiten Fall wird man dieses Erfordernis nur für beide
Gebiete zusammen anstreben.
Es ist die Frage, ob es möglich und zweckmäßig erscheint, eine einheitliche Volkswirtschaft für beide Teile
herzustellen, wenn doch aus innenpoliltischen Gründen eine Zweiteilung bestehen bleiben muß, weil sich ja
die ausschließlich bzw. vorwiegend mit Deutschen bevölkerten Gebiete von denen mit slawischer
Bevölkerung abheben müssen – auch wenn diese Grenze von Jahr zu Jahr weiter nach Osten verschoben
wird.
Aus außenpolitischen Gründen ist die Frage zu entscheiden: Sind bei zukünftigen außenpolitischen
Konflikten des deutschen Volkes z.B. die Zechen und Eisenhütten im Ruhrgebiet stärkter gefährdet als die
Zechen und Hüten in Oberschlesien oder im Donezbecken oder im Ural? Eine gleichmäßigere Verteilung der
Urproduktion, als sie heute besteht, dürfte vielleicht den besten Schutz gegen alle Möglichkeiten darstellen,
sofern man einmal von den ausgesprochenen Randgebieten absieht.
Es besteht also nach den bisher üblichen Auffassungen von einer Wirtschaftspolitik zwischen den außen- und
innenpolitischen Erwägungen gewisse widerstreitende Gesichtspunkte. Die praktische Lösung wird ohne
Zweifel zwischen diesen geschilderten Extremen liegen müssen.
b. Eine klare geistige Linie, an der jeder konkrete Fall ausgerichtet werden kann, ist aber nur möglich,
wenn unsere bisherige Vorstellung vom Begriff der Volkswirtschaft revidiert wird.
Das, was wir bislang als Volkswirtschaft bezeichnet haben, war die Wirtschaft innerhalb eines Raumes,
der im großen und ganzen von einer rassisch einheitlichen Bevölkerung bewohnt war. Staatsraum und
Volk deckten sich also.
Das Wort Volkswirtschaft deutet aber bereits an, daß es die Wirtschaft eines Volkes darstellen soll und
nicht die Wirtschaft der Bevölkerung innerhalb eines fest umrissenen Staatsraumes. Die
Staatsraumwirtschaft kann durchaus zwei Volkswirtschaften, d.h. die Wirtschaften zweier Völker
umfassen.
Demnach wäre in Zukunft die deutsche Volkswirtschaft als die Wirtschaft der deutschen Volksgenossen
in dem von ihm politisch beherrschten Raum zu bezeichnen. Für diese Volkswirtschaft gelten ganz
bestimmte organisatorische Formen und rechtliche Normen. Für die gleichfalls in dem vom deutschen
Volk beherrschten politischen Raum wohnenden anderen Völkern gilt ein anderes, d.h. ein minderes
Wirtschaftsrecht. Dies trifft ganz besonders für den Bergbau und den Landbau zu.
Diese Entwicklung begann mit der Eingliederung der Tschechen, setzte sich fort mit der Einverleibung der
Polen und hat ein riesengroßes Ausmaß mit der Eroberung der ehemals russischen Gebiete angenommen.
Daß es in einem Staatsraum völkische Rechtsunterschiede gibt, ist nichts Neues. Wir finden dies im
mittelalterlichen Reich der Deutschen ebenso wie im Weltreich der alten Römer.
2. Die großen Aufgaben, die uns im Osten erwarten, werden einen Menschenmangel hervorrufen, der uns
mehr noch als bisher dazu zwingt, auch in der Volkswirtschaft und nicht nur in der Betriebswirtschaft auf
die Durchführung des ökonomischen Prinzips schärfstens zu achten, d.h. auf eine Organisation, bei der
mit den geringsten Mitteln die höchsten Leistungen erreicht werden.
Ziehen die großem Aufgaben im Osten einen Menschenmangel nach sich und führt wiederum der
Menschenmangel zur schärfsten Beachtung des ökonomischen Prinzips, so folgt daraus, daß im Osten nur
die besten Lagerstätten an Rohstoffen von deutschen Arbeitern ausgewertet und nur die besten Böden
von deutschen Landwirten bestellt werden dürfen.
Darüber hinaus aber bieten die reichen Quellen im Osten die Möglichkeit, daß wir unsere
Naturreichtümer in Großdeutschland vor allem auf dem Gebiete der Rohstoffwirtschaft nicht nur schonen
müssen, sondern infolge der Naturreichtümer des Ostens auch schonen können. Wir werden also die
Rohstoffquellen in Großdeutschland möglichst sparsam abbauen, um sie in Fällen der Not als Reserve zur
Hand zu haben.
Grundsätzlich gilt also auch für die Lagerstätten und Ackerböden in Großdeutschland das gleiche, d.h.
daß infolge des Menschenmangels, der zur schärfsten Beachtung des ökonomischen Prinzips zwingt,
nicht mehr die geringwertigen Lagerstätten und Ackerböden weiterhin ausgebeutet werden.
Dies bedeutet einen ganz grundsätzlichen Wandel unserer bisherigen Agrar- und Rohstoffpolitik. Wir
waren bisher in Deutschland durch die außenpolitischen Verhältnisse gezwungen, in klarer Erkenntnis
des kommenden Krieges auch die schlechtesten Lagervorkommen und geringwertigsten Böden zur
Selbstversorgung heranzuziehen. Dies steigerte sich in vielen Fällen bis zu Raubbau und
Unwirtschaftlichkeit. Anstelle dieser Ausrichtung, die politisch zeitlich bedingt war, tritt nach dem Krieg
im Osten die Ausrichtung, mit möglichst geringem Einsatz an Menschen möglichst viel zu erzeugen, mit
anderen Worten, die gesamte Rohstoff- und Landwirtschaft auf eine wirtschaftlich und sozial optimale
Lage zu bringen.
3. Die allgemeine Entwicklungsrichtung des Ostens wird aber nicht nur dadurch ein vollkommen anderes
Gepräge erhalten, daß die russische Volkswirtschaft ausgerichtet wird und daß die kommunistischen
Formen im Osten allmählich beseitigt werden, sondern vor allem auch dadurch, daß das allgemeine
Industrialisierungstempo, das die Bolschewisten eingeschlagen hatten, abgebremst wird. War doch der
Anteil der städtischen Bevölkerung in der UdSSR in der Zeit von 1926 von 18 v.H. bis 1938 auf 33 v.H.
gestiegen.
Wir haben kein Interesse an einer industriellen Überproduktion in diesen Gebieten, die uns
wahrscheinlich dazu zwingen würde, in einem so hohen Umfang zu exportieren, daß unter Umständen
über die Notwendigkeit des Exports eine allzu große wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen
Großwirtschaftsräumen entstehen würde, die gegebenenfalls unsere politischen Entscheidungen
beeinträchtigen könnte. Uns kommt es vielmehr darauf an, die Produktion des Ostens sowohl in der
Richtung als auch in dem Ausmaß so zu heben, daß sie der wachsenden Aufnahmefähigkeit der
deutschen Volkswirtschaft entspricht. Diese Überlegungen gelten ganz besonders von der
Rohstoffwirtschaft und der Landwirtschaft. Was zunächst die Landwirtschaft anbetrifft, so werden wir
entsprechend der Abbremsung der sowjetischen Industrialisierung eine Intensivierung der Landwirtschaft
durchführen, weil hier die russische Wirtschaft die deutsche Wirtschaft am besten zu ergänzen vermag.
Die Frage, wie es möglich sein wird, die allgemeine Industrialisierung in den Gebieten der ehem. UdSSR
abzustoppen, gleichzeitig aber in hinreichendem Maße Rohstoffe für die deutsche Volkswirtschaft zu
erhalten, ist dahingehend zu beantworten, daß hier ein Kontingentierungssystem nach dem Krieg
unvermeidlich sein wird, d.h. lediglich ganz bestimmte Quoten an Eisen, Kohle, Häuten und Faserstoffen
werden den russischen Völkern zum Verbrauch freigegeben, während der Rest für die deutsche
Volkswirtschaft zur Verfügung zu stellen ist.
Wenn auf diese Weise die bearbeitende und verarbeitende Industrie in der ehem. UdSSR in ihrer
Ausdehnung begrenzt bleibt, so wird nicht nur der Sog der russischen Industrie aufhören, sondern es
werden auch die nötigen Arbeitskräfte für die Intensivierung der Landwirtschaft zur Verfügung stehen.
Im übrigen aber wird dieses Mittel der Kontingentierung dazu beitragen, den Lebensstandard der
russischen Völker auf der politisch gewünschten Höhe zu halten, d.h. in einem merklichen Abstand zum
deutschen Volk (etwa 60 v.H.).
Die Notwendigkeit der Abbremsung der Industrialisierung und der Förderung der Agrarisierung in der
ehemaligen UdSSR werfen die Frage auf, in welcher Weise der Wiederaufbau der russischen Industrie
vor sich gehen soll. Einmal soll der russische Raum zur Erweiterung des deutschen Lebensraumes
dienen, ein andermal soll er, soweit er noch nicht für die geschlossene Besiedlung reif ist, und das ist der
für absehbare Zeit bei weitem überwiegende Teil, nicht nur eine wertvolle Ergänzung der deutschen
Volkswirtschaft darstellen, sondern in des Wortes wahrster Bedeutung eine Bereicherung des deutschen
Volkes.
Ohne Zweifel richtet sich das Interesse zunächst darauf, die ehem. Sowjetischen Gebiete vornehmlich in
rohstoffwirtschaftlicher und landwirtschaftlicher Hinsicht auszubauen. Demzufolge hätte die
Fertigwarenindustrie eine untergeordnete Rolle zu spielen. Immerhin läßt sich die Frage nicht umgehen,
inwieweit die Fertigwarenindustrie aufgebaut bzw. wieder in Gang gebracht werden soll, denn diese
Waren können ja unmöglich alle von Deutschland geliefert werden.
Soweit es sich bei den Fertigwaren um Verbrauchsgüter des täglichen Lebens handelt, d.h. um Schuhe,
Kleider, Küchengeräte, Möbel u.a.m., wird man ihre Fabrikation zugestehen müssen. Zu den Fertigwaren
zählen indessen auch Produktionsgüter und sowohl unter den Produktionsgütern als auch unter den
Fertigwaren spielen Erzeugnisse der Rüstung eine bedeutsame Rolle.
Im Frieden vermag man unter den Verbrauchsgütern und unter den Produktionsgütern mit ziemlicher
Sicherheit jene herausfinden, die als wehrwirtschaftlich wichtig zu bezeichnen sind. Im Krieg ist der
Kreis dieser Ereignisse sehr viel weiter gezogen. Rüstungsindustrie im engen Sinn ist selbstverständlich
in keinem Fall in den ehem. Gebieten der UdSSR aufzubauen.
Aber weder der Gesichtspunkt der Rohstoffwirtschaft und Landwirtschaft noch der der
Verbrauchsgüterindustrie und der Wehrwirtschaft vermag auf die Dauer für Friedensverhältnisse eine
politisch zweckvolle Ausrichtung in allen konkreten Fällen zu ermöglichen, denn die zukünftige
Volkswirtschaft des Ostens soll nicht nur wirtschaftlich abhängig von der großdeutschen Volkswirtschaft
sein, sondern sie soll vielmehr auch so gestaltet sein, daß aus politischen Gründen ein gewisser
Lebensstandard von den dortigen Völkern nicht überschritten wird.
Dies führt zu dem Grundgedanken, daß nur solche Betriebe in Rußland wieder in Gang gebracht werden
dürfen, deren Erzeugnisse lediglich niedere oder normale Arbeitsbeanspruchungen erfordern.
Industriewerke, die hohe Anforderungen an einen großen Teil der Belegschaft stellen wie z.B. optische
Werke, Flugzeugbau, Lokomotivbau u.a.m. führen zwangsläufig dazu, daß hochqualifizierte russische
Arbeiter herangezogen werden. Erfüllt ein Teil der russischen Arbeiterschaft die Bedingungen
hochqualifizierter Arbeit, so folgt daraus über kurz oder lang die soziale Forderung entsprechender
Löhne. Da hohe Löhne wegen der Aufrechterhaltung eines starken Unterschiedes in der Lebenshaltung
zwischen den deutschen und den ehem. Sowjetischen Völkern nicht gewährt werden dürfen, so würden
hierdurch zwangsläufig soziale Spannungen durch Unzufriedenheit in Lohngestaltung entstehen.
Es ist demnach nur dann möglich, die russische Arbeiterschaft mit einem wesentlich geringeren
Lebensstandard zufriedenzustellen, als es in Deutschland der Fall ist, wenn auch die
Arbeitsanforderungen gering bleiben. Dies zwingt aber dazu, nur solche Industriebetriebe zuzulassen, die
hochwertige Arbeitskräfte nicht benötigen.
Es kommen also im wesentlichen in Frage: Rohstoffbetriebe, Landwirtschaftsbetriebe, Forstbetriebe,
Reparaturwerkstätten, Baufirmen und Betriebe, die Produkte des täglichen Lebens herstellen (z.B. Möbel,
Küchengeräte, Schuhe, Bekleidung). Nicht in Frage kommen daher z.B. Werkzeugmaschinen,
Schiffswerften, Lokomotivfabriken, chemische Fabriken, Flugzeugwerke, Glühlampenfabriken,
Nähmaschinen- und Schreibmaschinenwerke.
Gerade am Beispiel der Nähmaschinen und Schreibmaschinen kommt die Bedeutung der
Arbeitsbeanspruchung im Gegensatz zum wehrwirtschaftlichen Gesichtspunkt klar zum Ausdruck. Trägt
man bei dem Wiederaufbau der russischen Volkswirtschaft lediglich wehrwirtschaftlichen Belangen
Rechnung, so könnte die Fabrikation von Schreibmaschinen und Nähmaschinen ohne weiteres zugelassen
werden. Vom arbeitswissenschaftlichen Standpunkt aus aber stellt die Erzeugung von Schreibmaschinen
und Nähmaschinen große Anforderungen an die Arbeiter, die in den Lohnansprüchen und damit in der
Lebenshaltung ihren Niederschlag finden müssen.
Soweit in Betrieben, die im allgemeinen lediglich Arbeiten normaler Beanspruchung auszuführen haben,
einige hochwertige Arbeitskräfte für Spezialarbeiten benötigt werden, sind für diese ohne Ausnahme
deutsche Arbeiter, Vorarbeiter oder Werkmeister anzustellen.
Es darf auch nicht vergessen werden, daß bei einer Trennung in Rohstoffwirtschaft und
Fertigwarenindustrie nicht lediglich eine Abhängigkeit der russischen Volkswirtschaft in Fertigwaren von
Deutschland eintreten würde, sondern umgekehrt eine entsprechende Abhängigkeit auch der deutschen
Volkswirtschaft in Rohstoffen von der russischen Volkswirtschaft.
Unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbeanspruchung und dementsprechend der Lohnansprüche können
z.B. in Zukunft im Osten Traktoren gebaut werden, nicht aber die dazu notwendigen Zündkerzen und
Bunareifen. Auf diese Weise wird zwar auch eine gegenseitige Abhängigkeit herbeigeführt, deren
Schwergewicht aber durchaus zu Gunsten Deutschlands verlagert wird.
Die Besitzfrage könnte in dem Sinne gelöst werden, daß die ehemals russischen Staatsbetriebe der
Industrie ausnahmslos deutsche Staatsbetriebe werden. Dem Reich bleibt es überlassen, die
Betriebsführung an geeignete Parteigenossen zu vergeben, sei es in Form der lebenslänglichen
Verpachtung oder als Angestellter bzw. Beamter. Sofern es sich um kleine und mittlere Betriebe handelt,
können diese als Eigentum übertragen werden.
C. die sozialpolitischen Konsequenzen
Die Entscheidungen über diese wirtschaftspolitischen Probleme werden sozialpolitische Konsequenzen von
außerordentlichen Auswirkungen nach sich ziehen:
1.
Im Altreich bzw. in Großdeutschland nach dem Stand von 1939 wird die Stabilisierung der
Bevölkerung zu einer gewissen Stabilisierung der Wirtschaft führen, denn es fehlt der Impuls, den die
Wirtschaft bisher von der Seite der Bevölkerungsvermehrung erhielt. Damit verlegen sich die Möglichkeiten
der Entwicklung weitgehend nach dem Osten. Ganz besonders fühlbar wird sich dies auf dem Gebiete der
Bauwirtschaft bemerkbar machen. Wenn die Bevölkerung nicht mehr wächst, werden Wohnhäuser nur noch
insoweit neu errichtet werden, als alte ersetzt werden müssen und insoweit bessere Häuser anstelle der
bisherigen infolge gestiegener Lebenshaltung gesetzt werden sollen (abgesehen von dem Rückstand an
Wohnungsbauten). Die Bauwirtschaft und das Baustoffgewerbe werden demnach in ihrer Bedeutung
zurückgehen.
Selbst der Hinweis auf das große Wohnungsbauprogramm nach dem Krieg wird daran insofern wenig ändern,
als dessen Schwergewicht in jene Ostgebiete verlegt werden muß, die sofort geschlossen besiedelt werden
sollen. Im Altreich tritt durch diesen Ostzug eine Entlastung der Wohnungsknappheit von selbst ein.
Nimmt man die im Baugewerbe und seinen Nebengewerben beschäftigten Erwerbspersonen mit rund 2 Mill.
im Altreich an, so haben diese schätzungsweise jährlich die Bauten zu errichten für die Erweiterung der
Volkswirtschaft im Ausmaß des Bevölkerungszuwachses von 1 v.H. und ferner Ersatzbauten für baufällige
Gebäude im Durchschnitt von 2 v.H. Daraus ergibt sich, daß durch eine Stabilisierung der
Bevölkerungsdichte im Altreich fast 700.000 Bauarbeiter für den Osten frei würden. Wäre nicht gleichzeitig
der Wohnungsbau durch den Krieg und durch die Aufrüstung vor dem Krieg stark im Rückstand, so müßte
diese Zahl noch höher liegen; denn nach dem Krieg soll nicht nur der Bevölkerungszuwachs nach aus dem
Osten gesiedelt werden, sondern es soll darüber hinaus auch eine einmalige Abgabe an deutsche Menschen
nach dem Osten erfolgen, um die wirtschaftliche und soziale Struktur des Altreiches zu verbessern und
gleichzeitig die Erschließung des Ostens kräftig zu beginnen.
Schon die Erfordernisse des Krieges bringen es mit sich, daß der Wirtschaftszweig Steine und Erden im
besetzten Ostgebiet sofort wieder in Gang gebracht wird, vor allem für den Bau von Straßen, aber auch von
Unterkünften und für die Wiederinbetriebnahme kriegswichtiger Erzeugungsstätten (Schlachthäuser,
Lagerhäuser, Kraftwerke, Reparaturwerkstätten, Zuckerfabriken u.a.m.).
Ganz besonders aber wird nach dem Krieg das Ziegeleigewerbe im Osten in Gang zu bringen sein, denn der
Zug von Millionen von deutschen Volksgenossen nach dem Osten setzt eine hinreichende Produktion von
Ziegeln voraus, um die Wohnungen bauen zu können, die zur Aufnahme der Deutschen erforderlich sind,
ganz gleich, ob es sich um die Gebiete mit geschlossener Siedlung oder um die Gebiete der wirtschaftlichen
Durchdringung handelt.
Mit der Stabilisierung der Bevölkerungsdichte im Altreich erfolgt im allgemeinen auch eine Stabilisierung
der Kapazitäten der Industrie, soweit nicht die Aufgaben im Osten eine Erweiterung nach sich ziehen. Dies
dürfte aber wohl nur für jene Industriezweige in größerem Umfang in Frage kommen, die aus den oben
geschilderten Gründen der hohen Arbeitsbeanspruchungen im Osten nicht wieder in Gang gebracht werden.
Soweit die Ostgebiete geschlossen besiedelt werden, ist grundsätzlich das gesamte dazu notwendige Gewerbe
mitaufzubauen, selbstverständlich soweit sich dadurch mangelnde oder reichhaltige Rohstoffvorkommen
keine Abweichungen erforderlich machen.
2. Im Osten wird es zunächst darauf ankommen, die besten Vorkommen mit Deutschen zu durchdringen.
Eine geschlossene Siedlung kommt solange nicht in Frage, als sich diese besten Lagerstätten nicht an der
deutschen Siedlungsgrenze befinden. Gegenwärtig und für absehbare Zeit liegen sie tief im Inneren der ehem.
UdSSR. Die Durchdringung setzt die Übernahme der ehemals staatlichen Werke der UdSSR in die Hände des
Reiches voraus, denn nur so scheinen uns die Vorbedingungen für solche tiefgreifenden Wandlungen
gegeben zu sein – mag auch die Betriebsführung vorläufig in den Händen der Wirtschaftsgruppe liegen und
später in den Händen von Einzelpersonen.
Entschließt man sich, die besten Vorkommen im Osten aufs intensivste unter Heranziehung deutscher
Menschen auszuwerten, so betrifft dies in erster Linie Eisen und Kohle.
Sowohl in der UdSSR als auch in Großdeutschland wurde vor dem Krieg die Eisengewinnung in unerhörter
Weise ausgebaut, wie nachstehende Zahlen über die Rohstahlgewinnung in (1.000 t) zeigen:
Jahr
1933
1935
1938
Deutschland
9.130
16.144
21.826
Sowjetunion
6.842
16.338
18.022
Bei der Beibehaltung dieser Tendenz wäre mit einem Überangebot an Eisen zu rechnen. Wahrscheinlich
dürfte es aber infolge des Mangels an deutschen Arbeitern überhaupt nicht möglich sein, die Eisengewinnung
in Großdeutschland in diesem Tempo weiter zu steigern, ohne andere Sektoren der Wirtschaft zu
beeinträchtigen.
Der Hinweis auf den unbegrenzten Bedarf an Eisen infolge der großen Aufgaben im Osten ist insofern nicht
stichhaltig, als auch die Aufnahmefähigkeit Deutschlands begrenzt ist – ganz abgesehen von der Wahrung der
Wirtschaftlichkeit auch im Verbrauch und nicht nur in der Produktion, sofern kein Druck auf die
Lebenshaltung erfolgen soll.
Die großen Eisenerzvorkommen im Osten bieten die Möglichkeit, die knappen aber guten
Eisenerzvorkommen in Deutschland zu schonen und die weniger guten zu meiden. Dieser Entschluß dürfte
um so leichter fallen, als das Überangebot an Eisen und der Mangel an Eisenarbeitern sowieso einen
Ausgleich erfordern. Die Drosselung der Eisengewinnung könnte durch Stillegung eines Teils der Betriebe
erfolgen, die in Großdeutschland als Schattenwerk weiter bestehen bleiben, um in Notzeiten wieder zur
Deckung von Selbstversorgung in Betrieb gesetzt zu werden.
Auf diese Weise würden nicht nur das drohende Überangebot von Eisenprodukten am Markt beseitigt, die
Rohstoffvorräte an Eisenerzen in Deutschland geschont und die Eisengewinnung gebietlich gleichmäßig
verteilt werden, sondern es würde auch dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit in höchstem Maße Rechnung
getragen, ohne das Prinzip der Selbstversorgung zu verletzen, da die Werke als Schattenbetriebe bestehen
bleiben. Darüber hinaus aber würde diese Stillegung eines bestimmten Prozentsatzes der Eisengewinnung in
Deutschland überhaupt erst die Möglichkeit schaffen, eine hinreichend große Zahl von Menschen für die
Durchdringung der Eisenwerke im Osten frei zu bekommen. Der Vorarbeiter des Ruhrgebietes zum
Werkmeister in Krivoy Rog oder in Stalino, so daß die wirtschaftspolitische Umschichtung von einem
sozialen Aufstieg begleitet sein wird.
Nimmt man einmal an, daß 20 v.H. der Eisenhütten stillgelegt würden, so würde dadurch nicht nur die
deutsche Eisenerzeugung um etwa 20 v.H. sinken, sondern auch 20 v.H. der in der deutschen
Eisengewinnung beschäftigten Menschen würden frei werden, d.h. rund 10.000 Erwerbspersonen der
Eisengewinnung ständen zum Einsatz im Osten zur Verfügung.
Fast 20 v.H. betrug der Anteil des direkten Exports von Eisen an der Erzeugung (1937), der seit Beendigung
des Weltkrieges vielfach zu unauskömmlichen Preisen erfolgte.
Da die russische Eisengewinnung fast ebenso groß ist wie die deutsche, so ist auch die Auswirkung des
Einsatzes dieser 100.000 Betriebe des Ostens einigermaßen mit Sicherheit zu überblicken. Sie würden
sicherlich zu einer weitgehenden Durchdringung der Eisenhütten im Osten mit deutschen Menschen
beitragen, h.h. ebenfalls zu ca. 20 v.H., und zu einer entsprechenden Steigerung der Erzeugung. Wie aus
nachstehender Übersicht hervorgeht, konzentriert sich dieses Problem auf die Ukraine.
Eisenerzeugung der UdSSR
1937
Roheisen
Mill. t.
Ukraine
9,2
Ural
2,6
Zentrum
1,2
Rohstahl
%
63,4
17,9
8,3
Mill. t
9,3
3,6
3,1
%
52,8
20,5
17,6
10,4
100,0
1,6
17,6
9,1
100,0
Walzerzeugnisse
Mill. t
%
6,9
53,0
2,8
21,6
2,2
16,9
(Moskau, Tula)
Sibirien
Zusammen
1,5
14,5
1,1
13,0
8,5
100,0
Dem Eisengehalte nach werden in Krivoy Rog 91 v.H. der Eisenerzförderung der europäischen Reviere der
ehem. UdSSR gewonnen.
3. Bei der Kohle ist die Situation ähnlich wie bei Eisen, wenn England in das politische System des neuen
Europa einbezogen wird. Dann bestünde ein sehr reichliches Angebot in Kohle in dem neuen
Großwirtschaftsraum von der Atlantik-Küste bis zum Ural. Europa verfügte 1937 einschließlich England über
einen Kohlenüberschuß von 21,7 Mill. t bei einer Gesamtförderung von 591 Mill. t, d.h. der Überschuß
beträgt 3 v.H.. Rechnet man hinzu das bedeutendste Steinkohlengebiet in der UdSSR, das Donezbecken in
der Ukraine, so erhöht sich die gesamte Förderung des Großwirtschaftsraumes um 77 Mill. t auf 668 Mill. t.
Da das Donezbecken ebenfalls über einen erheblichen Kohlenüberschuß verfügt, den es allerdings
größtenteils bisher an andere Teile der ehem. UdSSR abgegeben hat und nur zum kleinen Teil direkt
exportierte, und da sich in den übrigen Gebieten der UdSSR noch große wenig erschlossene
Kohlenvorkommen befinden, so ist die Annahme berechtigt, daß das Donezbecken seinen Kohlenüberschuß,
den man auf rund 20 Mill. t. schätzen kann, zur Ausfuhr bringen könnte. Bei einer solchen Umschichtung
hätte Europa einen Überschuß von mindestens 6 v.H. (unter Zugrundelegung der Zahlen von 1937.
Ein solcher Überschuß liegt aber weder im Interesse gesunder Absatzverhältnisse im neuen
Großwirtschaftsraum noch im Interesse einer sparsamen Bewirtschaftung dieses für die menschliche
Wirtschaft und Kultur so äußerst wichtigen Grundstoffes, dessen Vorkommen als eng begrenzt angesprochen
werden müssen. Großdeutschland könnte diese Lage dazu benutzen, seine Kohlevorkommen zu schonen und
die Kohlenzechen des Ostens verstärkt abzubauen.
Gewiß würde hierdurch die bisherige Kohlenmarktstruktur Europas wesentlich verschoben: insbesondere
könnte England seine Kohle nicht mehr nach dem Mittelmeer exportieren, sondern vornehmlich nach dem
Norden Europas. Die an das Mittelmeer angrenzenden Länder, besonders Italien, Griechenland, aber auch
Frankreich, Spanien und Nordafrika, müßten nunmehr vom Donezbecken aus beliefert werden.
Deutschland führte bisher jährlich etwa 35 Mill. t Steinkohle (einschließlich Koks) aus, d.h. durchschnittlich
20 v.H. seiner Förderung. Würde man die deutsche Steinkohlenförderung um 20 v.H. kürzen, so ergäbe dies
folgende Konsequenzen:
1. Der deutsche Steinkohleexport käme in Wegfall,
2. im deutschen Steinkohlebergbau würden rund 125.000 Erwerbspersonen weniger benötigt
3. das Donezbecken müßte den Ausfall am Exportmarkt decken.
Die Stillegung deutscher Steinkohlenzechen im Ruhrgebiet in einem Ausmaß von etwa 20 v.H. der Förderung
ist also wirtschaftspolitisch vertretbar und ermöglicht überhaupt erst die Durchdringung der
Steinkohlenbezirke im Osten mit deutschen Arbeitern. Den Export des Ruhrgebietes übernimmt das
Donezbecken, die stillgelegten Kohlenzechen im Ruhrgebiet bleiben als Schattenwerke bestehen. In
Wirklichkeit wird dieser neue Export des Donezbecken von denselben Menschen geleistet, die bisher die
Exportmengen des Ruhrgebietes bewerkstelligen, denn es handelt sich dabei um jene 125.000
Erwerbspersonen des Steinkohlenbergbaus, die im Ruhrgebiet frei und im Donezbecken angesetzt werden.
Entscheidend für die Umschichtung ist der Gesichtspunkt, den Osten zu durchdringen. Die reichen
Vorkommen an Kohle im Osten bieten die Möglichkeit, die deutschen Lagervorräte zu schonen und durch
Aufrechterhaltung der stillgelegten Zechen als Schattenwerke nicht gegen das Prinzip der Selbstversorgung
zu stoßen. Das Donezbecken ist in der Lage, den Export des Ruhrgebietes mengenmäßig im Rahmen des
Großwirtschaftsraumes auszugleichen. Die Menschen, die hierdurch für den Osten frei werden, werden dort
sozial auf einer höheren Stufe stehen, da die Arbeiten mit niedrigen Anforderungen den Russen vorbehalten
bleiben.
Ob das Marktangebot an Kohle mehr oder weniger reichlich bzw. knapp im Hinblick auf die großen
Aufgaben der Zukunft (betr. Besonders synthetische Rohstoffe) beurteilt wird, ist hierbei insofern
unerheblich, als die Arbeitskräfte in jedem Fall begrenzt sind. Dagegen besteht in der Wahl der vornehmlich
abzubauenden Steinkohlenbezirke eine größere Freiheit, die im Interesse der Zukunft des deutschen Volkes
zu treffen ist. Ein eventueller Engpaß an Waren ist in Wirklichkeit immer ein Engpaß an Arbeitskräften.
Die Kohlenbilanz der UdSSR sieht wie folgt aus:
Revier
Kohlenart
Donezbecken
Steinkohle
Moskauer Revier
Braunkohle
Ural
Steinkohle
Ukraine
Braunkohle
Kaukasus
Stein- und Braunkohle
Petschora
Steinkohle
Europ. Gebiet
Sa.
z.Vgl: Großdeutschland
Steinkohle
zum Vergleich Groß-Dtl:
Braunkohle
Ruhrgebiet
Steinkohle
Vorrat Mrd. t
89
12
8
5
114
62
69
32
Förderung 1938 „Mill.t“
78,3
7,4
8,6
?
?
?
94,3
186
198
127
Während in Europa der Steinkohlenvorrat unter Zugrundelegung der derzeitigen Förderung etwa 400 Jahre
reichen würde, könnte der europäische Teil der UdSSR seinen Bedarf auf 1.000 Jahre hinaus decken. Es kann
kein Zweifel bestehen, daß die Kohle in Europa ohne Einbeziehung Englands und des Ostens sehr knapp sein
würde – ganz abgesehen davon, daß England stets darauf angewiesen ist, einen Teil seiner Kohle nach
Europa auszuführen. Der asiatische Teil der UdSSR weist einen Vorrat an Kohle von 1.540 Mrd. t auf bei
einer Förderung von bisher nur 25 Mio t im Jahr. Hier liegen für den europäischen Großwirtschaftsraum
unerhörte Reserven, falls sein Bereich so weit gesteckt werden sollte.
4. Die Probleme der Durchdringung sind bei der Nicht-eisen Metallgewinnung nicht geringer als wie bei der
Förderung von Eisenerzen und Kohle. Der Metallbergbau und Metallgewinnung nahmen in Deutschland
seit 1933 einen ungeahnten Aufschwung. Die außenpolitische Lage zwang auf diesem Gebiet noch mehr
als auf dem Gebiete des Eisens, jede irgendwie ausnutzbare Quelle zu verwerten. So stieg die Zahl der
Beschäftigten im
Blei- Zinkbergbau
von 5.363 im Jahr 1933
auf 13.567 im Jahr 1938,
Kupfererzbergbau
von 8.315 im Jahr 1933
auf 9.819 im Jahr 1939,
sonstiger Erzbergbau
von 193 im Jahr 1933
auf 1.619 im Jahr 1938
Dieselbe Steigerung finden wir bei Metallhütten. Es beschäftigten die ..
----------------------------------------------------------------------------------------------Zinn- und Zinkoxydhütten
1.803 Mann 1933 und 5.262 Mann 1938
------------------------------------------------------------------------------------------------Sonst. Metallhütten (bes. Aluminiumhütten) 2.545 Mann 1933 und 14.383 Mann 1938
Der drohende Krieg zwang Vorkommen abzubauen, die nur durch staatliche Subventionen die
Aufrechterhaltung der Betriebe ermöglichten.
Die Metallerzproduktion vermochte trotz aller Bemühungen nur mäßig zu steigen, ebenso weil die deutschen
Vorkommen meistens wenig hochwertig oder fast erschöpft sind. So betrug die Kupfererzförderung
(Kupferinhalt)
im Altreich
in der UdSSR
31.500t
32.700t
1933
1933
und
und
30.000 t
95.500t
1938
1938
Der Bleiinhalt der geförderten Bleierze belief sich
im Altreich
auf 52.000t
in der UdSSR auf 13.700t
1933
1933
und
und
89.300t
69.000t
1938
1938
Der Zinkinhalt der geförderten Bleierze betrug
im Altreich
in der UdSSR
104.400t
21.900t
1933
1933
und
und
196.400 t
70.000t
1938,
1938
Die Förderung von Bauxit (Aluminiumerzen) stellt sich ..
im Altreich
auf 12.000t
in der UdSSR auf 50.600t
1933
1933
und 99.400t
und 250.000t
1938,
1938.
Die Zahlen sollen lediglich die Zukunftsaussichten im Osten andeuten.
Die reichen und guten Vorkommen in den Gebieten der ehem. UdSSR bieten die Möglichkeit, auch hier die
deutschen Arbeitskräfte der NE-Metallerzgewinnung wirtschaftlicher anzusetzen und damit zugleich die noch
bestehenden geringen deutschen Vorkommen vor der völligen Erschöpfung zu bewahren, wodurch stille
Reserven für Notzeiten offengehalten würden.
Im ganzen handelt es sich auf diesem Sektor um rund 50.000 Erwerbspersonen, die zu einem großen Teil
unwirtschaftlich angesetzt sind. Hier würde es sich also nicht darum handeln, lediglich einen kleinen
Prozentsatz im Osten zum Einsatz zu bringen, sondern schätzungsweise ca. 50 v.H.. Das an NE-Metallerzen
reichste Gebiet des Ostens ist der Ural.
5. Für die Treibstoffe können ähnliche Erwägungen angestellt werden. Kohle und Erdöle stellen im
wesentlichen die Ausgangsprodukte für die Treibstoffgewinnung und insbesondere für Benzin dar. Das
auf synthetischem Wege gewonnene Benzin ist schätzungsweise dreimal so teuer wie das Benzin aus
Erdöl. Um eine Tonne Kohlebenzin zu erzeugen, ist ein Energieverbrauch von 3.000 kWh notwendig
gegenüber nur 12 kWh bei Benzin aus Erdöl.
Da die russischen Gebiete eine hohe Erdölgewinnung aufweisen, so wäre zu prüfen, ob nicht der deutsche
Bedarf an Treibstoff völlig aus russischem Erdöl gedeckt werden könnte, wodurch kapitals- und
arbeitseinsatzmäßig eine wirtschaftlichere Gestaltung eintreten könnte. Die russische Erdölgewinnung
betrug vor dem Krieg rund 30 Mill. t. Davon gelangten maximal 6 Mill. t jährlich zum Export. Der
deutsche Zuschuß an Mineralöl betrug vor dem Krieg knapp 5 Mill. t. Nimmt man einmal an, daß die
synthetische Treibstoffgewinnung rund 2 Mill. t vor dem Krieg betrug, so ergibt sich ein Zuschußbedarf
von etwa 7 Mill. t, den nunmehr Rußland zu decken hätte. Es wird dies möglich sein, sofern entweder der
russische Verbrauch etwas gedrosselt oder aber die russische Erdölgewinnung gesteigert wird.
Würde man die synthetische Reibstoffgewinnung in Deutschland im wesentlichen stillegen und die
Betriebe als Schattenwerke für Notzeiten weiter bestehen lassen, so würde damit schätzungsweise 20.000
Erwerbspersonen für einen wirtschaftlicheren Einsatz im Osten freiwerden.
6. In der Landwirtschaft liegen die Dinge insofern anders, als hier keine Schattenbetriebe möglich sind.
Daher ist auch die Frage der Selbstversorgung anders zu beurteilen. Die Selbstversorgung ist eine
völkische Notwendigkeit, damit die politische Handlungsfreiheit jederzeit gewährleistet ist. Die
Selbstversorgung ist also für den jeweils deutschen Lebensraum zu fordern, d.h. für jenes Gebiet, in dem
Deutsche geschlossen wohnen. Erweitert sich dieses Gebiet nach dem Osten, so erweitert sich auch der
Raum der Selbstversorgung.
Für diesen Lebensraum des deutschen Volkes im engeren Sinn ist die Selbstversorgung in Brotgetreide
und Kartoffeln unbedingt sicherzustellen, denn sie bilden das Rückrat der Ernährung. Die
Veredelungswirtschaft der deutschen Bauern im geschlossenen Siedlungsgebiet des deutschen Volkes ist
nur insoweit zu fördern und zu steigern, als die hundertprozentige Versorgung mit Brotgetreide und
Kartoffeln aus der Scholle dieses geschlossenen Siedlungsraumes in keiner Weise angetastet wird.
A. Der deutsche Bauer, Landwirt und Landarbeiter wird in erster Linie zur Besiedlung der an das
Deutsche Reich unmittelbar anstoßenden Ostgebiete eingesetzt werden. Von Jahr zu Jahr wird man hier
die Grenze der Besiedlung vom Westen nach dem Osten vorschieben. Der Gesichtspunkt der besten
Böden kann hier also nicht ausschlaggebend sein, vielmehr das Erfordernis einer geschlossenen und
ausgeglichenen Volkstumsgrenze. Gebiete mit schlechtem Böden sind aufzuforsten.
Die Menschen für diese Siedlung werden im Altreich zunächst durch eine einmalige Aktion der
Schließung der Klein- und Kümmerbetriebe freigesetzt, nach deren Durchführung die Besiedlung des
Ostens nur noch im Zuge der Bevölkerungsvermehrung fortgesetzt werden kann.
Wie in der Untersuchung des Arbeitswissenschaftlichen Instituts der Deutschen Arbeitsfront über den
Aufbau der neuen Gebiete im Osten und Westen bereits Ende 1940 dargelegt worden ist, würde eine
Verdoppelung der Durchschnittsgröße aller landwirtschaftlicher Betriebe von 2 bis zu 10 ha die
Freisetzung von 700.000 Bauernfamilien bedeuten und damit die Möglichkeit eröffnen, 700.000 neue
Betriebe im Osten zu schaffen (sofern man einmal von der Fähigkeit und der Willigkeit der Betroffenen
zum Siedeln absieht und von der Notwendigkeit des Ausgleichs innerhalb der landwirtschaftlichen
Bevölkerung). Die Betriebsverdoppelung würde ferner bedeuten, daß im Altreich die kleinste
Betriebsgrößenklasse in der Landwirtschaft durchschnittlich 10 ha aufweisen würde.
Der Arbeitseinsatz ist in den verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebsgrößenklassen recht
unterschiedlich. Er beträgt in Deutschland für die Betriebsgrößenklasse von 5 ha rund 80 Arbeitskräfte je
100 ha. Daraus folgt, daß die Verdoppelung der Betriebsgrößenklassen in Deutschland zu keinem
höheren Bedarf an Arbeitskräften in den vergrößterten Betrieben zu führen braucht, denn diese können
nunmehr mit Maschinen rationeller bewirtschaftet werden.
Da auch noch mancher mittlere Hof in Deutschland erweiterungsbedürftig ist, so können über den Weg
der Betriebsvergrößerungin Deutschland ohne Zweifel Neubauern für eine sehr große Zahl von Höfen des
Ostens einmalig gewonnen werden, schätzungsweise bis zu 1 Million.
Rechnet man für diese 1 Million Osthöfe eine Durchschnittsgröße von 50 Hektar, was durchaus möglich
ist, da die Betriebe teilweise noch größer sein dürften, so ergibt dies eine landwirtschaftliche Nutzfläche
von 50 Mill. ha. Dies bedeutet mit anderen Worten die geschlossene landwirtschaftliche Besiedlung eines
Gebietes, das etwa das frühere Baltikum und das ehem. Polen umfasst.
b. Anders ist die Lage in jenen Ostgebieten, die in absehbarer Zeit nicht für eine geschlossene Besiedlung
in Frage kommen oder vielleicht sogar niemals; denn gewisse Gebiete im weiten Osten werden immer
den Slawen als Lebensräume vorbehalten bleiben müssen, gleichviel, ob man diese Siedlungsgrenze am
Dnjepr, an der Wolga oder am Ural zieht.
Zwischen dem eigentlichen deutschen Siedlungsgebiet und jenem Gebiet, das den Slawen vorbehalten
bleibt, befindet sich jene Zone, die lediglich mit deutschen Menschen durchdrungen werden soll, um sie
zu beherrschen, zu verwalten und wirtschaftlich auszuwerten. Diese Zone wird erst allmählich vom
Westen her in längeren Zeiträumen geschlossen besiedelt werden können.
Solange dies nicht der Fall ist, werden hier die deutschen Bauern bzw. Landwirte aus der Masse der
Slawen herausgehoben werden müssen, und zwar nicht nur durch eine politische Sonderstellung, sondern
auch durch wirtschaftlich bestens fundierte Höfe. Dieses letztere ist aber nur möglich
1. Wenn für diese deutschen Höfe nur die besten Böden herangezogen werden,
3. wenn die Größe dieser Betriebe eine wirtschaftliche Sonderstellung ermöglicht.
Auf diesen besten Böden sollen unter deutscher Bewirtschaftung die höchsten Erträge, die höchsten
Viehleistungen herausgeholt werden; es werden demnach in dieser Zone deutsche Staatsgüter und wohl
auch deutsche private Großbetriebe als die Form der landwirtschaftlichen deutschen Durchdringung
vorherrschen müssen.
In der ehem. UdSSR (einschl. des asiatischen Teils) gab es 10.000 Sowjetgüter (Sowchosen und
Koopchosen). Diese 10.000 Sowjetgüter weisen im Durchschnitt eine Anbaufläche von 2.750 ha auf. Ihr
Anteil an der Anbaufläche in der gesamten UdSSR betrug rund 10 v.H.; von den übrigen 90 v.H. der
Anbaufläche befanden sich rund 85 v.H. in der Bewirtschaftung der Kolchosen, d.h. kollektivistischen
Produktionsbetrieben der Bauern eines Ortes. Ihre Größe beträgt im Durchschnitt 480 ha und ihre Zahl
belief sich auf 242.000 Betriebe vor dem Krieg.
Es liegt der Gedanke nahe die Sowjetgüter restlos in deutsche Staatsgüter überzuführen und die
Kolchosen vorwiegend in private Großbetriebe umzuwandeln, soweit deren Land nicht für die
Erweiterung der Sphäre des Privateigentums an Boden und Vieh bei den russischen Bauern Verwendung
finden soll.
Nimmt man einmal an, daß die bessere Hälfte der Kolchosen in deutschen Großgrundbesitz übergeführt
würde, so ergibt sich hieraus für die landwirtschaftliche Durchdringung ein Bedarf von schätzungsweise
mindestens 200.000 deutschen landwirtschaftlichen Erwerbspersonen im europäischen Teil der ehem.
UdSSR, sofern man einmal davon ausgeht, daß auf diesen Großbetrieben mindestens je zwei Deutsche
vorhanden sein müssen (der Betriebsleiter und sein Stellvertreter).
c. Das Fortschreiten der geschlossenen Besiedlung vom Westen her bedeutet die Verschiebung der
Zone der Staatsgüter und der privaten Großbetriebe weiter nach Osten in jene Zone, die zunächst den
Slawen wirtschaftlich voll vorbehalten blieb (sog. Reservate). Die Form des privaten
landwirtschaftlichen Großbetriebes im Osten, anknüpfend an die Kolchosen, ist also rechtlich so zu
wählen, daß dieser Prozeß der Siedlung und Durchdringung vom Westen nach dem Osten nicht
aufgehalten wird.
Es wäre also im Gegensatz zum Erbhof im geschlossenen deutschen Siedlungsgebiet das Lebensgut
in jenen Gebieten zu schaffen, das zu einer geschlossenen Siedlung noch nicht reif ist. Unter einem
Lebensgut könnte in Anlehnung an die mittelalterlichen Verhältnisse ein landwirtschaftlicher Besitz
verstanden werden, der nicht käuflich erworben wird, sondern der vielmehr ohne Geld als
Gegenleistung vom Staat einem geeigneten Parteigenossen zur lebenslänglichen Bewirtschaftung
übertragen wird.
Dementsprechend sind auch die Besitz- und Erbansprüche anders zu regeln. Die Kinder des Besitzers
eines solchen Lehensgutes haben dann kein Recht auf eine weitere, wiederum lebenslängliche
Bewirtschaftung, wenn das Gebiet als siedlungsreif erklärt wird. In diesem Fall haben sie das Recht, neue
Lehensgüter in jenen weiter östlich gelegenen Zonen zu übernehmen, die nunmehr für die Durchdringung
reif geworden sind und damit nicht mehr ausschließlich den Slawen wirtschaftlich vorbehalten bleiben.
Sie haben weiterhin die Möglichkeit, Erbhöfe in den neuen Gebieten mit geschlossener Besiedlung zu
übernehmen. Auf diese Weise bleiben sowohl der politische als auch der materielle Anreiz bestehen,
ohne daß das Fortschreiten der Siedlung und Durchdringung des Ostens aufgehalten wird.
Selbstverständlich kann ein kleiner Prozentsatz der Lehensgüter, wenn das fragliche Gebiet siedlungsreif
geworden ist, in Erbhöfe von dieser Größe umgewandelt werden, damit eine landwirtschaftliche
Besiedlung mit gesunder Mischung der Betriebsgrößen entsteht. Aber dies können naturgemäß nur
Ausnahmefälle bleiben. Demgegenüber ist unter allen Umständen daran festzuhalten, daß die Entstehung
eines landwirtschaftlichen Großgrundbesitzers der alten reaktionären bzw. liberalen Prägung von
vornherein vermieden wird.
7. Durch die Abgabe von Waldbesitz aus Händen der Gemeinden und anderer öffentlicher Korporationen,
aber auch von industriellen Jagdgrundbesitzern an Bauern und Landwirte in Großdeutschland könnten in
nennenswertem Umfang Forstbeamte für den Osten freigesetzt werden, damit diese Gebiete
baldmöglichst einer geordneten Forstwirtschaft zugeführt werden. Während dem Bauernwald in
Großdeutschland eine höhere Bedeutung zugewiesen werden müßte, hat das Schwergewicht im Osten in
höherem Maße als in Großdeutschland bei den Staatsforsten zu liegen. Dies entspricht durchaus den
verschiedenartigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zuständen.
Die Zuteilung von Bauernwald in Großdeutschland würde wesentlich zur wirtschaftlichen Gesundung vieler
Bauernhöfe beitragen, und zwar besonders in Ostdeutschland bei den sogenannten Sandbauern und in
Süddeutschland bei den Bergbauern.
Das wesentliche Moment liegt hier auf dem Gebiete des Arbeitseinsatzes und der Arbeitsgestaltung auf dem
Bauernhof. Dier Sommersaisoncharakter der Landwirtschaft und der Wintersaisoncharakter der
Waldwirtschaft ergänzen sich in einem Betriebe auf das glücklichste. Feld und Wald gehören auch biologisch
zusammen, wie die Verhinderung der Bodenerosion beweist.
Der Waldbesitz verteilt sich im Altreich wie folgt:
1. Anteil der Staatsforsten:
33 v.H. der Waldfläche,
2. Anteil der Gemeinden, Stiftungen und Genossenschaften:
3. Anteil des Privatbesitzes:
47 v.H. der Waldfläche.
20 v.H. d. Waldfläche,
Daraus folgt, daß eine Zuteilung der Gemeinde- und Stiftungswälder an die Bauern und Landwirte rund 3
Mill. ha Waldfläche bedeuten und eine Vergrößerung der landwirtschaftlichen Betriebe um 10 v.H. der
Fläche nach herbeiführen würde. Das Entscheidende aber ist, daß diese zusätzliche Flächen in der
saisonmäßig toten Zeit der Landwirtschaft mit bewirtschaftet würden und daß auf diese Weise roh geschätzt
20 v.h. der in der Forstwirtschaft tätigen Personen zum Einsatz für den Osten frei würden, h.h. 28.000
Erwerbspersonen.
C. die geopolitischen Gegebenheiten
Im Krieg haben die geopolitischen Gegebenheiten ein anderes Gesicht als im Frieden; aber ebenso sind sie in
den Gebieten des Ostens, die geschlossen besiedelt werden, von einer anderen Bedeutung als in jenen
Gebieten, die zunächst lediglich wirtschaftlich durchdrungen werden sollen. Dies erhellt allein schon daraus,
daß es sich bei der geschlossenen Besiedlung um Zonen handelt, die vom Westen nach dem Osten
zusammenhängend fortschreiten, und bei der Durchdringung um die Ballung oder Streuung von Stützpunkten
je nach den Böden und Vorkommen.
1. Was zunächst die Besiedlung anbetrifft, so ist hier entscheidend, daß diese von dem Westen nach dem
Osten geschlossen durchgeführt wird. Die Güte der Böden und der Reichtum an Rohstoffvorkommen
stehen erst an zweiter Stelle. Sie bestimmen unter Umständen die Stoßrichtung der Besiedlung.
Es wäre z.B. möglich, mit Rücksicht auf die guten Böden die Besiedlung vornehmlich nach Südosten,
d.h. in die Richtung der Ukraine besonders voranzutreiben.
Es ist aber ebenso denkbar, aus politischen Gründen in erster Linie in nordöstlicher Richtung zu siedeln,
um das Kernvolk der ehem. UdSSR, die Großrussen, zurückzudrängen und vor allem von der Ostsee
abzuriegeln, während umgekehrt den nicht großrussischen Völkern der ehem. UdSSR eine gewisse
Förderung zuteil wird.
Darüber hinaus können in der Stoßrichtung der Siedlung verkehrspolitische und militärische Erwägungen
maßgebend sein. Militärisch gesehen haben kurze Grenzen unter Ausnutzung natürlicher Hindernisse
besondere Vorteile.
Verkehrspolitisch spielen vor allem die Binnenschiffahrtswege zwischen der Ostsee und dem Schwarzen
Meer eine ausschlaggebende Rolle.
2. Bei der Durchdringung geht es darum, die wirtschaftlichen besten und wichtigsten Gebiete unter den
entscheidenden Einfluß der Deutschen zu bringen. Hier handelt es sich nicht um geschlossene Zonen,
sondern um die Errichtung von Zentren um die besten Vorkommen und Böden.
Was Kohle und Eisen anbetrifft, so ist hier der östliche Teil der Ukraine ausschlaggebend. Für die
Buntmetalle und Leichtmetalle kommt ganz vorwiegend der Ural in Frage, mit Ausnahme der
bedeutenden Bauxitvorkommen bei Tichwin (östlich von Leningrad).
Auch bei der Forstwirtschaft ist die Standortsfrage eindeutig geklärt. Nur der Norden des europäischen
Teils Rußlands hat große Überschüsse aufzuweisen, während die Waldbestände des Südens sehr geschont
werden müssen. Wahrscheinlich muß hier sogar in gewissem Umfang aufgeforstet werden.
Bei der Landwirtschaft ist die Lage am schwierigsten zu beurteilen. Zwar liegt hier das Schwergewicht
durchaus beim Schwarzerdegebiet, das sich vom Südwesten nach dem Nordosten quer durch den
europäischen Teil der UdSSR zieht, doch ist der östliche Teil nicht gleichwertig dem westlichen. Im
westlichen Teil ist das Klima mild und feucht, es wird nach Osten immer trockener und im Winter immer
kälter, d.h. es wird immer kontinentaler, so daß die Sicherheit der Erträge nach dem Osten zu abnimmt –
ganz abgesehen davon, daß auch die Intensität der Bodenbearbeitung mit dem Kulturstand der
einheimischen Bevölkerung nach Osten zu abnimmt.
Im Gegensatz hierzu weisen die podsoligen Böden, die sich nördlich des Schwarzerdegürtels vom
Westen nach dem Osten hinziehen, zwar keinen so hohen Humusgehalt und damit keine so hohe
Fruchtbarkeit auf, indessen sind sie im Ertrag sicherer, zumal in ihrem Gebiet die Niederschläge häufiger
sind. Im allgemeinen nimmt in Rußland die Niederschlagshäufigkeit vom Nordwesten nach dem
Südosten ab (von Smolensk nach Astrachan).
Es ist daher kein Zufall, daß sich die russischen Staatsgüter (Sowchosen) im wesentlichen im
Schwarzerdegürtel befinden, während die Verbreitung der Kolchosen in der Zone der podsoligen Böden
am größten ist.
Sicherheit und Höhe der landwirtschaftlichen Erträge laufen also in Rußland nicht parallel. Das größte
Überschußgebiet gemessen an der Bevölkerung ist der östliche Teil des Schwarzerdegürtels. Er leidet
zugleich unter der größten Unsicherheit infolge von Dürregefahren.
Die Beachtung dieser Gegebenheiten ist für die Durchdringung der landwirtschaftlichen Gebiete
Rußlands mit Deutschen von größter Bedeutung.
3. Eine Standortsfrage gibt es in der Rohstoffwirtschaft und Landwirtschaft insofern nicht, als diese durch
die natürlichen Gegebenheiten gebunden sind. Erst bei der Bearbeitung und Verarbeitung der Grundstoffe
setzt dieses Problem ein. Letzten Endes entscheidend ist hier der in Abschnitt B 4 aufgestellte Grundsatz:
Die Fabrikation von Erzeugnissen, die hohe Arbeitsbeanspruchungen erfordern, ist in den Gebieten des
Ostens mit fremdstämmigen Belegschaften nicht aufzunehmen.
Zusammenfassung
Zusammenfassend muß davon ausgegangen werden, daß der Bedarf an Menschen für die Ostgebiete
praktisch unbegrenzt ist, daß aber grundsätzlich nur der Bevölkerungszuwachs Großdeutschlands zur
Verfügung steht, d.h. knapp 1 Mill. jährlich.
Eine Ausnahme hiervon ist nur einmal möglich und insoweit zweckmäßig, als hierdurch die wirtschaftliche
und soziale Struktur Deutschlands nicht fühlbar gestört wird. Die Möglichkeit einer einmaligen Beschaffung
von deutschen Menschen für die Rohstoff- und Landwirtschaft des Ostens besteht darin:
1. daß ein Teil der deutschen Eisenhütten mit einer Kapazität von rund 20 v.H. der Rohstahlerzeugung
stillgelegt wird.
2. Daß ein Teil der Ruhrkohlenschächte ihre Förderung einstellt, der etwa einer Kapazität von 20 v.H. der
Gesamtförderung entspricht.
3. Daß ca. 50 v.H. der großdeutschen Ne-Metallgewinnung eingestellt wird.
4. Daß der größte Teil der synthetischen Treibstoffgewinnung eingestellt wird.
5. Daß mindestens 700.000 landwirtschaftliche Klein- und Kümmerbetriebe beseitigt werden (maximal 1
Mill.), deren Besitzer entweder für die landwirtschaftliche Besiedlung oder für die landwirtschaftliche
Durchdringung angesetzt werden.
6. Daß ca. 20 v.H. öffentlicher Forst als Bauernwald den landwirtschaftlichen Betrieben zugeteilt werden.
7. Daß durch die Stabilisierung der Bevölkerungsdichte im Altreich rund 30 v.H. der Bauarbeiter frei
werden.
Auf diese Weise werden teils ohne fühlbare Beeinträchtigung der bisherigen Wirtschaft des Altreiches, teils
unter einschneidender Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur im Altreich einmalig weit
über 1 Mill. deutscher Erwerbspersonen für den Einsatz in der Rohstoff- und Landwirtschaft des Ostens frei.
Auch für die übrigen Aufgaben des Ostens (politische Führung, staatliche Verwaltung, Fertigwarenindustrie,
Handel und Verkehr) könnten einmalig durch strukturelle Änderungen und Vereinfachungen deutsche
Menschen und damit Arbeitskräfte freigesetzt werden (Vereinfachung der Verwaltung, Vereinheitlichung der
wirtschaftlichen Selbstverwaltung, Rationalisierung der Industriebetriebe, Technisierung der Fertigwaren,
Rationalisierung der Erzeugung von Luxuswaren u.a.m.).
Nach der kurzfristigen Durchführung des einmaligen Programms würde dann lediglich der
Bevölkerungszuwachs des Altreichs zum Einsatz für die Siedlung und Durchdringung im Osten zur
Verfügung stehen, so daß der weitere Prozeß zwangsläufig in einem wesentlich ruhigeren Tempo vonstatten
gehen muß. Etwa in 100 Jahren wäre dann das Gebiet bis zum Ural von Deutschen geschlossen besiedelt und
zwar in der Dichte der derzeitigen sowjetischen Besiedlung – sofern man von der heutigen deutschen
Geburtenhäufigkeit ausgeht und sofern es gelingt, sowie überhaupt politisch für zweckmäßig gehalten wird,
die ehemals sowjetische Bevölkerung auf die Gebiete östlich des Urals zurückzudrängen, die nicht minder
fruchtbar und reich an Bodenschätzen sind als der europäische Teil der ehemaligen UdSSR.
Es kann aber kein Zweifel bestehen, daß ein solch gewaltiger Einsatz im Osten nur von Erfolg gekrönt sein
kann, wenn es gelingt, die freiwillige Mitarbeit dieser Millionen zu erhalten. Ganz gleich, ob jemand als
politischer, wirtschaftlicher, technischer oder wissenschaftlicher Pionier nach dem Osten gehen will oder soll
– ihm muß damit die größte Chance seines Lebens in ideeller und materieller Hinsicht geboten werden.
Berlin, den 17. November 1941
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