Datum 17. Wahlperiode Änderungsantrag der Piratenfraktion zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU (Drucksache 17/1152) Mindestlohn für das Land Berlin (Landesmindestlohngesetz) Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen: Der Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drucksache 17/1152 – wird wie folgt geändert: 1. In § 2 Absatz 2 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird der letzte Halbsatz „sowie Personen in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis nach § 138 Absatz 1 SGB IX“ gestrichen. 2. § 4 Mindestlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes Berlin wird wie folgt geändert: Im Geltungsbereich des § 3 besteht ein allgemeiner Anspruch auf eine Vergütung mindestens in Höhe des Mindestlohns gemäß § 9. 3. § 7 Mindestlohn für Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer öffentlich geförderter Zuwendungsempfänger wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift wird wie folgt geändert: „Mindestlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer öffentlich geförderter Zuwendungsempfänger und in öffentlich geförderten Beschäftigungsverhältnissen“. Datum 17. Wahlperiode b) Nach Absatz 2 wird folgender neuer Absatz angefügt: „(3) Auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Maßnahmen öffentlich geförderter Arbeitsverhältnisse findet § 4 entsprechende Anwendung.“ 4. § 9 Höhe des Mindestlohnes wird wie folgt neu gefasst: „§ 9 Höhe und Festsetzung des Mindestlohns (1) Der Mindestlohn beträgt als Ausgangswert für das Jahr 2014 9,20 Euro für unbefristete und 9,97 Euro für befristete Arbeitsverhältnisse, solange der Senat keinen höheren Mindestlohn nach Absatz 5 festlegt. (2) Der Senat errichtet eine unabhängige Kommission aus Arbeitnehmer/innen- und Arbeitgebervertreter/innen und Wissenschaftler/innen zur Bestimmung des Mindestlohns (Landesmindestlohnkommission). Die Spitzenorganisationen der Tarifparteien schlagen je zwei Mitglieder aus ihren Kreisen vor. Die zwei Wissenschaftler/innen werden vom Abgeordnetenhaus von Berlin jeweils für ein Jahr gewählt. Eine Wiederwahl ist möglich. Die Landesmindestlohnkommission entscheidet mit einfacher Mehrheit. (3) Die Landesmindestlohnkommission beschließt und veröffentlicht jährlich einen Bericht über die Auswirkungen des Mindestlohns auf Landesebene. (4) Die Landesmindestlohnkommission schlägt jeweils zum 30. September durch Beschluss eine Anpassung des Mindestlohns für das kommende Jahr vor, frühestens jedoch im Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. Die Kommission kann nur einen höheren Mindestlohn vorschlagen, als in Absatz 1 bestimmt. Bei Nichtumsetzung der Empfehlung durch den Senat ist eine Begründung erforderlich. (5) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den vorgeschlagenen Mindestlohn festzulegen.“ Begründung Zweck des Landesmindestlohngesetzes ist die Bestimmung eines Mindestlohns für Arbeitnehmer*innen der Berliner Verwaltung (§ 2 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes), der landesunmittelbaren öffentlich rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen (§ 28 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes), der Hochschulen, der Gerichte des Landes Berlin, des Abgeordnetenhauses von Berlin, des Rechnungshofs von Berlin und des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Zu 1: Die Anzahl der Personen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) arbeiten, wächst ständig an – auch in Berlin (vgl. Kleine Anfrage 17/12128). Die Arbeitsentgel- Datum 17. Wahlperiode te für diese arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse nach § 138 Abs. 1 SGB IX sind gering. Nach Angaben der Bundesregierung verdienten Werkstattarbeiter*innen im Jahr 2011 im sogenannten Arbeitsbereich monatlich lediglich durchschnittlich 180 Euro und beziehen daher ergänzende Leistungen der Grundsicherung, Erwerbsunfähigkeits- oder Teilerwerbsunfähigkeitsrente. Werkstattarbeiter*innen sollten daher nicht grundsätzlich vom Mindestlohn ausgeschlossen werden. Die Einführung von gesetzlichen Mindestlöhnen, welche Einkommen ermöglichen, die oberhalb der Grundsicherung nach SGB II und SGB XII liegen, wäre auch für Werkstattarbeiter*innen ein wichtiger Schritt für ein menschenwürdiges selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft. Zu 2: Durch die neue Formulierung wird Bedenken gegenüber der vorherigen Formulierung Rechnung getragen. Zu 3: Ein gesetzlicher Landesmindestlohn stellt die Untergrenze der Bezahlung dar. Daher darf es auch im Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung keine Ausnahmen geben. Das Ziel öffentlich geförderter Beschäftigung sollte es sein, die Bezahlung so zu gestalten, dass eine alleinstehende Person im Regelfall unabhängig von Transferleistungen wird. Wenn es der Integration in den Arbeitsmarkt dienlich ist, kann die Beschäftigung mit zusätzlicher Qualifizierung verbunden werden, die während der Arbeitszeit – und nicht in der Freizeit – zu erfolgen hat. Zu 4: Ein Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro ist zu niedrig angesetzt, da bereits jetzt die bundesweite Armutsgefährdungsgrenze (60 % des durchschnittlichen Einkommens) nach Angabe des Statischen Bundesamtes darüber liegt. Der Ausgangswert des Mindestlohns ist daher wie folgt zu bestimmen: 60 % vom durchschnittlichen Jahresarbeitslohn (brutto) in Deutschland + 1.000 Euro Werbekostenpauschale 2.080 Stunden (52 Wochen à 40 Wochenstunden) (vgl. Prognose des Statistischen Bundesamtes zum durchschnittlichen Brutto-Jahresarbeitslohn je Arbeitnehmer*in in Deutschland). Bei befristeten Arbeitsverträgen ist dieser Mindestlohn um 8,33 Prozent zu erhöhen. Datum 17. Wahlperiode Für das Jahr 2014 ergibt sich somit ein Stundenlohn für 9,20 Euro für unbefristete und 9,97 Euro für befristete Arbeitsverhältnisse. Bei diesem Wert handelt es sich lediglich um den Ausgangswert, der nicht unterschritten werden kann. Nach dem vorliegenden Änderungsantrag errichtet der Senat eine unabhängige Kommission zur Bestimmung der Höhe des Landesmindestlohns. Die Landesmindestlohnkommission ist paritätisch besetzt mit Vertreter*innen von Arbeitnehmer*innen, Arbeitgeber*innen und Wissenschaftler*innen. Die Landesmindestlohnkommission schlägt jährlich zum 30. September durch Beschluss eine Anpassung des Mindestlohns für das kommende Jahr vor. Dieses Modell einer Landesmindestlohnkommission ist angelehnt an die britische Low Pay Commission (LPC), die auf Basis des Nationalen Mindestlohngesetzes von 1998 eingerichtet wurde und mit der Großbritannien sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Berlin, den #. Oktober 2013 Spies Herberg und die übrigen Mitglieder der Piratenfraktion