AI Index: AMR 36/008/2008 18. Dezember 2008 UA 345/08 Sorge um Sicherheit /Morddrohungen / möglicher gewaltloser politischer Gefangener HAITI Joseph Guyler Delva (m), Journalist Joseph Guyler Delva hat Morddrohungen erhalten, die offenbar zum einen mit seiner Beteiligung an den Ermittlungen im Mordfall des haitianischen Journalisten Jean Dominique und zum anderen mit seinen Berichten über die kontroverse Wahl eines ehemaliges Senators in Zusammenhang stehen. Amnesty International befürchtet, dass der Journalist in großer Gefahr ist. Im Jahr 2007 hatte Joseph Guyler Delva einen Artikel verfasst, in dem er aufdeckte, dass ein Mitglied des haitianischen Senats in den USA geboren war und die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt. Die Verfassung von Haiti erlaubt keine doppelte Staatsbürgerschaft und untersagt Ausländern, für das Präsidentschaftsamt, den Senat oder das Parlament zu kandidieren. Aufgrund der Recherchen des Journalisten wurde dem betroffenen Senator im März 2008 der Sitz entzogen, und er floh kurz darauf ins Ausland. Am 15. Dezember 2008 erklärte Joseph Guyler Delva: "... seitdem ich im vergangenen Jahr Informationen über die US-Staatsbürgerschaft des Senators veröffentlicht habe, erhalte ich immer wieder Morddrohungen." ... "In den vergangenen drei Wochen habe ich von Unbekannten, die haitianisches Kreol sprachen, Morddrohungen erhalten. Zwei der anonymen Anrufer nannten den Namen des Senators. Einer von ihnen sagte: "Wenn ich an Deiner Stelle wäre, würde ich den Namen des Senators nicht mehr erwähnen, weil es Leute gibt, die dir dein großes Maul stopfen werden". Ein anderer Anrufer drohte damit, dass der Journalist erschossen werde, wenn er sich weiter gegen den Senator stelle. Joseph Guyler Delva ist Generalsekretär der haitianischen Organisation SOS-Journalisten und Präsident der "Commission indépendante d'appui aux enquêtes relatives aux assassinats des journalistes - CIAPEAJ" (Unabhängige Kommission zur Unterstützung der Ermittlungen von Morden an Journalisten). In dieser Rolle hatte er den ehemaligen Senator kritisiert, weil er wiederholten Vorladungen von Richtern nicht nachgekommen ist, die den Mord an dem Besitzer eines Rundfunksenders und Journalisten Jean Dominique untersuchen, der am 3. April 2000 ermordet wurde. Joseph Guyler Delvas Kritik veranlasste den Senator Klage wegen Diffamierung gegen den Journalisten einzureichen. Am 12. Dezember 2008 wurde Joseph Guyler Delva von einem haitischen Gericht wegen Diffamierung und öffentlicher Beleidigungen des Senators zu einem Monat Haft verurteilt. Weder er noch sein Anwalt waren bei der Verhandlung anwesend, weil sie mehrmals aufgeschoben worden war. Joseph Guyler Delva wird seinen Schuldspruch und seine Strafe anfechten. Zur Zeit ist er auf freiem Fuß, weil die Entscheidung im Berufungsverfahren noch anhängig ist. Sollte er inhaftiert werden, würde Amnesty International ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen betrachteten, der allein wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft gehalten wird. HINTERGRUNDINFORMATIONEN Diffamierung ist in Haiti eine Straftat. Internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter die interamerikanische Menschenrechtskommission, haben wiederholt gefordert, dass die Gesetzgebung dahingehend reformiert wird, dass Diffamierung zivilgerichtlich verfolgt wird. Die CIAPEAJ wurde im August 2007 gegründet, um die Untersuchung der seit 2000 begangenen Morde an den neun Journalisten Jean Léopold Dominique, Gérard Denoze, Brignol Lindor, Ricardo Ortega, Abdias Jean, Robenson Laraque, Jacques Roche, JeanRémy Badiau und Alix Joseph zu überwachen. Bislang sind nur die Morde an Jacques Roche und Brignol Lindor aufgeklärt worden, in den übrigen Fällen sind die Täter noch nicht ermittelt worden. EMPFOHLENE AKTIONEN SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE UND FAXE, IN DENEN SIE die Behörden auffordern, in Absprache mit Joseph Guyler Delva Maßnahmen zu ergreifen, die seine Sicherheit garantieren; fordern, dass umgehend eine vollständige und unparteiische Untersuchungen der Drohungen eingeleitet wird, die Joseph Guyler Delva erhalten hat, und die das Ziel verfolgt, die Täter zu ermitteln und vor Gericht zu stellen; Ihre Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Joseph Guyler Delva lediglich wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung mit einer Gefängnisstrafe belegt wurde, und bei den Behörden darauf dringen, dass alle Prozesse in strikter Übereinstimmung mit internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren geführt werden. APPELLE AN PRÄSIDENT S.E. René García Préval Président de la République d'Haïti Palais National, Champ de Mars, Port-au-Prince HAITI (W.I.) (korrekte Anrede: Monsieur le Président/ Dear President Préval) Fax: (00 509) 2228 2244 MINISTER FÜR JUSTIZ UND ÖFFENTLICHE SICHERHEIT Monsieur Jean Joseph Exumé Ministre de la Justice et de la Sécurité Publique 19 Avenue Charles Sumner, Port-au-Prince HAITI (W.I.) (korrekte Anrede: Monsieur le Ministre/ Dear Minister) Fax: (00 509) 2245 0474 GENRALDIREKTOR DER HAITIANISCHEN POLIZEI Monsieur Mario Andresol Directuer Général de la Police Nationale d'Haïti Grand Quartier Dénéral de la Police 12 rue Oscar Pacot, Port-au-Prince HAITI (W.I.) (korrekte Anrede: Monsieur le Directeur Général/ Dear Mr Andresol) Fax: (00 509) 2245 7374 KOPIEN AN SOS JOURNALISTES 76 Route du Canapé Vert (en face de l'hôpital) Port-au-Prince, HAITI E-Mail: [email protected] BOTSCHAFT DER REPUBLIK HAITI S.E. Herrn Jean Robert Saget Uhlandstraße 14, 10623 Berlin Fax: 030-8855 4135 E-Mail: [email protected] Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Januar 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.