Vergiftungen Diagnose am Einsatzort oft schwer zu stellen kein sicherer Hinweis auf aufgenommenes Gift (Eigen-/Fremdanamnese oder Umgebungsbeobachtung) Nur 5 % der Vergiftungen weisen charakteristische Symptomatik auf Kombinationsvergiftungen sind sehr häufig Bewußt falsche Angaben zur Larvierung einer Straftat/Suizidversuch Frühzeitige Elementartherapie oft entscheidend für Verlauf Häufigkeitsverteilung von Vergiftungen: Erwachsene 85% suizidial 10% akzidentiell Kinder 90% akzidentiell 2% suizidial 8% gemischt "Experimentalvergiftung" der Drogenszene Ketamin Biperidin Suchterfahrene bieten trotz Drogen "perfekte" pyramidale Symptomatik (CAVE: Mydriasis fehlt !!!) um vom Notarzt einen Schuß zu bekommen Chemikaliengesetz: folgende Vergiftungen sind meldepflichtig (auch Verdacht) Haushaltschemikalien (Waschmittel, Putzmittel, Heimwerkerartikel) Holzschutzmittel/Pflanzenschutzmittel giftige Pflanzen und Pilze beruflich verwendete Chemikalien gesundheitsschädigende Chemikalien in der Umwelt an zentrale Erfassungsstelle für Chemikalien Vergiftungen 1/8 14.05.2016 9:41 Basismaßnahmen Selbstschutz Versorgung des Patienten in sicherer Umgebung Handschuhe tragen kein ungesichertes Betreten von Brandstätten, Kellern, Siloanlagen Sicherheitsregeln im Umgang mit gebrauchten Kanülen beachten NIEMALS MUND/NASE MUND/MUND MUND/TUBUS BEATMUNG Dekontamination Basischeck Puls SpO2 RR EKG O2 Gabe Infusion (Ringer/NaCl) Sicherung der Vitalfunktion Kraniokaudale Untersuchung Verletzungen, Injektionsstellen Vergiftungsdiagnostik ggf Asservierung von Exkrementen, Erbrochenem, Sputum Detoxikation Stabilisierung und Transport Frühzeitige Anfrage an Vergiftungszentrale Klinik mit speziellen Entgiftungsverfahren (Hämodialyse, Hämoperfusion) Transport nur unter Begleitung des Rettungsarztes Leitsymptome Überraschend eingetretene Veränderung der Psyche Plötzliche Verminderung der Vigilanz Plötzliche Gesundheitsstörung Ataxie bei Kleinkindern Leitsymptome Vergiftungen 2/8 14.05.2016 9:41 Hautfarbe "schieferblau" Ikterus Erythem Ätzspuren hellrot/rosa Injektionsspuren/Phlebitis Methämoglobinbildung, Opiode Knollenblätterpilz, Arsen Kohlenmonoxid Säuren/Laugen Zyanid Drogeninjektion Foetor Alkoholgeruch Acetongeruch Bittermandelgeruch Knoblauchgeruch Faule Eier Faules Heu Alkohol, Phenol, Chloralhydrat Aceton, Salicylate, Paraldehyd, C.Diabeticum Zyanide, Nitrobenzol Alkylphosphat, Arsen, Phosphor Acetylcystein, Disulfiram Phosgen Weitere Leitsymptome Doppelbilder Methylalkohol, Botulismus Tremor, psychische Störung Drogen- oder Medikamentenintoxikation, Entzug Brechdurchfall Paracetamol, Tetrachlorkohlenstoff, Pilze, Lebensmittelvergiftung Lungenödem Reizgase Verfärbung perioral Pestizide Anamnese Bei Verdacht auf Vergiftung folgende Fragen zu beantworten versuchen: Vergiftungen 3/8 14.05.2016 9:41 Wer ist der Patient ? Welches Gift ? Stoffart ? Wieviel ? Auf welchem Weg ? (oral, i.v., kutan, Inhalation) Wann ? (Zeitpunkt der Giftaufnahme) Warum ? (Unfall, Suizidabsicht, Fremdverschulden) Mit wessen Hilfe ? Was ist sonst noch wichtig ? Hat der Betroffene von selbst erbrochen oder wurden durch Laien Maßnahmen getroffen (Kochsalzlösung, N.Vagus Manipulation) Vorerkrankungen (Zusatzgefahr, Symptomlarvierung) Vergiftungshergang (Gefahr für weitere Personen, kann Einsatzstelle zurückgelassen werden) Umgebung (Abschiedsbrief, Pilzsuppe im Kochtopf, Tablettenblister, Drogenbehältnisse, Chemikalien) Verdacht auf Suizidalität Auch bei auskunftsfähigen und –willigen Patienten zusätzlich Fremdanamnese erheben. Aber: Patienten nicht vorsätzlich Mißtrauen, offen Zweifeln Fremdanamnese nicht im Beisein des Patienten Auskünfte Dritter können gefärbt sein Schuldgefühle falscher Schutz vor "Psychiatrie" vorsätzliche Vergiftung Detoxikation Vergiftungen 4/8 14.05.2016 9:41 Resorptionsverringerung dringend erforderlich bei Hochtoxischen Substanzen (Alkylphosphate, Arsen, Schwefelwasserstoff, Zyanide) Emetika und Laxantien Apomorphin mit 0,1ml/kgKG i.m. nur als Mischspritze Emetikum 1 Amp. Akrinor/Novodral Ipecacanha-Sirup Emetikum unter 18 Mon. 10 ml 18 Mon – 4 Lj 15 ml über 4 Lj 20 ml Erwachsene 40 ml Natriumsulfat (Glaubersalz) Laxans 30g in Leitungswasser präklinisch bei Kindern nicht empfohlen Induziertes Erbrechen Indikation Zeitspanne zwischen oraler Giftaufnahme und Erbrechen < 2 Stunden danach nur sinnvoll bei Retardpräparaten; Pat ausreichend wach und kooperativ Kontraindikation fehlende Schutzreflexe Zustand nach Säuren und Laugen Aufnahme von Schaumbildner organischen Lösungsmitteln Ingestion von Petroleum/Lampenöl Durchführung: Reizung Rachenhinterwand (ggf. zuvor Wasser trinken lassen) 1 Esslöffel Kochsalz auf ein Glas Wasser (ca 10 Minuten) bei Mißerfolg: Magenspülung zur Kochsalzelimination keine Kochsalzzufuhr bei Kindern Vergiftungen 5/8 14.05.2016 9:41 Ipecacuanha-Sirup Nach Sirupgabe reichlich Wasser nachtrinken lassen Wirkung nach etwa 20 Minuten erwarten Apomorphin Nur indiziert bei sehr kurz zurückliegender Ingestion hochtoxischer Substanzen, bzw bei Eigen- und Fremdgefährdung Wegen Gefäßerweiterung stets als Mischspritze mit Norfenefrin (Novadral) oder Cafedrin (Akrinor) i.v. / s.c. / notfalls i.m., anschließend stabile Seitenlage und engmaschige Kontrolle Erbrechen innerhalb weniger Minuten erwarten CAVE: keine Nachinjektion bei ausbleibender Wirkung Anitdot: Naloxon (i.v. Dosis 0,005-0,01 mg/kgKG) Absorbentien Giftabsorption ersetz zunehmend die Elimination vor allem bei nicht zytotoxischen Substanzen und generell bei Kleinkindern Universalabsorbens: Aktivkohle Indikation: perorale Giftaufnahme. Am Ende eine Magenspülung od. induziertem Erbrechen Dosierung: 1g/kgKG (entspricht etwa Verhältnis Kohle:Toxin = 10:1) in Wasser aufgeschlämmt mindestens 50g (Erwachsene) Gift wird reversibel an Kohle gebunden bei Erwachsenen nach wiederholter Gabe mit Laxans kombinieren keine Kohle bei: Säuren, Laugen und organischen Lösungsmitteln) Kohle nicht wirksam bei Metallen (Eisen, Lithium) und Elektrolyten gering wirksam bei Alkohol (Ethanol, Methanol) Giftentfernung aus Augen Vergiftungen 6/8 14.05.2016 9:41 Augenspülung über 10-20 Minuten mit Isogutt-Lsg. Neutralisierung der Giftwirkung Indikation: Vergiftung mit hochtoxischen Substanzen (Zyaniden, Alkylphosphaten, Paracetamol ab 4 h nach Ingestion, Methanol) Antidot Wirkstoff/ Amp. Amp. Indikation größ e 4-DMAP 250mg 5ml Acetylcystein 5g 25ml Atropin 100mg 0,5mg 10ml 1ml Biperiden 5mg 1ml Dexamethason - 1ml Dimeticon - 30ml Flumazenil 0,5mg 5ml Naloxon 0,4mg 1ml Natriumthiosulfat 1g 10ml Vergiftungen 7/8 Dosierung Zyanide, Blausäure, H2S, Nitrile, Azide Paracetamol, Methbzw. Acrylnitril, Methylbromid (>4h) Alkylphosphate 3mg/kgKG (max. 250mg) sofort i.v.; Natriumthiosulfat 150mg/kgKG in 200ml Glucose 5% i.v. od. p.o. Nach Herzfrequenz und Salivation dosieren Initial 2-5mg; bei Herzstillstand: sofort 50mg Neuroleptika 2,5-5mg i.v. Kinder: 0,04 mg/kgKG Reizgasinhalation Initial 4 Hübe, dann alle 10 Minuten 2 Hübe bis Spray leer Schaumbildner 20-30ml Kinder: 1 Teelöffel Benzodiazepine 0,1mg portionsweise bis gewünschte Wirkung HWZ: <60 Minuten Opioide, Kodein 0,1mg portionsweise i.v. (bis 2mg) Kinder: 0,01mg i.v./i.m. Bis Atmung ausreicht Zyanide, 50-100 (max.500) Blausäure, Nitrile, mg/kg Alkylantien (LOST), i.v.; sofort nach 4Iod DMAP bei Alkylantien: 20014.05.2016 9:41 Physiostigmin 2mg 5ml Tolonium/ Methylenblau 300mg 10ml Atropin, tri- und tetrazyclische Antidepressiva, Curare Methämoglobinbildner (Nitrate, Anilin,4-DMAP) 500 2mg portionsweise i.v. Kinder: 0,020,06mg/kg 2-4mg/kgKG i.v. ggf. Wiederholung nach 30 Minuten Intoxikation durch Medikamente Hypnotika Benzodiazepine Symptome: Benommenheit, Schlafneigung, Muskelrelaxation, Ataxie selten: Atemdepression, Hypotonie (häufig: Atemwegsverlegung !) Sofortmaßnahmen: stabile Seitenlage Vergiftungen 8/8 14.05.2016 9:41