Kinderanästhesie • präoperative Diagnostik, Impfabstand und Nüchternheit • ambulante Anästhesie • perioperative Infusionstherapie • Rapid Sequence-Induction • PONV • perioperative Schmerztherapie präoperative Diagnostik, Impfabstand, Nüchternheit • bei klinisch gesunden Kindern können alle für die Durchführung einer Anästhesie relevanten Informationen durch eine klinische Untersuchung und gewissenhafte Anamnese gewonnen werden • apparative Untersuchungen sowie Laborwerte liefern keine weiteren Informationen Untersuchung und Diagnostik • Anamnese bei Kindern immer Fremdanamnese Kinder, die nicht regelmäßig vom Kinderarzt betreut werden, benötigen erhöhte Aufmerksamkeit • körperliche Untersuchung obligatorisch: Inspektion von Mundhöhle und Rachen Auskultation von Herz und Lunge differenzierte Untersuchungen bei Begleiterkrankungen Impfungen • Inkubationszeiten der wichtigsten Kinderkrankheiten bei evtl. Exposition bei Terminvergabe berücksichtigen (Scharlach 2-7 Tage, Windpocken 10-20 Tage) • während AA kann eine milde transiente Lymphopenie auftreten, die theoretisch die Effektivität einer stattgehabten Impfung abschwächen kann • es existieren weder Hinweise auf eine klinisch relevante Interaktion zwischen Impfungen und AA noch Anhaltspunkte für erhöhte perioperative Komplikationsraten • deshalb keine Empfehlung zur Verschiebung von OP oder Impfung aber eine Verschiebung kann zur Unterscheidung impf- bzw. opbedingter Komplikationen hilfreich sein • Impf/OP-abstand bei elektiven Eingriffen 14 Tage bei abgeschw. oder Lebendimpfstoffen 3 Tage bei Totimpfstoffen aber: keine evidenzbasierte Empfehlung! Infekte der oberen Atemwege • Infekte der oberen Atemwege sind oft Anlass für eine Operation • Kinder mit einem Infekt der oberen Atemwege haben nur eine geringfügig erhöhte Komplikationsrate (Säuglinge > Kleinkinder) • erhöhte Disposition für Komplikationen bei Frühgeborenen, Asthma, endotrachealer Intubation, HNO und Augen Operationen, produktiver Husten • Verschiebung der Operation bis zum Abklingen des Infektes bei Fieber > 38,5°C, eitriger Sekretion, reduziertem AZ • eine sogenannte "Running Nose" spricht nicht gegen die Durchführung einer AA! • Individualentscheidung bei Kindern , die zur Fokussanierung operiert werden müssen • Vermeidung der ITN senkt die Inzidenz resp. Komplikationen!! Laborwerte • routinemäßiges Basislabor (BB, Elyte, Gerinnung) ist vor kleineren Eingriffen in der Regel überflüssig! • ebenso vor peripheren Regionalanästhesien (PWB, Plexus) • ebenso vor Tonsillektomien, wenn die exakte Blutungsanamnese unauffällig ist klare Absprache der Fachgesellschaften! EKG und Röntgen • der Informationsgehalt des Ruhe EKG ist minimal die Interpretation erfordert Erfahrung (sinnvoll Kinderkardiologe) • 50% aller Kinder haben ein funktionelles Herzgeräusch ohne pathologische Bedeutung • in Zweifelsfällen liefert die ECHO- Kardiographie die meisten anästhesierelevanten Informationen • ein Rö Tx ist nur extrem selten erforderlich, liegt dann meist vor aber bei der Diagnostik perioperativer Komplikationen (z. B. Aspiration) großzügige Indikationsstellung sinnvoll! Nüchternheit • Elektivchirurgie < 1 Jahr 4h für 2h für > 1 Jahr 6h für 2h für feste Nahrung, Muttermilch, Milchnahrung klare Flüssigkeiten feste Nahrung, Milchprodukte klare Flüssigkeit • nicht elektive Chirurgie Traumata, intraabdominelle Erkrankungen, AZ Beeinträchtigung verzögern die Magenentleerung zum Teil erheblich! Diese Kinder werden auch durch Zuwarten nicht nüchtern! ambulante Anästhesie • Kinder können unabhängig vom Alter ambulant operiert werden, sie sollen bei Entlassung wach sein und trinken können • keine Kontraindikation gegen ambulantes Vorgehen sind - Laryngospasmus - Disposition zur malignen Hyperthermie (aber 6h postop. Überwachung) - chron. Erkrankungen in stabilem Zustand (Asthma, Diabetes mell., Epilepsie) wichtig hier PONV Prophylaxe, damit orale Medikation funktioniert perioperative Infusionstherapie • jedes werden Kinder durch den Einsatz natriumhypotoner Lösungen geschädigt • durch streßbedingte ADH Sekretion kommt es auch ohne Infusion zur Retention freien Wassers mit konsekutiver Hyponatriämie, diese kann zu Hirnödem und respiratorischer Insuffizienz führen • Fazit: sogenannte Halbelektrolytlösungen (Pädiafusin!) sind obsolet • Ersatz soll mit Vollelektolytlösungen erfolgen, um Dilutionsazidosen zu vermeiden sollten diese metabolisierbare Anionen (Acetat, Malat) enthalten Glucosezusatz • glucosefreie Lösungen können bei Säuglingen und kleinen Kindern zur Lipidmobilisation mit Anstieg von freien Fettsäuren und Ketonkörpern führen • Glucose sollte 1-2%ig einer Vollelektrolytlösung zugesetzt werden (nie reine Glucoselösungen verwenden!) • bei längeren Eingriffen BZ Kontrollen durchführen • da keine entsprechenden Lösungen auf dem Markt verfügbar sind müssen diese durch Mischung hergestellt werden Herstellung einer "Kinderlösung" • 10-20ml Glucose 40% auf 500ml Vollelektrolytlösung z. B. Sterofundin iso ergibt eine ca. 1-2%ige Lösung • bei kleinen Kindern daraus 50ml in eine Perfusorspritze aufziehen und über Perfusor applizieren perioperativer Flüssigkeitsbedarf ist bestimmt durch präoperatives Defizit Erhaltungsbedarf intraoperativer Korrekturbedarf Blutverlust präopratives Defizit • Erhaltungsbedarf x Nüchternheitszeit in h Erhaltungsbedarf • 4-2-1 Regel 4ml/kg/h für 0-10kgKG 2ml/kg/h für 10-20kgKG 1ml/kg/h für > 20kgKG Beispiel: Kind 12kgKG mit 2h Nüchternheit > (10kgx4ml + 2kgx2ml) x 2h = 88ml Defizit + 44ml/h Erhaltungsbedarf >132ml VEL für die erste h, danach Erhaltungsbedarf intraoperativer Korrekturbedarf • • zum Ausgleich von Flüssigkeitsverlusten durch Gewebetrauma, Verdunstung und "Drittraumverluste" 2ml/kg/h bei geringem Trauma 4ml/kg/h bei mittlerem Trauma 6ml/kg/h bei hohem Trauma Blutverlust • Ausgleich des Blutverlustes durch kolloidale Lösungen und ggf. Blutprodukte unter strenger Indikationsstellung Rapid Sequence Induktion • es gibt keine einheitlichen Richtlinien zum anästhesiologischen Management aspirationsgefährdeter Kinder • die für Erwachsene geltenden Empfehlungen sind nicht übertragbar, da kleine Kinder physiologischerweise eine geringe Hypoxietoleranz aufweisen (FRC, O² Verbrauch) • die Hypoxie ist bei kleinen Kinder eine erheblich größere Gefahr als die Aspiration • Aspirationen sind häufig Folge eines iatrogen ausgelösten Erbrechens bei unzureichend sediertem und relaxiertem Kind • Todesfälle nach Aspiration sind seit ca. 20a nicht mehr beschrieben Narkoseeinleitung • Kanülierung im Notfall obligat, Maskeneinleitung absolut kontraindiziert • ruhige Bedingungen und Prämedikation/Sedierung erhöhen die Sicherheit Midazolam nasal 0,2mg/kgKG, rectal 0,5mg/kgKG S-Ketamin rectal 1-2mg/kgKG • Hypnotika (Propofol, Thiopental) müssen höher dosiert werden als bei Elektiveingriffen • Relaxierung Succinylcholin bei Säuglingen 3mg/kgKG, bei Kleinkindern 2mg/kgKG bei dieser Dosierung Spontanatmung nach 7!! min Risiko unentdeckter Muskelerkrankungen in dieser Altersgruppe daher NDMR vorziehen, da eine Zwischenbeatmung sowieso notwendig ist Narkoseeinleitung • kein Krikoiddruck, kein Priming, keine Präcurarisierung • keine bestimmte Lagerung vorteilhaft, entscheidend ist eine bequeme Beatmungs- und Intubationsposition • Zwischenbeatmung mit einem Druck von 10-12cmH²O, evtl. maschinelle druckkontrollierte Beatmung erwägen • wegen der geringen Hypoxietoleranz muß selbst unter Aspirationsgefahr weiter beatmet werden Cave Restrelaxierung birgt ein hohes Risiko für perioperative pulmonale Komplikationen Vorgehen bei Aspiration/Verdacht • 2h Überwachung unter SaO² Kontrolle bei Verdacht auf Aspiration • bei Klinik (SaO2 Abfall, Spastik) BGA und Rö Tx • bei gesicherter Aspiration Absaugung, ggf. Intubation, endotracheale Absaugung vor Beatmung, frühzeitige Bronchskopie ohne Lavage • keine Glucokortikoide • keine prophylaktische Antibiose • bei SaO² > 2h über 90% unter Raumluft nach Extubation ist eine weitere Verschlechterung der Lungenfunktion unwahrscheinlich PONV • die genaue Pathophysiologie ist nicht bekannt • PONV ist die häufigste postoperative Komplikation im Kindesalter • Kinder unter 3 Jahren sind fast nie betroffen über 3 Jahren steigt die Inzidenz bis auf 89% (?) • PONV ist die häufigste Ursache einer ungeplanten stationären Aufnahme bei ambulanten Eingriffen • erhöhte PONV Raten bei Strabismus OP und Tonsillektomie hier ist eine prophylaktische Gabe von Dexamethason (0,15mg/kg) effektiv in Hinblick auf weniger PONV, bessere Analgesie und schnelleren Kostaufbau PONV Prophylaxe • eine generelle Einfachprophxlaxe wird nicht empfohlen Ausnahme Strabismus OP und Tonsillektomie • TIVA als Narkosekonzept (kein N²O) • Medikamente bei Kindern Dexamethason 0,15mg/kgKG Odansetron 0,10mg/kgKG Dimenhydrinat 0,50mg/kgKG Cave Butyrophenone (Haloperidol, DHB) wegen extrapyramidaler Symptomatik perioperative Schmerztherapie • Schmerzempfindung ab der 24. Gestationswoche!!! • je jünger desto stärker werden Schmerzen empfunden Schmerzerfassung ist schwierig (KUSS Schema?) ab 4 Lj. Gesichtsskala, ab 10 Lj. VAS möglich • günstig kombinierte Regionalanästhesie PWB, Infiltration des Wundgebietes • systemische Schmerztherapie mit Nichtopioiden als Basis, Opioiden bei stärkeren Schmerzen Schmertherapie Medikamente • Ibuprofen (Knochen und Weichteilschmerz) Cave Niereninsuffizienz, hämorrhagische Diathese Dosierung 10mg/kgKG alle 8h, max. 40mg/kgKG/24h • Paracetamol Cave potentiell lebertoxisch, daher Angabe der D max/d obligat!!! Dosierung (rectal) > 3 Monate D max/d 100mg/kgKg, D Loading 40mg/kgKG, D Folge 20mg/kgKG Therapiedauer max. 72h! Dosierung (rectal) < 3 Monate D max/d 60mg/kgKG, D Loading 20mg/kgKG, D Folge 20mg/kgKG Therapiedauer max. 48h Schmerztherapie Medikamente • Perfalgan Cave potentiell lebertoxisch, daher Angabe der D max/d obligat!!! Zulassung ab 1 Lj Einzeldosis 15mg/kgKG über 15min, D max/d 60mg/kgKG • Metamizol besonders gut spasmolytisch wirksam Cave Allergie, Agranulocytose, Hypotonie bei rascher i.v. Gabe Einzeldosis 10-20mg/kgKG, D max/d 80mg/kgKG • Piritramid Cave Atemdepression, Anordnung VP Überwachung Einzeldosis 0,05-0,1mg/kgKG iv. titrieren bis ausreichend wirksam theroretisch PCA möglich bei "Game Boy Fähigkeit"