Kommunalwahlprogramm 2001 - Bündnis 90/Die Grünen

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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
GRÜNES
Kommunalwahlprogramm
2001-2006
(Stand:
11.05.2001)
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
20 Jahre GRÜNE im Braunschweiger Rat
1981 zogen die GRÜNEN erstmals in das Braunschweiger Rathaus ein und brachten frischen
Wind in den ehrwürdigen Bau Ludwig Winters. Seither gestalten wir die Braunschweiger Kommunalpolitik aktiv mit, was trotz aller damit verbundenen Anstrengung auch großen Spaß
macht. Denn wir haben viel erreicht: Dank unserer Initiative entstanden zahlreiche neue Kindertagesstätten, so dass nun tatsächlich für jedes Kind in Braunschweig ein Kindergartenplatz vorhanden ist. Auf unser Betreiben wurden jährlich 50 zusätzliche Betreuungsplätze für Schulkinder eingerichtet. Der Bau eines neuen Frauenhauses für Frauen (und Kinder), die häuslicher
Gewalt entfliehen müssen, durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft geht ebenso auf
unser Konto wie die Einrichtung einer dritten Gesamtschule. Wir engagierten uns tatkräftig für
die Abkehr vom Leitbild der „autogerechten Stadt“, begrenzten den Weiterbau von großen
Straßenprojekten und förderten die Verkehrsberuhigung (Tempo-30-Zonen), den Fußgängerund Radverkehr sowie den Öffentlichen Personennahverkehr. Ohne uns gäbe es weder den
Braunschweig-Pass, der Sozialhilfeempfängerinnen und –empfängern die stark ermäßigte Nutzung von Bussen, Bahnen und Schwimmbädern ermöglicht, noch die städtische Baumschutzsatzung. Ein weiterer Erfolg unserer Ratsarbeit ist das Programm zur behindertengerechten
Ausstattung städtischer Liegenschaften. Die Braunschweiger Versorgungs-AG hat auf unseren
Druck hin ein zweijähriges Klimaschutzprogramm aufgelegt, das zur Hälfte der Förderung umweltfreundlicher erneuerbarer Energien (wie Solarthermie und Photovoltaik) diente. Von uns
unterstützt wird auch der Ökostromtarif „Joschka“, den die Stadtwerke mittlerweile anbieten.
Diese und weitere Erfolge sind uns nicht in den Schoß gefallen, sie sind das Ergebnis zum Teil
sehr mühsamer Debatten und Verhandlungen mit den anderen Ratsfraktionen und/oder der
Stadtverwaltung bzw. den städtischen Gesellschaften. Dabei erwies sich die seit 1986 bestehende Zusammenarbeit mit der SPD oftmals als äußerst schwierig. Vor allem auf dem Gebiet
der Umwelt- und Verkehrspolitik müssen wir um jede noch so kleine Verbesserung ausdauernd
kämpfen. So manches mal hat uns unsere „Koalitionspartnerin“ gänzlich im Stich gelassen, z.
B. bei dem unseligen Vertrag zur Müllverbrennung mit den Braunschweigischen Kohlenbergwerken in Helmstedt. Dieser einzig von uns GRÜNEN heftig bekämpfte schwarz-rot-gelbe
„Mülldeal“ stellt die Kommunalpolitik ständig vor neue immense Probleme (Müllgebührenerhöhungen etc.).
Auch in Bezug auf teure Großprojekte – als Beispiele seien hier die Alte Waage, das Städtische
Stadion, das Kleine Haus des Staatstheaters, die Volkswagen-Halle und die Kunsthalle im
ARTmax genannt – macht die SPD stets gemeinsame Sache mit der CDU. Dagegen haben es
die „kleinen“ freien Träger im Sozial-, Jugend-, Gesundheits-, Umwelt- und Kulturbereich, die
auf ehren- und hauptamtlicher Basis engagiert für die gute Sache arbeiten, bei den großen Parteien schwer. Aber nicht bei uns GRÜNEN: Auf die haushaltspolitische und anderweitige Unterstützung unserer Fraktion können diese freien Träger auch in Zukunft bauen.
Die Politik der Braunschweiger GRÜNEN wird sich auch in den Jahren 2001-2006 an dem Leitbild orientieren, das unsere Mitgliederversammlung im Oktober 2000 zur verbindlichen Handlungsgrundlage erklärt hat:
Stadtentwicklung, die die Interessen künftiger Generationen berücksichtigt
„Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt.“ Für GRÜNE ist das kein veralteter
Wahlslogan aus den 80er Jahren, sondern hochaktuelle, wichtige Grundlage unseres Handelns
in allen Politikbereichen – bei der Stadtplanung, der Verkehrsentwicklung, im Umwelt- und Kulturbereich, in der Kinder-, Jugend- und Sozialpolitik sowie im Umgang mit Finanzen.
Wir dürfen Entscheidungen nicht nur aus der kurzfristigen Sicht heutiger aktueller Probleme
treffen und die Konsequenzen auf später abwälzen. Stattdessen stellen wir uns eine Kommunalpolitik vor, die dauerhaft sozialverträglich und umweltschonend ist, die so mit den Umwelt-
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ressourcen und den städtischen Finanzen umgeht, dass auch unsere Kinder und Enkel gut in
dieser Stadt werden leben können, die auf Vielfalt statt Einfalt setzt und Raum für unterschiedliche Lebensstile lässt.
Der im Braunschweiger Rathaus weit verbreiteten Tendenz, Entscheidungen nur im Hinblick
auf die nächste Wahl zu treffen und unangenehme Entscheidungen auf den SanktNimmerleins-Tag zu verschieben, stellen wir uns entgegen.
Braunschweig – soziale Stadt für alle
GRÜNE setzen sich für eine Stadt ein, die für alle Menschen, die in ihr leben, lebenswert ist.
Die Interessen des Vorstandsvorsitzenden eines Großkonzerns dürfen in unserer Stadt kein
größeres Gewicht haben als die Interessen einer alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerin. Wir
engagieren uns aus diesem Grund ganz besonders für die Belange derjenigen, die ansonsten
keine Lobby haben.
Wir sind für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Kulturen. Wir sind für bunte, dezentrale
Vielfalt statt für marktgerechten, konformen Einheitsbrei. Unser Ziel ist eine familien- und kindergerechte Stadt, eine Stadt, in der Frauen wirklich gleichgestellt sind und in der alte Menschen nicht zum alten Eisen gehören.
Wir setzen einer Freizeitparkpolitik à la „Erlebnisraum Stadt“ ein Höchstmaß an Lebensqualität
für alle hier lebenden Menschen entgegen.
Ein transparentes Rathaus, das alle Bürgerinnen und Bürger mitgestalten
GRÜNE setzen sich engagiert für eine Rathauspolitik und eine Verwaltung ein, die transparent
und offen für alle ist. Wir möchten, dass sich die Stadtverwaltung als ein Dienstleistungsunternehmen für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt versteht, das deren Ideen, Anregungen
und Kritik aufgreift und zur Grundlage der eigenen Planung macht.
Die Stadt sind alle Bürgerinnen und Bürger, die in ihr leben, und nicht nur das Rathaus und die
Stadtverwaltung. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, Einbeziehung und Information sind
unverzichtbar und setzen Kreativität frei, die heute noch brachliegt.
Wir wollen Verwaltungsreform endlich leben anstatt immer nur von ihr zu reden und als Ergebnis das Gleiche zu machen wie bisher, nur unter anderen Überschriften. Dazu gehört auch,
Motivation und Unterstützung engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum zentralen Punkt
der Reformpolitik zu machen.
GRÜNE Kommunalwahl-Ergebnisse in Braunschweig
Jahr
1981
1986
1991
1996
2001
Anteil der Stimmen Anzahl der Sitze für
für die GRÜNEN in die GRÜNEN im
Braunschweig
Braunschweiger
(in Prozent)
Rat
6,4 %
4
7,6 %
4
8,8 %
5
11,7 %
7
Sie entscheiden!
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Für den ökologischen Umbau der Stadt
Als Stadtbewohner/innen haben wir uns an eine Lebensform gewöhnt, die uns den Blick auf die
Folgen, die unser Verhalten für die Umwelt hat, vielfach verstellt: Viele Produkte in unserem
Alltag werden fern von uns hergestellt und haben weite Transportwege hinter sich, bevor sie
uns erreichen. So wissen wir kaum, unter welchen Bedingungen bzw. mit welchen Folgen für
Gesundheit und Umwelt produziert wurde. Auch die Auswirkungen unseres Konsums entziehen
sich oft unserer unmittelbaren Erlebniswelt:
Unser Müll wird bei Helmstedt verbrannt und belastet dort die Luft zum Atmen. Unser Abwasser
muß energieaufwendig gereinigt werden, bevor es verregnet und damit dem Naturkreislauf
wieder zugeführt wird. Unsere Heizkessel- und Autoabgase ziehen zu Harz und Elm und zerstören dort die Bäume.
Unser städtisches Leben ist in einer Art und Weise organisiert, die das nähere und weitere Umland, aber auch das Stadtgebiet selbst stark belastet. Die Ökobilanz ist unausgeglichen - mit
einem viel zu hohen Einsatz von Energie und Material wird zu wenig Substanz geschaffen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich dafür ein, diese Entwicklung umzukehren und ein
stadtökologisches Gesamtkonzept zu entwickeln und umzusetzen.
Auch in der vergangenen Ratsperiode haben wir uns in diesem Sinne engagiert. So haben wir
uns für Müllvermeidung und für die Förderung von Solar-, Wind- und Wasserkraft eingesetzt.
Bei vielen Veränderungen, die das Autofahren einschränken und den Öffentlichen Nahverkehr,
das Fahrradfahren und das Zufußgehen bevorzugen, haben wir mitgemischt.
Und da Ratspolitik nicht nur auf der Diskussions- und Beschlussebene stattfinden sollte, haben
wir anläßlich des 1. Europaweiten Autofreien Tages am 22. September 2000 den Aktionstag
„Clever in die City“ angestoßen, an dem diejenigen belohnt wurden, die umweltfreundlich – mit
dem Rad, dem Bus, der Bahn oder zu Fuß - in die Innenstadt kamen. Mit Geldern aus einer
„Diäten“-Erhöhung in der alten Ratsperiode haben wir den Aufbau des Energiehauses des Regionalen Umweltbildungszentrums am Dowesee gefördert.
Wir haben eine Förderung von Büro- bzw. Personalkosten für alle Umweltverbände durchgesetzt. Mit unserer Hilfe ist der Verein „Umweltzentrum Braunschweig e. V.“ - ein Zusammenschluss verschiedener Umweltverbände und ökologischer Betriebe - neben dem Umweltamt
zur zentralen Anlaufstelle für viele Bürger/innen in Sachen Umweltschutz geworden. Die Stadt
Braunschweig ist endlich auch dem weltweit agierenden Klimabündnis beigetreten und hat sich
damit verpflichtet, den eigenen Ausstoß klimaschädlicher Gase zu reduzieren und auf die Verwendung von Tropenhölzern zu verzichten.
Letztendlich ist es unsere eigene Lebensweise, die uns das Wohnen in der Stadt immer unangenehmer macht und bei vielen Menschen zu der Entscheidung führt, aus der Stadt heraus ins
(noch) grüne Umland zu ziehen. Damit aber wird der Teufelskreis der Stadtflucht nur verstärkt,
denn je mehr Menschen aus der Stadt wegziehen, um so mehr fahren wiederum (mit dem Auto) zum Arbeiten, Lernen, Einkaufen, Bummeln oder zum Besuch von Kulturveranstaltungen in
die Stadt und verstärken damit die Belastung für diejenigen, die in der Stadt bleiben. Zugleich
werden die grünen Naherholungsbereiche durch neue Baugebiete immer mehr zerstückelt, so
dass die Stadtbewohner/innen zur Erholung immer weiter aus der Stadt herausfahren müssen.
Dieser Teufelskreis kann nur durchbrochen werden, wenn es gelingt, die Stadt selbst wieder zu
einem attraktiven Aufenthaltsbereich insbesondere für junge Familien zu machen. In der vergangenen Ratsperiode haben wir uns in diesem Sinne engagiert.
Wir haben immer wieder die Beruhigung des Verkehrs in Wohngebieten gefordert und teilweise
durchgesetzt (z. B. Tempo 30-Zonen, Sperrung der Ohmstraße). Wir haben uns für eine umweltverträgliche Gestaltung neuer Siedlungsgebiete eingesetzt, einen Vorschlag für eine Richtlinie zur ökologischen Stadtplanung eingebracht und den Erhalt von Grün in der Stadt durch die
Baumschutzsatzung durchgesetzt.
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Zwar wird eine Stadt wie Braunschweig nie ohne den Austausch mit dem Umland und ohne
Belastung der Umwelt existieren können. Jedoch kann ein grundsätzlicher Umbau der Stadt
und eine Weiterentwicklung unserer Wirtschafts- und Lebensweise im GRÜNEN Sinne die
Umweltbelastungen erheblich verringern und gleichzeitig eine neue Lebensqualität erzeugen.
Dieses Bestreben deckt sich mit den Vereinbarungen der Vereinten Nationen auf dem Klimagipfel 1992 in Rio de Janeiro. Dort hat sich u. a. auch Deutschland dem heute unter dem Titel
„Agenda 21“ diskutierten Ziel der „Nachhaltigkeit“ verpflichtet. Dieser Begriff bedeutet grundsätzlich, dass der Natur nur soviel entnommen werden darf, wie gleichzeitig nachwächst. Würden wir alle uns daran halten, müssten wir unseren Konsum drastisch beschränken. Damit verbunden wären aber möglicherweise große Auswirkungen auf die gesellschaftlichen Verhältnisse insgesamt (z. B. weniger Arbeitsplätze oder geringeres Einkommen). In der „Agenda“, die
nichts anderes ist als ein Handlungsprogramm, soll nun unter Einbeziehung der Zusammenhänge der natürlichen Umwelt, der Wirtschaft und der sozialen Lebensbedingungen eine Lösung gefunden werden, wie wir heute so leben können, dass wir unseren Kindern und Enkeln
möglichst keine Altlasten und Schulden, sondern eine intakte Mutter Erde hinterlassen.
Eine solche Lösung kann nur funktionieren, wenn möglichst alle Menschen sie mit entwickeln
und tragen. Deshalb wollen wir in Braunschweig den Diskussionsprozeß über die „Agenda“ für
unsere Stadt weiter verstärken. Wir sehen darin eine städtische Aufgabe von höchster Wichtigkeit, die entsprechend mit Personal und Sachmitteln ausgestattet werden muss.
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Umweltschutz konkret
Trotz BKB-Vertrag für konsequente Abfallvermeidung und -verwertung!
Die "Entsorgung" unserer Abfälle ist eines der drängendsten Probleme. Der 1995 unter Verhinderung einer öffentlichen Diskussion und gegen die Stimmen der GRÜNEN geschlossene Vertrag zur Müllverbrennung bei den Braunschweigischen Kohlenbergwerken (BKB) in Helmstedt
ist ein doppeltes Unglück für die Stadt: Neben der Festlegung auf eine Mindestliefermenge von
136.000 t Restmüll und der Verpflichtung, auch bei geringerem Müllvolumen den Preis für diese
Menge zu zahlen, schiebt er der Stadt zugleich auf Dauer das finanzielle Risiko für die Gesamtanlage zu - für die Bürger/innen der Stadt ein Milliardenwechsel auf die Zukunft.
In der vergangenen Ratsperiode gelang es uns zwar nicht, diesen für Braunschweig so verhängnisvollen Vertrag zu kippen; jedoch wurde dank unseres massiven politischen Drucks im
Zusammenhang mit der geplanten Müllgebührenerhöhung 1998 mit den BKB erneut über die
vertraglich vereinbarten Abfallmengen zur Lieferung an die Müllverbrennungsanlage verhandelt. Für zwei Jahre gewährten die BKB daraufhin Nachlass beim Preis und bei den Abfallmengen. Auch gelang es uns, im Zusammenhang mit der (im Jahr 2000 gegen unsere Stimmen
beschlossenen) Privatisierung des Stadtreinigungsamtes zu verhindern, dass ein zweiter Vertrag geschlossen wurde, der die Stadt noch enger an die BKB gebunden hätte.
Derzeit klagt auf unser Betreiben die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den Vertrag, mit allerdings ungewissem Ausgang.
Auch nach der Gründung der Braunschweiger Müll-GmbH ist die Stadt leider noch immer in der
Pflicht, Müll an die BKB zu liefern oder zu zahlen. Der „private Partner“, die Berliner Firma Alba,
hat sich zwar verpflichtet, jährlich 50.000 t Müll zu beschaffen. Für die restlichen 86.000 t, die
sich aus der BKB-Verpflichtung ergeben, steht jedoch die Stadt gerade. Und wie es aussieht,
bekommt sie nicht einmal mehr diese Jahresmenge zusammen. Anstatt uns als Bürger/innen
Braunschweigs über sinkende Müllmengen freuen zu können, müssen wir immer mehr zahlen.
Dennoch werden wir uns weiter für die folgenden abfallwirtschaftlichen Ziele einsetzen:
 Müllvermeidung muss belohnt werden, d. h. wer wenig Restabfälle hat, soll auch entsprechend wenig zahlen.
 Die Bürger/innen müssen weiterhin intensiv dahingehend beraten werden, wie sie Abfälle
vermeiden und trennen können.
 die Altlast Deponie Watenbüttel soll saniert werden; dabei ist das vorliegende Konzept,
demzufolge ein Teil der Abfälle verrottet, ein Teil verbrannt und der Rest umweltverträglich
neu abgelagert werden soll, endlich umzusetzen.
 Das Beschaffungswesen der Stadt soll sich weiterhin an den Grundsätzen der Umweltverträglichkeit und der Abfallvermeidung orientieren; auf PVC als Baustoff und für Büromaterial
muss auch weiter verzichtet werden.
 Die getrennte Sammlung von Wertstoffen und schadstoffhaltigen Abfällen soll beibehalten
und ausgebaut werden. So fordern wir z. B. die getrennte Sammlung und Verwertung von
Elektronikschrott, die Erhaltung des Schadstoffmobils und eine Verbesserung der Wertstoffsammlung im Rahmen des Dualen Systems. Dabei muss auch über neue Systeme wie
z. B. die Einführung gelber Tonnen als Holsystem, das den Menschen die Abfalltrennung
erleichtert, nachgedacht werden.
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Wasser (nicht nur) für Braunschweig
Städte wie Braunschweig haben eine Achillesferse bei der Wasserver- und entsorgung: Unser
Trinkwasser stammt zum größten Teil nicht aus den Wasservorräten vor Ort. Diese sind aufgrund ihrer Verschmutzung durch industrielle und landwirtschaftliche Einflüsse kaum nutzbar.
Das Braunschweiger Abwasser kann nicht wie früher ohne Probleme verregnet und damit dem
Naturkreislauf wieder zugeführt werden; es muss aufgrund seiner hohen Schadstoffbelastung
vorher aufwendig geklärt werden. Gleichzeitig trägt der hohe Grad der Bodenversiegelung dazu
bei, dass der Grundwasserspiegel absinkt.
Wir haben uns in der vergangenen Ratsperiode in den Ausschüssen und bei den Stadtwerken
dafür eingesetzt, daß Wassersparmaßnahmen gefördert werden. Durch geduldiges Nachhaken
haben wir immer wieder Entsiegelungen z. B. beim Ausbau von Nebenanlagen erreicht. Das
Stadtentwässerungsamt hat mit unserer Unterstützung die Abwassersatzung so gestaltet, dass
die Entsiegelung von Grundstücken durch geringere Gebühren belohnt wird. Den Bestrebungen einzelner Politiker und des Grünflächenamtes, wieder Herbizide auf städtischen Flächen
auszubringen, sind wir entgegengetreten und haben eine offene Diskussion über mögliche Folgen für Lebewesen und für das Grundwasser gefordert.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN fordern:
 Die Fortsetzung des Entsiegelungsprogramms der Stadt Braunschweig; Hinterhöfe oder
Seitenstreifen müssen nicht betoniert sein
 Die Verstärkung der Einleitungskontrollen bei Abwässern, um die Bodenbelastung – und
damit die Gesundheitsgefährdung für Menschen, Tiere und Pflanzen - bei der Verregnung
weitgehend auszuschließen
 Die Renaturierung der größeren (Oker, Schunter) und kleinen Fließgewässer im Stadtgebiet, um die Selbstreinigungskraft der Gewässer zu fördern
 Die verstärkte Sanierung der Altlasten in Boden und Grundwasser, soweit noch fassbar auf
Kosten der Verursacher, sonst mit öffentlichen Mitteln
 Die Förderung des Wassersparens durch Beratung und Sparmaßnahmen bei städtischen
Gebäuden
 Keine Ausbringung von Herbiziden und Pestiziden auf städtischem Grund und Boden
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Naturschutz in Braunschweig
Spätestens seit der Industrialisierung wurde das Land zunehmend als Flächenreservoir der
Stadt benutzt. Naturflächen wurden überbaut oder durch Straßen zerschnitten. Als Folge gibt
es heute in Braunschweig und Umgebung kaum noch großräumig zusammenhängende Gebiete, in denen Tiere und Pflanzen weitgehend ohne Beeinträchtigungen leben können. Naturschutzgebiete wie das Europareservat Riddagshausen dienen überdies riesigen Besucherströmen zur Erholung von Stress, Lärm und Abgasen. Naturschutz für unsere Stadt bedeutet daher, mehr Natur in der Stadt zu fördern und Naturflächen in der Umgebung der Stadt zu entlasten und zu schützen. Dabei muss es uns gelingen, zwischen Naturinteressen einerseits und
Nutzungsinteressen der Menschen andererseits zu vermitteln, ohne dass der Naturschutz zu
sehr zurücktreten muss.
 Naturflächen schonen, schützen und erweitern
Wir unterstützen die Bestrebungen von haupt- und ehrenamtlichem Naturschutz in Braunschweig, die bestehenden Naturflächen miteinander zu vernetzen und sich der Fließgewässer
als Leitlinien zu bedienen. Dabei macht es Sinn, die Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen
zu renaturieren und unter Schutz zu stellen. Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft – z. B.
durch den Ankauf von Flächen und Pflegevereinbarungen – geht in die richtige Richtung und
soll weiter vorangetrieben werden.
 Naturschutzgebiet Riddagshausen verbessern
Das Naturschutzgebiet Riddagshausen ist als riesiges Feuchtgebiet für viele Vogelarten unverzichtbar und hat sogar den Status eine Europareservates.
Die Bewirtschaftung der Teiche durch die Aufzucht und den Verkauf von Fischen muß nicht,
kann aber im Gegensatz zu Naturschutzinteressen stehen. So ist das periodische Ablassen
und Wiederbefüllen der Teiche zwar wichtig für das ökologische Gleichgewicht des Gebietes
und den Erhalt der Feuchtbiotope, jedoch können zu viele Fische zum „Umkippen“ der Teiche
und der daraus gespeisten Gewässer führen. Der Schapenbruchteich, der schon länger nicht
mehr bewirtschaftet wird, ist beispielsweise durch frühere Verschmutzungen aus Fisch- und
Landwirtschaft stark verschlammt.
Ein mit dem Fischwirt neu verhandelter Vertrag sieht vor, dass weniger Fische gehalten werden
dürfen und dass die zu bewirtschaftende Teichfläche verkleinert wird. Wir haben dafür gesorgt,
dass die Naturschutzverbände im Vorfeld der Vertragsverhandlungen beteiligt wurden. Durch
unseren Antrag ist vorgesehen, im Jahr 2002 mit der Entschlammung des Schapenbruchteiches zu beginnen.
Landwirtschaftliche Flächen in Riddagshausen, die im Besitz der Stadt sind, werden vorrangig
an Betriebe des ökologischen Landbaus verpachtet. Die Mitarbeiter/innen des Naturschutzzentrums von BUND und NABU sorgen - auf unseren Antrag hin mit finanzieller Unterstützung der
Stadt - durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit dafür, dass Besucher/innen informiert und dazu
bewegt werden, zum Schutz des Europareservates beizutragen.
 Bäume weiter schützen!
Bäume in Braunschweig werden derzeit vor allem durch die Baumschutzsatzung vor dem Abholzen geschützt. Die Mitarbeiterin des Umweltamtes, die auf die Einhaltung der Satzung achtet, berät seit Jahren die Bürger/innen sehr erfolgreich und das soll auch so bleiben. Darüber
hinaus setzen wir uns für eine Verbesserung der Standortbedingungen der Stadtbäume ein.
Dazu gehört die Entsiegelung und Belüftung des Wurzelbereichs ebenso wie eine sachgerechte Pflege.
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
Naturnahe Landwirtschaft in und um Braunschweig
Die Industrialisierung der Landwirtschaft und der damit verbundene massenhafte Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln und Mineraldünger haben die Umwelt in den letzten Jahrzehnten zunehmend belastet. Naturräume sind durch Monokulturen und durch die sogenannte "Flurbereinigung" vernichtet worden. Die zunehmende Belastung unseres Grundwassers bedroht uns
alle. Diese Verarmung und Belastung wieder zurückzunehmen, ist heute ökologisches Gebot.
Daher muss eine umweltgerechte, in Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten funktionierende Landwirtschaft gefördert werden. Betriebe des ökologischen Landbaus müssen den Vorzug bei der Verpachtung von Flächen durch die Stadt Braunschweig erhalten.
Stadtteil- und Ökomärkte sowie Erzeuger-Verbraucher-Zusammenschlüsse sind Einrichtungen,
die den landwirtschaftlichen Betrieben in der Region eine Direktvermarktung ihrer Produkte
ermöglichen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchten diese Vermarktungsformen fördern. Ökologisch und regional erzeugte Lebensmittel sollen im Klinikum und anderen Einrichtungen der
Stadt, wo Menschen verpflegt werden, Verwendung finden. In diesem Zusammenhang sollen
verstärkt auch vegetarische Speisen angeboten werden, die den ökologisch und gesundheitlich
bedenklichen Fleischkonsum (BSE!) verringern.
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Tierschutz: Tiere gehören dazu
Auch wenn der Mensch die Städte nach seinen Bedürfnissen plant, so teilt er doch sein unmittelbares Lebensumfeld mit Millionen von Tieren: sogenannte Nutztiere in der Landwirtschaft,
Haustiere, die eng mit dem Menschen zusammenleben und Tiere in Zoos und Zirkussen, die
der Mensch zum eigenen Vergnügen hält. Aber auch Wildtiere wie freilebende Vögel oder
Kleinsäuger und teildomestizierte Tiere wie die Tauben gehören dazu. Alle diese Tiere benötigen möglichst artgerechte Lebensbedingungen.
Tiere gehören um ihrer selbst Willen geschützt. Es müssen Flächen als Lebensraum für Tiere
gesichert und neue Räume geschaffen werden. Das gilt für den artengeschützten Feldhamster
genauso wie für das beliebteste Haustier, den Hund. Es muß aber auch den Menschen - insbesondere Kindern – möglich sein, sich in der Stadt angstfrei zu bewegen und zu spielen.
Um eine Überpopulation einzelner Tierarten zu vermeiden, kann es notwendig sein, regulierend
einzugreifen, beispielsweise durch Kastrationsprogramme für verwilderte Katzen oder durch die
Umsetzung eines auf Landesebene erarbeiteten Konzeptes zur Taubenbestandskontrolle. Dieses Konzept beinhaltet die Eientnahme aus Taubennestern, die tierärztliche Betreuung, den
Aufbau und die Pflege von Taubenschlägen und weitere Maßnahmen, die das Zusammenleben
der Menschen mit den Tauben in der Stadt verbessern sollen.
Wir sind der Meinung, dass die Jagd auf Tiere nicht dem reinen Freizeitvergnügen dienen,
sondern sich an ökologischen Notwendigkeiten orientieren sollte. In den Jagdpachtverträgen
für städtische Flächen sollten entsprechende Auflagen festgeschrieben werden.
In der oft sehr emotional und kontrovers geführten öffentlichen Diskussion um Hundehaltung in
der Stadt haben wir uns bisher immer um eine sachgerechte Entscheidung bemüht. In diesem
Sinne plädieren wir dafür, die auch durch unseren Einsatz im Jahr 2000 beschlossene Hundesteuerbefreiung für Tierheimhunde in eine dauerhafte Befreiung umzuwandeln, um das überfüllte Braunschweiger Tierheim zu entlasten. Hunde, die „gefährlichen“ Hunderassen angehören, sollten nach bestandenem Wesenstest, der sie als friedliebend und sozialverträglich ausweist, vom generellen Maulkorb- und Leinenzwang ausgenommen werden.
Die Stadt sollte sogenannte Mitmachzirkusse, die ohne die Zurschaustellung von Tieren auskommen, besonders fördern. Katzen- und Hundeausstellungen sind für die Tiere mit viel Stress
bis hin zur Todesangst verbunden, daher lehnen wir GRÜNEN diese in der jetzigen Form ab.
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Mobilität ja, aber anders!
Einen entscheidenden Anteil an der Verminderung der Lebensqualität in Stadt und Umland
hatte in den letzen 50 Jahren die Entwicklung des Kraftfahrzeugverkehrs. Kamen noch 1950 im
Durchschnitt nur 4,1 Kraftfahrzeuge auf 100 Einwohner/innen, so sind es heute rund 58. In der
Stadt Braunschweig existieren insgesamt also rund 140.000 Autos! Auch wenn viele sich inzwischen mehr oder weniger abhängig vom (eigenen) Auto fühlen, gibt es zu einer Begrenzung
des Autofahrens in der Stadt keine Alternative. Wir alle gewinnen damit mehr Sicherheit, Platz,
Ruhe, saubere Luft, kurz: Lebensqualität. Dass ein Umsteigen vom eigenen PKW auf andere,
umweltfreundlichere Verkehrsmittel sehr oft problemlos möglich ist, verdeutlichen folgende
Zahlen: 20 % aller Autofahrten führen nicht weiter als 2 km, 50 % liegen unter 5 km - Strecken,
die bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden können. Wir GRÜNEN orientieren deshalb unsere Verkehrspolitik vorrangig an den Bedürfnissen von Nutzerinnen und Nutzern des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), Radfahrerinnen und Radfahrern sowie
Fußgängerinnen und Fußgängern, um den Anteil dieser Verkehrsarten am Gesamtverkehrsaufkommen zu steigern.
 Bus- und Bahnfahren soll Spaß machen!
Der ÖPNV muß attraktiver werden. Notwendig ist dazu seine Beschleunigung durch eigene
Fahrspuren - auch zu Lasten des Autoverkehrs - und die Bevorrechtigung an Ampelkreuzungen. Das Umsteigen muß noch bequemer werden, die Fahrgäste sollen sich wohlfühlen. Deshalb unterstützen wir die Anschaffung neuer Niederflurfahrzeuge und die entsprechende Gestaltung der Haltestellen.
Es muss auch an Sonntagen und in den Abend- und Nachtstunden möglich sein, zu angemessenen Preisen den Öffentlichen Verkehrs zu nutzen. Die bisherigen starren Fahrpläne könnten
durch flexiblere und bedarfsgerechtere Angebote ersetzt und dadurch möglicherweise kostensparend und fahrgastfreundlicher gestaltet werden.
Der inzwischen geschaffene Tarifverbund im Großraum Braunschweig ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Fahrscheinangebote und die Fahrpreise müssen sich aber noch mehr an den
Bedürfnissen der Nutzer/innen und an der Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Auto orientieren.
Die Schaffung einer Regionalstadtbahn, Direktbuslinien in das Umland und der Ausbau des
Stadtbahnnetzes machen das Fahren mit dem ÖPNV bequemer und schneller. Weiter auszubauen ist hier die strikte Vertaktung der Fahrpläne, um Umsteigebeziehungen für die Fahrgäste
überschaubar und zuverlässig zu gestalten.
Werbung für den ÖPNV mit witzigen Slogans und Aktionen, freundlichen Fahrerinnen und Fahrern sowie einem guten Kundenservice ist eine notwendige Voraussetzung zur Steigerung der
Fahrgastzahlen. Dank unserer Initiative wird es bald auch in Braunschweig eine Mobilitätszentrale geben, die für eine bessere Beratung der Bus- und Bahn-Nutzer/innen notwendig ist.
 Radfahren schnell und sicher
Das 1986 auf Initiative der GRÜNEN in Auftrag gegebene und 1994 einstimmig vom Rat beschlossene Radverkehrskonzept muß zügiger als bisher umgesetzt werden.
Die dort enthaltenen Vorschläge für neue Radwege und die Verbesserung der Radverkehrsverbindungen im Innenstadtbereich würden die Situation für Radfahrer/innen in Braunschweig
erheblich verbessern.
Auch die in dem Konzept vorgeschlagenen Abstellanlagen sind noch längst nicht alle realisiert,
wenngleich es dank unserer Aktivitäten inzwischen schon eine ganze Menge davon gibt. Ende
April 2001 ist eine Fahrradstation mit Serviceeinrichtungen am Hauptbahnhof eröffnet worden,
leider jedoch am falschen Standort (statt im Gebäude des jetzigen IC-Restaurants im ehemaligen Fahrradkeller der Deutschen Bahn AG).
Die Ampelschaltungen für den Rad- und Fußgängerverkehr sind immer noch erheblich verbesserungsbedürftig.
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 Zu Fuß die Stadt genießen
Zufußgehen ist ein Verkehr eigener Qualität und die hauptsächliche Fortbewegungsart, mit der
wir die Stadt erleben. Nicht nur Touristinnen und Touristen, sondern auch Braunschweiger/innen und Besucher/innen aus der Region wollen gerne durch die Stadt schlendern, sei es
zum Einkaufen, zum Bummeln oder zum Besuch einer kulturellen Veranstaltung. Dabei ist es
wichtig, dass die Menschen ihre Ziele auf direktem Wege erreichen und anregend gestaltete
Stadträume sehen können.
Dies gilt aber nicht nur für den Aufenthalt in der Innenstadt, sondern auch für den Weg von der
Wohnung zum Bäcker, zum Supermarkt, zum Kindergarten oder zur Schule. Je bequemer,
sicherer und schöner diese Wege sind, um so weniger werden die Menschen dafür ins Auto
steigen.
 Stadt für Menschen statt für Autos
Autofahren ist attraktiv, weil es scheinbar billig, komfortabel und angeblich schnell ist. Schnell
fahrende Autos sind aber gefährlich (im Jahr 2000 gab es in Braunschweig 1.430 Verletzte und
19 Tote durch Verkehrsunfälle) und bei der Kostenbetrachtung des Autofahrens lassen wir
meistens die Folgekosten (Luftschadstoffe, Unfallopfer, Lärmschäden, Abfallkosten usw.) unberücksichtigt. Unser Ziel ist die Verbesserung der Umweltqualität und die Erhöhung der Verkehrssicherheit.
Dazu wollen wir in Braunschweig flächendeckend Tempo 30 (wie übrigens auch vom Deutschen Städtetag gefordert), unterstützt durch eine bauliche Umgestaltung des Straßenraums.
Die Straße soll wieder Lebensraum für Menschen werden, statt reine Nutzfläche für Autos zu
bleiben.
Das Parkraumbewirtschaftungskonzept mit Einführung einer begrenzten Parkdauer und spürbaren Parkgebühren im gesamten Bereich der Innenstadt hat sich schon jetzt bewährt und muß
weiter mit dem Ziel der Verminderung des Autoverkehrs in der Innenstadt umgesetzt werden.
Straßenneubauprojekte, insbesondere die Autobahnprojekte Nordtangente, Osttangente, A 392
und A 39 würden noch mehr motorisierten Individualverkehr erzeugen und sollen deshalb unterbleiben.
Wir wollen in Braunschweig das Wohnen ohne Auto unterstützen. In ausgewählten Stadtbereichen sollen Menschen, die gemeinsam ohne Auto leben wollen, einen spürbaren - auch finanziellen - Vorteil z. B. durch Verzicht auf die Schaffung eines Parkplatzes haben. Beispiele hierfür gibt es in der badischen Stadt Freiburg. Das Teilen von Autos („Car-Sharing“) vermindert
den Platzbedarf für abgestelltes Blech und kann besonders in dichtbesiedelten Bereichen eine
umweltverträglichere Alternative zum eigenen Auto sein.
 Verkehrsentwicklungsplan
Viele dieser Vorschläge sind in der letzten Ratsperiode im Rahmen der Erstellung eines Verkehrsentwicklungsplans lang und breit im Rat und seinen Gremien diskutiert worden. Dabei ist
ein hervorragendes Konzept auf der Basis konkreter Zielvorgaben wie „Verbesserung der Nutzung von Wohn-, Freizeit- und Erholungseinrichtungen, Steigerung der Wirtschaftskraft, Steigerung der Umweltqualität, Unterstützung der Ziele der Raumordnung, Verbesserung der Erreichbarkeit der Standorte der Daseinsgrundfunktionen (Wohnen, Arbeiten, Versorgen, Erholung) und Minimierung der Kosten“ entstanden. Das aus diesen Zielvorgaben durch die Betrachtung und Berechnung von möglichen Maßnahmen entwickelte Handlungskonzept enthält
fast ausschließlich Vorschläge, die wir seit Jahren vertreten haben. Den anderen Fraktionen im
Rat war das leider schon zu viel. Sie sorgten durch einen entsprechenden Beschluss dafür,
dass der Verkehrsentwicklungsplan ein unverbindlicher Beitrag zur verkehrspolitischen Diskussion bleibt. Wir wollen dennoch die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen vorantreiben.
 Flugverkehr in Braunschweig
Der zunehmende Flugverkehr ist aus energie- und klimapolitischen Gründen äußerst bedenklich. Der Braunschweiger Flughafen wird in erster Linie von VW und den dort ansässigen Forschungseinrichtungen und Betrieben genutzt. Für den Personenverkehr spielt er so gut wie
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keine Rolle und das soll nach unserer Meinung auch so bleiben. Ein intensiver Flugverkehr mit
großen Charterjets wäre für die anliegenden Stadtteile Bienrode, Waggum, Wenden und Hondelage nicht vertretbar. Eine Verminderung der Lärmbelastung ist bereits jetzt dringend erforderlich.
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Städtische Lebensräume umweltverträglicher gestalten
Der Flächenverbrauch bzw. die zunehmende Zersiedelung der Landschaft ist ein großes Problem bei der Schaffung zusätzlichen Wohnraums in unserem dicht besiedelten Land. Denn
Wohnungsbau und Flächenverbrauch haben negative Umweltwirkungen, die eigentlich vermieden werden sollten, z. B. die Vernichtung von Biotopen und landwirtschaftlicher Nutzfläche.
Eine optimale Auslastung der vorhandenen Fläche, d. h. ein möglichst geringer Flächenanspruch pro Wohneinheit bei ausreichendem Vorhandensein gemeinschaftlich nutzbarer Grünflächen muß ein Hauptziel ökologisch orientierter Siedlungspolitik sein.
 Vermischung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholen
Um städtischen Lebensraum umweltgerecht zu planen, ist es erforderlich, das alte Leitbild arbeitsteilig gegliederter, monofunktionaler Stadtteile und Siedlungen aufzugeben. Ein in reine
Wohn-, Erholungs-, Arbeits- und Einkaufsbereiche aufgeteilter Raum zwingt zu einer energieintensiven und zeitraubenden Lebensweise. Dem hohen Verkehrsaufkommen und dem ständigen Ausbau des Straßennetzes kann nur durch eine ökologisch und sozial sinnvolle Durchmischung und Verdichtung der einzelnen Funktionen entgegengewirkt werden. Das bedeutet, es
muss sowohl wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten als auch Schulen und Kindertagesstätten
sowie wohnverträgliches Gewerbe in den Stadtvierteln geben. Frühzeitige Beteiligung der Bürger/innen an der Planung soll Fehler vermeiden helfen und zu Wohngebieten mit hoher Lebensqualität führen.
 Kompakte Bauweise
Der Bau von freistehenden Einfamilienhäusern ist ökologisch bedenklich, weil er die Zersiedelung der Landschaft extrem fördert und zu einem erhöhten Energiebedarf führt. Umweltverträglicher sind zwei- bis dreigeschossige Gebäude, Reihenhäuser oder Hausgruppen, noch besser
Mehrfamilienhäuser, insbesondere in unmittelbarer Nähe zu Linien des öffentlichen Nahverkehrs. Die optimale Dichte der Bebauung findet ihre Grenze neben den ohnehin baurechtlich
einzuhaltenden Mindestabständen für eine ausreichende Belichtung der Wohnungen in der
notwendigen Freihaltung der Flächen für Kinderspiele, Erholungs- und Begegnungsräume. Gelungene Beispiele für eine hohe Wohndichte mit gleichzeitig hoher Freiraumqualität gibt es
auch in Braunschweig, z. B. in der Weststadt am Rheinring oder in Volkmarode am Moorhüttenweg.
 Wohnen im Grünen
Für bessere Luft, ein verträgliches Kleinklima und für die Attraktivität des Straßen- und Siedlungsraumes ist Grün in der Stadt unabdingbar. Deswegen wollen wir Dach-, Fassaden- und
Hinterhofbegrünung weiterhin fördern, Kleingartenanlagen erhalten und städtische Freiflächen
naturnah gestalten.
 Ökologisch Bauen
Der Einsatz von ökologisch und gesundheitlich einwandfreien Baustoffen sollte bei Neubauten
ebenso selbstverständlich sein wie eine optimale Wärmedämmung und eine dezentrale Energieversorgung durch Fernwärme, Blockheizkraftwerke und Nutzung der Sonnenenergie (Sonnenkollektoren, Photovoltaik, Wintergärten). Die städtische Bauleitplanung kann derartige Anforderungen an die Bauweise festschreiben, aber auch die Beratung über ökologisch sinnvolles
Bauen muss intensiviert werden.
 Alte Häuser erhalten und sanieren
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten eine Sanierung von Altbauten mit dem Ziel der Energieeinsparung aus klimapolitischen Gründen für dringend erforderlich. Wichtig sind vor allem Wärmedämmung und umweltverträglichere Heizungsanlagen. Dabei müssen Lösungen für das
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Mieter-Eigentümer-Dilemma gefunden werden: Die Mieter sparen zwar durch solche Investitionen Heizkosten. Sie müssen aber auf die Investition durch ihren Vermieter warten.
Gerade in den Altbaugebieten gibt es noch preiswerten Wohnraum, auf den große Teile der
Bevölkerung dringend angewiesen sind. Deswegen lehnen wir GRÜNEN mieterfeindliche "Luxussanierungen" ab. Aber auch im Falle ökologischer Sanierungen drohen Mieterhöhungen. Ob
diese durch niedrigere Energierechnungen wieder ausgeglichen werden können, hängt vom
Einzelfall ab. Daher bedarf es bei solchen Sanierungsvorhaben einer ökologisch und sozial
abgestimmten Konzeption mit öffentlichen Zuschüssen. Die Stadt Braunschweig betreibt ab
2001 eine von uns sehr unterstützte bürgernahe Sanierung im Rahmen des Projektes „Soziale
Stadt“ im Westlichen Ringgebiet.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Energiewende jetzt!
Fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas, die sich in Millionen von Jahren gebildet haben,
werden - vorwiegend in den Industrieländern - innerhalb von wenigen Jahrzehnten verbraucht.
Diese Verschwendung bleibt nicht ohne Folgen: Die Abgase verschmutzen unsere Luft und
gefährden die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen. Besonders das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid trägt wesentlich zur Erderwärmung bei.
Der Strom, der bei uns aus der Steckdose kommt, wird zumeist in Kraftwerken erzeugt, die mit
fossilen Brennstoffen arbeiten. Auch Wärme für das Heizen und das Warmwasser hat zumeist
ihren Ursprung in der Verbrennung von Gas, Kohle oder Öl. Atomstrom ist für BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN keine Alternative. Spätestens seit Tschernobyl ist klar ersichtlich, welches
Pulverfass die Atomenergie ist. Und die Entsorgung der strahlenden Abfälle bürdet uns und
zukünftigen Generationen unlösbare Probleme auf.
Deswegen arbeiten wir GRÜNEN für eine Energiewende. Damit die Stadt Braunschweig in der
Energiepolitik eigenständig handeln kann, haben wir uns für den Erhalt der Braunschweiger
Versorgungs-AG als kommunales Energieunternehmen eingesetzt und werden dies auch weiter tun. Ohne unseren Einsatz in der vergangenen Ratsperiode wäre dieser Teil der Stadtwerke
längst mit anderen Unternehmen fusioniert oder meistbietend verkauft worden.
 Energie optimal nutzen
Darunter verstehen wir, den Energieverbrauch zu senken und Wärme und Strom so umweltverträglich wie möglich zu erzeugen.
In der vergangenen Ratsperiode haben wir dafür gesorgt, dass das Energiesparen an Schulen
nun auch über den geplanten Zeitraum von drei Jahren hinaus weiter von der Stadt gefördert
wird und dass die Stadt für ihre Schulen ein Programm zur Heizungs- und Gebäudesanierung
auflegte. Als ein Bestandteil dieses Programms wird ein sogenanntes „Einspar-Contracting“
durchgeführt: Eine Firma wird damit beauftragt, an fünf Schulen Investitionen in sinnvolle Energiesparmaßnahmen zu tätigen; die investierten Gelder sowie die Gewinne der Firma werden
durch die Einsparungen finanziert. Nach sieben Jahren kommen die Einsparungen in voller
Höhe dem städtischen Haushalt zugute. Weiter ist vorgesehen, noch im Haushaltsjahr 2001
eine zusätzliche Stelle fürs Energiesparen einzurichten. Auf unsere Initiative hin legten die
Stadtwerke ein Förderprogramm auf, mit dem der Einsatz besonders energiesparender Haushaltsgeräte gefördert wurde.
In der kommenden Ratsperiode werden wir uns weiter für den Ausbau der Versorgungs-AG zu
einem Energiedienstleistungsunternehmen einsetzen. Weitere Aktionsfelder in der neuen Ratsperiode werden sein:
 Die Förderung von energiesparendem Bauen und Wohnen
 Ein Energiekonzept für die Gebäude der Stadt, in dem weitere Energiesparmaßnahmen
und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien Schwerpunkte sind
 Die weitere Belohnung der Nutzer/innen städtischer Liegenschaften, z. B. der Schulen, für
ihre Bemühungen zum Energiesparen
 Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung: Häuser und Stadtteile müssen überall dort, wo es
wirtschaftlich vertretbar und sinnvoll ist, an die Fernwärme angeschlossen werden; daneben
müssen neue Stadtteile so gestaltet werden, dass dort der Einsatz von Blockheizkraftwerken (mit denen zugleich Strom und Wärme erzeugt wird) möglich ist.
 Sonnen- und Windenergie für Braunschweig
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besteht kein Zweifel mehr daran, daß in den nächsten Jahrzehnten die Energieversorgung auf erneuerbare Energieträger wie Wind- und Sonnenenergie
sowie Wasserkraft umgestellt werden muss. Sie erzeugen als saubere Energien keine Abgase.
Auch die Nutzung von Biomasse-Abfällen etwa in Kompostierungs- oder Biogas-Anlagen wird
eine Rolle spielen. Sonnenenergie kann sowohl für die Gewinnung von Wärme (Solarthermie)
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als auch für die Erzeugung von Strom (Photovoltaik) genutzt werden. Diese Technologien sind
erprobt und bereits vielerorts im Einsatz. Und sie werden von der rot-grünen Bundesregierung
besonders gefördert: Mit dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (kurz EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz) hat diese am 1. April 2000 das Solarzeitalter auch offiziell eingeläutet!
In der vergangenen Ratsperiode haben wir dafür gesorgt, dass die Stadtwerke neue Solarenergieanlagen durch Zuschüsse und durch eine Einspeisevergütung für den erzeugten Solarstrom gefördert haben. Wir haben die Stadtverwaltung zudem beauftragt, bei jedem Sanierungs- oder Neubauprojekt der Stadt zu prüfen, ob erneuerbare Energien genutzt werden können. Verschiedene Schulen haben inzwischen Solaranlagen auf dem Dach oder nutzen anfallendes Regenwasser z. B. für Toilettenspülungen.
Auch die zukünftige Ratsfraktion wird dafür eintreten, dass verstärkt Solarenergie, Wind- und
Wasserkraft auf Braunschweiger Gebiet zum Einsatz kommen. Die Versorgungs-AG soll dies
zum einen bei Dritten fördern und zum anderen selbst entsprechende Anlagen bauen. Nicht nur
fürs Klima tun wir damit etwas; mit Anreizen für Investitionen in die Solar- energie werden Unternehmen der Solarbranche in Braunschweig gefördert und zukunftssichere Arbeitsplätze geschaffen.
 Braunschweig für den Ausstieg aus der Atomenergie
Braunschweig liegt im geplanten Atommülldreieck Asse-Morsleben-Konrad. Bei einem Unfall
mit Brandfolge auf dem Gelände des geplanten Endlagers Schacht Konrad in SalzgitterBleckenstedt wäre das Braunschweiger Stadtgebiet betroffen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
werden sich auch weiterhin im Rat der Stadt Braunschweig dafür einsetzen, alle rechtlichen und
politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Inbetriebnahme des geplanten Endlagers
Schacht Konrad sowie Transporte atomarer Abfälle durch das Stadtgebiet zu verhindern.
Zwei sehr aufwendige, maßgeblich von Mitgliedern des GRÜNEN Kreisverbandes bzw. der
GRÜNEN Ratsfraktion initiierte und organisierte Großveranstaltungen verdeutlichen unseren
Einsatz für den Atomausstieg: 1. die „Braunschweiger Aktionstage gegen Atomenergie“ im April
1998 und 2. das „Gewitter in Salzgitter“ am Schacht Konrad am 10. Oktober 1999.
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Ökologisch & nachhaltig Wirtschaften – aber wie?
 Weg von der Autoregion – hin zur ökonomischen Vielfalt
Das Wirtschaftsleben unserer Region ist nach wie vor geprägt durch die starke Stellung industrieller Großbetriebe, insbesondere des Volkswagenkonzerns. Fast 70 % der Arbeitsplätze in
Südostniedersachsen entfallen auf die im Bereich Fahrzeugbau bzw. Stahlerzeugung tätigen
„Leitunternehmen“ mit 500 und mehr Beschäftigten; die Anzahl kleinerer und mittlerer Unternehmen liegt dagegen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Diese einseitige Wirtschaftsstruktur erhöht die Krisenanfälligkeit unserer Region und wirkt sich ungünstig auf deren Innovationsfähigkeit aus. Ziel einer vorausschauenden und zukunftsfähigen Politik muß es daher sein,
die Entwicklung neuer wirtschaftlicher „Standbeine“ voranzutreiben. Ein Ansatz, den auch das
Regionale Entwicklungskonzept für Südostniedersachsen (REK) befürwortet. Zu den zukunftsfähigen Kompetenzfeldern zählt das federführend von der Regionalen Entwicklungsagentur
Südostniedersachsen (RESON) erarbeitete REK u. a. den Bereich Energie-Umwelt-Recycling.
 Ökologisch orientierte Wirtschaftspolitik
Wir GRÜNEN setzen uns für eine ökologisch orientierte Wirtschaftspolitik und damit für umweltverträgliches und nachhaltiges Wirtschaften ein, das unsere natürlichen Lebensgrundlagen
schont. Der vielbeschworene „Konflikt zwischen Ökologie und Ökonomie“ existiert unserer Ansicht nach nicht in dem Maße, wie manche meinen. Beweist doch die positive Entwicklung auf
dem Umwelttechnologie-Markt, dass ökologische Innovationen Arbeitsplätze schaffen. Für unsere Stadt und Region Braunschweig stellt sich die Frage, wie ein ökologischer Strukturwandel
vorangetrieben werden kann.
 Kommunale Handlungsmöglichkeiten - Mit gutem Beispiel vorangehen
Eine Kommune, die ihre wirtschaftliche Struktur ökologisch gestalten will, kann zu diesem
Zweck einiges an Instrumenten nutzen. Sie kann z. B. ihr Beschaffungswesen auf umweltfreundliche(re) Produkte umstellen, wie es die Stadt Braunschweig bereits getan hat. Möglich
wäre auch die Ausweisung städtischer Flächen als Ökologische Gewerbeparks, in denen sich
vorrangig ökologisch innovative Unternehmen ansiedeln können. Städtische Gewerbeflächen
könnten zu einem ermäßigten Preis an ökologische Betriebe verkauft werden. Dafür haben wir
GRÜNEN uns z. B. eingesetzt, als eine ortsansässige Solaranlagen-Firma (Solvis) ein Gelände
für die Errichtung ihrer Nullemissionsfabrik suchte. Doch die Stadtverwaltung agierte hier zaghaft, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. Wir fordern dagegen, in die ökologische Offensive
zu gehen! Warum sollte die Stadt Braunschweig nicht auch wie zahlreiche andere deutsche
Kommunen (z. B. Hannover) das „Ökoprofit“-Programm der österreichischen Stadt Graz übernehmen? Sinn und Zweck dieses Programms ist es, lokalen Unternehmen dabei zu helfen,
Ressourcen zu schonen, Abfälle und Emissionen zu reduzieren und Kosten zu senken und sie
so auf die international anerkannte Umweltzertifizierung „Öko-Audit“ vorzubereiten.
Sinnvoll und notwendig erscheint auch eine regional abgestimmte Ausweisung von Gewerbeflächen. Hier hat die Stadt Braunschweig gemeinsam mit der Gemeinde Schwülper vorbildlich
gehandelt, als sie den Interkommunalen Gewerbepark Waller See voranbrachte. Auch die ökologische Ausrichtung des zum Zwecke des Stadtmarketings installierten Braunschweig-Preises
für wissenschaftliche Forschungsprojekte ist als positives Beispiel zu nennen. Wenn Braunschweig auf diesem Wege vorangehen soll, braucht es eine engere Verzahnung der Bereiche
Umweltschutz und Wirtschaftsförderung. Diese Verzahnung könnte z. B. das von uns GRÜNEN
im Rahmen der Diskussion um die „Agenda 21“ geforderte Referat für Nachhaltigkeit leisten,
das beim neuen Oberbürgermeister angesiedelt und also „Chefsache“ werden soll.
 Regionalisierung versus Globalisierung
Alle reden von der Region Braunschweig und davon, dass sie ein echtes Regionalbewußtsein
braucht. Doch welchem Ziel soll solch eine Regionalisierung dienen? Nur der Profilierung des
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Wirtschaftsstandortes Südostniedersachsen im globalen Wettbewerb? Unter Regionalisierung
verstehen zumindest wir GRÜNEN auch, daß „vor Ort“ produzierte Güter verstärkt auch „vor
Ort“ konsumiert werden. So lassen sich Produktionsketten verkürzen, Stoff- und Materialströme
senken und Transporte/Verkehr vermeiden. Der Verkauf regionaler landwirtschaftlicher Erzeugnisse wird in Braunschweig z. B. mit einem wöchentlichen Bauernmarkt unterstützt. Mit
dem vom Verein Umweltzentrum organisierten Braunschweiger Ökomarkt haben regionale
Ökofirmen zudem ein regelmäßiges Forum für ihre Angebote. Denkbar wäre auch, dass die
Stadt die Einrichtung eines Ökokaufhauses unterstützt, in dem regionale Produkte Vorrang
haben.

Wirtschaftlicher Strukturwandel durch Existenzgründer/innen: Technologiepark,
ARTmax etc.
Existenzgründer/innen treiben mit neuen Ideen den wirtschaftlichen Strukturwandel voran. Daher ist unsere Stadt bzw. Region gut beraten, wenn sie durch geeignete Maßnahmen ein gutes
Klima für Existenzgründungen schafft. Hier hat Braunschweig einiges vorzuweisen: Die Geschichte des TU-nahen Technologieparks ist eine Erfolgsgeschichte. Viele Firmen, die hier
klein angefangen haben, sind mittlerweile ganz groß im Rennen. Das gleiche läßt sich von dem
unweit der HBK angesiedelten ARTmax sagen, das als Zentrum für Kunst, Medien und Design
ein echtes Juwel im kommunalen Wirtschaftsleben darstellt. Auf Expansionskurs befinden sich
auch der Forschungsflughafen im Norden der Stadt, der sich zu einem Zentrum der europäischen Flugsicherheit entwickelt hat, sowie das im Süden der Stadt ausgewiesene Bioteczentrum, das Ausgründungen der benachbarten GBF (Gesellschaft für Biotechnologische Forschung) aufnehmen soll. Anders als die anderen im Rat vertretenen Parteien verfallen wir
GRÜNEN allerdings in Bezug auf Forschungsflughafen und Biotecpark nicht in blinde Begeisterung. Wir wollen deren Entwicklung stattdessen kritisch begleiten und plädieren daher für eine
offene Debatte über die mit diesen Projekten verbundenen Konsequenzen.
 Forschungsflughafen, Bioteczentrum
Welche Folgen wird z. B. die geplante Osterweiterung des Flughafens Waggum (Verlängerung
der Start- und Landebahn um ca. 1.200 m auf 2.600 m) für den benachbarten Querumer Forst
sowie die lärmgeplagten Anwohner/innen haben? Wir haben uns im Sommer 2000 bei einer
Ortsbegehung darüber informiert, daß der Flughafen-Osterweiterung ca. 28 ha Wald komplett
zum Opfer fallen würden und weitere 70 ha zum Teil radikal gestutzt werden müßten, obwohl
Braunschweig als „waldarmer Raum“ gilt, da nur 13 % des Stadtgebietes überhaupt bewaldet
sind. Bis jetzt hat die Flughafen-GmbH zudem weder den Bedarf für diese Ausbaumaßnahme
noch deren Umweltverträglichkeit nachgewiesen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muß es
auch für die Ansiedlung von biotechnologischen Betrieben in Stöckheim geben. Wir wollen
wissen, welche Unternehmen sich dort niederlassen und was sie dort genau tun. Hier interessiert uns insbesondere, ob und in welcher Weise diese Unternehmen selbst gentechnische
Veränderungen an Lebewesen vornehmen oder mit gentechnisch veränderten Organismen
arbeiten. Schon allein diese legitime GRÜNE Wissbegier wird von den anderen Ratsfraktionen
als Misstrauensbekundung gegenüber potentiellen Firmengründerinnen und –gründern gewertet und abgelehnt.
Doch wir sind der Meinung: Die Braunschweiger Politik muß sich mit solchen Fragen auseinandersetzen!
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Verwaltung neu gestalten
Mehr Demokratie, mehr Effizienz: Für eine bürgernahe Stadtverwaltung
Verwaltungsmodernisierung ist überall ein mühsamer, langwieriger, konfliktträchtiger und gemessen an den Zielvorstellungen mit bescheidenen Erfolgen gesegneter Veränderungsprozess. Seit einigen Jahren versucht auch die Braunschweiger Stadtverwaltung eine Reform ihrer
Strukturen im Sinne des sogenannten „Neuen Steuerungsmodells“. Die Einführung einer betriebswirtschaftlich orientierten Haushaltssystematik und eine Neustrukturierung der Aufbauorganisation durch Zusammenlegung von Fachbereichen und Abbau von Hierarchien stehen dabei im Mittelpunkt. Gleichzeitig soll die Budgetierung der öffentlichen Ausgaben eingeführt werden, das heißt, es soll den einzelnen Ämtern nicht mehr vorgeschrieben werden, für welchen
genauen Zweck sie wieviel Geld ausgeben können. Sie sollen vielmehr im Rahmen eines vorgegebenen Budgets eigenverantwortlich entscheiden können, auf welche Weise sie die Gelder
sinnvoll zur Bewältigung der ihnen gestellten Aufgaben verwenden. Wir GRÜNEN sehen in
diesen Maßnahmen Instrumente zur Steigerung von Effizienz und Flexibilität im Rathaus, haben aber in der vergangenen Ratsperiode immer wieder darauf hingewiesen, dass die Reform
nicht nur verwaltungsseitig stattfinden darf. Auch die Rolle der Politik muss sich ändern!
 Neue Rolle der Politik
Das neue Steuerungsmodell sieht vor, dass sich die Politik nicht mehr in die operative Steuerung einmischt, sondern sich auf die Vorgabe von Zielen und Rahmendaten beschränkt und
deren Einhaltung über regelmäßige Berichte der Verwaltung kontrolliert. Dazu ist ein Wandel im
Politikverständnis vonnöten, der in den Ratsgremien allerdings bisher noch keinen Einzug gehalten hat. Wir GRÜNEN engagieren uns daher für eine stärkere Einbeziehung der Politik in
den Reformprozeß.
 Leitbild „Bürgerkommune“
Neben der Einbeziehung der Politik läßt auch die Berücksichtigung von Bürgerinteressen und
Kundenwünschen im Braunschweiger Modell eher zu wünschen übrig. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben eine hohe Wertschätzung für Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie, nicht zuletzt, weil wir selbst aus Bürgerbewegungen und -initiativen hervorgegangen sind. Aus unserer
Sicht sind bürgerschaftliches Engagement und Leitbilder wie die „Bürgerkommune“ notwendig,
um Politikverdrossenheit abzubauen und zentrale Probleme des Gemeinwesens zu lösen. Wir
machen uns daher stark für
 die Beteiligung der Bürger/innen an kommunalen Entscheidungsprozessen im Sinne von
wirklicher „Mitgestaltung“, insbesondere im Bereich der Stadtplanung
 die Ausrichtung der Arbeit städtischer Ämter an den Bedürfnissen ihrer Kundinnen und
Kunden
 Offenheit und Transparenz in Bezug auf das Handeln von Verwaltung und Politik – denn:
kommunale Entscheidungen müssen nachvollziehbar sein!
 Personalentwicklung und -förderung
Das Personalwesen orientiert sich auch in Zeiten der Reform noch zu sehr an traditioneller
Personalverwaltung, Fortschreibung des Stellenplans und einem Fort- und Weiterbildungswesen der eher sparsamen Art. Eine systematische Entwicklung und Förderung der „Ressource“
Personal findet kaum statt. Die GRÜNE Ratsfraktion hält es dagegen für wünschenswert, dass
seitens der Verwaltung stärker als bisher in den Personalbereich investiert wird. Wir setzen uns
dafür ein, dass die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weit wie möglich aktiv an
dem Veränderungsprozess der Verwaltungsreform mitwirken, damit sie als „Motoren“ des Veränderungsprozesses auftreten können. Die Verwaltungsreform bedingt ein neues Führungskonzept, denn eine „Bürgerkommune“, die gemeinsam mit den Einwohnerinnen und Einwohnern nach Lösungswegen für Probleme der Stadtentwicklung sucht, muss auch innerhalb ihrer
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Verwaltung wirkliche Mitgestaltung und echte Zusammenarbeit anstreben, anstatt die Entscheidungsgewalt bei einigen wenigen Führungskräften zu belassen.
 Die Stadt als größte Arbeitgeberin
Die öffentliche Verwaltung steht in dem Ruf, eine aufgeblähte Bürokratie zu sein. Auch wenn
diese Verwaltungsschelte nur teilweise berechtigt ist, geht die Verwaltungsreform in einigen
Behörden mit Arbeitseinsparungen einher. Angesichts von Massenarbeitslosigkeit ist aber Stellenabbau für uns keine Perspektive. Wir plädieren für den Erhalt des städtischen Personalbestandes bei verringerter Arbeitszeit. Wegen fehlender Tarifzuständigkeit kann die Stadt Braunschweig nur auf Teilzeitmodelle zurückgreifen. Für uns hat die Stadt als öffentliche Arbeitgeberin eine besondere Verantwortung. Während in einigen Bereichen Arbeit eingespart werden
kann, sehen wir in anderen Bereichen durchaus Bedarf für zusätzliche Aufgaben. Denn viele
Dienstleistungen im Interesse des Gemeinwohls, etwa im Umwelt- oder Sozialbereich, mit denen in der Privatwirtschaft kein Geld zu verdienen ist, müssen von der öffentlichen Hand bewältigt werden, wenn sie nicht unterbleiben sollen.
 Verwaltungsreform - Chance oder Risiko für Frauen?
Da die entwickelten Instrumente zur Frauenförderung angesichts von Einstellungs- und Beförderungsstopps sowie Stellenabbau an Wirksamkeit verlieren, ist es unerlässlich, bei der Verwaltungsreform die Förderung der Gleichstellung als eine ihrer Zielvorgaben festzuschreiben.
Alle Vorschläge im Rahmen der Verwaltungsreform müssen auf ihre frauenpolitischen Auswirkungen geprüft werden, dabei ist die Frauenbeauftragte einzubeziehen. Arbeitsgruppen und
andere Gremien sollen möglichst quotiert besetzt werden.
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Privatisierung – ja oder nein?
 Privatisierung ist kein Allheilmittel!
Die aktuell sehr zugespitzte Diskussion um die Privatisierung von städtischen Gesellschaften,
Ämtern und Aufgabenbereichen – man denke nur an die Debatte um Verkauf oder NichtVerkauf von Versorgungs- und Verkehrs-AG oder an die bereits erfolgte Umwandlung des
ehemaligen Stadtreinigungsamtes in eine GmbH – wird von uns sorgfältig und unter Abwägung
aller denkbaren Vor- und Nachteile geführt. Privatisierungen als Allheitmittel zur Haushaltskonsolidierung lehnen wir ab. Statt in die allgemeine Privatisierungseuphorie zu verfallen, versuchen wir GRÜNEN in jedem Einzelfall die Frage zu beantworten, wie die entsprechenden Ziele
und Aufgaben (also z. B. die Stromversorgung oder die Abfallentsorgung) zukünftig am besten
erreicht bzw. erledigt werden können. „Am besten“, das bedeutet für uns vorrangig ökologisch
und volkswirtschaftlich sinnvoll. Dabei steht für uns selbstverständlich der größtmögliche Erhalt
von Arbeitsplätzen im Vordergrund.
Private Unternehmen machen nicht alles besser als öffentliche! Höhere Wirtschaftlichkeit wird
von privaten Anbietern oft durch schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen erreicht. Zudem
besteht die Gefahr, daß Leistungsangebote in nicht-rentablen Bereichen eingeschränkt werden.
Dabei war die Sicherstellung einer flächendeckenden, gebührengleichen, aber nicht überall
gewinnbringenden Versorgung letztlich der Grund, weshalb zahlreiche wichtige Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger einmal in staatliche und kommunale Zuständigkeit übernommen wurden.
Zwei Beispiele seien hier genannt, bei denen wir in der laufenden Ratsperiode mit unserer kritischen Position durchaus erfolgreich waren:
 Städtische Gebäudereinigung
Die von der Verwaltung vorgeschlagene komplette Privatisierung der städtischen Gebäudereinigung mit ihren rund 300 (Frauen-)Arbeitsplätzen haben wir abgelehnt. Stattdessen haben wir
ein Pilotprojekt des städtischen Personalrates unterstützt, das auf den Verbleib der Gebäudereinigung bei der Stadt bei gleichzeitiger Optimierung dieses Aufgabenbereiches abzielte. Im
Ergebnis gelang es dem Personalrat gemeinsam mit den Reinigungskräften, die Kostendifferenz zwischen der stadteigenen und einer eventuellen Fremdreinigung deutlich zu verringern.
Dank dieses erfolgreichen Pilotprojektes ist die Gebäudereinigung nach wie vor in städtischer
Hand.
 Stadtwerke Braunschweig GmbH
Im Dezember 2000 konnten wir den drohenden Ausverkauf der Braunschweiger Stadtwerke mit
ihren ca. 2.000 Beschäftigten gemeinsam mit der SPD abwenden. In seltener Einmütigkeit beschloss die rot-grüne Ratsmehrheit, dass die Verkehrs-AG sich auf der Basis eines sogenannten Restrukturierungsvertrages in Eigenregie sanieren und ihr Defizit bis 2005 um 20 Mio DM
reduzieren muss. Für die Versorgungs-AG sowie die Stadtwerke-GmbH soll auf der Grundlage
einer Stärken/Schwächen-Analyse ein Konzept zur Zukunftssicherung entwickelt werden, und
zwar unter Beachtung folgender Prämissen:
 Sicherung der Entscheidungshoheit der Stadt bei allen Unternehmensentscheidungen in
Bezug auf die Energieerzeugung, Gas- und Wasserversorgung
 Sicherung des städtischen Einflusses auf Ausbildungs- und Arbeitsplätze sowie Arbeitsbedingungen bei der Gesellschaft
 Erhalt der Stromerzeugung durch Kraft-Wärme-Koppelung
 Erhalt der Aufträge für die mittelständische Wirtschaft in der Region Braunschweig
 Erhalt des steuerlichen Querverbundes
 Erhalt der Ertragssteuer für die Stadt Braunschweig.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Dabei sollen zwar auch Kooperationen und strategische Partnerschaften bzw. Beteiligungen
geprüft und bewertet werden, jedoch darf das gewählte Verfahren einen Teilverkauf nicht vorfestlegen.
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Politik in Zeiten knapper Finanzen
Die Haushaltssituation der Stadt Braunschweig ist seit 1995 sehr schwierig. In diesem Jahr gab
es drastische Einnahmeausfälle insbesondere bei der Gewerbesteuer. Trotzdem sind die Gesamteinnahmen der Stadt über einen längeren Zeitraum betrachtet kontinuierlich gestiegen
(1982: 554 Mio DM, 2000: 1016 Mio DM). Allerdings hat die Stadt in den „fetten Jahren“ nach
1990 nicht für ausreichende Rücklagen gesorgt, sondern munter die gestiegenen Einnahmen
verbraucht. Und dennoch ist zweifellos genügend Geld vorhanden, denn wie sonst könnte sich
die Stadt Einrichtungen wie die VW-Halle (jährliche Belastung des Haushalts rund 4 Mio DM)
oder die Kunsthalle im ARTmax (Betriebskosten jährlich mindestens 1,5 Mio DM) leisten? Die
Entscheidungen hierfür sind in den Jahren 1999 und 2000 gegen unsere Stimmen gefallen vor dem Hintergrund eines Haushaltsdefizites von rund 140 Mio DM.
Dennoch werden die Diskussionen im Rathaus und die Darstellung gegenüber allen Zuschussempfängerinnen und –empfängern von der offiziellen Dauererklärung „Die Stadt hat kein Geld!“
bestimmt. Die Bewältigung dringender sozialer und ökologischer Aufgaben droht dem Rotstift
zum Opfer zu fallen. Zu den wichtigsten Zielen GRÜNER Politik in Braunschweig gehört der
Ausbau sozialer Dienstleistungen, die Förderung ökologischer Investitionen und die Unterstützung freier Träger. Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre in diesen Bereichen mühsam
Erreichtes muß heutzutage wieder zäh verteidigt werden. GRÜNE finanzwirksame Projekte
treffen bei den anderen Fraktionen auf taube Ohren - gerade wenn es sich um geringere Beträge handelt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sperren sich nicht gegen eine Politik der Haushaltskonsolidierung
in Braunschweig. Im Gegenteil: Unsere Änderungsanträge zu den Haushaltsplanentwürfen der
Verwaltung haben in den letzten Jahren in der Summe immer eine Verbesserung des Ergebnisses enthalten. Wir haben uns aber auch in dieser Situation für die Sicherung sozialer, kultureller und ökologischer Aufgaben durch die öffentliche Hand eingesetzt und drängen darauf,
dass der Rotstift dort angesetzt wird, wo tatsächlich verschwendet wird und wo volkswirtschaftlich oder ökologisch unsinnige Ausgaben getätigt werden.
Der Haushalt der Stadt Braunschweig enthält jährlich Einnahmen und Ausgaben in Höhe von
rund einer Milliarde DM. In diesem Rahmen ist immer ein gewisser Spielraum vorhanden. Die
Frage ist deshalb nicht, ob das Geld ausgegeben werden kann, sondern wofür es ausgegeben
werden soll. Wir verfolgen dabei selbstverständlich auch das Ziel, möglichst wenig Geld für
vermeidbare Zinszahlungen auszugeben.
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„Soziale Stadt“
 Solidarität mit den sozial Schwächeren
In unseren „Leitlinien für GRÜNE Politik im Rathaus“ vom Oktober 2000 haben wir unsere sozialpolitischen Prämissen folgendermaßen beschrieben: „GRÜNE setzen sich für eine Stadt ein,
die für alle Menschen, die in ihr leben, lebenswert ist. Die Interessen des Vorstandsvorsitzenden eines Großkonzerns dürfen in unserer Stadt kein größeres Gewicht haben als die Interessen einer alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerin. Wir engagieren uns aus diesem Grund
ganz besonders für die Belange derjenigen, die ansonsten keine Lobby haben.“ Diese Aussage
meinen wir ernst: Ob es nun um wohnungslose „Straßenkids“, um psychisch Kranke oder körperlich Behinderte geht – die Solidarität mit den sozial Schwächeren ist für uns das A und O
kommunaler Sozialpolitik, der soziale Interessenausgleich zugunsten Benachteiligter unser
oberstes Ziel. Dabei propagieren wir selbstverständlich nicht den vormundschaftlichen Sozialstaat, sondern eine stadtteilorientierte Sozialpolitik, die Betroffenen „Hilfe zur Selbsthilfe“ ermöglicht und auf dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ basiert.
 Widerstand gegen die Rede vom „Sozialmißbrauch“
Bei der Verteilung kommunaler Gelder müssen die Bedürfnisse der von Ausgrenzung bedrohten oder betroffenen Menschen Vorrang haben. Wir GRÜNEN werden auch weiterhin der insbesondere bei den „Christ“demokraten anzutreffenden Rede vom „Sozialmißbrauch“ Paroli bieten. In diesem Sinne haben wir uns in der Vergangenheit engagiert, indem wir die örtliche Sozialhilfe-Praxis regelmäßig hinterfragten (z. B. den Umgang mit „Verschämten Armen“, die Bewerbungspflicht von Sozialhilfeempfängerinnen/-empfängern, die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen, die Kürzung von Sozialhilfeleistungen, den Einsatz von Hilfe-zur-Arbeit-Kräften,
die Arbeit des Amtsinternen Ermittlungsdienstes der Sozialhilfeabteilung etc.). Das hiesige Sozialamt kann von unserer Seite aus weiterhin mit einer kritischen Würdigung seiner Tätigkeit
rechnen.
 Städtischer Beschäftigungsbetrieb
Mit GRÜNER Zustimmung ist die Kapazität des Städtischen Beschäftigungsbetriebes stetig
ausgeweitet worden, und zwar 1998 von 500 auf 700 und 1999 von 700 auf 1.000 Plätze für
arbeitslose Sozialhilfeempfänger/innen und jugendliche Arbeitslose. Für viele der dort Beschäftigten ergeben sich so neue Perspektiven auf dem regulären Arbeitsmarkt. Die schiere Aufstockung der Anzahl der im Beschäftigungsbetrieb arbeitenden Personen alleine reicht aber nicht
aus. Auch die Qualität der angebotenen Maßnahmen ist sicherlich verbesserungswürdig: Wir
sind daher der Ansicht, daß der Städtische Beschäftigungsbetrieb sich zu einer Kommunalen
Beschäftigungs- und Innovationsförderungsgesellschaft weiterentwickeln sollte.
 Braunschweig-Pass
Wir setzen uns dafür ein, daß sich die Braunschweiger Sozialpolitik nicht nur auf die Erfüllung
gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgaben beschränkt, sondern auch nach neuen Wegen zur
Überwindung sozialer Ungleichheit sucht. Deshalb haben wir uns z. B. für die Einführung und
den Erhalt des Braunschweig-Passes engagiert, der auf Sozialhilfe angewiesenen Menschen
die stark ermäßigte Nutzung von Bussen, Bahnen und Schwimmbädern ermöglicht.
 Stadtteilorientierte Sozialpolitik
Sozialpolitik hat sich mit den teilweise weit auseinanderklaffenden Lebensbedingungen zwischen und in den Stadtteilen auseinanderzusetzen und gegenzusteuern. Eine solche stadtteilbezogene Sozialpolitik beteiligt die Bürgerinnen und Bürger an der Entwicklung ihres Bezirks
und nutzt so deren ureigenes Interesse an einem verbesserten Wohnumfeld und mehr Lebensqualität. In dieser Hinsicht riesige Chancen bietet die von der Stadt Braunschweig beantragte Aufnahme des Westlichen Ringgebietes in das neue Städtebauförderungsprogramm der
rot-grünen Bundesregierung „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Die soziale
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Stadt“. Dabei geht es nicht nur darum, in dem genannten Quartier die bauliche Substanz zu
sanieren und das Infrastrukturangebot zu ergänzen, sondern auch darum, das dortige soziale
Stadtteilleben zu aktivieren. Letzteres wird bereits von den Trägern der Gemeinwesenarbeit vor
Ort wie der Stadtteilkonferenz Westliches Ringgebiet oder dem Braunschweiger Forum vorangetrieben. Doch auch die Stadtverwaltung ist hier gefordert. Es gilt, gemeinsam mit den Bewohner/innen des Stadtbezirks neue Beteiligungsformen zu entwickeln, die diesen eine echte
Teilhabe am anstehenden Veränderungsprozess ermöglichen. Innerhalb der Verwaltung müssen neue Wege der ämterübergreifenden Zusammenarbeit - insbesondere zwischen dem Planungs- und dem Sozialbereich – gefunden werden. Wir GRÜNEN werden alle Maßnahmen im
Rahmen des auf 10 Jahre angelegten „Soziale Stadt“-Konzeptes sowohl im Rat als auch im
Stadtbezirksrat engagiert begleiten und unterstützen.
 Maßnahmen zur Wohnumfeldverbesserung
Bereits gegen Ende der letzten, aber auch in der laufenden Ratsperiode 1996-2001 haben wir
uns dafür stark gemacht, dass im Rahmen der Sanierung bzw. Entwicklung der ehemaligen
Wohnungslosensiedlung Hebbelstraße Beschäftigungsmöglichkeiten für die Bewohner/innen
(beispielsweise im Bereich der Pflege der Grünflächen) geschaffen werden. Sehr erfreut waren
wir daher, als 1998 die Interessengemeinschaft Hebbelstraße ins Leben gerufen wurde, die mit
großer Unterstützung der Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte und der städtischen
Wohnungsbaugesellschaft NIWO ein Projekt zur Wohnumfeldverbesserung mit 7 ABM-Kräften
startete. Dieses Projekt erhielt auf unseren Vorschlag hin 1999 den „GriBS“-Preis („Grüne investieren in Bürgerengagement und Solidarität“) der GRÜNEN Landtagsfraktion!
Erfülltes Leben im Alter
„Ein langes Leben“, das ist es, was sich jeder Mensch wünscht. Dieser Wunsch erfüllt sich für
immer mehr Menschen. Das ist schön! Damit ein langes Leben auch ein erfülltes Leben sein
kann, braucht es in unserer auf Jugendlichkeit und Mobilität fixierten Leistungsgesellschaft
neue Konzepte. Kommunale Sozialpolitik steht angesichts des zunehmenden Anteils älterer
Menschen an der Gesamtbevölkerung vor neuen Herausforderungen: Die sogenannte „ältere
Generation“ umfasst in Wirklichkeit mehrere Generationen – von den aktiven „jungen“ bis hin
zu den gebrechlichen und pflegebedürftigen Alten. Ältere Menschen haben natürlich auch ganz
unterschiedliche materielle Voraussetzungen, viele sind finanziell gut bis sehr gut versorgt, andere – insbesondere Frauen - aber auch von Altersarmut betroffen.
 Selbstbestimmt innerhalb der Gemeinschaft
Schwerpunkt kommunaler Sozialpolitik für und mit älteren Menschen müssen unserer Auffassung nach Initiativen, Projekte und Ansätze sein, die dazu beitragen, dass ältere Menschen ein
selbstbestimmtes Leben innerhalb der Gemeinschaft führen können. Hier spielen die Einrichtungen der offenen Altenhilfe wie Alten- und Seniorenkreise bzw. Altentages- und Begegnungsstätten eine bedeutsame Rolle. Mit dem Braunschweiger Seniorenrat besitzen die älteren
Einwohner/innen unserer Stadt im Übrigen eine selbstbewusste Interessenvertretung, die sich
bei wichtigen Fragen (wie der seniorengerechten Ausgestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs) zu Wort meldet.
 Pflegeeinrichtungen, neue Wohnformen, Hilfs- und Pflegedienste
Wir meinen, dass die Stadt Braunschweig sowohl den Neu- und Umbau spezieller Alten- und
Pflegeeinrichtungen, z. B. für Demenzkranke oder andere Pflegebedürftige, insbesondere aber
auch neue Wohnformen fördern sollte. Ein Schwerpunkt sollte die verbesserte Versorgung der
Demenzkranken in den bestehenden Einrichtungen durch Anreize zur baulichen und konzeptionellen Umgestaltung sein. Ebenso sollten Wohnformen gezielt gefördert werden, die das Zusammenleben mehrerer Generationen unter einem Dach ermöglichen, aber auch solche, die
neue Wege im zwischenmenschlichen Miteinander älterer Menschen gehen, wie z. B. betreute
Wohngruppen oder Wohngemeinschaften. Desweiteren sollten alle Angebote ausgebaut und
unterstützt werden, die eine eventuelle Heimunterbringung vermeiden helfen. Hier sind vor al-
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
lem die häuslichen Hilfs- und Pflegedienste gemeint. Das Netz der in Braunschweig tätigen
Nachbarschaftshilfen und Sozialstationen muss abgesichert, ihr Aufgabenspektrum bei Bedarf
erweitert werden.
Pflegende Angehörige, die immer noch den Großteil der Pflege und Betreuung bei älteren
Menschen erbringen, häufig „rund um die Uhr“, müssen unterstützt werden. Ein großer Bedarf
zeichnet sich hier insbesondere in der Betreuung von demenzkranken älteren Menschen ab.
Diese Helfer/innen bedürfen einer intensiven Unterstützung durch Beratung und konkrete Entlastungsdienste. Um dies gewährleisten zu können, ist eine Ausweitung der Angebote und die
Absicherung bestehender Beratungshilfen erforderlich.
 Braunschweiger Pflegekonferenz
Angeregt durch die Initiative einer Arbeitsgruppe des GRÜNEN Kreisverbandes, die 1999 eine
Veranstaltung mit Pflegeexpertinnen und –experten organisiert hatte, hat sich unsere Ratsfraktion für die Einrichtung einer Braunschweiger Pflegekonferenz stark gemacht und damit bei der
Sozialverwaltung „offene Türen eingerannt“. Organisatorisch betreut vom städtischen Seniorenbüro hat die Pflegekonferenz im Jahr 2000 ihre Arbeit aufgenommen. Wir versprechen uns
von der Pflegekonferenz eine kontinuierliche Weiterentwicklung der hiesigen „Pflegelandschaft“. Bereits bestehende Angebote können so auf ihre Stärken und Schwächen abgeklopft
und besser aufeinander abgestimmt, noch fehlende Angebote neu eingerichtet und in das Hilfesystem integriert werden. Dabei soll auch die Situation älterer Migrantinnen und Migranten
beleuchtet werden - der Altenpflegebereich braucht multikulturelle Konzepte. Darüber hinaus
sollte die Pflegekonferenz sich nicht nur mit den hauptamtlichen, sondern auch mit den ehrenamtlichen Kräften - sprich den pflegenden Angehörigen – und damit befassen, wie man diese
wirksam entlasten kann.
Keine Hindernisse für Behinderte
Immer noch sind Menschen mit Behinderungen in vielen Lebensbereichen erheblich benachteiligt. Zum Alltag von Behinderten gehören nach wie vor zahlreiche Barrieren, die ihre eigentlich
selbstverständliche Teilnahme am öffentlichen Leben erschweren: unüberwindliche Treppen,
fehlende Aufzüge und Behindertentoiletten etc. Darauf weisen Initiativen wie der Verein Rollstuhlfahrer Braunschweig, aber auch der Braunschweiger Behindertenbeirat zu Recht hin. Ziel
GRÜNER Politik ist der zügige Abbau solcher Hindernisse.
 Positive Entwicklungen
In Braunschweig gibt es in dieser Hinsicht durchaus positive Entwicklungen. Als Beispiel sei
hier die Anschaffung von Niederflurbussen und -bahnen durch die Verkehrs-AG genannt. Wir
GRÜNEN haben zudem dafür gesorgt, dass in der laufenden Ratsperiode damit begonnen
worden ist, sämtliche städtischen Liegenschaften behindertengerecht auszustatten. Das von
uns beantragte Programm soll fortgeschrieben werden, bis Braunschweig wirklich barrierefrei
ist. Unsere Ratsfraktion hat sich zudem erfolgreich gegen die Versuche der Verwaltung zur
Wehr gesetzt, die Mobilität von Körperbehinderten durch Einsparungen beim (vom ArbeiterSamariter-Bund getragenen) Behindertenfahrdienst einzuschränken.
 Weitere notwendige Projekte
Doch es bleibt noch viel zu tun: die Absenkung aller Bordsteine an den Querungsstellen sämtlicher Straßen, die Ausstattung aller Ampelanlagen mit akustischen Signalen für Blinde, die
Schaffung von ausreichendem bedarfsgerechten Wohnraum sowie die flächendeckende Öffnung von Kindergärten, Schulen und Jugendeinrichtungen für die integrative Erziehung von
behinderten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen, um nur einige Projekte zu nennen.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Kultur ist was für alle!
 Für kulturelle Vielfalt
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für kulturelle Vielfalt. Zur Kultur gehört das Rockkonzert
genau so wie das Sinfoniekonzert des Staatsorchesters, das Schülertheater wie das Festival
der Theaterformen, das Stadtteilfest wie die Kunstinstallation. Zur kommunalen Kultur gehören
die Angebote staatlicher und städtischer Kultureinrichtungen ebenso wie die freier Kulturträger
oder der sich wirtschaftlich selbst tragenden Institutionen (wie z. B. Kinos). Aufgabe kommunaler Kulturpolitik ist hier die Übernahme einer Steuerungsfunktion, die Definition, was als kommunale Aufgabe angesehen und wie diese Aufgabe ausgeführt und finanziert werden soll.
Mit diesen Fragen muss sich die Braunschweiger Kulturpolitik auseinandersetzen, z. B. im
Rahmen der Diskussion über einen Kulturentwicklungsplan. Denn offensichtlich wird unter dem
Begriff „Kultur“ immer noch etwas höchst unterschiedliches verstanden. Die einen sehen Kultur
nur unter dem Aspekt des Stadtmarketings und als sogenannten „weichen Wirtschaftsfaktor“
mit den dazugehörigen spektakulären Ereignissen, den großen „Events“, andere nur einen begrenzten inhaltlichen Ausschnitt der Braunschweiger Kultur, meistens die traditionellen Kulturangebote vom Staatstheater bis hin zur renommierten Kunstausstellung.
 Für kulturelle Grundversorgung
Wir GRÜNEN vertreten das Prinzip der kulturellen Grundversorgung. Kulturangebote müssen
für alle Bevölkerungsgruppen gemacht werden, das ganze Jahr über. Sie sind ein wichtiger Teil
der Lebensqualität der Bürger/innen der Stadt und der Region. So darf es aus unserer Sicht z.
B. nicht sein, dass auf die schwierige Haushaltslage mit der Schließung von städtischen Bibliotheken oder der drastischen Reduzierung ihrer Öffnungszeiten reagiert wird, zumal diese sowieso schon unter einem stark geschrumpften Anschaffungsetat zu leiden haben. „Events“ und
hochkarätige Festivals sind nur dann sinnvoll, wenn sie auf einer kulturellen Basis aufbauen
können, wenn sie nicht auf Kosten der kulturellen Grundversorgung gehen und wenn im Mittelpunkt nicht nur der Zweck des Marketings steht.
 Unterstützung freier Träger
Kultur braucht engagierte und kreative Menschen. Neben den staatlichen und städtischen Einrichtungen haben sich eine Vielzahl von freien Trägern in der Stadt etabliert, von der Jugendkunstschule Buntich bis hin zum Museum für Photographie, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Sie haben wesentlich zur Erweiterung des traditionellen Kulturbegriffs in Braunschweig beigetragen. Wir GRÜNEN waren in den vergangenen Jahren die einzigen, die sich für die Unterstützung und Finanzierung der freien Träger eingesetzt haben. Ohne uns würde es die vielfältige kulturelle Szene in Braunschweig nicht oder nicht so ausgeprägt geben.
Wir GRÜNEN werden auch weiterhin unser Augenmerk auf die Sicherstellung der kulturellen
Vielfalt richten. Neue Projekte – wie die Umgestaltung eines städtischen Gebäudes in der
Frankfurter Straße in ein Kulturzentrum durch den Verein zur Förderung unabhängiger Kultur müssen dabei ihre Chance bekommen. Vor dem Hintergrund der knappen öffentlichen Mittel
wird verstärkt darauf zu achten sein, dass nicht spektakuläre Großprojekte, die dauerhaft
enorme Mittel binden, die kulturelle Grundversorgung mit ihrer Vielfalt unmöglich machen.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Eine Erfolgsgeschichte: GRÜNE Kinder- und Jugendpolitik in Braunschweig
„Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geborgt“. Dieser Satz war und ist auch die Leitlinie GRÜNER Kinder-und Jugendpolitik in Braunschweig.
Wir waren und sind die einzige der im Rat vertretenen Parteien, für die eine Politik zugunsten
von Kindern und Jugendlichen in Braunschweig wirklich wichtig ist. Wir GRÜNEN stellen nicht
nur „Show-Anträge“, sondern haben auch in Zeiten knapper Kassen mehr Geld für Kinder- und
Jugendarbeit gefordert und dafür gesorgt, dass das bestehende Angebot aufrechterhalten wurde. Wir haben uns dabei immer wieder gegen die anderen Ratsfraktionen und zum Teil auch
gegen die Verwaltung durchsetzen müssen. Denn gute Arbeit in diesem Bereich ist nicht billig
zu haben. Und mit einer neuen Mehrzweckhalle, einem Technologiezentrum oder einem kulturellen Event meinen viele Ratsleute sich besser profilieren zu können, als wenn sie sich für ein
Stadtteiljugendzentrum oder zusätzliche Stellen für Sozialarbeiter/innen in der Straßensozialarbeit einsetzen.
Trotz dieser widrigen Umstände gelang es uns, Kürzungen zu verhindern, das Angebot zu erhalten, in der Qualität zu verbessern und sogar (!) Schritt für Schritt auszuweiten:
 Braunschweig nimmt im Vergleich zu anderen niedersächsischen Großstädten eine Spitzenposition ein, wenn es um die Anzahl und auch die Qualität von Kinder- und Jugendzentren geht. Das wäre heute nicht mehr so, hätten wir GRÜNEN nicht zähen Widerstand gegen zum Teil massive Kürzungsabsichten geleistet und so die Schließung von Einrichtungen verhindert.
 Braunschweig gehörte zu den ersten Großstädten in Niedersachsen, die eine bedarfsdeckende Versorgung mit Kindergartenplätzen erreicht haben, und das nicht nur bei Halbtags, sondern auch bei Ganztagsplätzen. Dieser Erfolg wäre ohne GRÜNE Hartnäckigkeit in
Form von ständigen Anträgen und Verhandlungen nicht möglich, was auch immer die anderen im Rat vertretenen Parteien behaupten mögen.
 Wir haben seit 1996 jährlich Geld für 50 neue Betreuungsplätze für Schulkinder beantragt
und durchgesetzt. Dank unserem Engagement gibt es in diesem Bereich in Braunschweig
eine Bedarfsdeckung von knapp 13 %. Auch damit ist Braunschweig Spitzenreiter in Niedersachsen. Allerdings gibt es immer noch in vielen Stadtteilen lange Wartelisten für Hortplätze, auch wenn die Stadtverwaltung gerne das Gegenteil behauptet. Deshalb werden wir
das Thema „Betreuungsplätze“ in der nächsten Ratsperiode sicher nicht ad acta legen können.
 Wir haben das Modell „Verlässliche Grundschule“ trotz vieler Bedenken gestützt, da es einen entscheidenden Beitrag zur Deckung des Bedarfs leistet. Allerdings: Wenn heute 40 %
der Braunschweiger Kinder im Kindergartenalter einen Ganztagsplatz benötigen, dann ist
auch in den ersten Schuljahren für diese Gruppe ein Ganztagsbedarf vorhanden. Dieser
kann nicht durch eine Schule, die nur vormittags die Betreuung sicherstellt und in 14 Wochen Schulferien keinerlei Betreuung anbietet, abgegolten werden. Daher haben wir uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass die „Verlässliche Grundschule“ in Braunschweig als Kooperationsmodell zwischen Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe umgesetzt
wird. Auch mit diesem Modell nimmt Braunschweig übrigens eine Vorreiterrolle in Niedersachsen ein.
In der kommenden Ratsperiode werden wir GRÜNEN die oben beschriebene Politik für den
Erhalt und bedarfsgerechten Ausbau der Angebote im Kinder-und Jugendbereich fortsetzen.

Politik für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche
Dabei möchten wir uns zukünftig stärker einer besonderen Zielgruppe zuwenden und gezielt
Politik für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche machen. Hier geht es um eine Gruppe,
die keine Lobby und Sprecher/innen hat, deren Eltern sich nicht lautstark äußern (können).
Unsere Gesellschaft ist einem rasanten Wandel unterworfen. Auch Stellung und Struktur der
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Familie werden im Gefolge dieses Wandels verändert. In vielen Stadtteilen liegt heute schon
der Anteil der Alleinerziehenden deutlich über 20 %. Viele Familien sind aus unterschiedlichen
Gründen nicht mehr in der Lage, die Erziehung ihrer Kinder ausreichend zu gewährleisten.
Armut ist heute zum großen Teil Kinderarmut. In einzelnen Bezirken Braunschweigs lebt jedes
dritte Kind von Sozialhilfe! Die Jugendforscher sind sich einig: Ein großer Teil unserer Kinder
und Jugendlichen hat gute Zukunftsaussichten, ein kleinerer Teil (von Optimisten wird er auf
„nur“ 20 % geschätzt) wird zu den „Verlierern“ gehören.
Kommunalpolitik kann diese Entwicklungen nicht grundlegend ändern. Wir müssen aber alles
tun, um dieser Gruppe bestmögliche Chancen zu geben. Daher möchten wir in der kommenden
Ratsperiode Angebote für Kinder und Jugendliche verstärkt in den Stadtteilen ausweiten, die
eine sozial schwierige Bevölkerungszusammensetzung haben, wie z. B. das Westliche Ringgebiet, aber auch die Innenstadt und Teile der Weststadt. Dabei legen wir Wert auf sogenannte
„niedrigschwellige“ Angebote, die von Betroffenen ohne großen Aufwand genutzt werden können. In den genannten Bereichen werden besonders dringend Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit benötigt. Hier können Kinder an jedem Tag ohne Anmeldung oder Begleitung durch die Eltern einfach kommen und ihre Freizeit verbringen.
Im Bereich „Hilfe zur Erziehung“ muss noch stärker Wert darauf gelegt werden, nicht erst tätig
zu werden, wenn das Kind oder die Familie auffällig geworden ist, sondern bereits im Vorfeld, z.
B. durch aufsuchende Beratungen und andere vorbeugende Angebote.
Das alles kostet Geld, ist aber eine absolut sinnvolle Investition in die Zukunft!

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Stadtpolitik
Der Jugendhilfeausschuss der Stadt Braunschweig entscheidet zwar über Maßnahmen im Jugendbereich. Jedoch ist er kein Vertretungsorgan der Kinder und Jugendlichen in Braunschweig. Braunschweiger Jugendverbände haben nur über den Vertreter des Jugendrings Sitz
und Stimme im Jugendhilfeausschuss.
Erste Ansätze von politischen Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche gibt es im
Planungsbereich, z. B. bei der Spielplatzplanung. GRÜNE fördern und unterstützen diese Beteiligungsmöglichkeiten.
Wir möchten Kinder und Jugendliche auch bei weitergehenden Projekten unterstützen, die
ihnen eine Vertretung auf kommunaler Ebene ermöglichen. Es kann jedoch nicht in unserem
Interesse sein, ein weiteres Gremium neben vielen anderen zu schaffen, das unter Umständen
nur eine leere Hülse ist und wo die Erwachsenen doch wieder die Heranwachsenden bevormunden. Eine sinnvolle Vertretung für Kinder und Jugendliche muss von ihnen selber initiiert
und getragen werden. Eine Vertretung wie z. B. das Jugendparlament in Wolfsburg, wo nach
langen zähen Verhandlungen der Jugendlichen mit der Stadtpolitik eine Ausstattung mit einem
eigenen Etat geplant ist und das Rederecht im Rat der Stadt angepeilt wird, würde von uns
auch in Braunschweig unterstützt und begleitet. Das gilt ebenso für alle anderen selbstbestimmten Einrichtungen, die z. B. in Zusammenarbeit mit dem Braunschweiger Jugendring oder
anderen Zusammenschlüssen Jugendlicher in Braunschweig entstehen könnten.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Schulen in Braunschweig
„Schule soll sich an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientieren sowie den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen“. Dieser Satz aus unserem Wahlprogramm
von 1996 hat heute noch stärkere Bedeutung als vor 5 Jahren. So haben einerseits die Informationstechnologien – insbesondere das Internet - unseren Arbeitsalltag drastisch verändert.
Auf der anderen Seite wird von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern heute mehr als früher
Team- und Kommunikationsfähigkeit als Schlüsselqualifikation verlangt. Das wirkt sich natürlich
auch auf die Lerninhalte und –methoden in den Schulen aus. Zugleich nimmt die Zahl der Familien zu, die die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder nicht mehr allein bewältigen können.
Auch hier fällt der Schule vermehrt die Aufgabe der Vermittlung von Werten und Verhaltensregeln unserer Gesellschaft zu.
Der überwiegende Teil der Schulpolitik wie die Versorgung der Schulen mit Lehrkräften, die
Festlegung der Lerninhalte und –ziele, der Umfang des Unterrichtes, die Klassengrößen, das
grundsätzliche Schulsystem usw. wird in Deutschland auf Landesebene entschieden. Die
Kommunen können mit Zustimmung des Landes den Schulentwicklungsplan gestalten, in dem
steht, ob und wo neue Schulen eingerichtet oder überflüssige Schulen geschlossen werden
sollen und in welchem Zeitrahmen dies erfolgen soll. Denn die Stadt ist zuständig für die Bereitstellung und Unterhaltung der Schulgebäude sowie die Ausstattung der Schulen mit Lernund Lehrmitteln.
 Schule ist mehr als Unterricht
Wir brauchen Schulen, in denen Kinder auch außerhalb des Unterrichts betreut werden können. Die Einführung der Verlässlichen Grundschule ist auf diesem Weg ein Fortschritt, auch
wenn die Ausstattung mit finanziellen und personellen Mitteln verbessert und die Betreuung am
Nachmittag und in den Ferien weiter geklärt werden muß. Wir haben uns besonders dafür eingesetzt, daß bei der Umsetzung der Verlässlichen Grundschule neue Formen der Kooperation
zwischen Schule und Kinderbetreuungseinrichtungen entwickelt und entsprechende finanzielle
Mittel bereitgestellt werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Schulen
mit anderen sozialen Einrichtungen und der kommunalen Jugendhilfe unterstützen. Die Kooperation zwischen Schule und Sozialarbeit bietet darüber hinaus für beide Seiten die Chance,
voneinander zu lernen.
 Gemeinsames Lernen ist eine Chance für alle Kinder
In den vergangenen Jahren ist die Integration behinderter und benachteiligter Kinder in das
normale Schulsystem mit unserer Unterstützung weiter vorangeschritten. Das Regionale Integrationskonzept sichert den Ausbau der sonderpädagogischen Förderung in einem Großteil der
Braunschweiger Grundschulen. Mit dieser Entwicklung wird dem Wunsch vieler Eltern Rechnung getragen, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihrem gewohnten Schulumfeld zu belassen. Aber auch die leistungsstärkeren Kinder profitieren von vielfältigen neuen
Erfahrungen durch andere Formen des Lernens. Wir werden uns auch in Zukunft für Modelle
des gemeinsamen Unterrichts einsetzen.
 Schulreform demokratisch gestalten
Die niedersächsische Landesregierung plant eine umfassende Reform des Schulsystems, deren Kernbestandteile die Abschaffung der Orientierungsstufe und die Zusammenlegung von
Haupt- und Realschule zur „Sekundarschule“ sind.
Wir wollen eine Schule, in der Kinder und Jugendliche möglichst lange gemeinsam lernen können und setzen uns deshalb für die Einführung der sechsjährigen Grundschule und für Gesamtschulen ein. Die Entscheidung über die Schullaufbahn der Kinder wird so möglichst lange
offen gehalten und die Kinder können in einer gemeinsamen Schule gefördert und gefordert
werden. Wenn außer dem - durch die Anmeldezahlen an den bestehenden Gesamtschulen
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
bereits belegten - Elternwillen auch ein entsprechendes Gründungskollegium vorhanden ist,
unterstützen wir die Einrichtung einer vierten Gesamtschule in Braunschweig.
Wir stimmen prinzipiell der Einführung der Sekundarschule zu, weil sie mehr Durchlässigkeit in
der Schullaufbahn und differenziertere Angebote für Schülerinnen und Schüler ermöglicht. Eine
solch umfassende Schulreform kann aber nicht wie von der Landesregierung beabsichtigt von
oben verordnet werden. Voraussetzung für deren Umsetzung ist die Einbeziehung der Bedingungen vor Ort und die gemeinsame Entwicklung der Konzepte durch die Schulen selbst.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN interessiert dabei ausdrücklich die Meinung von Müttern und Vätern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern.
 Mehr Eigenständigkeit für Schulen
Die Schulen brauchen mehr Freiräume für ein eigenes Profil, um den besonderen Bedingungen
ihres Umfeldes und den Anforderungen ihrer jeweiligen Schülerschaft gerecht zu werden. Dazu
gehört neben der inhaltlichen Ausgestaltung auch die Verfügung über die vorhandenen finanziellen Mittel. Wir setzen uns dafür ein, daß die Schulen über die Verwendung der Gelder, die
ihnen von der Stadt für Ausstattung, Bauunterhaltung, Lernmittel u. ä. zur Verfügung gestellt
werden, selbständig entscheiden und so besser planen können. Damit würden umständliche
bürokratische Antragsverfahren sowohl zugunsten der Schule wie auch der Verwaltung eingespart. Die in der vergangenen Ratsperiode begonnenen Projekte „Energiesparen“ und „Abfallvermeidung“, bei denen den Schulen eingesparte Gelder ausgezahlt wurden, zielen in diese
Richtung. Wir wollen diese Projekte ebenso wie das Vorhaben „Sonne in der Schule“ (hier geht
es um die Installierung von Photovoltaikanlagen) deshalb fortsetzen und ausbauen.
 Schulsanierungen und –erweiterungen, Ausstattung der Schulen
In den vergangenen Jahren ist die Notwendigkeit von Schulsanierungen leider immer wieder
Spielball politischer Interessen gewesen. So hat die CDU diesen Bedarf bei der Neugründung
der 3. IGS lautstark in der Öffentlichkeit propagiert, bei der Entscheidung für Großprojekte wie
Städtisches Stadion, Alte Waage, VW-Halle oder ARTmax-Kunsthalle, die weitaus teurer waren
bzw. sind, kam ihr die Schulsanierung jedoch nicht in den Sinn. Wir haben uns stets dafür eingesetzt, die finanziellen Mittel für notwendige Schulsanierungen im Haushaltsplan der Stadt
vorzusehen, was wir übrigens für eine Selbstverständlichkeit halten. Dasselbe gilt für die Ausstattung der Schulen mit Lehr- und Lernmitteln. Hier ist es uns z. B. gelungen, der Initiative zur
Ausstattung der BBS I mit leistungsfähigeren Computern für die Ausbildung von Werbegrafikerinnen und Werbegrafikern zum Erfolg zu verhelfen. Die Erweiterung der Grundschule Heidberg und den Bau der Schulsporthalle Östliches Ringgebiet haben wir maßgeblich vorangetrieben.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Sport
Bewegung bietet Ausgleich für berufliche und private Strapazen und einseitige körperliche Belastung. Sport gehört somit auch zur gesundheitlichen Vorsorge. Er bietet außerdem die Möglichkeit, Kreativität auszuleben und mit anderen Menschen gemeinsam aktiv zu werden. So
finden zum Beispiel ausländische Kinder und Jugendliche erfahrungsgemäß besser im Verein
Kontakt zu Gleichaltrigen als in der Schule. Sportvereine müssen auch aufgrund dieser integrativen Funktion von der Stadt gefördert werden.
Dabei definieren wir "Sport" nicht nur als die klassischen (Wettkampf-) Sportarten wie Turnen,
Fußball, Leichtathletik usw., für uns gehören auch neue (gelegentlich kurzlebige) „Mode“Sportarten wie z. B. Streetball oder Inline-Skating dazu, die jenseits einer Vereins- oder Verbandsstruktur betrieben werden.
Die Präsenz mancher Braunschweiger Vereine in den obersten Wettkampfklassen steigert den
Bekanntheitsgrad unserer Stadt und ermöglicht den Braunschweiger Bürgerinnen und Bürgern
das unmittelbare Erleben sportlicher Spitzenleistungen, bei denen allerdings die Grenzen zwischen Sport und Showbusiness immer mehr verschwimmen. In der städtischen Sportförderung
steht für uns bei den beschränkten finanziellen Mitteln der Breitensport klar im Vordergrund.
Das bedeutet den Ausbau vielseitig nutzbarer Sportstätten in den Stadtteilen und den Erhalt,
die Renovierung und bessere Ausstattung der vorhandenen Schulsportstätten. Beim Neubau
von Sportstätten ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen, Kunstrasen und die Anlage von Golfplätzen werden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht befürwortet.
Bei der Einrichtung und Vergabe von Hallen und Plätzen muß auch der Bedarf von Initiativgruppen und freien Trägern berücksichtigt werden, die sich nicht in erster Linie als Sportvereine
verstehen. Die Nutzungskosten müssen auch zukünftig sozialverträglich gestaltet werden.
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
„Frauenpower“ heißt Frauenmacht
 GRÜNE Frauen in Spitzenpositionen
Frauen haben die absolute Mehrheit – bezogen auf ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung.
Trotzdem sitzen leider auch in Braunschweig nach wie vor Männer an den Schalthebeln der
Macht in Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Nicht so bei den GRÜNEN: Wir waren die erste
Partei, die eine Quotierung für Frauen einführte und wir sind die einzige Partei, bei der die
Frauenquote 50 % beträgt. Das heißt, mindestens die Hälfte aller durch uns zu besetzenden
Ämter und Mandate geht an Frauen – auch die Spitzenpositionen! So besteht die seit 1996
amtierende Ratsfraktion aus 4 Frauen und 3 Männern, den Fraktionsvorsitz teilt sich eine
gleichberechtigte weiblich-männliche „Doppelspitze“ und natürlich haben wir eine Frau zur
Zweiten Bürgermeisterin gemacht.
 Für Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit
Wir fordern die gerechte Verteilung von Arbeit, Geld und Einfluß zwischen Frauen und Männern
nicht nur, wir praktizieren sie auch. Dadurch haben wir auch hier vor Ort ein Umdenken dahingehend eingeleitet, dass politische Prozesse weibliche Lebenszusammenhänge einbeziehen
und nicht an ihnen vorbeilaufen. Und so musste mittlerweile auch mancher eingefleischte
„Chauvi“ im Rat einsehen, dass soziale Gerechtigkeit auch Chancengleichheit für Frauen bedeutet. Für Frauen mit Kindern ist diese Chancengleichheit nur herstellbar, wenn sie weiterhin
berufstätig sein können. Aus diesem Grund muss die Stadt ausreichende Kinderbetreuungsangebote bereitstellen, wofür wir GRÜNEN uns immer eingesetzt haben und auch weiterhin einsetzen werden. Auf unseren Druck ist in dieser Ratsperiode ein Programm für die Schulkindbetreuung installiert worden, das nun vor dem Hintergrund der Einführung der Verlässlichen
Grundschule weiterentwickelt und ausgebaut werden soll.
Wir werden auch in der nächsten Ratsperiode alle politischen Initiativen innerhalb und außerhalb des Rathauses fördern, deren Ziel die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen
und Männern ist. Das gilt für die Bemühungen des städtischen Gleichstellungsreferates um
eine frauenfreundlichere Verwaltung ebenso wie für Vereine, die frauenspezifische Projekte
verwirklichen wollen. Das heißt, wir werden uns verwaltungsintern auch zukünftig für mehr
Frauen in Führungspositionen, mehr Teilzeitstellen - insbesondere auch für Männer - und eine
am Ziel der Geschlechtergerechtigkeit ausgerichtete Verwaltungsreform einsetzen. Die Stadtplanung muss noch stärker als bisher die Bedürfnisse von Frauen berücksichtigen. Sogenannte
„Angsträume“ wie Parkhäuser, abgelegene Haltestellen und Unterführungen müssen sicherer
werden oder verschwinden.
Wir brauchen eine Stadt der kurzen Wege, u. a. weil Frauen in der Regel alles miteinander
vereinbaren müssen: Erwerbsarbeit, Kinderbetreuung, Einkäufe, Behördengänge usw.
 Unterstützung neuer und alter Frauenprojekte
Mit GRÜNER Unterstützung rechnen können auch Zusammenschlüsse von Frauen, die neue
Formen des Arbeitens, Wohnens etc. ausprobieren wollen. Erwähnt sei hier insbesondere der
Verein Unternehmerinnenzentrum Braunschweig, der Frauen den Schritt in die Selbständigkeit
erleichtern und gemeinsames Wirtschaften von bereits erfolgreich tätigen Unternehmerinnen
und Existenzgründerinnen unter einem Dach ermöglichen will. Für förderungswürdig halten wir
auch innovative Wohnprojekte für alleineinerziehende und andere Frauen, wie sie das Braunschweiger Frauenbündnis - angeregt vom Planerinnentreffen - anläßlich des Internationalen
Frauentages 2001 zur Diskussion gestellt hat. Aber auch etablierte Institutionen im Frauenbereich – als Beispiel seien hier genannt die Frauenberatungsstelle (früher Frauenhausberatungsstelle), die Frauen- und Mädchenberatung bei sexueller Gewalt (hervorgegangen aus dem
Zusammenschluß der Vereine Notruf und Zerrspiegel) und das Mütterzentrum – benötigen
nach wie vor die Unterstützung von Politik und Verwaltung.

Braunschweiger Frauenhaus
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
Versagt wurde diese Unterstützung in dieser Ratsperiode allerdings dem Verein „Braunschweiger Frauenhaus“; die Stadt kündigte 1999 endgültig die seit langem problematische Zusammenarbeit mit ihm auf. Der Verein hatte erst 1998 das auf GRÜNES Betreiben hin von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (Nibelungen-Wohnbau-GmbH) errichtete neue FrauenhausGebäude übernommen. Da das Verhältnis zwischen Verwaltung und Verein offensichtlich völlig
zerrüttet war, sah unsere Ratsfraktion keine Möglichkeit, die Trägerschaft des Vereins zu retten. Wir haben aber dafür plädiert, dass ein der örtlichen Frauenszene angehörender Verein
die Frauenhaus-Trägerschaft übernimmt. SPD und CDU favorisierten jedoch erfolgreich das
„Haus der Familie“ als neuen Trägerverein. Für die von Männergewalt betroffenen Frauen (und
Kinder) hat sich zumindest eines nicht geändert: Das Frauenhaus ist für sie nach wie vor eine
Zufluchtsstätte, wo sie Schutz und Hilfe finden können.
 Frauenarchiv in Braunschweig
An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich die Landschaft der hiesigen Frauenprojekte seit 1996
insgesamt stark verändert hat. So gibt es das Frauencafé Lilith und den Frauenbuchladen nicht
mehr, der Frauenkulturverein Spinsters arbeitet nur noch in eingeschränktem Umfang. Es mag
absurd klingen, doch ist dies nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Die Frauenbewegung hat
auch in Braunschweig viel erreicht - engagierte Frauenliteratur findet frau heutzutage im „normalen“ Buchhandel, Kultur von und für Frauen ist Bestandteil etlicher Kultureinrichtungen. Allerdings ist es an der Zeit, den wichtigen Anteil von Frauen an der Braunschweiger Geschichte
und die Leistungen der Frauenbewegung bzw. der Frauenprojekte hier vor Ort deutlich zu machen und öffentlich zu würdigen. Dafür ist es notwendig, alle auffindbaren entsprechenden
Zeugnisse und Dokumente zusammenzutragen, aufzubewahren und auszuwerten. Wir unterstützen daher die Initiative für ein Frauenarchiv in Braunschweig.
Die feministische Debatte erübrigt sich durch die genannten Errungenschaften keineswegs, sie
ist aber freier und vielfältiger geworden. Statt bei der Analyse des frauenfeindlichen IstZustandes zu verharren und so die weibliche Opferrolle überzubetonen, gehen viele Frauen
neue Wege zur Überwindung der männlichen Vorherrschaft, wie z. B. die Bildung von FrauenNetzwerken oder die Durchführung von Mentoring-Programmen für weiblichen Nachwuchs.
„Frauenpower“ ist nicht „out“, sondern „in“!
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Bündnis 90/Die Grünen; Kreisverband Braunschweig, Kommunalwahlprogramm
„Braunschweig International“: Für eine multikulturelle Stadt
 Einwanderungsland Deutschland
Deutschland ist de facto ein Einwanderungsland - eine Tatsache, die die seit 1998 amtierende
rot-grüne Bundesregierung in Abkehr von der Linie der Kohl-Ära anerkennt und der sie mit entsprechenden Gesetzesvorhaben Rechnung trägt. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts sowie der Green-Card-Initiative wurden erste Schritte in die richtige Richtung getan.
Doch der Widerstand der konservativen bis reaktionären Kräfte im Lande gegen eine vernünftige Migrationspolitik ist enorm. Das beweist die unsägliche Unterschriftenkampagne der
CDU/CSU gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die 1999 bedauerlicherweise das innenpolitische Klima nachhaltig vergiftete und sogar die rot-grüne Landesregierung in Hessen und damit auch die rot-grüne Mehrheit im Bundesrat zu Fall brachte. Infolgedessen wurde aus der
großangelegten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ein Reförmchen, das zwar eindeutig
hinter den GRÜNEN Zielen (Generelle Zulassung von Mehrstaatigkeit etc.) zurückbleibt, aber
dennoch einige wichtige Verbesserungen (Einführung des Geburtsrechts, Absenkung der Fristen für Anspruchseinbürgerungen von 15 auf 8 Jahre) enthält.
 Kommunales Wahlrecht für alle Einwohner/innen!
In Braunschweig leben rund 17.000 Menschen ausländischer Herkunft aus etwa 120 Nationen,
unter ihnen 3.000 aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Der überwiegende Teil stammt
jedoch aus Drittländern, zum Großteil (40 %) aus der Türkei. Das kommunale Wahlrecht haben
bislang nur die EU-Bürgerinnen und Bürger. Wir GRÜNEN wollen, dass alle dauerhaft in
Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten das kommunale Wahlrecht erhalten. Nur so
kann vermieden werden, daß sich die rechtliche Zweiteilung der ausländischen Wohnbevölkerung verfestigt.
 Städtische Anlaufstellen für Migrantinnen und Migranten
Wichtige Anlaufstellen der Stadtverwaltung, an die sich Migrantinnen und Migranten mit oder
ohne deutschen Paß wenden können, sind die Koordinierungsstelle für Ausländerfragen sowie
die Fachkräfte für die psychosoziale Beratung ausländischer Familien im Gesundheitsamt und
für die Arbeit mit ausländischen Kindern und Jugendlichen im Jugendamt. Diese leisten einen
unverzichtbaren Beitrag für die vielbeschworene Integration von Zugewanderten.
Unerwähnt bleiben darf auch nicht die im Ordnungsamt angesiedelte städtische Ausländerbehörde, die vorrangig für aufenthaltsrechtliche Fragen und Einbürgerungen zuständig ist. Dabei
ist sie natürlich an bundesgesetzliche Vorgaben gebunden, wobei ihr jedoch ein gewisser Ermessensspielraum zusteht. Wir haben uns in zahlreichen Einzelfällen dafür eingesetzt, dass die
Ausländerbehörde diesen Ermessensspielraum zugunsten der Betroffenen nutzt. Dieses Engagement werden wir auch in der neuen Ratsperiode fortsetzen, denn die Braunschweiger Ausländerbehörde springt ebenso wie die hiesige Polizei so manches Mal sehr rüde mit hier lebenden Ausländerinnen und Ausländern um.
 Ausschuss für Ausländerangelegenheiten
Solche und andere Probleme werden von uns in dem 1988 gebildeten Ausschuss für Ausländerangelegenheiten thematisiert. Der Ausländerausschuß gewährleistet über den Dialog zwischen den Rats- und den Bürgermitgliedern aus EU- und Drittländern zumindest eine indirekte
politische Mitwirkung der Einwohner/innen ohne deutschen Paß. Sinnvoll wäre es, den Ausschuss für Ausländerangelegenheiten in Ausschuss für Migrationsangelegenheiten umzubenennen und seine Zuständigkeit auf die in Braunschweig lebenden Aussiedler/innen auszudehnen. Mit diesem Vorschlag sind wir allerdings im Rat bislang auf taube Ohren gestoßen. Das
Braunschweiger „Netzwerk zur Förderung der Integration von Spätaussiedlern und Zuwanderern“ hat sich unsere Idee aber mittlerweile zu eigen gemacht und beruft sich dabei auch auf
die Aufforderung der rot-grünen Bundesregierung, in den Kommunen „Netzwerke für Integration“ zu gründen.
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 Integrationsbemühungen und -hindernisse
In unseren Augen ist Integration immer das Ergebnis eines zweiseitigen Prozesses, eines Aufeinanderzugehens der angestammten Bevölkerung auf die neu Dazukommenden und umgekehrt. Integrationsbemühungen müssen in vielen Bereichen stattfinden, um erfolgreich sein zu
können, hauptsächlich im politisch-rechtlichen, aber auch im kulturellen Bereich. Gerade der
kulturelle Bereich lebt vom Engagement der Vereine und Gruppen, die sich den Dialog zwischen den Kulturen zum Ziel gesetzt haben. Erfreulicherweise gibt es davon in Braunschweig
eine große Anzahl, deren ehrenamtliche Arbeit von der Stadt tatkräftig unterstützt und gefördert
wird, z. B. bei der Suche nach einem festen Treffpunkt bzw. ausreichenden Räumlichkeiten.
Wenn es nach uns geht, wird dies auch in Zukunft so bleiben.
Nichtsdestotrotz gibt es auch in unserer Stadt die üblichen Konflikte, die eine multikulturelle
Gesellschaft so mit sich bringt. Auch in Braunschweig gibt es neben allen Integrationsbemühungen sowohl der deutschen als auch der nichtdeutschen Seite Ausgrenzungs- und Abgrenzungstendenzen. Auch in Braunschweig haben es Migrantinnen/Migranten und deren Kinder im
Schulwesen, auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sowie bei der Wohnungssuche häufig
schwerer als ihre deutschen Nachbarinnen und Nachbarn. Um dem entgegenzuwirken, treten
wir für Maßnahmen ein, die speziell auf ihre Situation zugeschnitten sind. Ein Beispiel hierfür
sind die Hausaufgabenhilfe-Gruppen für ausländische Schüler/innen, die vom Jugendamt sowie
von schulischen und außerschulischen Fördervereinen – u. a. dem Nachbarschaftsladen durchgeführt werden und deren Weiterbestehen uns sehr am Herzen liegt.
 Für einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden
In Braunschweig sind Flüchtlinge und Asylsuchende hauptsächlich in der Zentralen Anlaufstelle
für Asylbewerber (ZAST), einer Landeseinrichtung, untergebracht. Dennoch ist auch unsere
Kommune gefordert, sich der Probleme dieser Menschen anzunehmen, die besonders unter
gesellschaftlicher Diskriminierung zu leiden haben. Zwar muss die Stadt als ZAST-Standort
kaum Flüchtlinge und Asylsuchende in Eigenregie betreuen, sie könnte jedoch z. B. in besonderen Krisensituationen gegenüber dem Land Niedersachsen ihre Bereitschaft zur Aufnahme
von Hilfesuchenden jenseits des üblichen Verteilungsschlüssels signalisieren, wie unsere Ratsfraktion es in Bezug auf die Kosovo-Flüchtlinge 1999 gefordert hat.
Wir GRÜNEN haben das von 1996 bis zur Weiterwanderung nach Kanada Ende April 2001
bestehende Kirchenasyl für eine pakistanische Familie in der Evangelisch-Reformierten Gemeinde Braunschweig unterstützt und begleitet. Einer Kriminalisierung von Kirchenasyl gewährenden Gemeinden und ihrer Pastorinnen und Pastoren werden wir uns auch zukünftig entgegenstellen. Darüber hinaus haben wir uns gegen die von der SPD-Landesregierung verordnete
Einführung von Wertgutscheinen statt Bargeldzahlungen für Asylbewerber/innen ausgesprochen, wobei wir die Stadtverwaltung und den Ausländerausschuss auf unserer Seite hatten.
Auch in der kommenden Ratsperiode werden wir für die finanzielle Absicherung des Flüchtlingshilfevereins „Refugium“ Sorge tragen.
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Braunschweig ist doch nicht Berlin!
GRÜNE Kommunalpolitik in Braunschweig
mit/gegen/trotz/wegen
Joschka, Jürgen und Renate?
Seit 1998 regiert in Berlin zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands eine rot-grüne Koalition. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entstanden aus der Regierungsbeteiligung enorme Sachzwänge, die zum Teil sogar zu Beschlüssen führten, die bisher von GRÜNEN vertretenen Inhalten widersprachen. So stand zum Beispiel die Entscheidung zur deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg im Gegensatz zu unserer grundsätzlichen Ablehnung von Gewalt und militärischen
Einsätzen der Bundeswehr. Auch den sogenannten „Atomkonsens“ – insbesondere den Umfang der dort eingeräumten Restlaufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke und die geplante
Genehmigung des atomaren Endlagers Schacht Konrad in Salzgitter - beurteilen GRÜNE in
Braunschweig anders als die Bundesregierung.
Wir Braunschweiger GRÜNEN haben uns mit diesen Fragen stets sorgfältig auseinandergesetzt und gehörten in diesen beiden Fällen zur unterlegenen Minderheit in der Partei. Wir verstehen, dass einige Mitglieder sowie etliche Wähler/innen sich aufgrund der mehrheitlich beschlossenenen Entscheidungen von den GRÜNEN abgewendet haben. Aber wir wollen nicht
vergessen, dass es durch die Regierungsbeteiligung auch sehr positive Effekte gegeben hat,
die sich in Braunschweig unmittelbar auswirken:
Die Förderung von Kraft-Wärme-Koppelung bei der Erzeugung von Strom hat die Überlebenschancen unserer Versorgungs-AG beträchtlich erhöht!
Die Ökosteuer hat außer der Senkung der Lohnnebenkosten für Arbeitskräfte und daraus resultierend weniger Arbeitslosigkeit auch einen Anstieg der Fahrgastzahlen für den Öffentlichen
Personennahverkehr gebracht!
Die aufgelegten Förderprogramme für Solaranlagen bringen auch in Braunschweig neue Aufträge besonders für kleine und mittlere Installationsfirmen und weniger Schadstoffe in der Luft!
Für Lesben und Schwule gibt es jetzt auf Drängen der GRÜNEN die „Eingetragene Partnerschaft“!
Weitere Beispiele: Das Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ und die Reform des
Staatsangehörigkeitsrechts.
Aber selbst wenn man die Erfolge der Bundesregierung nicht als ausreichend ansieht und die
Bilanz aus grün-alternativer Sicht für negativ hält, bleibt es notwendig, in Braunschweig den
Einfluss der GRÜNEN Ratsfraktion so groß wie möglich zu erhalten. Denn unsere kommunalpolitische Bilanz zeichnet sich durch zähe, fachlich kompetente und inhaltlich konsequente Arbeit aus.
 Die Versorgung mit Kindergarten- und Hortplätzen wäre ohne uns nicht halb so gut, die
Elternbeiträge wesentlich höher!
 Die Versorgungs-AG wäre ohne uns schon längst an den Eon-Konzern verkauft worden!
 Der Müllverbrennungsvertrag mit den BKB wäre ohne uns still und heimlich durchgezogen
worden und die Vertragsbedingungen wären noch schlechter für die Stadt gewesen!
 Über den Wald am Flughafen würde ohne uns niemand reden, er würde für die Startbahnverlängerung nach Osten einfach abgeholzt!
 Tempo 30-Zonen in Wohngebieten hätte es ohne uns in Braunschweig nicht gegeben!
 Fahrradabstellanlagen wären ohne uns immer noch Mangelware!
 Neue Radwege oder deren Erneuerung wären in der Stadt ohne uns kein Thema!
 Bäume würden ohne uns nach Lust und Laune abgehackt!
 Etliche Freie Träger im Sozial-, Kultur- und Umweltbereich hätten ohne uns nicht überlebt!
 Ohne uns gäbe es keinen Braunschweig-Pass. Dann müssten Sozialhilfeempfänger/innen
in Bussen und Straßenbahnen den vollen Preis zahlen, mit uns nur 17,50 DM im Monat!
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 Das Frauenhaus wäre ohne uns immer noch eine alte Bruchbude mit zu wenig Platz und zu
wenig Personal!
 Ohne uns gäbe es bis heute noch keine 3. Integrierte Gesamtschule in Braunschweig!
 Städtische Altbauten würden ohne uns nicht behindertengerecht umgestaltet!
 In der Ohmstraße könnten ohne uns Kinder nicht ungefährdet auf der Straße spielen!
 Zahlreiche Reinigungskräfte hätten ihren Arbeitsplatz bei der Stadt ohne uns verloren!
 Verwaltungsreform wäre ohne uns ein Papiertiger!
Reicht das?
Die Liste ist nicht vollständig, aber vielleicht wird es damit leichter zu verstehen, warum wir in
Braunschweig immer noch GRÜNE Kommunalpolitik machen wollen.
Dafür brauchen wir auch Ihre Stimmen!
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Für Zivilcourage - gegen Rechtsradikalismus
 Bündnis für Demokratie & Toleranz
Das erschreckende Ausmaß rechtsextremer Gewalt in Deutschland stellt eine enorme Herausforderung für alle Bürgerinnen und Bürger dar, insbesondere aber für ihre demokratisch gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten. Was unsere Gesellschaft braucht, ist ein
Bündnis für Demokratie und Toleranz, das auf allen Ebenen – auch und gerade auf der kommunalen - wirkt. Dabei geht es nicht um schöne Sonntagsreden, sondern um praktische Taten.
Jede und jeder ist aufgerufen, sich der Diskriminierung von Menschen, die einer gesellschaftlichen Minderheit angehören, entgegenzustellen. Ausländer/innen, Behinderte, Wohnungslose,
Lesben und Schwule haben Anspruch auf unsere Solidarität.
 Gegen Gewalt & Rechtsextremismus
Wir GRÜNEN unterstützen seit unserer Gründung alle Aktivitäten, die geeignet sind, dem
Rechtsradikalismus und seiner Menschenverachtung den Boden zu entziehen und wir werden
dies auch zukünftig tun. So werden wir uns weiter dafür einsetzen, dass die Stadtverwaltung
präventive Maßnahmen gegen Gewalt und Rechtsextremismus fördert. Auch in der nächsten
Ratsperiode können der „Runde Tisch gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“ und das
vom Deutschen Gewerkschaftsbund initiierte und von vielen Organisationen getragene „Bündnis gegen Rechts“ mit unserem Beistand rechnen. Dem „Bündnis gegen Rechts“ gelang es
bereits zweimal erfolgreich, in Braunschweig große Demonstrationen gegen von der NPD angemeldete Naziaufmärsche durchzuführen, und zwar am 4. Dezember 1999 und am 4. März
2000.
 Streit um die „Wehrmachtsausstellung“
Anlass für den geplanten ersten NPD-Aufmarsch (der allerdings vom Oberverwaltungsgericht
Lüneburg untersagt wurde) war die sogenannte „Wehrmachtsausstellung“: Nicht zuletzt aufgrund eines GRÜNEN Antrags sollte die Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der
Wehrmacht 1941-1944“ auch in Braunschweig gezeigt werden. Doch kurz vor der für den 11.
November 1999 geplanten Eröffnung zog das Hamburger Institut für Sozialforschung die Ausstellung zwecks wissenschaftlicher Überprüfung der gegen sie erhobenen Kritik vorläufig aus
dem Verkehr. Unsere Ratsfraktion hat sich sofort vehement dafür ausgesprochen, dass die
überarbeitete Ausstellung (deren neuer Titel nun lautet: „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944“) möglichst doch noch zu einem späteren Zeitpunkt
nach Braunschweig kommt. Dies soll nach Aussage der Stadtverwaltung auch tatsächlich geschehen, allerdings frühestens im Jahr 2002.
 Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit
Der heftige Streit um die „Wehrmachtsausstellung“ zeigt, dass unsere Gesellschaft eine bewusste Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit braucht, um rechten
Ideologien das Wasser abgraben zu können. Daher haben wir GRÜNEN immer Bestrebungen
– beispielsweise des Arbeitskreises Andere Geschichte oder der Vereinigung der Verfolgten
des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten - unterstützt, die darauf abzielten, die Geschichte Braunschweigs im Nationalsozialismus aufzuarbeiten. Die zunächst sehr
uneinsichtige und zögerliche Stadtverwaltung, die das braune Erbe lange verdrängt hatte, wurde durch den anhaltenden Druck von unten gezwungen, sich dem schrecklichsten Kapitel der
Stadtgeschichte zu stellen.
 Städtisches Gedenkstättenkonzept
Sichtbarer Ausdruck hierfür ist die von der Künstlerin Sigrid Sigurdsson entworfene „Gedenkstätte KZ-Außenlager Braunschweig Schillstraße“, zu der das im benachbarten Invalidenhäuschen untergebrachte Offene Archiv gehört, das die Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aufnimmt. Auch die Umgestaltung des Friedhofs Hochstraße, auf dem - überwiegend
aus Polen stammende – katholische Zwangsarbeiter/innen und ihre Säuglinge beerdigt sind, zu
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einem würdigen Ort der Trauer sowie die Errichtung einer Gedenkplatte für die aus Braunschweig deportierten Sinti und Roma im Rathaus sind wichtige Bausteine des mittlerweile vorliegenden städtischen Gedenkstättenkonzeptes. Wir werden uns dafür engagieren, dass dieses
städtische Gedenkstättenkonzept umgesetzt und die begonnene Erinnerungsarbeit in Braunschweig fortgeführt wird.
Kleine Anmerkung zum Schluß: Der Schock war groß, als 1996 erstmals ein Kandidat der Republikaner ins Rathaus einzog. Doch trat dieser in der gesamten Ratsperiode schlichtweg nicht
in Erscheinung. Dies bestätigt die Erfahrung anderer Stadt- und Landesparlamente mit rechten
Abgeordneten, die dort entweder durch Abwesenheit glänzen oder nur wegen ihrer geballten
Inkompetenz auffallen.
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