OECD – Pressemitteilung Paris, 31. Juli 2002 Weitere Anstrengungen zur Integration der EU Finanzmärkte sind laut OECD Analyse erforderlich Die Europäische Union macht auf dem Weg zu einem integrierten Finanzmarkt Fortschritte, aber das gegenwärtige Integrationsniveau ist noch unbefriedigend und weitere Anstrengungen sind erforderlich, so das Fazit einer neuen OECD Studie zur Wirtschaft des Euro-Raumes. „Während es vom Zentrum einen Anstoß in Richtung Integration der Finanzmärkte gegeben hat, sind globale Entwicklungen wie z.B. Fortschritte bei den Informationstechnologien, sinkende Kommunikationskosten und Produkt-Standardisierungen die Hauptantriebskräfte dafür gewesen, wo hingegen sich die nationalen Politiken oft als Hindernis erwiesen haben“, stellt der Bericht fest. Der Bericht ist der neueste in einer Reihe von Studien zur Wirtschaftsentwicklung des EuroRaumes, der unter der Leitung des OECD Prüfungsausschusses für Wirtschafts- und Entwicklungsfragen erstellt wurde. Die Projektionen und Prognosen der Länderanalyse sind dem OECD Wirtschaftsausblick Nr. 71 entnommen, der am April veröffentlicht wurde. Der Text basiert auf Informationen, die bis Anfang Juni verfügbar waren. Die im April erstellten OECD Projektionen sahen mit einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 1.3 % einen stetigen Aufschwung für 2002 voraus, der sich im Jahr 2003 auf 2.9 % beschleunigt. Gleichzeitig wurde ein Rückgang der Inflation auf etwas unter 2 % erwartet. Seitdem deuten die jüngsten Entwicklungen auf ein etwas düstereres aber nicht radikal verändertes Bild bezüglich des Wachstums hin, während die Inflation sogar geringer ausfallen könnte. • Der Euro erfuhr seit April eine Aufwertung von real 7 %. Das wird das Exportwachstum und die Inflation dämpfen. Die niedrigere Inflation könnte zu einer graduellen Stärkung der Binnennachfrage im Euro-Raum führen. • Die Aktienmärkte sind gegenwärtig in einer beträchtlich schwächeren Verfassung als im April. Während die Auswirkungen der Aktienmärkte auf die Ausgaben der privaten Haushalte im Euro-Raum aller Voraussicht nach geringer sein werden als in den USA oder in Großbritannien, wird es wohl zu kleinen nachteiligen Effekten kommen, von denen die Unternehmensinvestitionen betroffen sein könnten. Andererseits sind nun die Zinssätze um einiges niedriger, als sie im April waren. • Die kräftige Erholung der US-Wirtschaft zu Beginn des Jahres 2002 hat einiges an Schwung verloren, was die Exportnachfrage weiter abschwächen könnte. Der Bericht enthält einen Abschnitt zu den kurzfristigen Aussichten (Seite 29), in dem die Risiken der Projektionen simuliert werden. Betrachtet man die Fiskalpolitik, so haben einige Länder, insbesonders Frankreich, Italien und Portugal ihre Defizitprojektionen in der Zwischenzeit für 2002 erhöht. Angesichts des Haushaltsergebnisses in Portugal im Jahr 2001, das den Maastricht-Grenzwert weit überstieg, hat die Europäische Kommission angekündigt, dass sie ein Verfahren einleiten wird. Die deutsche Bundesregierung hat ihre Defizitprojektionen nicht revidiert, obwohl die Steuereinnahmen im ersten Halbjahr 2002 wesentlich niedriger als erwartet waren. Das bedeutet, dass die im Bericht für den gesamten Euro-Raum veröffentlichte Defizitprognose von 1.5 % des BIP noch übertroffen werden könnte. Die Geldpolitik hat sich seit dem April nicht geändert; der Mindestbietungssatz der EZB blieb bei 3 ¼ %. Im Bericht heisst es dazu dass „... Die Europäische Zentralbank die Risiken für die mittelfristigen Stabilität in einem Umfeld einer nach wie vor großen Unsicherheit sorgfältig bewerten sollte, u. zw. sowohl was die Stärke des Aufschwungs im Euro-Raum betrifft, als auch bezüglich der damit verbundenen Ungewissheit über die zukünftige Inflation.“ Sollte der Euro so stark wie gegenwärtig bleiben oder sogar weiter aufwerten, könnte die Inflation schon bald unter die 2 % Obergrenze des Preisstabilitätsziels der EZB fallen. Zur gegenwärtigen Situation der europäischen Finanzmärkte stellt der Bericht fest: • Mit der Einführung des Euro und der Etablierung eines neuen grenzüberschreitenden Zahlungssystems (TAGET) hat sich der Geldmarkt schnell integriert, aber grenzübergreifende Probleme bleiben bestehen, wo Sicherheiten verwendet werden wegen der internationalen Unterschiede bei den Anforderungen an die Besicherung von Wertpapieren. • Unternehmen gehen mehr und mehr dazu über, sich das Kapital auf den Wertpapiermärkten zu besorgen anstatt Kredite bei lokalen Banken aufzunehmen, aber die Entwicklung dieser Märkte wird noch einige Zeit dauern. • Die Integration der Aktienmärkte schreitet fort, sodass Größenvorteile zum Tragen kommen, aber kleine, weniger effiziente Börsen überleben noch und die grenzüberschreitende Abrechnung bleibt beschwerlich und kostspielig. • Fusionen und Übernahmen finden eher auf nationaler denn auf internationaler Ebene statt und führen auf diese Weise zu einem hohen Konzentrationsgrad der lokalen Bankindustrie. • Hypothekenmärkte sind heterogen und binnenorientiert und die Eintrittsbarrieren in lokale Versicherungs- und Rentenmärkte sind beträchtlich. Es sind zwar Fortschritte bei der Anpassung der Gesetzgebung bezüglich integrierter Finanzmärkte zu verzeichnen, aber die Durchsetzung der Rechtsvorschriften könnte noch verstärkt werden, fügt der Bericht hinzu. Dies ist, wie der Bericht feststellt, insbesonders angesichts der schnellen Veränderungen im internationalen Umfeld, in dem die Finanzmärkte operieren, der Fall. Anbei finden Sie zur sofortigen Verbreitung den Text der OECD Economic Survey of the Euro Area (Juli 2002). Der Bericht wird im Laufe des Tages auch auf der passwortgeschützten OECD Webseite verfügbar sein. Journalisten können sich gern zwecks weiterer Informationen an die OECD Presseabteilung (Tel: 0033 1 4524 9700 oder mailto: [email protected]) wenden.