3. Advent

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3. Advent 2008 Gottesdienst in Oberwart
Predigt zu Matthäus 5,1-10:
Als Jesus aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und
setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen
Mund auf, lehrte sie und sprach:
Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das
Himmelreich.
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet
werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich
besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der
Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit
erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott
schauen.
Liebe Gemeinde!
"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten
geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und
sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." - So
lautet der erste Artikel der Menschenrechte, wie sie am 10.
Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten
Nationen feierlich verkündet wurden. In insgesamt 30
Artikeln werden die Menschenrechte entfaltet: Unter
anderem werden das Recht auf Leben, auf Freiheit und
Sicherheit der Person genannt sowie der Anspruch auf
Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, auf
gerichtliches Gehör und auf Freiheit der Meinungsäußerung.
Alle diese Gedanken wurzeln letztlich in der Überzeugung
die im ersten Artikel ausgedrückt wird, dass alle Menschen
frei sind und gleich an Würde und Rechten.
Selig sind die Friedfertigen;* denn sie werden Gottes Kinder
Dieser entscheidende Gedanke ist nicht neu. Die
heißen.
Formulierung der Menschenrechte von 1948 hat viele
Vorgänger gehabt, manch frühere Formulierung von
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden;
Menschenrechten sind sehr bekannt, so die Magna Charta
denn ihrer ist das Himmelreich.
von 1215 oder die Bill of Rights von 1689.
3. Advent 2008 Gottesdienst in Oberwart
Und schon in der französischen Erklärung der Rechte des
So verschieden die Menschen auch sind - als Mann und
Menschen und Bürgers von 1789 heißt es zu Beginn: "Die
Frau sind sie geschaffen, verschieden in Hautfarbe, Herkunft
Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und
und Charakter – in einem sind jedoch alle Menschen gleich:
bleiben es."
sie besitzen die unverlierbare Würde, Gottes Bild auf der
Ihren Ursprung haben all diese Formulierungen in der
jüdisch-christlichen Tradition. Danach haben Freiheit,
Erde zu sein. Und darum stehen allen Menschen auf der
ganzen Welt die gleichen Rechte zu.
Gleichheit und Würde des Menschen ihren Grund darin,
Insofern sind die Menschenrechte für uns Christen
dass alle Menschen von Gott geschaffen sind. In der
fundamental; sie könnten die Grundlage einer christlichen
Schöpfungsgeschichte heißt es ja: "Und Gott schuf den
Ethik sein. Von den guten Königen im Alten Testament wird
Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn;
erzählt, dass sie sich für die Rechte der Witwen und Waisen
und schuf sie als Mann und Frau." Es ist viel darüber
einsetzten, und das heißt: für die Rechte der Schwächsten
nachgedacht worden, was es bedeutet, dass Gott die
und der Unterdrückten in der Gesellschaft. Auch bei den
Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat. Klar ist, dass
Zehn Geboten geht es darum, dass die Schwächeren in der
damit nicht ein ähnliches Aussehen gemeint sein kann,
Gesellschaft in ihrer Freiheit und in ihren Rechten geschützt
denn wir können und sollen uns kein Bild von Gott machen.
werden: Im 4. Gebot, in dem „Du sollst deinen Vater und
Auf jeden Fall jedoch gründet in dieser Ebenbildlichkeit die
deine Mutter ehren“, geht es um den Schutz der Älteren, die
besondere Würde des Menschen. Und insofern alle
nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können,
Menschen ohne Unterschied Gottes Geschöpfe sind, gilt
weil sie ein ganzes Leben lang gearbeitet haben.
ihnen allen die Würde, Gottes Ebenbild zu sein.
3. Advent 2008 Gottesdienst in Oberwart
Im Gebot „Du sollst nicht töten“ geht es um das
In Artikel 5 heißt es "Niemand darf der Folter oder
Lebensrecht der Schwächeren, die sich nicht genügend
grausamer, unmenschlicher oder entwürdigender
schützen gegenüber den Angriffen der Stärkeren wehren
Behandlung oder Strafe unterworfen werden." Doch in
können. Und im Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ ging es
vielen Ländern der Erde leiden Menschen unter politischer
um die Lebensmöglichkeiten für Frauen. Die Propheten des
Verfolgung und Folter. Und wie steht es mit dem Recht auf
Alten Testaments haben angesichts des Unrechts in ihrem
Leben angesichts des Hungers in der Welt, wie viele
Land im Namen Gottes Gerechtigkeit eingefordert; und sie
Regierungen unterdrücken die Meinungs- und Pressefreiheit.
haben einen Messias verheißen, der endlich das Recht zur
Das Recht auf Arbeit und gleichen Lohn für gleiche Arbeit ist
Geltung bringt. Wir Christen sehen in Jesus diesen
auch in unserem Land nicht verwirklicht.
Friedensfürst, der allen Menschen Gerechtigkeit bringt. "Er ist
gerecht, ein Helfer wert; Sanftmütigkeit ist sein Gefährt. Sein
„Königskron“ ist Heiligkeit, sein Zepter ist Barmherzigkeit",
singen wir in der Adventszeit.
Umso wichtiger die Arbeit von "amnesty international", die
auf die Verwirklichung der Menschenrechte zielt. Und umso
wichtiger, dass wir die Menschenrechte als Ziel politischen
und christlichen Handelns nicht aus den Augen verlieren.
Auf die Menschenrechte, wie sie 1948 deklariert wurden,
Darum begrüße ich es sehr, dass der 10. Dezember zum Tag
kann sich jeder Mensch an jedem Ort der Welt vor einem
der Menschenrechte ernannt worden ist. Gut, wenn wir als
Gericht berufen. Theoretisch jedenfalls. Denn tatsächlich
Christen diesen Tag im Blick behalten.
sind die Menschenrechte bei Weitem nicht verwirklicht. Das
Formulieren und Verkünden von Rechten bedeutet noch
lange nicht, dass sie auch gelebt werden.
Dass der Tag der Menschenrechte mitten in der Adventszeit
liegt, empfinde ich dabei als außerordentlich passend. Im
Advent wird deutlich: Es steht noch etwas aus, wir sind noch
nicht am Ziel angelangt.
3. Advent 2008 Gottesdienst in Oberwart
Wir leben in einer Welt voller Spannungen, in einer Welt, in
der es viel Ungerechtigkeit und Unheil gibt. Und Advent
heißt zugleich, dass wir das Heil von Gott erwarten, vom
Kommen Jesu. Im Blick auf die Menschenrechte heißt das:
Wir werden es wohl nicht aus eigener Kraft schaffen, dass
allen Menschen Gerechtigkeit widerfährt. Aber wir können
auf Gottes Reich und auf Gottes Kraft hoffen. Wir können
darauf hoffen, dass Jesus kommt und sein Reich der
Gerechtigkeit schafft. Und in diesem Vertrauen können wir
uns jetzt schon dafür engagieren, dass Menschen zu ihrem
Recht kommen. Amen.
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