Folie 1 - Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte

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Vorlesung „Europäischer
Menschenrechtsschutz“
Einleitung
Universität Wien
Sommersemester 2011
©
ao. Univ.Prof. Dr. Hannes Tretter
Institut für Staats- und Verwaltungsrecht
Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (BIM)
gem. mit Ass.Prof. Dr. Barbara Weichselbaum,
Anna Müller-Funk, MSc, und Ass.Jur. Jana Messerschmidt
Ideengeschichtliche Wurzeln
des Menschenrechtsschutzes
 Philosophie der Aufklärung
• „Mensch frei und gleich an Würde und Rechten
geboren“
• Kontrolle der politischen Gewalt und Rechte des
Individuums  Th. Hobbes (De cive, Leviathan) und
J. Locke (Two Treaties of Government)
• Idee der Demokratie  J.J. Rousseau (Contrat social)
• Gewaltenteilung und -kontrolle
 Ch.-L. Montesquieu (De l‘esprit des lois)
Ursprung der Menschenrechte
 Amerikanische Unabhängigkeitsbewegung
• Virginia Bill of Rights 1776
• Unabhängigkeitserklärung 1776
• Verfassung 1787
• Bill of Rights 1789
 Französische Revolution
• Französische Menschenrechtsdeklaration 1789,
Aufnahme in die Verfassung 1791
 Ursprung der Menschenrechte ?
• Kontroverse Georg Jellinek (gesetzliche Garantie
der Freiheit) – Emil Boutmy (Philosophie der
Freiheit)
Bürgerliche Revolution und
Liberalismus
 Bürgerliche Revolutionen des 19. Jh.
 Grundrechtskataloge in Verfassungen (zB
Belgien, Deutschland, Österreich)
 Freiheitsrechte gegenüber dem Staat
Liberalismus (J.St. Mill  „On Liberty“)
 „erste Generation“ der Menschenrechte
 Eigentumsfreiheit
– Voraussetzung der Entwicklung des bürgerlichen
Kapitalismus
 Eingriffe in Freiheit und Eigentum werden an
das Gesetz gebunden
Kapitalismus und soziale Revolution
 Industrialisierung und Kapitalismus
 Ausbeutung und Versklavung, Entstehen des
Proletariats, Verelendung
 Reaktion:
• Kommunismus (Marx/Engels)
• Sozialismus (Max Adler)
• Revolutionen der Jahre 1917-1919
 Forderung
• nach sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen
Rechten („zweite Generation“)
Vom 1. zum 2. Weltkrieg
 Zusammenbruch der Monarchien, Entstehung
von Republiken
 Völkerbundära
 Minderheitenschutz in den Friedensverträgen
 Weltwirtschaftskrise 1929/1930
 Instabile Demokratien, soziale Armut
 Faschismus/Nationalsozialismus
 legale Machtübernahme, Ausschaltung der Demokratie,
Kollektivierung, Ideologisierung
 Unterdrückung individueller Rechte, totalitärer
Unrechtsstaat, Terror, Holocaust
 Straftribunale von Nürnberg und Tokio
 Ahndung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Internationaler und regionaler
Menschenrechtsschutz
 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
1948
–  „Magna Charta“ der Menschenrechte, Deklaration,
aber teilweise ius cogens
 EMRK 1950 und UN-Pakte 1966
 Spezialkonventionen UN und Europarat
 Solidaritätsrechte der Völker („dritte
Generation“)
 Staatenpraxis und „Soft law“
 Präventive Mechanismen
Politische Entwicklung nach 1945

Zeit des Kalten Kriegs
–


Menschenrechte als „innere Angelegenheit“ eines
Staates
Zusammenbruch der kommunistischen Staatenwelt

Politischer Wandel 1989/90 beeinflusst den
Menschenrechtsschutz
 fällt in die Verantwortung internationaler oder
regionaler Organisationen
 Menschenrechtsverletzungen gefährden Sicherheit
und Stabilität, Einmischungsverbot des Art II/7 UNCharta nicht anwendbar, daher Kap. VII
(Zwangsmaßnahmen) möglich
Der politische Wandel 1989/1990 –
ein Paradigmenwechsel
 Durchbrechung staatlicher Souveränität durch
die Menschenrechte
• Internationale, völkerrechtlich verpflichtende Standards
• Weltweiter menschenrechtlicher Diskurs (IOs & NGOs,
Medien) über Implementierung
• Supranationale Durchsetzbarkeit auf europäischer Ebene
(EMRK & EGMR, EuGH)
• Sukzessive menschenrechtliche Durchdringung und
Ausrichtung des EU-Rechts (zB Art. 6 EUV, EUGrundrechtecharta)
Die konzentrischen Kreise des
europäischen Menschenrechtsschutzes
 EU  27 Mitgliedstaaten
 Europarat  47 Mitgliedstaaten:
• alle EU-Staaten
• Staaten aus dem GUS-Raum
 OSZE  56 teilnehmende Staaten:
• alle Staaten Europas
• die Nachfolgestaaten der Sowjetunion
• sowie USA und Kanada
Grundannahmen

Unveräußerlichkeit, Universalität,
Unteilbarkeit, Interdependenz und Gleichheit
der Menschenrechte
Interdependenzen von

•
•

Friede – Sicherheit – Stabilität sowie
Demokratie – Rechtsstaat – Menschenrechte
Sensible Symbiose von Demokratie,
Rechtsstaat, Gewaltenkontrolle und
Menschenrechten
Die drei Dimensionen der
Menschenrechte
 Liberale Freiheitsrechte – Abwehrcharakter
(„erste Dimension“)
 Soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte
• Leistungscharakter („zweite Dimension“)
 Solidaritätsrechte – kollektiver Charakter („dritte
Dimension“)
 Interdependenz der Dimensionen
Gewährleistungsumfang der
Menschenrechte
 „Respect“ – Achtung der Menschenrechte durch
den Staat
 „Protect“ – Schutz der Menschenrechte durch
den Staat vor Angriffen Privater
 „Fulfill“ – Staatliche Maßnahmen zur vollen
Garantie und Durchsetzbarkeit der
Menschenrechte in Gesetzgebung, Vollziehung,
Institutionalisierung, Ausbildung, Aktionspläne etc.
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