IP/00/71 Brüssel, den 21. Januar 2000 EU untersucht Schwund der Ozonschicht über Europa und der Arktis Philippe Busquin, das für Forschung zuständige Mitglied der Europäischen Kommission, gibt heute den Startschuß zu einer Forschungskampagne in Kiruna (nördlicher Polarkreis in Schweden), die Aufschluß über die Ausmaße des Problems geben soll. Busquin erklärte, daß die Europäische Union sich mit den Vereinigten Staaten, Japan, Rußland, Norwegen, Polen und der Schweiz zur bisher größten Aktion dieser Art zusammengetan hat, dem Experiment Theseo 2000/Solve. Die Ozonschicht über Europa ist derzeit um etwa 6% dünner als vor 20 Jahren, und in den Wintermonaten der neunziger Jahre wurden Verluste um bis zu 50 % jährlich beobachtet. Ende November 1999 maß der Satellit ERS-2 der Europäischen Weltraumorganisation ungewöhnlich niedrige Ozonwerte über dem Vereinigten Königreich, Belgien, den Niederlanden, Norddeutschland, Dänemark und dem Ostseegebiet sowie in der gesamten Arktis (siehe Zahlen). Wissenschaftler auf der ganzen Welt bemühen sich, die Ursachen für diese extrem geringen Ozonkonzentrationen herauszufinden. Meßkampagnen wie in Kiruna sind notwendig, um künftige Entwicklungen vorherzusagen und eine solide Grundlage für politische Entscheidungen zu schaffen. Das Hauptmerkmal des Ozons in der Atmosphäre besteht darin, daß es die ultraviolette Strahlung absorbiert, insbesondere Ultraviolett-B-Strahlung. Diese kann das Genmaterial verschiedener lebender Organismen schädigen, auch das des Menschen. Ein relativ geringer Anstieg der ultravioletten Strahlung kann zumindest Hautrötungen (Sonnenbrand) verursachen, aber auch Hautkrebs und andere Hauterkrankungen. Nach den Worten von Philippe Busquin sollen sich die europäischen Forschungen hauptsächlich darauf konzentrieren, die Ursachen für die Ozonverluste im nördlichen Teil der mittleren Breiten zu ermitteln, da hier die meisten europäischen Bürger leben. Die EU hat die Federführung bei der Entwicklung eines koordinierten Ansatzes auf europäischer Ebene unter Beteiligung von Stratosphärenforschern übernommen, der sich in den letzten zehn Jahren als sehr effizient erwiesen hat. In diesem Zeitraum vielen kalte Winter und ein extremer Ozonabbau zusammen, und es ist jetzt bekannt, welche chemischen Prozesse in der Stratosphäre dieses Phänomen verursachen. Europa kann auf diesem Gebiet einige Stärken vorweisen. Eine davon ist die Fähigkeit, Ozonverluste durch Messungen zu bestimmen. Um Daten über das genaue Ausmaß des Ozonschwunds zu ermitteln, werden in den nächsten Wochen vier Flugzeuge (2 europäische, 2 amerikanische) und über 20 Ballons starten, um den Ozongehalt im kritischen Bereich der Stratosphäre in 20 km Höhe zu messen. Die Ergebnisse der Kampagne werden im März vorliegen. Die politische Reaktion auf die Entdeckung des Ozonlochs in der Antarktis in den siebziger Jahren waren das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht von 1985 und das Montrealer Protokoll von 1987, die zur Begrenzung der industriellen Produktion einer Reihe ozonschädigender Stoffe wie Chlor und Bromid geführt haben. In der Folge sind die Konzentrationen einiger dieser Stoffe in der Atmosphäre entweder nicht weiter gestiegen oder sind sogar rückläufig. Die Konzentrationen anderer Stoffe nehmen hingegen nach wie vor zu. Abb. 1. Stand des Abbaus der Ozonschicht in einer Aufnahme des Satelliten ERS-2 vom 30. November 1999, 12 Uhr. Die dunklen Bereiche über der Antarktis und Nordwesteuropa stehen für sehr geringe Ozonkonzentrationen, wie sie in kalten Wintermonaten beobachtet wurden. Der graue Bereich über der Arktis hat die Befürchtung ausgelöst, daß über den höheren Breiten der nördlichen Hemisphäre ein zweites Ozonloch entstehen könnte. Aufnahme: Europäische Weltraumorganisation (ESA) -2-