Lern- und Arbeitsmethoden für Ausbildung Dieund Deutschseite Beruf (10) Lerntheorien und -konzepte – Teil 2 Angelika Mruk-Badiane Lernen durch Belohnung und Bestrafung Vertreter der klassischen und operanten Konditionierung (siehe Teil 9 dieser Artikelserie) gingen davon aus, dass Menschen ihr Verhalten ändern, je nachdem, ob es belohnt oder bestraft wird. Der Lernprozess findet bei diesem Ansatz aufgrund von Verstärkung statt, durch die schon Säuglinge und Kleinkinder lernen, ihr Verhalten anzupassen. Lernen durch Beobachtung und Imitation Einigen Forschern war diese Sichtweise zu einseitig. Sie entdeckten, dass Menschen auch durch die Beobachtung anderer lernen, wie ein Lehrling, der seinem Meister „auf die Finger“ schaut. Zum kognitiven Lernen gehören zwei Methoden, das induktive und das deduktive Lernen. Induktives Lernen Ausgangspunkt ist die Erfahrung des Einzelnen. Der Lernprozess verläuft vom Besonderen zum Allgemei­nen. Durch Beo­bachtung, Vergleich und Generalisierung werden Regeln u. Ä. erschlossen. Am Ende steht eine allgemeingültige Erkenntnis. Beispiel: An der Uni stellen die Erstsemester-Studenten fest, dass ihre persönlichen Orientierungsprobleme ein typisches Phänomen sind und deshalb verschiedene Orientierungshilfen angeboten werden. Deduktives Lernen Ausgangspunkt ist etwas Allgemeingültiges, eine Regel, eine Definition oder ein Gesetz. Der Lernprozess verläuft vom Allgemei­nen zum Besonderen, indem auf Einzelbeispiele geschlossen wird. Am Ende steht die Bestätigung des Allgemeingültigen am Einzelfall. Beispiel: Im Unterricht entdecken die Schüler, dass ein bestimmtes Thema, das gerade behandelt wird, auch für sie selbst, ihre Familie oder ihre Freunde relevant ist. In der kognitiven Lerntheorie werden sechs Phasen unterschieden: In einem Experiment Anfang der 1960er-Jahre stellte Albert Bandura fest, dass Vorschulkinder das aggressive Verhalten einer Versuchsperson, die eine Puppe schlug und beschimpfte, bis ins Detail nachahmten. Dabei spielten – wie bei der Konditionierung – Verstärker eine wichtige Rolle. Die Kinder imitierten die Aggressivität vor allem dann, wenn die Versuchsperson für ihr Verhalten belohnt wurde. Blieb das Verhalten ohne Konsequenzen oder wurde es bestraft, ahmten die Kinder es seltener oder gar nicht nach. Versprachen die Versuchsleiter den Kindern selbst eine Belohnung für gute Nachahmung, spielten sie das aggressive Verhalten sofort nach. Lernen durch Einsicht Konditionierung und Lernen am Modell ähneln sich in einem Punkt: Sie konzentrieren sich auf das beobachtbare Verhalten. Dieser Ansatz wurde seit Mitte der 1960er-Jahre zunehmend kritisiert, Lern­ theoretiker und Psychologen konzentrierten sich mehr auf das Individuum und die Vorgänge in seinem Kopf. Dass der Mensch kreativ denken, sich entscheiden, Begriffe bilden und Probleme lösen kann, ließ sich nicht durch Konditionierung oder Imitation erklären. Innerhalb des Lernprozesses wurde dem Vorwissen eine größere Bedeutung gegeben: Es ist die Basis, auf der beim Lernen aufgebaut und Neues mit bereits Gespeichertem abgeglichen wird. Phase 1: Auftauchen des Problems Die Diskrepanz zwischen einem IST-Zustand und einem SOLLZustand erzeugt Spannung und die Motivation, nach einer Lösung zu suchen. Phase 2: Probierverhalten Bekannte und bewährte Handlungsstrategien werden für die Lösungsfindung ausprobiert. Misserfolge führen meistens zu einer Handlungspause. Phase 3: Neudefinition Die Situation wird neu durchdacht und umdefiniert. Versuch und Irrtum werden nicht mehr real, sondern mental durchgespielt. Phase 4: Einsicht und Lösung Verschiedene Elemente (Puzzlesteine) fügen sich – oft plötzlich – zu einem sinnvollen Ganzen zusammen. Es entsteht ein „Aha-Erlebnis“. Phase 5: Anwendung Die Erkenntnis wird umgesetzt und in ein bestimmtes Verhalten transferiert. Bei Erfolg wird das Verhalten/die Lösung beibehalten. Phase 6: Übertragung Der Lösungsansatz wird auf ähnliche Situationen übertragen. 11/2009 online Arbeitsblatt Lern- und Arbeitsmethoden für Ausbildung Dieund Deutschseite Beruf (10) Lerntheorien und -konzepte – Teil 2 Angelika Mruk-Badiane 1. Welches sind die beiden Verstärker bei der Konditionierung? a) ....................................................................................... b)........................................................................................ 6. Wofür interessierten sich Lerntheoretiker und Psychologen ab Mitte der 1960er-Jahre zunehmend? ......................................................................................... ......................................................................................... 2. Welche Lernstrategie beobachtete Albert Bandura in seinem Experiment, das er Anfang der 1960er-Jahre mit Vorschulkindern durch führte? 7. Welche Lernmethoden gehören zum kognitiven Lernen? a)...................................................................................... . .......................................................................................... b)...................................................................................... . .......................................................................................... 8. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen induktivem und deduktivem Lernen. 3. Worum geht es in dem o. g. Experiment von Albert Bandura? . .......................................................................................... . .......................................................................................... . .......................................................................................... 4. Inwiefern ähneln sich Konditionierung und Lernen am Modell? ......................................................................................... ......................................................................................... ......................................................................................... 9. Welche Phasen beschreibt die kognitive Lerntheorie? a)...................................................................................... b)...................................................................................... . .......................................................................................... c)...................................................................................... . .......................................................................................... d)...................................................................................... e)...................................................................................... f) . .................................................................................... 5. Welche menschlichen Fähigkeiten lassen sich nicht durch Konditionierung oder Imitation erklären? a) ....................................................................................... 10. Was passiert während des Probierverhaltens (Phase 2)? b)........................................................................................ ......................................................................................... c) ....................................................................................... ......................................................................................... d)........................................................................................ ......................................................................................... 11/2009 online Arbeitsblatt Lern- und Arbeitsmethoden für Ausbildung Die und Deutschseite Beruf (9) Lerntheorien und -konzepte – Teil 2 Lösung Angelika Mruk-Badiane 1. Welches sind die beiden Verstärker bei der Konditionierung? Belohnung Bestrafung b)........................................................................................ a) ....................................................................................... 6. Wofür interessierten sich Lerntheoretiker und Psychologen ab Mitte der 1960er-Jahre zunehmend? 2. Welche Lernstrategie beobachtete Albert Bandura in seinem Experiment, das er Anfang der 1960er-Jahre mit Vorschulkindern durch führte? Er beobachtete, dass die Kinder durch und Imitation lernten. .Beobachtung .......................................................................................... . .......................................................................................... für das Individuum und die Vorgänge in seinem Kopf ......................................................................................... ......................................................................................... 7. Welche Lernmethoden gehören zum kognitiven Lernen? induktives Lernen deduktives Lernen b)...................................................................................... a)...................................................................................... 8. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen induktivem und deduktivem Lernen. 3. Worum geht es in dem o. g. Experiment von Albert Bandura? freie Formulierung . .......................................................................................... . .......................................................................................... . .......................................................................................... 4. Inwiefern ähneln sich Konditionierung und Lernen am Modell? Sie konzentrieren sich auf das beobachtbare .Verhalten. .......................................................................................... . .......................................................................................... ......................................................................................... ......................................................................................... ......................................................................................... 9. Welche Phasen beschreibt die kognitive Lerntheorie? 5. Welche menschlichen Fähigkeiten lassen sich nicht durch Konditionierung oder Imitation erklären? kreatives Denken a) ....................................................................................... Entscheidungsfähigkeit b)........................................................................................ c) .Begriffsbildung ...................................................................................... Problemlösen d)........................................................................................ freie Formulierung Auftauchen des Problems Probierverhalten b)...................................................................................... Neudefinition c)...................................................................................... Einsicht und Lösung d)...................................................................................... Anwendung e)...................................................................................... Übertragung f) . .................................................................................... a)...................................................................................... 10. Was passiert während des Probierverhaltens (Phase 2)? Bekannte und bewährte Handlungsstrategien werden für die Lösungsfindung ......................................................................................... ausprobiert. ......................................................................................... ......................................................................................... 11/2009 online