Anspiel und Predigt zum Thema ‚Welche Botschaft entsteigt der Krippe?’ Szenario: Vorn in der Kirche ist eine große Pappe / Sperrholz in Form einer Krippe aufgestellt, alternativ eine Stellwand mit dem Bild einer Krippe – hinter der sich 8 Personen hockend verbergen können. 1. Teil: Einleitende Ansprache Liebe Gemeinde! Nun ist wieder Weihnachten geworden. Weihnachten – dieses Fest voller Gefühle und voller Bilder. Ja, es sind besonders die Bilder, die uns, Kinder und Erwachsene, prägen. Kerzenlicht, Tannen, Engel, bunte Geschenke, Hirten, Maria und Josef - und im Zentrum dieser Bilder: Die Krippe. Die ja auch in diesem Gottesdienst hier vorn im Mittelpunkt steht. Die Krippe und all das andere - es sind zugleich mehr als Bilder. In ihnen stecken Botschaften. Botschaften mit einer ganz eigenen Kraft: 2. Teil - Anspiel: Heilsbotschaften ‚entsteigen’ der Krippe, d.h. Personen, die in kurzen Statements und ausgestattet mit entsprechenden Schildern oder Symbolen entfalten, welche gute Botschaft die Geburtsgeschichte für uns heute beinhaltet. Sie dürfen das ruhig schwelgerisch und begeistert tun: Version A: (benötigte Hilfsmittel: 8 Schilder) Version B: (benötigte Hilfsmittel: 8 Symbole) 1. "Maria, Josef und das Jesuskind friedlich 1. "Ich sehe besonders das Miteinander. Die im Stall, sie werden beleuchtet von einem trauliche Familie, ein Bild der schönen Stern. Das ist ein wunderschönes Dreisamkeit, das Wärme ausstrahlt und Bild von Wärme und Geborgenheit in der Geborgenheit inmitten der Dunkelheit Familie – richtig heimelig!" drum herum. Für mich erzählt die Krippe [Schild: Geborgenheit] von diesem ganz besonderen menschlichen Zusammenhalt, dem die äußeren Umstände nichts anhaben können." [Symbol: Kerze] 2. "Als Besucher kommen die Hirten und 2. "Die Krippe – das ist doch der Ort, an die heiligen drei Könige, sie stehen dem Könige und Hirten zusammen vereint vor dem Kindlein, das in Windeln kommen. Was für ein schönes Bild: arm gewickelt ist. Arm und Reich stehen Seite und reich, gebildet und einfach, an Seite – das ist richtig friedlich!" Oberschicht und Unterschicht Seite an [Schild: Frieden] Seite, verbunden durch das Kind. Nichts trennt mehr die Fremden aus dem Morgenland und die Einheimischen von den Weiden – für mich erzählt die Krippe von Frieden, von Versöhnung." [Symbol: Taube] 3. "Die drei Könige kommen, erweisen dem Kindlein ihre Referenz und bringen ihre Geschenke. Das Kind soll einen guten 3. "Die Geschenke der drei Könige, Gold, Weihrauch und Myrrhe sind sehr sorgsam ausgewählt. Für mich erzählt die Krippe Start ins Leben haben – sehr wertschätzend!" [Schild: guter Start] von Weitsicht und fürsorglichem Schenken." [Symbol: eine Schatztruhe] 4. "Die Engel, die die Heilsbotschaft 4. "Erst die Engel auf dem Felde und dann verkünden, nämlich dass Freude und alle Engel um den Stall, um Maria, Josef Frieden in die Welt kommen – und das Kindlein: Eine solche wunderbar! himmlische Pracht lässt einen ehrfürchtig [Schild: Freude] und still werden. Für mich erzählt die Krippe von dem ruhigen Vertrauen und der Gewissheit, dass es das Gute, Helle und Schöne tatsächlich gibt." [Symbol: eine Engelsfigur] Die vier Personen positionieren sich nacheinander entweder im Altarraum, oder vielleicht besteht sogar die Möglichkeit, die Botschaften direkt zwischen den GottesdienstteilnehmerInnen im Mittelgang zu positionieren. 3. Teil: Anspiel Armutsbotschaften: Pfr./in: Die Botschaft der Krippe. Lebendig geworden. Eine Botschaft, die mehr ist als eine alte Geschichte. Mehr als Vergangenheit. Sie steht mit jedem Weihnachtsfest und auch heute wieder mitten unter uns und will uns anstecken und bewegen. Denn sie erzählt davon, dass menschliche Sehnsucht erfüllt wird, davon, dass es möglich ist, Geborgenheit, Frieden, Fürsorge und Freude zu erfahren. Wie gut tut es, sie in jedem Jahr wieder zu hören… (Zu Beginn dieses letzten Satzes kommt die erste ‚Armutsboschaft’ hinter der Krippe hervor und fällt dem Pfr. / der Pfr.’in ins Wort. So wie sie treten weitere drei Spieler/innen eine/r nach der/dem anderen nach vorn, sprechen seinen/ihren Text und stellen sich dann zu ihrem/seinem positiven Pendant. Sie rufen oder sprechen ihre Texte energisch.) Version A: Version B: zu 1. "Moment mal! Ist es das wirklich, was uns die Krippe zu sagen hat? Was wir an ihr ablesen sollen? Ich frage mich, ob das wirklich alles so friedlich war, bei Maria und Josef? Vielleicht haben sie sich noch kurz vor der Geburt gestritten, außerdem hatten sie kein Zuhause. Und warm war es sicher auch nicht, eher bitter kalt. Das erinnert doch eher an all die Kinder, deren Eltern die Heizrechnung nicht aus eigener Kraft bezahlen können, oder die gar kein richtiges Zuhause haben – das ist nicht heimelig!" zu 1. " Moment mal! Ist es das wirklich, was [Schild: Kinderarmut] uns die Krippe zu sagen hat? Was wir an ihr ablesen sollen? Die Krippe, das erzählt doch erst einmal von Quartiersuche, von Unruhe, von Angst vor der Geburt. Ich frage mich, ob Maria und Josef nicht vielleicht sogar gestritten haben, als sie sahen, dass es keinen wirklich guten Ort für sie gab. Denn die äußeren Umstände können dem menschlichen Zusammenhalt sehr wohl etwas anhaben. Das ist doch bis heute so. Arme Kinder sind manchmal nicht so gut in der Schule. Sie haben nicht die richtigen Schulsachen und die Eltern können ihnen oft nicht bei den Hausaufgaben helfen. Zum Beispiel wenn eine Mutter oder ein Vater allein erziehend ist und am Nachmittag arbeiten muss. Wie viel Zusammenhalt ist da möglich? [Symbol: kaputte Schulsachen, z.B. zerfleddertes Buch oder abgebrochenes Lineal] zu 2. „Das Jesuskind in eine Windel gewickelt in zu 2. der Krippe – das erinnert doch an all die Kinder, die sich nur schlechte, zu kleine oder abgenutzte Kleidung leisten können – z.B. nur ein Paar Schuhe oder eine Jacke fürs ganze Jahr. Mit schlimmen Folgen: Sie werden gehänselt und haben wenige oder gar keine Freunde. Oft stehen sie abseits. Arme Kinder sind nicht nur traurig, sondern werden manchmal auch wütend, weil sie sich ausgegrenzt fühlen – da ist kein Frieden!“ [Schild: Kinderarmut] zu 3. "Und die Geschenke der Könige - waren das nicht eher Geschenke, die die Erwachsenen verstanden und erfreuten? Essen und davon satt werden konnte das Kindlein sicher nicht. Das erinnert doch eher an all die Kinder, die wenig zu essen haben und hungern. Sie haben kein Pausenbrot oder essen oft ungesunde Sachen und werden dann krank – das ist kein guter Start ins Leben!" [Schild: Kinderarmut] zu 4. „Und die Tatsache, dass Engel diese Botschaft brachten, zeigt doch, dass die Friedens- und Freudensbotschaft gerade nicht von dieser Welt war. Das erinnert doch viel eher an die Freudlosigkeit, in die viele arme Kinder heute hineingeboren werden: Sie fühlen sich ausgegrenzt, wertlos, haben weniger Erfolgserlebnisse und mehr Zukunftsängste. Da ist keine Freude!" [Schild: Kinderarmut] „Frieden und Versöhnung? Ich sehe in der Krippe das Jesuskind in eine Windel gewickelt und ansonsten nackt und bloß. Ein Bild, das an all die Kinder erinnert, die sich nur schlechte, zu kleine oder abgenutzte Kleidung leisten können. Mit schlimmen Folgen: Sie werden gehänselt und haben wenige oder gar keine Freunde. Wie oft stehen sie abseits. Arme Kinder sind nicht nur traurig, sondern werden manchmal auch wütend, weil sie sich ausgegrenzt fühlen. Nein, da ist kein Frieden!“ [Symbol: geballte Faust] zu 3. "Weitsicht und Fürsorge? Ich sehe in der Krippe die drei Könige, die einfach kommen, ihre Geschenke abladen und dann wieder von dannen ziehen. Was nützt einem Kind das Geld, wenn man Liebe braucht, was nützt einem Kind der Weihrauch, wenn es Hunger hat und was nützt einem Kind Myrrhe, wenn es ausgegrenzt und fremd ist? Weitblick ist schön und gut, aber solange Kinder kein Pausenbrot haben, aus Armut heraus ungesunde Sachen essen müssen, öfter krank werden, brauchen sie Geschenke, die unmittelbar ankommen und nicht erst in der Zukunft wirken. Sonst gibt es trotz Geschenken keinen guten Start ins Leben." [Symbol: leere Brotdose] zu 4. "Freude und helles Licht für alle? Ich sehe in der Krippe die Engel, die von oben etwas verkünden und dann wieder verschwinden. Sie tun nichts, sie bringen nur eine Botschaft ohne zu kontrollieren, ob sie auch umgesetzt wird. Und an der Umsetzung mangelt es doch auch heute. Die Menschen ruhen sich auf der Weihnachtsbotschaft aus. Arme Kinder werden trotzdem ausgegrenzt, haben weniger Erfolgserlebnisse und größere Zukunftsängste. Für viele arme Kinder gibt es kaum Schönes, Helles und Freude, auf ihnen lasten schwere Sorgen. [Symbol: Stein] Diese Armutsbotschaften stellen sich ‚gegen’ die vorher entfalteten Heilsbotschaften – d.h. beide stehen Rücken zu Rücken im Altarraum oder Mittelgang. Das geht auch ohne die Armuts-Schilder oder- Symbole. 4. Teil: Ansprache Liebe Gemeinde – nun ist sie plötzlich ganz widersprüchlich geworden, die Botschaft der Krippe. Wenn es stimmt, was uns hier vorgestellt worden ist – dann spricht sie von der Sehnsucht der Menschen – und wirft ein hartes Licht auf die Tatsache, dass Kinder immer wieder unter schwierigen Bedingungen ins Leben starten. Dann ist sie Friedensbotschaft – und deckt auf, wie viel Unfrieden in der Welt ist. Dann erzählt sie von Geborgenheit – und von allein gelassen werden. Von Fürsorge und von liebloser Ablehnung. Aber muss das denn sein? Gerade heute? Heute, an diesem Abend, möchte ich eigentlich nur die eine Seite hören – die gute, bergende, freundliche. Könnte die andere nicht wenigstens heute einmal verbannt bleiben und vor die Tür gewiesen werden? Könnte dieser Abend nicht wirklich einmal ein heiliger sein: Herausgehoben, besonders, unberührt von den Brüchen des Lebens? Wir können es ja einmal versuchen. Wir können die bittere Seite der Botschaft auf Abstand rücken. (Die Personen, die die ‚bittere Seite’ der Botschaft repräsentieren rücken schrittweise im weiter an den Rand der Kirche. Parallel dazu rücken die Personen der anderen Seite ebenfalls schrittweise in die andere Richtung ab.) Wir können sie bitten, sich heute Abend einmal zu verstecken. (Die personalisierten Botschaften der ‚bitteren Seite’ drehen ihre Schilder um, so dass man die Begriffe / Bilder nicht mehr sieht, gehen in die Hocke und verstecken sich dahinter. Die andere Seite vollzieht die Bewegungen spiegelbildlich) Und was geschieht dann? Es geschieht das, was wir eben hier vorn haben erkennen können: Mit der einen Seite verblasst auch die andere. Jede Seite der Botschaft ist wie das Spiegelbild der je anderen. Rücken wir das eine in die Ferne – dann rückt die andere Seite auch weit weg. Decken wir das eine zu, ist das andere plötzlich auch nicht mehr greifbar. Denn diese Geburtsgeschichte erzählt eben nicht einfach von einem Licht – sondern von einem Licht, das in der Dunkelheit entzündet wird. Von Freundlichkeit, die der Unfreundlichkeit trotzt. Von Zuwendung, die in die Abgewiesenheit hinein geschieht. Von Freude, die sich überraschend und gegen alle äußeren Umstände ausbreitet. Beide Seiten gehören untrennbar zusammen. Das Heil wird nur erfahrbar, wenn das Schwierige gesehen wird. Wenn wir beides zu trennen versuchen, wenn wir uns zurückzuziehen versuchen in eine heile Welt der weihnachtlichen Stimmung und nur die eine Seite der Botschaft zuließen, dann ständen hier am Ende eine Reihe hohler Begriffe, ein eia-popeia, das uns vielleicht stimmungsmäßig berührt, aber innerlich nicht trägt. Wenn wir aber beide Seiten zusammenhalten (während dieses Satzes kommen Spieler einander wiedernäher und wenden sich einander zu, so dass sie sich jetzt ansehen können) – dann wird diese Botschaft lebendig und stark. Dann wird die Heilsverkündigung zu einer wirklich guten Botschaft – zu einem bis heute wirksamen kritischen und verändernden Kommentar zu gesellschaftlicher Ungerechtigkeit. Die Ev. Kirche von Westfalen hat in diesem Jahr eine Kampagne gegen Kinderarmut gestartet. „Lasst uns nicht hängen“ heißt sie. Und sie bittet ihre Gemeinden darum, heute Abend an all diejenigen Kinder zu denken, die keinen guten Start haben. An diejenigen Kinder, die in äußerer und innerer Armut groß werden müssen. Und die diese Armut auf ganz eigene und bedrängende Weise erleben: Daran, nicht an der Freizeitgestaltung teilnehmen zu können, die für andere selbstverständlich ist. Nicht die Kleidung tragen zu können, die ‚man’ gerade trägt. Nicht die Art von Geburtstagen ausrichten zu können, die andere feiern. Nicht zu wagen, einen Wunschzettel zu schreiben. Nicht wirklich dazu zu gehören. Nicht die Nachhilfe bezahlen zu können, die ihnen helfen würde. Nicht die Begleitung zu erfahren, die sie brauchen. Nicht die gleichen Chancen zu haben. Lassen wir uns vom Kind in der Krippe an diese Kinder erinnern. Nicht um uns die gute Stimmung verderben zu lassen. Nicht um ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Sondern um sowohl den Blick für das Unheil und die Brüche als auch all die Sehnsucht nach Freude, nach Licht, nach Frieden und Zuwendung, die heute geweckt werden soll, mit hinaus zu nehmen in die Welt, die ist wie sie ist und wie sie damals schon war. Hand in Hand. (Beide Seiten der Botschaft verlassen bei diesem Satz in Kontakt zueinander die Kirche (eventuell jedes Paar individuell anders, z.B.: Hand in Hand, untergehakt, schubsender- oder rangelnderweise, an der Kleidung gefasst, im Dreibeinlauf ...), wenn möglich an der krippenabgewandten Seite.) Wo es uns gelingt, der Wirklichkeit nicht auszuweichen und die Lebensbedingungen von Kindern in Armut zu erkennen und zu begreifen, und wo wir gerade auch für sie eine Hoffnung auf Heil, auf Veränderung im Herzen haben - da ist zwar noch nichts besser. Aber da ist der Anfang gemacht, dass es besser werden kann. Dass es auf ganz eigene Weise und mitten im Alltag der Welt noch einmal Weihnachten werden kann. Auch heute noch. Amen. © Petra Michel-Fabian, Marion Braese, Elke Smollich, Jens Dechow.