Liebe Mitchristen! Es gibt ein Lied, das nicht nur von Kirchenchören, sondern auch von vielen anderen Menschen an Geburtstagen gerne gesungen wird: „ Wie schön, dass du geboren bist…“ Ich meine, dass das eine wunderbare Überschrift über dem heutigen Festtag ist: „Wie schön, dass du geboren bist..“ Es ist eine Überschrift über mehr als 2000 Jahre Christentum. „Wie schön, dass du geboren bist“, das werden Maria und Josef gedacht haben, als sie vor der Krippe standen und auf das neugeborene Kind schauten. Trotz widriger Umstände bei der Geburt, hat sicher die Freude überwogen, genau wie bei den jubilierenden Engeln und den Hirten, die mit ihren Herden zur Krippe ziehen und auch später bei den Weisen aus dem Morgenland, die sich auf eine gefährliche Reise machten, um dem Kind in der Krippe begegnen zu können. „ Wie schön, dass du geboren bist“, denken viele, die heute Weihnachten feiern. Kinder und Erwachsene freuen sich über Geschenke, Familien kommen zusammen, treffen sich, nehmen z.T. weite Anfahrten in Kauf und pflegen so ihre Gemeinschaft. Einsame werden hoffentlich besucht und Notleidenden wird geholfen. „ Wie schön, dass du geboren bist“,haben sicher viele gedacht, die dem erwachsenen Jesus begegnet sind. Kranken schenkte er neue Lebensmöglichkeiten, Schuldiggewordenen wurde ihre Last abgenommen, Ausgestoßene erfuhren neue Gemeinschaft und lebendig Tote erwachten zu neuem Leben. „ Wie schön, dass du geboren bist“,das geht tief, denn in diesem Kind in der Krippe zeigt sich Gott. Der Gott, der in unzugänglichem Licht wohnt, der als der ganz Andere von uns Menschen nur erahnt werden kann, bekommt ein Gesicht, das Gesicht eines Kindes, das Gesicht eines Menschen, dieser Gott wird einer von uns. In unvorstellbarer Solidarität begibt er sich in unser menschliches Leben hinein. Er bleibt nicht auf Distanz, er bleibt nicht Zuschauer, er wird Akteur. Er begibt sich in diese Welt hinein, um sie innen heraus zu verändern. Er wird Mensch. Einen politischen Vergleich mit dem Weihnachtsgeheimnis werden Sie nachvollziehen können. Viele von Ihnen werden sich an das Ereignis erinnern. Als der amerikanische Präsident John F. Kennedy am 26. Juni 1963 nach Berlin flog, kam er in die bereits eingeschlossene Stadt. In seiner berühmten Rede vor dem Schöneberger Rathaus waren es unter den vielen rhetorisch genialen und starken Sätzen gegen den Kommunismus vier einfache Worte, welche die Berliner im Herzen berührten und die bis heute unvergessen sind:“ Ich bin ein Berliner!“. Wer Ohren hatte zu hören, der konnte es hören: Der amerikanische Präsident wollte sich identifizieren mit der Situation der eingeschlossenen Bürger in Berlin. Er wollte sich an ihre Seite stellen, wie einer von ihnen sein, sie so verstehen, dass sie sich verstanden fühlten. Das gibt eine Ahnung von dem, was Weihnachten ist. Ich kann nur etwas verändern, bewirken, wenn ich nicht auf Distanz bleibe, wenn ich mich berühren lasse, wenn ich mich hineinbegebe in das Elend der Menschen. Wir in der Gemeinde , in der Caritas bekommen nur etwas mit von der Situation der Menschen in den Familien, in den Häusern, von der Situation in Litauen, wenn wir uns hinbegeben und sehen, wie die Menschen leben, denken, fühlen. Nur, wenn wir das sehen, erleben, an uns heran lassen, uns berühren lassen, haben wir die Chance etwas zu ändern. Gott hat in Jesus einen unglaublichen Akt der Solidarität gesetzt. „ Wie schön, dass du geboren bist.“ Wir würden diesen Anfang verraten, wir würden Gott verraten, wenn wir es beim Jubeln beließen. Der neue Kölner Erzbischof Woelki hat in einem Gespräch gesagt: Grundsätzlich können wir niemals mit dem Rücken zum Leid der Welt leben und schon gar nicht feiern. Das verträgt sich absolut nicht mit unserer Botschaft und unserem Auftrag als Christen. Weihnachten als weltabgewandte Oase auf einer Insel der Seligen feiern zu wollen, geht am Sinn des Festes vorbei. Weihnachten selbst stößt uns ja – wenn wir uns nicht vom Kitsch verleiten lassen – mitten ins Elend, in den Stall, in die Not einer Flüchtlingsfamilie, damit wir darin Gottes unglaubliches Handeln erkennen und von dort aufbrechen zu den Menschen in Not. Ja, das ist es. Freude über diesen Gott, der Kind wurde, der uns anschaut mit den Augen eines Kindes, der darin seine unglaubliche Solidarität mit uns Menschen zum Ausdruck bringt, der uns die Sicherheit gibt, dass wir niemals mehr allein sind, und der uns auffordert mit seinem Blick, selber solidarisch zu sein mit notleidenden Menschen unserer Umgebung, mit den vielen Flüchtlinge, die zu uns kommen, aber auch mit den Menschen in den Krisengebieten unserer Erde, die ich Ihnen nicht aufzählen muss. Solidarität ist gefordert, nicht Ablehnung, Demonstrationen für die Menschen, für eine liebevolle Aufnahme von Flüchtlingen und nicht Pegida- Aufmärsche gegen sie, ist das Gebot der Stunde. Freude über diesen Gott- und Solidarität mit den Notleidenden: Beides gehört zusammen. Dann ist Weihnachten. Dann ist es stimmig: „ Wie schön, dass du geboren bist!“. Amen.