Eine Weihnachtspredigt

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Weihnachten 2013
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
obwohl so viele Menschen eher gehetzt als glücklich wirken, obwohl einem die
Dauerberieselung mit „Stille Nacht, heilige Nacht“ aus den Lautsprechern der
Kaufhäuser „auf den Wecker gehen“ kann – es geht von diesem Fest ein eigenartiger
Zauber aus; Erinnerungen und Sehnsüchte werden wach.
Wenigstens für ein paar Stunden versucht man, an den Unruheherden der Welt die
Waffen schweigen zu lassen; Menschen, für die man sich das ganze Jahr über keine
Zeit nehmen konnte oder wollte, erhalten einen Gruß, werden beschenkt; Menschen,
deren Dienst wir das ganze Jahr über selbstverständlich in Anspruch genommen
haben, bekommen ein Wort des Dankes zu hören. Das Verantwortungsbewusstsein
den Armen, Kranken, Benachteiligten gegenüber ist an Weihnachten größer. Es
scheint in den Weihnachtstagen leichter zu sein, über seinen Schatten zu springen,
ein bisschen hilfsbereiter zu sein, liebevoller miteinander umzugehen.
Die Atmosphäre von Weihnachten hat etwas Ansteckendes an sich: Selbst die
Realisten oder auch die Traurigen lassen sich von dieser Atmosphäre ein wenig
mittragen. Die Zahl der Kirchenbesucher ist kaum einmal so groß wie an den
Weihnachtstagen; größer als sonst scheint die Sehnsucht nach Geborgenheit, die
Sehnsucht nach Gemeinschaft und Frieden, ja auch die Sehnsucht nach Gott zu sein.
Wie kommt es, dass so vieles, das Tage vorher noch unmöglich erschien, wenigstens
ansatzweise möglich wird? Doch leider zeigen die Menschen nach wenigen Stunden
wieder ihr „wahres Gesicht“ was die Zeit nach Weihnachten bestätigt. Sollten wir
nicht den Funken Hoffnung, der in diesen Tagen zum Vorschein kommt, versuchen zu
entzünden und am Leben zu erhalten?
Vielleicht drückt sich in unserem weihnachtlichen Verhalten doch ehrliche Sehnsucht
aus. Vielleicht spüren wir, dass da vor 2000 Jahren etwas Bahnbrechendes sich
ereignet hat, etwas, dass uns nicht kalt lassen kann. Vielleicht spüren wir doch noch,
dass angesichts jenes Ereignisses unser Unfriede, unser Egoismus, unsere
Gleichgültigkeit, unsere Machtgier unpassend sind. Vielleicht zeigen wir gerade in
diesen Weihnachtstagen viel mehr unser wahres Gesicht als sonst – ein freundliches,
verständnisvolles Gesicht.
Eines ist sicher: In diesem Menschen Jesus hat Gott sein wahres Gesicht gezeigt. Gott
schickt als Erlöser einen Menschen, der nicht als Herrscher auftritt und alles
bestimmen will: ein Mensch wie Du und ich in Windeln, gewickelt, erwachsen
werdend, teilweise hungrig, durstig, traurig, fröhlich, angefeindet, verzweifelt,
helfend, erschöpft, sterbend – wie wir.
Deutlicher hätte Gott seine Sympathie mit dieser Welt, seine Liebe zu uns nicht
zeigen können.
Erst wenn ein Mensch Sympathie erfährt, wenn jemand „Ja“ sagt zu ihm, kann er sich
voll mit allen seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten entfalten.
Weihnachten ist das Fest der Liebe. Angesprochen sollen sich auch diejenigen fühlen,
die Weihnachten allein verbringen müssen, weil zum Beispiel ein geliebter Partner
oder Freunde nicht mehr da sind, oder Eltern, die darunter leiden, dass ihre Kinder
sich entfremdet haben, Jugendliche und junge Erwachsene, die glauben, keine
gemeinsame Basis mehr mit ihren Eltern zu haben.
Wenn wir Gottes Sympathie und Liebe für uns Menschen ernst nehmen, dann haben
wir Grund zum Feiern, dann haben wir Grund zu strahlen und möglichst viele
Menschen an dieser Freude teilhaben zu lassen.
Wenn Gott zum Menschen „Ja“ gesagt hat, dann können wir nicht „Nein“ sagen zu
unseren Mitmenschen.
Wenn Gott „Ja“ sagt zu uns, dann verlieren alle menschlichen Streitigkeiten an
Bedeutung, all unser krampfhaftes Streben nach Anerkennung.
Dieses „Ja“ lässt auch alles Leid, alle Enttäuschung und Einsamkeit in einem anderen
Licht erscheinen; wir dürfen darauf vertrauen, dass bei Gott alles einen Sinn hat.
Wenn wir versuchen die Liebe Gottes neu zu verstehen, dann ist der Glanz des
Weihnachtsfestes mehr als nur Sentimentalität, dann ist Feiern und Schenken mehr
als eine Flucht aus der Realität; dann müsste unser ganzes Leben zu einem Fest
werden und nicht nur in diesen Tagen.
Und wenn wir die Liebe Gottes als wahr annehmen, dann können wir sie nicht für uns
behalten. Liebe, die erfahren wird, drängt zum Weiterschenken. Wenn uns das
gelingt, dann ist Weihnachten mehr als nur Erinnerung an ein Ereignis vor 2000
Jahren, dann wird Weihnachten Gegenwart. Möge das Licht dieser Nacht
hineinleuchten in unseren Alltag. Dieses Menschenkind Jesus will unser ganzes Leben
verwandeln.
Wenn jeder, der heute irgendwo eine Christmette mitfeiert, ein bisschen mitnimmt
von diesem Licht Jesu Christi hinein in seine Familie, in seinen Bekanntenkreis, an
seinen Arbeitsplatz, in der Schule, in den Verein, dann wird es heller und
menschlicher auf dieser Welt und wir werden erkennen, dass Gott auch heute mitten
unter uns lebt, dass etwas aufleuchtet von ihm im Angesicht unserer Mitmenschen.
Wie kann jeder einzelne von uns, wie können Sie, das Licht leuchten lassen und die
Liebe Gottes weiterschenken?
Sagen Sie „Ja“ zur Liebe,
Sagen Sie „Ja“ zu Gott
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