«Keine Zeit geht den Menschen so an die Nerven wie die

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ausserschwyz
Montag, 12. Dezember 2016
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«Keine Zeit geht den Menschen so
an die Nerven wie die Weihnachtszeit»
Kurz vor Weihnachten geht es vielen Menschen schlecht, sie sind dünnhäutig und empfindlich.
Jana Wittek von Gesundheit Schwyz weiss, wie man sich besser abgrenzen und somit den Advent geniessen kann.
mit Jana Wittek
sprach Michèle Fasler
Mein Hausarzt sagte mir kürzlich,
seine Praxis sei voll mit Patienten,
die eigentlich eher zum Psychologen gehörten – wegen Weihnachten und Familienproblemen. Was
sagen Sie dazu?
Zu Weihnachten und zum Jahreswechsel begleiten uns viele Gefühle. Nicht
nur die Freude, das Glück und die Zufriedenheit, sondern auch die Einsamkeit, die Ratlosigkeit, die Unsicherheit
oder die Zerrissenheit. Viele schauen
auf das zurückliegende Jahr und stellen fest, dass einiges nicht so gelaufen
ist, wie sie es gern wollten.
«Die Menschen
setzen sich selbst
unter Druck, da
es das perfekte
Weihnachtsfest
sein soll.»
Weshalb ist ausgerechnet die Vorweihnachtszeit so belastend für
uns?
Keine Zeit im Jahr geht den Menschen
so sehr an Herz und so an die Nerven
wie die Weihnachtszeit. Weihnachten,
das ist die Zeit von Wärme und N
­ ähe,
von Freude, Liebe, Wohlwollen und
Frieden. Weihnachten ist aber auch die
Zeit von Einkaufsstress, von Erwartungen und Enttäuschungen, von blank
liegenden Nerven, Streit und Frust in
Familien und Angst vor dem Alleinsein.
Dabei sollte doch alles so besinnlich sein …
Weihnachten hat wahrlich viele Gesichter. Natürlich wünschen wir uns
alle ein schönes, beschauliches Weihnachten im Kreise unsere Lieben, mit
Kerzenschein und Tannenduft und am
liebsten mit Schnee vor der Haustür.
Es sind kindliche Erinnerungen und
Wünsche, die Jahr für Jahr in uns wach
werden. Keine Zeit des Jahres vermag
den Lauf der Dinge so zu unterbrechen wie die Weihnachtszeit. Hier halten die Menschen noch inne, kehren
ein bei sich und bei Menschen, die ihnen etwas bedeuten. Es müsste nicht
Weihnachten sein, aber es ist gut, dass
es so eine Zeit noch gibt. Sie lehrt uns
Jahr für Jahr, dass es auch noch etwas
anderes gibt als Leistung, Wachstum
und Geld.
Haben die Menschen generell
falsche Vorstellungen von Weih­
nachten?
Immer mehr Menschen erleben während der Adventszeit häufig Hektik,
Kaufrausch und Stress. Sie setzen sich
selbst unter Druck, da es das perfekte Weihnachtsfest sein soll. Sie neigen deshalb auch dazu, besonders perfekt oder harmonisch zu sein. Somit
bleibt die Zeit der Ruhe und Besinnung, das Fest der L
­iebe und Familie auf der Strecke. Unsere Idealvorstellung der Advents- und Weihnachtszeit hat viel mit Kerzenschein, gemütlichem Beisammensein und Besinnlichkeit zu tun, die Realität besteht allerdings oft eher aus verstopften Innenstädten, hektischen Vorbereitungen
und Last-Minute-­Geschenken.
Kann der Weihnachtsblues auch
daher kommen, dass sich die
Weihnachten ist die Zeit von Freude und Frieden – aber auch von Enttäuschungen, blank liegenden Nerven und Frust. Menschen einsam fühlen?
Ja, Einsamkeit spielt eine sehr grosse Rolle. Einsamkeit kann vor allem
bei allein lebenden Menschen auftreten, aber auch bei denjenigen, die im
Miteinander keinen Rückhalt erfahren.
Ausserdem sind Menschen besonders
gefährdet, die es über das Jahr hinweg
vermieden haben, zwischenmenschliche Konflikte auszutragen, oder die es
schwer haben, die Festtage so zu gestalten, dass sie zufrieden sein können.
Natürlich ist diese Zeit auch für diejenigen besonders schmerzhaft, die gerade eine Trennung, den Auszug der
Kinder oder den Tod eines nahestehenden Menschen hinter sich haben –
das sind veränderte Lebensumstände,
die Grund sein können für eine Krise,
wenn andere feiern.
«Ein Spaziergang
oder Gymnastik –
und sei es auch nur
vor dem Fernseher
– hilft, die Gedanken
abzulenken.»
Sie haben vorhin darüber gesprochen, dass sich viele selbst unter
Druck setzen, weil Weihnachten
perfekt werden soll. Wie sieht Ihr
Vorschlag für ein Weihnachts­menü
aus?
Ich empfehle kein überladenes Festessen, sondern etwas Einfaches, das
einem wirklich schmeckt.
Falls die Gedanken dennoch ständig um das perfekte Weihnachtsmenü oder um die Schwiegermutter kreisen – wie kann man sich ablenken, um gefühlsmässig nicht in
ein Loch zu fallen?
Man sollte sich fragen: Was mag ich
besonders gern? Das könnte ein Buch
oder ein Film sein, den man noch nicht
kennt. Es sollte nichts sein, wobei man
Bilder zvg
in Erinnerungen schwelgt. Auch ein
Spaziergang oder Gymnastik – und sei
es auch nur vor dem Fernseher – hilft,
die Gedanken abzulenken. Ich empfehle auch, nicht zu viel zu schlafen. Es
mag zwar merkwürdig klingen, aber
zu viel Schlaf fördert die negative Stimmung.
Gibt es noch weitere Tricks für eine
bessere Stimmung?
Ja, die gibt es. Ich empfehle Farben
wie Rot, Orange und Gelb entweder als
Accessoires in der Wohnung oder als
Kleidung. Auch viel Licht kann helfen,
die Stimmung etwas aufzuhellen. Und
treffen Sie sich mit anderen Menschen.
Das hilft gegen den Winterblues.
Die besten Tipps von Jana Wittek, wie man die Adventszeit ohne Stress geniessen kann:
Pausen machen
Wer kennt das nicht? Die
Arbeit stapelt sich nicht nur
auf dem Schreibtisch, son­
dern auch im Haushalt, und
die Zeit reicht nicht aus, um
­alles zu schaffen. Also ­werden
Pausen verkürzt oder ­sogar
ganz ausgelassen. Dabei ist
dieses Verhalten nur kurz­
fristig gut. Die Pausen sind
­dazu da, um sich zu regenerie­
ren. Machen wir keine, sind wir
müder und gestresster. ­Also
ist es am besten, eine Pau­
se zu machen und auch mal
vor die Tür zu gehen, auch
wenn das Wetter nicht so ein­
ladend ist. Frische Luft tut gut.
Sich Zeit nehmen
Abends stehen zumeist noch
Weihnachtseinkäufe, Kochen,
Waschen, Putzen oder diver­
se Adventsveranstaltungen
an, die kaum Zeit lassen, das
innere Gleichgewicht zu fin­
den. Nehmen Sie sich ein­
fach mal die Zeit und legen
sich gemütlich in ein Schaum­
bad oder setzen sich mit
­guter Musik auf die Couch.
Nach Wunschlisten fragen
Kinder machen Wunschlis­
ten, Erwachsene nicht mehr.
­Warum eigentlich, denn auch
Erwachsene freuen sich über
die richtigen Geschenke und
sind nicht interessiert an
den langen Schlangen beim
­Umtausch. Wer sich für zehn
Minuten hinsetzt und über
die eigenen Wünsche nach­
denkt, merkt schnell, dass
es nicht viel kostet, um her­
auszufinden, was man sich
wünscht. Wenn Familie und
Freunde das Gleiche tun, hat
man schnell eine Menge Zeit
gespart, weil langes Kopfzer­
brechen und stundenlanges
rastloses Suchen nach pas­
senden Geschenken in über­
füllten Kaufhäusern wegfallen.
Den Augenblick geniessen
Es klingt banal, aber zu­
meist vergessen wir in den
stressigen Momenten nur
zu schnell, dass viele schö­
ne Dinge um uns herum pas­
sieren. ­Anstatt die anstren­
genden Menschenmassen
auf den W
­ eihnachtsmärkten
zu registrieren, kann man sich
auch auf das kleine Mäd­
chen im Kinderwagen konzen­
trieren, das so selig schaut,
«Auch Erwachsene
sollten eine
Wunschliste
machen.»
Jana Wittek
Dipl. Gesundheitswirtin,
Programmleitung Psychische
Gesundheit bei Gesundheit
Schwyz
weil es eben ein Lebkuchen­
herz bekommen hat. Vielleicht
auch einfach mal ganz leise
eines der vielen Weihnachts­
lieder mitsummen, die an den
Ständen abgespielt werden.
Pläne machen
Es ist keine Überraschung,
dass jedes Jahr zu Weihnach­
ten viele Termine und Auf­
gaben anstehen. Machen
Sie sich Pläne, wann Sie was
­erledigen wollen, und teilen
sich die Aufgaben rechtzei­
tig ein. Der Kalender ist da­
bei der gute Freund, der zeigt,
wann welcher Termin an­
steht und wo vielleicht noch
ein bisschen freie Zeit ist. So
hat man die Möglichkeit, sich
auf die schönen Aufgaben
und freien Stunden zu f­ reuen.
Und Vorfreude ist ja bekannt­
lich die schönste Freude.
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