1. Was ist die DLR? Die Dienstleistungsrichtlinie ist ein Bündel von rechtlichen Maßnahmen, die vier Ziele verfolgen: - einen einheitlichen Binnenmarkt für Dienstleistungen schaffen, indem es für Dienstleister einfacher gemacht wird, ihre Leistungen außerhalb ihres Heimatlandes anzubieten - Verwaltungsvereinfachung - Verwaltungsbeschleunigung - Stärkung der europäischen Zusammenarbeit – dabei geht es insbesondere um Amtshilfe aller zuständiger Behörden auf Europäischer Ebene 2. Welche Anforderungen stellt die DLR? Wiederum sind vier Punkte zu nennen: - Normenscreening (das ist die Prüfung aller Rechtsvorschriften daraufhin, ob sie ausländische Dienstleister nicht diskriminieren) - Einrichtung sogenannter Einheitlicher Ansprechpartner -abgekürzt EA - die Möglichkeit der (elektronischen) Amtshilfe zwischen allen 27 Ländern der EU (Internal Market Information System, abgekürzt IMI) - umfassende Informationspflichten der Verwaltungen gegenüber (potentiellen) Dienstleistern 3. Welche Dienstleister betrifft sie? Eine breitgefächerte Zahl von Dienstleistungen aller Art. Ein paar Beispiele: Steuerberater, Rechtsanwälte, Handwerker, Reisebüros, Veranstaltungsmanager, Catering-Unternehmen Reinigungsunternehmen, Hotelgewerbe, Privatschulen im weitesten Sinn, Vermietungen im weitesten Sinn, Makler, Hausmeisterdienste, Gebäudemanagement. Einige Dienstleistungen sind ausdrücklich ausgenommen, z. B. Verkehrsdienstleistungen, Teile des Gesundheitswesens, Glücksspiele, alle Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, soziale Dienstleistungen. 4. Das Recht auf Information Die Dienstleistungserbringer haben gegenüber den zuständigen Behörden und gegenüber dem EA einen Anspruch auf vollständige, behördenübergreifende, leicht verständliche, aktuelle und elektronisch zugängliche Informationen über eine Fülle von Fragen. Ein paar Beispiele: - Verfahren und Formalitäten für die Aufnahme von Dienstleistungstätigkeiten - Zuständige Behörden - Zugänge zu öffentlichen Registern Die §§ 138 a – e des Landesverwaltungsgesetzes wurden komplett neu gefasst, um die Dienstleistungsrichtlinie umzusetzen. Zwei Gesichtspunkte dominieren diese Neufassung: Beschleunigung des Verfahrens, umfassende Beratung des Antragstellers. 5) Der Einheitliche Ansprechpartner a) Allgemeines Die Dienstleistungsrichtlinie schreibt die Schaffung des einheitlichen Ansprechpartners in allen Ländern der EU zwingend vor. Welcher Gedanke steht dahinter? Innerhalb der EU steckt die Rechtsvereinheitlichung noch in den Kinderschuhen. Deshalb kann man von einem ausländischen Dienstleister nicht erwarten, dass er weiß, welche Erfordernisse er erfüllen muss, um seine Dienstleistungen in einem anderen Land der EU anzubieten. Diese Aufgabe soll ihm der einheitliche Ansprechpartner abnehmen. Er stellt sicher, dass jeder Dienstleister einfachen und schnellen Zugang zu den Informationen darüber hat, welche Genehmigungsverfahren und Formalitäten er in dem von ihm gewählten Land der EU durchlaufen bzw. erfüllen muss, um seine Dienstleistung anzubieten. Die gesamte Verfahrensabwicklung muss zudem auf elektronischem Weg möglich sein. Wie der Einheitliche Ansprechpartner ausgestaltet wird, überlässt die Dienstleistungsrichtlinie dem jeweiligen Mitgliedsstaat. Etliche Staaten der EU haben sich für einen einzigen Einheitlichen Ansprechpartner entschieden, z.B. Dänemark, Niederlande Schweden und Großbritannien. Dieser „Ansprechpartner“ ist eigentlich kein Ansprechpartner, sondern ein Kontaktpunkt in Form einer elektronischen Plattform. Die Bundesrepublik steht in gewisser Weise einzigartig da, denn der Einheitliche Ansprechpartner ist nicht einheitlich geregelt. Er ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. In Schleswig-Holstein hat man sich auf die Schaffung einer neuen Institution geeinigt, eine Anstalt öffentlichen Rechts, die ihren Sitz in Kiel hat Die Inanspruchnahme des einheitlichen Ansprechpartners steht in Deutschland nicht nur den ausländischen Dienstleistungserbringen offen, sondern auch Inländern. Dies ist keine Pflicht, d.h. der Dienstleistungserbringer kann sich auch direkt an die zuständigen Stellen wenden. b) Rechtliche Aspekte Der einheitliche Ansprechpartner ist nach § 138 b LVWG dafür zuständig, Anzeigen, Anträge, Willenserklärungen und Unterlagen entgegenzunehmen und sie unverzüglich an die zuständigen Behörden weiterzuleiten. Er hat also eine Mittlerfunktion und erlässt nicht etwa selber Verwaltungsakte. Das bedeutet: Der EA nimmt eine summarische Vollständigkeitsprüfung bei eingegangenen Anträgen und Mitteilungen vor, er macht Antragsteller auf offensichtliche Fehler oder unvollständige Unterlagen aufmerksam und wickelt die gesamte Verfahrenskorrespondenz ab. Dazu gehört auch die Zustellung und Bekanntgabe der Verwaltungsakte, die die zuständigen Behörden erlassen. Damit das überhaupt innerhalb der dafür gesetzten Fristen möglich ist (auf die Fristen gehe ich später noch ein), gibt der neue § 138 LVwG vor, dass der EA und die zuständigen Behörden gemeinsam auf eine ordnungsgemäße und zügige Verfahrensabwicklung hinwirken und sich gegenseitig unterstützen müssen (sog. Sternverfahren). Wichtig ist noch, dass Verfahren nur dann über den einheitlichen Ansprechpartner abgewickelt werden (dürfen), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet ist (§ 138 a Abs. 1 LVWG). Dies ist aber für viele Verfahren schon geschehen. 6) Die Genehmigungsfiktion Nach Art. 13 Abs. 4 der DLR gilt eine Genehmigung, die die Ausübung einer Dienstleistung betrifft, als erteilt, wenn der Antrag nicht innerhalb einer bestimmten Frist beschieden worden ist (Art. 13 Abs. 3). Dies wird in § 111 a LVwG konkretisiert. Dort finden sich folgende Regelungen: - eine Genehmigungsfiktion gilt immer dann, wenn sie durch Rechtsvorschrift angeordnet ist - die Frist beträgt regelmäßig drei Monate, sofern nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes angeordnet ist - die Frist kann verlängert werden, wenn die Schwierigkeiten der Angelegenheit dies rechtfertigen - die Genehmigungsfiktion ist auf Antrag schriftlich zu bescheinigen. In der Konsequenz bedeutet das, dass die zur Verfügung stehende Bearbeitungszeit faktisch um die Zeit bis zum Eintritt der Genehmigungsfiktion gekürzt wird. Wie viel Zeit zur Bearbeitung bleibt, hängt von der jeweiligen Rechtsvorschrift ab (dazu gleich noch mehr). Außerdem ist wichtig, dass bei einem Postversand ins Ausland eine Bekanntgabefiktion von einem Monat gilt (§ 138 b Abs. 6 Satz 1 LVwG). 7) Das Recht auf elektronische Abwicklung Alle Verfahren, die die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit betreffen, können über den Einheitlichen Ansprechpartner oder die zuständige Behörde elektronisch abgewickelt werden. Für Schleswig-Holstein ist dies in § 138 e LVwG geregelt. Die elektronische Verfahrensabwicklung soll sicherstellen, dass grundsätzlich alle von der DLR betroffenen Verwaltungsverfahren problemlos elektronisch und aus allen Mitgliedsländern der EU durchführbar sind. Das heißt, ab dem 28. Dezember dieses Jahres muss jeder Kommunikationsschritt auf elektronischem Weg möglich sein. Dokumente dürfen nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil sie nur in digitalisierter Form eingereicht werden. Grundnorm für das elektronische Verwaltungsverfahren ist § 150 Abs. 5 LVwG.