2 R 8/03 - Asyl.net

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M5683
2 R
8/03
4 K 581/98.A
Urteil
Im Namen des Volkes!
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des pakistanischen Staatsangehörigen
,
Kläger und Berufungskläger,
- Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Borschberg,
Mainzer Straße 7, 64521 Groß-Gerau
g e g e n
die
Bundesrepublik
Deutschland,
vertreten
durch
das
Bundesministerium des Innern, dieses vertreten durch den
Präsidenten des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge, Frankenstraße 210, 90461 Nürnberg,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
weiter beteiligt:
der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten beim Bundesamt
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Rothenburger
Straße 29, 90513 Zirndorf,
Beteiligter,
w e g e n
Anerkennung als Asylberechtigter und Anfechtung
aufenthaltsbeendender Maßnahmen
- 2394571-461
hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in
Saarlouis durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts
Rubly, den Richter am Oberverwaltungsgericht Sauer und die
Richterin am Oberverwaltungsgericht Schwarz-Höftmann aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2004 für Recht erkannt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der
Kläger
trägt
gerichtskostenfreien
Berufungsverfahrens.
die
Das
Urteil
ist
wegen
vorläufig vollstreckbar.
Kosten
der
des
Kosten
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1972 geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger
und Mitglied der Ahmadiyya-Muslim-Jamaat. Nach eigenen Angaben
verließ
er
sein
Heimatland
am
2.10.1998
und
reiste
er
am
selben Tag auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland
ein.
Am
8.10.1998
beantragte
er
seine
Anerkennung
als
Asylberechtigter. Bei seiner Anhörung im Rahmen der Vorprüfung
seines Asylbegehrens am selben Tag gab er im Wesentlichen zur
Begründung seines Asylbegehrens an: Seit etwa vier Jahren
arbeite er für seine Religion. In seiner Gegend kenne ihn
jeder; wenn etwas passiere, werde von der gegnerischen Partei
- nämlich allen anderen Moslems - immer auch sein Name
genannt. Vor eineinhalb Jahren habe er ein Fitnesscenter
eröffnet. Die gegnerische Partei habe ihm aber vorgeworfen,
dass dies nur ein Vorwand sei und er in Wirklichkeit
Ahmadiyya-Soldaten ausbilde. Er sei deswegen auch angezeigt
worden. Als die Polizei dann bei ihm im Laden gewesen sei und
gefragt habe, ob der Vorwurf zutreffe, habe jemand von der
gegnerischen Partei, der bei ihm trainiert habe, bestätigt,
dass es sich um ein ganz normales Fitnesscenter handele. Er
habe dem Polizisten noch 5.000 Rupien Bestechungsgeld gezahlt
und dann seine Ruhe gehabt. Im Juni 1998 habe er seinen
Motorroller an einen Freund verkauft, der kein Ahmadi gewesen
sei. Da dieser ihm noch Geld geschuldet habe, sei er nach ein
paar Wochen zu ihm gefahren und habe nach dem Geld gefragt.
Der Freund, der eine Motorradwerkstatt betreibe, habe ihn zum
Tee eingeladen. Ein paar junge Männer seien hinzugekommen und
hätten ihn gefragt, ob er seinen Freund auch zum Ahmadi machen
wolle. Obwohl er ihnen den Grund seines Aufenthaltes erklärt
habe, seien sie auf ihn losgegangen, hätten ihn geschlagen und
schließlich auf das Polizeirevier gebracht, wo er eingesperrt
worden sei. Von den Polizisten sei er hierzu befragt worden;
sie hätten ihm aber nicht geglaubt. Nach einem Tag sei von
seinem Onkel und einigen Nachbarn ein Bestechungsgeld an die
Polizisten gezahlt worden; daraufhin sei er freigekommen. Die
Leute von der gegnerischen Partei hätten sich jedoch deshalb
bei der Polizei beschwert. Die Polizisten seien zu ihm nach
Hause gekommen und hätten gesagt, dass er noch einmal für vier
bis fünf Tage mitkommen müsse, bis sich die Sache beruhigt
habe. Dann würde er wieder freigelassen werden. Sein Onkel
habe
jedoch
erklärt,
dass
er
nicht
da
sei.
Nachdem
die
Polizisten wieder weggegangen seien, habe ihm sein Onkel
geraten, von hier zu verschwinden. Er sei dann nach Lahore
gegangen. Das sei Anfang Juli 1998 gewesen. In Lahore habe er
bei einem Freund, einem Ahmadi, gewohnt. Während seiner
Abwesenheit seien die Leute von der gegnerischen Partei noch
zweimal nach Hause gekommen und hätten auch einmal seinen
Bruder
geschlagen.
Ansonsten
hätten
sie
seine
Familie
telefonisch bedroht und gedroht, ihn umzubringen, wenn sie ihn
fänden.
Auch
seien
seine
Mutter
und
seine
Schwestern
beschimpft worden. Die Polizei habe gegenüber seinem Onkel
gedroht, dass sie seinen Bruder mitnehmen würde, wenn sie ihn
selbst nicht finden würden. Nachdem sein Onkel jedoch darauf
hingewiesen habe, dass es Sache der Polizei sei, ihn zu
finden, hätten sie seinen Bruder in Ruhe gelassen, gegen ihn
selbst - den Kläger - jedoch einen Haftbefehl erlassen. Er
wisse allerdings nicht genau, ob es ein Haftbefehl gewesen
sei. Es sei jedenfalls eine Anzeige der gegnerischen Partei
gegen ihn bei Gericht, die ihm auf seine Bitte hin der Freund
besorgt habe, an den er das Motorrad verkauft habe. Er sei
verfolgt worden, weil er Aufpasser für seine Religion gewesen
sei, also nachts die Straßen, ihren Friedhof und ihre Moschee
bewacht habe. Dies habe er zusammen mit anderen Jungs gemacht.
Er sei fünf- oder sechsmal von der gegnerischen Partei
angegriffen worden, dabei sei es auch zu Schlägereien
gekommen. Alle Ahmadis müssten sich selber schützen, da die
Polizei ihnen nicht helfe. Sie müssten auch ihre Geschäfte
schützen, die des Öfteren mit Steinen beworfen würden. Der
Kläger legte eine Kopie einer Anzeige gegen ihn vor.
Mit Bescheid vom 21.10.1998 lehnte das Bundesamt für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge der Beklagten den Antrag
auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass
die
Voraussetzungen
des
§
51
I
AuslG
und
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen.
Gleichzeitig wurde der Kläger zur Ausreise innerhalb eines
Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert und ihm
wurde die Abschiebung nach Pakistan oder in einen anderen
Staat angedroht, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner
Rückübernahme
verpflichtet
sei,
falls
er
nicht
spätestens
einen Monat nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens
ausreise. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den
Inhalt des angefochtenen Bescheides verwiesen. Der Bescheid
wurde dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am
23.10.1998 zugestellt.
Am 23.10.1998 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat
er im Wesentlichen vorgetragen, ausweislich des Akteninhaltes
der
Behördenakte
der
Beklagten
habe
er
ein
bei
der
Polizeistation Chiniot/Pakistan am 9.7.1998 unter der Nr. 355
registriertes F.I.R. zur Akte gereicht. Danach werde er
beschuldigt, in einem Schuhgeschäft in Chiniot mit Kunden
religiöse Gespräche angefangen zu haben. Zudem solle er am
6.7.1998 einen Kunden angesprochen und versucht haben, ihn zum
Übertritt zu der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft zu bewegen.
Das Verfahren sei nach Sec. 298 c PPC registriert worden. Nach
Kenntnis des Klägers sei es immer noch anhängig. Im Übrigen
hat er darauf hingewiesen, dass in letzter Zeit eine
verschärfte Verfolgungspraxis der pakistanischen Polizei- und
Justizbehörden gegenüber Mitgliedern der Ahmadiyya-Gemeinde
festzustellen sei und auch die Übergriffe orthodoxer Moslems
gegen Ahmadiyya-Moslems in asylerheblicher Weise zahlreicher
und brutaler geworden seien. Der pakistanische Staat gewähre
Ahmadiyya-Moslems keinen Schutz vor diesen Übergriffen. Die
Erkenntnislage über die verschlimmerte Verfolgungssituation
der Ahmadiyya-Moslems in Pakistan habe sich nach Berichten aus
seriösen Quellen verbessert. Wegen der Einzelheiten wird auf
den Schriftsatz des Klägers vom 18.8.2000 verwiesen.
Nachdem das Verwaltungsgericht zur Frage der Echtheit der vom
Kläger vorgelegten Strafanzeige Beweis erhoben hatte durch
Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes - zum Ergebnis
der Beweiserhebung wird auf die Auskunft des Auswärtigen Amts
vom 7.12.2000 verwiesen -, hat der Kläger darauf hingewiesen,
dass das pakistanische Gericht das Verfahren erst nach fünf
Ladungen
vorläufig
eingestellt
habe,
so
dass
nach
pakistanischem
Strafprozessrecht
das
Verfahren
jederzeit
wieder aufgenommen werden könne, wenn bekannt werde, dass der
Beschuldigte
sich
wieder
in
Pakistan
aufhalte
und
der
Beschwerdeführer
oder
jemand
anderes
dies
dem
Gericht
mitteile. Er habe niemanden mit der Einleitung dieses sehr
gefährlichen Verfahrens gegen sich selbst beauftragt. Vielmehr
sei als bewiesen anzusehen, dass gegen ihn vor und unter
Berücksichtigung der fünf Ladungen wohl noch zum Zeitpunkt der
Ausreise ein Verfahren nach Sec. 298 c PPC anhängig gewesen
sei. Da er bei einer Rückkehr nach Pakistan unter Anwendung
des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes nicht vor
einer erneuten Verfolgung - nicht nur durch Wiederaufnahme des
Strafverfahrens,
sondern
auch
durch
anderweitige
Verfolgungsakte - hinreichend
Asylberechtigter anzuerkennen.
sicher
wäre,
sei
er
als
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
21.10.1998
zu
verpflichten,
den
Kläger
als
Asylberechtigten
anzuerkennen
und
weiterhin
festzustellen,
dass
in
seiner
Person
die
Voraussetzungen des § 51 I AuslG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen,
dass
Abschiebungshindernisse
sind.
in
gemäß §
seiner
53 AuslG
Person
gegeben
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den angefochtenen Bescheid bezogen und
darüber hinaus ausgeführt, dass das Auswärtige Amt in seiner
Auskunft habe mit seinem Hinweis zur Möglichkeit, durch einen
Dritten ein Verfahren gegen sich selbst einzuleiten, zum
Ausdruck bringen wollen, dass einem – wie vorliegend aufgrund eines solchen Auskunftsersuchens getroffenen Ergebnis
letztlich kein Beweiswert zukomme. Da der Kläger in Pakistan
keinesfalls einer landesweiten Fahndung unterliegen könne, sei
er weder als vorverfolgt anzusehen, noch seien irgendwelche
Rückkehrbefürchtungen zu hegen.
Der Beteiligte hat sich zu der Klage nicht geäußert.
Durch Urteil vom 16.1.2001 - 4 K 581/98.A - hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist
ausgeführt: Einer Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter
stünden die Vorschriften des Art. 16a II GG nach § 26a I
AsylVfG entgegen, da er nicht habe glaubhaft machen können,
auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist
zu sein. Er habe auch nicht glaubhaft machen können, als
Mitglied
der
Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft
in
Pakistan
politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a I GG erlitten zu
haben oder im Falle der Rückkehr in sein Heimatland befürchten
zu müssen. Dabei lege das Gericht seiner Bewertung die
gegenwärtig herrschende Rechtsprechung zugrunde, wie sie das
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seiner Entscheidung
vom 1.10.1999 - 9 Q 101/99 - zusammengefasst habe. Hiervon
ausgehend könne die Klage des Klägers nur dann erfolgreich
sein, wenn er sein Heimatland als bereits Vorverfolgter oder
wegen
der
Gefahr
unmittelbar
bevorstehender
Verfolgung
verlassen hätte. Der Kläger sei keinen staatlich geduldeten
Verfolgungsmaßnahmen Dritter, also insbesondere gegnerischer
Moslems ausgesetzt gewesen. Aber auch soweit er sich auf im
Zeitpunkt seiner Ausreise bereits eingeleitete und noch immer
drohende unmittelbare staatliche Verfolgungsmaßnahmen in Form
eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens berufe, habe er
dem Gericht nicht die notwendige Überzeugungsgewissheit von
der Richtigkeit seiner Darstellung vermitteln können. Seine
Angaben erschienen vielmehr gerade auch unter Berücksichtigung
des von ihm als Beweismittel eingereichten Dokumentes als zu
uneinheitlich und widersprüchlich. Die Lage der Ahmadis in
Pakistan
habe
sich
seit
der
Entscheidung
des
Oberverwaltungsgerichts auch nicht in solcher Weise verändert,
dass nunmehr von einer der Religionsgemeinschaft drohenden
unmittelbaren oder mittelbaren Gruppenverfolgung auszugehen
sei. Soweit die in dem Zusammenhang vom Kläger aufgeführten
Verfolgungsfälle überhaupt berücksichtigungsfähig seien - die
überwiegende Zahl liege vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt seien sie jedenfalls in quantitativer wie auch qualitativer
Hinsicht nicht geeignet, eine solche Verfolgungsdichte zu
belegen, bei der von einer Ahmadis im Rückkehrfall mit
beachtlicher
Wahrscheinlichkeit
drohenden
religiösen
Verfolgung zu sprechen wäre. Dies bestätige auch die aktuelle
Auskunftslage.
Auch
der
auf
die
Feststellung
von
Abschiebungshindernissen im Sinne des § 53 AuslG gerichtete
Hilfsantrag
des
Klägers
bleibe
ohne
Erfolg,
da
diese
Voraussetzungen nicht vorlägen, auch wenn die Angehörigen der
Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Pakistan ihre Religion nicht
unbeschränkt ausüben könnten. Das Urteil wurde dem Kläger zu
Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 1.2.2001 zugestellt.
Am 14.2.2001 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung,
die mit Beschluss vom 25.7.2001 - 9 Q 23/01 - zugelassen
wurde.
Die Berufung begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen,
dass religiöse Gegner des Klägers in Chiniot mit falschen
Angaben ein religiöses Strafverfahren gemäß Sec. 298 c PPC
eingeleitet hätten. Er habe daher vor seiner Ausreise mit
seiner Verhaftung und gegebenenfalls auch Aburteilung nach den
religiösen Strafvorschriften des PPC rechnen müssen. Das
vorläufig eingestellte Verfahren könne jedoch jederzeit nach
seiner
Rückkehr
wieder
aufgenommen
werden.
Im
Übrigen
schreckten die religiösen Gegner auch nicht davor zurück, ein
neues Verfahren mit falschen Angaben gegen ihn einzuleiten.
Für die asylrechtlich relevante Frage der individuellen
Vorverfolgung des Klägers sei es unerheblich, ob das Verfahren
gegen ihn nach dessen Ausreise noch fortgesetzt werden könne.
Er habe das Verfahren weder selbst noch durch "gute Freunde"
gegen sich in Gang gesetzt. Der Antragsteller sei ihm auch
nicht bekannt. Im Übrigen hätten seit dem Militärputsch die
Übergriffe
gegen
Ahmadis
sowohl
quantitativ
erheblich
zugenommen als auch von der Intensität her eine deutliche
Steigerung erfahren. Es sei nur auf die beiden Ereignisse vom
Oktober
und
November
2000
zu
verweisen,
bei
denen
jeweils
mehrere
Ahmadis
in
ihren
Moscheen
von
orthodoxfundamentalistischen Angreifern umgebracht worden seien. Der
Kläger nimmt auf den erstinstanzlichen Vortrag und den Vortrag
aus
dem
Antragsverfahren
Bezug.
Er
reicht
Dokumente
(Ladungsnachweise, Haftbefehl vom 17.4. und Beschwerde vom
9.7.1998 mit Ladungsverfügung vom 28.4.2001) zu den Akten.
Der Kläger beantragt wörtlich:
1.
Das
Urteil
des
Verwaltungsgerichtes
des
Saarlandes vom 16.1.2001 wird abgeändert.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 21.10.1998 wird
aufgehoben.
Die
Beklagte
wird
verpflichtet,
festzustellen, dass der Kläger als Asylberechtigter
anerkannt wird.
3. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen,
dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen
des § 51 I AuslG vorliegen.
4.
Die
Beklagte
wird
hilfsweise
verpflichtet
festzustellen, dass in der Person des Klägers
Abschiebungshindernisse gem. § 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, dass die Authentizität der vom
Kläger vorgelegten Dokumente die im verwaltungsgerichtlichen
Urteil getroffene Gesamteinschätzung nicht zu widerlegen oder
entkräften vermögen. Insbesondere bestehe kein glaubhafter
tatsächlicher Hintergrund zur Annahme einer bereits erlittenen
Verfolgung.
Im
Übrigen
habe
der
Kläger
auch
unter
Berücksichtigung der jüngeren Entwicklung in Pakistan keine
Verfolgungsgefahr
wegen
Zugehörigkeit
zur
AhmaddiyyaGlaubensgemeinschaft zu gewärtigen.
Der Beteiligte hat sich zu der Berufung nicht geäußert.
Der Senat hat den Kläger informatorisch zu seinen Asylgründen
befragt; wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschriften
(Bl. 58-64 und Bl. 104-106 der Akten) verwiesen. Ferner hat
der Senat Beweis erhoben durch Einholung einer Auskunft des
Auswärtigen Amtes; wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses
wird Bezug genommen auf Bl. 64, 86 der Akten.
Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird Bezug genommen auf
den
Inhalt
der
Gerichtsakten
und
der
beigezogenen
Verwaltungsunterlagen der Beklagten, der ebenso wie die
Dokumentation "Pakistan" (Stand: 1.3.2004) Gegenstand der
mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Das
Ausbleiben
des
Beteiligten
im
Termin
stand
einer
Verhandlung und Entscheidung in der Sache nicht entgegen, da
er ordnungsgemäß und unter Hinweis auf § 102 II VwGO geladen
worden war.
Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die
zulässige Klage des Klägers ist vom Verwaltungsgericht zu
Recht als unbegründet abgewiesen worden. Er hat keinen
Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne des
Artikels 16a I GG und auf Feststellung des Vorliegens der
Voraussetzungen des § 51 I bzw. § 53 AuslG. Der angefochtene
Bescheid der Beklagten vom 21.10.1998 ist rechtmäßig.
Der
geltend
gemachte
Anspruch
auf
Anerkennung
als
Asylberechtigter scheitert schon daran, dass die vom Kläger
behauptete Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auf dem
Luftweg ohne Berührung eines sicheren Drittstaates nach Art.
16a II GG, § 26a AsylVfG nicht erweislich ist und er die
materielle Beweislast für diese seine Behauptung trägt.
Nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG kann sich ein
Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a II 1
GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf Art. 16a I
GG berufen (§ 26a I 1 AsylVfG); er wird nicht als
Asylberechtigter anerkannt (§ 26a I 2 AsylVfG). Diese Regelung
beschränkt den Schutzbereich des Grundrechts auf Asyl, indem
sie den Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat in die
Bundesrepublik einreist, aus dem persönlichen Geltungsbereich
des Grundrechts ausschließt.
BVerfGE 94, 49 (95)
Dabei treffen den Asylbewerber hinsichtlich seiner Einreise
allgemeine und im Asylverfahrensgesetz geregelte besondere
verfahrensrechtliche
Mitwirkungspflichten
in
Form
von
Darlegungs- und Handlungspflichten. So hat er etwa die
erforderlichen Angaben über seinen Reiseweg vom Herkunftsland
nach Deutschland zu machen (§ 15 I, II Nr. 1 und § 25 I 1 und
2 AsylVfG). Hingegen trifft den Asylbewerber insoweit keine
Beweisführungspflicht. Vielmehr bleibt es Sache des Gerichts,
den Sachverhalt – soweit erforderlich – von Amts wegen weiter
aufzuklären
(§
86
I
VwGO)
und
im
Rahmen
seiner
Überzeugungsbildung alle Umstände zu würdigen (§ 108 I VwGO).
Dabei hat es auch zu berücksichtigen, dass und aus welchen
Gründen
die
gesetzlich
vorgesehene
Mitwirkung
des
Asylbewerbers
bei
der
Feststellung
seines
Reiseweges
unterblieben ist. Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass
der Asylbewerber, wie von ihm behauptet, auf dem Luftweg
eingereist ist, kann es aber auch nicht die Überzeugung
gewinnen, dass er auf dem Landweg eingereist ist, und sieht es
keinen Ansatzpunkt für eine weitere Aufklärung des Reisewegs,
hat es die Nichterweislichkeit der behaupteten Einreise auf
dem Luftweg festzustellen und eine Beweislastentscheidung zu
treffen.
mit eingehender Begründung BVerwG, Urteil vom
29.6.1999 – 9 C 36/98 -, BVerwGE 109, 174 = NVwZ
2000, 81
Das Bundesamt der Beklagten hat in dem angefochtenen Bescheid
der Behauptung des Klägers, auf dem Luftweg in Deutschland
eingereist zu sein, keinen Glauben geschenkt. Es hat hierzu
dargelegt, dass er diese Behauptung durch keinerlei Unterlagen
wie Passeintrag, Flugschein oder Bordkarte habe belegen
können. Zu Einzelheiten befragt habe er lediglich angegeben,
für die Einreise einen falschen Reisepass benutzt zu haben,
über den er jedoch nichts Näheres sagen könne, weil er ihn von
dem
mitreisenden
Schlepper
nur
kurzzeitig
ausgehändigt
bekommen habe, während dieser alles Übrige erledigt habe.
Darin hat das Bundesamt schon keinen detaillierten und
ausreichend
substantiierten
Sachverhalt
zur
behaupteten
Einreise und damit einen Verstoß gegen die gerade hinsichtlich
der
Reisewegdarstellung
gesteigerte
Mitwirkungspflicht
gesehen. Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger zwar
ebenfalls seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragt,
aber - trotz der ablehnenden konkreten Begründung der
Beklagten
im
angefochtenen
Bescheid
zur
Frage
der
Lufteinreise keinerlei schriftsätzliche Ausführungen gemacht.
Auch
in
der
mündlichen
Verhandlung
hat
er
seine
im
Verwaltungsverfahren gemachten Ausführungen ausweislich des
Sitzungsprotokolls nicht ergänzt, sondern sich auf die
Bemerkung beschränkt, man habe den Onkel des Klägers als
Zeugen dafür benennen wollen, dass er den Kläger seinerzeit am
Flughafen abgeholt habe; dieser sei aber erkrankt und
reiseunfähig.
Weder
wurde
mit
Blick
hierauf
Vertagung
beantragt,
noch
Name
und
Anschrift
des
Onkels
sowie
voraussichtliche Dauer seiner Erkrankung mitgeteilt und seine
Vernehmung als Zeuge nach seiner Genesung unter Angabe des
konkreten
Beweisthemas
beantragt.
Obwohl
das
Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil darauf hinwies,
dass der Kläger den entsprechenden Ausführungen der Beklagten
zur Einreise nicht einmal ansatzweise entgegengetreten sei und
auch
die
mündliche
Verhandlung
hierzu
keine
näheren
Erkenntnisse habe erbringen können, ist der Kläger im gesamten
zweitinstanzlichen
Verfahren
auf
seinen
Vortrag
zur
behaupteten Lufteinreise nicht mehr zurückgekommen. Der Senat,
den die Ausführungen des Klägers bei seiner Anhörung durch das
Bundesamt ebenfalls nicht davon überzeugen konnten, dass
dieser nicht aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland
gekommen ist, sieht daher keine weiteren Möglichkeiten, die
Einreisemodalitäten im Falle des Klägers aufzuklären.
Hiervon abgesehen hätte der Kläger aber ohnehin keinen
Anspruch auf Asylanerkennung und hat er auch keinen Anspruch
auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 I
AuslG, denn er hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sein
Heimatland aus begründeter Furcht vor politischer Verfolgung
verlassen und für den Fall seiner Rückkehr politische
Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu gewärtigen
hat.
Nach Art. 16a I GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht.
Politisch Verfolgter ist, wer sich aus begründeter Furcht vor
Verfolgung
wegen
seiner
Rasse,
Religion,
Nationalität,
Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen
seiner
politischen
Überzeugung
außerhalb
seines
Herkunftslandes befindet und den Schutz dieses Landes nicht in
Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht in
Anspruch nehmen will. Art und Umfang des politischen Asyls
sind wesentlich bestimmt von der Unverletzlichkeit der
menschlichen Würde. Soweit nicht eine unmittelbare Gefahr für
Leib,
Leben
oder
persönliche
Freiheit
besteht,
können
politische Repressalien ein Asylrecht nur begründen, wenn sie
nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen
und
über
das
hinausgehen,
was
die
Bewohner
des
Herkunftsstaates
aufgrund
des
dort
herrschenden
Systems
allgemein hinzunehmen haben.
Politische Verfolgung ist grundsätzlich und typischerweise
Verfolgung durch staatliche Organe und demnach dem jeweiligen
Verfolgerstaat unmittelbar zuzurechnen. Der Herkunftsstaat hat
indes auch politisch motivierte Übergriffe Dritter bei
fehlender Schutzbereitschaft zu verantworten.
Als politisch verfolgt ist jeder Ausländer zu verstehen, der
in eigener Person aus politischen Gründen im dargestellten
Sinne Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib oder Leben oder
Beschränkungen der persönlichen Freiheit ausgesetzt ist oder
solche Verfolgungsmaßnahmen begründet befürchtet und daher in
aussichtsloser Lage gezwungen ist, sein Herkunftsland zu
verlassen, um Schutz und Zuflucht im Ausland zu suchen.
Vom
Vorliegen
begründet
befürchteter
unmittelbar
drohender
Gefahr eigener politischer Verfolgung ist dann auszugehen,
wenn der Betroffene von gegen ihn gerichteten asylrelevanten
Maßnahmen im Herkunftsland bisher verschont geblieben ist, ihn
derartige Maßnahmen aber - weil der Verfolger ihn bereits im
Blick hat - demnächst zu ereilen drohen. Eine drohende Gefahr
in diesem Sinne muss also konkret und gegenwärtig zum
Zeitpunkt der Flucht - d.h. als unmittelbar oder in
allernächster Zeit bevorstehend - zu erwarten sein.
vgl. dazu BVerfGE 54, 341; 83, 216 ff; BVerwGE 67,
195; 68, 171; 74, 160
Für die Beurteilung des Vorliegens politischer Verfolgung
gelten
unterschiedliche
Maßstäbe,
je
nachdem,
ob
der
asylsuchende Ausländer sein Herkunftsland auf der Flucht vor
eingetretener oder konkret drohender politischer Verfolgung
verlassen hat oder ob er unverfolgt ausgereist ist. Bei
festzustellender Vorverfolgung oder Ausreise wegen konkret
drohender
politischer
Verfolgung
ohne
die
zumutbare
Möglichkeit
der
Inanspruchnahme
einer
inländischen
Fluchtalternative im Herkunftsstaat erfordert die Anerkennung
als Asylberechtigter, dass die fluchtbegründenden Umstände im
Entscheidungszeitpunkt
ohne
wesentliche
Änderungen
fortbestehen oder mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist.
Besteht
hingegen
hinreichende
Sicherheit
vor
erneuter
Verfolgung, scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigter
aus. Das Fehlen hinreichender Sicherheit vor Verfolgung liegt
bei vorverfolgt ausgereisten Asylsuchenden vor, wenn über die
bloße Möglichkeit hinaus, Opfer eines erneuten Übergriffs zu
werden,
objektive
Anhaltspunkte
eine
Wiederholung
der
ursprünglichen
oder
aber
das
erhöhte
Risiko
einer
gleichartigen Verfolgung als nicht ganz entfernte, d.h. reale
Möglichkeit erscheinen lassen. Dazu genügt nicht jede, noch so
geringe Möglichkeit des abermaligen Verfolgungseintritts.
Andererseits muss die Gefahr erneuter Übergriffe nicht mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
Bei der Prognose, ob dem Ausländer bei seiner Rückkehr in den
Heimatstaat politische Verfolgung droht, ist das Staatsgebiet
in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen. Droht dem
Ausländer in einem Teil seines Heimatstaates regionale
politische Verfolgung, so kann er auf andere Landesteile nur
verwiesen werden, wenn diese den Anforderungen an eine
inländische Fluchtalternative entsprechen.
vgl. BVerwGE 70, 169; 85, 139; 108, 84; BVerwG,
DVBl. 1996, 1257, NVwZ 1977, 1134 und InfAuslR
1991, 181 und Urteil vom 5.10.1999 - 9 C 15.99 Die Gefahr politischer Verfolgung kann sich auch aus gegen
Dritte gerichtete Maßnahmen des Verfolgerstaates ergeben, wenn
diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt
werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in
einer
nach
Ort,
Zeit
und
Wiederholungsträchtigkeit
vergleichbaren
Lage
befindet.
Diese
Gefahr
einer
Gruppenverfolgung
setzt
eine
bestimmte
Verfolgungsdichte
voraus, welche erst die Regelvermutung eigener Verfolgung
rechtfertigt. Hierfür muss eine so große Vielzahl von
Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter
festgestellt
sein,
dass
sich
daraus
für
jeden
Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne
weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit ableiten
lässt.
Politische Verfolgung vor der Ausreise ist rückschauend
bezogen
auf
den
letzten
Wohnund
Aufenthaltsort
des
Asylsuchenden zu beurteilen. Die Frage einer drohenden
politischen
Verfolgung
erfordert
eine
Prognose,
die
das
jeweilige Staatsgebiet in seiner Gesamtheit in den Blick nimmt
und auf die absehbare Zukunft ausgerichtet ist. Besteht die
Gefahr nur in einem Teil des Herkunftslandes, kann der
Betroffene auf Gebiete verwiesen werden, in denen er vor
politischer Verfolgung hinreichend sicher ist, wenn ihm dort
keine anderen nicht zumutbaren existenziellen Gefahren drohen.
Die Voraussetzungen für die Bejahung von Abschiebungsschutz im
Sinne von § 51 I AuslG sind deckungsgleich mit denjenigen des
Anspruchs auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a I
GG,
soweit
es
die
Verfolgungshandlung,
Rechtsgut und den politischen Charakter
betrifft.
das
der
geschützte
Verfolgung
Der Kläger hat seine Berufung zum einen auf eine drohende
strafrechtliche
Verfolgung
wegen
verbotener
religiöser
Betätigung und zum anderen auf eine den Ahmadis in Pakistan
drohende (Gruppen-)Verfolgung gestützt. Er hat sein Heimatland
im Oktober 1998 nach Überzeugung des Senats jedoch nicht auf
der
Flucht
vor
eingetretener
politischer Verfolgung verlassen.
oder
konkret
drohender
Hinsichtlich der behaupteten Verfolgung der Anhänger seiner
Religionsgemeinschaft hat der Kläger darauf hingewiesen, dass
seit dem Militärputsch die Übergriffe gegen Ahmadis sowohl
quantitativ erheblich zugenommen hätten als auch von der
Intensität her eine deutliche Steigerung festzustellen sei. In
diesem Zusammenhang hat er auf die "beiden Ereignisse vom
Oktober und November 2000" verwiesen, bei denen jeweils
mehrere
Ahmadis
in
ihren
Moscheen
von
orthodoxfundamentalistischen Angreifern umgebracht worden seien. In
seiner Zulassungsbegründung, auf die er im Berufungsverfahren
u.a. verwiesen hat, hat der Kläger ebenso wie bereits im
erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, dass eine mittelbare
Gruppenverfolgung von Ahmadis nicht mehr auszuschließen sei.
Der Kläger
Verfolgung
kann
von
sich jedoch nicht mit Erfolg auf eine
Ahmadis
als
Gruppe
wegen
ihrer
Religionszugehörigkeit berufen. Denn Ahmadis sind in Pakistan
nach
der
ständigen,
dem
bekannten
Rechtsprechung
des
Gruppenverfolgung ausgesetzt.
Kläger-Prozessbevollmächtigten
Gerichts
keiner
derartigen
Nach dieser Rechtsprechung, die der bisher für Asylverfahren
mit dem Herkunftsland Pakistan zuständige 9. Senat begründet
hat
vgl. nur Beschlüsse vom 15.3.2002 – 9 Q 59/01 -,
vom 18.3.2002 – 9 Q 60/01 -, vom 12.1.2000 – 9 Q
218/99 – und vom 1.10.1999 - 9 Q 101/99 –
und der sich der nunmehr zuständige 2. Senat angeschlossen
hat,
vgl. Beschluss vom 8.4.2003 – 2 Q 86/03 sind Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob Ahmadis in Pakistan
unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung zu gewärtigen haben,
die Strafvorschriften der Sec. 298 B (Gebrauch moslemischer
Bezeichnungen
und
des
Gebetsrufs
Azan),
298
C
(Selbstidentifizierung
als
Moslem,
Missionierung
und
Verletzung der religiösen Gefühle von Moslems) und 295 C
(Blasphemie) des pakistanischen Strafgesetzbuchs (PPC). Was
dabei das durch diese Verbotsnormen tangierte Schutzgut der
Religionsfreiheit betrifft, erweisen sich nach gesicherter
Rechtsprechung nur Eingriffe in den Kernbereich der privaten
und gemeinschaftsinternen Glaubensausübung als asylrelevant.
Die Bestimmungen stellen ihrem weitgefassten Wortlaut nach die
religiöse Betätigung auch in diesem internen Bereich unter
Strafe,
ohne
dass
sich
eine
ausgeformte
Rechtspraxis
feststellen
lässt,
die
sie
als
auf
eine
derartige
Glaubensausübung unanwendbar erklären würde. Andererseits
ergibt sich aus den Quellen, dass die weitaus überwiegende
Zahl
der
mit
Verurteilungen
abgeschlossenen
oder
noch
anhängigen Strafverfahren Handlungen mit Öffentlichkeitsbezug
zum Gegenstand hat, hingegen nur ein ganz geringer Teil der
Verfahren
Fälle
betrifft,
in
denen
es
um
religiöse
Verrichtungen ausschließlich in der Privatsphäre geht oder
nicht
ausgeschlossen
werden
kann,
dass
dem
staatlichen
Vorgehen ein solcher Tatbestand zugrunde liegt. Das zwingt bei
der
asylrechtlichen
Würdigung
zu
einer
Differenzierung
zwischen den aus Pakistan unverfolgt ausgereisten Ahmadis und
solchen, die ihr Heimatland vorverfolgt oder wegen der Gefahr
unmittelbar
bevorstehender
Verfolgung
verlassen
haben.
Letztere sind regelmäßig in einer ihre Asylberechtigung
begründenden
Weise
(gruppen)verfolgungsgefährdet,
weil
angesichts der nach der Erkenntnislage nicht auszuschließenden
Möglichkeit
einer
Bestrafung
auch
der
privaten
Glaubensausübung
im
Sinne
des
ihnen
zugute
kommenden
herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs nicht sicher ist,
dass
sie
im
Rückkehrfall
keine
durch
strafrechtliche
Sanktionen
bewirkte
Beeinträchtigung
ihres
asylrechtlich
geschützten religiösen Existenzminimums im dargetanen Sinne zu
erwarten haben. Hingegen können die unverfolgt ausgereisten
Ahmadis nur dann als asylberechtigt anerkannt werden, wenn
ihnen nach dem einschlägigen Prognosemaßstab mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit im Rückkehrfall (religiöse) Verfolgung
droht. Da Gruppenverfolgung eine gewisse Verfolgungsdichte
voraussetzt,
zu
deren
Ermittlung
die
festgestellten
Verfolgungsfälle nach Intensität und Häufigkeit zur Größe der
betroffenen Gruppe in Beziehung gesetzt werden müssen,
BVerwG, Urteile vom 19.4.1994, InfAuslR 1994, 325,
und vom 5.7.1994, NVwZ 1995, 175
die Zahl der Mitglieder
Pakistan relativ hoch ist,
der
Ahmadiyya-Gemeinschaft
laut Angaben des Auswärtigen Amtes, Berichte über
die
asylund
abschiebungsrelevante
Lage
in
Pakistan
(Lageberichte)
vom
8.8.2003,
vom
29.8.2002 und vom 2.2.2002: vier Millionen, davon
500 000 bis 600 000 bekennende Mitglieder, des Dr.
Ludger
Volmer
an
MdL
Johannes
Buchter
vom
6.6.2000:
vier
Millionen,
nach
Angaben
der
Ahmadiyya-Religionsgemeinschaft
in
Rabwah/
Pakistan, sowie der Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya
Muslim
Jamaat,
Stellungnahme
an
u.a.
das
in
Auswärtige
Millionen,
Amt
vom
26.1.2000:
ca.
3,4
bis
3,5
sich im Vergleich dazu die aus den Quellen
vgl. etwa Auswärtiges Amt, Lageberichte vom
8.8.2003, vom 29.8.2002, vom 2.2.2002, vom
17.8.2000 und vom 27.8.1998: durchgängig 1000
Strafverfahren gegen Ahmadis nach Sec. 298 c PPC
anhängig ohne Unterscheidung nach externer oder
interner
Glaubensausübung,
Lagebericht
vom
27.8.1998: Ende 1997 Verurteilung von drei
Ahmadis zu Haftstrafen und 1998 Einleitung von
drei neuen Verfahren nach Sec. 295c PPC;
Lagebericht vom 17.8.2000: 1999 Einleitung von
22 Verfahren nach Sec. 295c, 298c PPC mit
insgesamt 80 Beschuldigten; Lagebericht vom
8.8.2003: in den letzten Jahren in mindestens 15
Fällen
Anklagen
wegen
religiöser
Delikte;
Ahmadiyya
Muslim
Jamaat,
Presseinformation
"Verfolgung der Ahmadi-Muslime in Pakistan im
Jahre 2000": Einleitung von 166 Strafverfahren
in 2000, davon 20 Anti-Terror-Verfahren und drei
Anklagen wegen Blasphemie
ableitbare Gesamtmenge aller den Bereich der internen
Glaubensausübung betreffenden Verfolgungsfälle als gering
erweist, liegen hinsichtlich der zur Rede stehenden Gruppe
keine
Anhaltspunkte
für
Verfolgungswahrscheinlichkeit vor.
eine
beachtliche
Diese
Feststellungen
folgen
im
Wesentlichen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
Urteil vom 25.1.1995, NVwZ 1996, 82, unter
ausdrücklicher Ablehnung einer Gruppenverfolgung,
wie sie in der vorausgegangenen Entscheidung des
OVG Niedersachsen vom 23.6.1994 - OVG 12 L 7319/91
- angenommen worden war, und Urteil vom 13.5.1993,
der
NVwZ 1993, 788, zur Frage der Vorverfolgung nach an sich asylrechtlich irrelevanter - Bestrafung
wegen Verstoßes gegen den PPC; Beschluss vom
29.4.1993 - 9 B 361.93 - unter Bestätigung der
eine Gruppenverfolgung verneinenden Rechtsprechung
des OVG Nordrhein-Westfalen
der sich - soweit ersichtlich - inzwischen alle Obergerichte
angeschlossen haben, die in der jüngeren Vergangenheit mit
der
Frage
der
Gruppenverfolgung
pakistanischer
Ahmadis
befasst waren.
u.a.:
VGH
Baden-Württemberg,
Beschlüsse
vom
24.11.2000 - A 6 S 672/99 -, ESVGH 51, 120, und
vom 29.2.2000 - A 6 S 675/99 - sowie Urteil vom
2.12.1994 - A 16 G 1382/93 -; BayVGH, Urteile vom
24.7.1995 - 21 B 91.30269 - und vom 19.5.1993 - 21
B 88. 30848 -; HessVGH, Urteile vom 31.8.1999 – 10
UE 864/98.A – und 30.1.1995 - 10 UE 204/91 -; OVG
Niedersachsen, Urteil vom 25.1.1996 - 12 L 3695/95
-,
unter
Aufgabe
der
früheren
gegenteiligen
Rechtsprechung;
OVG
Nordrhein-Westfalen,
Beschlüsse vom 18.3.1997 - 19 A 2123/97.A – und
vom 6.12.1995 - 19 A 10214/90 -; OVG RheinlandPfalz, Urteile vom 4.11. 1997 – 6 A 12234/96 - und
vom 30.8.1994, InfAuslR 1995, 211; OVG SchleswigHolstein, Urteil vom 18.3.1998 - 2 L 21/98 -;
Thür.OVG, Urteil vom 30.9.1998 - 3 KO 864/98 -;
OVG Hamburg, Beschluss vom 2.3.1999 - OVG Bf IV
13/95 -; OVG Bremen, Urteil vom 14.9.1999 – 1 A
34/99.A Die
Differenzierung
zwischen
verfolgt
und
unverfolgt
ausgereisten
Ahmadis
entspricht
indirekt
auch
der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Die in den ihm
zur
verfassungsrechtlichen
Prüfung
unterbreiteten
Entscheidungen angegebenen Erkenntnisquellen belegten nicht,
dass die Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung in Pakistan die
Strafandrohung
der
Sec.
298
B,
298
C
und
295
C
PPC
dem
Wortlaut zuwider gegenüber der privaten Religionsausübung
ausdrücklich zurückgenommen und so gezielt für die Praxis
"unschädlich" gemacht habe. Es widerspreche daher Art. 16a I
GG, die mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung dieses
Grundrechts rügenden Asylbewerber bei Einschlägigkeit des
herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabs als in dessen
Verständnis hinreichend sicher davor anzusehen, in Pakistan
wegen Betätigung ihres Ahmadi-Glaubens in der Privatsphäre
unter Vorenthaltung des asylrechtlich geschützten religiösen
Existenzminimums bestraft zu werden. In den Ausgangsverfahren
sei daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführer ihr Heimatland
wegen bereits erlittener oder unmittelbar bevorstehender
Verfolgung verlassen hätten.
ständige
Rechtsprechung
vgl.
etwa
BVerfG,
Beschlüsse vom 17.1.1994 - 2 BvR 1346/93 u.a. und vom 20.9.1993 - 2 BvR 645/93 u.a. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass nach Auffassung des
Bundesverfassungsgerichts
die
Verneinung
einer
Gruppenverfolgung pakistanischer Ahmadis auf der Grundlage
des
den
Fachgerichten
zur
Verfügung
stehenden
Quellenmaterials mit Art. 16a I GG in Einklang steht, ein
unverfolgt ausgereister Angehöriger der Glaubensgemeinschaft
also aus der Asylgewährleistung unter Hinweis allein auf die
genannten
Strafvorschriften
keinen
Anerkennungsanspruch
herzuleiten vermag.
Entscheidend
berücksichtigt
werden
muss
insoweit
die
eingeschränkte Reichweite des Asylrechtsschutzes bei - in
Pakistan
gegenüber
Ahmadis
zweifellos
stattfindenden
Eingriffen in die Freiheit der religiösen Überzeugung und
Betätigung.
Nach
jetzt
einhelliger
Auffassung
in
der
zitierten höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, gegen
deren Richtigkeit Bedenken weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich sind, ist es Angehörigen der Glaubensgemeinschaft
trotz
Unvereinbarkeit
der
Beeinträchtigung
ihrer
Religionsfreiheit
mit
deutschem
Verfassungsrecht
asylrechtlich
zumutbar,
ihren
Glauben
nur
abseits
der
Öffentlichkeit im internen Bereich auszuüben. Eine diesen
Personenkreis generell betreffende unmittelbare staatliche
Gruppenverfolgung
bedeuteten
die
den
Ahmadi-Glauben
pönalisierenden Vorschriften des PPC mithin nur dann, wenn
durch eine hinreichend große Zahl von Referenzfällen eine
Rechtsanwendungspraxis dahin belegt wäre, dass auf ihrer
Grundlage auch Glaubensbetätigungen ausschließlich in der
Privatsphäre geahndet werden. Das ist jedoch offensichtlich
nicht der Fall.
Des weiteren ist aus den vorliegenden Erkenntnisquellen auch
nicht ersichtlich, dass in Pakistan unverfolgt gebliebene
Ahmadis mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund anderer
Rechtsquellen
als
der
genannten
Strafvorschriften
im
Rückkehrfall
asylrelevante
staatliche
Übergriffe
zu
gewärtigen hätten. Ebenso wenig ist erkennbar, dass ihnen –
wie
der
Kläger
meint
eine
mittelbare
staatliche
Gruppenverfolgung
mit
dem
zu
verlangenden
Wahrscheinlichkeitsgrad
drohe,
da
sich
landesweite
pogromartige Massenausschreitungen fanatischer Moslems gegen
Angehörige der Ahmadiyya-Gemeinschaft, wie sie in den Jahren
1953 und 1974 zu beklagen waren, seither nicht wiederholten
und die Zahl der Referenzfälle einzelner An- und Übergriffe
Dritter
weit
unterhalb
der
für
die
Annahme
einer
Gefährdungsbetroffenheit jedes Angehörigen der Ahmadiyya
erforderlichen Verfolgungsdichte liegt.
vgl.
hierzu
Ahmadiyya
Muslim
Jamaat,
Presseinformation "Verfolgung der Ahmadi-Muslime
in Pakistan im Jahre 2000"
Nach
allem
kann
daher
mangels
der
erforderlichen
Verfolgungsdichte weiterhin nicht davon ausgegangen werden,
dass Ahmadis in Pakistan unmittelbarer oder mittelbarer
staatlicher Gruppenverfolgung unterliegen.
Für den Erfolg der Berufung des Klägers kommt es daher
entscheidend darauf an, ob er sein Heimatland wegen drohender
strafrechtlicher
Verfolgung
wegen
angeblicher
verbotener
religiöser Betätigung vorverfolgt oder wegen der Gefahr
unmittelbar bevorstehender Verfolgung verlassen hat, da bei
dem
dann
eingreifenden
herabgestuften
Wahrscheinlichkeitsmaßstab
nach
der
dargestellten
Rechtsprechung des Gerichts Verfolgung für den Fall seiner
Rückkehr nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann.
Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte sich der Senat
jedoch nicht überzeugen.
Der Kläger, der seit 1994 für seine Religion als "Aufpasser"
gearbeitet
haben
will,
hat
sein
Asylbegehren
im
Verwaltungsverfahren insofern zum einen damit begründet, dass
er, nachdem er Anfang 1997 ein Fitness-Center eröffnet gehabt
habe,
angezeigt
worden
sei,
dort
Ahmadiyya-Soldaten
auszubilden.
Die
Polizei
sei
daraufhin
in
dem
Center
erschienen und habe den Wahrheitsgehalt der Anzeige überprüft.
Nachdem ein dort trainierender Zeuge – ein Nicht-Ahmadi jedoch bestätigt habe, dass der Vorwurf unzutreffend sei, und
er, der Kläger, zusätzlich Bestechungsgeld gezahlt habe, sei
die Angelegenheit erledigt gewesen. Abgesehen davon, dass
dieser Vorfall, bei dem die Polizei lediglich einer Anzeige
betreffend
angebliches
strafrechtlich
relevantes
religionbezogenes Handeln des Klägers nachgegangen ist und die
Ermittlungen
alsbald,
wenn
auch
nach
Zahlung
eines
Bestechungsgeldes, eingestellt hat, in keinem Zusammenhang mit
seiner viel späteren Ausreise gestanden hat, kommt ihm auch
als solchem noch keine Asylrelevanz zu.
Bei dem zweiten Vorfall, auf den er sein Asylbegehren stützt,
bestehen schon durchgreifende Zweifel am Wahrheitsgehalt
seines
Vorbringens.
Nach
seiner
Darstellung
im
Verwaltungsverfahren hat der Kläger sich den noch ausstehenden
Rest-Kaufpreis aus dem Verkauf seines Rollers im Juni 1998 bei
einem Freund und Nicht-Ahmadi abholen wollen und dann mit
diesem Tee in dessen Autowerkstatt getrunken. Dort sei er von
jungen Männern verdächtigt worden, den Freund zum Ahmadi
machen zu wollen, geschlagen und zum Polizeirevier gebracht
worden.
Nach
einem
Tag
sei
er
gegen
Zahlung
eines
Bestechungsgeldes in Höhe von 10.000,-- Rupien freigelassen
worden. Die Anzeiger hätten sich daraufhin bei der Polizei
beschwert, die bei ihm zu Hause erschienen sei, um ihn wieder
für "vier bis fünf Tage" mitzunehmen, "bis die Sache sich
beruhigt" habe. Auf die Erklärung eines Onkels, dass er nicht
da sei, sei die Polizei jedoch wieder gegangen. Der Kläger sei
daraufhin Anfang Juli 1998 nach Lahore geflüchtet. Bis zu
seiner Ausreise seien zweimal Leute zu seiner Familie
gekommen, hätten seinen Bruder einmal geschlagen und die
Familie telefonisch bedroht sowie Mutter und Schwester
beschimpft. In diesem Zusammenhang sei ein Haftbefehl,
jedenfalls aber eine Anzeige der gegnerischen Partei, bei
Gericht eingegangen, die er im Verwaltungsverfahren vorlegte.
Auf den Rat seiner Familie habe er dann sein Heimatland
verlassen.
Im Verwaltungsverfahren hat der Kläger diesen letztgenannten
Vorfall ebenso wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
als Ausreiseanlass bezeichnet. Allerdings hat er ihn in
Teilbereichen anders als im Verwaltungsverfahren dargestellt.
Haben ihn ausweislich des Anhörungsprotokolls "ein paar junge
Männer" angegriffen, geschlagen und auf das Polizeirevier
gebracht, wo er eingesperrt worden sei, war es in seiner
Äußerung vor dem Senat eine größere Zahl von Angreifern,
nämlich "ca. 20 Personen", die ihn beschimpften und schlugen;
im Gegensatz zur Anhörung soll irgendjemand die Polizei
gerufen haben, die gekommen sei und ihn verhaftet habe. Auf
Vorhalt des Senats hat er diesen eklatanten Widerspruch in
einem wichtigen Bereich seiner Aussagen - ob er nun von seinen
Angreifern zum Polizeirevier gebracht und dort verhaftet oder
von der Polizei im Bereich der Werkstatt verhaftet worden sei
- mit seinen ausweichenden Erklärungen, die zum Widerspruch
keinen direkten Bezug hatten, nicht auflösen können. Insofern
ist auch nicht nachvollziehbar, dass der ausweislich der
Verwaltungsunterlagen des Urdu mächtige Kläger sich auf die
gegen ihn erhobene Strafanzeige in der Anhörung berufen hat,
ohne auf deren in keinem Zusammenhang mit seinem Vortrag
stehenden Inhalt einzugehen. In diesem Zusammenhang ist auch
die
Darstellung
seines
Verfolgungsschicksals
in
der
erstinstanzlichen
mündlichen
Verhandlung
zu
sehen,
die
mit
seinem sonstigen Vorbringen nicht vereinbar ist. Dort hat er
zunächst angegeben, dass der Vorfall, der zu der Anzeige
geführt habe, sich in der ersten Woche des Juli 1998 ereignet
habe. Die Leute, mit denen er "die Schlägerei" gehabt habe,
hätten seinem Freund, dem Automechaniker, später mitgeteilt,
dass sie gegen ihn, den Kläger, Anzeige erstattet hätten. Dann
aber hat er abschließend dargelegt, dass er wegen der
Auseinandersetzung, die sich im Geschäft seines Freundes, des
Automechanikers, ereignet hätte, bereits zuvor einmal von der
Polizei verhaftet und geschlagen worden sei; dies sei einige
Zeit
vorher
gewesen.
Somit
hat
er
gegenüber
dem
Verwaltungsgericht nicht den Vorfall in der Werkstatt als
Ausreisegrund angegeben, sondern einen weiteren Vorfall, eine
Schlägerei, der zu der Anzeige geführt und zu dem ursprünglich
dem anderen Vorfall zugeschriebenen Zeitpunkt stattgefunden
haben soll, während der Vorfall in der Werkstatt nunmehr
"einige Zeit vorher" gewesen sein soll. Auf Vorhalt seiner
Aussage vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger diese nicht
erklären können, sondern lediglich behauptet, dies nicht so
gesagt zu haben. Es könne sein, dass er in diesem Zusammenhang
etwas von einer Schlägerei erzählt habe, die sich früher
während seiner Tätigkeit bei der Schutztruppe der Ahmaddiyya
ereignet habe. Allerdings hatte er vorher dem Senat erklärt,
außer an dem Vorfall in der Werkstatt sei er an keiner
Schlägerei
beteiligt
gewesen
und
obwohl
es
bei
der
Schutztruppe, bei der er Mitglied gewesen sei, immer wieder
Auseinandersetzungen mit den anderen gegeben habe, sei er
hieran nicht beteiligt gewesen.
Angesichts
dieser
auffallenden
Widersprüche
und
Ungereimtheiten, die der Kläger auch bei wohlwollender
Betrachtung nicht ausräumen konnte, hält der Senat dieses
Vorbringen des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal für
unglaubhaft. Nach Ansicht des Senats hat es den Vorfall in der
Werkstatt, der in der Folge zu der Anzeige durch ihm gegenüber
feindlich eingestellte Moslems geführt haben soll, also nicht
gegeben.
Gegen den Kläger ist indes tatsächlich Anzeige erstattet
worden, so dass diese Tatsache dafür sprechen könnte, dass er
sein Heimatland auf der Flucht vor drohender Verfolgung
verlassen musste. Das Auswärtige Amt hat in seiner vom
Verwaltungsgericht eingeholten Auskunft vom 7.12.2000 - 514516.80/37025
auf
Vorlage
der
als
Bl.
32
in
den
Verwaltungsunterlagen enthaltenen Kopie der fraglichen Anzeige
vom Juli 1998 mitgeteilt, dass der zuständige Beamte des
Gerichts Chiniot auf Befragen erklärt habe, dass der Fall dem
Gericht zugeleitet worden sei; das Gericht habe, nachdem es
den beschuldigten Kläger und den Beschwerdeführer zu fünf
Terminen geladen habe, aber keiner der Parteien diese Termine
wahrgenommen
habe,
das
Verfahren
eingestellt.
Diese
Einstellung fand, wie sich aus der Auskunft des Auswärtigen
Amtes
in
seiner
vom
Oberverwaltungsgericht
eingeholten
Auskunft vom 3.12.2003 - 508-516.80/ 37025 - ergibt, im Jahre
1999 statt. Zur Zeit der Ausreise des Klägers im Oktober 1998
war somit dieses Verfahren anhängig, in dem ihm vom
Anzeigeerstatter eine Straftat nach Sec. 298c PPC - konkret
Missionierung und Verletzung der religiösen Gefühle von
Moslems - vorgeworfen wurde; eine derartige Straftat ist mit
drei Jahren Freiheitsstrafe bewehrt, wobei nach dem aktuellen
Lagebericht des Auswärtigen Amtes
Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante
Lage in Pakistan vom 8.8.2003 (Stand: Juni 2003)
dann
auch
immer
die
Gefahr
besteht,
dass
der
Vorwurf
auf
Blasphemie (Sec. 295c PPC), für die die Todesstrafe zwingend
vorgesehen
ist,
erweitert
wird.
Allerdings
ist
zu
berücksichtigen, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft
vom 7.12.2000, a.a.O., auch darauf hingewiesen hat, dass es in
Pakistan mit Hilfe guter Freunde jederzeit möglich sei, ein
Verfahren gegen sich in Gang zu bringen. Erschienen dann im
Lauf
des
Verfahrens
sowohl
Anzeigenerstatter
als
auch
Beschuldigter zu dem Gerichtstermin nicht, stelle das Gericht
das Verfahren ein bzw. weise die (An)Klage ab. Die Unterlagen
seien dann natürlich echt. Ähnliche Informationen enthalten
auch etliche Lageberichte des Auswärtigen Amtes.
vgl.
etwa
Berichte
über
die
asylund
abschiebungsrelevante
Lage
in
Pakistan
vom
8.8.2003, vom 29.8.2002 und vom 27.1.2000,
a.a.O.
Wenngleich der Anschein für eine echte Gefährdung des Klägers
durch
die
Anzeige
sprechen
könnte,
ist
doch
zu
berücksichtigen, dass die Anzeige nicht losgelöst von dem
Zusammenhang, in den der Kläger sie in seinem Vortrag gestellt
hat, betrachtet werden darf. Dabei ist festzustellen, dass er
behauptet hat, sie sei von gegnerischen Moslems erstattet
worden, nachdem diese ihm in der Werkstatt eines Freundes
Missionierung vorgeworfen hätten und es zu einer Schlägerei
und zu seiner vorübergehenden Verhaftung und anschließenden
Flucht nach Lahore gekommen sei.
Dieser
zentrale
Verfolgungsschicksal,
Vorfall
der den
in
seinem
Hintergrund für
angeblichen
die Anzeige
darstellt und sie plausibel machen soll, ist jedoch, wie oben
dargelegt, wegen der Widersprüche im klägerischen Vortrag
nicht glaubhaft. Damit entfällt aber die Grundlage für die
Anzeigenerstattung und deren ihr vom Kläger in seiner
Darstellung beigelegte Sinn. Da aber der Kläger nicht etwa von
vornherein vorgetragen hatte, gegen ihn sei ohne erkennbaren
Anlass von völlig Unbekannten Anzeige erstattet worden, lässt
sich diese Anzeige - ohne den genannten Hintergrund - nicht
einem irgendwie gearteten Kreis von Feinden zuordnen. Dies
lässt nach Überzeugung des Senats nur den Schluss zu, dass die
Anzeige auf Veranlassung des Klägers selbst erstattet wurde,
wie dies nach den o.g. Auskünften des Auswärtigen Amtes auch
leicht und ohne eigene Gefährdung möglich ist, da nichts
passieren kann, nämlich keine strafrechtliche Verfolgung
droht, wenn beide Beteiligte vor Gericht nicht erscheinen.
Für die Richtigkeit dieser Deutung spricht auch ein Vergleich
des Verlaufs des Verfahrens in Pakistan mit dem Verlauf des
Asylverfahrens.
Die
Anzeige
legte
der
Kläger
bereits
unmittelbar
nach
seiner
Einreise
vom
2.10.1998
bei
seiner
Anhörung durch die Beklagte am 8.10.1998 vor, was die Annahme
nahelegt, dass er - seine Erklärung hierzu ist nicht eindeutig
- sie aus Pakistan bereits mitbrachte und sie sich nicht von
seinem Freund nach Deutschland schicken ließ. Nach Ablehnung
seines Asylantrags unter dem 21.10.1998 erhob der Kläger am
23.10.1998 Klage. Nach fünf Ladungen durch das Gericht in
Pakistan, denen keine Partei Folge geleistet hatte, stellte es
1999
das
Verfahren
ein.
Am
16.1.2001
erging
das
klageabweisende Urteil durch das Verwaltungsgericht und unter
dem 14.2.2001 beantragte der Kläger die Zulassung der
Berufung. Ebenfalls Anfangs 2001 wurde das Verfahren in
Pakistan nach o.g. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom
3.12.2003 auf Antrag der "Parteien" wieder aufgenommen und
eine
Anhörung
für
den
28.4.2001
festgesetzt.
Wegen
Nichterscheinens der Parteien wurde der Fall dann am 14.3.2002
erneut
geschlossen.
Es
ist
insofern
auffällig,
dass
Klageabweisung
in
Deutschland
und
Wiederaufnahme
des
Verfahrens durch die Parteien in Pakistan in engem zeitlichen
Zusammenhang stehen. Den diesbezüglichen Ausführungen der
Beklagten ist der Kläger schriftsätzlich überhaupt nicht und
in der mündlichen Verhandlung nur unter Hinweis darauf, dass
er sich durch ein solches Vorgehen gefährden würde und dass
nicht ersichtlich sei, wer für ihn Anzeige erstattet und das
Verfahren betrieben haben sollte, entgegengetreten. Diese
Einwände werden nach Auffassung des Senats jedoch durch die
vorstehenden Darlegungen entkräftet.
Da somit davon ausgegangen werden muss, dass gegen den Kläger
eine selbst veranlasste Anzeige erstattet worden war, hat er
mangels objektiver Gefährdungslage unverfolgt sein Heimatland
verlassen.
Auch für den Fall seiner Rückkehr ist der Kläger wegen dieses
Verfahrens nach Überzeugung des Senats nicht gefährdet, denn
nach der vorstehend genannten Auskunft des Auswärtigen Amtes
ist es schon seit dem 14.3.2002 eingestellt. Der Kläger hat
nach allem auch keine durch eine Wiederaufnahme drohende
Gefährdung zu befürchten, da er offensichtlich Einfluss auf
den Verlauf des Verfahrens hat und es ohne sein Zutun aller
Voraussicht nach bei der Schließung des Falles bleiben wird.
Er hat als unverfolgt Ausgereister – wie oben bereits
dargelegt - auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit
einer politischen Verfolgung als Ahmadi zu rechnen.
Abschiebungshindernisse
gemäß
§
53
vorgetragen noch ansonsten ersichtlich.
AuslG
sind
weder
Nach allem ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des nach §
83b I AsylVfG gerichtskostenfreien Verfahrens folgt aus § 154
II VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der
Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132
II VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
Die
Nichtzulassung
angefochten werden.
der
Revision
kann
durch
Beschwerde
Die Beschwerde ist beim Oberverwaltungsgericht des Saarlandes,
Prälat-Subtil-Ring 22, 66740 Saarlouis (Postfach 20 06, 66720
Saarlouis), innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser
Entscheidung einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene
Entscheidung bezeichnen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung
dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem
oben genannten Gericht einzureichen.
Für die Einlegung der Beschwerde und ihre Begründung besteht
Vertretungszwang. Danach muss sich der Beschwerdeführer durch
einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen
Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung
zum
Richteramt
als
Bevollmächtigten
vertreten
lassen.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden
können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung
zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst,
Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit
mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde
oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes,
dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
gez.: Rubly
Sauer
Schwarz-Höftmann
Ausgefertigt:
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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