Wortprotokoll Recht 15 / 46 15. Wahlperiode Plenar- und Ausschussdienst Wortprotokoll Ausschuss für Verfassungsund Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung 46. Sitzung 4. November 2004 Beginn: Ende: Vorsitz: 13.07 Uhr 14.50 Uhr Abg. Gram (CDU) Punkt 1 der Tagesordnung Aktuelle Viertelstunde Siehe Inhaltsprotokoll. Punkt 2 der Tagesordnung a) Vorlage – zur Beschlussfassung – Gesetz zur Schaffung dezentraler Verwaltungsstrukturen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit Drs 15/3246 0200 b) Besprechung gemäß § 21 Abs. 5 GO Abghs Planungen der Justizverwaltung zur Dezentralisierung der Amtsgerichte (auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS) 0192 Vors. Gram: Ich begrüße unsere anzuhörenden Gäste nach der Sitzordnung: Herrn Wosnitzka, Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg, Herrn Harms, Richter am Amtsgericht Hohenschönhausen, Herrn Jetschmann, Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der Berliner Justiz, und Herrn Strehlow, Geschäftsleiter der Verwaltung beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Herzlich Willkommen bei uns! Zu diesem Tagesordnungspunkt wird ein Wortprotokoll angefertigt. Ich bitte zunächst Frau Senatorin, dem Publikum zu sagen, welches die Schwerpunkte sind. – Bitte schön! Frau Bm Schubert (Just): Vielen Dank! – Wir haben uns seit Beginn des Jahres 2002 mit der so genannten Justizstrukturreform in der Berliner Justiz, insbesondere in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, befasst und Redakteurin: Charlotte Weigel, Tel. 23 25 1456 bzw. quer (99407) 1456 Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 2 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/vo – haben in den Arbeitsgruppen, die sich im Jahr 2002 gebildet haben, verschiedene Sparten der Justiz im Hinblick auf die Zielerreichung Beschleunigung von Verfahren, Erleichterung der Arbeit und Entlastung der in der Justiz eingesetzten Kräfte unter die Lupe genommen. Wir sind nunmehr so weit, dem Abgeordnetenhaus von Berlin einen entsprechenden Gesetzesvorschlag machen zu können, der Ihnen vorliegt. Der Hauptinhalt ist die Dezentralisierung der Verantwortung von oben nach unten, weil die Größenordnung der Berliner Gerichte gegenüber dem, was man in anderen Bundesländern vorfindet, so immens ist. Das Amtsgericht Tiergarten ist mit Abstand das größte Amtsgericht in der Bundesrepublik. Wir haben 370 Richter, glaube ich. Und selbst das sechstgrößte Amtsgericht in Berlin ist immer noch unter den zwölf größten der Bundesrepublik zu finden. Das zeigt auch, wo bei uns Schwierigkeiten sind: Riesenbehörden sind schlechter zu regieren als kleinere Behörden. Man hat dort Nischen, wo sich weniger arbeitswillige Leute verstecken können. Man kann auch nicht motivieren, weil es einfach zu viele sind; Tiergarten hat mehrere hundert Mitarbeiter. Wir haben deswegen gesagt: Es macht keinen Sinn, dass ein Amtsgerichtspräsident für zwölf Amtsgerichte zuständig ist. Es sind Wege zu bewältigen usw. Unser Vorschlag war die Delegation der Personal- und Sachverantwortung bis hin zur Übertragung eigenständiger Haushalte auf jedes Amtsgericht. Das hat allerdings zur Folge, dass die dortigen Leiter nicht mehr als Direktoren eingesetzt werden können. Nach Bundesrecht ist derjenige, der Personalhoheit über die Richter ausübt, zwangsläufig als Präsident einzusetzen. Deswegen hatten wir hier in Berlin auch die Organisation, dass ein Amtsgerichtspräsident vorhanden war. Das soll jetzt geändert werden. Dazu wird sicherlich Herr Wosnitzka etwas ausführen können, der in dieser Arbeitsgruppe gewesen ist. Weiterhin ist damit die Umstrukturierung auf der nichtrichterlichen Ebene, sprich: Registratoren- und Kanzleiebene, verbunden. Es soll dort zu einer flächendeckenden Einrichtung von Serviceeinheiten kommen, die mit Mischarbeitsplätzen versehen sind, die zur Folge haben, dass die Informationsfähigkeit in den Gerichten den Anwälten und den Parteien gegenüber deutlich zunimmt. Parallel zu dieser Einrichtung der Serviceeinheiten ist in Berlin die komplette Ausstattung mit PCs vorgesehen, und Zugänge zu verschiedenen Datenbanken und dem Internet sollen ermöglicht werden. Das ist nicht zwingend notwendig für die Einrichtung einer Serviceeinheit, erleichtert die Arbeit dort aber ungemein. Man muss auch sehen: Hier wird von den Leuten, die bisher in der Justiz in einer sehr arbeitsteiligen Art und Weise beschäftigt gewesen sind, verlangt, dass sie weitere Tätigkeiten übernehmen. Ich bin immer der Auffassung, wenn man von Leuten etwas Zusätzliches verlangt, muss man ihnen auch etwas Zusätzliches geben, und das war ausschlaggebend für den Gesichtspunkt: Serviceeinheiten werden überall dort eingesetzt, wo wir auch in der Lage sind, die Leute flächendeckend mit PCs auszustatten. Auch das wird im nächsten Jahr möglich sein. Weiter geht es mit dem Landgericht. Es gibt ja in dem Scholz-Papier die Vorstellung, man sollte in Berlin drei Landgerichte einrichten, auch wegen der Größenordnung des Berliner Landgerichts insgesamt: Es ist ebenfalls das größte in der Bundesrepublik. Das würde Sinn machen, wenn es nicht Argumente gäbe, die dagegen sprechen. Wir haben in Berlin die Konzentration auf die verschiedenen Standorte mit Strafsachen, Zivilsachen oder Beschwerdeangelegenheiten usw., so dass wir, wenn wir drei Landgerichte einrichten würden, auch an allen dreien jeweils Strafsachen durchführen lassen müssten. Das wäre eine Erweiterung der Zuständigkeit der beiden Standorte Littenstraße und Tegeler Weg, die größere Bauvorhaben voraussetzen würde, denn es müssten dort Einheiten geschaffen werden, wo beispielsweise Häftlinge vorgeführt werden können. Es wäre eine Erweiterung der Transporttätigkeit von Moabit in die beiden anderen Standorte nötig, die personallastig sind. Es müssten in den beiden anderen Standorten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden für die Vorführung von Häftlingen, von denen ein Gefahrenrisiko ausgeht. Deswegen haben wir gesagt: Wir nehmen von diesem Plan derzeit Abstand und teilen unterhalb der Präsidententätigkeit die drei Standorte in jeweils einen Standort mit einem eigenständigen Vizepräsidenten, der dann auch die Verwaltung für den jeweiligen Standort durchführen kann. – So weit erst einmal die Hauptänderungen, die wir haben. Ich weiß, dass eine Änderung, die mit der Einrichtung der Serviceeinheiten zu tun hat, teilweise auf Kritik gestoßen ist, nämlich dass von den Richtern erwartet wird – zumindest von den weiter aufsichtsführenden Richtern –, sich auch inhaltlich um die Serviceeinheit zu kümmern. Ich halte davon sehr viel, denn ich habe auch von einer solchen Serviceeinheit als Vorsitzende Richterin Gebrauch gemacht, mit der Folge, dass ich die Möglichkeit hatte, die Folgearbeit, die ja bei jeder richterlichen Tätigkeit anfällt, insoweit strukturieren Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 3 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/vo – zu können, dass ich Rücksicht auf die Registratoren, Schreibkräfte und Kanzleikräfte nehmen konnte, wenn dort einmal ein personeller Engpass gewesen ist, andererseits aber auch von den Leuten mehr verlangen konnte, wenn die volle Stärke vorhanden war. Ich glaube, dass es richtig ist, wenn wir miteinander vernetzt sind, dass auch der Richter wissen muss, welche Tätigkeiten die jeweiligen Mitglieder in der Serviceeinheit ausüben, und dort auch für Verständnis werben kann, wenn er beispielsweise einmal an einem Wochenende mehr als fünf Urteile gesprochen hat, dass die in der vom Gesetz vorgesehenen Zeit und Frist dann auch abgesetzt werden. Da bedarf es der Kenntnis der gegenseitigen Arbeit, und das ist Sinn und Zweck der Leitung der Serviceeinheiten auch durch den jeweiligen Serviceeinheitenrichter. Dass das nicht zwangsläufig in die Zuständigkeiten der nichtrichterlichen Verwaltung, sprich: der Geschäftsleiter und damit verbundenen Zuarbeiter, eingreifen muss, finde ich selbstverständlich, weil diese Arbeit nicht zusätzlich von den Richtern gemacht wird, sondern es geht hier nur darum, dass derjenige, der seine Arbeit von anderen erledigt bekommt, selbst für den Output verantwortlich ist, wenn er das Haus verlässt, denn eine Entscheidung, die nicht ausgeführt wird, die nicht mit einer vollstreckbaren Ausfertigung versehen wird, nützt dem Richter nichts, insbesondere aber den Parteien und Mandanten nichts. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass auch Richter sich um diejenigen Mitarbeiter im Hause kümmern, die ihnen zuarbeiten und letztlich erst ermöglichen, dass ihre Arbeit den Mandanten erreicht. Vors. Gram: Danke schön, Frau Senatorin! – Ich schlage vor, dass wir zunächst unsere Gäste anhören. Ich bitte die Anzuhörenden, einen Zeitrahmen von sieben Minuten nicht zu überschreiten. Eine Ausnahme ist immer mal möglich. Im Anschluss daran können Fragen an die Anzuhörenden gestellt werden. – Ich darf mich im Übrigen bei allen unseren Gästen im Namen des Ausschusses herzlich dafür bedanken, dass Sie so kurzfristig Zeit fanden. Ich glaube, das weiß der Ausschuss sehr zu schätzen. Sie sind zeitlich sehr begrenzt, und die Idee, eine Anhörung zu machen, kam erst am letzten Donnerstag. Dafür also auch noch einmal herzlichen Dank! Es wurde ein Papier verteilt, das Herr Jetschmann mitgebracht hat: „Projekt Justizreform – Arbeitsgruppe 2“. – Herzlichen Dank auch für diese Zuarbeit, Herr Jetschmann! Ich glaube, Sie werden nachher darauf eingehen. Ich bitte zunächst Herrn Wosnitzka, Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg, um seine Stellungnahme. – Bitte schön! Herr Wosnitzka (Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ich will kein Geheimnis daraus machen, dass ich nicht nur der Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg bin, sondern ein großer Befürworter der jetzt diskutierten Reformideen in der Berliner Justiz. Ich trage Ihnen einmal vier Argumente vor, von denen ich meine, dass sie wichtig sind, und die dafür sprechen, das, worüber Sie zu beschließen haben, sinnvollerweise durchzusetzen oder umzusetzen. Als Erstes will ich eines der sicherlich schwächsten Argumente nennen und auf das VGG, das Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz, verweisen. Das ist in der Berliner Justiz bedauerlicherweise nie ernsthaft angegangen worden. Seine Existenz ist über längere Zeit in der Vergangenheit geleugnet worden. Das VGG schreibt aber eigentlich das vor, was die Justiz jetzt plant, nämlich die Schaffung von selbstständigen Einheiten – konkret bei den Amtsgerichten und auch beim Landgericht Berlin. Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 4 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Das zweite Argument dürfte das zentrale Thema sein, warum hier Veränderungen notwendig sind. Es beruht auf den Problemen der gegenwärtigen Aufbauorganisation und der gegenwärtigen Strukturen. Wenn ich als Leiter eines Unternehmens eine Aufgabe delegieren will, wenn eine Aufgabe zu lösen wäre, würde ich mir den geeigneten Mitarbeiter aussuchen, würde ihm die Aufgabe beschreiben und ihm die Verantwortung für die Lösung dieser Aufgabe übertragen; und ich würde gut tun, ihm auch die notwendigen Befugnisse zu übertragen, um diese Aufgabe zu lösen. Das ist das, was immer zusammen gehört, um Probleme und Aufgaben lösen zu können, nämlich: Die Aufgabe muss beschrieben sein, die Verantwortlichen müssen klar bestimmt sein, und die entsprechenden Kompetenzen müssen übertragen sein. Diese Einheit ist bedauerlicherweise in der Berliner Justiz nicht gegeben. Bei uns ist es anders: Wer die Kompetenz hat, wer die Befugnisse hat, trägt keine oder eine andere Verantwortung. Konkret am Beispiel eines Amtsgerichts, auch meines Hauses, dargestellt: Wir Direktoren sind aufgerufen, gemeinsam mit der Geschäftsleitung und dem uns – ich sage jetzt einmal ausdrücklich – zugewiesenen Personal – es sind keine Stellen, sondern das Personal ist zugewiesen –, in Charlottenburg jährlich dafür zu sorgen, dass etwa 15 000 Zivilprozesse entschieden und dass über 100 000 Vollstreckungsaufträge von den 37 Gerichtsvollziehern ausgeführt werden. Um Ihnen drei Zahlen zu nennen: Etwa 5 000 Änderungen im Handelsregister sind monatlich bei uns in Charlottenburg vorzunehmen. Die Verwaltung eines solchen Amtsgerichts hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass letztendlich die Rechtspflege diese Aufgabe am Kunden auch erfüllt. Wir haben die Aufgabe definiert, und wir haben auch die Verantwortung dafür. Wenn es Reste und Probleme gibt, habe ich zu berichten und muss mich rechtfertigen. Wir Direktoren haben aber nicht die Kompetenz und die dienstrechtlichen und haushaltsrechtlichen Befugnisse, um diese Aufgabe, die durchaus nicht ohne ist, letztendlich zu bewerkstelligen und auch zufriedenstellend zu erledigen. Die Kompetenzen und Befugnisse liegen in der gegenwärtigen Struktur ausschließlich oder überwiegend bei der Präsidentin des Kammergerichts. Die Präsidentin des Kammergerichts ist die Dienstbehörde, und fast alle das Personal betreffenden Entscheidungen – es gibt kleine Ausnahmen – müssen über die Präsidentin des Kammergerichts herbeigeführt werden. Das heißt, wir haben einen mühsamen Berichtsweg. Hinzu kommt in der gegenwärtigen Struktur, dass der Dienstweg über den Amtsgerichtspräsidenten in Tiergarten geht. Sie können sich vorstellen, dass das eine Weile dauert und dass nicht in allen Fällen, in denen wir bestimmte Entscheidungen erwarten, diese Entscheidungen auch so getroffen werden. Ich sehe Herrn Dr. Pickel im Besucherraum sitzen, als Verantwortlichen der Präsidentin des Kammergerichts. Ich möchte hier keine persönlichen Angriffe formulieren. Es sind keine persönlichen Verantwortlichkeiten zu sehen. Es ist die Struktur, die uns die Arbeit letztendlich schwer macht. Die Justiz hat in der Vergangenheit durchaus funktioniert, aber sie soll besser werden, und das ist eigentlich das Anliegen, dessen sich die Justizreform angenommen hat. Wenn ich führen soll, und das ist nicht nur ein Auftrag des VGG, sondern der Vernunft, dann brauche ich die Kompetenzen, um Menschen anzuleiten. Es kann nicht so sein, dass wir uns auf Anweisungen und Verfügungen der Oberbehörden stützen müssen, wenn wir Menschen führen. Viele Probleme in den Amtsgerichten sind sicher darin begründet, dass dort Mitarbeiter an falscher Stelle sitzen, weil wir keine Führungsstrukturen haben, weil nicht erkannt wird, dass dort Mitarbeiter überfordert sind. Das führt zu Krankheiten etc. Das war schon einmal Thema, zu dem ich auch einmal kurz referieren konnte. Ich möchte das nicht weiter vertiefen. Eine Besonderheit, auf die ich aufmerksam machen möchte, gibt es bei den Richtern. Wir sind zwar aufgefordert – und Frau Senatorin hat es auch formuliert –, Serviceeinheiten, Teams, zu bilden, zu denen auch die Richter gehören. Die Richter sind keine Außerirdischen, sondern wenn man Teamarbeit aufbauen will, gehören auch die Richter dazu. Nur die Dienstaufsicht über die Richter habe nicht ich als Direktor, die Dienstaufsicht liegt nach der gegenwärtigen Struktur beim Präsidenten des Amtsgerichts. Er ist auch der unmittelbare Vorgesetzte der Amtsrichter. Wenn ich etwas dienstrechtlich durchsetzen oder rügen möchte, bleibt mir nur der Weg über den Präsidenten des Amtsgerichts. Gerade diese Struktur ist ursächlich für die zwei Kulturen in der Justiz, nämlich einmal die Kultur der Richter und dann die der nichtrichterlichen Bediensteten oder Mitarbeiter. Da gilt es, einen Knoten zu durchbrechen. Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 5 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Ich komme zu meinem dritten Argument: Die Verselbstständigung der Amtsgerichte und des Landgerichts durch die Dezentralisierung von Kompetenzen, die derzeit beim Kammergericht liegen, ist meines Erachtens auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Es ist in der gegenwärtigen Struktur oder Haushaltslage Berlins kaum zu vertreten, dass wir uns noch dieses Sechs-Augen-Prinzip, das wir in den Verwaltungsaufgaben haben, leisten können. Ich möchte gerne am Beispiel der Beurteilung eines Amtsrichters schildern, wie das im Moment funktioniert: Die Beurteilung des Amtsrichters obliegt gegenwärtig dem Präsidenten des Amtsgerichts. Er ist der unmittelbare Vorgesetzte aller etwa 560 Amtsrichter und hat sie auch zu führen, wobei es kaum möglich sein dürfte, 560 Menschen zu kennen. Das ist kein Vorwurf an den amtierenden Präsidenten, das ist ein Ding der Unmöglichkeit in dieser Konstellation. Wenn das Zeugnis ansteht, werden wir Direktoren aufgefordert, eine so genannte Vorbeurteilung zu fertigen. Wir ziehen fünf Akten, die der Richter bearbeitet hat und geben ihm Gelegenheit, auch selbst fünf vorzulegen. Diese zehn Akten werden von mir oder von einer aufsichtführenden Richterin oder meiner Vertreterin durchgesehen. Wir machen uns Vermerke. Wir besprechen problematische Fälle gemeinsam und machen uns auf diese Weise ein Bild über den Richter. Natürlich kennen wir den Richter auch durch Begegnungen im Haus und durch Gespräche, Dienstbesprechungen etc. Wir gehen auch gemeinsam in die Sitzungen, um den Richter zu hören. Wir machen dann aber eine Vorbeurteilung, die nicht mit einer Bewertung endet, sondern es sind allgemeine Formulierungen, wie wir die Arbeit des Richters einschätzen. Dann geht das Ganze mit den zehn ausgewählten Akten zum Präsidenten des Amtsgerichts Tiergarten. Dort sitzen gegenwärtig mehrere aufsichtführende Richter, die sich der Sache noch einmal annehmen. – Ich habe diese Aufgabe in den 90er Jahren selbst gehabt und kann durchaus authentisch berichten. – Es geht dann so, dass jede Akte von dem zuständigen aufsichtführenden Richter nochmals durchgesehen wird. Es werden Vermerke zu jeder Akte angefertigt. Es wird dann ein Gesamtzeugnis angefertigt, indem die Vorbeurteilung eingefügt wird, und der Präsident des Amtsgerichts unterschreibt dann dieses Zeugnis, nachdem er – so habe ich das jedenfalls damals in Tiergarten erlebt – auch noch einmal stichprobenmäßig in die Akten geschaut hat. Und er ist davor noch mit seinem Dezernenten zu einem Sitzungsbesuch des Richters unterwegs gewesen, hat die Sitzung besucht und sich noch einmal einen Eindruck verschafft. Wenn Sie sich diesen Aufwand, bedingt durch die gegenwärtige Konstruktion, anschauen, dann kostet das Zeugnis eines Amtsrichters ein Vermögen. Dann komme ich zu meinem vierten und vielleicht auch dem schwächsten Argument, möglicherweise auch in meiner Ungeduld begründet, aber ich möchte es gleichwohl erwähnen: Ich bin seit 15 Jahren an unterschiedlicher Stelle in der Verwaltung der Amtsgerichte tätig. Ich habe in der Zeit zahlreiche Fortbildungen in Sachen Organisation von Gerichten besucht, und es war teilweise beschämend, zu erfahren, wie es in anderen Bundesländern zugeht. Ich kann mich daran erinnern, dass schon 1992 die kleinsten Amtsgerichte in Baden-Württemberg in der Lage waren, Personal im Angestelltenbereich selbst einzustellen – natürlich innerhalb eines vorgegebenen Budgets – und Teilzeitverträge, gerade in schwierigen Phasen wie der Sommerzeit, abzuschließen. Ich war vor wenigen Wochen in Wustrau zu einer ähnlichen Fortbildung. Auch hier konnte ich leider nur von den Diskussionen in Berlin berichten. Von meinen Kollegen habe ich stattdessen einiges zu Kostenleistungsrechnungen, zu Budgetierung und zu dem Thema moderne Führung hören dürfen. Mit der Justizreform haben wir in Berlin eine Vision. In zahlreichen Arbeiten, die in Arbeitsgruppen und diversen Teams gefertigt wurden, haben wir die Vision einer modernen Gerichtsbarkeit in der Justiz entwickelt. Wir haben dabei viele Mitarbeiter beteiligen können. Wir haben also gute Chancen, dass diese moderne Justiz auch umgesetzt und realisiert werden kann. Ich kann nur – zugegeben, etwas emotional – um Ihre Zustimmung zu den geplanten Änderungen bitten. – Vielen Dank! Vors. Gram: Danke schön, Herr Wosnitzka! Emotionalität ist im Rechtsausschuss nicht verboten. – Herr Jetschmann, bitte! Herr Jetschmann (Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der Berliner Justiz): Herr Vorsitzender! Frau Bürgermeisterin! Meine Damen und Herren! Zunächst bedanke ich mich, für den Gesamtpersonalrat der Berliner Justiz kurz zu dem vorliegenden Gesetzentwurf Stellung nehmen zu dürfen. Dieser Gesetzentwurf ist dem Gesamtpersonalrat im Juni dieses Jahres zugegangen. Wir haben dazu kurz Stellung genommen. Zu Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 6 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – unserer abgegebenen Stellungnahme haben wir bisher keine Rückantwort von der Senatsverwaltung für Justiz erhalten, deshalb freut es mich besonders, auf folgende grundsätzliche Punkte hinweisen zu können. Und zwar ist aus unserer Sicht ein erheblicher Mangel im Gesetzentwurf zu verzeichnen. Die konkreten Aufgaben, die im Grundsätzlichen auch von Herrn Wosnitzka beschrieben worden sind, sind in dem Gesetzentwurf nicht enthalten. Es wird nicht gesagt, welche konkreten Aufgaben auf die Amtsgerichte zukommen. Es wird nicht gesagt, wie ausgedehnt die Personalhoheit ist. Es wird auch nicht ausgeführt, welche Aufgaben konkret mit einer Dienstbehörde der Amtsgerichte verbunden werden. Es wird auch nicht gesagt, welche Aufgaben vor der Auflösung des Justizverwaltungsamtes in nächster Zeit auf die Amtsgerichte zukommen, und es wird vor allen Dingen nicht gesagt, wie die konkrete Aufgabenverteilung zwischen der jetzigen Dienstbehörde, dem Kammergericht und den künftigen Dienstbehörden in den Amtsgerichten sein wird. Deshalb haben wir uns erlaubt, Ihnen einen Auszug aus dem vorläufigen Abschlussbericht zur Dezentralisierung von Fach- und Ressourcenverantwortung vom 5. August auf den Tisch zu legen. Diesem könnte man entnehmen, welche Aufgaben auf die Amtsgerichte zukommen. Wir würden dafür plädieren, diese Aufgaben konkret, mindestens mit Oberbegriffen, im Gesetz zu beschreiben, denn alle Erfahrungen im Zusammenhang mit Abschichtung von oberen Dienstbehörden oder von Dienstbehörden auf nachgeordnete Dienstbereiche haben in Berlin gezeigt, dass es wichtig ist, von vornherein für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen, welche Aufgaben künftig von den Behörden, die die Aufgaben erhalten, wahrgenommen werden. Ich weise besonders darauf hin, dass im Zusammenhang mit der Auflösung des Justizverwaltungsamtes erhebliche Aufgaben auf die Amtsgerichte zukommen. Nach meiner Einschätzung wird dieses Problem von den Amtsgerichten bisher nicht so stark beachtet, weil das Justizverwaltungsamt noch besteht, aber wenn die Personalhoheit bei den Amtsgerichten liegt, dann gehören dazu alle Aufgaben der Bezügeberechnung, das alltägliche Geschäft, das Massengeschäft, zwar automatisiert wahrnehmbar, aber letzten Endes ein sehr umfangreiches Aufgabengebiet. Wir begrüßen, dass in dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf enthalten ist, dass die Stellen für die künftigen Amtsgerichtspräsidenten ausgeschrieben werden. Das war in dem Entwurf, der uns im Juli vorgelegt worden ist, noch nicht der Fall. Wir begrüßen dies außerordentlich, weil wir damit die Hoffnung verbinden, dass nach den modernen Anforderungen, die an Anforderungsprofile und Personalmanagementaufgaben zu stellen sind, auch künftig die Amtsgerichtspräsidenten ausgewählt und eingesetzt werden. Wir sehen allerdings im Zusammenhang mit der Aufgabenverlagerung und mit der Position der Amtsgerichtspräsidenten ein Problem besonderer Art: Wenn das Kammergericht künftig nicht mehr Dienstbehörde für den nichtrichterlichen Dienst ist, den ich hier vertreten darf, dann entsteht aus meiner Sicht ein erhebliches Vakuum in der Vertretung der ordentlichen Gerichtsbarkeiten insgesamt. Wenn es zutreffen sollte, dass sich das Kammergericht nur um seine eigenen Aufgaben kümmert, dann könnte es sein, dass nicht nur ein Vakuum entsteht, sondern möglicherweise auch eine Führungslosigkeit gegenüber den Amtsgerichten. Das ist sicherlich gewollt, aber andererseits gibt es Aufgaben, die im Interesse der gesamten ordentlichen Gerichtsbarkeit zentral wahrzunehmen sind, zumindest soweit es das Personal des nichtrichterlichen Dienstes betrifft, so dass ich auch nach den Erfahrungen mit Dezentralisierung im Bereich des Berliner Strafvollzuges dafür plädiere, sich darüber Gedanken zu machen, ob nicht in bestimmten Funktionen – –, denn das Kammergericht ist nicht mehr Dienstbehörde, es ist auch nicht obere Dienstbehörde, es ist auch nicht oberste Dienstbehörde, es spielt überhaupt keine Rolle mehr. Niemand ist mehr da, der kraft Amtes dann eine Koordinierungstätigkeit wahrnehmen kann. Darüber müsste sich dieser Ausschuss Gedanken machen, inwieweit diese koordinierende Funktion festgeschrieben ist. Es kann nicht sein, dass in Einzelfragen letzten Endes die Senatsverwaltung für Justiz entscheiden muss, wie es dann zwischen mehreren Amtsgerichten geht. – Das berühmte Beispiel: Ein Wachtmeister soll von X nach Y versetzt werden. Zwölf Amtsgerichtspräsidenten setzen sich koordinierend unter der Federführung der Kammergerichtspräsidentin zusammen, und dann wird ein Beschluss gefasst. Keiner kann sich daran halten, keiner weiß, wer dafür zuständig ist. – Mein Plädoyer an dieser Stelle ist, sich genauer Gedanken darüber zu machen, wie künftig die koordinierenden Aufgaben im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit wahrgenommen werden. Weiterer Punkt: In der Änderung des AGGVG ist ein neuer Satz 4 in § 4 vorgesehen, der mit dem neuen § 10 Abs. 2 in Verbindung steht. Da geht es darum, dass der Präsident – also künftig die einzelnen Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 7 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Amtsgerichtspräsidenten – Richtern eigenverantwortliche Leitungsbefugnisse übertragen kann. Das sind aus meiner Sicht die aufsichtführenden Richter, die zusätzlich installiert werden sollen, und das steht in Korrespondenz mit der neuen Bestimmung des § 10 Abs. 2 des AGGVG. Hier meinen wir, auch in Kenntnis der Vorschläge zur künftigen Organisation der Ziviljustiz und ihrer Terminologie – dieses Papier haben wir Ihnen ebenfalls vorgelegt –, dass hier eine völlig neue Verwaltungshierarchie entstehen kann. Beispielen aus mehreren Amtsgerichten, insbesondere aber auch aus dem Diskussionspapier für den Bereich des Amtsgerichts Tiergarten, das heute schon erwähnt wurde, überschrieben mit: „Ein Strukturmodell für ein neues Amtsgericht Tiergarten“, ist zu entnehmen, dass eine völlig neue Verwaltungshierarchie entsteht, nämlich: Präsident, Vizepräsident, Fachbereichsleiter, Leiter des Serviceteams, Teamleiter usw. Es entsteht also möglicherweise eine zusätzliche Personalverwaltung. Wir können nur davor warnen, Richterinnen und Rechtslehrerinnen aus den Bereichen der Rechtspflege herauszulösen und mit zusätzlichen Verwaltungsaufgaben zu betrauen. Letzter Punkt: Wir haben Ihnen dazu auch einen Alternativvorschlag vorgelegt. Wir sind der Auffassung, dass Richterinnen und Richter, Rechtslehrerinnen und -lehrer im Zusammenhang mit der Dezentralisierung nicht mit zusätzlichen Verwaltungsaufgaben betraut werden sollen, denn wir brauchen sie dringend in der Rechtspflege und nicht bei der Wahrnehmung zusätzlicher Verwaltungsaufgaben, insbesondere in der Personalverwaltung. Wir haben deshalb, hinsichtlich des allgemein geforderten Ziels, Serviceeinheiten bei den Gerichten flächendeckend einzuführen, ein Modell vorgelegt, wonach die Beamtinnen und Beamten des mittleren Justizdienstes, die Justizangestellten, die Justizfachangestellten, die Justizwachtmeister und die Protokollführerinnen, also diejenigen, die die Serviceleistungen für die Richterinnen und Richter zu erbringen haben, organisatorisch so zusammengefasst werden, dass sie selber die Leitung der Serviceeinheiten übernehmen, und nicht das Modell, das von der Verwaltung favorisiert wird, nämlich die bestehenden Abteilungen der Geschäftsstelle des Gerichts unterhalb der Ebene der Gesamteinheit des Serviceteams zusammenzufassen und dann einen Richter einzubinden. Wir sagen, die Beschäftigen, die die Serviceleistungen zu erbringen haben, sollten nicht nur die Arbeiten erledigen, sondern sie sollten auch in der Lage sein, die Arbeiten selber zu organisieren und vor allen Dingen auch die Leitung zu übernehmen. Wir befinden uns gegenwärtig in einem Beteiligungsverfahren mit der Senatsverwaltung für Justiz, allerdings wird uns da vorgeschlagen, uns im Rahmen der Mitwirkung zu äußern. Wir sind der Ansicht, nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz sind wir in einer Mitbestimmung, das heißt, wir werden uns noch sachlich damit auseinander setzen – nicht nur über die Art der Beteiligung, sondern unser Anliegen ist es, dass wir uns auch in der Sache, im Interesse des mittleren Dienstes, der Angestellten usw. unterhalten, wie künftig bei allen Amtsgerichten einheitlich, mit einheitlichen Vorgaben und mit klaren Aufgabenüberweisungen im Serviceteam die Arbeiten erledigt werden können. Denn die Entwicklung in den letzten anderthalb Jahren bei den Amtsgerichten ist davon geprägt, dass mehr der Zufall herrscht, und der soll eigentlich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf noch gestärkt werden, denn jeder Amtsgerichtspräsident – so verstehe ich den Gesetzentwurf – soll künftig eigenständig seine Dinge in seinem Geschäftsbereich regeln. Das dient nicht der Flexibilität hinsichtlich der Möglichkeiten für die Bediensteten, auch woanders hinzugehen, Personalaustausch und Rotation zu machen. All die schönen Dinge, die Herr Wosnitzka nach dem VGG angesprochen hat, würden das Modell, das die Verwaltung vorgelegt hat, behindern. Insofern möchte ich Sie bitten, den Gesetzentwurf daraufhin noch einmal zu überprüfen. Vors. Gram: Vielen Dank, Herr Jetschmann! – Herr Harms, bitte! Herr Harms (Richter am Amtsgericht Hohenschönhausen): Vielen Dank! – Herr Vorsitzender! Frau Bürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren! – Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Einladung, auch wenn sie sehr kurzfristig kam – aber wir waren natürlich auch vorher schon ein bisschen im Thema –, und dafür, dass Sie mir Gelegenheit geben, den Gesetzentwurf um eine Richtersicht zu ergänzen. Ich bin Richter am Amtsgericht Hohenschönhausen, aber Vorsitzender des Gesamtrichterrats der ordentlichen Gerichtsbarkeit und im Vorstand des Hauptrichterrats, dort zuständig für die ordentliche Gerichtsbarkeit, die dieser Gesetzentwurf betrifft. Die mit dem Entwurf verbundenen Ziele finden breite Zustimmung in der Richterschaft. Die Ziele sind, effiziente Strukturen durch kleinere Einheiten zu schaffen, die Selbstverwaltung zu verstärken und die Zusammenarbeit von richterlichem und nichtrichterlichem Personal zu verbessern. Unsere Erfahrung ist, dass kleinere Einheiten effizienter arbeiten können, vorausgesetzt, die Führung ist geeignet. – Das richtet Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 8 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – sich nicht gegen Herrn Wosnitzka, der prima Modelle im Amtsgericht Charlottenburg fährt. – Deshalb sind wir für die Verselbstständigung der Amtsgerichte unter – das ist dann rechtlich zwingend – Führung einer Präsidentin oder eines Präsidenten. Rechtlich zwingend ist dann auch ihre Höhergruppierung. Das muss man kostenmäßig für die Ziele in Kauf nehmen, die es wert sind, sie zu verfolgen und umzusetzen. Wie die Begründung des Gesetzentwurfs völlig zu Recht ausführt, ist dann allerdings noch mehr Wert auf die Qualifikation der Führungskräfte zu legen. Hier würden wir uns eine stärkere Einbeziehung der Richter und Personalvertretungen wünschen, wie das in anderen Bundesländern, zum Beispiel in SchleswigHolstein, üblich ist. Dort ist man bisher gut damit gefahren. Die Änderungen in § 3 AGGVG, also vom Direktor zum Präsidenten, mit den entsprechenden Anpassungsänderungen befürworten wir also, auch wenn wir der damit verbundenen Dezentralisierung mit durchaus gemischten Gefühlen entgegensehen, denn kleinere Einheiten – das hat Herr Jetschmann gerade ausgeführt – beeinträchtigen teilweise die Flexibilität und lösen interne Verteilungskämpfe aus. Diese gab es bisher jedoch auch schon. Sie werden zukünftig transparenter sein und damit vielleicht auch zu besseren Lösungen führen, aber das bleibt einer näheren Ausgestaltung vorbehalten. Und hier liegt die eigentliche Krux, dass man diese Ausgestaltung tatsächlich gut hinbekommt. Folge der Verselbstständigung sollte dann allerdings sein, dass auch die sechs kleineren Amtsgerichte im Gesamtrichterrat als Mitglieder repräsentiert sind. Hier wäre § 21 Abs. 2 Berliner Richtergesetz zu ändern. Der ausgearbeitete Vorschlag liegt der Senatsverwaltung seit ein, zwei oder drei Monaten vor und blieb bisher ohne Beantwortung. Ich halte das allerdings für zwingend. Wenn man schon eine Verselbstständigung macht, dann sollte man auch das Gremium Gesamtrichterrat mit den entsprechenden Mitgliedern der einzelnen Amtsgerichte ausstatten und nicht, wie das bisher der Fall ist, nur mit den sechs größten Amtsgerichten. Die vorgeschlagene Lösung des § 4 Abs. 1 AGGVG um den Satz: „Der Präsident kann seinem ständigen Vertreter“ – bis jetzt ist alles noch völlig in Ordnung – „und weiteren Richtern die eigenverantwortliche Leitung eines oder mehrerer Geschäftsbereiche des Gesetzes übertragen.“, sehen wir genauso wie Herr Jetschmann – Herr Wosnitzka hat dazu auch schon einige Ausführungen gemacht – etwas kritischer. Er muss im Zusammenhang mit der beabsichtigten Neufassung des § 10 Abs. 2 gesehen werden – wie bereits auch schon ausgeführt. Das verdeutlicht, dass die Übertragung auf weitere Richter die Befugnisse des Geschäftsleiters einschränkt. Uns ist daran einiges nicht ganz klar: Erstens: Welche Aufgaben bleiben dem Geschäftsleiter? Wofür bleibt der Präsident zuständig? – Der letzte Teil der Neufassung in § 10 Abs. 2 enthält eine gesetzliche Anordnung, für welche Bereiche der Geschäftsleiter zuständig bleiben soll. Aber liest man sie sich im Zusammenhang mit der Entwurfsbegründung zu den Aufgaben der weiteren dienstleistenden Richter durch, so erscheint doch einiges ungereimt – übrigens nicht nur den Richtern, sondern auch den Direktoren und Geschäftsleitern, die teilweise entsprechend schriftlich Stellung genommen haben. So soll der Geschäftsleiter grundsätzliche Angelegenheiten regeln, der dienstleitende Richter aber die allgemeine Leitung und die Klärung grundsätzlicher Fragen übernehmen. Wo ist da der Unterschied? – Der Geschäftsleiter soll zuständig bleiben für die Personalführung, der dienstleitende Richter für die Verbesserung der Zusammenarbeit von richterlichem und nichtrichterlichem Personal, und das auch leitend. Wo sind da die Unterschiede? – Hier wäre es vielleicht besser, entweder auf eine Aufgabenbeschreibung im Gesetz für die Geschäftsleiter ganz zu verzichten oder die Aufgaben von dienstleitenden Richtern und Geschäftsleitern gesetzlich genau zu definieren. Als Alternative hat Herr Jetschmann bereits vorgeschlagen, dass man das auf anderer Ebene als auf der Gesetzesebene regelt, aber wenn man Teile ins Gesetz nimmt, dann besteht einerseits die Bindung der Präsidenten an das Gesetz und andererseits dann dieses große Abgrenzungsproblem. Das halte ich wirklich nicht für glücklich, zumal – zweitens – bisher schon einige Zuständigkeitskonflikte zwischen richterlicher und nichtrichterlicher Leitung bestanden. Das ist also kein neues Problem. Drittens bleibt für uns die Frage, warum die Unterstützung des Geschäftsleiters unbedingt durch Richter erfolgen muss, die zunächst gar nicht für die Dienstleitung ausgebildet sind und Richter geworden sind, um Rechtsfälle zu lösen, nicht, um zu verwalten. Vielleicht gibt es besser qualifiziertes Personal aus dem nichtrichterlichen Bereich, vielleicht sogar aus dem Fach der Verwaltungs- oder Betriebswirtschaft oder der Psychologie. Darüber ist nachzudenken. Vielleicht sollte man die Konsequenz aus der weitgehenden Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 9 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Unkündbarkeit bzw. sogar Unabhängigkeit der Mitarbeiter in der Justiz der dritten Gewalt als eigenständiger Bereich ziehen und weniger auf Steuerung und Leitung, sondern mehr auf Motivation durch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter setzen. Darüber sollten wir noch einmal vertiefend sprechen. Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 10 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Viertens finden wir es etwas widersprüchlich, die Erhöhung der Bezüge der Präsidenten mit der erforderlichen Zusatzqualifikation zu begründen, dem weiteren dienstleitenden Richter nach § 4 aber keine Zulage zu gewähren – er hat dann auch die Zusatzqualifikation. Fünftens befürchten wir eine Ausweitung der Verwaltungstätigkeit der Richter – die zunächst eindeutig zu Lasten der Rechtsprechungstätigkeit geht, also des Bereichs, an dem die Bürger vorrangig interessiert sind –, auch wenn nach der neuen Personalbedarfsberechnung, nach PEBBSY, einige Mehranteile für die Verwaltung vorgesehen sind. Aber ob Sie das im Haushaltsausschuss tatsächlich durchsetzen werden und können ist noch die Frage. Ob diese Ausweitung durch eine Verbesserung der internen Abläufe kompensiert werden kann, was für den Bürger bedeuten würde, seine gerichtliche Entscheidung schneller zu erhalten, ist die große Frage. Ich fürchte, dass die Effizienzsteigerung schwer wird. Das Tarifrecht ist immer noch so komplex. Das ist ein gravierendes Problem, und das stellt auch die Richter, die sich in den Bereich einarbeiten sollen, aber von dem Tarifrecht und den ganzen Verästelungen und Problemen, zu denen das führt, bisher überhaupt keine Ahnung hatten, vor immense Probleme. Da sind einige Frustrationspotentiale in der Richterschaft gegeben, die bisher noch nichts damit zu tun hatte. – Im Tarifrecht liegen zum Beispiel die erheblichen Potentiale. Das muss wirklich angegangen werden und wird ja auch angegangen mit den entsprechenden Vorschlägen im Bund und mit der Bull-Kommission und auch den Vorschlägen der Arbeitsgruppe VI, die sich auch genaue Gedanken gemacht hat, wie man die Tarifstruktur in den Serviceeinheiten neu gestalten kann. Ich bitte, das nicht zu unterschätzen. Das ist ganz gravierend für die Gerichte.s Ob dienstleitende Richter vor dem Hinblick dieser Probleme tatsächlich besser gestalten können, bleibt die Frage. Hinzu kommt aus unserer Sicht die unzureichende finanzielle Ausstattung der Justiz, die zeitlich wenig Raum für qualitativ hochwertige Verwaltungstätigkeit lässt. Das ist ein Zielkonflikt. Der dienstleitende Richter soll nach dem Gesetzentwurf für die Verbesserung der Zusammenarbeit von richterlichem und nichtrichterlichem Dienst zuständig sein. Wo die bisherigen Probleme konkret liegen, ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Ein anderes Papier, zur Änderung der GOV, einer Verordnung zur Gerichtsorganisation, weist der Richterschaft ein großes Maß an Schuld zu. Wie soll aber ein Richter, der sowieso schon sehr wenig mit seinen übrigen Mitarbeiten zu tun hat, weil er vornehmlich für die zeitintensive Bearbeitung der Rechtsfälle da ist, gut mit Mitarbeitern zusammenarbeiten, die – anders als in Unternehmen oder in der Verwaltung – nicht direkt bei ihm sitzen, sondern teilweise mehrere hundert Meter weg sind; wenn außerdem nicht nur eine Person dem Richter zuarbeitet, sondern ein ganzes Team? – Bei Amtsgerichten kommt hinzu, dass die Richter meistens Mischdezernate haben, also für verschiedene Rechtsgebiete zuständig sind, was zur Erhaltung der Motivation und Flexibilität unbedingt wünschenswert ist, was aber dazu führt, dass mehrere Teams des nichtrichterlichen Dienstes zuarbeiten, weil die Mitarbeiter in den Folgediensten meistens auf einen Rechtsbereich spezialisiert sind und nur diesen bearbeiten. Die Richterin oder der Richter hat also mit mehreren Teams, mit zwei oder oft sogar drei Teams zusammenzuarbeiten, und jedes Team arbeitet nicht nur einer Richterin und einem Richter, sondern mehreren zu. Wie soll man da effizient zusammenarbeiten? Sechstens erleichtert die Änderung die Ausweitung der Verwaltungstätigkeit, weil bisher weitere Stellvertreter des Direktors nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AGGVG – das ist in der Synopse dargestellt – nur etwas umständlich unter Einschaltung der Senatsverwaltung und des Richterwahlausschusses bestellt werden konnten und jetzt der Direktor einfach selbst Personal für die Verwaltung einsetzen kann. Hier könnte man zumindest eine Einschränkung der Anzahl einfügen, um einer notwendigen Begrenzung der Tendenz der Ausuferung der Verwaltungstätigkeit begegnen zu können. Die Arbeitsgruppe empfahl hier, pro 40 Richter etwa eine Richterstelle für diese weiteren dienstleitenden Richter vorzusehen. Nach dem Entwurf wäre eine Übertragung von Verwaltungstätigkeit auf jede Richterin und jeden Richter möglich. Das ist eine Horrorvorstellung für die Richterschaft, die entschieden demotivierend wäre. Nichtsteuerbare Personen zu demotivieren birgt aber erhebliche Gefahren, die wir vermeiden sollten. Wir fänden es besser, wenn Sie auf diese Änderungen in § 4 und § 10 verzichten würden bzw. zumindest diese Eingrenzungen vornehmen würden. Sie sind auch nicht zwingend mit der von uns gewünschten Dezentralisierung verbunden. Ansonsten könnte überlegt werden, die Richtervertretung an der Übertragung von Verwaltungstätigkeit auf Richter mitwirken zu lassen, wie es übrigens in Brandenburg gesetzlich bereits festgelegt ist, nämlich in § 44 Abs. 1 Nr. 6 Brandenburgisches Richtergesetz. Es besteht nach dem Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 11 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Staatsvertrag in § 4 Abs. 1 Satz 2 wörtlich „das Bestreben zur Vereinheitlichung der Richtergesetze von Berlin und Brandenburg“. Alternativ käme in Betracht, das Berliner Richtergesetz etwa in § 28 Abs. 1 Nr. 3 und das Personalvertretungsgesetz etwa in § 72 zu ergänzen. Die Vertretungen sollten die gesetzliche Aufgabe haben, die Zusammenarbeit von richterlichem und nichtrichterlichem Personal zu fördern. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Deshalb machen wir das auch schon, vor allem im Zuge der Ausstattung mit der EDV, die sich dafür anbietet, für die ich im Übrigen in diesem Zusammenhang dem Abgeordnetenhaus ausdrücklich danken möchte, auch der Senatsverwaltung und dem Kammergericht für ihr Engagement, das nun schon seit 1995 anhält. Die Ausstattung der EDV wird uns kommunikativ erheblich voranbringen. Atmosphärisch sind wir damit endlich vom Zeitalter Kaiser Wilhelms und Stein/Hardenberg im Zeitalter von Gates und Plattner angekommen. Das spürt man atmosphärisch auch an den Gerichten. Dadurch, dass EDV zur Verfügung steht, ist einiges an Aufbruchstimmung zu vermerken. Vielen Dank dafür! Wenn Sie jetzt noch dafür sorgen könnten, die Effizienz der Justiz, die institutionell sowieso mehr auf Selbstverwaltung angelegt ist, durch Ausweitung der Beteiligungsmöglichkeiten der Richtervertretungen zu verbessern, diese auf den Stand anderer Bundesländer zu bringen, wie zum Beispiel Hessen, SchleswigHolstein, und auch Brandenburg ist da wesentlich weiter – in den meisten europäischen Staaten ist es sowieso so, und in Nordrhein-Westfalen gibt es dahingehend ebenfalls parteiübergreifende Bestrebungen –, wären wir und – was das Wichtigste ist: auch die Bürgerinnen und Bürger – noch zufriedener. – Vielen Dank! Vors. Gram: Vielen Dank, Herr Harms! – Wir werden unser Möglichstes tun. Ich habe an den frohen Gesichtern beim Kammergericht gesehen: Dank ist auch einmal etwas Schönes. – Herr Strehlow, bitte! Herr Strehlow (Geschäftsleiter der Verwaltung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg): Vielen Dank! – Herr Vorsitzender! Frau Bürgermeisterin! Verehrte Damen und Herren! – Ich möchte etwas aus meinem Erfahrungsschatz zum Besten geben. Ich bin jetzt seit zehn Jahren in der Geschäftsleitung tätig, erst sieben Jahre als stellvertretender Geschäftsleiter im Amtsgericht Pankow-Weißensee und seit nunmehr drei Jahren als Geschäftsleiter im Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Beide Gerichte unterscheiden sich in der Organisationsform und auch in der Größe. Im Bereich des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg sind bereits im weiten Sinne dezentrale Strukturen bei der Arbeitserledigung eingeführt worden. Wir haben Serviceeinheiten eingeführt, die ich bereits bei meinem Dienstantritt vorgefunden habe. In diesen drei Jahren habe ich damit ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht. Die Einrichtung dieser Serviceeinheiten und der Gesetzentwurf setzt das letztlich noch einmal fort. Die Entscheider weiter in diese Gruppen mit einzubeziehen, bringt für mich drei wesentliche Vorteile: Die Arbeit, die Arbeitsorganisation, wird unmittelbarer, schneller und individueller. Innerhalb der Serviceeinheiten, der Servicegruppen – nach dem Konzept der Arbeitsgruppe VI nennen wir das jetzt Servicegruppen oder Serviceteam –, können sich die Gruppenmitglieder – und dazu gehören der so genannte Folgedienst, Registraturen, Geschäftsstelle, Protokoll, Kanzleikräfte ebenso wie die Entscheider, Richter und Rechtspfleger – unmittelbar besser mit den innerhalb der Gruppe auftretenden Problemen auseinander setzen als das vorher der Fall war, als man in die etwas fernere Verwaltung oder gar bis hin zum Kammergericht gehen musste. Man kann auf die Erfordernisse des Geschäftsbetriebes viel flexibler reagieren, und man kann auch die individuellen Bedürfnisse und Wünsche, sowohl bei den Richtern als auch beim nichtrichterlichen Personal, besser berücksichtigen, als es nach dem alten System der Fall war. Das Gleiche gilt aus meiner Sicht auch bei der Dezentralisierung der Gerichte und der Übertragung der Dienstbehördeneigenschaft. Auch hier wird letztlich die Entscheidungskompetenz in die Hände gelegt, die auch die Ergebnisverantwortung zu tragen haben. Wir werden eine deutliche Verkürzung der Entscheidungswege haben. Das Berichtswesen wird in weiten Teilen wegfallen, und mit der Öffnung der Organisationsbefugnis hin zum künftigen Präsidenten ist es jeder Dienststelle künftig freigestellt – ob mit oder ohne dienstleitende Richter –, die Organisation so vorzunehmen, wie es die Größe des Gerichts, die personelle Ausstattung, die örtlichen Besonderheiten oder etwaige sachliche Zuständigkeitskonzentrationen erfordern. So gesehen setzt dieser Gesetzentwurf die Organisationskonzepte aus dem Projekt Justizreform in der notwendigen Weise um und lässt für die Behördenvorstände den Spielraum, den sie brauchen werden. – Vielen Dank! Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 12 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Vors. Gram: Vielen Dank, Herr Strehlow! – Ich habe jetzt drei Wortmeldungen. Ich schlage vor, dass wir erst einmal die Fragen an Herrn Wosnitzka stellen. – Herr Dr. Lederer, bitte! Abg. Dr. Lederer (PDS): Herr Wosnitzka! Sie haben jetzt gehört, dass die Befürchtung besteht, dass durch die Form, wie dieser Gesetzentwurf derzeit gegossen ist, derzeit in der Justiz Beschäftigte quasi in den Verwaltungsdienst abgesaugt werden, also zukünftig nicht mehr primär mit juristischen Tätigkeiten, mit den eigentlichen Justiztätigkeiten, konfrontiert sind, sondern Verwaltungsarbeiten leisten. Wie ist denn diese Befürchtung oder dieses mögliche Problem in der Arbeitsgruppe diskutiert worden? Herr Wosnitzka (Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg): Theoretisch wäre es auch heute möglich, dass der Direktor sagt: Rechtspfleger XY, bitte auch noch in die Verwaltung. – Wir haben eine Dienstaufsicht und werden auch künftig eine Dienstaufsicht haben, das wird sicherlich noch durch die Präsidentin des Kammergerichts erörtert werden – sicherlich in einer anderen Form –, die so etwas sicherlich verhindern würde. Aber bitte: Die Verhinderung oder derartige Exzesse, die auch heute möglich wären, werden dadurch verhindert, dass wir eine Personalvertretung haben, dass wir Geschäftsverteilungspläne haben, in denen die Pensen für die Verwaltung minuziös genau formuliert sind. Es wird auch künftig selbstverständlich Geschäftsverteilungspläne für die Verwaltung geben, in denen die Aufgaben formuliert, in denen die Personen genannt sind und in denen das Konto der Verwaltung errechnet ist. Ähnlich ist das im richterlichen Bereich. Da haben wir eine Kontrolle durch das Präsidium. Den Verwaltungsanteil gegen den Willen des Präsidiums zu erhöhen, ist ausgeschlossen. Das wird auch künftig so sein. Das Präsidium ist das Kontrollorgan, das darüber beschließt, wie die Aufgaben im richterlichen Bereich verteilt werden. Ich kann Ihnen aus der Erfahrung als Behördenleiter und Präsidiumsmitglied über Jahre versichern: Wir haben aus der Verwaltung heraus wenig Chancen gehabt, uns irgendwie zu erweitern. Die Chancen waren gleich Null. – Es wird zu Recht immer eine Diskussion bleiben, wie die Pensen zu verteilen sind. Ich sehe hier in der Richtung überhaupt keine Gefahr, dass die Verwaltungen sich aufblähen könnten. Es gibt nach wie vor bundesweite Pensenschlüssel durch PEBBSY – früher durch andere Berechnungen –, die den Verwaltungen der Gerichte ein bestimmtes Pensum an Richtern, Rechtspflegern und Servicekräften zugewiesen hat, und daran haben wir uns minuziös gehalten. Es gibt zahlreiche Kontrollinstanzen innerhalb eines Gerichts, die das dann verhindern würden. Vors. Gram: Eine Nachfrage? – Herr Dr. Lederer! Abg. Dr. Lederer (PDS): Ich habe nur eine kurze Nachfrage dazu: Wir haben eben auch gehört, dass der § 10 Abs. 2 unseres Gesetzentwurfs die Möglichkeit schafft, zukünftig dienstleitende Richterstellen im zusätzlichen Maß zu schaffen. Vor dem Hintergrund interessiert es mich, in welchem Maß das angedacht worden ist. Es wird ja eine Vorstellung gegeben haben, wie das stattfinden soll. Wie korrespondieren dann Geschäftsleitung und aufsichtführende Richterschaft? Herr Wosnitzka (Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg): Herr Jetschmann hat zu Recht darauf hingewiesen, dass damit eigentlich nur die aufsichtführenden Richter gemeint sein können. Es ist ausgeschlossen, dass sich ein Direktor oder möglicherweise künftig der Präsident einen Richter aussucht und sagt: Du übernimmst jetzt Führungsaufgaben. – So weit kann es nicht kommen, es ist nur der Geeignete auszuwählen, der Führungsaufgaben übernehmen kann. Wir haben bislang – und das wird auch künftig so sein – für die Verwaltung eine bestimmte Zuweisung von Richterstellen. Ich habe jetzt schon – konkret im Beispiel dargestellt – in Charlottenburg meine Vertreterin und drei aufsichtführende Richter. Es ist natürlich so gemeint, dass in diesem Bereich Führungsaufgaben übertragen werden. Ich kann es aus meinem Haus schildern: Vor meiner Zeit hatten aufsichtführende Richter im Amtsgericht Charlottenburg mehr Fachaufsicht auszuführen. Sie beschäftigen sich mit Schadensersatzansprüchen oder Organisation der Bibliothek. Inzwischen – das war vor knapp zwei Jahren – haben wir das Haus umorganisiert. Wir haben das quasi in zehn Einheiten geteilt, und jeder der Verwaltungsrichter, einschließlich meiner Person, leitet unmittelbar zwei solche Bereiche. Nur das kann gemeint sein, dass wir auch Richtern aus der Verwaltung Führungsaufgaben übertragen. Dafür werden sie bezahlt, und dafür müssen sie auch ausgebildet und geschult werden, aber es ist einfach zu wenig. Wir waren uns einig, dass die Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 13 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Richter nur die Fachaufsicht übernehmen, weil ein Behördenleiter, also ein Direktor mit seinem Geschäftsleiter, unmöglich ein Haus mit einer Größe von über 400 Mitarbeitern von oben leiten kann. Sie müssen, und dafür gibt das Gesetz jetzt eine Grundlage, über die Richter oder Gruppenleiter delegieren, aber das sollte – wie es das Gesetz beabsichtigt – den Behördenleitern überlassen bleiben. Es sollte offen bleiben. Ich warne davor, Organisationsstrukturen gesetzlich festzulegen. Organisation ist etwas, was sich entwickeln muss, was auch eine Chance in der Entwicklung haben muss. Wir werden mit Sicherheit über das eine oder andere in zwei Jahren wieder diskutieren müssen und es auch tun. Aus der Erfahrung in Charlottenburg werden wir nach knapp zwei Jahren auch etwas verändern müssen. Stellen Sie sich einmal vor, das wäre alles gesetzlich geregelt, dann müssen Sie ein Gesetz ändern. Hier muss uns das Gesetz Spielräume geben, und deswegen ist das in der Arbeitsgruppe auch so diskutiert worden, eine gewisse Offenheit zu belassen. Vors. Gram: Danke schön! – Herr Kollege Braun, bitte! Abg. Braun (CDU): Ich möchte mich nach der Befragung äußern. Vors. Gram: Gut. – Herr Dr. Felgentreu! Abg. Dr. Felgentreu (SPD): Ich habe noch einige Fragen an Herrn Strehlow. – Herr Jetschmann hatte als Stichwort genannt, dass es dadurch, dass die Oberbehördenfunktion des Kammergerichts entfällt, auch zu schwierigeren bürokratischen Prozessen, beispielsweise bei Versetzungen von einem Gericht zum anderen, kommen kann. Ich frage Sie, ob Sie diese Befürchtung teilen und vielleicht im Vergleich das im Moment gültige Szenario daneben stellen, gerade im Bereich des nichtrichterlichen Personals. Die zweite Frage ist die, die Herr Harms aufgeworfen hatte, ob nicht die Tatsache, dass diese zusätzlichen Verantwortungsbereiche für Richter geschaffen werden, in den Verantwortungsbereich des Geschäftsleiters eingreift und der Geschäftsleiter überflüssig werden könnte. Teilen Sie diese Befürchtung? Schließlich eine Befürchtung, die ich auch der Darstellung von Herrn Jetschmann entnommen habe, dass durch diese Möglichkeiten, innerhalb der Richterschaft zusätzliche Aufgaben zu übertragen, auch Probleme für den nichtrichterlichen Dienst in Bezug auf Aufstiegsmöglichkeiten entstehen könnten, die ohnehin im Bereich des nichtrichterlichen Dienstes nicht allzu üppig gesät sind. Teilen Sie diese Befürchtung? Vors. Gram: Herr Strehlow, bitte! Herr Strehlow (Geschäftsleiter der Verwaltung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg): Die erste Frage betraf das Problem der Versetzung. Bis jetzt ist es so, dass die Entscheidung vom Kammergericht getroffen wird. Die Verteilung des Personals orientiert sich an bestimmten Bedarfsverhältnissen, nach der Personalbedarfsberechnung, nach den jeweiligen Ist-Zuständen, wo sich im Laufe des Jahres durch Mutterschutzfälle, Elternzeit etc. immer wieder Veränderungen ergeben. Dort wird sich ein neues System etablieren müssen, in dem, bezogen auf die einzelnen Gerichte, auch die Werte für alle offen gelegt werden. Das ist bis dato nicht der Fall. Diese Informationen sind für die Amtsgerichte beim Präsidenten des Amtsgerichts vorhanden und beim Kammergericht für alle übrigen Behörden der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Da bin ich ganz zuversichtlich, dass diese Transparenz, die mit dem Prozess einhergehen wird, dazu führen wird, dass diese Versetzungen möglich sind. Ein „Gefeilsche“ über das Personal gibt es auch heute schon, und das wird in Zukunft vermutlich nicht ganz aufhören, gerade dann nicht, wenn Personal knapp ist. Die zweite Frage betraf das Verhältnis Geschäftsleiter/dienstleitender Richter. Wir haben im Bereich des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg bereits heute ein Gruppenleitersystem, wo auch jetzt schon sehr viele Aufgaben der alltäglichen Personalführung, die früher standardmäßig beim Geschäftsleiter angesiedelt waren, auf die Gruppenleiter übertragen werden. Ich habe deswegen nicht den Eindruck, mich überflüssig gemacht zu haben. – Gerade im Bereich der gruppenübergreifenden Steuerung, der Personalaustausche zwischen den einzelnen Sachgebieten und manchmal, wenn sich innerhalb der Gruppen Konflikte ergeben, die der Gruppenleiter so nicht hat lösen können, ist es immer noch ganz wichtig, in meiner Funktion tätig zu werden. Es gibt auch eine Reihe von so genannten „zentralen Diensten“, beispielsweise Zahlstelle, Bücherei und Wachtmeister. Solch ein Dienst würde üblicherweise nicht dem Gruppenleiter anvertraut werden, Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 14 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – sondern das ist ein Dienst, der allen zu Gute kommt, der würde dann weiterhin im Bereich der allgemeinen Verwaltung der Geschäftsleitung angesiedelt sein. Da habe ich keine Sorge. Man muss das Verhältnis natürlich klären, und auch darauf hatte Herr Wosnitzka schon richtig hingewiesen, dass die künftigen Behördenvorstände frei sind, ihr Haus zu organisieren, mit dienstleitenden Richtern oder ohne. Auch da ist es mir ganz besonders wichtig – wir haben das heute schon einige Male angesprochen –, dass wir die richtigen Menschen für diese Aufgabe finden müssen und nicht einfach Positionen und Ämter schaffen, nur weil das in ein Konzept hineinpasst. So wird sich die Sache entwickeln. Das Gesetz gibt die nötigen Freiräume, um diese Häuser entsprechend zu organisieren. Zu der Frage des Vorankommens: Die Gruppenleiter, die gegenwärtig aus dem Rechtspflegerbereich kommen, tun das nur zu einem geringen Teil ihrer gesamten Arbeitskraft. Das heißt, sie sind überwiegend Rechtspfleger und nehmen – jedenfalls gegenwärtig – in dem System der Rechtspflege an den Möglichkeiten des beruflichen Fortkommens teil. Der Teil, zu dem sie dann Verwaltung machen, wird selbstverständlich auf den Bedarf der Verwaltung angerechnet, geht also nicht zu Lasten der Rechtspflege, und unterstreicht letztlich die Fähigkeiten des Beamten und sollten ihn in die Lage versetzen, besser voranzukommen als andere. Das ist jedenfalls meine Hoffnung. Vors. Gram: Danke schön! – Herr Kollege Meyer, bitte! Abg. Meyer (FDP): Herr Harms und Herr Jetschmann hatten ausgeführt, dass sie ein Problem mit der konkreten Kompetenz- und Aufgabenabgrenzung sehen, die so in dem Gesetz noch nicht verankert wäre, vor allem unter dem Stichwort „Personalverantwortung“ und „Personalführung“. Dazu interessiert mich die Meinung der beiden anderen Sachverständigen und vielleicht im Nachgang auch die Meinung der Senatsverwaltung. Aber das können wir sicherlich auch noch im Nachgang zur Beratung machen. Vors. Gram: Herr Wosnitzka, bitte! Herr Wosnitzka (Direktor des Amtsgerichts Charlottenburg): Das ist ähnlich zu beantworten wie die Frage der Organisation. Wenn man so tun würde, wie es hier von Herrn Jetschmann und auch von Herrn Harms gewünscht wurde, dass man möglichst genau die Aufgaben beschreibt, würde man ein Korsett für künftige Organisationen aufbauen. Es ist gut so, dass es etwas allgemeiner gehalten bleibt. Ich erinnere daran, dass es auch in der Vergangenheit im AGGVG in der Richtung kaum Hinweise gab. Wir verschlechtern uns hier nicht. Natürlich gibt es jetzt neue Hinweise und Möglichkeiten, die ausprobiert werden müssen. Die neuen Organisationsformen müssen getestet werden, und diese Chance werden wir dann auch haben. Bitte bedenken Sie, wir haben zwar große Häuser, aber gleichwohl sind sie von ihrer Aufgabe und auch von der Größe her sehr unterschiedlich. Das heißt, Sie müssen den Behördenleitern auch die Möglichkeit geben, sich unterschiedlich zu organisieren. Vors. Gram: Herr Strehlow, bitte! Herr Strehlow (Geschäftsleiter der Verwaltung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg): Dem ist nichts hinzuzufügen! Vors. Gram: Das ist eine kurze und klare Stellungnahme. – Herr Kollege Braun wollte sich zum Schluss melden. Gibt es noch Fragen an unsere Anzuhörenden? – Herr Dr. Lederer, bitte! Abg. Dr. Lederer (PDS): Die Frage ist an Herrn Strehlow gerichtet. – Wäre es ein vernünftiger Ansatz zu überlegen, inwieweit man die Beschäftigtenvertretung, damit meine ich jetzt sowohl die Personalräte als auch die Mitwirkungsgremien der Richterschaft, stärker in diesen Prozess mit einbindet und das im Richtergesetz oder im Personalvertretungsgesetz gesetzlich festlegt? Halten Sie das für eine sinnvolle Variante, um diesen Lernprozess unmittelbar im Zusammenwirken mit der Richterschaft und dem nichtrichterlichen Dienst besser zu gestalten? – Letztlich ist das eine Frage, die sicherlich auch Herr Wosnitzka beantworten könnte. Ich wäre dankbar, wenn er dazu noch etwas sagen könnte. Das ist eine Sache, die mich ernsthaft interessiert. Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 15 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/ur – Die andere Frage, wie sich das mit der Repräsentanz der sechs Amtsgerichte verhält, diskutieren wir wahrscheinlich nachher am besten noch einmal mit der Justizverwaltung. Das ist der Punkt, den Herr Harms vorhin angesprochen hat, bezogen auf den richterlichen Dienst. Aber das ist ein Thema für den Anschluss. Herr Strehlow (Geschäftsleiter der Verwaltung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg): Wir arbeiten bei uns im Haus eng und kooperativ in dem erforderlichen Umfang mit dem Personalrat und auch mit dem Richterrat zusammen. Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist im Personalvertretungsgesetz integriert. Ich meine nicht, dass wir daran etwas erweitern oder ändern müssen. Natürlich müssen ganz klare Absprachen und Abstimmungen auch mit dem Personalrat und dem Richterrat erfolgen. Eine gesetzliche Änderungsnotwendigkeit sehe ich nicht. Vors. Gram: Danke schön! – Weitere Fragen an unsere Gäste gibt es nicht. Dann bedanke ich mich herzlich für Ihre Bereitschaft. – Herr Kollege Braun, bitte! Abg. Braun (CDU): Mir geht es um das weitere Vorgehen. Die Fragen wurden im Wesentlichen erörtert und auch beantwortet. Ich hätte kein Problem damit, wenn wir heute zu einer Entscheidung kämen. Mir ist wohl aus der Koalition signalisiert worden, dass das nicht gewünscht ist, aber ich hätte kein Problem damit, wenn wir das Thema nicht noch einmal aufrufen müssten. – Ich möchte nur zwei Sachen dazu sagen. Das Erste ist: Politisch muss man die eine oder andere Feinabstimmung machen. Das wird sich im Laufe der Zeit noch beweisen. Herr Wosnitzka hat das Richtige dazu gesagt, und zwar, dass es sich bei der Arbeit nachher zeigen wird, ob sich das bewährt oder nicht, gegebenenfalls muss man Änderungen machen. Man kann immer mit der einen oder anderen Prognose richtig oder falsch liegen, das weiß man vorher nie ganz genau. Ich finde es zunächst einmal richtig, dass wir zu einer Dezentralisierung kommen. Das ist lange in diesem Rechtsausschuss beraten und gewünscht worden, insbesondere auch von meiner Partei. Das entspricht dem Grundsatz der Subsidiarität, und das ist richtig und vernünftig. Ich bitte nur darum, weil sie vorhin eine einführende Bemerkung zum Landgericht gemacht haben, das nicht aus den Augen zu verlieren. Ihre Argumente dazu erschienen mir nicht ganz überzeugend. Ich möchte jetzt nicht an düstere DDR-Zeiten und die Bedeutung des Amtsgerichts Mitte oder des Gerichtsgebäudes erinnern. Ich kann mir – auch durch geringfügige Umstrukturierungen und vor allen Dingen bei dem Umfang der Bauarbeiten, gerade in Mitte – nicht vorstellen, dass so etwas nicht organisatorisch hinzubekommen ist. Man kann das vielleicht auch in kleineren Schritten und zu einem späteren Zeitpunkt machen, aber das Ziel, das zu große Landgericht in drei aufzuteilen, sollte Ziel unserer Justizpolitik in Berlin bleiben. Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 16 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/vo – Vors. Gram: Danke schön! – Herr Dr. Felgentreu! Abg. Dr. Felgentreu (SPD): Nur eine Antwort auf die Anregung von Herrn Braun. Ich bin positiv überrascht. Wir wollten bei unseren Beratungen in der Koalition bei diesem für uns verhältnismäßig wichtigen Projekt – ich registriere mit Freude, dass die Opposition unsere Bewertung teilt – nicht den Eindruck erwecken, hier mögliche Bedenken überrollen zu wollen, sondern haben auf Tempo bei der Beratung und auf eine frühzeitige Anhörung gedrängt, um ein zeitliches Risiko für die Verabschiedung des Gesamtvorgangs auszuschließen. Wenn jetzt von Seiten der Opposition das Signal kommt, dass sie keinen weiteren Beratungsbedarf hat, dann sehe ich zumindest die SPD-Fraktion entscheidungsfähig. Ich habe mich jetzt mit Herrn Lederer nicht mehr kurzschließen können, aber ich nehme nicht an, dass die PDS das anders sieht. Vors. Gram: Das Problem ist Folgendes: Wir haben leider den Vertreter der Grünen nicht im Raum. Ich möchte ungern als Vorsitzender etwas über irgendeinen Kopf hinweg machen. Wenn allerdings alle hier im Raum sagen, es ist genug gesprochen, wird es an mir nicht liegen. – Übrigens, Herr Dr. Felgentreu: Wenn Sie „uns“ sagen, dann meinen Sie natürlich die Justiz, denn wir machen dieses Gesetz für die Justiz, nicht nur für die Koalition. Uns allen liegt daran, dass wir Beschleunigung in die Justiz bringen. Das wollte ich nur noch einmal betonen. – Herr Christen stimmt gerade mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern der GrünenFraktion ab. – Einverstanden? – Herr Kollege Meyer, Sie auch? – Dann werden wir etwas tun, was wir selten tun, nämlich etwas beschleunigen. – Gibt es weitere Wortmeldungen? Einen Hinweis noch? –Bitte, Herr Dr. Felgentreu! Abg. Dr. Felgentreu (SPD): Wir haben vom WPD den Hinweis bekommen, dass man den letzten Artikel – Artikel 3, Inkrafttreten und Übergangsvorschrift – ein bisschen vereinfachen könnte. Frau Schmidt vom WPD hat sich damit intensiv auseinander gesetzt und vorgeschlagen, in Artikel 1 das Inkrafttreten schon mit dem 1. Januar zu regeln. Ansonsten bleibt alles mehr oder weniger beim Alten. Wir können das auch noch als Änderungsantrag vorlegen, darauf sind wir vorbereitet. Wir hätten das sonst erst beim nächsten Mal gemacht, aber wenn wir das Gesetz heute verabschieden wollen – – Es ist nur eine Formalie, die lediglich eine Vereinfachung bedeutet. Vors. Gram: Damit ist es eingebracht. Beschleunigen ist auch nicht schlecht. Dank dem WPD, der diese Regelungslücke noch aufgetan hat. – Wir stimmen jetzt über die Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 15/3246 – in der Fassung des Änderungsantrags der Fraktion der SPD von heute – Inkrafttreten zum 1. Januar 2005 – ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Einstimmigkeit. Herr Kollege Ratzmann ist im Geiste jetzt bei uns. Ich denke, er würde auch zustimmen. Wir können also feststellen, dass der Rechtsausschuss der Justizverwaltung und den in der Justiz Handelnden übereinstimmend ein Instrument zum Wohle aller Menschen an die Hand gibt; Beschleunigung und Dezentralisierung sind Punkte, die von allen hier befürwortet werden. – Frau Senatorin! Frau Bm Schubert (Just): Dazu möchte ich gern noch zwei Sätze sagen. Ich halte von Abgeordneten viel, aber dass Sie so arbeiten, wie jetzt in diesem Rechtsausschuss und uns so schnell ein Instrument in die Hand geben, von dem ich absolut überzeugt bin, dass es die Justiz in Berlin schneller macht und damit auch den Bürgern in Berlin dient, das finde ich einfach großartig. Meinen herzlichen Dank an alle hier! Vors. Gram: Danke schön! Auch wir halten viel von Abgeordneten und versprechen Ihnen: Das wird nicht immer so sein. – Herr Christen hat mich gerade noch darauf aufmerksam gemacht, dass die Vorlage in der nächsten Woche noch im Hauptausschuss und im Plenum behandelt wird, so dass eine rechtzeitige Abstimmung garantiert ist und es vor dem Inkrafttreten für Sie noch Vorlauf gibt. Wie Kollege Braun gesagt hat, werden wir im Laufe der Zeit sehen, wo es noch hakt. Da sind Sie bei uns im Wort, damit wir mögliche Probleme beseitigen können. – Ich bedanke mich auch noch einmal bei Ihnen. Abgeordnetenhaus von Berlin 15. Wahlperiode Seite 17 Wortprotokoll Recht 15 / 46 4. November 2004 – we/vo – Punkt 3 der Tagesordnung Expertenkommission Staatsaufgabenkritik Bericht des Senats – SKzl III D – vom 24.08.2004 betr. Stand der Umsetzung der Empfehlungen (Haupt 2619) 0195 Siehe Inhaltsprotokoll. Punkt 4 der Tagesordnung Gutachten Antwort des Senats – Fin II B 24 – vom 24.08.2004 auf CDU-Fragen – Rote Nummer 2463 A – (Haupt 2463 B) 0196 Siehe Inhaltsprotokoll. Punkt 5 der Tagesordnung Schreiben des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 12. Oktober 2004 zur Anhörung des für die Verfassung zuständigen Ausschusses zu einem verfassungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 44 Abs. 1 GO Abghs Siehe Inhaltsprotokoll. Punkt 6 der Tagesordnung Verschiedenes Siehe Beschlussprotokoll. Ausschuss-Kennung : Rechtgcxzqsq 0201