Fragen x.0 Hauptfrage - Senecabrief Mir bereitet die Abgrenzung und der Zusammenhang der Begriffe philosophia, sapientia und virtus und damit einhergehend die logische Gliederung des Briefs und die Vertiefung des Begriffs ‚Weisheit‘ Schwierigkeiten. Im Folgenden finden Sie die beiden logischen Gliederungen, von denen ich glaube, dass Sie Ihrem Material nach zu schließen der erste Variante anhängen: Variante 1: Generelle, übergeordnete (und aus dem Namen sich ergebend) Definition von Philosophie: Philosophie ist Liebe zur/Streben nach Weisheit. Dadurch notwendige Definition von Weisheit: Wissen von göttl. und menschl. Dingen (+ Ursachen) Präzisere (?)/alternative (?) Definition von Philosophie: Streben nach Tugend. Diese Definition wird dann kombiniert mit der übergeordneten Definition von Philosophie als Streben nach Weisheit (deren parallele Gültigkeit also vorausgesetzt wird) und es folgt gleichsam mathematisch: Weisheit = Tugend. Demnach wäre dieser Absatz m.E. aber keine alternative Definition der Philosophie, sondern eine alternative Definition von Weisheit (und würde somit meinem Systematisierungsdrang zuwider laufen: ich würde mir in diesem Fall statt philosophiam quoque fuerunt… sapientiam quoque fuerunt[…] virtutem…. vorstellen – meine Vorstellung ist natürlich kein Kriterium, aber zur Erklärung, was ich unsystematisch finde). Variante 2 Definition „Philosophie“ 1: Liebe zur und Streben nach Weisheit. Dadurch notwendige Definition von Weisheit: Wissen von göttl. und menschl. Dingen (+ Ursachen) Definition „Philosophie“ 2: Streben nach Tugend. Ohne, dass dadurch impliziert wäre, dass Weisheit = Tugend die Gleichung Weisheit = Wissen ersetzt. Vielmehr soll von den so Definierenden die Tugend in den Fokus gerückt werden und als untrennbar mit Weisheit dargestellt werden, die dennoch auch in Wissen/Einsicht besteht. Davon ausgehend wird dann anhand des Lückentext-Arbeitsblattes die Diskussion geführt, ob Weisheit im vervollkommneten Wissen (=intellektualistische Definition) oder in der vervollkommneten Tugend (=voluntaristischen Definition) liegt, richtig? Vielleicht unterscheiden sich die beiden Varianten ja gar nicht um so viel, wie ich glaube und es handelt sich um eine Spitzfindigkeit. Besonders geht es mir aber auch noch um den Begriff ‚Weisheit‘ und Ihr Zusatzblatt zu intellektualistischer (int) vs. voluntaristischer (vol) Definition. Ich habe viel recherchiert (bei meinem Papa auch noch den anderen Hirschberger gefunden) und bin – falsche Interpretation nicht ausgeschlossen – auf eine Sichtweise gestoßen, die sich mit der Ihren (so wie ich Sie aufgefasst habe) nicht vollständig deckt. Dabei bilden nämlich nicht Wissen und Tugend die Gegensatzpaare im Bezug auf Weisheit. Weisheit ist vielmehr immer mit Wissen/Einsicht der Weltordnung etc. verbunden. Wie mir scheint, geht sie dann zusätzlich mit der zunehmenden Bedeutung der Ethik auch immer mehr automatisch mit Tugend einher. Die Gegensätze Intellektualismus – Voluntarismus habe ich dagegen hauptsächlich im Hinblick auf Tugend gefunden (namentlich nur bei Hirschberger: Beruht Tugend auf Erkenntnis oder auf dem Willen?). Nun scheint mir das deshalb wichtig, weil ich finde, dass die beiden Definitionen ‚Streben nach Weisheit‘ und ‚Streben nach Tugend‘ nicht einfach unkommentiert bei den Schüler nebeneinandergestellt werden. Liegt dieses ganze Definitionsproblem nicht einfach daran, dass Seneca aus der stoischen Perspektive schreibt und somit auf andere Stoiker und das Ideal des stoischen Weisen Bezug nimmt, bei dem Weisheit und Tugend untrennbar vereint sind? [Eine Zwischenfrage dazu: Diese Alternativdefinition ist doch eigentlich dreiteilig? Wieso lassen Sie die recta ratio weg? Wie gehen sie mit dem aliter atque aliter um? Es muss doch dann noch ein Unterschied zwischen Tugend und „Fehlerverbesserung“ gemacht werden?] Nun wissen die Schüler aber noch nichts von der Stoa. Meine Idee wäre, eine Diskussion zu führen, in der sich ein Widerspruch der zwei scheinbar verschiedenen Definition durch eine genauere Beleuchtung des Begriffs der Weisheit auflöst, weil klar wird, dass Weisheit immer mit einer sittlich guten Haltung einhergeht. Ich habe dazu ein vorläufiges Schülerblatt erstellt, bin aber unsicher, ob man das so sagen kann. Weitere Fragen (weniger wichtig): - Ich möchte mich bei der Analyse des Begriffs ‚Weisheit‘, nicht nur auf mein eigenes Begriffsverständnis stützen. Deshalb denke ich immer wieder an den Einstieg in besagte „Yara“Stunde ;) und welche Aspekte Sie herausarbeiten wollten: Weder Alter noch Stand noch Herkunft sind Kriterien? Gerechtigkeit bzw. Tugend allgemein ist ein Merkmal? Weisheit bedeutet nicht, alles zu wissen (vgl. Hirtenbüblein), sondern auch, die Grenzen seines Wissens zu erkennen und das große Ganze und die Zusammenhänge zu verstehen? - Bisher sind mir drei filmische/literarische Produktionen zum Thema ‚Philosophie‘ untergekommen: Matrix, Sophies Welt und die Trueman show. Auch wenn ich von Matrix noch immer nur die Inhaltsangabe kenne, fällt mir doch die Gemeinsamkeit auf, dass in allen dreien die Protagonisten sukzessive bemerken, dass ihre Welt nur eine Scheinwelt ist, dass eine andere/‚wahrere‘ Wirklichkeit dahinter existiert. Ist das eine – wie soll ich sagen – Kernbotschaft, Kernthese oder Kernfrage der Philosophie? Oder eine Chiffre für das, was mit jedem passiert, der sich mit Philosophie beschäftigt? - Wie hängt die Suche nach dem Glück mit der Philosophie zusammen? Ist sie Triebfeder oder Nebenprodukt?