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Der Berliner Schlossplatz als Sinnbild für einen architektonischen Wandel

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Stadtikone und kritische Rekonstruktion
Der Berliner Schlossplatz als Sinnbild für einen architektonischen Wandel
Bachelorarbeit
Fachgebiet für Architekturtheorie
Institut für Architektur
TU Berlin
Betreuung:
Prof. Dr.-Ing habil Jörg H. Gleiter
Konstantin Sayatz
348216
1. Einleitung.................................................................................................................. 4
2. Geschichte des Schlossplatzes und des Schlosses ................................................ 6 2.1 Die Gründung des Schlosses und das Renaissance-Schloss ............................ 6 2.2 Barockes Schloss und Weimarer Republik......................................................... 7 2.3 Schlossabriss und Palast der Republik .............................................................. 9 2.4 Der Palast in den 1990er Jahren und die ersten Wettbewerbe ........................11 2.5 Der Wettbewerb zum Humboldtforum .............................................................. 14
3. Die Analyse des Entwurfs von Franco Stella .........................................................16 3.1 Methodisches Vorgehen ...................................................................................16 3.2 Theoretische Grundlage nach Rossi ................................................................ 17 3.2.1 Der Begriff der Permanenz ........................................................................17 3.2.2 Der Begriff der Analogie .............................................................................19 3.3 Die Kriterien der Analyse des Entwurfs ............................................................ 20 3.3.1 Vorbemerkungen zu den Kriterien ............................................................. 20 3.3.1.1 Masse vs. Freifläche / Solitäre vs. Plätze ............................................21 3.3.1.2 Ostfassade .......................................................................................... 21 3.3.1.3 Kuppel .................................................................................................22 3.4 Die Analyse des Entwurfs .................................................................................23 3.4.1 Masse vs. Freifläche / Solitäre vs. Plätze ..................................................23 3.4.2 Die Ostfassade .......................................................................................... 26 3.4.3 Die Kuppel .................................................................................................30 3.5 Schlussfolgerung und Kritik an Stellas Entwurf ................................................32
4. Die Entwürfe des Wettbewerbs im Vergleich .........................................................34 4.1 Vorbemerkungen zu einer vergleichenden Betrachtung ...................................34 4.2 Kategorien ........................................................................................................35 4.2.1 Historisierend ............................................................................................. 35 4.2.2 Rekonstruktiv ............................................................................................. 35 4.2.3 Modern .......................................................................................................36 2
4.3 Vergleichende Betrachtung der Entwürfe .........................................................37 4.3.1 Tabellarische Übersicht .............................................................................37 4.3.2 Die einzelnen Gruppen ..............................................................................39 4.3.2.1 Historisierend ......................................................................................39 4.3.2.2 Rekonstruktiv .......................................................................................43 4.3.2.3 Modern ................................................................................................ 46 4.4 Zusammenfassung des Vergleichs .................................................................53
5. Abschlussbetrachtung ............................................................................................ 54
Index aller Entwürfe der 2. Phase ..............................................................................57 Literaturverzeichnis ....................................................................................................58 3
1. Einleitung
„Das Stadtschloss muss wieder aufgebaut werden, weil es Teil der Erinnerung
an die Vergangenheit Berlins ist. Diese Erinnerung ist mit den größten
Denkmälern verbunden, die das Bild dieser Stadt prägen. Es wäre jedoch ein
Fehler, es originalgetreu wieder zu errichten. Gerade weil es eine Erinnerung
und keine Kopie ist, soll es nur teilweise wieder aufgebaut werden.“
Aldo Rossi, 1993
Erinnerungen und Erfahrungen prägen uns als Menschen und lassen uns zu dem
werden, was wir sind. Eine Stadt wird auch geprägt durch die Gebäude, die in ihr
standen und stehen, und jede Stadt erhält durch ihre Geschichte ihren ganz eigenen
architektonischen Charakter. Wenn man das zerstörte Schloss als einen Teil dieser
Berliner Architekturerinnerung akzeptiert, dann sollte dieses – zum architektonischen
Wohle der Stadt – wiedererrichtet werden.
Wir betonen hier den architektonischen Wert des Schlosses und nicht seinen
ideologischen. Denn genau diese fehlende Differenzierung sorgte für große
Diskussionen bezüglich seiner Wiedererrichtung. Das Schloss wurde dabei
kontrovers einerseits als verlorener Teil einer ,besseren’ Zeit1 und andererseits als
Ausdruck eines kritiklosen Umgangs mit der Geschichte interpretiert.2 Ein weiterer
Aspekt ist die Frage nach dem Erbe der modernistischen Architektur und den Bauten
der untergegangenen DDR. War der Palast der Republik tatsächlich das Symbol des
Unterdrückerstaates DDR und musste deshalb zwangsläufig abgerissen werden?
Oder war er einfach nur architektonisch wertlos und konnte deshalb willentlich
abgerissen werden? Gerade der Umgang mit der DDR im Allgemeinen und der
Architektur im Besonderen spielte im Berlin der 1990er Jahre eine Rolle und gipfelte
schließlich in dem Abriss des „Ahornblattes“ von Ulrich Müther – ein Fehler, den die
Senatsverwaltung bis heute als solchen nicht erkennt. Auch in diesem Fall, wie beim
Palast
der
Republik,
wurde
die
Debatte
zumeist
ideologisch
und
selten
architektonisch geführt.
Die vorliegende Arbeit versteht sich explizit im Kontext eines architekturtheoretischen
1
2
Vgl. Stimmann & Mönninger (2015: 145-146)
Vgl. Oswalt (o.J.)
Diskurses darüber, wie wir mit unserem kulturell-architektonischen Erbe umgehen
und was eine Wiedererrichtung des Schlosses für die Stadt Berlin, aber auch für die
deutsche Architektur insgesamt bedeutet. Berücksichtigt man dabei das Konzept der
Postmoderne, so stellt sich die interessante Frage, ob das wiedererrichtete Schloss
mit seinen sichtbaren Beziehungen zur Geschichte als postmoderner Bau zu
klassifizieren wäre. Das Schloss erweist sich dabei insofern als dankbares
Forschungsobjekt, als gerade die ersten Entwürfe noch stark postmoderne Motive
erkennen lassen.
Die Expertenkommission „Historische Mitte“ ebnete mit ihrem Gutachten zum
Schloss schließlich den Weg zum Wettbewerb für das Humboldt-Forum und ließ
schon damals erkennen, dass eine historisch rekonstruierte barocke Fassade in
Verbindung mit einer neuen Architektursprache die größte Herausforderung für
diesen Wettbewerb werden würde.
Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil (Kapitel 2) stellt den historischen
Zusammenhang her und zeigt das Schloss in seiner Entwicklung vom Bau bis hin zur
letzten Erweiterung durch die Kuppel. Außerdem wird erklärt, wie es zum Abriss des
Schlosses kam, welche Gründe die DDR anführte und inwiefern der Palast der
Republik in den 1990er Jahren obsolet wurde. Das Kapitel endet mit der Betrachtung
des Humboldt-Forum-Wettbewerbs und seinen Ausschreibungskriterien.
Im dritten und vierten Kapitel kommt es dann zur konkreten Analyse der Entwürfe für
das Humboldt-Forum. In Kapitel 3 wird dazu exemplarisch eine detaillierte Analyse
an dem Siegerentwurf von Franco Stella durchgeführt. Die Analyse beschäftigt sich
dabei vor allem mit der architektonischen Sprachlichkeit des Entwurfes. Hierfür
werden Kriterien entwickelt und erläutert.
Diese Kriterien werden auch für das vierte Kapitel von Bedeutung sein, da sie die
Grundlage für die weitere Betrachtung aller übrigen 29 Entwürfe liefern. Ziel des
vierten
Kapitels
ist
die
vergleichende
Analyse
der
Entwürfe
in
einem
architekturphilosophischen Zusammenhang und der Versuch, mit weiterführenden
allgemeineren Kategorien (rekonstruktiv, historisierend, modern), grundsätzliche
architektonische Herangehensweisen an einen Schloss-Entwurf zu diskutieren.
Die Abschlussbetrachtung (Kap.5) gibt einen Ausblick auf weitere Forschungsfragen.
5
2. Geschichte des Schlossplatzes und des Schlosses
2.1 Die Gründung des Schlosses und das Renaissance-Schloss
Die Doppelstadt Berlin-Cölln beherbergte bei ihrer urkundlich belegten Gründung im
Jahre 1237 kein Gebäude, das einen Herrschaftsanspruch darstellten konnte.3 Erst
im Jahre 1261 errichtete der Markgraf von Brandenburg einen Residenzsitz in der
Klosterstraße 76, der unter dem Namen „aula berolinensis“ oder „Hohes
Haus“ bekannt wurde.4
Eine große Veränderung für die relativ kleine Stadt Berlin-Cölln war die Ernennung
Friedrich IV. von Nürnberg zum Stadthalter der Mark durch den Kaiser im Jahre
1411. 5 Die Autonomie und quasi Rechtsfreiheit, die in der Mark Brandenburg zu
dieser Zeit herrschte, sollte durch Friedrich IV., der 1415 zu Friedrich I. Markgraf von
Brandenburg wurde, abgeschafft und die Mark Brandenburg wieder zu einem
kontrollierten Gebiet werden. Sein Sohn, Friedrich II. – genannt Eisenzahn – erwarb
am 29. August 1442 Baugrund von der Stadt Cölln in der Mitte der Spreeinsel, also
am nördlichen Rand der Stadt. Hier auf der Grundmauer der Cöllnischen Stadtmauer
wollte er seine Burg errichten.6
Die Grundsteinlegung für die Burg wird auf den 31. Juli 1443 datiert. Die Berliner
Bevölkerung empfand diesen Burgbau auf einer ihrer wichtigsten Zufahrtswege als
Einschränkung
ihrer
städtischen
Autonomie
und
mit
dem
als
„Berliner
Unwillen“ (1447/1448) bekanntgewordenen Protest probierte man, gegen den Bau
zu revoltieren. 7 Mit Gewalt setzte sich der Kurfürst durch und ließ den Protest
niederschlagen. Das Schloss konnte er schließlich im Frühjahr 1451 beziehen.8
Unter Kurfürst Joachim II. (1505-1571) erfuhr das Schloss seinen ersten großen Umbzw. Ausbau. Die Burg war dem Kurfürsten zu eng geworden und so ließ er sich von
Caspar Theiss und Kunz Buntschuh ein Schloss im Elb-Renaissance-Stil errichten
(Abb. 1).9
3
Vgl. Haubrich (2012: 18)
Vgl. Maether (2000: 9)
5
Vgl. Hennet (2005: 17)
6
Vgl. Maether (2000: 9)
7
Vgl. Maether (2000: 10)
8
Vgl. Hennet (2005: 17)
9
Vgl. Hennet (2005: 18)
4
6
Nach dieser Erweiterung beherbergte das Schloss eine eigene Schlosskapelle sowie
zwei Säle, den Großen und den Langen Saal. Graf Rochus zu Lynar erweiterte dann
unter Kurfürst Johann Georg (1525-1598) von 1578 bis 1598 das Schloss um die
Schlossapotheke, das „Haus der Herzogin“ und den Erker um den „Grünen Hut“.10
Der „Grüne Hut“ war der letzte Bestandteil der ehemaligen Festungsanlagen und
blieb dem Schloss bis zu seinem Abriss 1950 fester Bestandteil.11
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hatte Berlin – nur noch 450 der gut 1200
Häuser waren bewohnbar12 – und das Schloss in Mitleidenschaft gezogen. Kurfürst
Friedrich Wilhelm, genannt der „Große Kurfürst“, befasste sich deshalb vorrangig mit
dem Wiederaufbau sowohl der Stadt als auch des Schlosses. Dafür erweiterte er vor
allem den Lustgarten um repräsentative Gebäude wie ein Lusthaus und eine
Orangerie. Außerdem ließ er die Allee, die auf die „Hundebrücke“ – die heutige
Schlossbrücke – zuführt, mit Linden säumen und zu einer Spazierallee ausbauen.
Dies bildete dann die Grundlage für die Ost-West-Achse, an die die Vorstädte
Friedrichswerder und Dorotheenstadt angegliedert wurden.13
2.2 Barockes Schloss und Weimarer Republik
Am 18. Januar 1701 krönte sich Friedrich III. in Königsberg selbst als Friedrich I. zum
König in Preußen. 14 Um seine Souveränität und Unabhängigkeit gegenüber dem
Kaiser des Heiligen Römischen Reiches in Wien auch baulich zu repräsentieren,
begann Andreas Schlüter bereits 1698 mit der Erweiterung des Schlosses (Abb.2).
Es sollte ein repräsentativer Bau werden, dessen Vorbilder König Friedrich I.
besonders im italienischen Barock und hier insbesondere in den Bauten Palladios
sowie im Palazzo Madama (Abb. 3) in Rom sah.15
Um den Wünschen und Bedürfnissen Friedrich I. gerecht zu werden, gestaltete
Schlüter sowohl die Schlossplatz- als auch die Lustgartenseite neu und gab dem
inneren Schlosshof ein neues Aussehen. Lediglich die zur Spree gerichtete Ostseite
wurde von Schlüter nicht verändert. Sowohl die neuerschaffenen Fassaden als auch
10
Vgl. Maether (2005: 11)
Vgl. Haubrich (2012: 19)
12
Vgl. Rollka/Wille (1987: 17)
13
Vgl. Hennet (2005: 19)
14
Vgl. Hennet (2005:19)
15
Vgl. Maether (2000: 13)
11
7
die Innenräume gelten heute als Höhepunkte des Norddeutschen Barocks.16 Den
höchsten Punkt der Schlüterschen Schlosserneuerung bildete dann der 120 Meter
hohe Münzturm (Abb.4). Als dieser jedoch – fast fertig erbaut – einzustürzen drohte,
fiel Schlüter in Ungnade und verlor seinen Status als Schlossbaumeister.17 Seine
Nachfolge trat Eosander von Göthe an, der das Schloss um das Doppelte in Richtung
Westen erweiterte und es so in seine endgültige Form brachte (Abb. 5).18 Dabei
wurde das Westportal (Portal III) zum Kernstück seiner Architektur. Eosander
gestaltete das Portal im Stil eines römischen Triumphbogens (Abb. 6 u. Abb. 7) und
änderte damit auch die Ausrichtung des Schlosses.19 War das Schloss ursprünglich
Richtung Süden mit der Schlossplatzfront ausgerichtet, so orientierte Eosander mit
dem Westportal zur neuen Stadterweiterung im Westen des Schlosses. Gleichzeitig
setzte Eosander jedoch auch Schlüters Entwurf fort. So übernahm er dessen
Fassadengestaltung, sowohl am Lustgarten als auch an der Schlossplatzseite.
Mit dem Tod König Friedrich I. kam es zu einer grundsätzlichen Änderung im Staate
Preußen. Dessen Sohn Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) hatte einen beinahe
bankrotten Staat übernommen und beendete deshalb alle luxuriösen Bauprojekte des
Königshauses. Ihm ging es mehr um militärische Stärke als um Prunk und Glanz,
weshalb er auch den Lustgarten in einen Exerzierplatz umgestalten ließ. 20 Auch
deshalb erlangte er seinen Beinamen „Soldatenkönig“.
Die letzte große Veränderung erfuhr das Schloss zwischen 1845 bis 1853. In dieser
Zeit wurde die von Eosander geplante Kuppel durch Friedrich August Stüler und
Albert Dietrich Schadow unter Friedrich Wilhelm IV. errichtet (Abb. 8).21 Ebenso gab
es im Inneren des Schlosses zahlreiche Umgestaltungen, an denen unter anderem
auch Karl Friedrich Schinkel beteiligt war.22 Trotz der Krönung König Wilhelm I.
(1797-1888) zum Kaiser und der damit verbundenen Änderung des Königschlosses
zu einem Kaiserschloss blieb der Bau unverändert.
16
Vgl. Maether (2000: 13)
Vgl. Rollka/Wilke (1987: 18)
18
Vgl. Maether (2000: 13)
19
Vgl. Maether (2000: 13)
20
Vgl. Hennet (2005: 21)
21
Vgl. Haubrich (2012: 32)
22
Vgl. Maether (2000: 18)
17
8
Erst Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) bezog das Schloss wieder als Wohnsitz und ließ
den Westflügel und den Weißen Saal umgestalten.23 Das Schloss erfuhr bis zum
ersten Weltkrieg vor allem technische Neuerungen, wie z.B. ein eigenes
Stromkraftwerk und einen Fahrstuhl und wurde dadurch das erste voll elektrifizierte
Gebäude Berlins.24
Mit dem Ausruf der Republik durch Karl Liebknecht am 9. November 1918 vom
Balkon des Portals IV begann für das Schloss eine neue Zeit. Es war von nun an
nicht mehr Repräsentationsobjekt der Staatsmacht, sondern wurde zum Museum und
Sitz für Behörden und Institutionen umfunktioniert. 25 Auch während der Zeit des
Nationalsozialismus war das Schloss nicht Repräsentationsobjekt, sondern blieb
Museum.26
2.3 Schlossabriss und Palast der Republik
Während der letzten Tage des Zweiten Weltkrieges wurde auch das Schloss schwer
beschädigt und besonders durch Brände viel Interieur zerstört.27 Dennoch war es in
einem durchaus erhaltungsfähigen Zustand (Abb. 9). Mit Hans Scharoun, ab 1945
Leiter der Abteilung Bau- und Wohnungswesen des Berliner Magistrats, gab es auch
unmittelbar nach Kriegsende einen vehementen Fürsprecher für den Erhalt des
Schlosses. 28 Durch Scharouns Einsatz wurde das Schloss in den Folgejahren
notdürftig saniert, wenn auch von politischer Seite wenig Interesse an dem Schloss
vorzuherrschen schien.29 Mit der Spaltung der Stadt und des Magistrats 1948 fiel das
Schloss in den Einflussbereich der sowjetischen Besatzungsmacht, die bereits vorher
erklärt hatte, das Schloss abreißen zu wollen. Trotz verschiedener kunsthistorischer
und
architektonischer
Gutachten,
die
das
ganze
Schloss
bzw.
Teile
als
erhaltungswürdig deklarierten, kam es am 7. September 1950 zur Sprengung des
Apothekerflügels.30 Bis zum 20. Dezember wurde dann auch der Rest des Schlosses
23
Vgl. Maether (2000: 19)
Vgl. Maether (2000: 20)
25
Vgl. Maether (2000: 23)
26
Vgl. Hennet (2005: 26)
27
Vgl. Maether (2000: 35)
28
Vgl. Hennet (2005: 27)
29
Vgl. Maether (2000: 36 ff.)
30
Vgl. Maether (2000: 88)
24
9
gesprengt. Das Schloss war den Führungsmitgliedern der SED 31 nicht nur aus
ideologischen Gründen ein Dorn im Auge. Es ging ihnen auch um die bauliche
Repräsentation eines neuen, sozialistischen Staates. Dieser sollte sein Zentrum in
der Mitte Berlins haben und durch einen großen Demonstrationsplatz vom Lustgarten
über das Schlossareal dem „Kampfwillen und Aufbauwillen unseres Volkes
Ausdruck“ verleihen können.32
Und bei diesem Aufmarschplatz blieb es auch lange Zeit (Abb. 10). Die Führung der
DDR begann zwar, die gesamte Allee unter den Linden wiederherzustellen. Für das
Areal des Schlosses fehlten jedoch lange Zeit gute Ideen im Sinne der
sozialistischen Stadtplanung. 1958 kam es zu einem ersten „Ideenwettbewerb zur
sozialistischen Umgestaltung des Zentrums der Hauptstadt der DDR, Berlin“, in
welchem zahlreiche Vorschläge für die Gestaltung des Ostberliner Zentrums gezeigt
wurden. 33 Unter anderem fanden sich hier Entwürfe von Gerhard Kosel, der ein
hohes und großes Regierungsgebäude plante, während Teile der ehemaligen
Altstadt geflutet werden sollten (Abb. 11). Hermann Henselmann stellte in seinem
Entwurf für die neue Mitte Berlins einen Fernsehturm als neue Höhenmarkante der
Stadt auf den Platz des ehemaligen Schlosses (Abb. 12); folglich nicht an den Ort, an
dem der Fernsehturm später tatsächlich errichtet wurde.
Der Ideenwettbewerb endete trotzdem erfolglos, da kein „in der Gesamtlösung
überragender Entwurf vorhanden sei“.34 Der Platz des ehemaligen Schlosses sollte
noch bis zur Grundsteinlegung für den Palast der Republik am 2. November 1973
leer bleiben und nur für Paraden wie den Feierlichkeiten zum 1. Mai oder dem
Gründungstag der DDR am 7. Oktober genutzt werden.
Mit der Aufnahme der DDR in die Uno im Jahre 1973 hatte es sich der neue
Generalsekretär der SED, Erich Honecker, zum Ziel gemacht, die DDR auch nach
außen hin moderner und demokratischer zu repräsentieren. 35 Der Palast der
Republik sollte durch sein gemischtes Raumprogramm der Idee eines Volkshauses
gerecht werden. Neben dem Parlamentssaal, der den kleinsten Teil des Gebäudes
einnahm, gab es einen großen, multifunktionalen Veranstaltungsraum, mehrere
31
SED = Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
Vgl. Ulbricht nach Maether (2000: 64)
33
Vgl. Hennet (2005: 31)
34
Vgl. Dorothea Teschner nach Hennet (2005: 32)
35
Vgl. Hennet (2005: 33)
32
10
Restaurants, Tanzsäle und eine Bowlingbahn (Abb. 13/14).36 Gleichzeitig erhielt der
Bau auch noch eine Ehrentribüne, um die Tradition der Aufmärsche auf dem MarxEngels-Platz weiterhin zu gewährleisten (Abb. 15).37
Trotz der großen Beliebtheit, der sich der Palast während der DDR-Zeit erfreute,
beschloss die Volkskammer der DDR am 19. September 1990 als fast letzte
Amtshandlung
die
Schließung
des
Palastes
aufgrund
von
hoher
Spritzasbestbelastung.38
2.4 Der Palast in den 1990er Jahren und die ersten Wettbewerbe
Bereits unmittelbar nach der Wiedervereinigung veröffentlichte der Publizist Joachim
Fest ein Essay mit dem Titel „Plädoyer für den Wiederaufbau des Stadtschlosses“, in
dem er sich für den Abriss des Palastes und die Rekonstruktion des Schlosses
aussprach. 39 Tatsächlich kann dies inzwischen als Startpunkt für die gesamte
Schlossdebatte angesehen werden.40 Gleichzeitig manifestiert sich in Fests Essay
die politische Stoßrichtung der Schlossbefürworter, mit dem „ [...] Abbruch des
Schlosses das Symbol ihres Sieges“ – gemeint ist die Regierung der DDR – und mit
der „ [...] Wiedererrichtung das Symbol ihres Scheiterns“ zu setzen.41 Sowohl der
Palast als auch das Schloss werden dadurch zu Symbolen divergenter Systeme
erkoren. Die gesamte Debatte um das Schloss wird von da an vor allem ideologisch
politisch und weniger architektonisch geführt werden.
Fests ,Manifest’ führte zu divergenten Reaktionen sowohl auf der Seite der
Befürworter als auch von Verteidigern des Palastes. Dabei wurde dieser Kulturkampf
besonders im deutschen Feuilleton ausgetragen.42 Doch abseits der ideologischen
Grabenkämpfe gab es ab 1991 einige Architekten, die sich mit dem Schloss und dem
Palast konstruktiv beschäftigen. So plante etwa Goerd Peschken mit Unterstützung
36
Vgl. Jirka in Beutelschmidt/ Novak (2001: 108-130; 249-253)
Vgl. Hennet (2005: 35)
38
Vgl. Beutelschmidt/Novak (2001: 236)
39
Vgl. Hennet (2005: 40) (Fest, Joachim Denkmal der Baugeschichte und verlorene Mitte Berlins in: FAZ, 30.
November 1990)
40
Vgl. Vgl. u.a. Haubrich (2012: 43)
41
Vgl. Fest zitiert nach Haubrich (2012: 43)
42
Vgl. hierzu vor allem Anna-Inés Hennet „Die Berliner Schlossplatzdebatte im Spiegel der Presse“ (2005) mit
der Auswertung des kompletten Pressespiegels
37
11
durch Wilhelm von Boddien den Aufbau einer Schlossattrappe, die 1993 100 Tage
lang auf dem Schlossplatz das ehemalige Schloss simulieren sollte.43
Doch nicht nur rekonstruierende Entwürfe wie z. B. von Hans Kollhoff, sondern auch
Entwürfe zur Erweiterung des Palastes44 bzw. eines kompletten Neubaus45 wurden
vorgeschlagen.
Mit dem von der Bundesrepublik und dem Land Berlin ausgelobten Internationalen
Hauptstadtwettbewerb „Spreeinsel“ kam es im August 1993 zum ersten Mal zu einer
öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Palast und dem Marx-Engels-Platz.46
Der Auslobungstext sah einen Abriss des Palastes wegen der Unzweckmäßigkeit
des
Gebäudes
aus
„städtebaulichen,
funktionalen
und
wirtschaftlichen
Gründen“ sowie die Errichtung eines neuen Gebäudes für die Zentralbibliothek, als
auch neue Gebäude für das Innen- und Außenministerium vor.47 Der Abriss des
Palastes schien somit beschlossen und mit Bernd Niebuhr wurde auch ein Entwurf
prämiert, der einen Neubau auf den Außenmaßen des Schlosses vorsah.48 Daneben
gab es jedoch auch prämierte Entwürfe, die sich für den Erhalt des Palastes
einsetzten und ihn in unterschiedlicher Art mit dem Schloss zu einem hybriden
historischen Baukörper werden lassen wollten.49 Mit Ausnahme von Aldo Rossi wollte
allerdings kein Architekt eine Rekonstruktion des Schlosses. 50
Trotz der Auszeichnung Niebuhrs folgten für den Marx-Engels-Platz keine
Änderungen. Es schien sogar, als hätte der Wettbewerb zu einer Verhärtung der
Positionen der Befürworter und Gegner des Schlosses geführt. So kritisierten
Architekten wie Oswald Matthias Ungers und Peter Conradi ganz offen den
Wettbewerb und den unklaren politischen Kurs der Bundesregierung in Bezug auf die
Kontroverse Schloss versus Palast. 51 Gleichzeitig wurde der Diskurs aber auch
stärker architektonisch geführt und dem Palast wurden ebenso wie dem Schloss
architektonische
Potenziale
zuerkannt.
43
Von
dem
eigentlichen
Ziel
Vgl. Kaulfuß (2001: 42)
Vgl. Wolf R. Eisentraut in Kaulfuß (2001: 36)
45
Vgl. Bolles & Wilson in Kaulfuß (2001: 38)
46
Vgl. Hennet (2005: 79)
47
Vgl. Zwoch nach Hennet (2005: 80)
48
Vgl. Kaulfuß (2001: 46-47)
49
Vgl. Oswald Matthias Ungers Entwurf (Crespi 2002:66-72), Peter Zlonicky mit Kunibert Wachten und
Othmar Ebert (Kaulfuß 2001: 60) und Wilhelm Holzbauer (Kaulfuß 2001:64)
50
Vgl. Ferlenga (2001: 408)
51
Vgl. Hennet (2005: 84ff)
44
12
einer
reurbanisierten Innenstadt mit – möglicherweise auch – einem Repräsentationsbau
für das wiedervereinigte Deutschland war man damit jedoch noch weit entfernt. Dies
führte dazu, dass die Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“ 1996 mehrere bedeutende
Architekten bat, für ihre Zeitung Entwürfe und Visionen für den Marx-Engels-Platz zu
kreieren.
Die
ab
Herbst
1996
veröffentlichten
Entwürfe
erfuhren
große
Aufmerksamkeit. Zu nennen wären vor allem die Entwürfe von Axel Schultes, Sir
Norman Foster, Bernd Kühn und Jan Störmer52, da sie jeweils neue Gedanken in die
Diskussion einbrachten, wie beispielsweise Schultes, der eine neue städtebauliche
Ordnung des Marx-Engels-Platzes vorsah (Abb. 16). Doch so aufsehenerregend und
hochdiskutiert diese Entwürfe auch waren, die eigentliche Debatte wurde durch sie
nicht vorangetrieben. Sie erreichten nur, dass sich die öffentliche Meinung gegen
einen Neubau verstärkte.53
Ein zentrales Problem bei der Diskussion blieb ungelöst: Sollte der Platz durch die
öffentliche
Hand
genutzt
werden
oder
sollten
private
Investoren
die
Hauptnutzungsrechte bekommen. Auch weil die Bundesregierung und der Berliner
Senat nicht die prognostizierten Gelder für einen Palastabriss oder einen Neubau zur
Verfügung
stellen
wollten,
lobten
sie
im
Juni
1997
ein
„Interessenbekundungsverfahren Schlossplatz Berlin“ aus, in dem es um Nutzungsund Finanzierungsprojekte für den Marx-Engels-Platz und mögliche gemeinsame
Projekte privater Investoren und der öffentlichen Hand ging. 54 Unter den 14
eingereichten Arbeiten wurden sieben als diskussionsfähig erachtet. Alle Investoren
– wie etwa die Deutsche Bank oder die Hypo-Real – hatten mit ihren Architekten
hybride Lösungen erarbeitet. Dabei wurde der Palast nur zu Teilen abgerissen und
durch eine Rekonstruktion des Schlosses ergänzt.55 Insgesamt führte jedoch auch
dieses Verfahren zu keiner zukunftsfähigen Lösung, was zumeist an der
Kommerzialisierung der Entwürfe lag.56
Fast ein Jahrzehnt nach dem Mauerfall hatte sich noch keine Lösung für den nun
wieder ‚Schlossplatz’ benannten Platz und den Verbleib des Palastes der Republik
ergeben. Deshalb schlug Franz Müntefering, damals Bau- und Verkehrsminister, am
52
Vgl. Kaulfuß (2001: 70-103)
Vgl. Grafik in Hennet (2005:141)
54
Vgl. Kaulfuß (2001: 110)
55
Vgl. Kaulfuß (2001:112-125)
56
Vgl. Hennet (2005: 108ff)
53
13
8. Juli 1999 die Bildung einer Expertenkommission vor.57 Die daraufhin gegründete
„Internationale Expertenkommission Historische Mitte“ unter der Leitung von Hannes
Swoboda nahm Ende Oktober 2000 ihre Arbeit auf, die darin bestehen sollte,
Vorschläge zur
Nutzung und Finanzierung als
Schlossplatzes zu machen.
58
auch
zur
Gestaltung des
Die Kommission setzte sich ausgewogen aus
Vertretern der Wirtschaft, der Politik, der Architektur und der Kunstgeschichte
zusammen. Binnen eines Jahres tagte die Kommission elfmal, um dann im März
2002 eine Empfehlung für den Bundestag zu formulieren. Der Vorschlag zur
Rekonstruktion dreier barocker Fassaden und des Schlüterhofes wurde mit der
knappen Mehrheit von einer Stimme angenommen. Trotz der vorgeschlagenen
Rekonstruktion der barocken Fassaden auf dem ehemaligen Grundriss wurde auch
empfohlen, eine Einbindung des Palastes zu prüfen.59 Neben der architektonischen
und städtebaulichen Form empfahl die Kommission auch die Nutzung als Kunst- und
Ausstellungshaus. „Unter dem Begriff Humboldt-Forum soll es als Ort des Dialogs,
der bürgerschaftlichen Teilhabe und der gleichrangigen Zeitgenossenschaft der
Weltkulturen ein neuartiges Konzept für das 21. Jahrhundert sein.“ 60
Heinz
Graffunders Idee vom „Volkshaus“ 61 würde so auch in einem neuerrichteten Schloss
fortbestehen.
Die Empfehlung der Kommission wurde dem Deutschen Bundestag am 4. Juli 2002
zur Abstimmung vorgelegt. Mit der Annahme der Empfehlungen durch den
Bundestag war der Weg für einen Architektenwettbewerb für das Humboldt-Forum
geschaffen.62
2.5 Der Wettbewerb zum Humboldtforum
Mit dem Beschluss des Bundestages, der Empfehlung der Expertenkommission zu
folgen und einen Architektenwettbewerb auszuloben, war auch das Ende des
Palastes der Republik besiegelt. Der Abriss begann im Februar 2006 und endete im
57
Vgl. Hennet (2005: 117)
Vgl. Haubrich (2012: 55) und Hennet (2005: 118)
59
Vgl. Haubrich (2012:55)
60
Vgl. Haubrich (2012:55)
61
Vgl. Hain in Beutelschmidt/Novak (2001:76ff)
62
Vgl. Hennet (2005: 142)
58
14
Dezember 2008.63 Trotz aller Beschlüsse stockte das Verfahren zur Errichtung des
Schlosses dennoch weiterhin. Schuld waren vor allem die Kosten sowie die
Verteilung auf Bund und Länder und damit einhergehend auch der Anteil, der von
privaten Investoren übernommen werden könnte. Bundesbauminister Wolfgang
Tiefensee legte im April 2007 eine Einigung mit dem Land Berlin über den
Kostenrahmen von Bund und dem Land Berlin vor. So übernimmt der Bund mit 370
Millionen Euro den Hauptanteil, während das Land Berlin 30 Millionen Euro
beisteuern soll. Die 80 Millionen teure barocke Fassade soll der Förderverein für das
Schloss unter Wilhelm von Boddien zur Verfügung stellen.64 Am 4. Juli 2007 wurde
das Realisierungsverfahren zum Humboldt-Forum offiziell angekündigt und am 18.
Dezember 2007 begann dann der Architektenwettbewerb.65
Neben der Rekonstruktion der Nord-, West- und Südfassade und des Schlüterhofes
prüfte die Fachpreisjury die Entwürfe auf sinnvolle und schlüssige Raumfolge für die
unterschiedlichen Nutzer. Vorgesehen waren Ausstellungsflächen für die Staatlichen
Museen zu Berlin sowie Flächen für die Zentral- und Landesbibliothek als auch für
die Humboldt-Universität. Als Kernstück sollte jeder Entwurf eine „Agora“ enthalten,
die – dem griechischen Vorbild entsprechend – als öffentlicher Versammlungs- und
Aufenthaltsort gedacht war. Freigestellt war den Architekten der Umgang mit der
Ostseite des Schlosses. Die Rekonstruktion oder die Nachempfindung des
ehemaligen Grundrisses sollten kein Bestandteil des Wettbewerbs sein. Gleiches galt
für die Kuppel, bei der eine Rekonstruktion nicht vorgeschrieben war. Es sollte
lediglich eine Lösung für die Kuppel geben.66
Nachdem im Mai 2008 aus den 85 Einreichungen 30 Teilnehmer für die zweite
Phase bestimmt worden waren, wählte die Jury am 28. November 2008 Franco
Stellas Entwurf einstimmig zum Sieger.67 Das gesamte Wettbewerbsverfahren und
der Sieg Stellas wurden daraufhin von mehreren Mitbewerbern angefochten, was
wiederum zu einer Verzögerung der Bautätigkeit führte.68 Am 12. Juni 2012 kam es
zur feierlichen Grundsteinlegung und 12. Juni 2015 wurde das Richtfest gefeiert.
63
Vgl. von Steffelin (2011: 245)
Vgl. Haubrich (2012: 58)
65
Vgl. Redecke (2009: 29)
66
Vgl. Redecke (2009: 29-39)
67
Vgl. Haubrich (2012: 60)
68
Vgl. Haubrich (2012:61-64)
64
15
3. Die Analyse des Entwurfs von Franco Stella
3.1 Methodisches Vorgehen
Die Architekturtheorie gliedert sich in die Teilbereiche Architekturkritik und
Architekturphilosophie.
Dabei
verfolgt
die
Architekturkritik
vor
allem
die
Auseinandersetzung mit der gebauten Architektur und ihrer Rezeption, während sich
die Architekturphilosophie mehrheitlich mit den allgemeineren Fragen der Architektur,
z.B. im Verhältnis zur Gesellschaft oder mit Fragen der epochalen Kategorisierbarkeit
von Architektur beschäftigt.69
Die Analysen der Schloss-Entwürfe sind in dieser Arbeit zweischrittig angelegt. Im
ersten Teil (Kapitel 3) wird architekturkritisch eine Analyse des Wettbewerbsentwurfs
von Franco Stella nach ausgewählten Kriterien durchgeführt. Im zweiten Teil (Kapitel
4) geht es dann um die Kategorisierung aller Entwürfe zum Humboldt-Forum anhand
von Kriterien, die nach architekturphilosophischen Maßstäben ausgewählt wurden.
Durch diese Methode wird es möglich sein, sowohl Stellas Entwurf architekturkritisch
zu analysieren als auch den gesamten Wettbewerb zum Humboldt-Forum
vergleichend betrachten zu können.
Bei der Analyse der Entwürfe insgesamt steht ihre architektonische Sprachlichkeit im
Vordergrund. Es geht darum, mit welchen architektonischen Mitteln welche Wirkung
beim Betrachter erzeugt werden soll. Dabei sind zwei unterschiedliche Blickwinkel
von Bedeutung, der des Experten und der des Laien70 . Die Selbstaussagen der
Architekten zu ihren Entwürfen sind für diese Analyse nachrangig, da der
Schwerpunkt auf der Frage liegt, wie das Gebäude wahrgenommen wird. Auch wird
die Rezeption der Entwürfe durch Dritte bei der Analyse nicht betrachtet werden.71
Die Gründe hierfür liegen nicht etwa darin begründet, dass dies den Umfang der
Arbeit sprengen würde, sondern vielmehr, dass sich dadurch unterschiedliche
Betrachtungsebenen eröffnen würden, die für eine andere Fragestellung interessant
wären. Durch die reine Betrachtung der Sprachlichkeit – sozusagen die
Selbstaussage der Entwürfe – lässt sich eine Aussage über die architektonische
69
Vgl. Gleiter (2015: 45) und allg. Gleiter (2008) Architekturtheorie heute
Experte wird hier verstanden als jemand, der ein kanonisches architekturtheoretisches und
architekturhistorisches Wissen hat. Ein Laie sei dagegen jeder normale Betrachter, der durch die ihn
umgebenden Gebäude, seine kulturelle Bildung und seinen täglichen Umgang mit Architektur, Erfahrungen
mit Architektur gemacht hat.
71
Vgl. hierzu auch u.a. Guido Brendgens (2008:82-89)
70
16
Haltung des entwerfenden Architekten treffen. Dies verhilft uns, den Entwurf einer
bestimmten Kategorie zuordnen zu können.
Als theoretische Grundlage für die Auswahl der Analysekriterien sowie für die
Analyse selbst dient Aldo Rossi (1966) „Die Architektur der Stadt“. Rossis Arbeit ist
hier insofern von Bedeutung, als er als erster wieder eine Rückbesinnung auf die
Wurzeln der europäischen Stadt und somit eine Abkehr von der modernistischen
Städteplanung gefordert hat.
Im Folgenden werden die Begriffe ‚Permanenz’ und ‚Analogie’ im Sinne von Rossis
Theorie erörtert.
3.2 Theoretische Grundlage nach Rossi
3.2.1 Der Begriff der Permanenz
Den Begriff der Permanenz führte Aldo Rossi 1966 als "Theorie der Permanenz" in
"Die Architektur der Stadt" ein. 72 Er bezieht sich dabei auf Poéte und Lavedan,
übernimmt sogar deren Begriff der Permanenz, bringt diesen aber auf eine
architektonische und städtebauliche Ebene. Feststellen ließe sich diese Permanenz,
so Rossi,
„an Baudenkmälern, den sichtbaren Zeichen der Vergangenheit, aber auch an Straßentrassen
und am Stadtplan. Daß Städte sich beständig denselben Achsen entlang entwickeln, ihre
Straßenzüge beibehalten und daß der Sinn und die Richtung ihres Wachstums nicht von heutigen,
sondern früheren, oft lange zurückliegenden Voraussetzungen bestimmt werden".
73
Das erzeuge eine Permanenz, die für lange Zeit im Grundriss der Stadt erkennbar sei,
auch wenn die Notwendigkeiten für die zugrundeliegende Entwicklung nicht mehr
vorlägen. „Manchmal sind diese Voraussetzungen ebenso langlebig, manchmal
entfallen sie, und nur die Form, die sichtbaren Zeichen, der Standort überdauern“, so
Rossi.74 Mit anderen Worten: Straßenzüge oder Baudenkmäler seien als Zeichen in
einem Stadtgrundriss von sehr langer Dauer und dadurch prägend für eine Stadt,
72
Vgl. Rossi (1998: 29)
Vgl. Rossi (1998: 30)
74
Vgl. Rossi (1998: 30)
73
17
selbst wenn die ursprüngliche Aufgabe des Bauwerks nicht mehr klar erkennbar ist.
Gerade der Stadtplan bleibe, trotz wechselnder Überbauung bestehen.75 Rossi legt
dabei Wert darauf, dass es sich bei der Permanenz nicht um das Prinzip der
Kontinuität handle, welches er dem Gebiet der Bauhistorie zuschreibt. Dagegen
verstehe die Theorie der Permanenz „die Stadt in ihrer Gesamtheit“.76 Als Beispiel
führt Rossi den Palazzo della Ragione in Padua an.
„[Die] Permanenz bedeute dabei nicht nur, daß dieser Monumentalbau eine Form der
Vergangenheit darstellt. Vielmehr hat hier eine sichtbare Gestalt der Vergangenheit [...] durch
die Einrichtung einer Art Kleinmarkthalle im Erdgeschoß des Palazzo neue Funktionen
übernommen und ist dadurch lebendig geblieben.“
77
Nur durch eine funktionale Transformation des Palastes konnte dieser „lebendig“,
also entscheidend für das Stadtbild bleiben. Das Fortbestehen des Gebäudes als
Hülle ist so für Rossi nicht wichtig für die Permanenz. Es geht ihm vielmehr um das
Fortbestehen einer Nutzung an einem spezifischen Ort. Rossi vertritt diesen
Standpunkt aber nicht nur für bestehende historische Gebäude, sondern wendet die
Theorie auch in seinen eigenen Entwürfen an. So gibt es auch von ihm einen Beitrag
zum Wettbewerb „Spreeinsel“ (1993)78 , auch wenn dieser nie richtige Beachtung
fand (Abb. 17/18). Wie in Kapitel 2.4 bereits kurz beschrieben, handelte es sich bei
dem Wettbewerb „Spreeinsel“ um einen städtebaulichen Wettbewerb mit der
Gestaltung der südlichen Spreeinsel und – darin eingebettet – städtebauliche
Lösungsansätze für den Schlossplatz. Mit seinem Vorschlag zur Rekonstruktion der
barocken Fassaden auf dem ehemaligen Grundriss ist Rossi damals selbst den
großen Schlossbefürwortern noch zu radikal. Für Rossi ist diese Rekonstruktion im
Sinne seiner Permanenz-Theorie aber nur schlüssig. So entfernt er den
Renaissanceflügel im Osten und ersetzt diesen durch eine klare, geradlinige neue
Fassade. Die Funktion wird geändert, der große Baukörper kommt aber zurück und
mit ihm seine städtebauliche Permanenz.79
75
Vgl. Rossi (1998: 30)
Vgl. Rossi (1998: 30)
77
Vgl. Rossi (1998: 31)
78
Vgl. Ferlenga (2001: 408)
79
Es sei hier noch kurz erwähnt, dass Franco Stella bei diesem Wettbewerb Mitglied der Jury war.
76
18
3.2.2 Der Begriff der Analogie
Die Struktur und Identität wird, nach Rossi, durch die Permanenz ihrer Baudenkmäler
geprägt. Diese stehen aber durch ihre Permanenz in einem Spannungsverhältnis zur
Entwicklung einer Stadt.80 So haben sich die römischen Amphitheater – wie etwa in
Lucca (Abb. 19) – in ihrer Funktion dramatisch verändern müssen, konnten aber so
permanent die Stadt prägen und geben ihr dadurch ihre spezifische Identität. Durch
dieses Spannungsverhältnis und die Dauerhaftigkeit werden sie aber auch
Bestandteil des Kollektivgedächtnisses einer Stadt. Rossi geht sogar so weit, die
Stadtstruktur und ihre Baudenkmäler – also die Stadt selbst – als das
Kollektivgedächtnis der Völker zu verstehen. Dies ist Grundlage für seine Theorie
der Stadt. 81 Für ihn ist die Stadt wie eine Collage von Baukörpern und ihrem
Verhältnis zueinander, ähnlich wie es Collin Rowe in „Collage City“ beschreibt.82
Jedoch sieht Rossi, nach Eisenmann, in der Stadt keine Collage existierender
Formen, sondern versteht die Stadt als „an ensemble of typological elements, whose
simple geometries could be read as the result of removing their layers as historical
accretions“.83
Damit führt Rossi die Typologisierung von Gebäuden – erstmals seit Durand – wieder
ein, um in einem nächsten Schritt diese Typen auf ihre Grundform, ihren Archetyp zu
reduzieren. Durch die Reduktion der Baukörper auf ihren Archetyp mit Hilfe der
platonischen Körper erschafft Rossi, so Eisenmann (2008), einen Grad der
Gestaltung, der sich absetzt von der Abstraktion der Moderne, aber auch von der
Kontextualität Collin Rowes.84 Die Archetypen wiederum seien durch ihre reduzierte
Form das Mittel zur Identität und könnten damit zur Bildung des kollektiven
Gedächtnisses beitragen.85
„Der Archetyp der Säule ist der Zylinder. Das Giebelfeld und das Walmdach gehen auf eine
nicht weniger elementare Form zurück, auf das Prisma, das ein gleichseitiges Dreieck als Basis
hat. Das Fenster findet im Quadrat, bei dem keine der beiden Seiten vorwiegt, sein eigenes
autonomes Gleichgewicht und das Maximum an Einfachheit. In diesem geometrischen
80
Vgl. Rossi (1998: 57)
Vgl. Rossi (1998: 85)
82
Vgl. hierzu Rowe, Colin ; Koetter, Fred (1984) Collage City
83
Vgl. Eisenmann (2008: 183)
84
Vgl. Eisenmann (2008: 183)
85
Vgl. Portoghesi (1982: 145)
81
19
Identifikationsprozess wird die Kuppel zur Halbkugel oder zur Pyramide, und die Mauer formt
Trennwände und Ringe und kann Parallelogramme und Prismen mit polygonaler Basis
86
einschließen.“
Rossi erreicht also durch die Reduktion der Formen eine gestalterische Möglichkeit,
um ein Kollektivgedächtnis zu erzeugen. Das heißt, er erzeugt das Bild einer Stadt,
die im Kollektivgedächtnis verankert ist. Es ist jedoch erst der nächste Schritt, der
Rossis Methode vollendet, und zwar durch das Prinzip der Analogie. Durch die
Reduzierung auf den Archetyp kann der zylindrische Körper nicht nur die Säule sein,
sondern – analog – auch jeder andere zylindrische Körper. Genaugenommen ist der
zylindrische Körper nicht der Archetyp einer Säule, sondern der zylindrische Körper
verhält sich analog zur Säule. Erstrangig ist er der Körper selbst und die Analogie zur
Säule entsteht erst zweitrangig. Der zylindrische Körper kann also Bezug auf die
Säule nehmen, ohne selber eine Säule zu sein. Durch diese Nutzung der Analogie ist
Rossi in der Lage, jeden seiner Körper in einen anderen und immer wechselhaften
Bezug zu setzen. Bei seinen Collagen und Zeichnungen (Abb. 20) wird dies
besonders deutlich, wenn eine Espressokanne und ein Wohngebäude im gleichen
Maßstab gezeichnet werden. Die Kanne ist – in ihrer um den Ausguss und Henkel
reduzierten Form – das Theatro del Mondo (Abb. 21/22). Sie kann also gleichzeitig
Architektur und Einrichtungsgegenstand sein.
Die
Analogie
bildet
dadurch
ein
Mittel
zur
Vervielfältigung
der
Assoziationsmöglichkeiten oder – wie Rossi sagt – „wenn wir nämlich klar wissen,
was wir sagen wollen, wissen wir nicht, ob wir nur das sagen wollten“.87
3.3 Die Kriterien der Analyse des Entwurfs
3.3.1 Vorbemerkungen zu den Kriterien
Eine
vergleichende
Analyse
verschiedener
Schlossentwürfe
bedarf
operationalisierbarer Kriterien. Die verwendeten Kriterien wurden so ausgewählt,
dass sie schließlich die Möglichkeit zulassen, eine Wertung der architektonischen
86
87
Vgl. Portoghesi (1982: 145)
Vgl. Rossi nach Portoghesi (1982 : 146)
20
Sprachlichkeit - wie in Kap. 3.1 definiert - vorzunehmen. Die Analyse ist also weder
bauhistorisch noch baukonstruktiv, sondern beschäftigt sich vor allem und
ausschließlich mit den Kriterien der architektonischen Sprachlichkeit und damit mit
der Kommunikation von Architektur und eröffnet so eine Möglichkeit der Bewertung.
Nachfolgend werden die drei leitenden formalen Analysekriterien Masse versus
Freifläche bzw. Solitäre versus Plätze, Ostfassade und Kuppel entwickelt und
begründet. Alle Kriterien wurden nach dem Prinzip der Vergleichbarkeit ausgewählt.
Es sind Kriterien, die für alle Wettbewerbsteilnehmer grundlegend und gleich waren,
an denen aber ihr spezifischer Umgang mit Architektur und Städtebau relativ zum
Projekt ‚Schloss’ ablesbar sind. Durch die Vergleichbarkeit der Kriterien wird es dann
in Kapitel 4 möglich sein, die Entwürfe vergleichend bewerten zu können und mit
Hilfe der noch einzuführenden Kategorien gruppieren und perspektivieren zu können.
3.3.1.1 Masse vs. Freifläche / Solitäre vs. Plätze
Trotz der Vorgaben durch den Bundestagsbeschluss zur Rekonstruktion der
barocken Fassaden auf der Grundrissfigur des ehemaligen Schlosses bleibt für die
entwerfenden Architekten die Frage nach dem Umgang mit den städtebaulichen
Belangen. Wie öffentlich oder geschlossen stellt sich das neue Humboldtforum dar
und mit welchen Mitteln wird es geöffnet bzw. öffentlich zugänglich gemacht? Dies
betrifft einerseits die Vorplätze, andererseits aber besonders die inneren Höfe, die
mehr schon als Plätze zu beschreiben sind. Ein weiterer Aspekt in diesem
städtebaulichen Zusammenhang besteht in der Ausrichtung des Gebäudes, das
heißt, ob es in Längs- oder Querrichtung verläuft. Ebenfalls zum Kriterium Masse vs.
Freifläche gehören die Durchgänge. Wie werden die Portale, die an ihrer originalen
Position bleiben müssen, in den neuen Schlossbau eingebunden und wie
strukturieren sie das neue Gebäude? Kommen möglicherweise auch noch neue
Durchgänge hinzu?
3.3.1.2 Ostfassade
Die Ostfassade ist der nach außen einzig sichtbare Teil des neuen Schlosses, da
eine Rekonstruktion des ehemaligen Ostflügels nicht Bestandteil des Wettbewerbs
21
war (vgl. Kap. 2.5). Sie bildet somit das Aushängeschild für den Bau und zeigt
deutlich, wie der Architekt seine Arbeit ausgerichtet, was sein Leitmotiv ist und wie
seine architektonische Konzeption aussieht.88 Hier wird vor allem der direkte Umgang
mit Alt und Neu sichtbar. Obgleich dies natürlich für den gesamten Bau gilt, so wird
die Verbindung von Alt und Neu doch erst an der Ostfassade sichtbar, da hier eine
Verbindung zwischen der neuen barocken Fassade und dem Neubau eingegangen
wird. Dieser Moment des Bruchs ist ein kritischer, an dem sich die architektonische
Idee offenbart.
Neben dem inneren Bezug der Ostfassade zum Rest des Schlosses ist sie vor allem
auch
im
städtebaulichen
Zusammenhang
von
Bedeutung.
Sie
stellt
den
städtebaulichen Bezug nach Osten dar: eine neue Situation für das Schloss, die
durch die massive strukturelle Veränderung der Ostberliner Stadtmitte durch den
DDR-Städtebau 89 entstanden ist. Wird diese städtebauliche Frage gestellt oder
außen vor gelassen, ist somit ein weiterer wichtiger Aspekt innerhalb des
Analysekriteriums ‚Ostfassade’.
3.3.1.3 Kuppel
Obwohl von der Expertenkommission "Historische Mitte" durchaus empfohlen, war
die Rekonstruktion der Kuppel kein notwendiger Bestandteil des Wettbewerbs.90 Es
wurde den Architekten vielmehr freigestellt, wie sie mit der Kuppel verfahren möchten.
Die Kuppel ist durchaus als Weiterführung der Fassade zu verstehen, kann aber
auch als Zeichen des Neubaus oberhalb der barocken Fassade gesetzt werden.91
Wie auch schon die Analysekriterien Masse vs. Freifläche sowie Ostfassade ist auch
die
Kuppel
städtebaulich
kontextualisiert.
Indem
sie
in
Bezug
auf
die
Höhenmarkanten der Stadt – und damit im Kontext der anderen Berliner Kuppeln zu betrachten ist, stellt sie ein wesentliches Kriterium für die Interpretation des
Entwurfs in Auseinandersetzung mit der historischen Permanenz bzw. der
Modernisierung des Schlosses dar. Für die Betrachtung der Westfassade ist die
88
Vgl. Redecke (2009: 33-34) und Zlonicky, Peter in Redecke (2009: 44-45)
Vgl. hierzu Butter & Hartung Ostmoderne - Architektur in Berlin 1945-1965 (2004: 10-17), Topfstedt,
Thomas Städtebau in der DDR 1955-1971 (1988: 68-80)
90
Vgl. Redecke (2009: 34)
91
Vgl. Zlonicky, Peter in Redecke (2009: 44)
90
22
Kuppel das einzige Element, das auf die Neuerrichtung hinweisen kann.
3.4 Die Analyse des Entwurfs
3.4.1 Masse vs. Freifläche / Solitäre vs. Plätze
Durch den Bundestagsbeschluss zur Rekonstruktion der barocken Fassaden gab es
konkrete
Vorgaben
für
den
Wettbewerb,
die
grundsätzliche
komplexe
architektonische Fragen aufwarfen: Wie verhält sich der Neubau zum bereits
Bestehenden? Kann das Schloss historisch korrekt wieder aufgebaut und mit den
Anforderungen an die neue Nutzung verbunden werden? Die Frage nach dem
historischen Bezug stellt sich an dem Ort des Schlossplatzes aus vielerlei Hinsicht.
Der Städtebau der Moderne - und die politische Ideologie der DDR - hatten zu einer
massiven Veränderung der Mitte Berlins geführt, unter anderem zu dem Abriss des
Schlosses. Dies ist im Sinne des modernistischen Städtebaus ein durchaus
nachvollziehbarer Schritt, da das Prinzip der Tabula rasa bei vielen Architekten
seinerzeit hohen Anklang fand.92 Zu welchem Teil der Geschichte möchte man als
Architekt Bezug nehmen?
Trotz der Vorgabe der Rekonstruktion der Fassade war eine Wiedererrichtung der
originalen Grundrisse auch aufgrund der veränderten räumlichen Anforderungen,
nicht vorgeschrieben. Die Gestaltung der Grundrisse im Sinne einer historisch
korrekten Reproduktion oder eines zum Aufriss beziehungslosen Grundrisses wird für
die spätere Kategorisierung von Bedeutung sein. Rossis Theorie der Permanenz wird
uns dabei helfen, die Art und Weise der Rekonstruktion bewerten zu können.
Betrachten
wir
das
Schloss
als
Baudenkmal
und
in
diesem
Sinne
als
identitätsstiftenden Teil des Kollektivgedächtnisses für die Stadt, so muss das
Schloss in seiner ehemaligen Form – permanent durch die Zeit – wiedererrichtet
werden. Der modernistische Städtebau der DDR hatte den Schlossplatz in seiner
Permanenz zerstört. Das Schloss bildete sowohl den Abschluss der Allee "Unter den
Linden" als auch der barocken Stadterweiterung nach Osten hin. Durch die
Zerstörung des Schlosses wurde dieser Abschluss aufgehoben und führte zu keinem
definierten
92
Abschluss
der
barocken
Friedrichstadt.
Der
Vgl. LeCorbuier "Plan Voisin" in Eaton, Ruth Die ideale Stadt (2001: 196-205)
23
Grund
für
diesen
städtebaulichen Fehler lässt sich vermutlich in der Lesart der ostdeutschen Planer
finden. Bildete das Schloss den östlichen Abschluss der Friedichstadt, so öffnete der
Marx-Engels-Platz vor dem Palast der Republik die Stadt Richtung Westen. Das
Zentrum der DDR saß – städtebaulich betrachtet – wesentlich weiter im Osten. Das
geht besonders aus den ersten Plänen und Entwürfen für den Schlossplatz hervor.
Das geplante Gebäude sollte die Funktionen des Staatsratsgebäudes und des
Palastes in sich vereinen, während es eine neue Höhendominante in der Stadt
darstellte. Die Aufgabe der Höhendominante wurde später vom Fernsehturm
übernommen, was auch auf die städtebauliche Änderung der DDR-Staatsmitte
hindeutet.93
Mit dem nun wieder neu aufgebauten Schloss findet das neue Zentrum der Stadt,
das Regierungsviertel, seinen östlichen Abschluss. Durch die Rückkehr der
Bundesregierung und des Bundestages aus Bonn nach Berlin wurde auch das
Zentrum Berlins neu ausgerichtet. Das Schloss deutet also auch auf eine
Verschiebung der Zentren Berlins, mehrheitlich auf ein Zusammenwachsen der Stadt
hin. Gerade das führt nun zur Idee der Permanenz von Rossi zurück, da die Stadt
ihre Polyzentrik erst durch die Teilung und den kalten Krieg erfahren hatte.
Franco Stella bedient sich bei seinem Entwurf gleich in mehrfacher Weise des
Prinzips der Permanenz durch die Anwendung der Analogie. Auffällig am Grundriss
des Entwurfs ist, dass Stella nicht die gesamte Außenform des ehemaligen
Schlosses nachbildet, sondern nur den barocken Teil (Abb. 23-29).
94
Der
mittelalterliche Teil des Schlosses soll nicht rekonstruiert oder auf seinen ehemaligen
Maßen nachgebildet werden.
95
Der Grund dafür ist in der Geschichte der
Schlosserweiterung zu finden. Mit dem Auftrag an Schlüter, das Renaissanceschloss
in ein barockes umzubauen, war auch die Umgestaltung der höfischen Darstellung
verbunden. Das große Vorbild für den preußischen Hof war das römische
Kaiserreich.
96
Folglich wurden viele Elemente der Innengestaltung wie z.B.
93
Vgl. Topfstedt (1988: 70)
Die Grundrisse, auf die im weiteren Bezug genommen wird, sind die zum Wettbewerb der zweiten Phase
eingereichten und prämierten Grundrisse. Dass der nun gebaute Grundriss an vielen Stellen erheblich davon
abweicht, soll für die Arbeit keine weitere Rolle spielen.
95
Vgl. Abb. 8 mit Entwurf Mäckler (Abb. 55-58) und Entwurf Stella (Abb.24)
96
Vgl. Haubrich (2012: 24)
94
24
Deckenmalereien etc. bei römischen Vorbildern kopiert bzw. reininterpretiert.97
Stella setzt nun diesen Bezug der Preußen zur römischen Geschichte auf ganz
eigene Art um. Sein Gebäude ist von seiner Volumengestaltung absolut
achsensymmetrisch und damit ein wesentlich strikterer Zentralbau, als es das
ehemalige Schloss je war. In diese Symmetrie setzt Stella zwei, für das Gebäude
entscheidende Achsen. Die Ost-West-Achse und die Nord-Süd-Achse. Die NordSüd-Achse verläuft zwischen Portal II und IV und bildet das neue "Schlossforum".
Manch ein Kritiker nannte es auch schon "Uffizien" – in Anlehnung an den
gleichnamigen und ähnlich proportionierten Platz in Florenz (Abb. 30). Doch neben
der möglichen Analogie der Uffizien bildet Stella eine weitere Analogie. Die beiden
Achsen teilen den Grundriss jeweils in gleiche Teile und vollführen dadurch das, was
im römischen Castell Cardu und Decumanus gemacht haben. Stella benutzt hier ein
analoges Instrument, um das Schloss in der Bauhistorie zu verankern. Diese Bezüge
zur Baugeschichte werden bei der Ostfassade ebenfalls eine Rolle spielen, vgl.
Kapitel 3.4.2.
Neben der Analogie zum römischen Castell durch die preußische Geschichte gibt der
Grundriss noch einen weiteren Anhaltspunkt für eine Interpretation im Sinne von
Rossis Theorie der Permanenz. Auch wenn Rossi dies so nicht explizit schreibt, geht
es bei seiner Permanenz aber auch immer um die Relevanz eines Gebäudes. Nicht
die Kontinuität ist entscheidend, sondern die Weiterführung einer Funktion, wie
bereits in Kapitel 3.2.1 beschrieben. Im Sinne der geschichtlichen Kontinuität wäre
die Rekonstruktion des Apothekerflügels und des Renaissance-Flügels von
Bedeutung, für die Theorie der Permanenz ist es hingegen wesentlich wichtiger, dass
wieder ein Bauwerk an einer ähnlichen Stelle und mit ähnlichen Ausmaßen steht, das
eine allgemeingültige Funktion übernehmen kann.
Diese Argumentation kann auch als Grund dafür betrachtet werden, wieso Rossis
Entwurf zur Spreeinsel - zumindest im städtebaulichen Maßstab – Stellas Entwurf
ähnlich ist. In dieser Hinsicht kann also Stellas Entwurf auf Rossis Theorie bezogen
und erklärt werden.
Stella nutzt die historische Permanenz aber nicht nur, um Bezüge zur Geschichte
herzustellen, sondern er nimmt diese auch, um eigene Entwurfsprinzipen an ihnen
97
Vgl. Peschken, Goerd; Klünner, Hans-Werner (1982) Das Berliner Schloß
25
abzuleiten. Das wird am „Schlossforum“ deutlich. Dieser neuerschaffene Hof oder
Platz zwischen den Portalen II und IV ist die konsequente Weiterführung einer
historischen Entwicklung. Die Portale II und IV bildeten mit dem Portal III den Zugang
zum Eosanderhof, welcher von König Friedrich II, genannt der Große, für die
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. 98 Neben diesem Platz im Inneren des
Schlosses wurde durch die Öffnung der Portale gleichzeitig eine Verkehrsverbindung
zwischen Breite Straße und Lustgarten geschaffen. Stella überbaut nun einen
Großteil des Eosanderhofes und bildet das ‚Schlossforum’ genau auf der Achse der
zwei Portale aus. Er reduziert damit den Raum und stärkt die Achse, die dadurch
aber nicht nur zur Hauptachse durch das Gebäude wird, sondern vielmehr zum
eigentlichen Eingang in das Gebäude. Die Eingänge zum Schlüterhof sind klein
gehalten und auch der neuerschaffene Zugang im Osten kann kaum der Funktion
eines Haupteinganges gerecht werden (vgl. Abb. 27). Selbst das Westportal –
ehemals der eigentliche Eingang in das Schloss – wird durch die zurückgesetzten
Türen und den direkten Zutritt in den überdachten Eosanderhof in seiner Mächtigkeit
minimiert. Stella präferiert klar den Zugang über die Portale II und IV. Um das zu
unterstützen, zelebriert er diese Achse noch zweimal in seinem neuen Grundriss und
zeigt so eindeutig, wie er das Schloss liest. Die beiden Haupttreppen - und damit die
eigentliche Erschließung des
Gebäudes
–
befinden sich jeweils, beinahe
achsensymmetrisch, im Belvedere und direkt hinter dem Westportal, und zwar
jeweils von Nord nach Süd gehend und damit dem Schlossforum folgend. Hieran wird
deutlich, dass Stella das Mittel der Permanenz auch nutzt, um entwerferische
Lösungen zu finden.
3.4.2 Die Ostfassade
Das Prinzip der Analogie ist nach Rossi das Prinzip der Bezugnahme. 99 Solche
Bezüge sind jedoch vielfältig und durch das Wissen des Betrachters geprägt. Ein
Experte kann bei der Ostfassade von Stella Bezüge zur griechischen Stoa (im
Grundriss)(Abb. 31), zum Belvedere des Schlosses Sanssouci in Potsdam (Abb. 32),
zum Alten Museum von Schinkel (Abb. 33) und sogar Bezüge zum Plattenbau der
98
99
Vgl. Hennett (2005: 22)
Vgl. Portoghesi (1982: 146)
26
DDR (Vorfabrikation) sowie zur Berliner Brandwand entdecken. Aber selbst dem
Laien, der all diese Bezüge nicht herstellen kann, weil ihm schlicht das Wissen
darüber fehlt, gelingt vermutlich eine naheliegende Analogie: der direkte Bezug zur
barocken Fassade. Da der Rhythmus der barocken Fassade an der Ostseite
beibehalten wird, wirkt der Baukörper so, als würde ihm nur die barocke Fassade
fehlen. Ein klares Stilmittel barocker Fassaden ist die gleichmäßige und
gleichbleibende Verteilung von Öffnungen in der Fassade, welche sich sowohl im
Grund- als auch im Aufriss durch die Abstände zwischen den Öffnungen messen
lässt.100 Dieses Prinzip der rhythmisierten Fassade führt Stella an der Ostfassade
ebenfalls durch, indem er sowohl die lichte Fensterbreite als auch die Sturzhöhe und
den Abstand der Fenster zueinander, aber auch die Geschossgliederung von der
barocken Fassadengliederung übernimmt. Im Umkehrschluss scheint es dann – so
wie tatsächlich gebaut worden ist –, dass es einen einheitlich rhythmisierten
Baukörper gibt, vor dem sich partiell eine barocke Fassade befindet.
So wird für den Laien sichtbar gemacht, dass es sich bei diesem neuerbauten
Schloss um einen Neubau handelt. Der Experte entdeckt wiederum andere Bezüge
und kann diese dann auch anders bewerten. In den Bezügen sowohl zur Stoa als
auch zum Alten Museum zeigt sich Stellas Prinzip der architekturgeschichtlichen
Permanenz. Dies ist zunächst am Treppengebäude zu verdeutlichen. Dieses
thermisch offene Gebäude dient genau betrachtet nur dem Durchgang und dem
Ausblick, weshalb ihm Stella auch den Namen „Belvedere“ gibt.101 Insofern kann das
Treppenhaus als Analogie auf die Doppeltreppe im Alten Museum verstanden
werden oder auch auf die Belvedere-Treppe des Schlosses Sanssouci in Potsdam,
und man mag auch die großen Freitreppen, die am Palast der Republik auf den
Balkon führten, hier finden (Abb. 34). Eine andere Analogieebene gewinnt Stella
selbstreferentiell durch den Bezug auf seine eigene Arbeit. Im nichtrealisierten
Hypogäischen Museum der Fünf Ordnungen der Architektur beschreibt er ebenfalls
offene Treppenhäuser, die besonders zum Spazieren und Durchschreiten einladen
sollen (Abb. 35)..102 Ähnliches zeigt sich auch bei dem Entwurf für den Theaterplatz
100
Vgl. hierzu Mertens, Melanie Berliner Barockpaläste (2003: 97-137)
Vgl. Stella (2010: 82)
102
Vgl. Stella (2010: 50-51)
101
27
in Crotone (Abb. 36).103 Das Durchwandern wird zur eigentlichen Aufgabe gemacht.
Auch hier ist wiederum eine Analogie zur griechischen Stoa erkennbar. Die Stoa war
nicht nur – ähnlich dem römischen Forum – ein Ort des Handels, sondern auch der
Ausbildung. So sollen Platon und Sokrates in der Stoa ihren Unterricht abgehalten
haben, der größtenteils in der Bewegung stattfand. Man durchwanderte einen Raum
und ließ dabei die Gedanken wandern. Panta rhei, alles fließt, war das Prinzip.104 Die
Gruppe von Philosophen um Aristoteles machte dieses Durchwandern sogar zu
ihrem Namen. Sie nannten sich "Peripatetiker" (Umherwanderer).105 Doch nicht nur
die Analogien zur Architekturgeschichte sind für Stella wichtig, sondern auch die
nähere Geschichte und die architektonischen Spezifika Berlins. Die Zur–SchauStellung der offensichtlichen Vorfabrikation der Bauteile ist eine eindeutige Analogie
zur Bauweise der Moderne und zum Plattenbau der DDR. Die Bauteile und ihre
Tragwirkung sind klar erkennbar und eindeutig gegliedert. Mit den fensterlosen Nordund Südwänden wird dann auch das Thema der Berliner Brandwand thematisiert. Die
Berliner Brandwand als Spezifikum für die Stadt entstand nicht nur durch den
Hobrechtplan106, sondern vor allem durch die Kriegszerstörungen und gab Berlin eine
eigene städtebauliche Komponente.
Bei allem ist die Ostfassade jedoch mehr als ein Sammelsurium an historischen und
baulichen Bezügen. Sie ist nicht einfach ein Best-of der Architekturgeschichte, so
komplex verpackt, dass man Experte sein müsste, um sie zu verstehen. Die
Ostfassade ist vor allem ein eigenständiger, selbstbewusster Bau, der sich nicht
hinter historischen oder ideologischen Ideen versteckt, wie es andere Wettbewerber
getan haben (vgl. Kapitel 4). Sie ermöglicht die oben genannten vielfältigen – auch
bauhistorischen – Bezüge, ohne sich jedoch hinter diesen zu verstecken. Ein
auffallendes Merkmal dafür ist der Spalt zwischen der Ostfassade und dem barocken
Schlossbau. Dieser Spalt ist nicht funktional, sondern ein rein gestalterisches
Element, welches Stellas architekturtheoretisches Verständnis offenbart. Im Entwurf
stellt Stella ihn deutlich heraus und ermöglicht so, ‚um die Ecke’ zu schauen und
damit die barocke Fassade als nur vorgesetzt vor einen neuen Baukörper zu
103
Vgl. Stella (2010: 64-65)
Vgl. Diels, Hermann Simplicius (1895: 1313)
105
Vgl. Zeller, Eduard (1963) Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung: Teil 2.
Aristoteles und die alten Peripatetiker
106
Vgl. Hobrechtplan in Strohmeyer, Klaus (2000) James Hobrecht und die Modernisierung der Stadt
104
28
sehen.107 Es hat etwas Erzählerisches, dieses Hinter-die-Fassade-Schauen, sodass
man meint, Stella habe hier an Klotz´s „Nicht Funktion, sondern Fiktion!“ gedacht.108
Auf diese Art und Weise zelebriert Stella den Neubau und nicht die rekonstruierte
Fassade.
Die Analogien von Stellas Entwurf gehen aber sogar noch darüber hinaus. Sie stellen
nicht nur einen Bezug zur Geschichte der Architektur her, sondern sogar zu der
eigentlichen Frage des Gemachtseins der Architektur, also der Notwendigkeit von
Architektur. So beschreibt Stella in "Die Architektur und die Konstruktion"
(L´Architektur e la Costruzione), wie der Mensch sich die Natur zu eigen gemacht
und mit dem Trilith (Abb. 37) das erste Zeichen der Architektur erschaffen habe. 109
Der Trilith zeugt nach Stella von der "Macht des Menschen über die Natur […] den
Genius der Konstruktion, welcher das Gesetz der Schwerkraft besiegt und auf die
Möglichkeit verweist, den schützenden Himmel des menschlichen Wohnens über der
Erde festzuhalten".110 Der Trilith stelle damit den Anfang der Architektur dar.
"Die Kolonnade der Griechen ist meiner Ansicht nach geistliche Verwandte oder Nachkomme
jener archaischen Trilithen. Sie ist die vorzügliche Figur der ‚Repräsentation der Konstruktion’,
des Dramas von Lasten und Tragen… In diesem Zusammenhang ist der Trilith das Monument
der ‚natürlichen Ursache’ der Konstruktion , jener Ursache, welche die Formen der Architektur
von den Konventionen aller anderen Sprachen unterscheidet[…]."
111
Stella sieht folglich in der griechischen Kolonnade die Weiterführung des Bezwingens
der Natur durch die Konstruktion. Die Griechen erweiterten den Trilithen und
erschufen so ein neues Zeichen des Gemachten, des Erschaffenen über die Natur.
Wenn Stella nun die Analogie zu einer griechischen Kolonnade bzw. der
griechischen Stoa herstellt, nimmt er damit auch Bezug zur Idee des Repräsentativen
der Architektur als Zeichen des Gemachten über die Natur. Stella stellt seinen
Belvedere in diese Ahnenreihe und gibt ihm gleichzeitig etwas Neues mit. Erweiterten
die Griechen den Trilithen quasi in der zweiten Dimension, indem sie den Trilith
107
Der Großteil der Rederings, die von Stella zur Verfügung gestellt wurden, sind auf der Nordostseite und
zeigen so sehr deutlich diesen Spalt (vgl. Abb. 24)
108
Vgl. Klotz, Heinrich Moderne und Postmoderne (1985: 9)
109
Vgl. Stella (2010: 10)
110
Vgl. Stella (2010: 10)
111
Vgl. Stella (2010: 11)
29
hintereinander stellten, erweitert Stella diesen Trilith nun mit der Treppe und gibt ihm
so eine dritte Dimension.
Die Ostfassade ist der Kern von Stellas Entwurf, insbesondere auch, weil er mit
dieser starken Ostfassade einen Kontrapunkt zu dem dominanten Westportal setzt
und das Schloss so Richtung Osten öffnet. Damit entsteht eine städtebauliche
Situation, die es so noch nicht für das Schloss gab und die der modernistischen
Stadtplanung der DDR Rechnung trägt. Die Ostfassade ist aber vor allem Stellas
Kernpunkt, da an ihr sein besonderes Verständnis für die Analogie offensichtlich wird.
Ist die Analogie Rossis vor allem ein Spiel mit den Typologien und der
Maßstäblichkeit (vgl. Kap. 3.2.2), so ist Stellas Analogie ein Spiel mit dem
historischen Bezug und der Permanenz. Die Bezüge sind dabei nicht eineindeutig
determiniert und bieten so die Möglichkeit zur Vielfältigkeit. Ein direktes Zitat und die
reine Rekonstruktion lassen keinen determinativen Spielraum, die Analogie aber
eröffnet die Möglichkeit des Entdeckens, da sich stetig neue Bezüge auftun, je
nachdem, mit welchem Wissen der Betrachter ausgestattet ist.
3.4.3 Die Kuppel
In der Einleitung zu den Kriterien wurde bereits angemerkt, dass der Umgang mit der
Kuppel von entscheidender Bedeutung für das Gesamtverständnis des Entwurfes ist.
Die Kuppel war das letzte Erweiterungselement des Schlosses und wurde erst 1845
– von Stüler ausgeführt und von Schinkel geplant – auf die Schlosskapelle gesetzt.112
Damit stand die Kuppel in der Tradition großer Kirchenkuppeln, vom Petersdom bis
zur Domkirche am Lustgarten und bildete gleichzeitig die Krönung des Westportals
und damit des Hauptportals des Schlosses.113
Die neu zu erschaffende Kuppel steht aber auch aktuell in einem größeren
städtebaulichen Zusammenhang, da die Friedrichstadt von mehreren Kuppeln
geprägt ist. Neben der Schlosskuppel sind das die Kuppeln des deutschen und
französischen Doms am Gendarmenmarkt, die Domkuppel des Wilhelminischen
Doms am Lustgarten sowie die Kuppel des Reichstagsgebäudes. Gerade in der
112
113
Vgl. Hennet (2005: 23)
Zur Kuppel als Zeichen von Repräsentations- und Großbauten vgl. Fink, Josef (1958) Die Kuppel über dem
Viereck
30
neuerrichteten Kuppel des Reichstags lässt sich wiederum eine Analogie Stellas
finden. Mit der deutschen Wiedervereinigung und der Wiederernennung Berlins zur
Hauptstadt ging der Umzug der gesamten Regierung einher. Der Beschluss, den
Deutschen Bundestag wieder im Reichstagsgebäude unterzubringen, führte
schließlich notwendigerweise zum Beschluss einer Neugestaltung. 114 Aus dem
Architektenwettbewerb ging schließlich Sir Norman Fosters Entwurf als Sieger
hervor.115 Ein maßgebliches Zeichen seines Entwurfs war die Modernisierung der
Kuppel. Statt eines einfachen Oberlichts konstruierte Foster eine große begehbare
Kuppel, die den Besuchern Einblick in die Arbeit des Bundestages gewähren sollte
(Abb. 38). Foster machte die Kuppel zum Symbol einer demokratischen Idee auf
einem staatsrepräsentativen Gebäude.116
Für Stella ist genau dieser Schritt nun von Bedeutung, will er doch etwas ganz
anderes mit seinem Entwurf erreichen. Im Sinne der Berliner Analogie ist eine
modernisierte Kuppel
auf
einem
ehemaligen
Staatsgebäude wiederum
ein
repräsentatives Gebäude des Staates. Würde Stella eine modernisierte Kuppel auf
das ehemalige Schloss setzen, würde er es – im Sinne Fosters – politisieren und so
das neue, ideologisch unbelastete Gebäude wieder zum Zeichen eines politischen
Systems machen. Im Umkehrschuss heißt dies, dass eine rekonstruierte Kuppel
nicht politisch ist und dem Schloss so keine herrschaftlichen Hoheitszeichen
aufgesetzt werden. Stellte die Kuppel auf dem Westportal metaphorisch die Krone
des Kaisers dar, so wird sie nun durch ihre reine Rekonstruktion ohne
Modernisierung nur zum Zeichen einer Kuppel und ist einfach nur noch eine Kuppel.
Stella gelingt es hier, durch das bewusste Verstehen der Analogie, die Kuppel von
einem Symbol zu einer rein ikonischen Kuppel zu transformieren.117
114
Vgl. Schneider (2006:7)
Vgl. Schneider (2006: 110)
116
Dass Fosters Entwurf aufgrund dieser Kuppel und seiner politischen Position heftig kritisiert wurde, soll hier
nicht unerwähnt bleiben. (Vgl. Schneider 2006: 105ff)
117
Die Begriffe Ikon und Symbol werden hier in ihrem semiotischen Sinn gebraucht. Zur Semiotik vgl. vor
allem Peirce, Charles S. (1983) Phänomen und Logik der Zeichen ; Eco, Umberto (1994) Einführung in die
Semiotik ; Wirth, Uwe (2000) Die Welt als Zeichen und Hypothese
115
31
3.5 Schlussfolgerung und Kritik an Stellas Entwurf
Die formale Analyse von Stellas Entwurf ermöglicht neben dem Aufzeigen
grundlegender
entwerferischer
Elemente
im
Sinne
einer
spezifischen
architektonischen Sprachlichkeit auch eine kategorisierbare Bewertung des Entwurfs
insgesamt. Die Analysekriterien waren so ausgewählt, dass sie eine Vergleichbarkeit
mit den anderen Entwürfen zulassen. Gleichzeitig sind es die Elemente, an denen
der entwerferische Ansatz am deutlichsten sichtbar wird. Unter Bezugnahme auf
Rossis Theorie wurde bereits angedeutet, dass Stella durchaus zur Klasse der
rationalistischen Architekten gezählt werden kann. Evidenzen dafür finden sich
neben dem Schloss-Entwurf auch in Stellas übrigen Entwürfen und seinen
theoretischen Schriften. Wie in der Analyse gezeigt, wird Stellas Entwurf durch die
Reduktion auf die wesentlichen Bestandteile der Architektur und gleichzeitig durch
ihre reichhaltige Analogie bestimmt. Diese Art beziehungsreicher und historisch
verankerter Architektur soll im Weiteren als rekonstruktiv bezeichnet werden. Das
Rekonstruktive unterscheidet sich dabei vom Historisierenden, indem es nicht das
Zitat, sondern die Analogie präferiert. Vom Modernen unterscheidet sich das
Rekonstruktive
wiederum dadurch, da es Analogien bildet und nicht bezuglose
architektonische Formen hervorbringt. Die genaue Beschreibung dieser Kategorien
folgt in Kap.4.2.
Stellas Entwurf erweist sich insgesamt als konsequent und stringent. Der Vergleich
zu den anderen Entwürfen des Wettbewerbs wird dies noch deutlicher zeigen, vgl.
Kap. 4. Beispielhaft sei hier die Ostseite des Schlosses im Schlüterhof genannt.
Durch den Beschluss des Bundestages war die historische Rekonstruktion des
Schlüterhofes
Teil
des
Wettbewerbs
geworden.
Diese
historisch
korrekte
Rekonstruktion bedeutete auch, dass das Portal, das nicht mittig zur Fassade saß,
nicht mittig sitzen durfte. Stella öffnet nun jedoch das Schloss über die Ostseite durch
dieses Portal und legt eine genaue Mittelachse durch das Gebäude. Dass er dabei
nicht mittig durch das Schlüterportal und so nicht historisch korrekt plant, ist durchaus
gewollt. Es geht Stella nicht um die originalgetreue Wiederrichtung des Schlosses in
seiner alten Funktion, sondern um die Errichtung des Humboldtforums als einem
demokratisch entstandenen, für die breite Masse zugänglichen Gebäude, das seine
Außenmaße und die Fassade vom Schloss übernommen hat.
32
Diesen scheinbaren Verlust des Historischen oder vielmehr des Politischen könnte
man Stella zur Kritik machen. Doch wie in Kapitel 3.4.3 beschrieben, ist gerade darin
seine große Stärke zu sehen. Vergleichsweise leichter erscheint es, an dieser
historischen Stelle ein Gebäude zu errichten, das politisierend ist – unabhängig
davon, ob demokratische oder kaiserliche Werte präferiert werden sollen.
Kritisch ist also nicht der Entwurf von Stella zu sehen, wohl aber seine Realisierung,
wie bereits in Fußnote 94 angedeutet. Die dieser Analyse zugrundeliegenden Pläne
waren die Pläne des Wettbewerbs. Vergleicht man die Wettbewerbspläne nun mit
den Realisierungsplänen, so ist festzustellen, dass eigentlich nichts von den
konsequenten Entwurfsprinzipien Stellas übriggeblieben ist. Es ist gar nicht
genügend Platz in dieser Arbeit – und auch nicht das eigentliche Ziel –, diese
Abweichungen aufzuzeigen und die damit verbundene Problematik. Daher soll hier
nur ein Beispiel genannt werden, das eine erhebliche Änderung des Entwurfes
darstellt. Es geht dabei um die Ostfassade und Stellas Belvedere. Wie in Kapitel
3.4.2 beschrieben, liegt der Reiz dieses Baukörpers in seiner Offenheit, die vor allem
dem Durchschreiten dient. Man mag dies als funktionslos oder Verschwendung von
Nutzfläche ansehen. Stellas Belvedere war aber gerade nicht als ein auf Funktion
ausgelegter Bauteil geplant. In der nun offensichtlichen Realisierung wird der
Belvedere nicht wie entworfen ausgeführt, sondern um die Treppen reduziert und
ähnelt
damit
großen
vorfabrizierten
Büroetagen.
Dass
sich
dadurch
das
Erschließungskonzept des gesamten Schlosses ändert, liegt auf der Hand. Das
Schloss soll nun nicht mehr über den Belvedere und das ähnliche dimensionierte
Treppenhaus hinter dem Westportal erschlossen werden, sondern nur noch durch
ein Treppenhaus, das sich an der Fassade zum Schlossforum befinden wird. Stellas
Entwurf vom Belvedere wird also nur vermeintlich weiter in das Gebäude
hineinverlagert. Augenscheinlich wird damit ein wichtiger Charakterzug des
Gebäudes entfernt. Auch eine weitere, unscheinbarere Änderung am Belvedere
zeugt von einem gewissen Unverständnis der Bauherren. Es ist der Spalt, der den
Belvedere vom restlichen Schlosskörper trennt. In Stellas Entwurf ist der Spalt noch
geschätzte 6 Meter tief. Er setzt sich deutlich sichtbar ab - ein wichtiges Merkmal für
den gesamten Entwurf. Auf den neueren Plänen ist der Spalt mit etwa 1,5 Metern
schon fast nicht mehr als solcher zu erkennen. Das deckt sich auch mit
33
Begutachtungen vor Ort. Der scheinbar gewonnene Platz zerstört nachhaltig die Kraft
des Entwurfs.
4. Die Entwürfe des Wettbewerbs im Vergleich
4.1 Vorbemerkungen zu einer vergleichenden Betrachtung
Mit der Analyse von Franco Stellas Entwurf im dritten Kapitel sollte die analytische
Grundlage gebildet werden, auf der nun eine vergleichende Betrachtung aller
Entwürfe der zweiten Phase des Humboldt-Forum-Wettbewerbs vorgenommen wird.
Die Kernfrage bei dieser Betrachtung ist die Art und Weise des Umgangs der
Architekten mit dem historischen Bezug und der Transformation in die Gegenwart.
Das anscheinend in der Wettbewerbsaufgabe enthaltene „Paradoxon“ von historisch
rekonstruierten Fassaden und einer neuen Funktion, „ein Gebäude, das aussieht wie
das Schloss, aber nicht das Schloss ist [...]“, ist eben kein Paradoxon, als welches
Dudler es diffamiert, sondern eine wirkliche architektonische Herausforderung, die
einer eindeutigen architektonischen Haltung bedarf. 118 Die Wiedererrichtung des
Schlosses ist nicht vergleichbar mit anderen rekonstruktiven Arbeiten wie etwa der
Frauenkirche in Dresden oder der Rekonstruktion der Oper unter den Linden, bei
denen sich die Funktionen und ihr Symbolcharakter jeweils nicht veränderten. Die
Frauenkirche blieb eine Kirche und die Staatsoper unter den Linden ist noch immer
eine Oper. Die Schlosserrichtung hingegen muss sich wesentlich stärker mit der
Historie des Schlosses auseinandersetzen und kann diese nicht umgehen, was
schon durch die Vorgabe der Rekonstruktion der Fassaden unmöglich wäre. Wie in
Kapitel 3.2.1 beschrieben, ist Rossis Theorie der Permanenz ein hilfreiches
theoretisches Mittel, um einen entwerferischen Ansatz zu finden. Betrachtet man alle
Entwürfe, die an der zweiten Phase des Wettbewerbs teilgenommen haben, so
lassen sich drei Lösungsansätze für den Umgang mit der Geschichte des Schlosses
ausmachen: historisierend, rekonstruktiv und modern. Diese werden im folgenden
erläutert (Kap. 4.2.) und dann für eine vergleichende Analyse aller Entwürfe der
zweiten Phase genutzt.
118
Vgl. Max Dudler in Redecke (2012: 100)
34
4.2 Kategorien
4.2.1 Historisierend
Den historisierenden Entwürfen ist gemein, dass sie sich scheinbar historisch korrekt
verhalten. Sie bilden dafür den alten Grundriss des Schlosses nach. Das geschieht in
Teilen oder im Ganzen. Das Prinzip der Permanenz greift in diesem Fall nicht, da es
eher um die Kontinuität eines nicht mehr existierenden Gebäudes als um die
Permanenz des kollektiven Gedächtnisses geht. Die Permanenz nach Rossi wurde
bereits,
vgl.
hierzu
schon
Kapitel
3.2.1,
als
Fortführung
des
kollektiven
Gedächtnisses durch bekannte Formen verstanden. Die Permanenz des Schlosses
geht dabei nicht von der Ostfassade aus, auch wenn diese den ältesten Teil des
Schlosses darstellt. Der für die Stadt, also im Sinne des städtebaulichen Bezugs
permanente Teil des Schlosses ist vielmehr dessen barocke Erweiterung. Nicht ohne
Grund wurde sie als Motiv für den Schloss-Wiederaufbau angeführt, da der Palast
der Republik eine städtebauliche Lücke erzeugt hat. Nur die Errichtung des barocken
Teils entspricht also der Theorie der Permanenz im Sinne von Rossi.
Wird die Ostseite nun in einer vermeintlichen Kontinuität des Historischen erbaut,
täuscht sie diesen historischen Moment jedoch vor. Auch bildet kein Entwurf exakt
den Renaissanceflügel nach, sondern es kommt hier viel eher zu einer Interpretation
dieses Flügels. Es ist das, was Fredric Jameson als „Simulakrum“ bezeichnet: „Die
identische Kopie von etwas, dessen Original nicht existiert.“119 Jameson bezeichnet
die Technik des Simulakrums auch als Historizismus und meint damit einen
gefälligen Eklektizismus in der postmodernen Architektur.
Man könnte meinen, der historisierende Stil neige zur Verkitschung und vermeintlich
zur Verklärung geschichtlicher Umstände, ohne diese näher zu erläutern. Der
offensichtliche Symbolcharakter der Architektur wird wichtig. Gemeint ist damit das
Weiterbestehen der symbolischen Bedeutung des Schlosses.
4.2.2 Rekonstruktiv
Die Architekten, die rekonstruktiv arbeiten, sind eher an der Weiterführung des
Gebäudes im historischen Kontext als an der Historisierung interessiert. Das Prinzip
119
Vgl. Jameson in Huyssen/Scherpe (1986:63)
35
der Permanenz geht für sie über das Prinzip der Kontinuität. Mehrheitlich werden
neuere architektonische Mittel in den Kontrast zur eigentlichen Bauform gestellt,
ohne dabei das Schloss dominieren zu wollen. Es sind subtile Elemente, die immer
den Bezug zur Geschichte erkennen lassen.
Im Sinne der Theorie von Robert Venturi verhalten sich die historisierenden Entwürfe
zu den rekonstruktiven wie die Ente zum dekorierten Schuppen. Mit dieser
Klassifizierung unterscheidet Venturi ganz grundsätzlich Gebäude. Jene Gebäude,
deren „symbolischer Gehalt“ ihre Eigenständigkeit auflösen lässt,
– also
das
Gebäude ist das Symbol selbst - bezeichnet er als „Ente“. Dagegen werden
Gebäude, die Symbole verwenden, als „dekorierter Schuppen“ bezeichnet.120
4.2.3 Modern
Der Begriff des Modernen ist in der Architektur viel diskutiert und es gibt
unterschiedliche Methoden und Theorien, wie er zu verstehen sei.121 Wir wissen um
diese Diskussionen und möchten den Begriff im Sinne des Gegenwartlichen und
Zeitgeistigen benutzen, nehmen dabei aber durchaus auch Bezug auf die
modernistische Bewegung der Architektur ab den 1920er Jahren. War hier der Bruch
mit dem Vergangenen ein entscheidendes Kriterium, so probieren die als modern zu
bezeichnenden Schloss-Entwürfe, sich auch jeden historischen Moments zu
entziehen. Sie achten den historischen Zusammenhang des Schlosses kaum und
sind in ihrer architektonischen Sprachlichkeit ohne erkennbare Bezüge zur
Baugeschichte. Auffällig bei allen Entwürfen dieser Kategorie ist die Disharmonie
zwischen der barocken Fassade und dem Grundriss. Wie sich zeigen wird, stellt sich
die neuere Architektur im Inneren dominant gegen die historische Fassade, indem
sie die Kuppel sehr stark transformiert oder sogar auflöst. Gleichzeitig wird die
historische Fassade immer mehr zur Kulisse „degradiert“. Sie wird immer mehr
vorgestelltes Schmuckelement.
120
121
Vgl. Venturi (1979: 104-105)
Vgl. u.a. Habermas, Jürgen (1980) Die Moderne – ein unvollendetes Projekt ; Welsch, Wolfgang (1987)
Unsere postmoderne Moderne
36
4.3 Vergleichende Betrachtung der Entwürfe
4.3.1 Tabellarische Übersicht
Ziel der Tabelle ist es, einen schnellen Überblick über die 30 Entwürfe und ihre
grundsätzliche Ausrichtung zu ermöglichen. Dafür wurden die drei Analysekriterien
Kuppel, Grundriss und Ostfassade jeweils in Beziehung zu den Kategorien
historisierend, rekonstruktiv und modern gesetzt. Anhand dieser Bewertbarkeit
können wir eine grundsätzliche Aussage darüber treffen, in welche der drei
Kategorien sich ein Entwurf einteilen lässt. Natürlich wäre es für die Betrachtung
leichter, wenn die Entwürfe eineindeutig einer Kategorie zuzuordnen wären. Da dies
nicht der Fall ist und wir trotzdem zeigen wollten, dass die Entwürfe auch innerhalb
einer anderen Kategorie prägende Merkmale aufweisen können, wurde die
Bewertung (+) eingeführt. Sie stellt sich in Korrelation zu dem eigentlichen Merkmal
und veranschaulicht einen Einfluss, der jedoch nicht dominant ist. Durch diese Form
der Bewertung ist es möglich, die Entwürfe bereits in der Tabelle feiner zu
differenzieren und Tendenzen in einem Entwurf zu zeigen. So können in einem
Entwurf historische Elemente vorhanden sein, geprägt sein kann er aber trotzdem
von den modernen Elementen.
Als Grundlage für die Betrachtung dienten die gesammelten Wettbewerbsentwürfe in
Redecke.122
122
Vgl. Redecke, Sebastian (2009) Schloss Berlin / Humboldt-Forum – Realisierungswettbewerb 2008
Es ist auch für das weitere Verständnis von Vorteil, neben den Abbildungen im Appendix ebenfalls das
genannte Buch zu nutzen.
37
H
K
GR
R
O
K
Architekturbüro Ganz (2. Rg)
ASP Architekten Schneider Meyer Partner
M
GR
O
K
++
++
++
GR
O
∑
(+)
R
(+)
++
++
+
M
+
+++
++
+
M
+++
+
+
M
(2. Rg.)
B+H Busmann + Haberer (1. Rg)
Behles Jochimsen Architekten (Sg)
Bernd Albers Architekt (2. Rg)
+
+
Böge Lindner Architekten (Sg)
(+)
(+)
++
(+)
H
(+)
Caja Malcovatti Architetti (3. Preis)
++
++
+++
Christoph Mäckler Architekten (3. Preis)
++
+++
+++
Franco Stella (1.Preis)
(+)
+++
(+)
H
+
Haslob + Kruse (1. Rg)
(+)
Hecker Schlenckhoff (1. Rg)
(+)
Hilmer & Sattler (2. Rg)
+
Kaspar Kraemer Architekten (2. Rg)
+
Kleihues + Kleihues (3. Preis)
(+)
++
+++
+++
+
(+)
(+)
+
+++
++
++
+++
(+)
+
+
+++
++
++
+
Max Dudler (Sg)
+
++
+
mstp Michael Stollenwerk (2. Rg)
++
++
+++
Nöfer Architekten (2. Rg)
++
++
+++
NPS Tchoban Voss (Ankauf)
(+)
PSP Pysall Stahrenberg & Partner (2. Rg)
(+)
Schulz + Schulz Architekten (2. Rg)
M
(+)
H
+
+
(+)
(+)
(+)
(+)
++
++
++
H
++
M
(+)
H
+++
M
+++
M
(+)
(+)
H
(+)
(+)
R
(+)
(+)
H
(+)
H
(+)
(+)
+
(+)
M
H
+++
+
+++
+++
Kuehn Malvezzi (Sonderpreis)
Reimar Herbst. Architekten (Ankauf)
++
+++
(+)
++
+++
R
(+)
Konermann Siegmund Architekten (2. Rg)
KSV Krüger Schuberth Vandreike (1. Rg)
R
++
++
KLP (Sonderrundgang)
Kollhoff Generalplanung (3. Preis)
++
(+)
(+)
M
H
+++
+
++
(+)
fs – architekten Paul Schröder (Sg)
Georg Scheel Wetzel (Sg)
+
(+)
H
++
+
++
+
(+)
+
++
R
+++
M
++
M
++
++
+++
M
Titus Bernhard Architekten (Sg)
++
(+)
(+)
+++
+++
M
Vahjen + Partner (2. Rg)
(+)
(+)
+
+++
++
M
Legende:
+ ausgeprägt / ++ stark ausgeprägt / +++ sehr stark ausgeprägt / (+) vorhanden, aber nicht dominant /
H Historisierend / R Rekonstruktiv / M Modern / K Kuppel / GR Grundriss / O Ostfassade / ∑ Gruppe /
Rg Rundgang / Sg Sonderrundgang
4.3.2 Die einzelnen Gruppen
4.3.2.1 Historisierend
Die Gruppe der historisierenden Entwürfe umfasst 11 Entwürfe und stellt damit die
zweitgrößte Gruppe. Die Gruppe lässt sich wiederum in drei Teilgruppen zerlegen
und zwar erstens in eine Gruppe mit rein historisierender Ausbildung, zweitens eine
Gruppe
mit
historisierenden
und
rekonstruktiven
Anteilen
–
wobei
die
historisierenden dominant sind – und drittens eine Gruppe, bei der neben den
dominanten historisierenden auch moderne Anteile beteiligt sind.
Beginnen wir die spezifische Betrachtung bei der zuletzt genannten Gruppe. Zu ihr
sind zu zählen: Max Dudler, Georg Scheel Wetzel, KSV Krüger Schuberth Vandreike
und mstp Michael Stollenwerk. Auffällig ist hier, dass sich alle vier an den einstigen
Grundriss des Barockschlosses halten und nur Stollenwerk (Abb. 39/40) den
Renaissanceflügel in seiner zerklüfteten Form im Grundriss wieder nachbildet.
Stollenwerk macht dies jedoch relativ eklektisch, da sich das Aufrissbild nicht mit der
Grundrissfigur deckt. Er platziert, statt mehrerer kleiner Funktionen, eine große
Funktion in den Ostflügel und gibt diesem so ein modernes Antlitz mit einer tiefen
Lochfassade
und
großen
Dachöffnungen.
Dabei
errichtet
er
die
Kuppel
originalgetreu, weshalb er auch nicht in die Gruppe der Modernen zu zählen wäre.
Auch Wetzel (Abb. 41/42) errichtet die Kuppel wieder, bleibt aber beim Grundriss
noch stärker historisierend. Um den historischen Raumfolgen gerecht zu werden,
verlegt er den Großteil der erforderlichen Funktionen in ein doppelgeschössiges
Untergeschoss. Für den Ostflügel findet Wetzel hingegen keine Antwort und schließt
unmittelbar hinter dem Schlüterportal die Fassade ohne erkennbare Gestaltung. In
dieser Gruppe scheint Max Dudler (Abb. 43/44) ein wenig aus dem Rahmen zu
fallen. Jedoch führt sein demonstratives Auflehnen gegen die Wettbewerbsvorgaben
nicht dazu, dass er deshalb einer eher modernen Sprachlichkeit folgt. Tatsächlich
entsprechen Fassade und Kuppel nicht einer Idee des gestalterisch Historischen.
Betrachten wir die funktionslose Kuppel in ihrem modernen Gewand, so wird der rein
symbolische Gehalt der Kuppel – die „Ente“ – im Sinne Venturis – klar erkennbar.
Dudlers Kuppel unterscheidet sich dadurch nicht von der historisch korrekt
gestalteten Kuppel und ist deshalb historisierend. Die Massivität des Ostflügels
wiederum lässt sich als versuchte Kontrapunktion der Westseite verstehen. Jedoch
39
findet Dudler dafür keine eigenständige Form und übernimmt deshalb zu Teilen den
Original-Grundriss. Nur verliert er dabei die Maßstäblichkeit und Proportionen sowohl
in der Geschossgliederung als auch in der Höhe und Länge des Gebäudes.
Ähnliches gilt für den Ostflügel von KSV Krüger Schuberth Vandreike (Abb. 45/46).
Sie nehmen mit den zwei großen Hallen Bezug auf den Palast der Republik, wobei
sie die eigentliche Position von Volkskammersaal und großem Saal vertauschen.
Damit erschaffen sie das Simulakrum Jameson´s – eine Kopie eines nichtexistenten
Originals – mit der vermeintlichen Hoffnung auf Historizität.
Die zweite Gruppe innerhalb der historisierenden Kategorie bilden die Entwürfe,
neben einer Historisierung auch rekonstruktiv arbeiten. Zu dieser Gruppe zählen der
Entwurf von Caja Malcovati, Bernd Albers und Hilmer & Sattler. Die Entwürfe
gleichen sich erstaunlicherweise darin, dass sie alle den Schlüterhof zum wichtigen
Hof für das Schloss machen, während der Eosanderhof komplett überbaut wird. Dies
stellt insofern eine Umkehr der historischen Vergangenheit dar. Die weiteren
Gemeinsamkeiten lassen sich in der geschichtlich beziehungsreichen Ausprägung
einzelner architektonischer Elemente finden.
So errichten etwa Hilmer & Sattler (Abb. 47/48) eine Kuppel, die jedoch keinen
Bezug zur historischen Kuppel des Schlosses, sondern vielmehr einen Bezug zum
Pantheon eröffnet. Sie begründen diesen Schritt als Teil einer Abgrenzung der
Höhen zwischen Dom und Schloss. Doch setzen sie diese Beziehungen nicht weiter
fort. Anstatt weiter mögliche Analogien zu bilden, beschränken sie sich auf eine
historisierende Ausarbeitung. Das wird bei der Ostfassade deutlich. Zwar bilden sie
nicht die Kleinteiligkeit des Renaissanceflügels nach, doch halten sie sich bei den
Ausmaßen fast an dessen Form. Nach Süden hin endet der Anbau an der historisch
korrekten Stelle, wodurch auch das Schlossgärtchen wieder entsteht. Der
Apothekerflügel im Norden wird nicht wiedererrichtet; auch ist die Ostfassade
äußerlich nicht mehr so kleinteilig wie ihr historisches Vorbild. Durch die zwei kleinen
Innenhöfe, die sich aber im ersten Geschoss des neuen Ostflügels befinden, wird die
ehemalige Kleinteiligkeit doch wieder fortgeführt. Im Sinne der Rekonstruktion
werden historische Elemente aufgenommen und in eine moderne Nutzung
transformiert. Einen ähnlichen Umgang mit der Geschichte und der Weiterführung
lässt sich ebenfalls bei Bernd Albers (Abb. 49/50) finden. Das Markante an seinem
40
Entwurf ist sicherlich die Errichtung des Humboldtturms, der an der Stelle des
Apothekerflügels Erinnerungen an den Münzturm Schlüters wecken soll, auch wenn
er nicht dessen Höhe erreichen würde. Durch den Entwurf des Turms als einem
scheinbar historischen Gebäude gestaltet er sich ebenfalls als Simulakrum. Die
Ostfassade lässt ansonsten keine Anleihen an die historische Struktur zu, sondern ist
eher als Fortsetzung der barocken Fassade zu verstehen. Gerade in dieser
Fortführung der barocken Struktur sehen wir ein rekonstruktives Element des
Entwurfs von Albers.
Wesentlich vielfältiger in ihren historischen Bezügen sind hingegen Caja Malcovati
(Abb. 51-54). Die Kuppel etwa soll einem Rohbau gleich errichtet werden und nimmt
damit Bezug auf die zerstörte Kuppel des Schlosses nach dem zweiten Weltkrieg.
Dies wäre ein Zeichen für die Zerstörung und Wiedererrichtung des Schlosses und
würde damit auch eine Analogie zur Gedächtniskirche am Kurfürstendamm bilden.
Ein weiterer Bezug zur Berliner Baugeschichte lässt sich in der Ostfassade sehen,
die weniger Analogie als vielmehr eine tatsächliche Kopie darstellt. Caja Malcovati
bemühen sich bei der Ostfassade um eine detailreiche Wiedererrichtung des
ehemaligen Grundrisses, wofür etwa die Erasmuskappelle, der Grüne Hut und das
Haus der Herzogin im Grund- und Aufriss zu finden sind. Unterbrochen werden diese
Teile jedoch von drei Gebäuderiegeln, die in Form, Materialität und Ausführung an
die Reichsbank von Mies van der Rohe erinnern. Dieses Motiv der rohen Ziegelwand
mit Lochfassade führen sie im Inneren weiter. So wird etwa der Eosanderhof
komplett von den Ziegelwänden eingefasst. Der Bezug zur Geschichte – und
besonders zu der Berliner Baugeschichte – ist hier durchaus interessant gelöst.
Jedoch scheint es, als würde Caja Malcovatis Entwurf mit seiner Analogie zu Mies’
Ziegelarchitektur zu einer rein symbolischen Gestalt. Nicht Mies’ Konzept „Form
follows function“ wurde hier analog umgesetzt, sondern seine Architektur wurde als
Symbol - auch für etwas Vergangenes – eingesetzt und durch die eklektische
Einsetzung in das Schloss auch anders besetzt. Auch wenn man in Mies’ Werk viele
Bezüge zur Baugeschichte entdecken kann – etwa die Anleihen der Neuen
Nationalgalerie beim griechischen Tempel –, so ist doch zu fragen, ob ihm eine
solche Kopie seiner Arbeit angemessen erschienen wäre.
41
In der letzten Gruppe dieser Kategorie befindet sich neben drei dritten Preisträgern
nur eine weitere Arbeit. Neben Nöfer sind dies Christoph Mäckler, Kollhoff
Generalplanung und Kleihues + Kleihues. Gemeinsam ist ihnen die konsequente und
teilweise sehr detailtreue Wiedererrichtung des Originalzustandes. Christoph Mäckler
(Abb. 55-58) geht bei dieser Nachbildung am detailliertesten vor. Neben der Kuppel
in ihren originalen Ausmaßen und Nutzung errichtet er auch den Ostflügel in seiner
ursprünglichen Kleinteiligkeit, samt den dazugehörigen Dachtypologien. Doch
Mäckler bildet hier nicht nur die Form nach, um dann hinter der kleinen Struktur
große Räume zu haben, wie es etwa Michael Stollenwerk gemacht hat, sondern
bringt auch die kleinteilige Verwaltung im Ostflügel unter. Beim Grundriss hält sich
Mäckler auch an die historische Form und muss deshalb alle neuen Nutzungen in ein
großes Untergeschoss verlegen. Dieses befindet sich unterhalb des Eosanderhofes
und wird von diesem belichtet. Wiederrum historisierend gestaltet sich die Fassade
im Eosanderhof. Mäckler legt über die kleine Lochfassade das Relief der ehemaligen
Fensteröffnungen. Die ovalen Glaskörper, an denen vorbei man das Schloss vom
Eosanderhof betreten kann, erinnern dabei ein wenig an Art Deco – ein Vergleich,
der auch bei der großen Freitreppe der Agora im Eosanderhof des Entwurfes von
Hans Kollhoff (Abb. 59-62) gezogen werden kann. Die Analogie zur Typologie des
Opernhauses oder der ersten Lichtspielhäuser wird durch die schmalen Lichtspalten
im Dach und die Projektionen in den Renderings von Kollhoff noch verstärkt. Der
Rest des Grundrisses richtet sich sehr stark an den Originalen aus, so dass sich die
Treppenhäuser im Schlüterhof, der Grüne Hut und die Braunschweig´sche Galerie im
Ostflügel finden lassen. Den Apothekerflügel als Ganzes lässt Kollhoff nicht
wiederentstehen, sondern setzt lediglich einen gläsernen Kubus an dessen Stelle.
Die Außenraumgestaltung hingegen bildet Kollhoff exakt nach.
Auch Nöfer (Abb. 63/64) kümmert sich um eine detaillierte Nachbildung des
Außenraums, setzt aber seinen Schwerpunkt bei der Ausgestaltung des Ostflügels.
Hier liegt auch ein neuer Zugang zum Schloss, der das Schloss über eine Brücke mit
dem Marx-Engels-Forum verbindet. Trotz dieser neuen Ausrichtung nach Osten
bleibt der Entwurf dahingehend historisierend, dass der Ostflügel Maße und Form
des
Renaissanceflügels
übernimmt,
mit
Ausnahme
des
neuen
großen
Treppenhauses, das als Eingangsportal kontrapunktisch zum Westportal verstanden
42
werden kann. Gerade in dieser vermeintlichen Kontrapunktion lässt sich das
Historisierende finden. Das Portal steht leicht verdreht zum barocken Teil des
Schlosses, was auf den originalen Grundriss zurückzuführen ist.
Auf eine andere Art und mit anderen Mitteln historisierend ist zuletzt noch der Entwurf
von Kleihues + Kleihues (Abb. 65-68) zu nennen. Der Entwurf mag in dieser
Teilgruppe erst einmal aus dem Rahmen fallen, da er der einzige ist, der nicht eine
Nachbildung der Kuppel fordert. Vielmehr entwirft Kleihues eine neue Kuppel, deren
Tambour überhöht zum originalen ist. Die Kuppel wird dadurch überstilisiert, da sie
den
Maßstab
zum
Rest
des
Schlosses
verliert.
Tatsächlich
ist
der
unverhältnismäßige Maßstab bei diesem Entwurf das auffallende Element. Kleihues
hält sich bei der Kubatur relativ strikt an die originalen Maße, verändert aber im
Aufriss
den
Maßstab.
So
wirkt
die
Ostfassade
in
ihrer
Ausgestaltung
überdimensioniert zur angrenzenden barocken Fassade. Ähnliches gilt für die
eingestellten Baukörper zwischen Eosander- und Schlüterhof. Diese sind durch ihre
flächige Ausführung und ihre großen Öffnungen zu groß im Verhältnis zur
detaillierten Ornamentik des Schlüterhofes. Doch gerade diese Überhöhung des
Maßstabes bei den einzigen nicht zwingend zu rekonstruierenden Teilen des
Schlosses – Kuppel und Ostflügel – betont das historisierende Moment.
4.3.2.2 Rekonstruktiv
Die Entwürfe, die der Kategorie rekonstruktiv zugeordnet werden können, sind im
Verhältnis zu den anderen Kategorien quantitativ die wenigsten. Die Gruppe umfasst
fünf Entwürfe, wobei die innerhalb dieser Kategorie am gegensätzlichsten stehenden
NPS Tchoban Voss einerseits auch historisierende Elemente und Kuehn Malvezzi
sowie das Architekturbüro Ganz andererseits auch moderne Elemente aufweisen.
Dazwischen befinden sich noch Haslob Kruse + Partner Architekten und Franco
Stella. Verbindendes Element aller Entwürfe ist die rechteckige Grundform ohne die
Nachbildung des Renaissanceflügels. Sie sind damit im Sinne der PermanenzTheorie rekonstruktiv. Durch die vorhergehende Analyse von Stellas Entwurf ist
dieser entwerferische Ansatz und sein grundsätzliches Vorgehen schon detailliert
beschrieben worden. Die Bewertung von Stellas Entwurf im Sinne der Kategorie
,rekonstruktiv’ wurde in Kap. 3.5. begründet.
43
Daher geht es im Folgenden um eine Abgrenzung zu Stella, ohne im einzelnen
zeigen zu müssen, inwiefern welches Element eines Entwurfes rekonstruktiv ist.
Betrachtet man zuerst den Entwurf von Tchoban Voss (Abb. 69/70), so wirkt er im
Vergleich zu Stella ein wenig verschlossener und in seiner Gestaltung nicht so
öffentlich. Die Ostseite wird durch die Applikation einer barocken Fassade stärker mit
dem Rest des Schlosses verbunden, wodurch der Schlosskörper insgesamt
abgeschlossener, aber gleichzeitig auch verschlossener wirkt. Um das Schloss
trotzdem nach Osten zu öffnen, verlängern Tchoban Voss das Untergeschoss bis zur
neuen Spreepromenade, an die nun Cafés angrenzen und direkten Zugang zum
Untergeschoss des Schlosses ermöglichen. Die städtebauliche Öffnung nach Osten,
welche für Stellas Entwurf von Bedeutung ist, umgehen Tchoban Voss daher.
Während sich der Entwurf von außen sehr historisch gibt – auch die Kuppel wird
original rekonstruiert – wird er im Inneren von einem modernen translueszenten
Kubus dominiert. Der Kubus und die zwei unterirdischen Geschosse nehmen den
Großteil der nötigen Funktionen auf. Der Grundriss des Schlosskörpers bleibt
dadurch in seiner ursprünglichen Form. Tchoban Voss gehen jedoch nicht dazu über,
hier die Räume und Abfolgen zu rekonstruieren.
Das Motiv des eingestellten Glaskubus’ als Hauptfunktionsträger findet man auch bei
dem Entwurf von Haslob Kruse (Abb. 71/72). Wie bei Tchoban Voss ist die Ostseite
bei Haslob Kruse nicht doppelt tief, wie etwa bei Stella mit dem vorgestellten
Gebäudekörper. Vielmehr wird unmittelbar hinter dem Schlüterportal das Gebäude in
seiner Tiefe begrenzt. Die gläserne Fassade ist dabei mit gold-bronzenen
Metalllamellen versehen, die eine Analogie zu den Fenstern des Palastes der
Republik bilden. Durch das Weglassen eines neuen Gebäudekörpers Richtung Osten
gewinnen Haslob Kruse eine breite Spreepromenade. So einladend breit diese
Promenade auch wirken mag, sorgt sie doch dafür, dass das Schloss städtebaulich
nicht richtig verankert ist, da es nach Osten zu viel Raum bis zur Spree hat.
Betrachtet man auch noch die große Freifläche des Marx-Engels-Forums, so wirkt
der Raum hinter dem Schloss unverhältnismäßig groß. Darin ist der große
Unterschied zu Stellas Entwurf zu sehen, der trotz der geraden Ostfassade das
Schloss nicht frei im Stadtraum stehen lässt.
44
In seiner Kubatur dem Entwurf von Stella fast gleich, ist der Entwurf des
Architekturbüros Ganz (Abb. 73/74). Ganz lässt ebenfalls einen neuen, nicht sehr
tiefen Baukörper an der Ostseite entstehen, der sich durch einen Spalt vom
restlichen Schlosskörper absetzt. Er baut allerdings auch einen Kubus an die Stelle
des Apothekerflügels – ähnlich wie Kollhoff – nur werden weder Funktion und noch
Grund dafür klar. Aus fast genauso unerklärlichen Gründen hat Ganz die Ostfassade
auch nicht gleichmäßig gestaltet, sondern lässt die Öffnungsbreite seiner
Lochfassade zum Süden hin kleiner werden. Während bei Stella die Nord- und
Südseite seines Anbaus fensterlos bleibt (vgl. Kap. 3.4.2), versieht Ganz die
Stirnseiten mit Öffnungen, die allerdings beziehungslos in ihrem Maßstab scheinen.
Ganz erreicht auch im Inneren seines Entwurfes keine klare Linie. Das äußere
Erscheinungsbild und die innen liegenden Funktionen passen nicht gut überein.
Bemerkbar ist das an dem Umgang mit den Portalen II und IV. Ganz richtet seine
innenräumliche
Verteilung
vollkommen
auf
einen
eingestellten
Kubus
im
Eosanderhof aus. Die Portale II und IV liegen nicht auf den Symmetrieachsen dieses
Kubus, weshalb sie als Eingänge in das Schloss vernachlässigt werden.
Eine Besonderheit des Entwurfes ist jedoch die Kuppel. Ganz ist der einzige
innerhalb der zweiten Phase des Wettbewerbs, der der Kuppel eine neue Funktion
gibt. In dieser entsteht eine Art Hörsaal, wodurch man sich bei der Kuppel an
Boulleés berühmten Entwurf für den Newton Kenotaph erinnert fühlt.
Der letzte Entwurf dieser Gruppe ist von Kuehn Malvezzi (Abb. 75-78). Er verhält sich
vollkommen anders und wurde auch deshalb mit dem Sonderpreis bedacht.
Betrachtet man zuerst die Kubatur, so fällt auf, dass Kuehn Malvezzi den
Schlosskörper bis an die Spree verlängern, wodurch die Ostfassade zwangläufig
nicht orthogonal zu den anderen Seiten ist. Doch trennen Kuehn Malvezzi den neuen
Körper nicht räumlich von der rekonstruierten barocken Fassade, wie Stella es tut,
sondern lediglich durch die Materialität. Hierin liegt auch eine der Besonderheiten des
Entwurfs. Kuehn Malvezzi wollten aus Kostengründen die Rekonstruktion der
Fassade verschieben, aber den Baukörper dafür vorbereiten, sodass die historische
Fassade nur noch hätte vorgesetzt werden müssen. Dieses Element des Zeigens
eines Gemacht-Werdens ist dabei sehr rekonstruktiv im Sinne der Permanenz, da
jedem Betrachter bewusst wird, wie dieses Schloss entsteht und wann es geschieht.
45
Kuehn Malvezzi thematisieren damit auch den langen Entstehungsprozess des
Schlosses. Die Art und Weise, wie das Schloss jetzt wiedererrichtet werden soll,
beinhaltet die Art und Weise, wie es entstanden war. Deshalb wählen sie als
Baumaterial auch nicht den Stahlbeton wie Franco Stella, der dann die Fassaden
davor setzt, sondern den klassischen Ziegelstein.
Eine weitere Besonderheit stellt der Eosanderhof des Entwurfes dar. Statt eines
Hofes im Inneren des Gebäudes ist der Eosanderhof bei Kuehn Malvezzi bis an die
Westfassade herangezogen und bildet hier einen überdachten Außenraum. Die
Kuppel wird durch einen weitgespannten, flachen Baldachin ersetzt.
Dieser
Eosanderhof, der thermisch offen ist, soll als „öffentlicher Raum in der Mitte Berlins“
dienen.123 Man kann in diesem Raum, der vor allem dem Durchwandern dienen soll,
ein Pendant zu Stellas Belvedere sehen. Durch die Neuordnung des Eosanderhofes
verändert sich auch die Funktion der Portale II und IV. Diese dienen nun nicht mehr
dem Eintritt in den Hof, sondern bringen den Besucher sofort in das Innere des
Schlosses. Nach Osten hin schließen sie das Schloss mit einer großen Ziegelwand
ab, die im oberen Teil nur eine große Öffnung hat, während es im Sockelbereich
durchgehend Öffnungen gibt. Die große Wand mit dieser einen großen Öffnung
scheint eine städtebauliche Antwort auf die große Fläche vom Marx-Engels-Forum
bis zum Fernsehturm zu sein.
4.3.2.3 Modern
In der letzten Kategorie sind wiederum drei Teilgruppen erkennbar. Die insgesamt
14 Entwürfe zeigen bei grundsätzlichen Gemeinsamkeiten drei unterschiedliche
Lösungsansätze. Zur ersten Teilgruppe gehören Entwürfe mit
hohen
vergleichsweise
rekonstruktiv-historisierenden Anteilen, die zweite Gruppe nutzt dagegen
noch historische, aber stark transformierte Elemente, während die dritte und
‚modernste’ Gruppe fast alle historischen Elemente des Schlosses gegen neue
eintauscht.
In der ersten Gruppe finden wir die Entwürfe von B+H Busmann + Haberer
Architekten, Kaspar Kraemer Architekten, Titus Bernhard Architekten und Reimar
123
Vgl. Kuehn Malvezzi in Redecke (2009: 62)
46
Herbst Architekten. Bei der Betrachtung dieser Gruppe mag man verleitet sein, deren
Zuordnung zu den modernen Entwürfen infrage zu stellen, da – mit einer kleinen
Abweichung bei Reimar Herbst – alle die Kuppel originalgetreu wiedererrichten. Auch
sind bei B+H und Kraemer Anleihen an den historischen Grundriss des
Renaissanceflügels zu finden. Trotz solcher Elemente eint die Entwürfe, dass sie ein
anderes Element dominant gegenüber dem historischen machen und dadurch eben
nicht mehr zu der Gruppe der rekonstruktiven oder historisierenden Entwürfe zu
zählen sind.
Beginnen wir die Betrachtung bei B+H Busmann + Haberer (Abb. 79/80). Von
Westen her betrachtet scheint der Entwurf sehr rekonstruktiv mit seiner alten Kuppel
und dem Eosanderhof, der über die Portale II und IV erschlossen wird. Im Hof selbst
befindet sich ohne weitere Einbauten die Agora. Die amorph geformte, polygonale
Glasdecke ist hingegen ein sehr modernes Element, zumal sie sich auch
beziehungslos krümmt und windet. Sie ist in ihrer Gestaltung so dominant, dass sie
wichtiger als die Kuppel wird. Das zweite prägende Element dieses Entwurfs ist der
große Ostflügel, der die gesamte Breite des Grundstückes besetzt und damit die
Außenmaße des Palastes aufnimmt. Dadurch ist es nicht mehr möglich, von Osten
kommend das Schloss zu erahnen. Durch die an der Fassade sichtbare große
Freitreppe im Inneren und den eingestellten Garten in der Fassade bekommt die
Ostseite zugleich etwas Unsortiertes und Unstrukturiertes. Der Grund für diese
Gliederung lässt sich nicht aus der Architektur ablesen. So sehr hier also auf den
ersten Blick historische Bezüge eröffnet werden sollen, so sehr merkt man bei der
genaueren Betrachtung, dass diese nicht konsequent und ohne Hierarchie umgesetzt
wurden.
Einen ebensolchen Verlust bei den historischen Bezügen findet man auch bei Kaspar
Kraemer (Abb. 81/82). Er erweitert das Schloss nach Osten mit einem Anbau,
welcher über drei Brücken mit dem Schloss verbunden ist. Die Maße des Anbaus
entsprechen ungefähr dem Renaissanceflügel ohne den Apothekerflügel. Doch das
Abrücken des Anbaus wäre nicht notwendig gewesen und zeugt von der
Unentschlossenheit des Architekten. Der Anbau hätte eigentlich direkt an dem
Schloss stehen müssen, besonders wenn die historischen Maße übernommen
werden, um damit zu zeigen, dass es sich um einen transformierten historischen Teil
47
handelt. Durch das Abrücken wird er jedoch vom Schloss entfernt und dürfte sich
deshalb auch gestalterisch ‚entfernen’. Der Körper wird dadurch bezugslos, ja fast
nutzlos gemacht, da er nun keine Verbindung mehr mit dem Schloss besitzt. Die
Gasse, die zwischen dem Anbau und dem Schloss verläuft, ist dabei nur ein weiteres
Problem, für das Kraemer keine Lösung präsentiert, da er als Hauptweg die
Uferpromenade ansieht.
Auch der Entwurf von Titus Bernhard (Abb. 83/84) mag zuerst wie ein rekonstruktiver
wirken. Die Kuppel wird wiedererrichtet, das Schloss schließt nach Osten gerade ab
und die Portale II und IV erschließen den Eosanderhof – alles Faktoren, die wir zuvor
genutzt haben, um einen rekonstruktiven Entwurf zu beschreiben. Doch wie bereits
angemerkt, können die gleichen Faktoren und unterschiedliche Dominanzen in ihrer
Ausarbeitung zu einer unterschiedlichen Bewertung führen. Bei Bernhard sind es
zwei Faktoren, wodurch er zur Gruppe der Modernen und nicht der rekonstruktiven
Gruppe zu zählen ist. Dies betrifft zum einen die Fassadengestaltung von der
barocken Fassade zur neuen Fassade an der Ostseite. Bernhard lässt die
Fassadenelemente langsam ‚überblenden’ oder ‚ausschleichen’, indem die Fassade
immer weiter reduziert wird, bis sie schließlich in einer sehr einfachen Lochfassade
endet. Dies stellt den Versuch dar, eine vermeintliche Kontinuität in der Gestaltung
darzustellen, so als gäbe es eine Zwangsläufigkeit von der barocken zur ‚modernen’
Fassade im Stil des Bauhauses. Bernhard probiert, seine Fassadengestaltung damit
in den direkten Bezug zur barocken Fassade zu setzen, statt eines Nebeneinander
wie etwa bei Stella. Zum anderen macht Bernhard aber einen wesentlich größeren
Schritt. Er dreht das gesamte Schloss, sodass es nun orthogonal zur Spree steht. So
simpel dieser Schritt sein mag – Bernhard begründet ihn mit Bezügen zum Alten
Museum und Marx-Engels-Forum – so sehr ändert er doch den Bezug des Schlosses
im Stadtraum. Maßgeblich ist dabei der Bezug des Westportals zur Schlossfreiheit,
welche den gleichen Winkel wie das Schloss hat. Durch Bernhards Verdrehung
wurde diese Beziehung aufgelöst.
Der letzte Entwurf dieser ersten Teilgruppe ist Reimar Herbst (Abb. 85/86), der
ebenfalls relativ moderat mit einer erneuernden Gestaltung umgeht. Auffällig ist die
gestalterische Kongruenz zwischen der Kuppel und dem Ostflügel, die beide in
schmalen Stahlbetonteilen mit akzentuierten Horizontalen gestaltet sind. Obwohl der
48
Ostflügel sogar den Apothekerflügel beinhaltet und nach Süden hin immer leicht
zurückspringt, sollte er keineswegs als historisierend betrachtet werden. Der Grund
hierfür liegt in der Fassadengestaltung des Ostflügels, die keine Bezüge zur
barocken Fassade herstellt, sondern ihrer eigenen Regelmäßigkeit folgt.
Die Entwürfe der nächsten Teilgruppe eint, dass sie noch eine Kuppel errichten,
wenn auch ohne historischen Bezug – in der letzten Gruppe wird dies nicht mehr der
Fall sein - , gleichzeitig nach Osten hin noch Anleihen an das Original erkennen
lassen, das Schloss sich aber vor allem über das Quergebäude zwischen den zwei
Höfen erschließt. Wir finden in dieser Gruppe die Entwürfe von ASP Architekten
Schneider Meyer Partner, Behles Jochimsen, Hecker Schlenkhoff, PSP Pysall
Stahrenberg & Partner, Schulz &Schulz und Vahjen + Partner. Interessant ist die
Umnutzung der Kuppel bei Vahjen, Hecker Schlenkhoff und ASP, die die Kuppel als
Erschließungselement nutzen und deshalb auch in ihrer Gestaltung transformieren.
Während Hecker Schlenkhoff (Abb. 87/88) der Kuppel trotz Vollverglasung noch ein
historisches Antlitz geben, reduziert ASP (Abb. 89/90) bereits die historischen
Elemente der Kuppel und übrig bleibt nur noch ein karger Tambour und eine
Glaskuppel mit kreisrunden Lamellenelementen, die leider etwas an die Ringe des
Saturn erinnern. Bei Vahjen + Partner (Abb. 91/92) bleibt von der Kuppel schließlich
nur eine Gitterstruktur übrig. Die historischen Elemente wurden gänzlich entfernt.
Dass die Kuppel bei einer modernen Formensprache scheinbar immer unpassender
für die Architekten wird, lässt sich auch an dem Entwurf von PSP (Abb. 93/94)
ablesen. Obwohl vorhanden, ist die Kuppel in ihrer kleinen, fast verkümmerten
Ausführung nicht mehr relevant für die Westseite. Sie wird durch Nichtbeachtung
sogar störend, wirkt fast wie ein ‚Pickel’ auf dem Westportal. Eine gewisse
Unentschlossenheit bei der Auslegung des Gebäudes lässt sich auch im Grundriss
des Entwurfes von PSP ablesen. Sie möchten – nach eigener Aussage – das
Gebäude von seiner Mitte her mit einem gläsernen Neubau erschließen, wie es etwa
auch im Louvre geschieht. Diesen grundsätzlich guten Gedanken führen sie jedoch
ohne Hierarchie weiter. Die Portale II und IV müssten nun die eigentlichen Eingänge
in das Gebäude darstellen, sind dafür aber viel zu klein dimensioniert. Auch erscheint
der Eingang über das Westportal in den begrünten Eosanderhof wesentlich
attraktiver. Doch selbst die Westseite wird durch einen großen und dominanten
49
Ostflügel in seiner Stärke beschnitten. Die Arkaden an der Ostseite laden zum
Verweilen und Spazieren ein, geben aber keine Möglichkeit, das Gebäude gut zu
erschließen.
Diese mangelnde Form der Hierarchisierung lässt sich auch in dem Entwurf von
Hecker Schlenkhoff finden, wobei sie ihren Entwurf von außen geschlossen zeigen.
Im Inneren werden dagegen die beiden Schlosshöfe zusammengelegt und durch
eine Netzschale überdacht. Diese Netzschale, die wie in ein großer Pilz im
Schlosshof steht, übernimmt die Verteilung in die Funktionen, welche sich zu großen
Teilen im Untergeschoss befinden.
Eine neue Form der Hierarchie – also die bewusste Abstufung der Funktion und
Nutzungen innerhalb des Gebäudes - versuchen Behles Jochimsen (Abb. 95/96) mit
ihrem Entwurf. Die vorgeschriebene Form der Stereometrie in der Längsachse
erweitern Behles Jochimsen noch um die Querachse. Sie spiegeln dafür das
Westportal nach Osten. Um trotzdem zu zeigen, welche Seite die ‚neue’ ist, wird die
Fassade an der Ostseite nur aufgemalt. Die Kuppel ersetzen Behles Jochimsen
durch einen kubischen Glaskörper, der fast die gesamte Breite des Gebäudes
einnimmt. Auch dieser wird auf der Ostseite gespiegelt, wodurch zwei etwa
gleichwertige Gebäudeabschlüsse entstehen sollen. Diese vermeintliche Spannung
durch Verdopplung führt aber nur dazu, dass beide Teile an Bedeutung verlieren. Die
Mimikry im Osten nimmt dem Westportal seine Größe, erschafft aber durch dessen
Unselbstständigkeit in der Gestaltung keinen Kontrapunkt.
Anders, weil stringenter ist da der Entwurf von Schulz & Schulz (Abb. 97/98). Sie
legen ein großes Raster über das Schloss und alle neuen Teile werden innerhalb
dieses Rasters errichtet. Dadurch gleichen sich der Ostflügel und die vierte
Schlüterhof-Fassade in ihrer Gestaltung. Der Maßstab des Rasters bleibt dabei
jedoch zu groß, weshalb gerade am Ostflügel die Fassade zu groß im Verhältnis zur
barocken Fassade erscheint. Im Grundriss lässt sich auch eine klar moderne Haltung
ablesen. Die Portale II, III und IV erhalten nicht ihren rückwärtigen Raum, sondern
werden als Fassadenschmuckelemente vor den neuen Baukörper gestellt, der in
seinem Inneren kaum Bezüge zum historischen Grundriss erkennen lässt. Eine
Besonderheit in diesem Entwurf stellt die Kuppel dar. Während das Viereck bzw. der
Kubus das markante Element des Entwurfes ist, wird jetzt an die Stelle der Kuppel
50
nicht einfach ein Kubus gesetzt, wie es etwa Dudler mit seinem zylindrischen Körper
getan hat. Vielmehr wird auf den Grundseiten des quadratischen Rasters eine
Kuppel herausgeformt, die ihre Anleihen an Mole Antonelliana (Abb. 99) von
Alessandro Antonelli in Turin nicht verstecken kann. Diesen Kuppeltypus finden wir
auch auf dem Reichsgerichtsgebäude in Leipzig und – wesentlich näher noch – in
der ehemaligen Kuppel auf dem Reichstagsgebäude (Abb. 100). Ob dieser Bezug
Ausgang für die Rasterung oder das Raster Grundlage für die Kuppelform und damit
ihren historischen Bezug war, lässt sich allerdings schwerlich sagen.
Die letzte Teilgruppe in diesem Vergleich stellt das relativ genaue Gegenteil zu der
innerhalb dieser Kategorie auch rekonstruktiv-historisierenden Teilgruppe dar.
Während letztere Entwürfe einen bewussten Bezug zur Geschichte und teilweise
eine Dramatisierung seiner Elemente suchten, scheint die nun zu betrachtende
Teilgruppe eine vermeintliche Loslösung vom geschichtlichen Kontext zu versuchen.
Das erste Mittel zum Ziel der kompletten historischen Auslösung ist die Abschaffung
der Kuppel. Zwei der vier Entwürfe dieser Teilgruppe verzichten vollständig auf eine
Kuppel oder einen Verweis auf eine Kuppel. Die anderen beiden geben noch den
Hinweis, dass es eine Höhendominante auf dem Schloss gegeben hat. Außerdem
teilen sich alle Entwürfe, dass sie hinter den barocken Fassaden gänzlich neue
Grundrisse einsetzen, was zur Folge hat, dass kein Entwurf den Eosanderhof
wiedererkennen lässt.
Am expressivsten und noch stark historisch geprägt ist der Entwurf von Böge Lindner
Architekten (Abb. 101/102). Der Ostflügel lässt in seiner Form mit dem
Apothekerflügel und eingestelltem Hochgarten Bezüge zur Geschichte erkennen.
Jedoch ist der Maßstab falsch gewählt. Im Inneren findet sich dieser zu große
Maßstab ebenfalls
und wird durch den ,Dachbelvedere’ noch bekrönt. Dieses
Element soll, nach eigener Aussage, nicht mehr wie die Kuppel „Insignie von Kirche
und Monarchie“, sondern Ausdruck des Neuen sein.124 Dieser riesige Rundgang über
dem eigentlichen Dach des Schlosses wirkt allerdings von Westen her wie ein Ufo,
das in den Schlossfassaden gelandet ist. Und gerade hierin ist die Missachtung der
Architekten für den Bestand zu erkennen. Ihnen ist die historische Fassade für ihre
124
Vgl. Böge Lindner (http://www.boegelindnerk2.de/wettbewerbe/sonderbauten/humboldt-forum) (Zugriff
25.1.2016)
51
Architektursprache nicht wichtig, sondern bisweilen sogar lästig. Wenn sie solch
einen großen Körper auf das Schloss aufsetzen, kann ihnen das eigentliche Schloss
nur Mittel zum Zweck sein. Die barocke Fassade wird dadurch zu einer Farce
degradiert und die moderne Architektur verkommt dahinter in ihrer Hypermodernität
ebenfalls zum Kitschigen.
Auch KLP (Abb. 103/104) berücksichtigen eine Kuppel in ihrem Entwurf, die sie Turm
nennen und die vom Westportal in die Mitte des Eosanderhofes wandert und diesen
fast gänzlich bedeckt. Dabei ragt der Turm noch drei Geschosse über das Schloss
hinaus. Funktional dient er der Unterbringung von Ausstellungsräumen, die nur durch
sehr kleine Schlitze an den Außenseiten belichtet werden. Ein Ausblick ist nicht
möglich und auch die Nutzung des Tageslichtes war für die Gestaltung nicht von
Bedeutung. Die ‚Turm-Kuppel’ wird hier, wie bei Böge Lindner, zu einem Symbol des
Neuerrichteten, was besonders auffällig wird, wenn man sich im Vergleich dazu die
Ostseite anschaut. Diese ist ebenfalls, wie der Turm, komplett verschlossen und
bietet nur im Sockelbereich Belichtung und Zutritt. Das Gebäude verschließt sich
dadurch gegen Osten.
Paul Schröder von fs – architekten (Abb. 105/106) probiert dagegen, seinen Entwurf
nach Osten hin stärker zu öffnen, indem er in der Ostfassade auf Höhe des
Schlüterportals einen großen Eingang schafft. Doch auch Schröder stellt in den
Eosanderhof vier überdimensionierte Kuben, die offensiv mit dem Historischen
brechen wollen. Auffällig wird dies bei einem Rendering (vgl. Abb. 106), auf dem man
den Anschluss zwischen Schlüterhof und dem eingestellten Kubus erkennen kann.
Durch die unterschiedliche Maßstäblichkeit kommt es nie zu einem verbindenden
Moment. Eines von beidem scheint ein Fremdkörper für die jeweils andere
Architektur zu sein.
Der letzte Entwurf dieser Betrachtung stammt von Konermann Siegmund (Abb.
107/108). Auffällig ist auch hier, wie bei allen anderen Entwürfen dieser Teilgruppe,
dass die barocken Fassaden nur vorgesetzt vor den neuen Baukörper sind und keine
eigene Tiefe besitzen. Dass die Kuppel ohne Hinweis auf ihre Existenz verschwindet,
ist bereits erstaunlich. Völlig unerklärlich erscheint dies jedoch vor allem dann, wenn
man die Ostseite betrachtet. Konermann Siegmund setzen an den barocken
52
Schlosskörper einen Glaskörper, den sie auch selbst als Glashaus beschreiben.125
Man kann dieses Glashaus als Analogie auf die Orangerie sehen, die einst im
Lustgarten gegenüber dem Schloss stand. Man könnte auch gewillt sein, in diesem
Gewächshaus das Zeichen einer umweltbewussten und wachsenden Demokratie zu
sehen. Man könnte aber auch sagen, dass Konermann Siegmund scheinbar nicht
willens waren, eine Architektursprache zu erfinden, die sich in einen Kontext zur
historischen stellt und trotzdem eine Eigenständigkeit besitzt. Dieser Entwurf ist
daher symptomatisch für die moderne, also gegenwärtige Architekturdebatte.
4.4 Zusammenfassung des Vergleichs
Ziel der Analyse war, die Vergleichbarkeit aller 30 Entwürfe mit Hilfe dreier Kriterien
zu ermöglichen. Durch die Gliederung in Teilgruppen und die Betrachtung aller
Entwürfe im einzelnen ist es nun möglich, die verschiedenen Herangehensweisen
der Architekten im Sinne spezifischer architektonischer Sprachlichkeit zu beurteilen.
So konnte gezeigt werden, dass die Bearbeitung unterschiedlicher Elemente in der
gleichen Art und Weise nicht zwingend zu einer ähnlichen Gesamtgestaltung führt.
Eine rekonstruierte Kuppel macht noch keinen historisierenden Entwurf und eine klar
strukturierte Ostseite noch keinen modernen. Auffällig war jedoch, dass sich die
beziehungsreicheren Entwürfe leichter beschreiben und kategorisieren ließen,
wohingegen die Entwürfe ohne klare Beziehung und Konzeption schwer zu fassen
waren. Auch wenn man bei der Einordnung des einen oder anderen Entwurfes
durchaus anders hätte entscheiden können, sehen wir die grundsätzliche Zuordnung
jedoch davon unberührt.
Die Kategorisierung in historisierend, rekonstruktiv und modern hatte das Ziel, zu
zeigen, mit welchen Mitteln Architekten gegenwärtig ein historisches Gebäude in
neuer Funktion konzipieren. Hierzu bedarf es einer klaren Position zu Geschichte und
Gegenwart der Architektur. Ein wesentliches Ergebnis dieses Vergleichs sehen wir
darin, Tendenzen der aktuellen Architektur ableiten zu können.
125
Vgl. Koenermann Siegmund in Redecke (2009: 116)
53
5. Abschlussbetrachtung
„Die Krise der Historizität wirft erneut die Frage nach der Ordnung im Kräftefeld der Postmoderne
auf. Wir müssen uns dem Problem zuwenden, welche Form die Zeit, die Zeitlichkeit und der
syntagmatische Zusammenhang in einer Kultur annehmen, die zunehmend vom Raum und von
räumlicher Logik dominiert wird. Wenn das Subjekt tatsächlich seine Fähigkeit verloren hat, sich in
einem variablen Zeitgefüge aktiv nach vorn und rückwärts auszurichten und zu erweitern und
seine Vergangenheit und Zukunft in einer kohärenten Erfahrung zu organisieren, dann wird es
recht schwierig sich vorzustellen, daß die kulturelle Produktion eines solchen Subjekts etwas
anderes
als
<angehäufte
Fragmente>
und
eine
Praktik
Fragmentarischen und vom Zufall Abhängigen hervorbringen könnte.“
des
Ziellos-Heterogenen,
126
Jameson schrieb den vorliegenden Text im Jahre 1986 vorrangig als Kritik an der
postmodernen Ideologie. Er sieht die Gefahr des Fragmentierens in der Anhäufung
von historischen Elementen ohne genaue Kenntnis ihrer Bezüge und dadurch den
Verlust einer eigenständigen Sprachlichkeit. Gerade die wahllose Gleichzeitigkeit
aller historischen Elemente erzeugt also weder einen historischen Bezug – im Sinne
von rückwärts - , noch eröffnet sich ein neuer historischer Bezug in die Zukunft; es
kann nur zufällig fragmentarisch werden.
Jamesons Kritik an dem Fragmentieren der historischen Zusammenhänge ist auch
heute – 30 Jahre nach seiner Veröffentlichung und dem Ende der Postmoderne –
aktuell und sollte wieder in die allgemeine Architekturdebatte aufgenommen werden.
Gerade der Umgang mit der Geschichte und einer fragmentarischen Bezugnahme
war in den Wettbewerben von vorherrein angelegt. Besonders die Entwürfe der
frühen 1990er Jahre bemühten sich um einen starken historischen Kontext, entweder
für das Schloss oder für den Palast.
Die Frage nach einer gewissen epochalen Eigenständigkeit unserer Zeit wird zwar
aktuell nicht gestellt; in der
grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der
Bauhausmoderne, dem International Style und ganz allgemein im Umgang mit dem
Begriff der Moderne ist die Frage der Epochalität jedoch grundlegend. Wie bereits in
Kap. 4.2.3 angedeutet, gibt es hierzu eine rege Debatte, die nicht nur die Architektur,
126
Vgl. Jameson (1986: 63). Unter Historizität versteht Jameson einen Stil, der durch „die willkürliche
Plünderung aller Stilrichtungen der Vergangenheit, das Spiel mit zufälligen stilistischen Anspielungen und
[...] das wachsende Primat des <Neo>...“ dominiert wird.
54
sondern die Philosophie im Allgemeinen beschäftigt. Was ist modern und wie lässt
sich Moderne definieren? Ist die Moderne zeitlich determiniert und was käme nach
ihrem Ende? Diese Fragen führten während der Postmoderne-Debatte zu
unterschiedlichen Ansätzen. Schon terminologisch ist in ‚postmodern’ ein klarer
Bezug zur Moderne zu sehen.
Jameson benutzt zur Abgrenzung den Begriff der „Kulturellen Dominanz“. Durch das
Prinzip der Periodisierung sei die Postmoderne nur eine kulturelle Dominante
innerhalb der gesamten Moderne. Jameson identifiziert sie daher eher als eine
dominante Spielart der Moderne denn als eigenständige Epoche. Triebmotor dieser
Entwicklung ist für Jameson dabei die Kapitalisierung der Gesellschaft, die er bereits
im Spätkapitalismus wähnt. Er sieht also ein Ende dieser kulturellen Dominanz
vorher. Dieses Prinzip der entwicklungsbedingten Zwangsfolgen finden wir auch
Jean Baudrillard. Baudrillard sieht jedoch weniger den ökonomischen Faktor als den
technologischen Faktor bedingend für die Entwicklung der Postmoderne. Kurz
gefasst, sorgt die Technologisierung für ein Auflösen der Signifikantenkette, die
aufgrund der vermehrten Simulation durch Computer entsteht. Diese sich häufenden
Simulationen hätten eine Hyperrealität zur Folge, was schließlich einen Verlust der
Realität bedeuten würde. 127 Auffällig an dieser Kritik der Postmoderne – sowohl
durch Jameson als auch durch Baudrillard – ist die Idee einer Endzeitlichkeit. Es
klingt in der Beschreibung immer ein Gefühl des Endgültigen mit. Nun sind wir aber
30 Jahre weiter und dennoch existiert der Kapitalismus noch und wir leben nicht in
der absoluten Hyperrealität der Computer, wie es der Film „Matrix“ gezeigt hatte.
Folgt man dem Konsens vom Ende der Postmoderne, so ist zwingend zu fragen, ob
und wie die zeitgenössische Architektur einzuordnen ist. Stellt sie nur eine weitere
kulturelle Dominanz innerhalb der Moderne dar – wenn ja, wie wäre sie zu
bezeichnen – oder befinden wir uns doch am Ende der Moderne und bricht nicht nur
eine neue Epoche, sondern sogar ein neues Zeitalter an.
Um dieser Frage in architektonischer Weise näher zu kommen, haben wir mit der
vorliegenden Arbeit
versucht, die Wettbewerbsentwürfe zum Humboldt-Forum zu
analysieren und zu kategorisieren. Allein durch die quantitative Verteilung der
innerhalb des Wettbewerberfeldes qualifizierten Gruppen können nun Tendenzen der
127
Vgl. Baudrilllard (1988)
55
gegenwärtigen Architektur aufgezeigt werden. Es soll dadurch möglich gemacht
werden, auf dieser Vergleichsbasis eine Debatte über die gegenwärtige Architektur
und ihren theoretischen Zeitgeist zu beginnen. Denn wir sind überzeugt, dass die
gegenwärtige Architektur nicht durch ein theoretisches Konstrukt gestützt wird,
sondern relativ frei und kopflos mäandert. Wir gehen dahingehend von einem
Wandel in der Architektur aus. Die Arbeit wollte dabei aber nicht nur den Wandel im
Modernen betrachten, sondern hatte auch das Ziel zu zeigen, wie ein Gebäude, mit
einer komplett anderen Nutzung entstanden und über die Jahrhunderte erweitert,
durch seinen Abriss und jetzt den Wiederaufbau transformiert werden kann. In dem
Umgang mit diesem Schloss zum Humboldt-Forum lässt sich daher ein
architektonischer Wandel ablesen.
Wie nun dieser Wandel oder die neue kulturelle Dominanz zu bezeichnen ist, damit
wird sich eine weitere Forschungsarbeit beschäftigen müssen.
56
Index aller Entwürfe der 2. Phase
Architekturbüro Ganz
38, 45, [60,61]
ASP Architekten Schneider Meyer Partner
38, 49, [76,77]
B+H Busmann + Haberer
38, 47, [66,67]
Behles Jochimsen Architekten
38, 50, [82,83]
Bernd Albers Architekt
38, 40, [36,37]
Böge Lindner Architekten
38, 51 [88,89]
Caja Malcovatti Architetti
38, 41, [38-41]
Christoph Mäckler Architekten
38, 42, [42-45]
Franco Stella
24-34, 38, [14-19]
fs – architekten Paul Schröder
38, 52, [92,93]
Georg Scheel Wetzel
38, 39, [28,29]
Haslob + Kruse
38, 44, [58,59]
Hecker Schlenckhoff
38, 49, [74,75]
Hilmer & Sattler
38, 40, [34,35]
Kaspar Kraemer Architekten
38, 47, [68,69]
Kleihues + Kleihues
38, 43, [52-55]
KLP
38, 52, [90,91]
Kollhoff Generalplanung
38, 42, [46-49]
Konermann Siegmund Architekten
38, 52, [94,95]
KSV Krüger Schuberth Vandreike
38, 40, [32,33]
Kuehn Malvezzi
38, 45, [62-65]
Max Dudler
38, 39, [30,31]
mstp Michael Stollenwerk
38, 39, [26,27]
Nöfer Architekten
38, 42, [50,51]
NPS Tchoban Voss
38, 44, [56,57]
PSP Pysall Stahrenberg & Partner
38, 49, [80,81]
Reimar Herbst. Architekten
38, 48, [72,73]
Schulz + Schulz Architekten
38, 50, [84,85]
Titus Bernhard Architekten
38, 48, [70,71]
Vahjen + Partner
38, 49, [78,79]
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