Einführung in die Psychologie Josef Nerb • Themen heute: – Konformität – Gruppen Josef Nerb Konformität • Konform gehen meint dem „sozialen Einfluss nachgeben“. • Unter welchen Bedingungen und warum verhalten sich Menschen konform? Josef Nerb im Kurs dazu: Informationseinfluss besteht nun darin, dass das Individuum in der Gruppe dann der Mehrheitsmeinung nachgibt, wenn es ihr mehr vertraut als der eigenen Meinung. Eine Konformität kann aber auch zustande kommen, indem der Einzelne in einer Gruppe seinem Bedürfnis nach Sympathie, Anerkennung und Vermeidung von Ablehnung nachgeht und sich daher aufgrund des normativen Einflusses Josef Nerb Informativer sozialer Einfluss • Woher weiß man, was richtig ist? • Wie soll man sich in sozialen Kontexten verhalten, wenn die Situation irgendwie unklar (ambig) ist? Wir nutzen andere als Informationsquelle. Josef Nerb Ambige (soziale) Situationen • Social referencing: Schlimm oder nicht schlimm? • Feueralarm Wir folgen den anderen • Schülerbeurteilung Wir beziehen Infos der Kolleginnen mit ein • Lachen oder Kopfschütteln • Kunst oder doof ... Josef Nerb Klassische Untersuchung • Muzafer Sherif (1936) Man sitzt allein in einem dunklen Raum und sieht einen Lichtpunkt Josef Nerb Klassische Untersuchung • Muzafer Sherif (1936) – Man sitzt allein in einem dunklen Raum und sieht einen Lichtpunkt – Sie starren auf dem Lichtpunkt und er bewegt sich (autokinetischer Effekt) – Die Bewegung des Punktes ist von Person zu Person subjektiv unterschiedlich (2 – 25 cm) – Urteile über das Ausmass der Bewegung wurde erst allein und dann in Gruppen abgegeben Josef Nerb Ergebnisse: Muzafer Sherif (1936) Josef Nerb Informativer sozialer Einfluss • Führt dazu, dass der soziale Einfluss zu privater Akzeptanz führt (Sie glauben, dass andere im Recht sind und übernehmen den Standpunkt). • Menschen verlassen sich aufeinander und konstruieren ihre Realität unter Einbezug der Information von anderen. • Sherif konnte in Einzeluntersuchungen private Akzeptanz der Einschätzung feststellen. Josef Nerb Wichtiger Unterschied • Konformität – Mit privater Akzeptanz – Ohne privater Akzeptanz (öffentliche Compliance, Fügsamkeit) Josef Nerb Informativer sozialer Einfluss • Ist umso größer, – je wichtiger die Situation, – je unklarer (ambiger) die Situation und – je fachkundiger die Quelle ist. • Fehler können entsprechend fatal sein. Josef Nerb Normativer sozialer Einfluss • • • • Das Bedürfnis, so wie andere zu sein. Es gibt in jedem sozialen Kontext soziale Normen. Normen sind meist implizit AbweichlerInnen von Normen werden sozial „sanktioniert“. Wir verhalten uns konform, um akzeptiert zu werden. Josef Nerb Klassische Untersuchung • Asch (1951, 1956) – Sie nehmen an einem Wahrnehmungsexperiment teil (wird Ihnen gesagt) – Sie sehen zwei Karten: eine mit einer Linie, die andere mit drei Linie – Ihre Aufgabe: Welche der drei Linien auf der zweiten Karten ist gleich lang mit der Linie auf der ersten Karte. – Urteile werden in Gruppen abgegeben; Sie kommen relativ spät dran. (alle anderen sind Vertraute des Versuchsleiters) Josef Nerb S. 283, 282 Josef Nerb Ergebnisse • 76 % gingen mindestens einmal konform • Diese Situation war nicht ambig; in einer Kontrolle wurden die Aufgaben zu 98 % richtig gemacht! • Obwohl die anderen fremd waren, wollte man kein Abweichler sein. • Man will nicht als seltsam gelten. Josef Nerb Normativer sozialer Einfluss • führt zu – öffentlichen Zustimmung (compliance) ohne private Akzeptanz – funktioniert auch bei Fremden – man will keine soziale Missbilligung erfahren – sinkt mit der Wichtigkeit des Urteils. – Abweichler werden sanktioniert. Josef Nerb Normativer sozialer Einfluss • ist groß, – wenn die Gruppegröße drei übersteigt; – wenn man keine Verbündete hat; – wenn die Gruppe besonders wichtig ist; – wenn man in einer kollektivistischen; Gesellschaft lebt; – wenn das Selbstwertgefühl gering ist. Josef Nerb Einfluss von Minoritäten • Minoritäten können die Mehrheit beeinflussen, wenn die Minorität – konsistent und – hartnäckig ist Es handelt sich hier um informativen sozialen Einfluss! Josef Nerb Was ist eine Gruppe • Teams im Sport und in der Arbeit • Familie • Viele Organisationen – Schule – Newsgroups im Internet –… Josef Nerb Gruppen ― Definition • Jede Ansammlung von Menschen (ugs) • Im engeren Sinn: – – – – 2 oder mehr Personen Interdependenz zumindest Möglichkeit für Interaktion gemeinsame Ziele Möglicher wechselseitiger Einfluss ist wesentliches Kriterium für eine Gruppe. Josef Nerb Wie kann man Gruppen untersuchen? • Schwierigkeit: Wenn man bereits existierende Gruppen untersucht gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Gruppenverhalten und Inter-Gruppenverhalten zu erklären. • Forderung: kontrollierte aber doch lebensnahe Bedingungen sollen gefunden werden. • Lösung: Ferienlager – – – – Jugendliche kennen sich noch nicht Gruppen werden erst gebildet Gibt es Ursachen für Inter-Gruppenkonflikte Gibt es Lösungen für Inter-Gruppenkonflikte Josef Nerb Robbers Cave Experiment von Sherif (1954) (erste Voruntersuchungen bereits 1948) • 22 Junge wurde in zwei Gruppen eingeteilt (Rattlers und Eagles) – „all were healthy, socially well-adjusted, somewhat above average in intelligence and from stable, white Protestant, middle-class homes“ • Phasen: 1.Woche: Gruppen getrennt, non-direktive Führung durch Leiter des Camps 2. Woche: Kompetitive Phase, sportliche Wettbewerbe zwischen den Gruppen, Preise für beste Gruppe 3. Woche: Kooperative Phase, inszenierte Vorfälle erfordern Kooperation • Während jeder Phase werden Beobachtungsmaße erhoben, Befragungen und eine Reihe von Teilexperimenten durchgeführt. Josef Nerb Das Feriencamp von M. Sherif Josef Nerb Ergebnisse von Robbers Cave Gruppenbildungs phase (1. W) • Freundschaften entstehen • („Buddies) Rollenaufteilung • innerhalb der Gruppen • Kooperative Phase Kompetitive Phase (3. W) (2. W) • Positivere Gruppenkohäsion Bewertung der steigt Out-group Aufwertung der In• Reduktion der group Aggression Stereotypisierung • Teilen der der Out-group Ressourcen Feindselige Aktionen • IntergruppenFreundschaften Josef Nerb Wie entstehen Vorurteile • Elliot (1977) teilte Kinder in der 3. Klasse nach Augenfarbe in zwei Gruppen auf – Blauäugige seien besser als Braunäugige – Braunäugige mussten sich speziell kleiden – Blauäugige erhielten Privilegien • Es entstand ein Mikrokosmos voller Vorurteile, Feindseligkeiten, Ausgrenzungen ... • Am nächsten Tag sagte Elliot, sie hätte sich geirrt ... • Am dritten Tag wurden die Schüler über das Experiment aufgeklärt. Josef Nerb In-Group vs. Out-group • soziale Kategorien, die selbstwertdienlich verwendet werden: – Mitglieder der eigenen Gruppe sind • besser, überlegener – Mitglieder der Fremdgruppe sind • schlechter, unterlegener und • homogener. – Minimales Gruppen-Paradigma von Tajfel • Verteilungsaufgaben: Hauptsache, ich habe mehr als die anderen (2:1 für In-Group ist besser als 3:4) Josef Nerb Lewin, Lippitt & White (1937,1938) Wirkung verschiedener Führungsstile auf die Gruppenatmosphäre • Erstes Experiment (1937): 2 Fünfergruppen von zehnjährigen Jungen treffen sich wöchentlich zur Spielgruppe (Basteln Theatermasken) • Zweites Experiment (1938): 4 Gruppen von zehnjährigen Jungen treffen sich 5 Monate. Alle 6 Wochen wechselt die Gruppenleitung. Josef Nerb Lewin, Lippitt& White Wirkung verschiedener Führungsstile auf die Gruppenatmosphäre Demokratischer Stil • Entscheidungen von der Gruppe gefällt, unter Beratung des Führers • ist Rat gefordert, gibt er Hinweise auf Lösungswege • Freie Wahl, wer mit wem zusammenarbeitet • Objektives Lob und objektive Kritik • Versucht Gruppenmitglied zu sein ohne jedoch aktiv mitzuarbeiten Autokratischer Stil Alle Entscheidungen beim Führer • Er bestimmt die Arbeitsschritte und wer mit wem zusammenarbeitet • Lobt und kritisiert ohne zu begründen • Eher distanziertes, unpersönliches Verhalten Laissez- Faire Stil • Führer hält sich vom Gruppengeschehen völlig fern, gibt Arbeitsmaterialien und nur auf Anfrage Ratschläge Josef Nerb Wirkung verschiedener Führungsstile auf die Gruppenatmosphäre Josef Nerb Stanford Prison Experiment • Videoaufzeichnungen, Tonbandaufzeichnungen • Zellen wurde heimlich abgehört • Keine Uhren, keine Fenster • ... • Lesen Sie unter http://www.prisonexp.org/ weiter. Josef Nerb Warum gehorchen wir Autoritäten? • informativer sozialer Einfluss? • normativer sozialer Einfluss? Josef Nerb Das Milgram Experiment (1963) • Unter welchen Umständen sind Menschen bereit, sich einer Autorität zu beugen und offensichtlich "unmenschliche" Anordnungen zu befolgen. – Die Motivation: Wieso waren unter dem NS-Regime so viele Menschen bereit, sich in den Dienst der Tötungsmaschinerie der Nazis zu stellen? – Liegt es an Persönlichkeitseigenschaften dieser (deutschen) Menschen oder gibt es Situationen und Umstände, unter denen möglicherweise jeder in der Lage wäre, andere Menschen zu quälen und zu töten? Josef Nerb Das Milgram Experiment • Den Versuchspersonen wurde erklärt, es handle sich um ein sehr bedeutendes Lernexperiment, dessen Ziel es sei, herauszufinden, wie die richtige Balance von Belohnung und Bestrafung Lernen verbessern kann. • VPn mussten als Lehrer einer angeblich anderen Versuchsperson (Schüler; Vertraute des Versuchsleiter), Elektroschocks verabreichen, wenn diese Fehler macht. Schocks wurden regelmäßig erhöht. Josef Nerb Instruktion: Satz 1: „Bitte, fahren Sie fort!“ Oder: „Bitte machen Sie weiter!“ Satz 2: „Das Experiment erfordert, dass Sie weitermachen!“ Satz 3: „Sie müssen unbedingt weitermachen!“ Satz 4: „Sie haben keine Wahl, Sie müssen weitermachen!“ Josef Nerb Elektroschocks und Rolle des VL • 30 Schalter von 15 - 450 Volt, die markiert waren mit Hinweisen – 15 Volt = leichter Schock, – 75 Volt = schmerzhaft – 450 Volt = x x x (Lebensgefahr). • Der VL wies zu Beginn des Versuchs daraufhin, wie wichtig die strikte Einhaltung der Regeln sei. • VL trat als legitimierte Autoritätsfigur auf. Josef Nerb Ergebnisse von 40 VPn • 14 VPn weigerten sich definitiv, das Experiment zu Ende durchzuführen, allerdings erst zwischen 200 und 400 Volt. • Keine Versuchsperson verweigerte den Gehorsam vor 200 Volt und • 26 Versuchspersonen, d.h. fast 2/3 der Teilnehmer verabreichten Schocks von 450 Volt (markiert mit der Bemerkung: Lebensgefahr!). Josef Nerb Ergebnisse von Varianten • Gehorsamsrate – Stimme hörbar 65% (26 von 40) – Selber Raum 40% – Versuchsleiter entfernt sich 22.5% – Andere hören auf (man ist zu zweit) 10% – Man ist nur Helfer, der Instruktionen weiterleitet 90.25% (37 von 40, Peter Gabriel) Josef Nerb Wie geht es den VPn • Sämtliche Versuchspersonen empfanden die Situation als äußerst unangenehm, sie protestierten, baten den "Schüler" dringend, doch zu reagieren und richtig zu antworten, um keine Schocks mehr verabreichen zu müssen. • Nach den Versuchen waren die Versuchspersonen ausnahmslos sehr erregt und einige geradezu am Boden (am Rande eines Nervenzusammenbruchs). • Sie waren sich also offensichtlich bewusst, was sie getan hatten und verweigerten dennoch nicht den Gehorsam. Josef Nerb Herzlichen Dank!