Word-Datei - beim Niederösterreichischen Landtag

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Landtag von NÖ, VIII. Gesetzgebungsperiode
I. Session
6. Sitzung am 3. Februar 1965
INHALT:
1. Eröffnung durch Zweiten Präsident Wehrl (Seite 93).
2. Abwesenheitsanzeige (Seite 93).
3. Verhandlung:
Spezialdebatte zur Gruppe 2, Landtag und allgemeine Verwaltung, ordentlicher und außerordentlicher
Voranschlag. Berichterstatter Abgeordneter Anzenberger (Seite 93); Redner: Abgeordneter Grünzweig
(Seite 94), Abg. Schoiber (Seite 98), Abg. Kosler (Seite 102), Abg. Karl Schneider (Seite 104), Abg.
Blabolil (Seite 109), Abg. Reiter (Seite 110), Abg. Graf (Seite 111), Abg. Stangler (Seite 114), Abg.
Wehrl (Seite 115), Abg. Schoiber (Seite 116), Abg. Rösch (Seite 118), Landesrat Kuntner (Seite 120);
Abstimmung (Seite 123).
Spezialdebatte zur Gruppe 3, Kulturwesen, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag.
Berichterstatter Abg. Anzenberger (Seite 123); Redner: Abg. Mondl (Seite 123), Abg. Brunner (Seite
124), Abg. Dr. Brezovszky (Seite 125), Abgeordneter Diettrich (Seite 127), Abg. Viktor Schneider
(Seite 129), Abg. Rabl (Seite 129), Abgeordneter Grünzweig (Seite 132), Abg. Kienberger (Seite 134),
Abg. Blabolil (Seite 135), Abgeordneter Fahrnberger (Seite 135), Abg. Anderl (Seite 136), Abg.
Rohata (Seite 137), Abg. Stangler (Seite 138), Landesrat Kuntner (Seite 140); Abstimmung (Seite
143).
Spezialdebatte zur Gruppe 4, Fürsorgewesen und Jugendhilfe, ordentlicher und außerordentlicher
Voranschlag. Berichterstatter Abg. Anzenberger (Seite 143); Redner: Frau Abg. Körner (Seite 144),
Abg. Ludwig (Seite 145), Abg. Rohata (Seite 147), Abg. Kienberger (Seite 148), Abgeordneter Graf
(Seite 149), Abg. Buchinger (Seite 150), Abg. Hubinger (Seite 151), Abg. Laferl (Seite 152), Landesrat
Wenger (Seite 153) ; Abstimmung (Seite 154).
Spezialdebatte zur Gruppe 5, Gesundheitswesen und körperliche Ertüchtigung, ordentlicher und
außerordentlicher Voranschlag. Berichterstatter Abg. Anzenberger (Seite 154); Redner: Abg. Czidlik
(Seite 155), Abg. Reiter (Seite 159), Abg. Mondl (Seite 164), Abg. Buchinger (Seite 166), Abg. Binder
(Seite 167), Abg. Doktor Brezovszky (Seite 168), Abg. Laferl (Seite 169), Landesrat Wenger (Seite
171), Abg. Czidiik (Seite 173); Abstimmung (Seite 173).
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL (um 9.01 Uhr): Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der letzten
Sitzung ist geschäftsordnungsmäßig aufgelegen, es ist unbeanstandet geblieben, demnach als
genehmigt zu betrachten. Von der heutigen Sitzung haben sich entschuldigt die Herren Abgeordneten
Jirovetz, Reiischer, Schlegl und Wiesmayr.
Wir gelangen zur Beratung der Tagesordnung. Wir setzen die Verhandlungen über den Voranschlag
des Landes Niederösterreich für 1965 mit Gruppe 2 fort.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Anzenberger zu Gruppe 2, Schulwesen, im ordentlichen
und außerordentlichen Voranschlag zu berichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hoher Landtag, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die G r u p p e 2, Schulwesen, weist ordentliche Ausgaben im
Betrage von . . . . . . . . .
S 49,456.600
aus, denen Einnahmen von . . .
S 8,866.600
gegenüberstehen. Es ergibt sich
daher ein Nettoerfordernis von
S 40,590.000
Diese Gruppe behandelt die Gebarungen, welche sich auf Volks- und Hauptschulen, Berufsschulen,
Fachschulen und Bildstellen beziehen. Im Verhältnis zum Gesamtaufwand betragen die ordentlichen
Ausgaben 2,6 Prozent gegenüber 2,1 Prozent im Vorjahr.
Diese Gruppe weist Mehrausgaben von rund 11,7 Millionen Schilling aus. Der Personalaufwand in
dieser Gruppe steigt um rund 0,9 Millionen Schilling, während der Sachaufwand eine Vermehrung um
rund 10,8 Millionen Schilling verzeichnet. Vom außerordentlichen Teil des Voranschlages wurden
Kredite in einer Gesamthöhe von 1,2 Millionen Schilling übernommen. Es sind dies der
Voranschlagsansatz 2319-61, Beitrag an den Berufsschulbaufonds, mit einer Million Schilling,
Voranschlagsansatz 249-61, Subventionen für Fachschulen, mit 100.000 Schilling, und
Voranschlagsansatz 291-63, sonstige Stipendien, mit 100.000 Schilling. Weitere bemerkenswerte
Erhöhungen ergeben sich bei Voranschlagsansatz 2119-62, Beitrag an den Landesschulbaufonds, um
fünf Millionen Schilling, bei Voranschlagsansatz 2121, Sonderschulen, Sachaufwand, um rund
300.000 Schilling, bei Unterabschnitt 2311, Landesberufsschulen, um rund 0,9 Millionen Schilling, bei
Voranschlagsansatz 2319-75, Beitrag zum Personalaufwand der allgemeinen gewerblichen
Berufsschulen, um 1,8 Millionen Schilling, im Sachaufwande des Abschnittes 24, Fachschulen, um
rund 500.000 Schilling, im Unterabschnitt 27, Landesbildstellen, um rund 300.000 Schilling, im
Unterabschnitt 291, Studien- und Lernbeihilfen, um 600.000 Schilling.
Die Einnahmen zeigen eine Erhöhung von rund 0,8 Millionen Schilling. Sie sind bedingt durch die
höheren Erstattungsbeiträge von Gemeinden zu den Lasten der Landesberufsschulen in der Höhe
von rund 500.000 Schilling, die um rund 200.000 Schilling höheren Einnahmen der Fachschulen und
die um 300.000 Schilling höheren Einnahmen der Landesbildstellen.
Die außerordentlichen Ausgaben der Gruppe 2 belaufen sich in der Vollziehungsstufe I auf 21
Millionen Schilling, in der Vollziehungsstufe II auf 7,285.000 Schilling. Ich bitte den Herrn Präsidenten,
über diese Gruppe die Verhandlung einzuleiten.
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Grünzweig.
Abg. GRÜNZWEIG: Hohes Haus, meine Damen und Herren! Die Gruppe 2, Schulwesen, ist im
vorliegenden Voranschlag erfreulicherweise besser dotiert als dies in den vergangenen Jahren der
Fall war; dies gilt sowohl für den ordentlichen als auch für den außerordentlichen Voranschlag. Die
Steige-rung im ordentlichen Voranschlag von den bisherigen 2,1 Prozent des Gesamtbudgets auf 2,6
Prozent ist zwar in dieser Form nicht ganz echt, weil eine Reihe von Positionen, die bisher im
außerordentlichen Voranschlag waren, nun in den ordentlichen Voranschlag übernommen Wurden.
Nachdem aber der Anteil der Gruppe 2, Schulwesen, auch im außerordentlichen Budget eine
Steigerung erfahren hat, und zwar sowohl prozentmäßig als auch absolut, nämlich von 7,1 Prozent auf
9,9 Prozent - in Zahlen ausgedrückt von 16,5 Millionen auf 21 Millionen -, ersehen wir daraus, daß die
Gruppe 2 insgesamt besser dotiert ist, und das kann uns mit einer gewissen Befriedigung erfüllen, die
ich hiermit gerne zum Ausdruck bringe. Ich möchte nun ganz wenige Probleme unseres
niederösterreichischen Schulwesens herausgreifen, von denen ich der Meinung bin, daß sie zu den
schwerwiegendsten zählen, die uns derzeit beschäftigen. Die schulorganisatorischen Verhältnisse in
Niederösterreich rufen dringend nach Verbesserung und Abhilfe. Diese Frage war seit Jahren immer
wieder Gegenstand von Abhandlungen hier in diesem Hause und auch von Gesprächen innerhalb der
Schulbehörden. Ich glaube daher, es ist Zeit, daß etwas geschieht. Wir sind in ein Stadium
gekommen, wo wir, sowohl was die pädagogischen Aspekte als auch die Frage der materiellen
Aufwendungen für unser Schulwesen und der Zur Verfügungstellung der nötigen Lehrpersonen
anbelangt, einfach nicht mehr weiterkönnen. Wir haben für unsere vielen Zwergschulen nicht mehr die
Lehrer, wir haben nicht mehr das erforderliche Geld, und in ihren pädagogischen Konsequenzen
genügen sie nicht mehr den Anforderungen unserer Zeit. Die übersichten sind zum Teil bekannt, sie
werden immer wieder gebracht, ich darf nur ganz kurz einige Zahlen nennen, und zwar beziehe ich
mich auf die amtliche Statistik des Schuljahres 1963164, die für das laufende Jahr etwas
unterschiedlich ist. Wir hatten im vergangenen Jahr 445 einklassige Volksschulen, das entspricht 35
Prozent, und 357 zweitklassige Volksschulen, das entspricht 28 Prozent der Gesamtzahl der
Volksschulen. Wir stellen also fest, daß 63 Prozent der niederösterreichischen Volksschulen
ausgesprochen nieder organisiert sind. Weiters 160 dreiklassige Volksschulen, 122 vierklassige in der
städtischen Form, das heißt, wo nur die erste bis vierte Schulstufe geführt wird, also die Unterstufe, 58
vierklassige Volksschulen in ländlicher Form, 117 fünfklassige, 21 sechsklassige, drei siebenklassige;
achtklassige Volksschulen gibt es in Niederösterreich nicht mehr. Die Zahl der Volksschulen sinkt
innerhalb der letzten Jahre, was mit der nur sehr zögernden Schließung von einklassigen
Volksschulen zusammenhängt. Im Laufe des Schuljahres 1962163 wurden insgesamt sechs
einklassige Schulen stillgelegt, und das ist zu wenig, meine Damen und Herren. Hauptschulen gibt es
im laufenden Jahr 226, von denen insgesamt 166 bereits zweizügig geführt werden. Das ist sehr
erfreulich, denn die Zahl der zweizügig geführten Hauptschulen lag im vorigen Schuljahr noch
wesentlich darunter. Hier wirkt sich das Schulgesetz 1962 bereits aus, da man trachtet, heute das
Hauptschulwesen zu differenzieren, auf Zweizügigkeit umzustellen. Trotzdem glaube ich, daß wir auch
auf dem Gebiete des Hauptschulwesens verschiedene Schulen haben, die zu niedrig organisiert sind.
Die vierklassige Hauptschule, einzügig geführt, entspricht ebenfalls nicht ganz unseren Vorstellungen.
Es gibt heute noch 33 vierklassige Hauptschulen, von denen 14 unter 120 Kinder haben, ja sogar
neun unter 100 Kinder. Die einzügige Führung ist ein Hindernis für das Aufsteigen der Kinder oder für
den übertritt der Kinder in höhere Schulen, weil in der einzügig geführten Schule nach dem ersten
Klassenzug unterrichtet wird und durch die große Streuung innerhalb dieser Klassen die Kinder nicht
in dem Maße gefördert werden können, wie sie in dem reinen ersten Klassenzug gefördert werden.
Man hilft sich - dieses Problem ist in den vergangenen Jahren aufgetaucht - mit der differenziert
geführten einzügigen Hauptschule; das heißt, man versucht, in einzügig geführten Hauptschulen
einen Teil der Kinder nach dem Lehrplan des ersten Klassenzuges und den zweiten Teil der Kinder
nach dem Lehrplan des zweiten Klassenzuges zu unterrichten. Das wirft eine Reihe von
organisatorischen, stundenplanmäßigen, aber auch räumlichen Problemen auf, die nur sehr schwer
gelöst werden können.
Eine interessante Statistik ist auch diejenige über die Schülerzahlen pro Schulgebäude innerhalb ganz
Österreichs. Es gehen in Österreich durchschnittlich 138 Kinder in eine Schule. In Wien naturgemäß
die meisten, nämlich, 239, in Vorarlberg 123, in Tirol 107, in der Steiermark 164, in Salzburg 164, im
Burgenland 101, in Kärnten 140, in Oberösterreich 165. In Niederösterreich besuchen nur 95 Kinder
eine Schule.
Auch aus dieser Zahl ersehen Sie, dass Niederösterreich mit der Schulorganisation weit hinten steht.
Eine andere Statistik besagt, daß sich 39 Prozent aller einklassigen Schulen in Niederösterreich
befinden. Auch daran erkennt man die Stellung Niederösterreichs auf diesem Gebiet.
Meine Damen und Herren! Es war klar, daß sich die Schulbehörde mit diesen Problemen beschäftigen
mußte, und am Beginn des vergangenen Schuljahres zwang der Mangel an Lehrkräften zu
einschneidenden Maßnahmen. Ich meine aber, daß dieser Personalmange1 das Sekundäre ist. Das
Primäre ist die Stellung der Schulorganisation, die Zweckmäßigkeit in pädagogischer Hinsicht. Und
hier haben wir festgestellt, daß die einklassige Schule Iden Anforderungen unserer Zeit nicht mehr
entspricht. Nun begann man, nach Gesprächen mit Bezirkshauptleuten,
Bezirksschulaufsichtsorganen, unter Zugrundelegung der Schülerzahlen, des Bauzustandes der
einzelnen Schulgebäude und der Verkehrssituation, einzelne Schulen für das laufende Jahr
stillzulegen; das heißt, man sah sich einfach außerstande, ihnen eine Lehrkraft zuzuweisen. Der
Landesschulrat hat den Bezirksschulräten eine diesbezügliche Mitteilung rechtzeitig, nämlich noch im
Juli des vergangenen Jahres, zukommen lassen. Es ist klar: Eine solche Maßnahme bringt in eine
betroffene Gemeinde Unruhe. Die Schule, das ist irgendwie ein Symbol für die Selbständigkeit des
Ortes, und die Eltern sehen es nicht gerne, wenn die Kinder außerhalb des Ortes in die Schule zu
gehen haben. Diese ganze Problematik ist uns vollkommen klar, und wir meinen, daß es noch einer
ungeheuren Erziehungsarbeit bedarf, um gerade die Eltern von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen
zu überzeugen. Es waren zirka 20 Schulen, die schließlich zur Stillegung vorgesehen wurden.
Meine Damen und Herren! i n Niederösterreich werden - ich muß es leider feststellen - viele
Maßnahmen auf Grund von Interventionen beschlossen, und eben so viele Maßnahmen werden auf
Grund von Interventionen wieder korrigiert. Eine Delegation nach der anderen ist damals in den
Landesschulrat gekommen, aber auch zu den Spitzen der Landesbehörden, und fanden dort - es
standen ja Wahlen vor der Tür, nämlich die Landtagswahlen - ein geneigtes Ohr, und es wurde in
vielen Fällen die Wiedereröffnung von schon stillgelegten Schulen angeordnet. Das hat natürlich
ungeheure Probleme hervorgerufen, weil für diese Schulen einfach keine Lehrkraft da war. Sie mußte
von benachbarten höher organisierten Schulen abgezogen werden. Es kam also in diesen Schulen zu
gesteigerten Schüllerzahlen, zu Zusammenlegungen von Klassen. In den größeren Gemeinden Sind
dadurch am Beginn des vergangenen Schuljahres Schülerzahlen von 45, ja über 50 keine Seltenheit
gewesen. Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist uns klar, daß es so nicht weitergehen kann,
dass man, wenn solche Maßnahmen nach reiflicher Überlegung beschlossen sind, nicht hinterher
diese Maßnahmen auf Umwegen wieder korrigieren darf.
Es soll in den nächsten Wochen über dieses Problem eine Enquete stattfinden. Die Schulbehörde ist
sich über die ganze Problematik im klaren, sie sieht jetzt, daß dieser erste Versuch, den man als
gescheitert betrachten kann, ungenügend ist, daß die Dinge besser vorbereitet werden müssen, daß
man das Schulwesen auf eine breitere Basis stellen muß, daß man vor allen Dingen mit den
maßgeblichen Leuten dieser Gemeinden reden muß, also mit den Gemeindevertreterverbänden, den
Vertretern der Bezirksschulräte, den Vertretern der verschiedenen Interessenorganisationen, und daß
man in einer umfassenden Aufklarungsaktion über diese Dinge reden muß. Wir hoffen, daß man dann
zu einem Idealplan für die niederösterreichische Pflichtschulorganisation kommt. Das soll das Ziel
dieser Gespräche sein. Der Idealplan sollte ungefähr so ausschauen, dass die Modellschule für den
ländlichen Raum, die Modellvolksschule, eine drei- bis vierklassige Volksschule ist, die nur die
Unterstufe umfaßt, während man sich die städtischen Formen so vorstellt, daß sich eventuell
Paralleljahrgänge zu diesen vierklassigen Unterstufen entwickeln können.
Die Modellhauptschule soll die achtklassige zweizügig geführte Hauptschule sein, die nur dann
weniger Klassen haben soll, wenn die Schülerzahlen wegen des zumutbaren Schulweges absolut
nicht ausreichen. Diese einzügigen Klassen sollen jedoch dann differenziert geführt werden, damit
Vorsorge getroffen wird, daß die Kinder sowohl nach dem Lehrplan des ersten Klassenzuges als auch
nach dem Lehrplan des zweiten Klassenzuges unterrichtet werden können. Dazu ist es notwendig,
daß das derzeit nur unregelmäßig bestehende Sonderschulwesen in einigen Bezirken nachgezogen
wind, daß wir ein gleichmäßiges Niveau auf dem Gebiet des Sonderschulwesens bekommen.
Schließlich soll der polytechnische Lehrgang als echte Mittelpunktschule Sprengelweise geführt
werden, je nach Verkehrssituation, Schulwegsituation und Schülerzahlen.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ist eine Reihe von gesetzlichen Maßnahmen
notwendig. Der Landesgesetzgeber muß in nächster Zeit tätig werden, großzügig tätig werden. Wir
haben vor uns die Beschlußfassung über das Schulorganisationsausführungsgesetz, das in der
vergangenen Periode bereits den Schulausschuß beschäftigt hat, aber nicht verabschiedet wurde.
Nun hat dazu auch das Kollegium des Landesschulrates Stellung genommen, und zwar
einvernehmlich Stellung genommen. Ich darf feststellen, daß über diese Fragen keine wesentlichen
Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich ihres sachlichen Inhaltes bestehen. Wir rechnen damit, daß
dieses Gesetz in nächster Zeit dem Landtag zur Beschlußfassung vorgelegt werden wird.
Für dieses Problem am wichtigsten erscheint mir jedoch die Novellierung des
Schulerhaltungsgesetzes aus dem Jahre 1957. Hier muß von der gesetzlichen Seite her Vorsorge
getroffen wenden, daß diese Zwergschulen nicht entstehen können, daß ein Riegel vorgeschoben
wird. Heute ist es so, daß unter bestimmten Umständen kraft des noch bestehenden Gesetzes eine
solche Zwergschule sogar errichtet wenden muß. Das muß geändert wenden. Vor allem ist der Begriff
des zumutbaren Schulweges im Gesetz neu zu formulieren. Bis jetzt war dieser zumutbare Schulweg
in Kilometern ausgedrückt, nämlich vier Kilometer. In der Zeit des modernen Verkehrs, der
Massenverkehrsmittel, aber auch der individuellen Verkehrsmittel - heute führen unter Umständen
Väter ihre Kinder mit dem Privatwagen in die Schule - muß man alle diese Dinge dabei
berücksichtigen - die Kinder können dem Fahrrad fahren -, so daß man diese Formulierung neu treffen
muß, nicht in Kilometern, sondern in Schulwegzeit ausgedrückt und zu einer wesentlichen Änderung
gerade des Begriffes ,,zumutbarer Schulweg" kommt. Ein Versuch dazu wird bereits im kommenden
Schulorganisationsgesetz unternommen; die Verankerung soll jedoch im Schulerrichtungsgesetz
erfolgen.
Meine Damen und Herren! Schon einigen wenigen Gemeinden Niederösterreich verwendet man
Schülerautobusse und damit gute Erfahrungen gemacht. Es lohnt sich doch für eine Gemeinde, die
eine Schule mit acht, neun Kindern zu unterhalten einen VW-Kombi anzuschaffen und damit diese
acht, neun Kinder in eine Schule zu führen. Die Erhaltung dieses Autobusses ist - rein materiell
gesehen wesentlich billiger als die ganzen Schulerhaltungskosten, die Zuverfügungstellung einer
Lehrkraft usw. Außerdem gehen Kinder - und darauf kommt es im entscheidenden Augenblick an - in
eine höhere organisierte Schule, lernen mehr und werden dadurch für das Leben besser ausgerüstet.
Das glaube ich, muß im Mittelpunkt stehen. In diesen Zusammenhang auch einiges zudem Sektor
Hauptschulsprengel. Es noch so, daß der größere Teil der Gemeinden dem Pflichtschulsprengel einer
Hauptschule, sondern dem Berechtigungssprengel angehört. Der Unterschied ist der, dass die Kinder
die Hauptschulreif sind und
im Pflichtschulsprengel wohnen, in die Hauptschule gehen dürfen. Das wirkt sich so aus, daß im
Bezirk Amstetten zum Beispiel drei Viertel aller Volksschulen nicht dem Pflichtschulsprengel
angehören. Es gibt in diesem Bezirk 700 Kinder, die zwar Hauptschulreif sind, aber nicht in die
Hauptschule gehen sie genügen ihrer Schulpflicht in der Oberstufe der Volksschule. Hier besteht eine
Ungleichheit vor dem Gesetz; diese Kinder sind benachteiligt. Es ist auch so, dass die
Sprengeleinteilung völlig unlogisch ist. Kinder die zwei Kilometer vom Sitz einer Hauptschule entfernt
wohnen, gehören oft zum Pflichtschulsprengel. Die einen müssen fünf Kilometer die anderen dürfen
nur zwei Kilometer in die Hauptschule gehen. Das muß man nach einheitlichen Gesichtspunkte
ordnen und zwar so, dass man die Pflichtschulsprengel auf Kosten der Berechtigungssprengel soweit
ausdehnt, als es dieser zumut bare Schulweg ermöglicht. Wenn man das sehr streng fassen würde,
dürfte es in Hinkunft nur ganz wenige Berechtigungssprengel geben und alle Kinder der Oberstufe
müßten in die Hauptschule und nicht in die Volksschule gehen. Das ist das Ziel der Schulgesetze
1962, das wir in Niederösterreich zu verwirklichen haben. Das beinhaltet aber auch, daß die Kinder
der Volksschuloberstufe - die es jetzt noch gibt - in Hinkunft in die Hauptschule gehen. Die
Volksschulaberstufe soll aufgelöst werden. Überall dort, wo ein Kind im Pflichtschulsprengel einer
Hauptschule wohnt, hat es seine Oberstufe in der Hauptschule zu absolvieren, und zwar im ersten
oder zweiten Klassenzug. Daher Ausbau der Hauptschulen in erste und zweite Klassenzüge. Für die
Kinder, die nicht reif sind, soll das Sonderschulwesen, das auch einer entsprechenden Förderung
bedarf, ausgebaut werden.
In diesem Schulerhaltungsgesetz, meine Damen und Herren, ist die Frage der Heimkinder ein ganz
kleines Problem, das aber für die betroffenen Gemeinden ungeheuer schwierig ist. Im Jahre 1961
wurde bekanntlich dieses Gesetz novelliert. Es gibt Heime, deren Kinder in benachbarten Gemeinden
die Schule besuchen. Auf Grund des Gesetzes müssen nun diese Gemeinden, in welchen sich ein
Schülerheim befindet, der benachbarten Hauptschule Schulumlagen bezahlen, so ferne diese Kinder
nicht von Fürsorgeverbänden, sondern von privaten Vereinen, Verbänden oder Privatpersonen
eingewiesen sind. Das trifft zum Beispiel die Gemeinde Greifenstein ungeheuer schwer. In
Greifenstein befindet sich ein Heim von den ,,Wiener Spatzen", die Kinder gehen - einmal 20, einmal
25 - nach St. Andrä in die Schule. Die Greifensteiner haben innerhalb von zwei Jahren 90.000 S
Schulumlagen zu bezahlen, weil dieses Heim von Privaten unterhalten wird. Ich möchte sehr bitten,
dieses Problem bei der Novellierung des Schulerhaltungsgesetzes nicht aus den Augen zu lassen,
wenn man nicht einige Gemeinden damit in die größte finanzielle Verlegenheit bringen will. Zufällig
trifft das in meinem Bezirk noch eine zweite Gemeinde, das ist Judenau. Dort unterhält der Verein
„Rettet das Kind" ein großes Heim; die dort aufgenommenen Kinder gehen nach Sieghartskirchen zur
Schule. Loyalerweise übernimmt aber der Verein „Rettet das Kind" die Bezahlung der Schulumlagen,
wozu er gesetzlich nicht verpflichtet wäre. Es wäre ja auch auf Grund des Gesetzes gar nicht möglich,
weil der Schulbesuch bekanntlich unentgeltlich ist. Es soll dann noch das Schulunterrichtsgesetz als
Ausführungsgesetz der Bundesgrundsatzbestimmungen erlassen wenden. Auch das wird bis Ende
dieses Halbjahres der Fall ein müssen.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, eine Anregung. Sie wurde in ähnlicher Form
schon im Kollegium des Landesschulrates gebracht und in einer Stellungnahme des Landesschulrates
zum Schulorganisationsgesetz niedergelegt. Die Schulgesetzgebung wind sehr unübersichtlich
werden. Wir haben auf Bundesebene jetzt schon, soviel ich weiß, neun oder zehn Gesetze mit den
Kompetenzgesetzen, die sich mit der Regelung des Schulwesens befassen. Wir haben auf
Landesebene derzeit sechs und bekommen dann ein siebentes Gesetz, wenn ich das
Schulorganisations- und das Schulunterrichtsgesetz dazunehme. Wer kennt sich außer den paar
Fachleuten, die es da gibt, noch aus? Ich würde dafür sein, daß man eine Reihe von Gesetzen, deren
Materie zusammenhängt, in ein einheitliches niederösterreichisches Pflichtschulgesetz
zusammenfaßt. Es gibt viele Dinge, die man gemeinsam für die verschiedenen Schulkategorien
normieren könnte, um so einen handlichen Behelf für jene zu heben, dlie mit diesen Dingen
beschäftigt sind. Das sind nicht nur die Lehrer, das sind auch die Gemeinden, die
Bezirksverwaltungen und zum Teil auch die Politiker. Es wäre das das Pflichtschulerhaltungsgesetz,
das Berufsschulerhaltungsgesetz, eventuell als Anhang die Schulbauordnung für alle diese
Schulkategorien, das neu zuverfassende Schulorganisationsgesetz und das Schulzeitgesetz. Diese
fünf Gesetze könnten zusammen das niederösterreichische Pflichtschulgesetz bilden. Dazu kommen
noch das Schulaufsichtsausführungsgesetz und das Lehrerdiensthoheitsgesetz, so daß auch hier
noch gesorgt wind, daß eine Differenzierung unter den Gesetzen vorhanden ist.
Zum Schluß meiner Ausführungen komme ich, nachdem ich Ihnen gesagt habe, daß das das
wichtigste Problem ist, das ich derzeit auf dem Gebiet unserer Schulorganisation sehe, zum
Lehrermangel. Der Herr Landeshauptmann 'hat in sehr dankeinswerter Weise auf dieses Problem in
seiner letzen Radiorede hingewiesen. Das ist nur zu unterstreichen, und ich freue mich, daß die
öffentlichen Stellen heute diese Problematik sehr deutlich sehen und sich auch über die
Konsequenzen im Klaren sind. Auch das Bundesministerium für Unterricht plant eine Reihe von
Maßnahmen, um dem akuten Lehrermangel abzuhelfen. Der Bedarf steigt noch immer durch die
Auswirkungen der verschiedenen Gesetze, vor allem des Lehrerdienstrechtsüberleitungsgesetzes,
des Schulorganisationsgesetzes mit einer Herabsetzung der Schülerzahl, aber auch durch die
steigenden Schülerzahlen selbst und durch die Pensionierung der pensionsstarken Jahngange 1900,
1901 und 1899, wie das in den vergangenen Jahren der Fall war. Rund 250 Lehrkräfte gehen jetzt
jedes Jahr in Pension, dazu kommt noch das vorzeitige Ausscheiden von weiblichen Lehrkräften, so
daß wir mit einer Anstellungszahl von 300 Lehrkräften im Jahr noch immer nicht nachkommen.
Daß der Lehrermangel am Lande in den kleineren Gemeinden besonders kraß ist, das ist bekannt. Ich
möchte da vielleicht sagen, man müßte den Gemeinden nicht so viel auf verschiedenen Gebieten
zumuten. Das ist gestern gesagt worden, man müßte aber gerade von den Gemeinden her trachten,
den Lehrer, der eis auf sich nimmt, in eine Gegend zu gehen, die für ihn fremd ist und wo er mit
schwierigen Verkehrsverhältnissen zu kämpfen hat, etwas besser unterzubringen. Es hat früher für
Lehrer reiche Benefizien gegeben. Man ist ihm mit der Wohnung, mit der Führung der Schule, mit der
Benützung des Schulgartens entgegengekommen. Alles das nimmt man dem Lehrer auf dem Lande
und so bleibt kein besonderer Vorteil gegenüber einem Lehrer im städtischen Bereich. Obendrein
kann er seine Kinder keine höhere Schule besuchen lassen, es sei denn, er gibt sie in ein Internat.
Alle diese Dinge müsste man berücksichtigen. Man müßte die Tätigkeit des Lehrers auf dem Lande in
entlegenen Gebieten lukrativ auch von der finanziellen, von der Wohnungsmäßigen Seite her
gestalten. Es ist uns klar, daß der Lehrermangel, und das gilt für alle Kategorien, gleich welcher
Gattung, noch lange Zeit andauern wird. Eis wurden verschiedene Vorsorgen getroffen durch die
Einführung der Maturantenlehrgänge, die derzeit an den Lehrerbildungsanstalten geführt werden, und
wir hoffen, daß wir im kommenden Jahr mit Abgang der Privatanstalten gegen 300 Junglehrer für
unsere Schulen bekommen. Die Zahl ließ sich noch nicht genau feststellen, weil die Entscheidung, ob
der Junglehrer nach Niederösterreich geht oder nicht, diesem Junglehrer selbst überlassen bleibt.
Aber vielleicht könnten wir eine ganz kleine Erleichterung auf dem Gebiet der Personalsituation durch
Förderungsmaßnahmen, die ich Ihnen jetzt vorschlagen möchte, erreichen. Es rücken Jahr für Jahr
zwischen 30 und 50 Junglehrer zum Präsenzdienst ein. Das ist richtig. Auch der Junglehrer hat sich
dieser staatsbürgerlichen Pflicht und Notwendigkeit zu unterziehen. Trotzdem aber ist doch der
Lehrerberuf ein Mangelberuf, und ich könnte mir denken, daß für den Lehrer die Bestimmungen des
Erlasses des Herrn Verteidigungsministers vom 22. Mai 1964 über die vorzeitige Freistellung in
begründeten Fällen angewendet werden könnten und von Seiten der Schulbehörden hier generell ein
Schritt unternommen werden müßte. Wenn man am 1. Juli die Junglehrer einberuft, so könnten sie bis
Ende des Jahres gemäß diesen Bestimmungen ihre Dienstzeit abgeleistet haben und mit Beginn des
kommenden Jahres, wo der Personaldruck am härtesten ist, durch Pensionierungen und durch
verschiedene Krankheitsstände, die bekanntlich in den Wintermonaten auftreten, könnte man in
diesen schwierigen Bezirken, zum Beispiel in den Randbezirken, wo die meisten Junglehrer sind zum Beispiel in Zwettl, wo derzeit fünf Junglehrer eingerückt sind - die Personalsituation etwas
verbessern für die Übergangssituation. Ich erlaube mir daher in diesem Zusammenhang, einen
Resolutionsantrag einzubringen, von dem ich erwarte, daß ihm das Hohe Haus die Zustimmung nicht
versagen wird (liest):
Die Landesregierung wird aufgefordert, den Landesschulrat zu ersuchen, beim Bundesministerium für
Unterricht vorstellig zu werden und zu erwirken, daß Junglehrer zur Ableistung ihres Präsenzdienstes
– wenn möglich - zum Termin 1. Juli einberufen werden und im Sinne des Erlasses des
Bundesministeriums für Landesverteidigung, Z1. 221.160 - Pers. M/64 vom 22. Mai 1964, vorzeitig so
entlassen werden, daß sie mit Beginn des Unterrichtes im Jänner für den Unterricht wieder zur
Verfügung stehen. Ich bitte das Hohe Haus um Annahme dieses Resolutionsantrages. (Beifall bei der
SPÖ.)´
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Schoiber.
Abg. SCHOIBER: Hohes Haus! Wenn die Ansatzposten für die Gruppe 2 erhöht worden sind, zeugt
das nur von unserer gemeinsamen Verantwortung, der Schule in unserem niederösterreichischen
Heimatland jene Grundlage zu (geben, um sie sehr leistungsstark und lebensnah zu machen, damit
sie den Anforderungen, die die gegenwärtige Zeit an sie stellt, tatsächlich gewachsen ist. Es geht
nicht allein darum, Wissen zu vermitteln, sondern vor allem darum, die Kräfte und Talente unserer
jungen Leute nach allen Richtungen hin zu fördern, sie zu beweglichen Menschen zu machen, die
unter geänderten Lebensverhältnissen in der Gegenwart jederzeit sich sehr rasch verstehen, und sie
vor allem mit jenem Verantwortungsbewußtsein auszustatten, um sie in einer Zeit, in der den
Menschen sehr große materielle, aber auch materielle Werte in die Hand gegeben sind, tatsächlich zu
fördern. Mein geschätzter Herr Vorredner hat darauf hingewiesen, dass noch eine Reihe gesetzlicher
Maßnahmen notwendig ist. Das Schulorganisationsgesetz wurde bereits besprochen. Dies ist deshalb
von Wichtigkeit, weil dadurch manche Maßnahmen in diesem Land gesetzlich saniert werden müssen
und andere eingeleitet werden können. Ich darf darauf hinweisen, dass auch das Schulzeitgesetz von
allergrößter Wichtigkeit ist. Ganz besonders wichtig erscheint mir aber die Novellierung des
Schulerrichtungs- und Schulerhaltungsgesetzes. In dieser Beziehung wäre nur zu bemerken, dass wir
bei der Novellierung des Schulerrichtungs- und Schulerhaltungsgesetzes die Möglichkeit ausschöpfen
sollten, auch über die Naturalwohnungen für die Lehrer mehr auszusagen, als dies in der jetzigen
Fassung der Fall ist. In anderen Ländern sind hier sehr konkrete Angaben enthalten, und ich halte es
im Sinne der Lehrerschaft, aber auch aus der Überlegung heraus, daß wir in unsere entfernten
Gegenden nur dann Lehrer freiwillig bekommen, für notwendig, daß den Lehrern tatsächlich auf dem
Wohnungssektor etwas geboten wind. Von größter Bedeutung ist, in dieses Gesetz entsprechende
Bestimmungen einzubauen.
Zur Schulorganisation wurde heute schon sehr viel gesagt. Es ist richtig, daß die Schulorganisation
unseren Hauptschulen die größte Sorge bereitet, da Niederösterreich in dieser Beziehung von allen
Bundesländern am schlechtesten daran ist. Das Burgenland, das etwa am besten mit Niederösterreich
verglichen wenden kann, oder die Steiermark hat 11 Prozent einklassige Schulen, während wir auf 35
Prozent stehen. Es wurden auch schon verschiedene Versuche gemacht, die Situation zu verbessern,
die nieder organisierten Schulen durch höher organisierte Schulen zu ersetzen. Dias soll kein hartes
Urteil über eine Schulform sein, die sich durch viele Jahrzehnte bestens bewährt hat und bei
Schaffung dieser Schulorganisation einen ganz bedeutenden Fortschritt dargestellt hat, sondern wir
müssen nur in der gegenwärtigen Zeit die Gelegenheit ausnützen und, den geänderten Verhältnissen
entsprechend, eine Schule schaffen, die möglichst ertragreich und auch sehr rationell zu führen ist. Es
ist richtig, daß wir zu Beginn dieses Schuljahres eine Reihe von Schulen zur Stillegung vorgesehen
haben. Es ist aber nicht zu allen diesen Stillegungen gekommen. Ich darf in diesem Zusammenhang
sagen: Selbstverständlich waren die Schwierigkeiten groß, die zu überwinden waren. Diese
Schwierigkeiten waren aber hüben und drüben feststellbar, und es mußte in einzelnen Fallen sowohl
hüben als auch drüben nachgegeben werden. Ich erinnere zum Beispiel an Rindlberg, Herr Landesrat,
und an Felling. Es hat da und dort Schulen gegeben, für die das zutrifft, das gestehe ich ruhig zu. Was
war der Grund? Vornehmlich der, daß uns ein Generalplan gefehlt hat. Manche Gemeinden könnten
daher sagen: Warum bei uns, und bei euch nicht! Nun hat ja schon mein Vorredner angedeutet, daß
wir die Absicht haben, in kürzester Zeit eine Enquete über diese Angelegenheiten abzuhalten, bei der
Richtlinien für einen Plan aufgestellt werden sollen, der in den Bezirken erarbeitet werden muß. Mit
Hilfe eines solchen Generalkonzeptes könnte dann die Sache konsequent angegangen werden. Dann
wird man diese Maßnahmen nicht als gegen eine Gemeinde gerichtet ansehen, sondern als Teil eines
Gesamtplanes. Ich bin überzeugt, daß wir uns dann alle, da wir ja in dieser Angelegenheit dieselben
Absichten haben, viel, viel leichter tun werden.
Zur Personalsituation darf ich noch folgendes sagen: Es ist richtig, daß wir in Niederösterreich an
einem Lehrermangel leiden. Was sind denn nun die eigentlichen Ursachen hiefür? Von meinem
Vorredner wurde nur ein Teil der Unsachen angeführt. Ein sehr wesentlicher Teil besteht in der
starken Zunahme der Schülerzahl in unserem Bundesland. Vom Schuljahr 1958/59 bis zum Schuljahr
1963/64 ist die Zahl der Pflichtschüler von 139.259 auf 151.048 gestiegen, also um 11.789. Wenn Sie
das auf die Zahl der Dienstposten umrechnen, werden Sie daraufkommen, wie stark uns diese
Zunahme belastet. Wir freuen uns aber selbstverständlich über diese Entwicklung, die in
Niederösterreich feststellbar ist. In Wien zum Beispiel ist in der gleichen Zeit die Zahl der Schüler um
rund 14.000 gesunken.
Eine Ursache für 'den Lehrermangel besteht also in dem starken Ansteigen der Schülerzahl, das wir
ausgleichen müssen. Eine andere Ursache liegt in dem Ausscheiden der Lehrkräfte. 1960 sind 141
Lehrkräfte ausgeschieden, 1961 173, 1962 225, 1963 250 und 1964 139. In diesem Jahr wird die Zahl
etwas niedriger sein. Hauer müssen nur 52 Lehrkräfte ausscheiden. Man muß aber eine erhebliche
Anzahl dazurechnen, mindestens das Doppelte muß angenommen werden. Es werden also
schätzungsweise 120 Lehrkräfte ausscheiden. In dieser Beziehung ergibt sich daher eine kleine
Besserung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem Jahre 1960 treffen wir eine Vorsorge. Seit diesem
Zeitpunkt führen wir unsere Maturantenjahrgänge. Insgesamt wurden fast 500 Lehrer aus den
Maturantenjahrgängen gewonnen und in den Dienst des Landes Niederösterreich gestellt.
Außerdem wird sich im nächsten Jahr, wenn auch noch nicht in diesem Schuljahr, die Parallelführung
der Jahrgänge, die wir ebenfalls sehr zeitgerecht eingeleitet haben, auswirken. An den fünften
Jahngängen der niederösterreichischen Lehrerbildungsanstalten maturieren heuer 136 Schüler, zu
denen noch die Niederösterreicher kommen, die in Wien studieren. Diese Zahl wird im nächsten Jahr
auf 221 anwachsen, weil sich erstmalig die parallelen Jahrgänge auswirken werden, im übernächsten
Jahr auf 244, und sie wird dann immer weiter steigen.
Wir haben also alle Gelegenheiten ausgenützt, um möglichst viele Lehrer heranzubilden. Es wunde
auch im vergangenen Jahr niemand abgewiesen, der wich für einen Maturantenjahrgang gemeldet
hat, wenn er sich annähernd zeitgerecht gemeldet hat. Wenn jemand allerdings bei einer
Ausbildungszeit von zehn Monaten erst drei Monate nach Beginn kommt, dann kann man ihn
billigerweise nicht mehr aufnehmen. Aber diejenigen, die sich einigermaßen zeitgerecht gemeldet
haben, wurden aufgenommen, so daß also niemand sagen kann, er wäre daran gehindert worden,
Lehrer zu werden.
Nebenbei darf ich noch erwähnen, daß wir durch die zusätzliche Gründung von
musischpädagogischen Realgymnasien - in Mistelbach im vorvorigen Jahr und in Scheibbs im
vergangenen Jahr - eine weitere breite Grundlage für den Lehrernachwuchs gebildet haben. Es ist zu
hoffen, daß beide Anstalten bestens florieren wenden, so daß sich dadurch die Zahl der Studierenden
ganz bedeutend erhöhen wird.
Wir haben aber auch einen Mangel an Arbeitslehrerinnen. Wir brauchen jährlich etwa 25
Arbeitslehrerinnen. In Niederösterreich haben wir noch keine selbständige öffentliche Bildungsanstalt
hierfür. Dadurch muß ein Teil der Niederösterreicher in privaten Anstalten und ein Teil in Wien
studieren. Am Ende dieses Schuljahres wenden aus den Anstalten in Amstetten und in der
Hegelgasse keine fertigen Arbeitslehrerinnen kommen, denn dort werden die Jahrgänge fallweise nur
alternierend geführt. Nur in der Bildungsanstalt in der Kenyongasse sind 18 Niederösterreicher, und
diese 18 brauchen wir notwendig.
Es zeigt sich hier also ein neuer Engpaß, den wir überwinden müssen. Es wird uns daher kein anderer
Weg als der Versuch Übrigbleiben, wieder die Abgängerinnen von drei- und vierjährigen
hauswirtschaftlichen und gewerblichen Frauenberufsschulen zu einem einige Monate dauernden
Umschulungskurs der Art einzuladen, wie wir ihn schon einmal in Mold durchgeführt haben, und auf
den Beruf einer Arbeitslehrerin vorzubereiten. Dieser Kurs in Mold war ein großer Erfolg und brachte
uns mit einem Schlag fast 30 Arbeitslehrerinnen.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber erwähnen, daß bei den Richtlinien, die die
Landesregierung hinsichtlich der Studienförderung ausgearbeitet hat, die Arbeitslehrerinnen fehlen,
ich würde bitten, die
Studienförderung auch auf die Heranbildung der Arbeitslehrerinnen auszudehnen, da es sich ja auch
hierbei um Lehrkräfte handelt und wir gerade in dieser Beziehung einen Mangel haben.
Ich glaube also, daß wir in einigen Jahren eine gewisse Erleichterung auf dem Personalsektor spüren
werden. Ich darf mit Genugtuung vermerken, daß auch der Voranschlagsansatz für die
Lehrerfortbildung erhöht worden ist.
(Zweiter Präsident Wehrl übernimmt den Vorsitz.)
(Abg. Schoiber.) Das Land hat für die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte gewisse Einrichtungen.
Bei uns ist es ja besonders schwierig, die Lehrerfortbildung zentral zu gestalten, erstens wegen der
Größe unseres Bundeslandes und zweitens deshalb, weil Niederösterreich kein natürliches Zentrum
hat. Aus diesem Grunde haben wir beim Landesschulrat das Institut für Lehrerfortbildung errichtet. Um
dieser Lehrerfortbildung eine wirksame Grundlage zu geben, werden zunächst in zentralen
Veranstaltungen in Wien Richtlinien ausgegeben. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch bei den
Arbeitsgemeinschaften in den Bezirken. Vom Institut wird jedes Jahr ein sehr reichhaltiges
Arbeitsprogramm ausgearbeitet, und die Lehrerschaft besucht sehr willig und fleißig diese
Fortbildungsveranstaltungen. Vielleicht sind manche Herren der Meinung, daß man die
Lehrerfortbildung doch jedem einzelnen selbst überlassen sollte. Zum Teil, ja sogar zum großen Teil,
ist die Lehrerschaft sehr bestrebt, ihre Fortbildung aus eigenem zu betreiben. Es gibt aber doch
gewisse Angelegenheiten, die man zentral lenken muß, vor allem jene, die sich mit der
Schulgesetzgebung und den sich daraus ergebenden Änderungen zusammenhängen. Ich darf zum
Beispiel daran erinnern, daß vollkommen neue Gegenstände eingeführt wurden, wie Geographie und
Wirtschaftskunde, Geschichte und Sozialkunde, und es gilt, die Vorbereitungsarbeiten für die
polytechnischen Lehrgänge durchzuführen. Es müssen auch jene Lehrkräfte unterstützt werden, die
sich erhöhten Prüfungen unterziehen wollen. Ich denke da insbesondere an die
Hauptschullehrerprüfung. Es ist also ein ganz gewaltiges Arbeitspensum zu leisten. Wenn der
Voranschlagsansatz für die Lehrerfortbildung nunmehr erhöht wurde, so wird uns das auf diesem
Sektor gewiß Erleichterungen bringen. Wenn ich von den Hauptschulkursen gesprochen habe und
mein Vorredner auf die Notwendigkeit des Ausbaues der Hauptschulen hingewiesen hat, was ich
durchaus unterstreiche, so hängt das damit zusammen, daß wir eine erheblich größere Anzahl von
Hauptschullehrern benötigen. Ich bin in der glücklichen Lage, Ihnen mitteilen zu können, daß an den
drei Hauptschulkursen, die in Krems, St. Pölten und Wr. Neustadt abgehalten wenden, insgesamt 336
Lehrkräfte teilnehmen, die neben ihrer Tätigkeit in der Schule dem Studium obliegen und sich auf die
Hauptschulprüfung vorbereiten. Jährlich werden 25 bis 30 Lehrkräfte, das ist etwa ein Drittel, mit der
Ablegung der Prüfung fertig und vermehren das Korps der Vollgeprüften Lehrer.
Ich darf noch erwähnen, daß ich auch die Erhöhung der Ansatzpost für Lehrmittel sehr begrüße, nur
möchte ich in Beziehung auf die Zuteilungsmethode folgendes bemerken: Derzeit ist es
Gepflogenheit, daß eine Gemeinde, die bereit und in der Lage ist, 50 Prozent zur Anschaffung von
hochwertigen Lehrmitteln beizustellen, die zweite Hälfte vom Land als Subvention erhält. Das heißt mit
anderen Worten, daß die finanzkräftigen Gemeinden noch etwas dazubekommen und jene, denen
das Anfangskapital fehlt, leer ausgehen. Im Wesentlichen ist es so und ich könnte aus meiner
Erfahrung Beispiele bringen. Rückblickend möchte ich die Frage stellen, ob nicht die alte Methode der
Zuteilung die. bessere war. Ich erinnere mich an die Zeit, als ich noch ein junger Schulinspektor war
und wir jedes Jahr für die Schulen des Bezirkes einen gewissen Betrag zum Ankauf von Lehrmitteln
zur Verfügung gestellt erhielten. Der Schulinspektor kannte ja jede Schule und wußte, welche
Gemeinde schulfreundlich war, aber trotz ihrer Schulfreundlichkeit keine entsprechenden Lehrmittel
zur Verfügung stellen konnte. Er war also in der Lage, einen gewissen Ausgleich herbeizuführen. Ich
möchte daher zur Überlegung geben, ob diese Methode nicht wieder angewendet werden sollte. Im
Übrigen erlaube ich mir, noch folgendes zu erwähnen: Die Bezirksschulräte sind auch jetzt mit dieser
Angelegenheit befaßt, da sie die Notwendigkeit der Anschaffung von Lehrmitteln bestätigen müssen.
Es wird von ihnen jedoch immer als sehr unangenehm empfunden, daß sie nie erfahren, ob die in
Frage kommenden Schulen Zuweisungen bekommen haben oder nicht. Der Bezirksschulinspektor
muß daher jedes Mal bei neuerlichen Anträgen rückfragen.
Ich will nur noch im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich auf ein Problem verweisen, das mir
wert scheint, besprochen zu werden. Es war vom Lehrermangel die Rede und davon, daß eine weit
höhere Anzahl von Lehrern gebraucht würde. Das ist wohl der Fall, aber die Mehreinstellung von
Lehrkräften macht uns insofern Schwierigkeiten, weil es zur Zeit zwei Berechnungsgrundlagen gibt,
und zwar die nach dem Finanzausgleich 1949, welche unsere Basis ist, und daneben die ebenso
gesetzlich festgelegte Teilungszahl bei 40 Schülern. Nach dem Finanzausgleich dürfen wir 6620
Lehrer haben. Wenn wir in der Lage wären, die Teilungszahl 40 anzuwenden, die ja auch - und das
möchte ich zweimal unterstreichen - auf gesetzlicher Grundlage steht, so würden wir in
Niederösterreich 7413 Lehrer benötigen. Im Zusammenhang mit den Verhandlungen, die sich um den
Finanzausgleich anbahnen werden, bitte ich Sie dringend, diesem Problem im Interesse des Landes
ganz besondere Bedeutung zuzumessen. Im allgemeinen gesehen, glaube ich sagen zu können, daß
die Bemühungen, eine leistungsfähige Schule zu schaffen, allenthalben vorhanden sind, und ich
erlaube mir abschließend, zwei Resolutionsanträge zu stellen, und bitte um ihre Annahme (liest):
Resolutionsantrag des Abg. Schoiber zu Gruppe 2 des Voranschlages des Landes Niederösterreich
für das Jahr 1965. Die Landesregierung wird aufgefordert, zur Verbesserung der Schulorganisation,
insbesondere zum Zwecke der Schaffung höher organisierter Schulen, einen Situierungsplan der
Allgemeinbildenden Pflichtschulen unter Berücksichtigung eines für die betroffenen Kinder
zumutbaren Schulweges sowie der finanziellen Belastung der an der Errichtung und Erhaltung dieser
Schulen beteiligten Gemeinden zu erstellen und demgemäß die Vergabe der Mittel aus dem
Schulbaufonds
vorzunehmen.
Resolutionsantrag des Abg. Schoiber zu Gruppe 2 des Voranschlages des Landes Niederösterreich
für das Jahr 1965. Die Landesregierung wird aufgefordert, anläßlich der durch die Novelle zum
Pflichtschulerhaltungsgrundsatzgesetz, BGBI. Nummer 87/1963, erforderlichen Abänderung des
niederösterreichischen Schulerrichtung und Schulerhaltungsgesetzes im Zusammenhang mit dem
noch zu erlassenden Landesausführungsgesetz zum Schulorganisationsgesetz, BGBI. Nr. 242/1962,
dem Landtag einen Gesetzentwurf zu Beratung und Beschlußfassung vorzulegen, durch welchen die
Schulerhalter der Allgemeinbildenden Pflichtschulen im Interesse der Schaffung höher organisierter
Schulen verhalten werden können, durch andere als durch öffentliche Verkehrsmittel für einen
zumutbaren Schulweg Sorge zu tragen. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Kosler.
Abg. KOSLER: Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Nachdem sich nun meine beiden
Vorredner mit den Hauptproblemen des niederösterreichischen Schulwesens beschäftigt haben,
möchte ich mich einigen besonderen Einrichtungen, die bei uns bestehen, zuwenden, und zwar
möchte ich zuerst das niederösterreichische Bildstellenwesen und dann das Büchereiwiesen, vor allen
Dingen die Lehrerbüchereien, besprechen. Das niederösterreichische Bildstellenwesen ist im Jahre
1964 noch nach der herkömmlichen Übung vollzogen worden, mit 1. Jänner 1965 aber wurde ein
Vertrag, der zwischen dem Bundesministerium für Unterricht und dem Lande abgeschlossen worden
ist, wirksam, so daß nun seit diesem Zeitpunkt die Bestimmungen dieses Vertrages zu beachten sind.
Das Bundesland Niederösterreich ist hiermit das erste Bundesland, das den vertraglosen Zustand auf
diesem Gebiet beendet hat und das sich nun an diesen Vertrag halten kann. Darnach verpflichtet sich
die bundesstaatliche Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm, in Form eines Kataloges den
Bildstellen die Vorführgeräte und das Zubehör zu Selbstkostenpreisen anzubieten, sie auch zu
beschaffen und schließlich zu liefern. Das Land dagegen verpflichtet sich, diese Geräte von der
bundesstaatlichen Hauptstelle zu beziehen, wen)n nicht andere Bezugsquellen im Einzelfall günstiger
sind und als zweckmäßiger erachtet werden. Außerdem verpflichtet sich das Land, auch die
Beschaffung aller audiovisueller, Lehrmittel für ihren Leihbetrieb bei der bundesstaatlichen Hauptstelle
zu tätigen. Das Entscheidende aber in diesem Vertrag ist, daß alle Lehrmittel, alle Vorführgeräte, die
am 1. Jänner 1965 bei den Bildstellen Niederösterreichs lagerten, nunmehr in das Eigentum des
Bundeslandes Niederösterreich übergegangen sind. Damit hat Niederösterreich einen wertvollen
Besitz erhalten, den es nun auch fernerhin zu erhalten gilt und den man auch laufend vervollständigen
muß, um so mehr, als gerade auf diesem Gebiet !die technische Vervollkommnung immer weiter
fortschreitet und auch der Einsatz audiovisueller Lehrmittel im Unterricht immer mehr zu Anwendung
gelangt. Die Landesbildstelle braucht aber dringend Personal und mehr Material. Personal vor allem
deshalb, weil ja die Verleihmittel nach ihrer Rückgabe und vor ihrer Neuausgabe immer wieder auf
Beschädigungen überprüft werden müssen, weil dadurch verhindert werden soll, daß man schon
vorhandene Lehrmittel wieder vorzeitig nachschaffen muß. Mehr Material wird deshalb gebraucht, weil
besonders bei bestimmten Lehrmitteln das Vorhandensein mehrerer Kopien, zum Beispiel bei Filmen,
mehrerer Reihen von Diapositiven, notwendig ist, da diese sehr häufig angefordert werden und im
Leihverkehr deshalb immer wieder Engpässe entstehen, die man durch mehr Material vermeiden
kann.
Schließlich wäre es auch zweckmäßig, und es wird sich auch zeigen, daß es sehr notwendig sein
wird, in allernächster Zeit daran zu denken, daß der Landesbildstelle auch eine
Schallplattensammlung angeschlossen wird, denn die Sprechplatten und die Fremdsprachlehrplatten
finden ebenfalls immer mehr Eingang in die Schulstube und sind zur Bereicherung der methodischen
Vielfalt des Lehrers ein ganz besonders wertvolles Lehrmittel geworden. Die Unterbringung der
Bildstellen ist in den Bezirken im allgemeinen dadurch sehr gut gelöst, daß sie in den Schulen
untergebracht sind, zum Großteil in den größeren Schulgebäuden, und hier wieder in den
Bezirksvororten. Die Unterbringung der Landesbildstelle ist jedoch nicht befriedigend. Die jetzige
Unterkunft in der Bankgasse ist wohl etwas weitläufiger als dies in der Wallnerstraße der Fall war, ich
bin aber der Meinung, daß es sich hier um keine Dauerlösung handeln kann. Dem Vernehmen nach
sollen im neu erworbenen Amtsgebäude in der Teinfaltstraße Räume im Dachgeschoß für die
Unterbringung der Landesbildstelle freigemacht beziehungsweise adaptiert werden. Ich möchte bitten,
daß man vor einer endgültigen Entscheidung sehr genau prüft, ob wegen der Feuergefahr die
Unterbringung von Filmen in einem Dachgeschoß zweckmäßig erscheint. Gerade in Wien gab es seit
dem Jahre 1945 einige recht gefährliche Brände in Filmdepots. Außerdem ist auch zu bedenken, daß
bei einer Dienststelle, wie der Landesbildstelle, ein reger Parteiverkehr herrscht; auch deshalb wäre
eine Unterbringung in einem oberen Stockwerke nicht sehr zweckmäßig. Die Landesbildstelle braucht
in ihrer neuen Unterkunft nicht nur Kanzlei und Lagerräume, sie braucht vor allem auch einen
zweckentsprechenden Schulungsraum. Es ist nämlich vorgesehen, daß alle neu zu bestellenden
Bildstellenleiter in Hinkunft eine Dienstprüfung abzulegen haben und auf diese müssen sich die
Bewerber gut und gediegen vorbereiten können; außerdem geht das Bestreben dahin, möglichst viele
Pflichtschullehrer und vor allem auch alle Probelehrer an höheren Schulen im Laufe der Zeit in die
Handhabung der Geräte einzuführen. Für die Letztgenannten ist es eine Voraussetzung, damit sie ein
Probejahrzeugnis nach dem Abschluß ihres Probejahres erhalten können. Die Landeslichtbildstelle
braucht natürlich auch ein Laboratorium und eine Werkstätte, damit dort der technische Dienst - die
Reparaturen und die Überprüfungen - durchgeführt wenden kann.
Ich glaube zu diesem Kapitel abschließend sagen zu können, daß dem Bildstellenwesen im Jahre
1965 und in den folgenden Jahren ein besonderes Augenmerk zugewendet werden sollte.
Eine andere Hilfseinrichtung des Schulwesens in Niederösterreich sind die Lehrerbüchereien; hier
meine ich insbesondere die Bezirkslehrerbüchereien. Die Studienbibliothek beim Landesschulrat und
auch die Bezirkslehrerbüchereien müßten eigentlich Einrichtungen des Bundes sein. Ich glaube
allerdings, daß die Stellung dieser Institutionen nicht ganz eindeutig geklärt ist. Während die
Studienbibliothek im Budget 1965 beim Voranschlagsansatz 2101-75 eine Beihilfe von 15.000 S erhält
- wie dies auch im Jahre 1963 und 1964 der Fall war -, könnten die Bezirkslehrerbüchereien in den
Bezirken höchstens aus den Förderungsbeiträgen, die unter Voranschlagsansatz 2119-61
aufscheinen, mitpartizipieren. Wie uns im Finanzausschuß berichtet wurde, erfolgt diie Verteilung
dieser Mittel durch den Landesschulrat. Im Vorjahr standen 500.000 S zur Aufteilung bereit. 455.600 S
wurden an 150 Schüler für Lehrmittel ausgegeben, und zwar in der Form, wie es mein Herr Vorredner
schon geschildert hat. Nur ein Restbetrag von 44.000 S ist für 204 Lehrerbüchereien übrig geblieben.
Ich habe errechnet dass in Durchschnitt ungefähr auf eine Lehrerbücherei ein Betrag von 200 S
entfällt.
Bei den heutigen Bücherpreisen, insbesondere bei den Preisen für pädagogische, methodische und
wissenschaftliche Werke, ist bei dieser Förderung höchstens der Ankauf eines Buches möglich, in
vielen Fällen nicht einmal das.
Da allgemein bekannt ist, daß die meisten Gemeinden für ihre Schulen gut sorgen und daher auch die
Büchereien an den Schulen gut dotieren, wäre schon zu überlegen, ob nicht eine andere Aufteilung
als die Aufteilung auf so viele Schulen zweckmäßiger wäre und ob nicht gerade auf diesem Weg für
die Bezirkslehrerbüchereien, die nicht nur jetzt, sondern praktisch schon seit Jahrzehnten kaum von
irgendwoher Mittel bekommen können, etwas zu machen wäre.
Vor ungefähr zehn Jahren fand eine Aussprache der Leiter der Bezirkslehrerbüchereien im
Landesschulrat statt. Das war damals erstmalig und blieb bis heute einmalig. In dieser Aussprache
wurden die Bibliothekare aufgefordert, zu berichten, welche Möglichkeiten sie haben, um mit ihren
Büchereien fertig zu werden. Da hat sich gezeigt, daß manche Bibliothekare jährlich Bammelaktionen
bei den Gemeinden des Bezirkes durchführen. Es hat sich ferner gezeigt, dass manche Büchereileiter
das Glück hatten, Subventionen von ihrem Bezirkshauptmann zu bekommen. Ein Büchereileiter hat
sogar berichtet, daß er gerne dann und wann aus eigener Tasche ein Buch anschafft und immer
wieder herumreist und herumgeht, um ausrangierte Bücher, die für eine Lehrerbücherei brauchbar
wären, für seine Bezirkslehrerbücherei zu bekommen.
Damals haben die Verantwortlichen im Landesschulrat sofortige Abhilfe versprochen. Aber mit
Ausnahme der Tatsache, daß im darauf folgenden Schuljahr jede Bezirkslehrerbücherei einen
einmaligen Beitrag von 500 S zugesprochen erhielt, ist von damals bis heute weiter nichts mehr
geschehen.
Ich persönlich bin der Meinung, dass Lehrerbüchereien im Bezirk notwendig sind. Sie sollten im
Gegensatz zu den Lehrerbüchereien an den Schulen vor allen Dingen die Standardwerke der
Pädagogik, der Methodik und die Nachschlagwerke führen und anschaffen können, die an den
einzelnen Schulen und an ihren Büchereien nicht geführt werden, die man dort nicht haben kann.
Aber wenn die Bezirkslehrerbüchereien so vernachlässigt werden wie bisher, dann sind sie nicht mehr
auf dem Laufenden mit ihren Beständen, und das, was sie besitzen, ist zum Großteil antiquiert. Es
müßte daher in allernächster Zeit darüber gesprochen werden, was auf diesem Gebiet zu geschehen
hat. Die Existenz einer halben oder veralteten Bezirkslehrerbücherei ist problematisch.
Andererseits aber ist zu erwähnen, daß in diesen Büchereien oft Bücher verstaubten, die einen sehr
hohen Wert haben und die für größere pädagogische Büchereien einen großen Wert hätten und
wahrscheinlich von ihnen auch gesucht werden.
Es wurde mir aus St. Pölten mitgeteilt, dass man dort - das ist auch schon ungefähr acht Jahre her versucht hat, die Bezirkslehrerbücherei mit der Stadtbücherei zusammenzulegen und in der
Stadtbücherei eine pädagogische Abteilung zu schaffen. Das wurde damals nicht gestattet.
Ich, der ich durch fast 17 Jahre hindurch der Leiter der Bezirkslehrerbücherei in Lilienfeld war, habe
damals bei der erwähnten Besprechung die Lehnenbücherei des Bezirkes der Studienbibliothek des
Landesschulrates angeboten. Es handelt sich um ungefähr 1000 Bände. Auch das wunde nicht zur
Kenntnis genommen und konnte natürlich damals auch nicht zur Kenntnis genommen wenden, weil
man die Zuständigkeit gar nicht kannte.
Wenn ich nun zum Abschluß kommen darf, würde ich bitten, daß man nach Prüfung und Feststellung
der von mir angeführten Tatsachen über die Bezirkslehrerbücherei trachtet, baldmöglichst zu einer
Entscheidung über ihren Weiterbestand, der sicherlich zweckmäßig und notwendig wäre, oder
eventuell auch über ihre Auflösung zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt der Herr Abg. Schneider.
Abg. KARL SCHNEIDER: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mich jetzt
als erster, der nicht dem Lehrerkreis entstammt, zu diesem Kapitel zu Wort gemeldet habe, dann ist
das ein mutiges Vorhaben. (Heiterkeit.) Es mag sein, daß im Verlauf der Diskussion noch ein zweiter
dazukommt, der nicht Lehrer ist und trotzdem zum Kapitel Schulwesen Stellung bezieht.
Die Legitimation, die ich dafür habe, ist der Auftrag der Wirtschaft, die mich in dieses Haus entsendet
hat, und ich möchte auch zum gewerblichen Berufsschulwesen in der Zeit, die mir nach dem Proporz
in diesem illustren Kreis zusteht, ein paar kurze Ausführungen machen, und zwar deshalb, weil dem
gewerblichen Berufsschulwesen sicherlich gerade in der heutigen Zeit einer technisch
fortschreitenden, immer komplizierter werdenden Wirtschaft eine sehr wesentliche Bedeutung
zukommt.
Historisch schaut die Sache so aus, daß vor Generationen die gewerblichen Berufsstände selbst in
Sonntagskursen, in Abendkursen und auf alle mögliche Art und Weise versucht haben, die
Meisterlehre durch zusätzliche Schulausbildung zu ergänzen. Man hat erkannt, daß es nicht möglich
ist, jungen Menschen alles in der Lehre selbst mitzugeben, sondern daß es auch noch notwendig ist,
durch eine zusätzliche schulische Ausbildung jene Qualifikation zu schaffen, die eben die
heranwachsende Jugend in der Wirtschaft braucht.
Wenn ich das sprunghaft nur skizziere, kam es in der späteren Folge dann zu den verschiedensten
Schultypen und schließlich zur Gebietsberufsschule, ein Schultyp, wo eben in den Gebieten alle
Berufsstände zusammengeströmt sind und dort keinen sehr fachlich gegliederten Unterricht
empfangen konnten, weil alle in einer Schule beisammen waren.
Die gewerbliche Wirtschaft hat gerade in Niederösterreich nach dem zweiten Weltkrieg die Bedeutung
einer weiteren Verfachlichung erkannt und ist hier mit der Bildung von Landesberufsschulen einen
Weg vorausgegangen, auf den wir stolz sein dürfen, und wir erkennen erst heute, wie richtig er war.
Wir sind also zur Verfachlichung übergegangen. Es wunden ohne jeden gesetzlichen Auftrag von der
Wirtschaft selbst die ersten Impulse gegeben, um Landlesberufsschulen für die einzelnen
Wirtschaftszweige zu schaffen, damit dort dann immer ein ganzer Berufsstand zusammenkommen
und in einer Hochqualifizierten Ausbildungsform jenes zusätzliche Wissen zur Lehre empfangen kann,
das man in der modernen komplizierten Wirtschaft braucht.
Darf ich Ihnen sagen, um die Bedeutung dieses Schulwesens zu unterstreichen, dass die gewerbliche
Wirtschaft in Niederösterreich zirka 50.000 Betriebe der verschiedenen Sektionen umfaßt, Handel,
Gewerbe und Industrie, Geld- und Kreditwesen, Verkehr und Fremdenverkehr, daß daraus etwa
365.000 Menschen Brot und Verdienst schöpfen und daß, wenn man die Familienangehörigen
mitzählt, dieser Kreis die beachtliche Ziffer von zirka 670.000 Menschen repräsentiert; das ist, rund
gesprochen, die halbe niederösterreichische Bevölkerung. Es ist also schon eine sehr wesentliche
Bedeutung – sie liegt auch in der Nachwuchsfrage -, die für diesen Personenkreis zu werten ist. Wir
haben vom Herrn Präsidenten Schoiber gehört, daß es in Niederösterreich zirka 150.000
Pflichtschüler gibt. Ich darf Ihnen sagen, daß unser Lehrlingsstand vom 31. Dezember 1964 27.097
Lehrlinge umfaßt, wovon das Gewerbe mit 17.540 Lehrlingen weit vorne steht. Als nächste Gruppe
folgen der Handel mit 5603, die Industrie mit 2826, der Fremdenverkehr mit 1077 Lehrlingen, und
schließlich der Verkehr mit 51 Schülern, zusammen als 27.097, die von den Berufsschulen mit ihren
schulischen Aufgaben zu versorgen sind. Dabei stellen wir erfreulicherweise fest, daß sich diese
Lehrlingsziffer im letzten Jahr um zirka 440 erhöht hat, trotzdem - wenn man den Geburtenjahrgang
mit in die Kalkulation nimmt – dort ein Minus von 600 aufscheint.
Wenn ich im Zusammenhang mit dem Budget ein paar Bemerkungen machen darf: Das Schaffen von
Landesberufsschulen, das Schaffen von Internaten, wo diese jungen Menschen wohnen, wo sie zum
ersten mal eine Gemeinschaft erleben, sicherlich auch pädagogisch zum ersten mal in vielerlei
Beziehung angesprochen wenden, kostet eine Menge Geld. Wir haben Errechnungen angestellt, was
das bereits begonnene Werk, um es zu vollenden - unter Miteinbeziehung jener neuen
Notwendigkeiten, die durch die neuen Schulgesetze entstanden sind – kosten wird, und kommen bei
vorsichtigster Schätzung und ohne jede Übertreibung auf einen Aufwand von zirka 170 Millionen
Schilling. Die Schwierigkeit besteht nämlich darin, dass man ja bis vor wenigen Jahren nicht wußte,
daß eine ganz neue Größenordnung notwendig sein wird, daß das polytechnische Jahr auch für uns
wirksam wird und daß man dadurch mit den bisherigen Kapazitäten das Auslangen nicht mehr finden
kann. Das müssen Sie sich in der Praxis so vorstellen, dass man mit längeren Lehrgängen nicht mehr
soviel Schüler wie bisher in einer Schule pro Jahr durchziehen kann, und daß man durch Zu-, Ausund Neubauten erst in der Lage ist, jene Bedingungen des Schulgesetzes zu erfüllen, die derzeit mit
acht Wochenkursen pro Jahr festliegen. Es ist für die Wirtschaft selbst sehr schwer, immer wieder die
Forderung zu hören, man müsse auf alle Fälle und möglichst rasch zu diesen acht Wochenlehrgängen
kommen, wenn aber auf der anderen Seite die bezüglichen Voraussetzungen noch nicht gegeben
sind. Ich darf Ihnen aber als einer, der in der Wirtschaft mit Freude an diesem Problem mitarbeitet,
sagen, daß wir uns ehrlich bemühen wenden, jene Voraussetzungen zu schaffen, um dieses neue
Schulgesetz auch im Bereich der gewerblichen Berufsschulen zum Tragen zu bringen. Man könnte so
manches darüber sagen: Ob es das Zielführendste war, ein polytechnisches Jahr zu machen? Wir
glauben, daß es der heutigen Jugend weniger an polytechnischen Fähigkeiten mangelt, vielmehr
weisen sie einen Mangel im Lesen, Schre2ben und Rechnen auf, wie wir leider oft feststellen können,
und daß man vielleicht mit einer fünften Volksschule den Nagel genauer auf den Kopf getroffen hätte.
Es steht mir nicht zu, diese Dinge zu diskutieren, ich durfte sie nur kurz erwähnen. Wir bekennen uns
im Übrigen in dieser und in jeder anderen Frage zur absoluten Rechtsstaatlichkeit, das heißt, daß wir
die bestehenden Gesetze zu respektieren haben. Im einzelnen, meine sehr verehrten Damen und
Herren, sieht die Situation derzeit so aus - ich glaube, daß ich Ihnen das kurz erläutern darf, um
Verständnis, Gewogenheit und Mithilfe aller Mitglieder des Hohen Hauses zu erlangen -, daß wir vor
Aufgaben stehen, die im Jahre 1965 einen Betrag von zirka 40 Millionen Schilling erfordert hätten. In
Amstetten ist der Bau eines Internates für 230 Schüler für die neu zu eröffnende Landesberufsschule
für Schlosser durchzuführen; Bauherr ist die Kammer der gewerblichen Wirtschaft. Ich habe mir
bereits erlaubt, Ihnen au sagen, daß die Kammer der gewerblichen Wirtschaft insgesamt an die 150
Millionen Schilling - ohne gesetzliche Grundlage und ahne jeden Zwang – diesem Zwecke zugeführt
hat und auch heute noch gemeinsam mit dem Land an dieser Aufgabe arbeitet. Dort ist die
Zentralheizungsinstallation, die Elektroschwachstromanlage fertig, die Baumeisterarbeiten sind bis zu
zirka 80 Prozent fertiggestellt. Die Inbetriebnahme des Internates ist für September 1965
sichergestellt. Gesamtkosten für dieses Vorhaben Amstetten sind zirka 15 Millionen Schilling, wovon
die Kammer 7,5 Millionen Schilling und das Land 7,5 Millionen Schilling leisten. Das Land hat bisher
an Subventionsraten für diesen Zweck im Jahre 1963 2,5 Millionen Schilling gewidmet, im Jahre 1964
ebenso 2,5 Millionen Schilling; es bleiben für das Jahr 1965 die restlichen 2,5 Millionen Schilling übrig.
Im September 1965, mit Beginn des Schuljahres 1965/66, wind die Landesberufsschule für Schlosser
in Amstetten eröffnet wenden. Da eine Landesberufsschule für die Schlosser nicht ausreichend ist, ist
eine zweite in Neunkirchen geplant. Ab dem Schuljahr 1965166, meine Damen und Herren, wenden
daher noch nicht alle Schlosserlehrlinge in Landesberufsschulen für Schlosser eingeschult werden
können. Es bleiben die Fachklassen für das Metallgewerbe weiterhin in den größeren Berufsschulen,
und zwar solang bis die Landesberufsschule für Schlosser in Neunkirchen fertiggestellt ist. Ich darf
Ihnen über die Situation in Langenlois berichten und gleichzeitig versprechen, daß es nicht zu lange
dauert, nur noch wenige Minuten, und dann bin ich mit meinem Referat schon fertig. Es handelt sich
also um den Bau einer Landesberufsschule für das Baugewerbe auf landeseigenem Grund für zwölf
Klassen mit 360 Schülern in Langenlois. Gemäß § 29 der Bauordnung für Niederösterreich wurde die
Baubewilligung für die Errichtung dieser Landesberufsschule bereits erteilt und gleichzeitig auch die
Bewilligung zum Abbruch des derzeit auf dem Bauplatz stehenden Altgebäudes gegeben. Bauherr ist
in diesem Falle das Land. Die konstituierende Sitzung des Baubeirates ist bereits im Oktober 1964
abgeführt worden, bei der die Baumeisterarbeiten vergeben wurden. Die Gesamtkosten für diese
Planung betragen rund 12 Millionen Schilling. Das ist relativ wenig, da die Maurerlehrlinge, die dort
eingeschult wenden, im lehrplanmäßigen Unterricht mittätig sind, so daß auf diese Artwesentliche
Kosten eingespart werden. Für das Jahr 1965 - und das ist, worüber ich zu sprechen habe - wird eine
weitere Rate von 6,5 Millionen Schilling notwendig sein. Dieser Teilbetrag, der in der Gesamtsumme
von zirka 40 Millionen Schilling - ich durfte sie bereits erwähnen - enthalten ist, wurde auch beantragt.
In Lilienfeld ist der Bau eines Internates für 240 Schüler für die Landesberufsschule für Maler,
Rauchfangkehrer, Tapezierer und Sattler zu erwähnen, wobei auch hier Bauherr das Land
Niederösterreich ist. Ab dem 11. Dezember 1964 fanden Besprechungen statt und eine
anschließende Baubeiratssitzung, bei der die gesamten Baukosten mit dem allerdings hohen Betrag
von fast 22 Millionen Schilling veranschlagt worden sind. Als erste Rate werden also für das Jahr 1965
- und das interessiert uns zunächst konkret - auch wieder fünf Millionen Schilling benötigt wenden.
Das Schulgebäude „Berghof", das oft und heftig diskutiert und kritisiert wurde, und die
Tapeziererlehrwerkstätten sind fertig und in Verwendung. Für die zu erbauenden Malerwerkstätten hat
das Land bereits seinerzeit fünf Millionen Schilling zur Verfügung gestellt.
In Mistelbach - und diese Schulen streuen sich über das ganze Land - ist der Bau eines Internates für
200 Schüler für die neu zu eröffnende Landesberufsschule für die Schmiede und
Landmaschinenbauer zu erwähnen, wobei in diesem Falle der Bauherr die Kammer der gewerblichen
Wirtschaft ist. der für das Land vorgesehenen Subventionsraten bezahlt. Die Fertigstellung und die
Inbetriebnahme des Internates ist für den Spätsommer dieses Jahres, etwa September 1965,
gewährleistet. Mit Beginn des Schuljahres 1965/66 wind daher die Landesberufsschule für Schmiede
und Landmaschinenbauer in Mistelbach eröffnet werden können.
In Neunkirchen ist zu erwähnen der Bau eines Internates für die zweite neu zu errichtende
Landesberufsschule für Schlosser, wobei ich sagen darf, daß ich eingangs meiner Rede über diese
Probleme gesprochen habe. Bauherr ist die Kammer der gewerblichen Wirtschaft. Die Baukosten
wunden vorläufig mit 16 Millionen Schilling nach dem derzeitigen Baukostenindex veranschlagt,
wovon das Land die Hälfte, das Sind zirka acht Millionen Schilling, an Subventionsraten bezahlt. Für
das Jahr 1965 wunde eine Rate von 5,5 Millionen Schilling aus dem Baubudget für
Landesberufsschulen vorgeschlagen, findet aber leider nicht seine völlige Bedeckung. Doch darauf
komme ich noch zu sprechen.
In Pöchlarn ist zu erwähnen der Bau eines Holzlagerschuppens und einer Lehrwerkstätte für 270
Schüler der Landesberufsschule für Tischler auf eigenem Baugrund. Blauherr ist das Land. Ich
möchte der Kürze halber sagen, daß die Gesamtkosten mit zirka 20 Millionen Schilling veranschlagt
sind und das Land bereits die erste Rate mit einer Million Schilling geleistet hat. Die zweite Rate für
das Jahr 1965 wird mit sechs Millionen Schilling beziffert und wurde beantragt, ist aber im Budget
auch nicht voll zum Tragen gekommen.
In Wiener Neustadt ist es notwendig geworden, den Bau eines Internates für 360 Schüler für die
zweite Landesberufsschule für kaufmännische Lehrlinge einzuleiten. Dazu ist zu sagen, daß wir wohl
die Monsterschule Theresienfeld haben, eine der größten Schulen, die es in Europa – nicht nur in
Österreich - gibt, eine Schule, die schon heute fast mehr Belegschaft - Schüler, Lehrer und
Verwaltungspersonal – aufweist als der Ort, der, wie ich glaube, voriges Jahr zur Marktgemeinde
erhoben wurde, Einwohner hat. Darüber muß man sich nicht freuen, denn, wer diese
Zusammenhänge kennt, weiß, daß es hier einen Kulminationspunkt gibt, so auch wie in der Industrie,
dass irgendwo das Optimum liegt. Wenn man dar. über geht, wird eine Kostenprogression wirksam,
auch in pädagogischer Hinsicht eine negative Progression wirksam, so daß man sagen kann, daß
nicht unbedingt sehr große Schulen die besten Schulen sind, sondern man klugerweise eher mit
kleineren derartigen Schulen besser zurechtkommt in verwaltungsmäßiger, aber auch in
erzieherischer Hinsicht. Diese Schule ist aber nun einmal da, ist bis zum Bersten voll, aber nicht mehr
in der Lage, ihrer Verpflichtung zu entsprechen, ihrer durch Landtagsbeschluß auferlegten
Verpflichtung, ihrer Verpflichtung, den gesamten niederösterreichischen Nachwuchs schulisch zu
versorgen. Aus diesem Grunde müßte als erste Ausweiche in Wiener Neustadt eine Dependance oder
zweite Landesberufsschule für die Kaufmannschaft ins Auge gefaßt und nunmehr der Bau eines
Internates durchgeführt wenden. Daß eine dritte derartige Schule schon wieder notwendig ist, sage ich
Ihnen auch in diesem Zusammenhang, nämlich deshalb, weil in der Verteilungswirtschaft bei
zunehmender Konjunktur, wo immer mehr Ware produziert und konsumiert wird, zweifellos auch jener
volkswirtschaftliche Apparat, die Kaufmannschaft oder die Verteilungswirtschaft – oder wie Sie es
bezeichnen wollen – automatisch immer mehr und mehr Menschen braucht, um diese sehr
bedeutungsvolle Verteilungsaufgabe erfüllen zu können. Alle diesbezüglichen Statistiken, zumindest
aus den westlichen Lebensräumen, zeigen auch in diesen Ländern eine ansteigende Tendenz bei den
kaufmännischen Berufskreisen, und auch wir haben hier eine stets ansteigende Ziffer. Wir haben das
neue Schulgesetz, und alles, rechnerisch verwertet, ergibt schon die Notwendigkeit, den Bau einer
dritten Schule ins Auge zu fassen. Es gibt dafür auch schon eine grundsätzliche Entschließung, diese
Schule zu bauen, um eben dem Gesetze Rechnung zu tragen.
Was Wiener Neustadt anbelangt, ist der Bau eines Internates für 360 Schüler zu besorgen für die
zweite Berufsschule der Kaufmannschaft. Bauherr ist das Land Niederösterreich. Die konstituierende
Baubeiratssitzung hat am 20. November 1964 stattgefunden. Die endgültige Planung und örtliche
Bauaufsicht wurde bereits einem Wiener Neustädter Betrieb übertragen. Die Gesamtkosten betragen
zirka 18 Millionen Schilling. Vom Land wunden bereits 1964 - und das muß man mit großer
Dankbarkeit erwähnen - drei Millionen Schilling gebunden und für 1965 wenden weitere sieben
Millionen Schilling notwendig sein und wurden auch beantragt. Diese drei Millionen Schilling sind im
vergangenen Dezember durch Regierungsbeschluß zustande gekommen, und ich darf namens der
kaufmännischen Lehrlinge, denen diese Dinge zugute kommen, sehr aufrichtig dafür danken.
In Tulln ist der Bau eines Internates für das Bekleidungsgewerbe geplant. Bauherr ist die Kammer der
gewerblichen Wirtschaft. Die Gesamtkosten betragen zirka 16 Millionen Schilling, wovon das Land die
Hälfte, also acht Millionen Schilling, an Subventionsraten bezahlt. Die erste Rate für 1965 in der Höhe
von 3,5 Millionen Schilling wurde in dieser Großenordnung beantragt. Von der Gemeinde Tulln wurden
ein Neubau, Schulzubau für acht Schulzimmer und eine Lehrwerkstätte aufgeführt. Das hat die
Gemeinde besorgt und sie ist auch sehr an dem Zustandekommen beteiligt. Der Rohbau ist inklusive
dem Dach vor Wintereinbruch fertig geworden.
In Waldegg haben wir den Neubau der Landesberufsschule für das Gastgewerbe. Auch das ist eine
Schule, ein Ort, ein Problem, das schon heftigst diskutiert wurde. In diesem Falle ist Bauherr die
Kammer der gewerblichen Wirtschaft. Das Land hat 1964 bereits die letzte für das Land vorgesehene
Subventionsrate bezahlt. Mit dem Baumeister wurde seitens der Kammer ein übereinkommen über
Nachtragsangebote getroffen, in dem sich der Baumeister verpflichtet, den Bau bis zum 30. Juni 1965,
also bis Mitte des Jahres, Fertigzustellen. Damit ist die Weiterführung und Vollendung dieses
Bauvorhabens gesichert. Es ist sogar bei Nichteinhaltung des Termins ein Pönale vereinbart - das
nicht unbeträchtlich in der Höhe ist um diesen Termin zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang
darf ich sagen, daß dieser sehr korrekt errechnete Aufwand für die gewerblichen Berufsschulen zirka
40 Millionen Schilling in Anspruch nehmen würde, daß es aber auf Grund des Budgets leider nur
möglich ist, zirka den halben Betrag diesem Verwendungszweck zuzuführen. Das heißt nicht, daß wir
das Budget kritisieren, daß wir dem Budget nicht unsere Zustimmung geben, denn wir wissen schon,
daß man nicht nur mit Wasser kochen kann, und wissen, daß, wenn entsprechend stärkere Mittel nicht
verfügbar sind, man nicht nur für einen Zweck uferlos Begehren anmelden darf, sondern dass es viele
gleichrangige Probleme gibt, die in diesem Lande Niederösterreich zu erfüllen sind.
Was den Berufsschulbaufonds betrifft, so treten wir von Seiten der gewerblichen Wirtschaft für eine
Neufassung des Berufsschulbaufondsgesetzes ein und meinen, dafür auch eine Begründung zur
Hand zu haben. Das Berufsschulbaufondsgesetz sollte in der Richtung neu gefaßt werden, daß die
Internatsberufsschulen in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen wenden. Dabei wäre
auch die Beitragsleistung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, die dem Sprengel angehören,
festzulegen und vorzusehen, dass die Gemeinden von den Lasten für die Errichtung und für die
Erhaltung der Gebietsberufsschulen, die ursprünglich von ihnen getragen wurden, durch den Ausbau
der Landesberufsschulen immer mehr befreit werden. Ich darf in diesem Zusammenbang eine
Anregung der gewerblichen Wirtschaft schon für den Zeitpunkt hier deponieren, wo das
Schulzeitgesetz in diesem Haus behandelt werden wird. Hinsichtlich des demnächst zu
verabschiedenden niederösterreichischen Ausführungsgesetzes zum Schulzeitgesetz, BGBI. Nr.
193/1964, ist die gewerbliche Wirtschaft vor allem an den Grundsatzbestimmungen für die
gewerblichen und kaufmännischen Berufsschulen interessiert. Da die Betriebe des Handels und des
Gewerbes in der Vorweihnachtszeit, in der wir immer Schwierigkeiten gehabt haben, einen stark
erhöhten Arbeitsanfall zu verzeichnen haben, würden wir bitten, gesetzlich festzulegen, daß im Monat
Dezember möglichst kein Berufsschulunterricht stattfindet. Ich darf die zuständigen Herren bitten,
mein Ersuchen zunächst zur Kenntnis zu nehmen und zur gegebenen Zeit rein sachlich über dieses
Problem zu verhandeln.
Ich habe heute von einem Artikel Kenntnis bekommen, in dem die Steirer berichten, dass auch bei
ihnen die Landesberufsschulen eine immer stärkere Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammenhang
hat Herr Landesrat Peltzmann erwähnt, daß man in der Steiermark größtes Gewicht auf die
Heranbildung eines fachlich erstklassigen Nachwuchses legt. Zu den jetzt schon bestehenden fünf
Landesberufsschulen sollen im Laufe der nächsten Jahre noch vier weitere dazukommen. Die
notwendigen Geldmittel in der Höhe von rund 100 Millionen Schilling - so werden sie für die
Steiermark beziffert - sollen in fünf Jahresraten vom Land Steiermark aufgebracht werden. Wir haben
in Niederösterreich bereits 28 derartige Berufsschulen, wir sind also dem Gesetz freiwillig weit
vorausgegangen und befinden uns trotz aller budgetären Schwierigkeiten in einer relativ glücklichen
Situation.
Herr Abg. Grünzweig hat über die Abkürzung der Präsenzdienstzeit für Lehrer gesprochen. Wir haben
in der gewerblichen Wirtschaft ähnliche Probleme. Oft können Betriebe einfach nicht mehr weiter,
wenn der betreffende junge Mann zum Präsenzdienst eingezogen wind. Wir haben in ganz krassen
Härtefällen immer wieder versucht, den gesetzlichen Ausnahmeweg zu beschreiten. Ich muß Ihnen
dazu sagen, daß es nur selten gelungen ist, eine Abkürzung des Präsenzdienstes zu erreichen. Wenn
es jemals gelang, so nur dann, wenn eine ganze Reihe von Härten nachgewiesen wenden konnte.
Wir haben aber niemals den Versuch unternommen, etwa generell eine Abkürzung des
Präsenzdienstes für eine bestimmte Gruppe zu erreichen, weil wir nicht glauben, daß eine solche
Einstellung richtig ist. Wir bekennen uns nach wie vor dazu, daß dieses Recht nur individuell in
besonders gelagerten krassen Fällen in Anspruch genommen werden soll. Der Herr Staatssekretär
möge mir nicht böse sein, wenn ich das als einen Rösch-Plan für die Lehrerschaft bezeichne.
(Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich möchte aber, meine Damen und Herren, ohne jede Gehässigkeit, denn
das liegt mir nicht, sachlich und in der gemeinsamen Sicht feststellen: Ich für meine Person - ich kann
der Entscheidung des Hohen Hauses ja nicht vorgreifen - kann mich nicht dazu bekennen, für die
Angehörigen eines Beruf es, der einen Mangelberuf darstellt, einen Sonderweg zu beschreiten. Die
gewerbliche Wirtschaft müßte sich dann in einer ähnlichen Form anhängen, der bäuerliche Sektor
würde mit Recht dasselbe tun und viele andere Zweige auch. Und Sie haben doch selbst, Herr
Abgeordneter, erklärt, dass sich gerade die Lehrerschaft aus staatspolitischen Gründen der
Wehrpflicht zuwendet und ihre Notwendigkeit respektiert. Man sollte gar nicht versuchen, für dien
Berufsstand, dem die Erziehung unserer Jugend anvertraut ist, diesen Weg zu gehen, weil das falsch
verstanden wenden könnte. Das Ist aber nur meine ganz persönliche Meinung, und ich möchte noch
einmal erklären, daß ich nicht der Entscheidung des Hauses vorgreifen will und ihr such nicht
vorgreifen darf.
Ich darf Ihnen abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Aufmerksamkeit
danken, die Sie meinen Ausführungen geschenkt haben und möchte Sie bitten, durch Anspannung
aller Kräfte im Schulwesen für die größte Kostbarkeit, die wir haben, für unsere Jugend, gute
Voraussetzungen zu schaffen. Die Jugend rückt rasch nach, und eine Hochqualifizierte Jugend ist der
Garant dafür, daß wir einmal in unserem Alter, wenn es uns der Herrgott erleben läßt, aus dem unsere
Ruhegenüsse schöpfen können, was diese Generation später erarbeiten wird. Was die gewerblichen
Schulen anbelangt, sind wir zutiefst davon überzeugt, daß die Zeit, in die wir schreiten, sicherlich
immer interessanter, aber auch immer schwieriger und so beschaffen sein wird, daß den Menschen,
die in diese Zeit hineinwachsen, immer mehr und mehr abverlangt wird. Neben der Bewältigung der
Tagessorgen ist es sicherlich unsere vordringliche Pflicht, uns der Jugend zur Verfügung zu stellen
und alles zu tun, um ihr Wegbereiter zu sein für ihre Zukunft und für eine glückliche Zukunft dieser
unserer Heimat! (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Blabolil
Abg. BLABOLIL: Hoher Landtag! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich kann mich nach den
ausführlichen statistischen Darlegungen, die der Herr Abg. Schneider hier vorgetragen hat, mehr den
allgemeinen Problemen der Landesberufsschulen widmen.
Es ist erfreulich, feststellen zu können, dass auch in Niederösterreich der Verfachlichung größte
Bedeutung beigemessen wird. Gerade in einem so schwer geprüften Bundesland wie dem unseren,
das durch die Kriegseinwirkungen und durch die zehnjährige Besetzung wirtschaftlich sehr gelitten
hat, muß alles darangesetzt werden, um den wirtschaftlichen Rückstand aufzuholen. Dazu bedarf es
nicht nur der Bereitstellung finanzieller Mittel, sondern man muß der Jugend auch das erforderliche
Rüstzeug, die notwendige Ausbildung geben, damit sie in der heutigen Wirtschaft eine gediegene
Facharbeit leisten kann.
Das kleine Österreich, im speziellen Fall Niederösterreich, hat eine sehr stark exportorientierte
Wirtschaft und steht daher einer großen Konkurrenz gegenüber.
Sie braucht nicht nur gut ausgerüstete Betriebe, sondern darüber hinaus auch eine gut ausgerüstete
Arbeitnehmerschaft. Ich glaube, diese Notwendigkeiten wenden hier nicht bezweifelt. Das bedeutet
aber, daß man die Verfachlichung rascher vorwärts treiben müßte und die noch benötigten Schulen
und Internate rascher gebaut werden sollten. Der Herr Abg. Schneider hat schon darauf hingewiesen,
daß es infolge der durch die neuen Schulgesetze bedingten Einführung der achtwöchigen Lehrgänge
einen Mangel an Schulraum beziehungsweise Klassen gibt und die beachtliche Summe von zirka 170
Millionen Schilling notwendig wäre. Es ist uns bekannt, daß man eine so große Summe nicht auf
einmal in einem Jahresbudget unterbringen kann. Wir sind aber der Meinung, daß zur rascheren
Ermöglichung der achtwöchigen Lehrgänge doch versucht werden müßte, mehr Mittel vorzuseihen.
Die Umstellung auf achtwöchige Lehrgänge ist in den meisten Berufsschulen reibungslos vor sich
gegangen. Lediglich in einigen Berufsschulen ist eine Umstellung ohne den Zubau von neuen Klassen
nicht möglich. Im speziellen Fall der kaufmännischen Berufsschulen ist dies überhaupt nicht möglich,
wenn nicht neue Schulen und Internate gebaut werden. Ich weiß, daß in dieser Richtung schon
Beschlüsse gefaßt wurden, und es ist erfreulich, daß man diesen Problemen in Belangen der
kaufmännischen Berufsschulen großes Augenmerk entgegenbringt. Beim Neubau der Berufsschulen
und Internate wirkt sich die jährliche Kostensteigerung, wie sie eben wieder aktuell ist, sehr zum
Schaden des Budgets aus. Wenn wir zum Beispiel vor einigen Jahren im gewerblichen Berufsschulrat
einen Kostenplan aufgestellt halben, so müssen wir heute feststellen, daß dieser keine Gültigkeit mehr
hat, weil die Preise größenordnungsmäßig nicht mehr standhalten. Im ordentlichen und
außerordentlichen Voranschlag sind für die Landesberufsschulen insgesamt 25,736.300 Schilling
ausgewiesen. Dieser Summe steht ein Erfordernis des gewerblichen Berufsschulrates von zirka 38 bis
40 Millionen Schilling gegenüber. Zieht man die ordentliche Post von 4,8 Millionen Schilling ab, die für
Neuerrichtungen nicht in Frage kommt, so verbleibt ein Fehlbetrag von 17,100.000 Schilling. Dies
bedeutet, dass angefangene Bauten nur langsamer vorangetrieben werden können und neue
Bauvorhaben zurückgestellt werden müssen. Wir wollen aber hoffen, daß bei günstiger
Einnahmeentwicklung im Falle eines Nachtragsbudgets dem Kapitel Landesberufsschulen größeres
Augenmerk zuteil wird.
Ich möchte auch einiges über die Schüler selbst sagen. Durch die Neuausrichtung auf
Landesberufsschulen mit Internatsunterbringung ist es für manche Familie mit großen finanziellen
Opfern verbunden, wenn der Lehrling acht Wochen von seiner Familie weg muß und die
Erziehungsberechtigten in den meisten Fällen für die Internatskosten selbst aufzukommen haben.
Besonders schwer ist es in Fällen, wo der junge Mensch Halbwaise ist, und auch dann, wenn mehrere
Kinder vorhanden sind. Es ist auch schon vorgekommen, daß mehrere Kinder zur gleichen Zeit in
Landesberufsschulen unterzubringen sind. Es ist ja so, daß die Eltern bestrebt sind, den Lehrling nicht
in schadhaftem Gewand oder gar in geflickten Hosen zur Schule zu schicken, und sie müssen oft
Schulden machen, um ihn entsprechend ausrüsten zu können. Ich glaube, daß, wenn man in der Zeit
der fortschreitenden Technik für eine Verfachlichung eintritt, auch auf das soziale Moment nicht
vergessen werden darf. Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden dass es in besonderen
Härtefällen doch zu einem Ausgleich kommt.
Wenn sich der Herr Abgeordnete Schneider in seinen Ausführungen auf Unterlagen über die
steirischen Berufsschulen gestützt hat, so habe ich auch einige Unterlagen mitgebracht, und zwar
flicht nur von den Berufsschulen in der Steiermark, sondern auch von den angrenzenden
Bundesländern. Ich möchte einiges über die Besetzung der Dienstposten des Berufsschulrates
mitteilen. Die Steiermark hat 30 Dienstposten für Direktoren- und Leiterstellen besetzt. Davon hat 18
die ÖVP- und 12 die SPÖ-Lehrerschaft inne. Oberösterreich hat 44 Dienstposten, davon sind 29 von
der ÖVP und 11 von der SPÖ besetzt. Die Gemeinde Wien, unser Nachbarbundesland, hat 69
Dienstposten. Davon entfallen 22 auf die ÖVP, 44 auf die SPÖ und drei werden von Parteilosen
besetzt. Ich habe jetzt nur die Anrainerländer angeführt. Nach den gestrigen Ausführungen des Abg.
Stangler, der hier in erhobenem Ton über Freiheit und Demokratie gesprochen hat, muß ich
feststellen, daß, wenn wir nun zu Niederösterreich kommen, von 29 Dienstposten 27 von der ÖVP und
nur zwei von der SPÖ besetzt sind. Als im Vorjahr der eine Dienstposten hinzugekommen ist, wurde
ich gefragt, ob wir zufrieden sind. Auf meine Feststellung, daß es sehr wenig sei, erhielt ich die
Antwort: „Was willst du denn, es sind ja ohnedies hundert Prozent!" Ich möchte nur feststellen, daß es
sich auf dem Personalsektor in Niederösterreich nicht durchsetzen konnte, der Demokratie den
wahren Wert zu geben. Ich möchte auch Sie bitten, sich auf diesem Gebiet in Zukunft doch mehr
daran zu halten, die demokratischen Rechte besser zu üben, den Partner mehr zu achten und ihn
nicht nur in Notzeiten, sondern auch bei verschiedenen Wünschen mehr zu berücksichtigen. (Beifall
bei den Sozialisten.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zum Wort hat sich Herr Präsident Reiter gemeldet.
Dritter Präsident REITER: Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre
übertrieben, wenn ich sagen würde, daß wir Lehrer uns in diesem Hause in der letzten Zeit immer
Einig und Gleicher Auffassung waren. In einem Punkte jedoch trifft das zu: Wir freuen uns immer,
wenn wir Freunde unseres Berufsstandes bekommen. Ich glaube, daß wir unseren Freund Schneider
- er ist momentan nicht hier - gerne in unsere illustre Lehrerschaft aufnehmen. Mein Vorredner hat
bereits anerkennend die Tatsache vermerkt, daß die Gruppe 2 heuer wesentlich stärker dotiert als in
den letzten Jahren. Ich glaube, daß wir uns alle über diesen Umstand sehr freuen können, weil jeder
Schilling, der für unsere Jugend ausgegeben wird, eine sichere Kapitalanlage für die Zukunft darstellt.
Wir können hier aber auch die freudige Feststelljung machen, dass heute die Bildung der Jugend nicht
mehr Sache einer gewissen privilegierten Schichte ist, sondern daß breiteste Kreise Zugang zu allen
Studienmöglichkeiten haben. Wir Niederösterreicher sind allerdings dadurch etwas benachteiligt, daß
wir nicht über sehr viele höhere und mittlere Schulen verfügen. Diese sind noch dazu nicht besonders
zweckmäßig gestreut, so daß ein großer Teil unserer begabten Jugend trotz allem keinen Zugang zu
diesen Schulen hat. Ich bin daher der Meinung, daß der Bund auf niederösterreichischer Ebene noch
einiges nachzuholen hat. Die Kinder Niederösterreichs sind vielfach gezwungen, weite Strecken in die
Schule zu fahren oder können diese überhaupt nur dann besuchen, wenn sie in Internaten Unterkunft
finden.
Diese Tatsache schließt nun einte Reihe unserer niederösterreichischen Jugendlichen vom Studium
aus, weil ganz einfach – auch trotz der guten wirtschaftlichen Lage – viele Eltern ihren Kindern das
Studium nicht ermöglichen können. Auf Bundesebene hat das Studienförderungsgesetz bereits eine
sehr wesentliche Abhilfe geschaffen, obwohl es sicherlich inzwischen wieder novellierungsbedürftig
wäre, aber es ist ein Grundgedanke, eine Grundlage einmal gegeben. In Niederösterreich müssen wir
uns auf einem anderen Weg behelfen, und zwar über den Weg der Stipendien, und hier, meine sehr
geehrten Damen und Herren, darf ich ebenfalls mit Freude feststellen, daß in den Ansatzposten 29161, 62 und 63 im heurigen Budget um 700.000 Schilling mehr als im Vorjahr zur Verfügung stehen.
Diese Stipendien reihen sich in zwei Gruppen, und zwar zunächst in die Studienbeihilfen mit dem
heurigen Ansatz von 1,200.000 Schilling. Ich darf feststellen, daß im Jahre 1964 rund 2000 davon
Gebrauch gemacht haben und dass diese Studienbeihilfen in der Höhe von 200 Schilling bis 1200
Schilling für sozial bedürftige Fälle gegeben wunden. Die Studienförderung betrifft in erster Linie die
Lehrer. Hier werden 250 Schilling bis 500 Schilling monatlich, zehnmal im Jahr, gegeben. Aber ich
glaube, daß auf dem Gebiet der Vergabe eine gewisse Neuordnung notwendig wäre. Wir haben als
Höchstgrenze bei den Richtlinien ein Einkommen von 3000 Schilling netto plus 500 Schilling
Kinderbeihilfe für jedes Kind festgelegt. Ich glaube, daß diese Richtlinien den heutigen Verhältnissen
nicht mehr voll entsprechen, weil ein Verdiener mit 3000 Schilling Monatslohn plus 1000 Schilling
Kinderbeihilfe für zwei Kinder unmöglich beide Kinder studieren lassen kann, wenn man annimmt, daß
das Studium doch durchschnittlich monatlich 1000 Schilling kostet. Ich würde daher wirklich bitten,
dass man sich an der zuständigen Stelle darüber Gedanken macht, diese Höchstgrenze ein wenig
hinaufzusetzen. Bei den Lehrern darf ich feststellen, daß wir einen Bedarf von rund 500 hätten, die
gerne diese Studienförderung in Anspruch nehmen würden. Wir können aber maximal nur 100
Lehrerstudenten damit beteilen und, wem wir nun heute hören, daß der Herr Präsident die Bitte
ausgesprochen hat, auch die Arbeitslehrerinnen in diese Studienförderung aufzunehmen, weil auf
diesem Gebiet ein echter Notstand herrscht, so sehen Sie, daß diese Mittel bei weitem nicht
ausreichen und wir hier wirklich etwas tun müssen, um die notwendigen Lehrer zu bekommen. Ich darf
also bitten, daß man hier in nächster Zeit Abhilfe schafft und die Richtlinien reformiert.
Abschließend darf ich noch darauf hinweisen, daß wir in Österreich eine Reihe von Randschulen
haben. Ich habe zum Beispiel nicht gewußt, daß es eine so genannte Diätschule gibt, und zwar ist sie
in Wien für ganz Österreich. Als nun eine Schülerin dieser Diätschule sich um ein Stipendium beim
Land bewarb, erklärte sich keine Stelle für zuständig, weder die Studienförderung auf dem
gewerblichen Berufsschulsektor noch auf dem allgemeinen Sektor. Ich darf also bitten, daß man diese
Randschulen auch in irgendeiner Weise in nächster Zeit in die Förderung mit einbezieht. (Beifall bei
der ÖVP)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Graf.
Abg. GRAF: Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben am 24. Oktober 1964 die
Hauptschule in Gaming eröffnet; die Liste der Schulbauten bezeichnet dieses Schulgebäude als 284.
Schulbauprojekt. Wahrlich für den Schulbaufonds, der nunmehr etwas mehr als 15 Jahre besteht, eine
gewaltige Leistung! Deshalb glaube ich, ist es gut, daß man sich immer wieder die Entwicklung des
Schulbaufonds in Erinnerung ruft, denn groß waren die Schäden im Jahre 1945 an Schulgebäuden,
verursacht durch den vorangegangenen Krieg und durch die nachfolgende Beisetzung. Die Statistik
vom Jahre 1948 zeigt hier das Bild der Zerstörung auf. So wind dort hingewiesen, daß vier
Hauptschulen und 16 Volksschulen sowie acht Landeskindergärten vollständig zerstört waren, fünf
Hauptschulen und 25 Volksschulen wurden teilweise zerstört, 15 Hauptschulen, 349 Volksschulen und
20 Landeskindergärten waren durch Vernachlässigung beziehungsweise Überalterung unbenützbar
geworden. Dazu kamen noch Wünsche bezüglich Neuerrichtung von Schulen, dazu kam weiters, daß
durch die Herabsetzung der Teilungsziffer zusätzliche Klassen notwendig geworden sind. Allein der
Betrag von 150 Millionen Schilling, der im Jahre 1949 errechnet wurde, zeigt, welch gewaltiges
Problem damals vor Land und Gemeinden stand. Die Gemeinden müßten nach Ende das Krieges vor
allem an die Beseitigung der kommunalen Schäden denken und hatten kaum die Mittel, die für
Schulbauten notwendig gewesen wären. Ich erinnere mich an die Worte des früheren
Landeshauptmannstellvertreters Popp – der auch der Initiator des sozialistischen Antrages vom 22.
März 1948 war -, der am gleichen Tag im Landtag sagte: ,,Meiner Meinung nach wird hier eine Lösung
nur dann möglich sein, wenn ein so genannter Landesschulbaufonds geschaffen wird, der die Mittel
erstens vom Land selbst erhält, und der zweitens einen entsprechenden Anteil aus dem vom Bund
verwalteten Ausgleichsfonds für die Notleidenden Gemeinden bekommt'', und daß sicherlich jene
Gemeinden, die bombenbeschädigte oder zerstörte Schulen haben, zu den Notleidenden Gemeinden
gehören. In Verfolgung dieses Gedankens wurde am 3. Jänner der Antrag eingebracht und am 6. Juli
1949 einstimmig beschlossen. Wenn wir uns nun zur Geschichte dieses Schulbaufonds die einzelnen
Werke anschauen, können wir feststellen, daß am 6. Juli 1949 die erste Schule - es war damals die
Schule in Alland - mit Mitteln des Schulbaufonds geschaffen wurde. Am 20. Juni 1954 war es die
Schule in Steinakirchen, die als 100. Schule gebaut wurde, am 12. Mai 1957 wurde die 150. Schule in
Baden eröffnet, am 24. September 1960 die 200. Schule in Brunn am Gebirge, am 1. September 1963
die 250. Schule in Melk und nunmehr konnte zum Jahresende die Hauptschule in Gaming als 284.
Projekt in Betrieb genommen werden. Wenn wir die Gesamtleistung überblicken, müssen wir
feststellen, daß in Niederösterreich bereits jede zweite Gemeinde Mittel aus dem Schulbaufonds in
irgendeiner Form bezogen hat beziehungsweise aus dem Schulbaufonds unterstützt wurde.
Die gewaltigen Leistungen werden aufgezeigt, wenn man Gegenüberstellungen zwischen den Jahren
1918 bis 1938 und 1949 bis 1964 vornimmt. In diesen 20 Jahren zwischen 1918 und 1938 wurden 20
Schulbauten errichtet, in den Jahren 1949 bis 1964, also in 15 Jahren, 284. Mit dieser Leistung steht
Niederösterreich an der Spitze aller Bundesländer und kann sich auch in der ganzen übrigen Welt
sehen lassen. Es wunde schon darauf hingewiesen, daß durch die Schaffung des
Berufsschulbaufonds im Jahre 1959 auch die Berufsschulen gewaltige Vorteile für sich in Anspruch
nehmen konnten.
Ich möchte hier - ich spreche jetzt für meine Heimatgemeinde Gänserndorf - darauf hinweisen, daß wir
mit diesen Mitteln eine schöne, moderne Gebietsschule errichten konnten, die in den nächsten
Monaten eröffnet wird. Ich möchte bei dieser Gelegenheit allen Stellen der Landesnegierung und des
Landes danken, die mitgeholfen haben, dieses schöne Gebäude nicht nur für den Ort, sondern
zweifellos für den ganzen Bezirk für die Ausbildung der gewerblichen Lehrlinge zu schaffen.
Bisher wurden vom niederösterreichischen Schulbaufonds 313 Millionen Schilling verbaut. Dia das nur
40 Prozent der Bausumme sind, so ergibt sich, daß für Schulbauten seit dem Jahre 1949 ein Betrag
von fast 800 Millionen Schilling verwendet wurde - ein Betrag, der nicht nur eine gewaltige Leistung für
die Schulbauten bedeutet, sondern auch eine gewaltige Summe ist, die der Wirtschaft zugute kam.
Woher kommen die Mittel aus dem Schulbaufonds? Aus Schulklassenbeiträgen stammen bei dieser
Summe von 313 Millionen Schilling 31 Millionen, aus dem zwanzigprozentigen Anteil an
Bedarfszuweisungen 173 Millionen, aus Landesbeiträgen 79 Millionen und aus Rückfließenden
Darlehen 30 Millionen. Das ergibt insgesamt die Summe von 313 Millionen Schilling. Zweifellos ein
großes Werk von Land und Gemeinden. Dieser Betrag stammt zu drei Vierteln aus Mitteln der
Gemeinden und zirka zu einem Viertel aus Mitteln des Landes.
Es wurde schon mehrmals festgestellt, daß die Schulbauprobleme natürlich noch lange nicht erschöpft
sind, da13 es noch viele überalterte Schulgebäude gibt, die aus der Zeit um die Jahnhundertwende
stammen, daß in vielen Schulen die Nebenräume fehlen, von den Turnsälen angefangen bis zu den
Zeichen- und Werksräumen. Vor allem in den Volksschulen fehlen noch immer die Turnsäle. 95
Prozent der Volksschulen Niederösterreichs sind noch immer ohne Turnsaal.
Dazu kommen nun die Erfordernisse der neuen Schulgesetze. Hier möchte ich besonders auf die
Erfordernisse hinweisen, die uns das neunte Schuljahr bringt, das mit dem Schuljahr 1966/67 aktuell
wind. Nach Erfassungen sollen dieses neunte Schuljahr 4551 Knaben und 4729 Mädchen besuchen.
Das sind insgesamt 9280 Schüler. Wenn man das auf Klassen aufteilt, kommt ein Bedarf von zirka
323 Klassen heraus, die in 190 Sprengeln untergebracht werden sollen. Aufgeteilt auf Bezirke ergibt
sich, daß in jedem Bezirk durchschnittlich 12 bis 13 solcher Schulen errichtet werden sollen. Da aber
derzeit nach Erhebungen nur Schulräume für 137 Klassen vorhanden sind, ergibt sich ein Abgang von
186 Klassen, dazu die Nebenräume, wie Schulküchen, Werksraume, Turnsäle usw.
Es wurden wohl in der letzten Zeit Erhebungen durchgeführt, vor allem auch von den Schulleitungen,
aber ich muß mich als Gemeindevertreter fragen: Wo gibt es eigentlich praktische Unterstützung, daß
man den Gemeinden hilft, die Schulraumsorge zu beseitigen? Wir hören und erleben immer wieder,
daß beim Schulbaufonds um jede Million gefeilscht wird und die Mittel, obwohl sie vielleicht groß
aussehen mögen – die Mittel des Jahres 1965 sind zur Zeit mit 16,5 Millionen angesetzt -, viel zu
gering sind, um dieser Schulraumsorge wirklich entsprechend entgegentreten zu können. Wie sollen
die Gemeinden diese Schulraumsorge meistern, wenn diese Frage in eineinhalb Jahre, im Jahre
1966, an die Gemeinden herantritt?
Ich glaube, darüber müßte man sich auch im Land hier Sorgen machen, und wenn ein
Nachtragsbudget zur Beschlußfassung kommt, sollte man besonders jene Gemeinden irgendwie
berücksichtigen, die für das neunte Schuljahr Klassen beziehungsweise mehrere Schulräume - das
wird ja vor allen bei den Bezirksorten der Fall sein – schaffen müssen.
Wenn wir die Leistungen des Schulbaufonds im Jahre 1964 betrachten, so ergibt sich ziffernmäßig
folgendes Bild: Es wurden insgesamt zirka 22 Millionen an Subventionen gegeben und zirka 22
Millionen an Darlehen. Das ergibt die Summe von 44 Millionen Schilling. Dazu kam noch die
Unterstützung einiger Gemeinden für den Zinsen- und Tilgungsdienst für aufgenommene
Schulbaudarlehen. Ein Betrag von 110.000 Schilling kam vor allem der künstlerischen Ausgestaltung
von Pflichtschulen und Kindergärten zugute. Für Plastiken, Sgraffitos und dergleichen wurde ein
Betrag von 587.000 Schilling zur Verfügung gestellt.
Im Jahre 1964 wurden vollendet: neun Neubauten von Volksschulen, ein Volksschulzu- und -umbau,
ein Hauptschulneubau, zwei Volks- und Hauptschulzu- und -umbauten, ein Turnsaal für eine Volksund Hauptschule und dazu 168 Instandsetzungs-und Einrichtungsfälle. Derzeit sind nach dem Bericht
- die Zahlen differieren immer, wahrscheinlich deshalb, weil bei dem einen Bericht nur die größeren
Bauvorhaben erfaßt sind, während beim anderen Bericht auch die kleinsten Falle berücksichtigt sind folgende Vorhaben in Bau: für Volksschulen 60 Vorhaben, davon 40 für Neubauten, acht für
Zubauten, drei für Zu- und Umbauten und neun Umbauten; für Hauptschulen 17 Vorhaben, davon
zehn für Neubauten, fünf für Zubauten, ein Turnsaal und ein Umbau; und für Volks- und
Hauptschulgebäude sechs Neubauten, ein Zu- und Umbau, acht Zubauten, eine Instandsetzung und
ein Umbau. Das gibt insgesamt 94 Fälle von Großbauvorhaben.
Wenn wir nach dem jetzigen Stand die Gesamtlage des Schulbaues betrachten, so kommen wir zu
folgenden Ergebnissen: In Bau sind 217 Pflichtschulen, die einen Betrag von zirka 88 Millionen
Schilling verlangen, und 30 Kindergärten, die einen Betrag von 12 Millionen benötigen. Das ergibt
dann 247 Vorhaben, die einen Betrag von 95 Millionen Schilling ausmachen. Da sehen wir gleich, wie
klein sich die Summe aus dem Voranschlag mit 16,5 Millionen ausnimmt.
In Planung sind derzeit 127 Pflichtschulen und 22 Kindergärten. Das sind also 149 Vorhaben.
Aktenmäßig erfaßte Planungen gibt es für 200 Projekte.
Ich habe schon mehrmals darauf hingewiesen, daß für das Jahr 1965 im ordentlichen Voranschlag 10
Millionen zur Verfügung stehen, im außerordentlichen Stufe I. drei Millionen, Stufe II. 3,5 Millionen.
Das gibt die Summe von 16,5 Millionen; gegenübergestellt der vorhin genannten Zahl von 95 Millionen
Schilling, zeigt schon auf den ersten Blick, daß vom Land im Laufe des Jahres - und auch für die
nächsten Jahre -mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, insbesondere auch darum, weil
durch Beschlüsse der Landesregierung bereits Zusicherungen für zirka 67 Millionen Schilling - ab dem
Jahre 1965 -gegeben wurden.
Erlauben Sie mir im Zusammenhang mit den Schulbauproblemen, so wie ich es in der Budgetrede
immer wieder tue, auf die Erbauung der Mittelschule oder höheren Schule in Gänserndorf
hinzuweisen. Ich tue das selbst auf die Gefahr hin, daß es als Steckenpferd bezeichnet wird. Wie
schon erwähnt, habe ich diese Frage bereits mehrmals angeschnitten, in Wirklichkeit geht aber in
dieser Sache sehr wenig weiter, wie ich gleich nachweisen kann. Im Dezember 1963 konnte man
erstmals die Reihung dieser höheren Schulbauten in Niederösterreich erfahren. Es hieß damals: 1.
Krems, 2. Neunkirchen, 3. Gänserndorf, 4. Gmünd. Vor zwei Jahren wurde vom Herrn
Landeshauptmann erklärt, dass sich im Jahre 1963 kein wesentlicher Fortschritt ergab und diese
Frage insbesondere eine Aufgabe des neu zu wählenden Landesschulrates sein sollte. Ich habe das
eigentlich in der Rede das Herrn Abg. Präsident Schoiber, der zu dieser Frage nicht Stellung
genommen hat, vermißt. (Abg. Schoiber: Ich kann ihnen dazu noch etwas sagen! Das wird
nachgeholt!) Ich bitte darum, in der Schlußrede, wenn es möglich ist. Wir erfuhren im Dezember 1964
die gleiche Reihung: 1. Krems, 2. Neunkirchen, 3. Gänserndorf, 4. Gmünd. Wie sieht nun die Lage
nach eineinhalb oder zwei Jahren aus? In Neunkirchen ist die Erde planiert, es steht nur eine
Bauhütte, sonst nichts. In Gmünd ist man bei einer Projektausschreibung, gestern wurden die Modelle
in Gmünd gezeigt; in diesen Tagen tagt die Jury, die das beste Modell aussuchen soll. (Abg. Stangler:
Ist schon verlautbart!) Dann ist das von gestern auf heute geschehen. In Gänserndorf wurde von einer
Grundsteinlegung schon im September, Oktober 1964 gesprochen, ebenso von einer Ausstellung der
Modelle. Bekannt geworden ist bis jetzt nichts. Auf meine Erkundigung hin wurde mir gesagt, die
Ausschreibungsunterlagen sind zur Zeit im Handelsministerium; wenn es gut geht, wind der
Wettbewerb im Februar 1965 ausgeschrieben. Bis alles erledigt ist - auch die Vergabe -, wird es
Spätsommer, vielleicht sogar Herbst Werden. Das heißt, im Jahre 1965 wird in Gänserndorf nichts
geschehen. Das ist um so mehr bedrückend, als die Gemeinde vor zwei der drei Jahren einen
Grundstreifen zusätzlich erwerben und hiezu sofort 200.000 Schilling auf den Tisch legen mußte, weil
ja die Gemeinde das Grundstück für diesen Bau gratis zur Verfügung zu stellen hat, was ihr 500.000
Schilling gekostet hat. Ich glaube, es kann so nicht gehen, daß der Bund die Schulgesetze beschließt,
und die Schulraumsorgen- ich meine damit die höheren Schulen -ganz einfach der Gemeinde
überläßt. Wir sprechen immer von Stipendien, von Begabtenförderung und dergleichen, und in
Wirklichkeit ist es so, daß in Gänserndorf viele Schüler nicht aufgenommen werden können, weil im
derzeitigen Gebäude die Räume einfach nicht vorhanden sind. Die bestehenden Klassen sind so, daß
der Lehrer mit seinem Tisch in den Bänken der Schüler steht und Platz machen muß, wenn der
Schüler zur Tafel geht. Vielleicht mögen es schöne, helle Schulräume sein, sie sind aber viel zu klein,
und ich muß noch einmal betonen: Was nützt es uns, wenn wir immer von Begabtenförderung
sprechen, wenn aber beim Bund nicht dafür gesorgt wird, die entsprechenden Schulräume zu
schaffen. Wir in Gänserndorf zum Beispiel - die Neunkirchner Kollegen wie die Kollegin aus Gmünd
werden wahrscheinlich dasselbe sagen können – warten seit 1958. In diesem Jahr wurde die
Platzwahlkommission durchgeführt.
Ich bitte also nochmals, auch der Landesschulrat möge sich der Förderung der höheren Schulen in
baulicher Hinsicht besonders annehmen. Wir müssen alles tun, um zu modernen Schulgesetzen auch
entsprechende finanzielle Mittel für die Schulräume bereitzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Das Wort hat der Herr Abg. Stangler.
Abg. STANGLER: Hoher Landtag! In der Budgetgruppe 2 finden wir unter dem Voranschlagsansatz
2111 sowohl bei Ausgaben als auch bei Einnahmen einen Titel ,,Sonderschule für Körperbehinderte in
Wiener Neustadt" mit einem Durchlaufposten von 3,850.000 Schilling. Ich möchte einige Worte zu
dieser Körperbehindertenschule in Wiener Neustadt sprechen, weil dies kein örtliches Problem für
Wiener Neustadt ist, sondern ein echtes Landesproblem, ja darüber hinaus - nach der heutigen
Konstruktion – sogar ein Problem mehrerer Bundesländer. Der Direktor dieser
Körperbehindertenschule hat schon vor Monaten den Abgeordneten eine Schrift übermittelt, um die
besondere Notlage dieser Institution aufzuzeigen. Die Mitglieder deis Finanzkontrollausschusses
hatten wiederholt Gelegenheit - ebenso wie die Abgeordneten dieses Gebietes -, diese Anstalt kennen
zulernen. Sie ist vielleicht eine der bedeutsamsten sozialen und pädagogischen Einrichtungen, die wir
überhaupt haben, weil sie einer Personengruppe dient, die vom Schicksal am schwersten betroffen
ist. Man muß einmal als Mitglied dieser gesetzgebenden Körperschaft diese bedauernswerten jungen
Mitbürger gesehen haben, um das notwendige Verständnis aufzubringen und auch die innere
Verpflichtung zu spüren, Verständnis für eine solche Einrichtung zu haben und alles zu tun, um das
Los dieser Betroffenen zu erleichtern.
Zur Zeit wird die Waldschule für Körperbehinderte in Wiener Neustadt von einem Kuratorium, das sich
aus den Vertretern von sieben Bundesländern zusammensetzt, erhalten. 136 Zöglinge beherbergt
dieses Haus, darunter auch Madchen, die längst über die Schulpflicht hinaus sind, Mädchen im Alter
von sechs bis 26 Jahren, die dieser Pflege, dieser Einrichtung, dieser Weiterbildungsstätte bedürfen.
Nicht nur die Räume, die für die Schule dienen, sind nicht mehr zeitentsprechend, es sind vor allem
die Internatsräume, die allen Verantwortlichen Sorgen bereiten.
Hoffen wir, daß es bis zu einem Neubau einer modernen Schule für Körperbehinderte zu keiner
Katastrophe kommt. Es wäre sicherlich ein großes Unheil zu befürchten, wenn man bedenkt, wie
schwier es ist, aus einem brennenden Gebäude normale Kinder herauszubringen, um wie viel
schwieriger dies aber bei körperbehinderten Kindern oder bei Kindern, die nur mit Rollstühlen
fortzubewegen sind, sein würde. Ein Internatsraum im ersten Stock - das leuchtet vielen ein - ist nicht
das richtige. Es fehlen auch geeignete Freizeiträume, wie etwa Bastelräume. Die Arbeitsbedingungen
für die Schulpflichtigen sind nicht so, daß sie den modernen Arbeitsbedingungen für die
Berufsausbildung entsprechen. Die Unterbringung des Personals entspricht auch nicht mehr und man
kann eigentlich sagen, als Provisorium für die Nachkriegszeit war die Schule sicherlich von Vorteil,
aber für die heutige Zeit wäre Abhilfe zu schaffen. Der gute Ruf der Anstalt ist durch die enorme
Leistung des Personals - Lehrpersonal genauso wie Erziehungspersonal - gerechtfertigt. Es kommen
Jahr für Jahr viele Besucher, auch Fachkräfte aus dem Ausland, die sich von dem Wert der Schule
überzeugen. Es ist eine Anerkennung der Leistung der Fachkräfte und eine Anerkennung für den
Idealismus der Lehrer und Erzieher, die sich der schweren Aufgabe unterziehen, sich diesen vom
Schicksal so schwer geprüften jungen Menschen zu widmen, sich mit ihrem ganzen Können dafür
einzusetzen, um das Los dieser Menschen zu erleichtern.
Nun sind seit Jahren Planungsarbeiten für einen Neubau im Gange. Es soll ein moderner Neubau
dieser Schule in Wiener Neustadt entstehen. Dieser Neubau muß nach medizinisch-pädagogischen
Erziehungsgrundsätzen erfolgen. Der Finanzausschuß hat sich bereits sehr ausführlich mit dieser
Frage beschäftigt, weil, wie ich schon sagte, es sich hier um kein lokales Problem, sondern um ein
Problem handelt, das uns alle angeht. Die gesetzgebende Körperschaft des Landes Niederösterreich
kann auch an dieser Frage nicht vorbeigehen. Es ist erfreulich, daß man aus den vorhergegangenen
Debatten entnehmen konnte, daß es wahrscheinlich das Beste wäre, wenn sich das Land zu einer
neuen Rechtsform entschließen könnte, damit das Land selbst Rechtsträger dieser Institution wird. Es
ist auch bei Erziehungsanstalten so, und dieses Haus könnte für immer auch anderen Bundesländern
Offenstehen. Es bedarf nur eines Übereinkommens der Bundesländer mit der niederösterreichischen
Landesregierung. Sicherlich ist dabei die Geldfrage eine entscheidende und nicht nur der gute Wille
allein. Wir haben uns im Ausschuß sehr darüber gefreut, daß der Herr Finanzreferent für diese Frage
absolutes Verständnis gezeigt hat, sich mit dem Problem sehr beschäftigt und die Zusage gegeben
hat, daß er alles daransetzen werde, um, falls ein Nachtragsbudget beschlossen wind, für dieses
Bauvorhaben als erste Rate fünf Millionen Schilling bereitzustellen. Ich glaube, daß damit allen
Beteiligten eine große Sorge genommen ist, und es bliebe eigentlich für uns nur mehr eines zu tun,
nämlich heute schon allen Mitgliedern des Hohen Landtages zu empfehlen, wenn ein solcher Antrag
vom Herrn Finanzreferenten kommt, ohne lange Debatte und ohne Überlegung mit Begeisterung
zuzustimmen. Der Herr Finanzreferent hat gesagt, es könne vorn zuständigen Referat mit allen
Verwaltungsarbeiten begonnen werden. Die Planungsarbeiten können so schnell vorangetrieben
werden, daß die Berechnung der Instandsetzungskosten festgestellt werden kann, so daß mit dem
Tage X auch tatsächlich mit dem Baubeginn zu rechnen ist. Wir würden uns über eine nasche
Entwicklung in dieser Richtung sehr freuen, weil wir damit den Mitbürgern unseres Bundeslandes,
aber auch jungen Mitbürgern anderer Bundesländer das Schicksal ein wenig erleichtern könnten und
eine echte Aufgabe, eine menschliche Aufgabe, erfüllen würden.
Ich möchte kurz auch zu anderen Problemen sprechen, und zwar - der Herr Präsident Reiter hat
schon darauf hingewiesen über die Möglichkeit der Gründung von Internatsschulen. Erfreulicherweise
hat sich der Hohe Nationalrat doch in den letzten Jahren entschlossen, mehr Mittel für die Errichtung
von Schulen auf Bundesebene zur Verfügung zu stellen. Der Bund hat ohnehin mit der Vergabe von
solchen Mitteln lange gewartet, und das mittlere und höhere Schulwesen kann diesbezüglich in
Österreich nicht gerade auf die größten Erfolge hinweisen. Wir können durch den Schulbaufonds in
Niederösterreich auf dem Pflichtschulsektor mit Leistungen aufwarten, mit denen wir konkurrenzfähig
sind und den Bund in Fragen des Schulneubaues bei weitem schlagen. Es ist aber erfreulich, daß
nunmehr auch in Niederösterreich an eine Errichtung neuer Allgemeinbildender und Berufsbildender
höherer Schulen geschritten wind. Vor allem ir, Gebieten, die vom Hauptverkehr etwas abseits liegen.
Das ist für die betreffende Bevölkerung und deren Kinder, die nicht in der Lage sind, mittlere oder
höhere Schulen zu besuchen, die weitab von ihren Wohnstätten liegen, sehr wichtig. Wenn es aber
nun nicht nur zur Errichtung, sondern zum Vollausbau dieser höheren Schulen kommen wird, ist es
noch immer nicht leicht möglich, daß in diesen Gebieten auch alle begabten Kinder, wenn sie vom
Verkehrsweg, ab Bahn oder Straße, abgelegen leben, die Schule besuchen. Es ist daher notwendig,
dem Bund eine Anregung zu geben, mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, daß auch in
Niederösterreich eine ganze Reihe neuer höherer Schultypen geschaffen wind, und den Bund
aufzufordern, Vorsorge zu treffen für den Bau von Internaten, um nach dem Vollausbau dieser
Lehranstalten allen begabten Kindern den Besuch dieser Schulen zu ermöglichen, Kindern, die
ansonsten nicht in der Lage sind, täglich zum Unterricht zu fahren. Ich erlaube mir daher, dem Hohen
Landtag folgenden Resolutionsantrag zu stellen und bitte um Annahme dieses Antrages (liest):
Die Landesregierung wird aufgefordert, beim Bundesministerium für Unterricht vorstellig zu werden
und dahin zu wirken, dass seitens des Bundes bei Errichtung von Allgemeinbildenden und
Berufsbildenden höheren Schulen in Niederösterreich, insbesondere in verkehrstechnisch ungünstig
gelegenen Gebieten, gleichzeitig Vorsorge für die Errichtung von Internaten getroffen wind, um den
Kindern breiter Bevölkerungsschichten den Besuch dieser Schulen zu ermöglichen beziehungsweise
zu erleichtern. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gelangt Herr Präsident Wehrl.
PRÄSIDENT WEHRL: Hoher Landtag! Ich bin auch kein Lehrer, aber ein schulfreundlicher
Bürgermeister, und deshalb erlaube ich mir, zum Kapitel 2 folgendes zu sagen: Ich bin dem Herrn
Vorredner, Kollegen Stangler, sehr dankbar, daß er das Problem der Waldschule in Wiener Neustadt
behandelt hat. Ich erspare mir das aufzuzeigen, was unbedingt notwendig ist, weil das Kollege
Stangler bereits gemacht hat. Aber ich muß wieder betonen, was ich schon voriges Jahr oder vor zwei
Jahren getan habe: Wir sollen nicht so lange warten, bis eine Katastrophe eintritt, sondern es muß die
Möglichkeit geschaffen werden, daß wir mit dem Bau beginnen können. Die Waldschule liegt mitten im
Föhrenwald von Wiener Neustadt. Vor zwei Jahren ist durch Unvorsichtigkeit von Ausflüglern ein
Brand entstanden. Es braucht nur der Strom auszufallen, so daß die Pumpenanlagen nicht
funktionieren! Wir hatten dann nicht einmal ein Wasser, außer von dem kleinen Bach, der dort
vorbeifließt. Deswegen halte ich es für das Problem Nummer eins, wenn wir die Schule erhalten
wollen, daß hier Vorsorge getroffen wird.
Ich möchte ganz kurz die Geschichte der Waldschule schildern. Die Waldschule wurde nach dem
ersten Weltkrieg von der Stadtgemeinde Wiener Neustadt mit Hilfe einer Quäkerspende errichtet, und
zwar für tuberkulosegefährdete Kinder. Von der Stadt hat eine Schmalspurbahn hinausgeführt, die die
Kinder täglich in die Freiluftklassen gebracht hat. Durch die Kriegsereignisse wurde die Schule
zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte unter großen Opfern der Stadtgemeinde, wieder mit Hilfe
ausländischer Organisationen, und zwar des Schweizer Roten Kreuzes -Kinderhilfe und der
Österreichischen Vereinigung in Schweden. Der nunmehr verstorbene Bundespräsident Renner stellte
während seiner Präsidentschaft der Stadtgemeinde Wiener Neustadt seine Pension für die
Waldschule zur Verfügung.
Wir haben uns in der Stadtgemeinde damit beschäftigt, wie wir anderen helfen können, nachdem
Wiener Neustadt nach dem zweiten Weltkrieg so viele Hilfe in Anspruch nehmen mußte, wie wir ein
Werk setzen können, mit dem wir uns dankbar erweisen. So ist der Plan geboren worden, diese
Schule für die Unterbringung körperbehinderter Kinder zur Verfügung zu stellen. In ganz Österreich
hat es keine derartige Schule mit Internat gegeben. Ich habe mich seinerzeit mit dem Schulreferenten,
dem Herrn Landeshauptmannstellvertreter Popp, ins Einvernehmen gesetzt. Man war der Meinung, es
gibt gar nicht so viele körperbehinderte Kinder. Es hat sich erst dann herausgestellt, daß es in
Niederösterreich nicht nur geburtengeschädigte, sondern auch durch Kinderlähmung usw.
geschädigte bildungsfähige *Kinder gibt. Ich erinnere mich an folgenden Vorfall: Wie im Jahre 1951
die Schule eröffnet wurde, haben wir ein 18jäihriges Mädel laus Kärnten bekommen, das auf dem
Boden herein gekrochen ist. Ein Arm reichte nur bis zum Ellenbogen, auf der anderen Hand hatte sie
nur einen Daumen, nur ein Fuß war in Ordnung, der andere hatte die Form einer Flosse. Dieses
Mädel hat nicht nur Lesen und Schreiben gelernt, sondern auch Handarbeit, Sticken, die Bedienung
einer kleinen Webmaschine usw. Sie verdient sich heute ihr Brot selbst.
Das Wesentliche ist auch folgendes: Die körperbehinderten Kinder werden ja von den gesunden
Kindern verstoßen und verspottet. Wenn die Kinder älter werden, sagt man ihnen: Hütet euch vor den
Gezeichneten! Das ist hier nicht der Fall. Die körperbehinderten Kinder wachsen dort gemeinsam auf,
sie lernen etwas, ihr Selbstbewußtsein wird gestärkt, und wenn sie 20 Jahre alt sind und einen Beruf
erlernt haben, fallen sie der Mildtätigkeit nicht mehr zur Last. Das ist schon etwas ganz Besonderes,
das zeichnet diese Schule aus.
Nur möchte ich sagen: Es ist nicht nur ein Neubau notwendig, sondern auch die Sanierung des
Altbaues, den wir nach dem ersten Weltkrieg errichtet haben. Er hat noch Tramdecken und ist
feuergefährdet.
Wenn die Stadtgemeinde Wiener Neustadt, die so viele Schicksalsschlage erlitten hat, derartige Opfer
auf sich genommen hat, um diese Schule für körperbehinderte Kinder zur Verfügung zu stellen, dann
muß es auch dem Land möglich sein, jetzt die Schule im Interesse jener Kinder auszubauen, die vom
Leben sehr stiefmütterlich beihandelt wurden. Ich bitte daher, daß wir, wenn der Herr Finanzreferent
die Mittel zur Verfügung stellt, alle ja sagen, damit den Kindern geholfen wird. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt der Herr Abg. Schoiber.
Abg. SCHOIBER: Hohes Haus! Gestatten Sie mir noch einige kurze Bemerkungen zu den
vorhergegangenen Ausführungen. Zum Antrag des Herrn Abg. Grünzweig, bezüglich der verkürzten
Präsenzzeit für Lehrer, möchte ich sagen, daß wir individuell von diesem Erlaß schon längere Zeit
Gebrauch machen. Ich sehe aber eine gewisse Gefahr darin, diesen Erlaß generell anzuwenden,
denn schließlich und endlich könnte ja auch einer der Betroffenen von sich aus bereit sein, den vollen
Wehrdienst abzuleisten. Ich glaube, wir würden damit auskommen, wenn wir alle jene Fälle, in denen
sich ein Lehrer bereit erklärt, den verkürzten Wehrdienst zu leisten, in Notiz nähmen und trachten,
diese Leute freizubekommen, damit sie nach dem geäußerten Plan auch eingesetzt werden können.
Herr Präsident Reiter bat über die Stipendien gesprochen. Es ist erfreulich, daß für die Lehrer heuer
ein Betrag von 1,2 Millionen Schilling - wovon allerdings 800.000 Schilling gebunden sind - zur
Verfügung steht. Ich darf ergänzend mitteilen, daß sich auch der Bund mit sehr namhaften Beträgen
an der Studienförderung für künftige Lehrer beteiligt. Für dieses Jahr hat uns der Bund 395.000
Schilling zur Verfügung gestellt und darüber hinaus für jene Schüler, die in einem Internat
untergebracht wenden müssen, zusätzlich einen Betrag von 199.000 Schilling.
Es sind also an und für sich sehr gewaltige Summen, die für diesen Zweck zur Verfügung stehen.
Diese Summen könnten aber noch wirkungsvoller eingesetzt und verwendet werden, wenn ihre
Verwaltung und die Vergabe der Stipendien zentral erfolgte. Das ist leider nicht der Fall.
Hinsichtlich der Vergebungen, die das Land durchführt, möchte ich die Bitte an den Herrn Landesrat
Kuntner richten, dafür zu sorgen, daß die Benachrichtigungen an die Betreffenden möglichst nasch
hinausgehen. Mitunter können nämlich Studienwillige nur unter der Voraussetzung studieren, daß sie
ein Stipendium bekommen. Wenn die Zusage erst im August oder September erfolgt, kann es
vorkommen - und es ist schon vorgekommen -daß jemand deshalb, weil er im Zweifel war, ob er
etwas bekommt oder nicht, vom Studium Abstand nimmt. Wir brauchen jeden einzelnen, das brauche
ich nicht besonders zu betonen.
Die Notwendigkeit einer raschen Zusage ist vor allem bei jenen gegeben, die für den
Maturantenjahrgang in Frage kommen. Hier besteht eine besondere Situation. Wenn sich jemand
nach der Matura entschließt, unseren Maturantenjahrgang zu besuchen, um Lehrer zu werden, kann
ich ihm zunächst keine bindende Zusage machen, ob er ein Stipendium bekommt oder nicht. Wenn
sich der Betreffende aber entschließt, an die Hochschule zu gehen, so erhält er beim Vorhandensein
gewisser Voraussetzungen auf jeden Fall ein Stipendium.
Wir müssen also in unserem Zeitplan etwas beweglicher wenden, um die Schwierigkeiten, die da und
dort in den letzten Jahren entstanden sind, bewältigen zu können. Ich halte es aber durchaus für
möglich, daß wir über diese Schwierigkeiten hinwegkommen.
Bezüglich der Frage der Bezirkslehrerbüchereien, die der Herr Abg. Kosler angeschnitten hat, möchte
ich folgendes bemerken: Das ist deshalb eine sehr schwierige Frage, weil es für die
Bezirkslehrerbüchereien im gegenwärtigen Augenblick keinen Rechtsträger gibt. Sie gehören also
praktisch niemandem. Früher gehörten sie der Bezirkslehrerkonferenz und seit Auflösung dieser
Institution ist die Rechtsfrage nicht geklärt. Wir haben uns diesbezüglich mit dem Bundesministerium
für Unterricht in Verbindung gesetzt und die Bemühungen sind nach wie vor im Gange. Über das
abschließende Ergebnis kann ich im gegenwärtigen Augenblick noch nichts sagen. Es ist klar, daß
sich bei einer ungeklärten Rechtslage niemand Bereitfinden wird, diese Büchereien zu
subventionieren. Im Übrigen ist ihre Inanspruchnahme sehr verschieden. In manchen Bezirken
werden sie häufig besucht und Bücher entlehnt, in anderen, wo vielleicht ihre Lage ungünstig ist oder
für den Verleih nicht entsprechend vorgesorgt wurde, ist die Frequenz weit geringer. Es ist eine
erfreuliche Tatsache, dass sich die Lehrer, seitdem sie die Bildungszulage erhalten, um
verhältnismäßig große Beträge selbst Bücher kaufen und den Bezirkslehrerbüchereien daher nicht
mehr jene große Bedeutung zukommt, die sie einst gehabt haben. Trotzdem ist die Erledigung dieser
Frage unsere große Sorge. Vielleicht ist es einmal möglich, wenn sich da und dort herausstellt, daß
diese Bezirksbüchereien nicht mehr ganz ihre Aufgabe erfüllen und nicht mehr in ihrem ganzen
Ausmaß benötigt werden, daß sie entweder in unsere Studienbibliothek beim Landesschulrat
aufgenommen oder der künftigen großen Bibliothek, die ja bei der Pädagogischen Akademie
geschaffen wenden muß, einverleibt werden. Das hätte den sehr erwünschten Vorteil, dass vor allem
begehrte Bücher in vielfacher Auflage vorhanden wären.
Der Herr Abg. Graf hat über den Schulbaufonds gesprochen und dessen große Leistungen
hervorgehoben, was ich durchaus unterstreiche. Wir wissen ja, wie viele Schulen als
Gemeinschaftsleistung mit Unterstützung des Landes und der Gemeinden erbaut worden sind. Er hat
anschließend die Meinung vertreten, daß es hinkünftig notwendig wäre, besonders jene Gemeinden
zu unterstützen, die den polytechnischen Lehngang, also das 9. Schuljahr, aufzunehmen verpflichtet
sind. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses aber noch auf ein anderes Problem lenken.
Es gibt auch Gemeinden, die zwar nicht das polytechnische Schuljahr aufnehmen müssen, aber bei
der jetzigen Verteilungspraxis auch nicht in der Lage sind, ein entsprechendes Schulhaus zu bauen.
Ich darf ein Beispiel anführen: In meinem Bezirk befindet sich eine Schule, die im Schuljahr 1961/62
149 Schüler hatte. Der Schülerstand ist mittlerweile auf 188 Kinder angestiegen. Es handelt sich also
um eine stark anwachsende Gemeinde. In einem unzulänglichen Schulhaus mit drei Klassen müssen
zwei Klassen nachmittags unterrichtet werden. Bei der Streulage dieser Gemeinde ist es an und für
sich ein sehr gefährliches Unternehmen, wenn die Kinder im Winter um etwa 16 Uhr oder 16.30 Uhr
noch den weiten Weg nach Hause antreten müssen. Die Projektierung eines neuen Schulgebäudes
ist bereits im Gange und nach Meinung der Baufachleute soll der Bau etwa 3,7 Millionen Schilling
kosten. Bis dieser jedoch fertig gestellt sein wird, wenden die Gesamtkosten sicherlich höher sein.
Seitens des Schulbaufonds wurde der Gemeinde eine durchaus ansehnliche Unterstützung von einer
Million Subvention und einer Million unverzinslichem Darlehen zugesagt. Für die Gemeinde bleiben
aber noch 1,7 Millionen Schilling zur Eigenaufbringung übrig. Das Gemeindereferat hat sich mit dieser
Angelegenheit befaßt und festgestellt, daß der Gemeinde bestenfalls zugemutet werden kann, einen
Betrag von 500.000 Schilling aufzunehmen. Dadurch wind ihre ganze Finanzkraft aufgebraucht. Es
erhebt sich also die Frage, woher die restlichen 1,2 Millionen Schilling genommen werden sollen. Ich
weiß, daß das ein sehr schwieriges Problem ist. Ich weise darauf hin, daß nicht nur jene Gemeinden,
die den neunten Jahngang aufzunehmen haben, in Schwierigkeiten kommen werden, sondern daß
sich schon jetzt Gemeinden in allergrößten Schwierigkeiten befinden, nämlich die finanzschwachen
Gemeinden, die infolge der großen Bevölkerungs- und Schülerzahl verpflichtet sind, neue
Schulgebäude zu errichten, weil sich entweder die alte Schule schon in einem schlechten Bauzustand
befindet oder der notwendige Raum zur Unterbringung nicht vorhanden ist, Es ergibt sich die Frage,
ob nicht hinsichtlich der Vergebung der Schulbaufondsmittel eine Änderung durchgeführt wenden soll.
Ich könnte mir zum Beispiel Vorstellen, daß die Laufzeit der Darlehen individuell festgesetzt wird und
daß nicht unbedingt eine generelle zwanzigjährige Laufzeit -notwendig ist. Das würde sich sicherlich
auf den gesamten Umlauf positiv auswirken. Ich bitte, diesen Vorschlag nur als Anregung zu
betrachten und die Möglichkeit einer Durchführung zu überprüfen. Ich bin überzeugt, daß gewiß noch
andere Möglichkeiten vorhanden sind, den Schulbaufonds optimal auszunützen, das heißt, möglichst
vielen den gerechten, geforderten Anteil zu geben.
Bezüglich der Bundesschulen möchte ich vor allem dem Herrn Abg. Graf mitteilen, daß der
baukünstlerische Wettbewerb für die Schule in Gänserndorf in den nächsten Wochen stattfinden wird.
Die Zeit ist also nicht tatenlos verstrichen. Wir haben uns immer bemüht, die einzelnen Bauvorhaben
schrittweise voranzutreiben. Ich darf also die Mitteilung machen, daß der Bau in Neunkirchen bereits
vergeben ist, gestern und vorgestern in Gmünd der baukünstlerische Wettbewerb stattgefunden hat
und, wie gesagt, in der übernächsten Woche in Gänserndorf stattfinden wird. Daneben laufen eine
Reihe anderer Projekte, die wir ebenso aufmerksam und gewissenhaft verfolgen und alles
daransetzen, um sie nächstes Jahr zu realisieren. Wenn von der Raumknappheit in Gänserndorf
gesprochen wurde, so kann ich dem nur beipflichten. Nicht zustimmen kann ich aber der Behauptung,
daß infolge des Raummangels ein Aufnahmewerber abgewiesen wurde. (Abg. Graf: Das hat der Herr
Direktor gesagt!) Es wurde wegen Raummangels niemand abgewiesen, sondern nur wegen
Nichterfüllung der Aufnahmeprüfung. (Abg. Graf: Herr Kollege, das ist dasselbe!) Aber, aber, ich muß
schon sagen (Gelächter!) Da würde ja jede Prüfung von vornherein ad absurdum geführt, was gerade
wir Schulleute nicht tun wollen. Wir hoffen, dass die Prüfungen objektiv geführt werden und ein
richtiges Bild von den Leistungen der Schüler ergaben. Wenn auch heute manches kritisiert und
angeregt wurde, glaube ich doch, alles in allem, mit gutem Gewissen sagen zu können, daß auf dem
Gebiete der Schule in den letzten Jahren und Jahrzehnten große Leistungen vollbracht wurden,
sowohl in Bezug auf die Zielsetzung der Schule im inneren Betrieb, das heißt in der Anwendung der
Methode als auch, was die äußeren Voraussetzungen in beruflicher, geistiger und materieller Hinsicht
betrifft. Alle Pflicht-Haupt- und Sonderschulen sowie auch die kaufmännischen und gewerblichen
Berufsschulen haben einen ganz bedeutenden Schritt nach vorwärts getan, und ich glaube, wenn wir
dieses Tempo auch weiterhin einhalten, vielleicht sogar noch etwas beschleunigen, so werden wir
nicht nur im Hinblick auf die materiellen Voraussetzungen der Schule, die wir unbedingt brauchen,
sondern auch hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Schule jenen Stand erreichen, den die
österreichische Schule vor 1938 hatte, wo sie zu den besten Europas gehört hat. (Beifall bei der
ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Staatssekretär Rösch
Abg. RÖSCH: Hoher Landtag, sehr verehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich doch nur
zu dieser einen Frage des Resolutionsantrages meines Parteifreundes Grünzweig einige
Bemerkungen mache, da der Herr Kollege Schneider die Freundlichkeit hatte, einen neuen RöschPlan für die Lehrer zu kreieren. Ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken, das ist ein
Grünzweig-Plan, also vom grünen Zweig der Lehrer, und ich bin eigentlich nicht daran beteiligt. Aber
ich glaube, es ist vielleicht doch zweckmäßig, obwohl mir klar ist, dass es bei Beurteilung der
Ablehnung oder Zustimmung nicht viel nützt. Sie sollen aber doch die ganze Materie sehen, bevor
man zustimmt oder ablehnt.
Erstens möchte ich sagen, solche Bestrebungen sind in Niederösterreich nicht einmalig. Es sind in
anderen Bundesländern ähnliche Bestrebungen vorhanden, daß man versucht, die Junglehrer
irgendwie gesondert zu behandeln. Wir behandeln zur Zeit die Bediensteten der Österreichischen
Bundesbahnen durch ein Ressortübereinkommen, indem wir eine Globalsumme, die die
Generaldirektion der Österreichischen Bundesbahnen immer beantragt, einfach vom Dienst freistellen,
weil sonst die ganzen Fahrdienstleiter usw. einfach nicht mehr zur Verfügung wären.
Das wäre also eine Parallele zu den Lehrern. Zweitens ist die Zahl, um die es hier geht, so gering, daß
man - zum Unterschied vom Rösch-Plan, wo man immer argumentiert, daß wir damit wehrlos würden
kaum von einer Wehrlosigkeit sprechen kann. Wir haben zur Zeit 38 Junglehrer in Niederösterreich im
Präsenzdienst. Ich glaube nicht, daß man mit gutem Gewissen behaupten kann, die Wehrfähigkeit
Österreichs hängt von diesen 38 oder 40 Lehrern ab, noch dazu, wenn sie in einer Sparte gebraucht
werden, wie das bei den Lehrern der Fall ist, in der sicherlich die Erziehung der Jugend vor allen
anderen Dingen den Vorrang haben müßte. Drittens hat der Herr Präsident Schoiber darauf
hingewiesen, daß es sich bisher schon bewährt hätte, daß man individuell vorgegangen wäre. Ich
möchte jetzt - ohne Angriff auf eine Partei, es gilt für alle – folgendes sagen: Individuell ist eine
Umschreibung für interventionell. Wie die Zufälle manchmal mitspielen, möchte ich Ihnen an einem
Beispiel beweisen. Soeben bekomme ich mit der Post ein Schreiben, das ich dem Hohen Landtag,
ohne Namensnennung, vorlesen möchte. In dem Brief heißt es: ,,Sehr geehrter Herr Staatssekretär
Die Schulgemeinde und die Volksschule insbesondere aber die Eltern, danken Ihnen vielmals für die
erfolgreiche Intervention bezüglich der vorzeitigen Entlassung des wehrpflichtigen Lehrers...aus dem
Präsenzdienst, weil dadurch die Kontinuität des Lehnbetriebes, was auf dem Lande besonders wichtig
ist, erhalten geblieben ist. Herr hat sich meines Wissens persönlich schon bedankt. Hochachtungsvoll
Bürgermeister." Das ist nur ein Beispiel, solche gibt es aber Dutzende. Nun frage ich Sie, haben wir es
notwendig, daß sich ein Bürgermeister bedankt, es wäre doch gescheiter, man schafft generell eine
Lösung, damit die Leute einfach früher nach Hause gehen können. Nun aber zu einer zweiten
Überlegung: Der Erlaß des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung - er ist ausnahmsweise
ohne Datum - (Abg. Stangler: Also ein offener Erlaß!) Ja, zeitlich offen.(Abg. Stangler: Die gibt's nur im
Innenministerium.) Nein, Sie sehen, zeitlich offene gibt es auch hier. In dem Erlaß heißt es also
erstens: Der Wehrpflichtige hat Anspruch auf zwei Wochen Dienstfeistellung. Es besteht weiters die
Möglichkeit, daß vom Einheitskommandanten eine zusätzliche Dienstfreistellung gewährt wird, die
vom Bundesministerinm für Landesverteidigung mit drei Wochen festgelegt wurde. Das heißt also fünf
Wochen, der Resolutionsantrag meines Freundes Grünzweig will sechs Wochen festgelegt wissen.
Die Frage, ob die Dienstfreistellung, die vorzeitig in Anspruch genommen wird, noch nachgedient
wenden muß, ist mit Nein zu beantworten. Die Dauer des Präsenzdienstes wird durch die in Anspruch
genommene Dienstfreistellung laut Ziffer 1 grundsätzlich nicht verlängert. Eine vorzeitig in Anspruch
genommene Dienstfreistellung kann jedoch vor Beendigung nicht noch einmal gewährt werden.
(Abgeordneter Dipl.-Ing. Robl: Nach achteinhalb Monaten kann er nicht nach Hause gehen, sondern
erst nach neun.) Ich stelle fest, Herr Kollege Robl, ich bin erst fünfeinhalb Jahre im Ministerium, ich
weiß nicht, ob ich Sie überzeugen kann, ich kann Ihnen aber nur versichern, Sie sind im Irrtum. Sie
brauchen den Erlaß nur zu lesen, es haben ihn alle zugeschickt bekommen, und hier steht klar, dass
diese Zeit nicht nachgedient wird. Kollege Grünzweig beantragt nunmehr sechs Wochen. Nun soll
noch jemand erklären, daß wegen einer Woche sowohl die Ausbildung des Junglehrens in
militärischer Hinsicht als auch die Wehrbereitschaft Österreichs gefährdet ist, denn fünf Wochen kann
er ohnehin bekommen. Und nun die rechtliche Situation: Präsident Schoiber sagt, daß man dies
bisher schon im Interventionsweg getan hat. Ich habe Ihnen nachgewiesen, ich halbe auch schon
interveniert, aber wir müssen uns alle klar sein, daß diese Interventionen – sehr vorsichtig
ausgedrückt - praeter legem gehen, ich will nicht sagen Contra legem, denn der § 29 des
Wehrgesetzes beziehungsweise der § 32 sagt, daß diese vorzeitigen Entlassungen nur dann
durchgeführt werden, wenn während der Präsenzdienstzeit ein Umstand nach § 29 Absatz 2 eintritt.
Aber diese Umstände treten in diesen Fällen nicht während des Präsenzdienstes ein, die hatten schon
vorher bestanden. Das heißt, sie hätten entweder nach § 29 Absatz 2 vorher schon gar nicht
einberufen wenden dürfen, oder man hätte nachher keine Rücksicht nehmen können. Nun sind sich
alle bewußt, daß man hier einen Weg finden muß, um durchzukommen, gerade in diesen Fällen. Dazu
wirft sich aber wieder die Frage auf, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es dann nicht
korrekter und sauberer, das gleich generell festzulegen, als in Individualfällen sozusagen paeter
legem zu marschieren? Es ist viel günstiger, wenn hier mit dem Ministerium ein übereinkommen
getroffen wind, das für 38 oder 40 Leute gilt und dann nicht eine Flut von Interventionen einsetzt. Aber
ich kann mir vorstellen, daß Ihnen wahrscheinlich die Interventionen beim Herrn Bundesminister Dr.
Prader lieber sind, als die generelle Regelung, denn dann kann man auch individuell vielleicht doch
irgendwie besser nachhelfen. Geben Sie also doch Ihrem Herzen einen Stoß und überlegen Sie, ob
es nicht besser wäre, generell diese Angelegenheit zu regeln als auf dem Interventionswege. (Beifall
bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Landesrat Kuntner.
Landesrat KUNTNER: Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herren! Nach dieser umfassenden
Behandlung des Kapitels kann ich mir selbst eine genauere Erörterung ersparen, vor allem auch
deshalb, weil einer der Vorredner, der Herr geschäftsführende Präsident des Landesschulrates, Abg.
Schoiber, schon einige Fragen, vor allem die den Landesschulrat betreffen, beantwortet hat. Aber als
der politische Referent fühle ich mich doch bemüßigt, einige Bemerkungen anzuschließen, zunächst
natürlich aber auch der Genugtuung Ausdruck zu geben, daß das Kapitel 2 etwas besser dotiert ist.
Auch dafür zu danken, daß einzelne Abgeordnete, die nicht dem Lehrerstand angehören, den Mut
gehabt haben, hier für die Schule, für die Kinder zu reden und damit zu dokumentieren, daß das
Schulwesen nicht nur eine Angelegenheit der Lehrer ist, sondern auch der Jugend und damit der
ganzen Bevölkerung.
Ich bin auch dankbar für die Anregungen, die gegeben worden sind, die wir im Referat beachten,
prüfen und nach Möglichkeit und Zweckmäßigkeit auch durchführen werden. Um gleich auf ein
Problem einzugehen. Selbstverständlich werden wir die Änderung des Schulerhaltungsgesetzes dazu
benützen, nicht nur den polytechnischen Lehrgang einzubauen, sondern auch die Frage der
Schulbeitrage der Heimkinder zu lösen - das wird gesetzlich allerdings einige Schwierigkeiten haben,
vielleicht muß das mehr budgetmäßig gemacht werden - aber vor allem auch die Schulwegzeit als
neues Kriterium statt des Schulweges einzubauen. Das hat allerdings eine Konsequenz, die wieder
bedenklich ist, denn die Ausweitung des Schulweges bedeutet, daß durch die Ist-Bestimmung für die
Errichtung von Schulen noch mehr gebaut werden muß. Es wird daher notwendig sein, daß man
insbesondere bei der Formulierung der Hauptschulerrichtung einen Sicherheitsparagraphen
einschaltet, der ungefähr folgendes besagt: Die Schule ist zu errichten, wenn die betroffenen Kinder
nicht in einem zumutbaren Schulweg, in einer zumutbaren Schulwegzeit eine entsprechende Schule
erreichen können. Sonst passiert es nämlich, daß sich die Wirkung des Schulbaufonds dahingehend
ausweitet, daß nun, lokalen Wünschen entsprechend, neue Schulen entstehen, deren
Zweckmäßigkeit einigermaßen bedenklich ist.
Sie haben gehört, daß die Aufteilung des Schulbaufonds wünschenswerte Änderungen erfahren soll;
natürlich bedeutet jede Ausweitung mehr Geld, aber auch die Verteilung innerhalb, die keineswegs
strengen Normen unterliegt und die den einzelnen Parteien vollständig freie Hand läßt, kann natürlich
diesem Belieben entsprechend gehandhabt werden. Es ist also keine Grenze gesetzt. Es ist nicht
gesagt, daß eine Schule nur 20, nur 30, nur 40, nur 50, nur 60 Prozent bekommen kann. Es ist
insbesondere auch ab besprochen worden, daß Gemeinden, die durch zwangsmäßige Schullasten in
der Ausübung ihrer sonstigen Verwaltungstätigkeit in ihrem ordentlichen Haushalt gefährdet werden,
gerade unter jene Gemeinden fallen, die durch die Bedarfszuweisungen wieder Hilfe bekommen
sollen, denn ob sich eine Gemeinde durch eine Kanalisation, eine Wasserleitung oder durch
Schulumlagen oder einen Schulbau zwangsmäßig in eine besonders gefährliche finanzielle Lage
begibt, ist gleichgültig, und die Hilfe müßte auch dann gewährt werden.
Aber was ich sagen wollte ist, daß mit der Leistung des Schulbaufonds, die aufgezeigt wurde, auch
zusammenhängt, daß für solche Schulen eine unverhältnismäßig große Belastung entsteht und daß
man sich, wie der Herr Landeshauptmann in dankenswerter Weise festgestellt hat, bei der Errichtung
von einklassigen Schulen überlegen müßte, ob man sie baut oder nicht. Er hat in einer Sonntagsrede
gesagt: ,,Natürlich ist auch die ungünstige Schulstruktur in Niederösterreich ein Grund hierfür, warum
zur Zeit ein Lehrermangel besteht. Noch immer gibt es. Bei der Vergebung der Mittel aus dem
Schulbaufonds werden wir in Zukunft ernstlich zu überlegen haben, wie weit es überhaupt noch
vertretbar ist, in unserem Land einklassige Volksschulen zu bauen. Ich bin mir bewußt, daß die Frage
von Schulzusammenlegungen für manche Gemeinde eine Härte bedeutet, doch ist es kein
Geheimnis, daß es in unserem Land Klassen gibt, deren Schülerzahlen unter zehn liegen."
Eine solche Statistik zeigt Ihnen, daß wir von den einklassigen Schulen 83 haben, die unter 20 Kinder,
und fünf, die unter zehn Kinder aufweisen. Daß die Notwendigkeit des Bestehens mancher
einklassigen Schule gegeben ist, ist ganz klar. Wenn hier von sozialistischer Seite Rindlberg als eine
Schwierigkeit angezogen wird, möchte ich dazu folgendes sagen: Es ist der einzige Fall, der
überhaupt aufgezeigt werden kann, und das hätte auch nicht gesagt werden dürfen. Ich halbe als der
zuständige Referent den Antrag des Landesschulrates und des vorliegenden Bezirksschulrates, weil
diese Feststellung im Antrag gewesen ist, bedenkenlos unterschrieben. Es hat sich herausgestellt,
dass weder ein einstimmiger Beschluß noch überhaupt ein Beschluß der zuständigen Gemeinde
vorgelegen ist und daß auch der Bezirksschulrat nur unter der Bedingung einen Beschluß gefaßt hat,
daß ein Schulautobus eingestellt wird. Nachdem die Voraussetzungen in keinem Fall zugetroffen sind,
hat die Landesregierung diesen Beschluß dann selbstverständlich wieder aufgehoben.
Aber ich muß sagen, daß ich jederzeit, vor allem, wenn die Anträge von der Gemeinde, vom
Bezirksschulrat oder vom Landesschulrat da sind, diesen entspreche, unter Umständen gegen den
Willen der betroffenen Gemeinde, denn ich weiß, daß es gewisse lokalpatriotische Sentiments gibt,
die natürlich dazu bewegen, alles zu unternehmen, um die Schule nicht zu verlieren. Aber diese
müssen überwunden werden. Sie müssen überwunden werden, weil die Lehrpersonen nicht
vorhanden sind, sie müssen überwunden werden, weil die Mittel für den Schulbaufonds nicht in dem
Ausmaß vorhanden sind, und sie müssen auch überwunden werden, weil es auch aus pädagogischen
Gründen nicht anders möglich ist.
Derselbe Grundsatz müßte aber auch bei den Hauptschulen angewendet werden. Wir haben in
Niederösterreich 33 vierklassige Hauptschulen, davon 14 mit unter 120 und neun mit unter 100
Kindern. Das bedeutet, daß die Vergütungen 6ür die Lehrpersonen, die der Bund auf Grund )des
Finanzausgleichsgesetzes dem Land bezahlt, in keiner Weise ausreichen, um den Personalbedarf zu
decken, abgesehen davon, daß wir Hauptschullehrer gar nicht in diesem Ausmaß zur Verfügung
haben und daß damit auch die Schwierigkeit der zweizügigen Führung von Haus aus gegeben ist.
Ich verstehe, daß manche Gemeinden das Bedürfnis haben, auch eine Hauptschule zu besitzen. Sie
haben vielleicht sogar dlas Bedürfnis, eine Landesberufsschule oder irgendeine höhere Schule zu
haben. Aber diesen lokalen Wünschen zu entsprechen, ohne dass außer diesem herzlichen Wunsch,
den man verstehen kann, eine wirklich ernste sachliche Begründung besteht, das wäre doch zu
weitgehend. Darum muß dann diese Sicherheitsklausel eingeschaltet werden, daß eine gleichartige
Schule nicht errichtet werden kann, wenn die Kinder in einer zumutbaren Schulwegzeit eine Schule
erreichen können.
Wir wenden diesen lokalen Schwierigkeiten vielleicht auch dadurch begegnen, daß wir in das
Schulenhaltungsgesetz auch noch einen Passus einbauen, der besagt, daß von Amts wegen die
Stillegung einer Schule erwirkt werden kann, wenn die sachlichen Voraussetzungen vorliegen, wenn
es durch Bezirksschulrat und Landesschulrat beantragt wird. Soviel zur Schulorganisation, die als
eines der bedeutendsten Dinge, die Schulgesetzgebung und Schulwesen von Niederösterreich
erfordern, Platz greifen soll.
Zur Sonderschule Wiener Neustadt: über die Notwendigkeit des Baues des Internates ist bereits
gesprochen worden. Ich habe erst vor einigen Monaten den Vorsitz dieses Kuratoriums übernommen
und es als meine vordringlichste Aufgabe angesehen, dieser gefährlichen Situation doch
auszuweichen. Es ist erfreulich, daß die Zusage besteht, daß, wenn schon nicht der Betrag von fünf
Millionen Schilling im Budget eingebaut ist, doch die erste Post für das Nachtragsbudget eben jene
fünf Millionen Schilling sein werden, und daß damit die Möglichkeit gegeben ist, die Bauten noch
zeitgerecht durchzuführen. Wir werden dabei wahrscheinlich nicht die herkömmliche Bauweise,
sondern eine Fertigteilbauweise benützen können, die es ermöglicht, nach Flüssigmachung der Mittel
diese Bauten in kürzester Zeit zu errichten, so daß der Tag X, von dem der Herr Abgeordnete Stangler
gesprochen hat, im Sommer eintreten wind und damit das neue Schuljahr die Möglichkeit gibt, die
Schüler wirklich richtig unterzubringen.
Die Umwandlung des Berufsschulbaufonds in eine Institution, die auch den Landesberufsschulen
zugute kommt, ist, glaube ich, nicht möglich, weil die Fondmittel aus den zwei Prozent der
Bedarfszuweisungen der Gemeinden bestehen und daher zweckfremd verwendet würden.
Die Richtlinien bei der Vergabe der Stipendien zu ändern, ist sicherlich wünschenswert, nur hängen
sie vor allem hinsichtlich der Höchstsumme von der Höhe der Gesamtmittel und der Zahl der
anfallenden Fälle ab. Das ist in einem Zusammenhang. Wenn ich sehr viele bedürftige Studierende
habe, müßte ich natürlich eine entsprechende Ausweitung der Mittel haben. Das ist also in einem
ursächlichen Zusammenhang, das dann, so hoffe ich, im Einvernehmen mit dem Finanzreferat
zumindest im nächsten Budget geregelt werden kann.
Abschließend möchte ich noch tauf etwas hinweisen, das auch berührt wunde: die Beseitigung des
Bildungsgefälles, unter dem wir in Niederösterreich gegenüber dem Westen leiden; ein Umstand, der
sich auch bei uns auf dem Lande besonders bemerkbar macht. Es hat schon seinerzeit der Herr Abg.
Robl darauf hingewiesen, wie wenige aus den Kreisen der bäuerlichen Bevölkerung studieren können.
Herr Präsident Reiter bat darauf aufmerksam gemacht - ich selbst unterstreiche diese Tatsache, ich
habe nicht einmal und heute nicht zum ersten mal darauf hingewiesen -, daß wir zuwenig höhere
Schulen haben, daß wir in Niederösterreich vor allem nicht jene Typen von höheren Schulen haben,
die das Studium oder die Studiermöglichkeit erleichtern. Ich meine damit die Realgymnasialtypen, weil
hier die Möglichkeit besteht, daß Kinder bis zum 14. Lebensjahr doch zu Hause betreut wenden
können, indem sie die Hauptschule oder die Volksschule absolvieren und dann diesen Typ der
höheren Schule wählen können unid damit auch die Möglichkeit zur höchsten Bildungsmöglichkeit
haben. Ich bedaure, daß Niederösterreich - im Vergleich zu anderen Bundesländern, vor allem Tirol diese Chance nicht ganz ausgenützt hat. Präsident Schoiber sagte, daß sie bestens florieren.
Selbstverständlich, weil der Bedarf ja ungeheuer ist; das unterstreiche ich. Ich möchte nur sagen, daß
mehr dieser Schulen - so wie Herr Abgeordneter Stangler gesagt hat - errichtet, das heißt, neu
gegründet werden, um eben die Bildungsmöglichkeit der ländlichen Bevölkerung in Niederösterreich
zu sichern. Die Berufsbildenden Schulen, die Landesberufsschulen, sind eine Pionierleistung
Niederösterreichs. Wir stehen in dieser Hinsicht an der Spitze. Ich muß nur feststellen, dass wir - und
das ist auch bereits gesagt worden - unser Vorhaben für 1965 nicht verwirklichen können, weil unsere
Wünsche zurückgeschraubt wurden. Ich muß, ohne damit der Klammer der gewerblichen Wirtschaft
einen Abbruch zu tun und die dankenswerte Unterstützung herabzusetzen, sagen, daß der
Gesamtaufwand 150 Millionen Schilling war und die gewerbliche Wirtschaft nur die Hälfte davon,
nämlich 68 Millionen Schilling, beigesteuert hat. (Abg. Schneider: Das ist die Hälfte!) Stimmt, Herr
Abg. Schneider, so hat es auch der Vorsitzende des Berufsschulrates, Herr Kommerzialrat Hummel,
bestätigt. Das bedeutet nicht, daß ich damit sagen wollte, es wurde zu wenig gemacht, ich will damit
nur sagen, daß wir uns sicherlich bemüht haben und daß - so wie Herr Präsident Schoiber festgestellt
hat - auch sehr viel geschehen ist. Ich muß aber immer wieder sagen: So erfreulich es ist, daß zum
Beispiel das bäuerliche Fachschulwesen - und das darf man ohne Übertreibung sagen - wirklich
mustergültig dasteht, so betrüblich ist es doch, daß trotz der Erfolge die Mittel, die den Pflichtschulen
zur Verfügung stehen, doch nicht ganz diese Höhe erreichen. Wir dürfen eben nicht immer nur davon
reden, daß die Jugend das kostbarste Gut ist, daß für sie das Beste gerade gut genug ist, sondern wir
müssen in dieser Erkenntnis auch wirklich alles tun, damit das Intelligenzpotential unseres Landes und das ist unser größter Schatz - voll ausgeschöpft wind, alle schulischen Vorkehrungen treffen,
damit diese Ausschöpfung er6olgt, nicht nur zum Nutzen des einzelnen Menschen, sondern auch im
Interesse der ganzen Bevölkerung. (Beifall im ganzen Hause.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Die Rednerliste ist erschöpft, der Herr Berichterstatter hat das
Schlußlwort.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte auf das Schlußwort.
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Ich bitte den Herrn Berichterstatter, seinen Antrag zur Gruppe 2,
Schulwesen, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag, zu stellen. Berichterstatter Abg.
ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich stelle den Antrag, die Gruppe 2, Schulwesen, mit Einnahmen im
ordentlichen Voranschlag von 8,866.600 Schilling und Ausgaben im ordentlichen Voranschlag von
49,456.600 Schilling, mit Ausgaben außerordentlichen Voranschlag in der Vollziehungsstufe I von 21
Millionen Schilling und in der Vollziehungsstufe I1 von 7,285.000 Schilling zu genehmigen. Ich
ersuche den Herrn Präsidenten, die Abstimmung einzuleiten.
ZWEITER PRÄISIDENT WEHRL (nach Abstimmung über Gruppe 2, Schulwesen, im ordentlichen
Haushalt in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
(Nach Abstimmung über Gruppe 2, Schulwesen, außerordentlicher Voranschlag in Erfordernis und
Bedeckung:) Angenommen.
Ich bitte den Herr Berichterstatter nunmehr um die Verlesung des Resolutionsantrages des Herrn Abg.
Grünzweig. (Geschieht.) (Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Herrn Abg. Grünzweig,
betreffend vorzeitige Entlassung der Junglehrer aus dem Präsenzdienst:) Abgelehnt.
PRÄSIDDNT WEHRL: Ich bitte den Herrn Berichterstatter, den Resolutionsantrag des Herrn Abg.
Schoiber zu verlesen. (Geschieht.) (Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg.
Schoiber, betreffend die Schaffung eines Situierungsplanes:) Angenommen.
(Nach Abstimmung über den zweiten Antrag des Abg. Schoiber, betreffend die Vorlage eines
Gesetzentwurfes, um durch andere öffentliche Verkehrsmittel für einen zumutbaren Schulweg Sorge
zu tragen:) Angenommen
Wir kommen zum Resolutionsantrag des Herrn Abg. Stangler. Ich bitte ihn zu verlesen. (Geschieht.)
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Stangler, betreffend die Errichtung von
Internaten, insbesondere in verkehrstechnisch ungünstig gelegenen Gebieten:) Angenommen.
Ich untenbreche die Sitzung bis 14 Uhr. Unterbrechung der Sitzung um 12.38 Uhr.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Wiederaufnahme der Sitzung um 24.01 Uhr):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir setzen die Verhandlungen des Voranschlages des
Landes Niederösterreich mit Gruppe 3 fort Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten
Anzenberger zu Gruppe 3, Kulturwesen, ordentlicher und außenordentlicher Voranschlag, zu
berichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Die ordentlichen Ausgaben der Gruppe 3,
Kulturwesen, beziehen sich auf die Wissenschaftspflege, Kunstpflege, Volksbildung, Heimatpflege,
Archive und sonstige in diesen Rahmen fallende Aufwendungen.
Sie betragen
S 21,061.800
Ihnen stehen Einnahmen von
S
142.200
gegenüber. Das Nettoerfordernis
beläuft sich daher auf
S 20,919.600
Die ordentlichen Ausgaben dieser Gruppe umfassen 1,1 Prozent des Gesamtaufwandes gegenüber
0,9 Prozent im Vorjahr.
Die Ausgabenerhöhung beträgt rund 5,9 Millionen Schilling, während die Einnahmenseite fast gleich
geblieben ist. Die Erhöhung betrifft in der Hauptsache den Sachaufwand. Aus dem außerordentlichen
Teil dieser Gruppe wunden in dem ordentlichen Teil Voranschlagsansätze in der Gesamthöhe von
einer Million Schilling überstellt.
Für neue Vorhaben wunden folgende Voranschlagsansätze vorgesehen: Voranschlagsansatz 311561, Barockmuseum Heiligenkreuz-Gutenbrunn, Zweckaufwand, mit einem Betrage von 50.000
Schilling, Voranschlagsansatz 3510-90, Haydn-Museum in Rohrau, Reparatur der Heizung und des
Gebäudes, mit 70.000 Schilling, Voranschlagsansatz 354-63, Übernahme der Herstellungskosten
eines Fensters in 'der Votivkirche, mit einem Betrage von 150.000 Schilling, Voranschlagsansatz 35564, Ausgestaltung des Naturparks Sparbach und dessen Erhaltung, mit einem Betrage von 30.000
Schilling und schließlich Voranschlagsansatz 361-90, Landesarchiv, Anschaffung von Stahlregalen,
mit einem Betrage von 150.000 Schilling. Ins Gewicht fallende Erhöhungen bei Voranschlagsansätzen
sind noch bei Voranschlagsansatz 323-61, Förderung des Theaterwesens, um 500.000 Schilling und
bei Voranschlagsansatz 326-61, Förderung des Musikwesens, um 3 Millionen Schilling zu
verzeichnen. Die restlichen Mehraufwendungen der Gruppe 3 verteilen sich auf fast alle Ansätze. Die
außerordentlichen Ausgaben der Gruppe 3 sind in der Vollziehungsstufe I mit 5,720.000 Schilling, in
der Vollziehungsstufe II mit 5,715.000 Schilling veranschlagt.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Verhandlungen darüber einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Mondl.
Abg. MONDL: Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich könnte meine
Ausführungen zu diesem Kapitel wie ein klassisches Märchen beginnen: Es war einmal ein sehr altes
Schloß, welches von seinem Besitzer nicht mehr benützt wurde. Es war sehr baufällig, wie es
meistens alle alten Schlösser sind, Tor, Türen und Fensterstöcke waren sehr reparaturbedürftig,
Fußböden, Decken und das Dach sehr strapaziert. Dazu kam, daß das Schloß in der Besatzungszeit
sehr stark gelitten hatte. Es war umgeben von einem großen, sehr verwilderten Park, sehr romantisch
gelegen in einem kleinen Ort, in Asparn an der Zaya im Bezirk Mistelbach. Es handelt sich hier um
das Metternich-Ratibor'sch'e Schloß Asparn an der Zaya. Ein Idealist - und so etwas soll es in unserer
heutigen Zeit noch geben -, nämlich der Tapezierermeister Heinrich Schröfmann, hat sich vor Jahren
die Bewilligung geholt, in diesem Schlosse einige Zimmer zu einem kleinen heimatkundlichen
Museum einzurichten. Mit viel Ausdauer und Liebe ging er zu Werke, unzählige Arbeitsstunden hat er
für dieses Projekt aufgewendet und sehr viele persönliche und finanzielle Opfer gebracht. Das Werk
gelang, und zahlreiche Besucher kamen nach Asparn, um sich dieses kleine Heimatmuseum
anzuseihen. Auch der Kulturreferent des Landes Niederösterreich, Herr Landesrat Kuntner,
besichtigte dieses Museum und fand es im damaligen Zustand schon sehr beachtenswert. Auch die
zuständigen Fachleute des Kulturreferates befassten sich mit diesem kleinen Heimatmuseum und
fanden, daß der verwilderte Park des Schlosses geeignet wäre, ein ganz besonderes Museum
unterzubringen, nämlich ein Museum der Urgeschichte. Darin soll die Urgeschichte von
Niederösterreich im europäischen Gesamtablauf dargestellt werden, vom Abschnitt der schriftlosen
Vergangenheit bis zu dem Zeitpunkt, wo die Erhebungen beginnen, wo man nachlesen kann, wie die
Dinge tatsächlich waren. Unser Heimatland lag ja im Brennpunkt sehr vieler geschichtlicher Ereignisse
in unserem Kontinent. Im Park des Schlosses soll in Form eines Freilichtmuseums diese Darstellung
erfolgen und der Besucher soll - in natürlicher Größe und Form - eine konkrete Vorstellung urzeitlicher
Lebensverhältnisse vermittelt erhalten. Es werden daher aus den einzelnen Hauptepochen
verschiedene Haustypen und Nebenanlagen errichtet wenden, dazu noch eine frühhallstattzeitliche
Kupferschmelzanlage sowie eine Eisenschmiede und ein Töpferofen aus spätkeltischer Zeit;
insgesamt bandelt es sich um 17 bauliche Einheiten. Dieses Freilichtmuseum in Asparn an der Zaya
soll aber nicht nur durch seine Rekonstruktion natürlicher Größe eine museale Bestimmung erhalten,
es soll auch der Wissenschaft als Experimentiergelände dienen, um die Zuverlässigkeit und praktische
Umsetzbarkeit von Ausgrabungsfunden zu erproben. Man kann sich wohl vorstellen, wie diese Funde
beschaffen sind, daß sie förmlich unter der Hand zerfallen. Es ist ungewiß, ab all das auch verwirklicht
wenden kann, man glaubt aber, daß man an den natürlichen Rekonstruktionen, die man in Asparn an
der Zaya vorgenommen bat beziehungsweise noch vornehmen will, erproben kann, ob alles zutrifft,
was die Wissenschaft auf diesem Gebiete annimmt. Wir schätzen uns glücklich, daß diese besondere
Art eines Landesmuseums in unser Gebiet verlegt wurde, wind es doch zweifellos durch seine
Eigentümlichkeit Anziehungspunkt vieler Interessenten werden und somit einen wesentlichen Beitrag
zur Hebung des Fremdenverkehrs in unserem unmittelbaren Heimatgebiet leisten. (Beifall bei der
SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Brunner.
Abg. BRUNNER: Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herren! In der Entwicklung der europäischen
Musikgeschichte haben Wien und Niederösterreich stets eine ganz besondere Rolle eingenommen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur als Beispiel darauf hinweisen, daß etwa Franz Schubert
oder Beethoven, die in Wien gewirkt haben und ihre Sommer in Niederösterreich verbrachten, dort
ihre bedeutendsten Werke schufen.
Wir können also auf eine reiche und wunderbare Tradition verweisen. Es wäre aber schlecht, Würden
wir uns auf diesen Lorbeeren ausruhen und das Musizieren der Musikbox, dem Plattenspieler oder
dem Transistorgerät überlassen. Die große Tradition im musikalischen Leben kann nur lebendig
gehalten werden, wenn sie weiter gepflegt wird, wenn es uns gelingt, aktives Musizieren zu fördern.
Ich glaube, daß in dieser Hinsicht in unserem Land sehr viel geschieht, wenn sich zum Beispiel in
unseren Städten die Musikkapellen und Chorvereinigungen zusammenfinden, um Beweise ihres
Könnens abzulegen. Die Vielfalt der Arbeit wird aber meistens in den Proben geleistet.
Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders auf das Wirken unserer Musikschulen hinweisen.
Derzeit bestehen in Niederösterreich 54 Musikschulen mit zirka 8000 Schülern. Für die Förderung
dieser Institute wurden im vergangenen Jahr 1,320.000 Schilling aufgewendet. Das ist ein
ansehnlicher Betrag. Die Begeisterung, mit der alle jungen Leute Instrumente erlernen und
gemeinsam musizieren, ist der beste Beweis, daß sich die dafür aufgewendeten Beträge am besten
amortisieren.
Der Erfolg einer Musikschule hängt aber in erster Linie von den Lehrern ab, ob es diesen gelingt, bei
allem notwendigen Fachwissen auch den nötigen Idealismus aufzubringen, um die Schüler für das
aktive Musizieren zu begeistern. Erst vor wenigen Monaten, im Oktober 1964, haben 52 Musiklehrer
im Sinne des Privatschulgesetzes die erforderlichen Prüfungen abgelegt.
Ich möchte von dieser Stelle aus allen Städten, Gemeinden und Vereinen dafür danken, daß sie die
Gründung und die Erhaltung einer solchen Musikschule auf sich genommen haben. Nur selten sind
wir Menschen so einmütig in unserer Auffassung, so glücklich in unserem Herzen und voll Freude am
Leben, als wenn Musik und Gesang uns erfreuen.
1952 wurde in unserer Heimat der Bund niederösterreichischer Blasmusikkapellen gegründet. Mit
dieser Gründung wurde in Niederösterreich eine kulturelle Tat von weittragender Bedeutung gesetzt.
Idealisten sind durchs Land gezogen und haben durch ihr Beispiel jungen Menschen wieder den Sinn
und die Begeisterung zur Blasmusik gegeben.
1959 wurde die erste Jugendkapelle aufgebaut - heute sind es in Niederösterreich 15. Gerade diese
Jugendkapellen, deren Musiker im Alter zwischen neun und 18 Jahren stehen, sind ein Stolz unserer
niederösterreichischen Heimat und berechtigen uns zu einem hoffnungsvollen Musikleben.
Jedes Fest und jede Feiergestaltung wäre ohne die Mitwirkung von Musik undenkbar. 285
Musikkapellen mit zirka 6000 Musikern sind neben den Gesangsvereinen oft die einzigen Kulturträger
draußen in den Gemeinden.
Der Beitrag, den das Land für die Ausstattung dieser Kapellen mit neuen Instrumenten und für die
Anschaffung stilechter Trachten ausgibt, ist wertvoll angelegt. 65 Kapellen besitzen bereits eine solche
Tracht.
Besondere Beachtung verdienen unsere Musikkapellen aber auch bei der Förderung des
Fremdenverkehrs. In mehr als 500 Konzerten erfreuten sie im letzten Jahr Tausende von Menschen
aus dem In- und Ausland.
St. Pantaleon, eine kleine Gemeinde im Enns-Donau-Winkel, hat nur 1200 Einwohner. Unter ihnen ist
aber einer, Bundesobmann Leeb - selbst ein Schwerinvalide -,der 82 aktive Musiker um sich geschart
hat. In ihrer schmucken Tracht führen sie, zum größten Teil auf eigene Kosten, ins Ausland. Sie
spielten in Brüssel und Paris und wurden damit zu wahren Botschaftern unserer Heimat.
So wie die Musikkapellen ist aber auch der Sängerbund für Wien und Niederösterreich für das
Kulturleben von besonderer Bedeutung. In Niederösterreich singen in 220 Vereinen 7000 Sänger und
Sängerinnen. Außerdem haben die Vereine gegen 5000 unterstützende Mitglieder gemeldet, so dass
es insgesamt 12.000 Personen sind, die sich zum Laiensingen in Niederösterreich bekennen. Als
Betreuer dieser 7000 Sängerinnen und Sänger in Stadt und Land bis in die kleinsten Dörfer hinaus hat
der Sängerbund ein Jahrhundert hindurch beigetragen, dass Niederösterreich ein Land
sangesfreudiger Menschen geblieben ist. Sein Winken für die Veredelung des Gesanges hat ihm den
Ruf kultureller Bedeutung eingetragen.
Höhepunkt und Abschluß der Festlichkeiten anläßlich des hundertjährigen Bestandes war das
Landessängerfest in Krems an der Donau vom 5. bis 7. Juni 1964. Es waren 6000 Sänger und
Sängerinnen, die sich zum friedlichen Wettstreit mit den Chören der benachbarten Bundesländer
trafen. Insbesondere das niederösterreichische Volkslied hat einen breiten Raum eingenommen.
Jährlich finden draußen in den Bezirken Chorleiter Tagungen statt. Bei diesen Besprechungen werden
die Richtlinien für die musikalische Arbeit im kommenden Jahr ausgearbeitet. Viele unserer Chorleiter
sind an den Musikschulen in Niederösterreich als Lehrer tätig. Wir hoffen, daß dadurch auch für
unsere Chöre ein entsprechender Nachwuchs gesichert ist.
Der Landessängerbund beabsichtigt mit Unterstützung des Kulturreferates zehn Chöre von leibenden
österreichischen Komponisten an alle Chöre und Vereine auszugeben, damit neben den
niederösterreichischen Volksliedern auch Chöre von lebenden österreichischen Komponisten
gesungen werden.
Hohes Haus! Möge uns das Menschen- und Völkerverbindende von Musik und Gesang ein Auftrag
sein, diesen Vereinen noch mehr als bisher unsere Förderung angedeihen zu lassen. Musik und
Gesang kennen keinen politischen Streit. Neben dem Arbeiter steht der, Bauer, neben dem
Gewerbetreibenden der Intellektuelle, vereint im Willen zur Harmonie als Kulturträger unserer Heimat.
(Beifall im ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Das Wort hat Herr Dr. Brezovszky.
Abg. Dr. BREZOVSKY: Hoher Landtag! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zu den
erfreulichen Seiten des Landesvoranschlages gehört die Gruppe Kulturwesen. Hier wurde im
ordentlichen Voranschlag erstmalig die Ein-Prozent-Grenze - die Traummeile sozusagen überschritten. Es bleibt zu hoffen, daß auch der Rechnungsabschluß 1965 diese Prozentgrenze
überschreiten wird, denn es sind in den Ausgaben 3,425.000 Schilling aus dem bereits abgelaufenen
Kulturgroschen enthalten. Es wird aller Anstrengung des Landtages, vor allem aber des
Landesfinanzreferenten, bedürfen, um einen entsprechenden Ersatz zu schaffen. Von 21,000.000
Schilling sind 3,425.000 Schilling ein 'beträchtlicher Betrag, der zu einer nicht geringen Einschränkung
der Aufgaben des Kulturreferates führen würde, wenn nicht genügend Mittel eingesetzt werden
könnten.
Wir können feststellen, daß das Kulturreferat in den letzten Jahren gewaltige Leistungen vollbracht
hat, die unser Heimatland Niederösterreich weit über die Grenzen dieses Landes bekannt gemacht
haben. Man braucht nur auf die verschiedenen großen Ausstellungen hinzuweisen. Aber auch die
Erhaltung von Kulturdenkmälern ist eine große Aufgabe, der in Niederösterreich noch viel mehr
Beachtung geschenkt werden müßte. Als Marchfelder ist es sehr naheliegend - ich befinde mich auch
in guter Gesellschaft von Abgeordneten beider Regierungsparteien -, über das wertvollste Kulturgut im
Marchfeld zu sprechen.
Im Marchfeld, das auf Grund seiner exponierten Lage seit jeher gezwungen war, künstliche
Befestigungsanlagen zu schaffen, weil eben die natürlichen Verteidigungsmöglichkeiten nicht
gegeben waren, ist eine Reihe von Burgen, die später, als die Zeiten friedlicher wurden, in Schlösser
umgebaut wurden. Wir können feststellen, daß eine Reihe dieser Schlösser bereits weitgehend
instand gesetzt wurde. Wir können auch feststellen, daß Obersiebenbrunn, Marchegg und Orth
bestimmten Verwendungszwecken zugeführt wunden. Vor allem das Jagdmuseum Marchegg - das
Schloß wunde im Jahre 1268 gegründet und sollte 1953 abgetragen werden - erlebt heute eine neue
Blüte. Wir haben in den letzten fünf Jahren feststellen können, daß 170.000 Menschen aus
Niederösterreich, aus Wien, aber auch aus dem Ausland gekommen sind, um in Marchegg das
Jagdmuseum zu besuchen. Das bedeutet nicht nur, daß das Jagdmuseum viele Besucher und damit
Einnahmen hat, das bedeutet auch für die Wirtschaftstreibenden und für die arbeitende Bevölkerung
des Marchfeldes eine gewisse zusätzliche Sicherung ihrer Existenz. Darüber hinaus bedeutet das
aber auch für die Gemeinden, vor allem für die Stadtgemeinde Marchegg, zusätzliche
Mehreinnahmen. Ähnliches können wir auch vom Schloß Orth sagen, wo in den letzten Jahren das
Fischereimuseum eingerichtet wurde. Auch hier wird - neben der Erhaltung gewisser Teile dieses
Schlosses - festzustellen sein, daß ein wirtschaftlicher Beitrag zur Festigung der Existenz der
Marchfelder Bevölkerung erreicht wurde. Man darf nicht vergessen, daß sich gerade in diesem
Hauptagrargebiet Niederösterreichs oder Österreichs -Wie Sie wollen - im letzten Jahrzehnt ein
gewaltiger Umbruch vollzogen hat. Sehr viele Menschen, die früher einmal ihre Existenz in der
Landwirtschaft gehabt haben, brauchen eine andere Beschäftigung, und weil sie diese nicht gefunden
haben, mussten sie ihre Heimat verlassen. Rund 1500 Menschen gibt es heute weniger im Marchfeld
als im Jahre 1951. Das bedeutet für alle, ob es nun die Menschen sind, die wegmüssen, ob es die
Gewerbetreibenden oder die Gemeinden sind, ob es die bäuerliche Bevölkerung ist, einen Nachteil.
Wir freuen uns daher, dass durch den Ausbau dieser Schlösser der Ausflugsverkehr intensiviert
werden kann.
Es bleiben noch zwei bedeutende Kunstdenkmäler instand zu setzen. Es sind das der Bau Fischer
von Erlachs, Schloß Niederweiden, und Schloßhof. Es gibt wenige Plätze im Marchfeld, die so schön
anzusehen sind wie Schloß Niederweiden und daneben Schloßhof. Für die Instandhaltung Schloß
Niederweidens wurden, wie man mir sagte, erst 650.000 Schilling verwendet; erforderlich wären aber
10 Millionen Schilling. Es ist eine Sache des Bundes, vor allem der Bundesforste, endgültig den
Verwendungszweck festzulegen, damit auch das Kulturreferat weiß, in welcher Richtung dieses
Schloß weiter gefördert werden soll.
Schloßhof, dieser einstmals prächtige Bau, wurde durch die Ungunst der Zeit auch sehr angegriffen.
Viele Dinge sind verschwunden, manches wurde nach Wien gebracht. Sollte es richtig sein, was man
in letzter Zeit hörte, dann hoffen wir, daß auch Schloßhof von Bundesseite wirklich Hilfe bekommt. Der
Verwendungszweck dieser Schlösser wird sich nach ihrer Instandhaltung ergeben. Es gibt
verschiedene Möglichkeiten. In Niederweiden könnte man Museen einrichten. Ich glaube nicht, daß
sich im Marchfeld noch jemand ein Reiterdenkmal verdienen wird, wie es einmal in diesem Hause
angeregt wurde. Diese Zeit dürfte vorbei sein, es sei denn, sie kommt wieder nach einem
Atombombenkrieg und wir müßten von vorne anfangen. Wir hoffen also, daß in den nächsten Jahren
diese Schlösser wirklich saniert werden, nicht nur, weil dies später noch größere Kosten erfordern
würde, sondern, weil dadurch auch wirtschaftlich diesem Gebiet geholfen werden könnte.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass für dieses Gebiet von besonderer Wichtigkeit wäre, ein
kurzes Straßenstück von Stopfenreuth nach Engelhartstetten herzustellen. Wie mir ein Bürgermeister
gesagt hat, besteht in Wien eine große Nachfrage nach den Rundreisen, die von Wien über das
Carnuntinum, dann über die Rollfähre nach Stopfenreuth, Schloß Ortih, Niederweiden, Marchegg und
über das Erdölgebiet wieder zurück nach Wien führen. Aber wegen des schlechten Straßenstückes
von Stopfenreuth nach Engelhartstetten wird diese Fahrt vielfach nicht gemacht, und so kommt es zu
einer Beeinträchtigung dieses Ausflugsverkehrs. Es sollte aber alles getan werden, um die
Kulturdenkmäler Niederösterreichs, die Zeugen einer großen Vergangenheit unseres Heimatlandes
sind, wiederherzustellen, und es sollten sowohl vom Land als auch vom Bund mehr Mittel zur
Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT REITER: Ich muß um Vergebung bitten, Herr Abgeordneter, daß ich vorhin bei der
Worterteilung das Mandat vergessen habe. Ich verspreche, mich zu bessern. Das Wort hat Herr Abg.
Diettrich.
Abg. DIETTRICH: Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Geschäftsgruppe 3 gehört
die Volksbildung. Als langjähriger Leiter und Gründer eines Volksbildungswerkes möchte ich zu
einigen grundsätzlichen Problemen Stellung nehmen. Es handelt sich hier vor allem um die
Erwachsenenbildung. Seit Jahren ist das Land in ganz besonderem Maße schwerwiegender,
grundlegender Wandlungen geistiger, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Art unterworfen. In den
Bildungseinrichtungen ist man bemüht, alle geistigen Spannungen, die sich aus diesem
Wandlungsprozeß ergeben, auf verschiedene Art und Weise unter Kontrolle zu bringen.
Niederösterreich hat auf dem Gebiete der Bildungswerke und vor allem auf dem Gebiete der
Volkshochschulen eine sehr beachtliche Tätigkeit entwickelt und in allen Land- und Industriestädten,
Märkten und Dörfern arbeiten Volksbildner, aus allen Berufsschichten kommend, um der Bevölkerung
Fragen der geistigen und materiellen Existenz näher zubringen und zu beantworten. Die moderne
Bildungspolitik hat die Kleinräumigkeit und die nationale Beschränkung überwunden und beschäftigt
sich mit geistigen, sozialen und ökonomischen Überlegungen, die sich eben aus dieser weltweiten
Orientierung ergeben. Die Bemühungen unserer Bildungswerke richten sich vor allem auf ein
rationelles Durchdringen des erwachsenen Menschen, daß alle vorhandenen Begabungen erfaßt
wenden und in die Ausbildungs- und Fortbildungsgänge einbezogen werden. Diese
Volksbildungsstätten werden immer mehr zu einem grundlegenden Faktor der Meinungsbildung und
gewinnen hierdurch immer mehr an politischer Bedeutung. Ein Hauptanliegen bei der
Erwachsenenbildung ist die geistige Überwindung des rein materiellen Denkens und dieses materielle
Denken ist auch das Unbehagen in der Wohlsbandswelt. Wir leben in einer Zeit gewaltiger geistiger
Umwälzungen. In den letzten Jahren seit dem Ende des zweiten Weltkrieges ist bestimmt sehr viel
geschehen. Aus Trümmern wurde eine neue Welt gebaut. Es wurde viel Not beseitigt, und wir erleben
ja das Wirtschaftswunder. Nach dem Zusammenbruch vieler Ideologien, mit deren Konstruktion sich
die Menschheit aus eigener Kraft eine glücklichere Zukunft garantieren wollte, ist nicht die rettende
Wiederbesinnung auf das Erbe eines einst christlichen Abendlandes getreten, sondern der große
ganz um das ,,Goldene Kalb". Hinter den Menschen von heute und hinter den Menschen von morgen
steht nicht ein neuer Geist, sondern der kalte Materialismus. Der Mensch der Gegenwart ist ein
perfekter Konsument geworden. Seine Fühler in eine höhere Welt scheinen immer mehr abzusterben.
Meine verehrten Damen und Herren! Machen wir uns nichts vor. Nur durch eine bewußte geistige
Entscheidung des einzelnen kann auch dieser Übelstand unserer Zeit überwunden werden. Es ist ein
Anliegen der menschlichen Existenz, ob heute das weiterhin vorherrschende materielle Denken
überwunden werden soll und der nicht müde Fleiß unserer Landsleute vergebens gewesen sein soll.
Ich will nun meine Betrachtungen auf die praktische Arbeit lenken, unnd hier scheint es mir vor allem
im Bildungs- und Heimatwerk wichtig, die Kontakte innerhalb der Bildungswerke vor allem nachbarlich
zu verstärken. Es müßte auch eine Organisationsform gefunden werden, die die Bestrebungen der
einzelnen Arbeitsgruppen koordiniert und aufeinander abstimmt. Eine sichere organisatorische
Grundlage ist die Voraussetzung, daß die Bildungseinrichtungen funktions- und leistungsfähig
bleiiben. Meines Erachtens müßte am Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, der Verwaltungsbehörde,
eine Vereinigung, eine Art Arbeitskreis, geschaffen werden, dem Künstler, Erzieher, Pädagogen und
Architekten und dergleichen angehören. Dieser Arbeitskreis hätte die örtlichen Bildungswerke zu
konstituieren, hätte sie zu beraten und ihnen in allen einschlägigen Fragen zur Seite zu stehen. Diese
Gruppe wird auch einen Heimatkreis darstellen, der für einen Landschaftsteil Niederösterreichs
zuständig wäre, genauso wie das örtliche Bildungswerk für Iden Ort zuständig ist. Die
Wirkungsgebiete müssen so eingerichtet werden, daß die Erfassung des gesamten Territoriums des
Bereiches gesichert ist. Die schwierigste Aufgabe ist nun, jene Mitarbeiter ausfindig zu machen, die
Träger der Bildungsarbeit sein sollen. Für diese Auslese gilt natürlich nur das Qualitätsprinzip. Nur
aufgeschlossenen, Heimatverbundenen und charaktervollen Mitarbeitern können
Bildungseinrichtungen überantwortet werden. Vor allem die kleinen Gemeinden müssen für diese
kulturellen Belange viel, viel mehr als bisher interessiert werden. Es gehören Gemeindevertreter, es
gehören Gemeinderäte in die Bildungswerke, denn nur durch die Mitarbeit dieses Personenkreises
kann das Volksbildungswerk auf dem Gebiete der Ortsverschönerung, der Platz- und
Anlagengestaltung, der Instandsetzung historischer Denkmäler, religiöser Weihestätten bedeutende
Erfolge erzielen. Die Vertreter der jungen Generation, die aus den verschiedensten Jugendverbänden
kommen, sollen in Volksbildungsseminaren in der Volksbildungsarbeit geschult werden. Es erhebt sich
nun die Frage: Worin besteht die Aufgabe dieser Bildungswerke? Meines Erachtens sind es drei
wesentliche Arbeitsbereiche. Die ursächlichste Aufgabe besteht hierin, ein Bildungszentrum zu
schaffen, von wo aus im Wege von Vorträgen, Lichtbildvorträgen und Filmvorführungen
diskussionsmäßig in die Tiefe des Raumes gewirkt wird.
Es ist der Gesichtskreis der Bewohner dieses Gebietes zu erweitern, es Sind aktuelle Fragen zu
erläutern, Problemzusammenhänge zu erhellen und vor allem Arbeitsgrundlagen zu gewinnen.
Literarische und musikalische Darbietungen, Sprachkurse, Laienspiele, Ausstellungen sowie
Volkstanzund Volksliedpflege gehören ebenfalls zu diesem Aufgabenkreis.
Der zweite Aufgabenkreis umfasst pflegerische Aufgaben. Dazu gehören die Ortsbildgestaltung,
Verschönerungsmaßnahmen, Anlage und Pflege von Parkanlagen, Schaffung von Grünflächen,
Blumenpflege in Garten und Haus, Pflege der Denkmäler und Weihestätten, Friedhofspflege,
Wohnberatungen und ähnliches.
Zur Lösung dieser Aufgaben ist die enge Zusammenarbeit mit der Gemeinde unerläßlich. Die
Ortsbegehungen, an der die Gemeindevertreter, Vertreter der Bildungswerke, Interessenten sowie
vom Volksbildungswerk entsendete Fachleute, Architekten, Vertreter des Denkmalamtes und
dergleichen teilnehmen, sind nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern auch oft der Anlaß,
Sanierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Es können Anregungen für die weitere Ausgestaltung gegeben
werden. Und das Wesentlichste, auch für die Gemeindevertreter: Diese Beratungen sollen alle
kostenlos erfolgen.
Eine dritte, besonders wichtige Aufgabe, die den örtlichen Billdungswerken zufällt, ist die
Herbeiführung von Kontakten zwischen den in ihrem Bereich liegenden Körperschaften,
Vereinigungen, Vereinen und Personengruppen, um sie unbeschadet ihrer Eigenständigkeit zum
gemeinsamen Wirken im Sinne dieser Aufgabenstellung des Volksbildungswerkes
zusammenzufassen sowie in Berührung mit kulturellen Anliegen zu bringen und sie damit weit stärker
als bisher für die Gemeinschaft zu verpflichten. Ich denke etwa an die von den Bildungswerken zu
gestaltenden Feiern zum ,,Tag der österreichischen Fahne", bei denen durch die gemeinsamen
Bemühungen der durch den Umschichtungsprozeß schon häufig im Schwinden begriffene
Gemeinschaftssinn gestärkt wird. Dadurch, daß das Volksbildungswerk Menschen verschiedensten
Standes in das Bildungsgeschehen einbezieht, werden die durch diese Interessengegensätze
bewirkten Spannungen, besonders auf sozialem Gebiet, wirksam abgebaut. Vor allem wird dem
Gemeinschaftsdenken eine zeitgemäße Basis bereitet. Meine Damen und Herren! Die steigenden
Zahlen der Bildungswochen, der literarischen und musikalischen Veranstaltungen, zeigen, daß der
Weg, den die niederösterreichischen Volksbildungswerke gehen, richtig ist und den Intentionen
gerecht wird, in breitester Front in das Volk hineinzuwirken. Die Erhöhung der Ansätze für
Volksbildung im ordentlichen Voranschlag 1965 um 100.000 Schilling, die Subvention an das
niederösterreichische Bildungs- und Heimatwerk, die Beiträge im außerordentlichen Voranschlag und
in der Vollzeihungsstufe I1 sind ein Beweis dafür, daß die niederösterreichische Landesverwaltung die
Zeichen der Zeit versteht. Es ist kein Zufall, daß der heute schon unsterbliche Johannes XXIII. einmal
beschwörend sagte: ,,Die Menschen mögen beherzigen, daß geistige und sittliche Werte vor allem
anderen den Vorrang haben, soll der wissenschaftliche und technische Fortschritt nicht zur
Vernichtung des Menschen führen, sondern dem kulturellen Aufstieg dienen." Nur wo Leib und Seele
gleichermaßen zu ihrem Recht kommen, wird letzten Endes das einkehren, was der Mensch für sich
und die Seinen erhofft und ersehnt: das Glück. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt der Herr Abg. Viktor Schneider.
Abg. VIKTOR SCHNEIDER: Hohes Haus! Ich möchte mich bei der Gruppe 3 nur mit den
Ausgrabungen von Carnuntum und mit dem Museum Carnuntinum befassen. Es dürfte das erste mal
in der Geschichte dieses Hohen Hauses der Fall sein, daß ein mit dem historischen Boden ganz im
Osten unseres schönen Heimatlandes verwurzelter Einwohner aus Petronell, wo doch bekanntlich das
Zentrum von Carnuntum liegt, hier das Wort ergreift.
In den letzten Jahren hat das Land Niederösterreich eine umfassende Freilegung römischer Bauten
finanziert, wodurch es dem vor kurzem verewigten Archäologen Universitätsprofessor Dr. Erich
Swoboda mit einem Stab wissenschaftlicher Mitarbeiter ermöglicht wurde, ein großes Freilichtmuseum
zu schaffen, welches zahlreiche Menschen aus dem In- und Ausland anlockt, die diese Ausgrabungen
besuchen und bewundern.
Es ist sehr erfreulich, daß im Landesbudget 1965 wieder ein angemessener Betrag im ordentlichen
sowie im außerordentlichen Voranschlag, Vollziehungsstufe I, zur Erweiterung des Freilichtmuseums
aufscheint. Man kann annehmen, daß diese Mittel zur Fertigstellung eines der schönsten Teile des
Freilichtmuseums, nämlich des Lapidariums, ausreichen werden.
Sehr bedauerlich ist es aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß zur Trockenlegung des
Museums Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenbung keine Mittel bereitgestellt wurden. Daß das
Museum Carnuntinum reparaturbedürftig ist, beweist die Tatsache, daß im vergangenen Jahr die
Dachkonstruktion zum Teil ausgebessert werden mußte, da sie vom Hausbock befallen war. Beim
Mitteltrakt wurde außerdem ein Befall mit Braunfäule festgestellt. Es wurden daher die verbleibenden
Dachstuhlteile imprägniert, um ein weiteres Übergreifen des Befalles zu verhindern. Diese Reparatur
war notwendig; es ist aber auch dte Trockenlegung eine unbedingte Notwendigkeit, da dieses
Gebäude nicht unterkellert ist. Es geht jedoch natürlich nicht nur um die Erhaltung dieses so herrlichen
Gebäudes, das im römischen Stil erbaut wurde, sondern auch um die Erhaltung der wunderbaren und
so wertvollen Schaustücke, die einen guten Einblick in das römische Kulturleben geben.
Das Museum Carnuntinum, das Freilichtmuseum und auch das Donaumuseum Petronell haben Jahr
für Jahr Zehntausende von Besuchern aufzuweisen, was uns beweist, dass das Geld, das zur
Erhaltung und Erweiterung dieser Museen ausgegeben wird, gut angelegt ist.
Hohes Haus! Als vor Jahrtausenden auf diesem historischen Boden drei römische Kaiser, und zwar
Marc Aurel, Septimius Severus und Diokletian, residierten, errichteten sie mit dem Bau der Festung
Carnuntum einen Grenzwall. Während nach der Zerstörung von Carnuntum im Laufe der
Jahrhunderte viele Heerscharen dieses Land durchzogen, verwüsteten, plünderten und den
Einwohnern nur Not und Elend brachten, bringt heute der steigende Besucherstrom, auf den ich
schon hingewiesen habe, gewissen Wirtschaftszweigen, insbesondere dem Gastgewerbe, einen
Aufschwung. Viele Zehntausende besichtigen friedlich diese historischen Stätten, die mit Geldern des
Landes Jahr für Jahr erhalten und ausgebaut werden. Man kann sagen, daß durch die große
Besucherzahl die Gelder zum Teil wieder zurückfließen. Den Gemeinden um Carnuntum wird dadurch
eine historische Aufgabe auferlegt. Sie müssen trotz geringer Mittel ihre Einrichtungen so ausbauen,
daß diese dem steigenden Fremdenverkehr Rechnung tragen.
Hohes Haus! So wie die Grenzfestung von Carnuntum vor Jahrtausenden für das römische Weltreich
sowohl von großer politischer als auch von militärischer Bedeutung war, so erfüllen heute, im
zwanzigsten Jahrhundert, das Land und die Gemeinden durch deren Aus- und Aufbau historische
Aufgaben, die um so bedeutender sind, als Carnuntum fast an der Grenze einer anderen Welt liegt
und einen friedlichen Grenzwall von staatspolitischer Bedeutung für unser Land wie auch für unser
schönes Heimatland Österreich bildet. (Beifall bei der SPÖ und ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Rabl.
Abg. RABL: Hoher Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gruppe 3 umfaßt auch die
Abschnitte Wissenschaftspflege und Heimatpflege, Landesmuseen, Heimatmuseen und
Denkmalpflege. Ich möchte mich mit diesen Abschnitten beschäftigen. Wir können feststellen, daß es
in unserem Bundesland Niederösterreich eigentlich zwei Hauptgruppen von Museen gibt: 1. die auf
Grund moderner Ausgestaltung tonangebenden Dependancen des Landesmuseums und 2. die ihnen
nacheifernden, von Gemeinden und Vereinen erhaltenen Heimatmuseen. Das auffallendste Merkmal
der derzeitigen Entwicklung im gesamten niederösterreichischen Museumswesen ist Wahl der starke
Trend zur Ausrichtung von Museen auf bestimmte Spezialthemen. Diese Entwicklung wurde durch die
guten Erfahrungen, die das Landeskulturreferat mit dem Jagdmuseum in Marchegg und dem
Donaumuseum im Schloß Petronell gesammelt hat, ausgelöst. Immerhin greift der Zug zur
Spezialisierung nunmehr auch auf die Heimatmuseen über und, gleichsam als Zwischenträger,
fungieren dabei die Fachleute des niederösterreichischen Landesmuseums, die den Gemeinden und
örtlichen Kulturvereinen bei der Modernisierung ihrer vielleicht etwas veralteten Schausammlungen
behilflich sind. Ein gutes Beispiel für die Ausrichtung eines Museums auf ein Spezialthema ist das
Heimatmuseum in Traismauer, bei dessen Neueinrichtung der Hauptakzent acuf das in diesem Ort
traditionelle Schützenwesen gelegt wunde. Bei der derzeit in Gang befindlichen Neuadaptierung des
Stadtmuseums in Gmünd wird man die Geschichte der Waldviertler Glasindustrie besonders
berücksichtigen und in den Vordergrund stellen. In Zistersdorf, im Erdölgebiet, soll in ein bis zwei
Jahren ein neues Erdölmuseum geschaffen werden. Selbstverständlich wird man auch in diesem Fall
der Lokalgeschichte den Hauptanteil einräumen. Die Zeit der Raritätenkabinette, in deren Regale
meist wahllos alles hineingepfercht wurde, was sich im Laufe der Zeit an historischen
Erinnerungsstücken ansammelte, ist bald endgültig vorbei. Dar moderne Museumstyp, wie er sich
auch in Niederösterreich immer mehr durchsetzt, verlangt eine klare, übersichtliche Gliederung. Nicht
eine staubige und muffige Atmosphäre soll den Besucher eines Museums umfangen, sondern die
Beschränkung auf einige wenige, dafür aber charakteristische Schauobjekte und die freundliche Art, in
der das Museum eingerichtet ist, soll ihn vielmehr zum Verweilen und zum näheren Studium anregen.
Auch bei kulturellen Gütern hängt die Popularität in großem Ausmaß von der entsprechenden
Verpackung ab. Die Erfahrungen der lebten Jahre haben gezeigt, daß sich das Publikum von
Ausstellungen und Museen, die ihm außerhalb seiner Alltagssphäre begegnen, viel stärker
ansprechen läßt als beispielsweise von sonstigen Einrichtungen althergebrachter Art. So können wir
heute auch sagen, daß zum Beispiel die Außensteile des Museums für angewandte Kunst in Petronell
höhere Besucherzahlen verzeichnen konnte als das Stammhaus in Wien. Das niederösterreichische
Museums und Ausstellungswesen hat aus diesen Erfahrungen bisher größten Nutzen gezogen. Die
Schaffung neuer kultureller Attraktionen, die Hinlenkung des Ausflüglerstromes auf volksbildnerisch
wertvolle Ziele gilt heute als eine Hauptaufgabe der Kulturarbeit in unserem Lande. Drei Motive wirken
hier sehr eng zusammen: 1. das bereits erwähnte volksbildnerische Moment, 2. das Interesse des
Fremdenverkehrs und 3. das denkmalpflegerische Moment. Die Ausgestaltung unseres Landes mit
einem Netz kultureller Anziehungspunkte eröffnet nämlich der Denkmalpflege neue Möglichkeiten,
dem Verfall wertvoller Baudenkmäler Einhalt zu gebieten. Bisher konnten bereits mehrere
Leerstehende Gebäude einer neuen musealen Bestimmung übergeben werden, womit auch ihr
Bestand gesichert und ihr derzeitiger Zustand vielleicht sogar gebessert werden konnte. Daß der
derzeit beschrittene Weg auf dem Sektor des niederösterreichischen Museums- und
Ausstellungswesen richtig ist, läßt sich an Hand der sehr eindrucksvollen Besucherzahl des Jahres
1964 der vom Landeskulturreferat betreuten Ausstellungen und Museen klar nachweisen. Die
gesamte Besucherzahl in allen diesen Museen betrug 566.000 Personen. Um nur zum Vergleich
anzuführen: Sämtliche Staatsligaspiele der Herbstsaison ergaben nur eine Besucheranzahl von
550.000 Personen. Die Besucherbilanz des Landeskulturreferates setzt sich für die verschiedenen
Museen aus folgenden Zahlen zusammen: 26.000 Personen kamen in das Landesmuseum in Wien,
23.000 besuchten das Museum Carnuntinum in Bad Deutsch-Altenburg und 24.000 Besucher zählte
das Donaumuseum im Schloß Petronell. 32.000 kamen ins Jagdmuseum nach Marchegg, 12.000 in
das Fischereimuseum nach Orth, 15.000 ins Haydn-Haus nach Rohrau und 17.000 in das erst im Juni
eröffnete Barockmuseum in Heiligenkreuz Gutenbrunn. Die im niederösterreichischen Landesmuseum
in Wien gezeigten Sonderausstellungen lockten insgesamt 16.000 Besucher an; die im renovierten
Amonhaus im Lunz arrangierte Schau ,,Aquarelle aus der Biedermeierzeit" hatte 6200 Besucher
aufzuweisen, die zwei niederösterreichischen Wanderausstellungen ,,Volkslied in Niederösterreich"
und „Naturschutz und Landschaftspflege" konnten zusammen 23.000 Besucher zählen. In den
Sparbacher Tiergarten kamen 50.000 Besucher und in den erst im vergangenen Sommer eröffneten
Naturpark Eibenstein-Grillenstein rund 40.000. Die vom Landeskulturreferat in Herzogenburg
gestaltete Schau konnte 102.000 Personen und die finanziell unterstützte Ausstellung ,,Romanik in
Österreich" in der Steiner Minoritenkirche 175.000 Besucher verzeichnen. Einige kleinere
Ausstellungen in verschiedenen niederösterreichischen Orten und Gemeinden ergaben eine
Besucherzahl von rund 5000. Diese Zahlen unterstreichen auch die Bedeutung der Kulturförderung für
den Fremdenverkehr; vor allem für jene Landesteile, die etwas abseits von den Hauptverkehrsstraßen
liegen, sind solche kulturelle Anziehungspunkte von besonderem Wert. In diesem Zusammenhang
möchte ich die Absicht, Schloß Rosenau im Waldviertel als Museum einzurichten, besonders
begrüßen. Es wäre meiner Meinung nach auch besonders zu begrüßen, wenn mit Schloß Wildberg
am Beginn des Taffatales im östlichen Waldviertel ähnliches erreicht werden könnte. Obwohl sich das
Schloß derzeit in einem besorgniserregenden Zustand befindet, wissen wir doch, daß in diesem
denkwürdigen Gebäude ein steinerner Türstock aus dem 16. Jahnhundert vorhanden ist, worauf das
rotweißrote Bindenschildwappen der Grafen von Wildberg und Poigen aufscheint. Wir können heute
sagen, daß sich aus dem Bindenschildwappen der Grafen von Wildberg und Poigen auch
höchstwahrscheinlich das Babenberger Bindenschild ableitet; somit wäre Wildberg eigentlich der
Ursprung des österreichischen Landeswappens.
Daraus ersieht man, daß unser Heimatland Niederösterreich reich an kulturellen Schätzen ist. Leider
ist vieles davon nicht genügend bekannt und leider - auch das muß gesagt werden - befindet sich
manches nicht in einem solchen Zustand, daß es gezeigt werden kann. Doch Schritt für Schritt
vollzieht sich hier ein erfreulicher Wandel, Niederösterreich hat in dieser Hinsicht in den vergangenen
Jahren mehr geleistet, als man angesichts der wirtschaftlichen Probleme, mit denen wir ja auch fertig
werden müssen, eigentlich erwarten kann.
Hoher Landtag! Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit - ich hoffe, daß es mir zum Teil gelingt - ganz
besonders auf eines der historisch interessantesten Altgrafenschlösser Niederösterreichs, ja ich
glaube sogar ganz Österreichs, lenken, nämlich auf das Schloß Raabs an der Thaya. Es handelt sich
deshalb um ein interessantes Altgrafenschloß, weil im 11. Jahrhundert dort als Besitzer die Grafen
von Raabs aufscheinen, die dann später im 12. Jahrhundert sich auch Burggrafen von Nürnberg
nannten und die Ahnherren der Hohenzollern waren. Dadurch kann man dieses Schloß eigentlich als
das Stammschloß der Hohenzollern bezeichnen. Es fand in den vergangenen Jahrhunderten ein
mehrfacher Besitzwechsel statt, auch die Grafen von Puchheim hatten dieses Schloß erworben, und
es war bis zum Jahre 1926 im Besitz verschiedener Adelsgeschlechter und Familien. Im Jahre 1926
wurden die Besitzungen teilweise versteigert oder verkauft, und so ging damals das Schloß in einen
privaten Besitz über. Auf Grund von Ereignissen privater Natur in der Besitzerfamilie könnte es sich
nun ergeben, daß die langjährigen Bemühungen einer führenden Persönlichkeit der Stadtgemeinde
Raabs, des Herrn Kommerzialrates Friedrich, der sich schon jahrelang bemüht, dieses Wahrzeichen
des Thayatales, ja sogar des ganzen Waldviertels, zu erhalten, von Erfolg gekrönt werden. Wenn es
nun der Stadtgemeinde Raabs und vielleicht auch der Gemeinde Oberndorf gelingen sollte, dieses
Schloß zu erwerben, wäre es für die Stadtgemeinde sehr wertvoll, wenn im Schloßhof und in den
Räumen nicht nur kulturelle Veranstaltungen abgehalten werden, sondern auch die bereits seit 20
Jahren in Raabs bestehende Dr. Josef -Grassl-Sammlung - nach dem Gründer, der ein bekannter
Gemeindearzt von Raabs war, so benannt - dort unter- gebracht beziehungsweise ein Heimatmuseum
errichtet würde. Eines aber wäre ganz besonders notwendig: Es müßte von Seiten des Landes und
des Kulturreferates die Stadtgemeinde vor allem in finanzieller Hinsicht unterstützt werden, dieses
Schloß nicht nur zu erwerben, sondern auch in Zukunft auszubauen und der Nachwelt zu erhalten. Ich
glaube, es wäre dies wirklich eine wertvolle Kulturarbeit, die für das ganze Bundesland
Niederösterreich geleistet würde. Ich würde empfehlen, daß man - obwohl im vergangenen Jahr
100.000 Schilling für das Schloß Raabs im Voranschlag bereitstanden, heuer aber leider keine Mittel
vorgesehen sind doch im nächsten Jahr hierfür wieder entsprechend vorsorgt. Andere Bundesländer
beobachten unsere Kulturarbeit mit großem Interesse; die Ausstellung über die Kunst der
Donauschule, die in St. Florian gezeigt wird, bestätigt dies. Die Nachbarbundesländer folgen uns nach
und darauf können wir ehrlich stolz sein. Unternehmen wir daher alles, um diesen wertvollen
Vorsprung auch in Zukunft zu erhalten, und ich glaube, der Dank der kommenden Generation wird uns
sicher sein, denn durch diese Arbeit wird höchstes Kultur- und Heimatgut nicht nur der
niederösterreichischen, sondern der gesamten österreichischen Bevölkerung erhalten. (Beifall im
ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Grünzweig.
Abg. GRÜNZWEIG: Hohes Haus! Wenn man den Bericht des Landesamtes III/2 aufmerksam liest,
kommt man letzten Endes zu der Feststellung, daß vom Landeskulturreferat eine Reihe von Initiativen
in kultureller Hinsicht auf das Land hinausstrahlen und dieses Landeskulturreferat vor allem seine
Tätigkeit darin sieht, die verschiedenen Körperschaften, Gemeinden und Verbände in ihrer Arbeit zu
unterstützen. Nur so können wir Kulturarbeit vom Land her auffassen. Das Land kann nur fördernd
dort eingreifen, wo bereits etwas vorhanden ist, das Land kann keine Steine zum Sprechen bringen,
es kann leeren Seelen kein Leben einhauchen, nur dort, wo etwas sprießt, kann etwas gepflegt und
gefördert werden. Ich glaube, dass das Land Niederösterreich - auch im vorigen Jahr - mit dieser
Arbeit ein schönes Stück weitergekommen ist. Wie bereits erwähnt, hat sich zum ersten Male der
Anteil der Gruppe 3, Kulturwesen, im ordentlichen Haushalt auf 1,1 Prozent erhöht.
Es wurde von der Traummeile gesprochen. Ich möchte es als die Schallmauer bezeichnen, die wir in
diesem Zusammenhang für unüberwindlich gehalten haben.
Man ist doch zu der Einsicht gekommen, daß die gegenüber den anderen Bundesländern so niedrige
Förderung des Kulturwesens in Niederösterreich auf die Dauer nicht haltbar sein wird. Daß auch im
außerordentlichen Voranschlag eine Erhöhung von 1,9 Prozent auf 2,7 Prozent erfolgt ist, begrüße ich
daher ebenfalls sehr, weil ich meine, daß dadurch ein gewisses Nachziehverfahren gegenüber den
übrigen Bundesländern einsetzt. Ich will nicht von der Bundeshauptstadt Wien sprechen, aber auch
die Bundesländer mit gleicher Struktur – ich habe im Vorjahr die Steiermark als Vergleich angeführt verwenden für ihre kulturellen Aufgaben wesentlich höhere Beträge.
Wenn Niederösterreich eine aktive und eigenständige Kulturpolitik betreiben will, dann muß es dafür
Mittel ganz anderer Größenordnung einsetzen, als das bisher der Fall war! Sie können nun einmal
nicht niederösterreichische Gagen bezahlen, wenn Sie Wiener Spitzenkräfte in Musik und Theater im
Land haben wollen! Dazu bedarf es anderer Mittel. Die Großstadt, die von Niederösterreich umgeben
wird, ist natürlich in der Lage, wesentlich größere Mittel einzusetzen, aber es ist nicht nur der Beitrag
der Großstadt allein. Der Großteil der Mittel wird ja aus anderen Quellen, aus Bundesmitteln,
gegeben.
Wie gesagt: Wenn wir auf einer Reihe von Gebieten eine wirklich selbständige niederösterreichische
Kulturpolitik betreiben wollen - ich nenne nur zwei Stichwörter: Theater und Musik -, müssen wir
andere Mittel zur Verfügung stellen, als sie in diesem Budget zum Ausdruck kommen. Vergleichen Sie
bitte die Budgets der anderen Bundesländer auf diesem Gebiet! Dort, wo es mit relativ geringen
Mitteln möglich ist, einen Effekt zu erzielen, geschieht das in vorbildlichster Weise. Dafür muß man
den Beamten des Kulturreferates wirklich Dank sagen.
Dieses Niederösterreich bedeutet kulturell ungeheuer viel. Mein Vorredner, der Herr Abg. Rabl, war
es, der besonders darauf hingewiesen hat, daß das Ausstellungswesen in Niederösterreich nicht nur
eine ungeheure Ausstrahlung und einen volksbildnerischen Charakter im eigenen Land hat, sondern
auch ausstrahlt auf die Bundeshauptstadt Wien und auf eine Reihe von Nachbarbundesländern, ja
sogar ins Ausland.
Allerdings müssen wir auch hier feststellen - das kommt in dem Bericht des Kulturreferates zum
Ausdruck -, daß wir momentan auf einem gewissen toten Punkt angelangt sind. Man kann eine
Barockausstellung, wie sie in Melk war, nicht zwei-, dreimal hintereinander veranstalten. Das läßt sich
nicht steigern, das sind Höhepunkte in ihrer Art, im kulturellen Leben Niederösterreichs von einmaliger
Art, und wir müssen wohl oder übel entweder einen gewissen Abfall, eine gewisse Zersplitterung, wie
sie schon im vergangenen Jahr zu sehen war, in Kauf nehmen oder eben ein, zwei Jahre zuwarten,
bis wir mit neuen Höhepunkten auf diesem Gebiet aufwarten können.
So ist das auch gedacht. Man will in diesem Jahr 1965 keine größere kulturelle Veranstaltung,
insbesondere Ausstellung, machen, um den Niederösterreichern Gelegenheit zu geben, die
vorhandenen Ausstellungen entsprechend zu frequentieren, also die verschiedenen Museen, für die
man besonders Propaganda machen will, zu besuchen.
Der Verband niederösterreichischer Volksschulen hat sich 6m Frühjahr des vergangenen Jahres auf
einer Tagung in St. Pölten mit dem Problem der Kulturarbeit im Umkreis der Großstadt beschäftigt.
Die Fragestellung lautete zunächst „im Sog der Großstadt", denn es besteht kein Zweifel, daß auf
Niederösterreich eine gewisse Sogwirkung auch in kultureller Hinsicht ausgeübt wird. Ein Künstler hat
in Niederösterreich wenig Chance bekanntzuwerden, emporzukommen, sich durchzusetzen, weil das
Echo für seine Arbeit fehlt. Der Dichter bat kaum die Möglichkeit, daß seine Publikationen in
Niederösterreich winkungsvoll verlegt werden, der Komponist hat kaum die Möglichkeit, ein Orchester
zu finden, das seine Werke entsprechend aufführt. Aber auch das Publikum fehlt, 'das für die
Breitenwirkung und für das Durchsetzen des Künstlers notwendig ist. Daher der Sog.
Wir haben aber dann doch die Thematik so gestellt „im Umkreis der Großstadt", weil wir zu der
Auffassung gekommen sind, dass Wien nicht nur einen Sog auf Niederösterreich ausübt, sondern sich
auch ein leibhafter Kulturaustausch zwischen der Großstadt und dem umliegenden Land vollzieht.
Wir haben diese Problematik von kulturhistorischer, also entwicklungsbedingter Schau, von der
Gegenwartssituation her, also von der kulturpolitischen Sicht, und von der soziologischen Sicht und
der Sicht des Raumplaners her untersucht, und wir sind dabei zu interessanten Ergebnissen
gekommen, über die ich mich im Rahmen meiner Ausführungen natürlich nicht verbreitern kann, die
aber in nächster Zeit publiziert werden sollen.
Besonders erfreulich ist es, wenn sich Volksbildungsverbände in ihrem Rahmen mit kultureller
Grundlagenforschung beschäftigen - denn das ist weitgehend Neuland, darüber gibt es kaum
Untersuchungsergebnisse - und Aufschluß geben über Iden Weg, den wir mit unseren kulturellen
Bemühungen gehen.
Ich darf 'zum Abschluß noch ein paar Worte über die Tätigkeit des Verbandes niederösterreichischer
Volkshochschulen sagen, in dem ich Funktionär bin. Auch im Vorjahr war seine Tätigkeit
begrüßenswert und hat sich wieder ausgeweitet. Diesem Verband sind 59 Mitgliederinstitutionen
angeschlossen, die eine Kurszahl von 951 mit 20.313 Besuchern aufwiesen. Dam kommt noch eine
eminente Zahl von Besuchern von Vortragsreihen, Einzelvorträgen, Einzeldiskussionen,
Einzelveranstaltungen, Filmvorführungen, Führungen, Exkursionen, Reisen und Ausstellungen.
Insgesamt wurden die Veranstaltungen und Kurse der einzelnen Volkshochschulen des
niederösterreichischen Volkshochschulverbandes von 2215.226 Personen besucht. Ich meine, daß
das eine sehr schöne Zahl ist, und glaube, daß uns das ermutigt, die Volkbildungsarbeit im Sinne der
von meinem Vorredner, dem Herrn Abgeordneten Diettrich, gemachten Ausführungen weiterzuführen.
Ich unterstreiche seine Ausführungen voll und ganz. Er hat sich grundsätzlich mit dieser Problematik,
die sehr wertvoll und wesentlich für 'unsere Zeit ist, befaßt.
Ich möchte seine Worte in dem einen oder anderen Punkt noch etwas ergänzen. Er meinte, daß es in
nächster Zeit möglich sein müßte, auf Bezirksebene diese Arbeitskreise für Volksbildung zu schaffen.
Diese Problematik ist nicht ganz neu, das hat man schon vor einer Reihe von Jahren versucht und ist
damit nicht durchgekommen. Das bat eine Reihe von Gründen. Erstens die Vielschichtigkeit des
ganzen Problems. Eine ganze Anzahl von Institutionen fällt unter den Begriff Volksbildung. Wir kennen
religiös ausgerichtete Organisationen, politisch ausgerichtete Organisationen, und es gibt die freie
oder neutrale Volksbildung, die in den beiden großen Verbänden - Bildungs- und Heimatwerk und
Volkshochschulverband - zusammengeschlossen sind. Dadurch gibt es natürlich Reibungsflächen,
Schwierigkeiten und auch Ressentiments, und wenn hier angedeutet wird, daß sich diese
Arbeitskreise etwa mit verschiedenen Aufgaben beschäftigen sollen, die in das Ressort von
Gemeinden fallen, so ist klar, daß durch gewisse Empfindlichkeiten von Haus aus eine schlechte
Startmöglichkeit besteht.
lm übrigen, glaube ich, sind alle diese Fragen Gegenstand einer künftigen
Volksbildungsgesetzgebung, um die es ja in den kommenden Jahren geht. Bekanntlich sind im Zuge
der Schulgesetzgebung die Bestimmungen des Art. 14 der Bundesverfassung, die sich mit den
Volksbildungsfragen beschäftigen, nicht ausgeführt worden. Es gibt bereits eine umfangreiche
Literatur, die in den ersten Nachkriegsjahren mit Entwürfen des Bundesministeriums Für Unterricht,
des Kärntner Volksbildungswerkes, des Büchereiverbandes usw. ihren Anfang genommen hat. Man
ist aber über gewisse Kompetenzschwierigkeiten, die nicht nur im Föderalismus, sondern in der
historischen Entwicklung der Erwachsenenbildung in Österreich liegen, nicht hinweggekommen. In
diesem Zusammenhang wird man auch über solche Arbeitskreise, über Volksbildungsbeiräte auf
Bezirksebene, auf Landesebene zu reden haben. Das ist in diesen Entwürfen nachzulesen. Ich glaube
also nicht, daß man das ohne weiteres auf Grund einer Einzelinitiative lösen kann. Abschließend nur
der Hinweis, daß der Volkshochschulverband und auch das Heimatwerk im heurigen Jahr ein
Jubiläumsjahr sehen. Es ist 80 Jahre her, seit in Krems der Allgemeine niederösterreichische
Volksbildungsverein gegründet wurde, und darauf können wir Niederösterreicher ein wenig stolz sein.
Es ist der älteste neutrale Volksbildungsverein Österreichs, aus dem auch die Wiener Volksbildung in
der heutigen Form hervorgegangen ist. Die Wiener Urania und alle diese Vereinigungen sind aus dem
niederösterreichischen Volksbildungsverein, der damals in Krems gegründet wurde und innerhalb
kürzester Zeit eine verhältnismäßig große Bedeutung erlangt hat, hervorgegangen. Ich darf
abschließend meiner Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß man von Seiten des Finanz- und
Kulturreferates diesem Jubiläumsanlaß in der Form Rechnung getragen hat, daß man die
Förderungsmittel um weitere 100.000 Schilling, nämlich auf 800.000 Schilling, erhöht hat. (Beifall im
ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Kienberger.
Abg. KIEINBERGER: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Im außerordentlichen Voranschlag der
Gruppe 3 finden wir die Ansatzpost 354-91 mit einem Betrag von 100.000 Schilling. Ich möchte im
Zusammenhang mit dieser Ansatzpost auf eine alte Forderung hinweisen, die die Abgeordneten
Stangler, Müllner und Wiesmayr schon im vergangenen Jahr erhoben haben, nämlich auf Schutz der
Schallaburg.
Meine Damen und Herren! Der Österreicher ist stolz auf die großen kulturellen Leistungen der
Vergangenheit. Wenn ich jetzt auf die Straße hinuntergehen und einen Wiener, und wenn es der
grantigste wäre, fragen würde, wo der Weg zum Stephansdom ist, dann würde er die freundlichste
Antwort geben und, wenn er Zeit hat, sogar ein Stück mitgehen. Er ist stolz auf die großen kulturellen
Leistungen der Vergangenheit auf dem Gebiet der Musik, der Dichtkunst und der Architektur. Und
gerade heute, wo wir fremden Einflüssen ausgeliefert sind, müssen wir feststellen, wie viel unser Land
zu den bedeutenden kulturellen Leistungen Europas beigetragen hat und welche Werte
verlorengingen, würden wir sie nicht erhalten. Dichtung und Musik sind leichter zu erhalten; sie
bedürfen nur der persönlichen Pflege. Solange Musik und Wort im Menschen lebendig sind, werden
sie auch lebendig bleiben. Schwieriger ist es bei unseren großen Bauwerken, die unsere
Vergangenheit widerspiegeln. Es sind gerade die Schlösser und Burgen, die heute für uns eine große
Hypothek darstellen. Es wäre daher notwendig, das Denkmalgesetz modern zu gestalten und vor
allem die Liste jener Baudenkmäler, die geschützt werden sollen - derzeit enthält diese 3350
Schutzobjekte in Niederösterreich - auf ein Maß zu reduzieren, das den ganzen Denkmalschutz nicht
in Frage stellt. Man müßte also seine ganze Kraft darauf konzentrieren, die Objekte, die wirklich
förderungswürdig sind, auch zu fordern und die Mittel entsprechend einzusetzen. Man müßte sich
auch Gedanken darüber machen, wo man die Mittel, die zur Erhaltung dieser Bauten notwendig sind,
hernimmt. Die Denkmalpflege selbst ist Bundessache. Gerade in Niederösterreich, das rund um die
alte Kaiserstadt liegt, hat sich in früheren Jahrhunderten der Adel sehr viele herrliche Schlösser
erbaut, die von den besten Baumeistern der damaligen Zeit geschaffen wurden. Sie sind heute dem
Verfall preisgegeben, wenn wir uns nicht entsprechend einsetzen.
Ich darf nur auf ein Bauwerk hinweisen, das wir aus purer Selbstachtung erhalten sollten, das ist das
schöne Renaissanceschloß Schallaburg in der Nähe von Melk. Es hat großartige
terrakottengeschmückte Arkaden, die zu den schönsten im Donauraum zählen. Der Verfall der
Schallaburg ist infolge eines besitzlosen Zustandes ab dem Jahre 1945 eingetreten. Es müßte vor
allem getrachtet werden, daß dieses Bauwerk wieder einmal einen Besitzer bekommt, damit es
erhalten werden kann. Die Schallabung liegt unweit des schonen Barockstiftes \Melk, ganz in der
Nähe der Autobahn, so daß in Zukunft ein neuer Brennpunkt für den Fremdenverkehr entstehen
könnte. Eis wäre auch seitens des Kulturreferates möglich, dieses Renaissanceschloß
zweckbestimmend zu verwenden. Ich weiß, daß in kommender Zeit eine Renaissanceausstellung in
Niederösterreich geplant ist. Es wird vielleicht bis zu dieser Zeit noch nicht so weit sein, daß man
diese Ausstellung in der Schallaburg unterbringen kann; es konnten aber doch diese Stücke, die
zusammengetragen werden, einmal in diesem Schloß ihre Heimstatt finden. Es wäre unter
Umstanden auch möglich, dieses Schloß zu einem Repräsentativbau dar niederösterreichischen
Landesregierung auszugestalten. Man könnte alle Besucher des Landes dorthin führen, weil es, wie
gesagt, verkehrsmäßig sehr günstig liegt. Meine Damen und Herren, dieses alte, kulturhistorisch
wertvolle Bauwerk ist in Gefahr! Ich möchte meine Ausführungen damit schließen: Tun wir etwas,
denn es geht hier altes Kulturgut verloren. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTR PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Blabolil
Abg. BLABOLIL: Haher Landtag! Sehr verehrte Damen und Herren! In der Gruppe 3 fällt Unis eine
Post sehr angenehm auf: Beiträge für die niederösterreichischen Festspiele. Erstmalig sind, glaube
ich, 600.000 Schilling im ordentlichen Budget vorgesehen, im außerordentlichen, Dringlichkeitsstufe II,
200.000 Schilling. Es ist erfreulich, daß es in Niederösterreich Gemeinden gibt, die sich dazu berufen
fühlen und auch noch Zeit und Mittel finden, um Kultur unter das Volk zu tragen. Wenn in Melk und
Klosterneuburg schon seit geraumer Zeit diese Spiele aufgeführt werden, so ist es begrüßenswert,
dass sich Stockerau dieser Einrichtung angeschlossen hat. Es gibt mitunter Stimmen, die feststellen,
Stockerau, nahe bei Wien, nahe bei Klosterneuburg, würde ein Konkurrenzunternehmen aufziehen
und nur zum Schaden der Stadt Klosterneuburg diese Spiele veranstalten. Ich kann sagen, daß auf
kulturpolitischem Gebiet zwischen Stockerau und Klosterneuburg das beste Verhältnis besteht, sind
doch diese beiden Städte schon durch Lenau verbunden. Sie wissen, daß im abgelaufenen Jahr in
Stockerau die Internationale Lenau-Gesellschaft gegründet wurde und daß auch die Klosterneuburger
Mitglied dieser Gesellschaft sind. Bei den letzten Aufführungen in Stockerau waren außer dem
Bürgermeister und Vizebürgermeister von Klosterneuburg auch noch andere Klosterneuburger
anwesend. Dasselbe ist euch im umgekehrten Sinn der Fall. Stockerau hat nicht die Absicht, den
Klosternerburgern den Rang abzulaufen; aber Stockerau ist sich seiner Aufgabe und auch seiner
Stellung in kulturpolitischer und verkehrstechnischer Hinsicht bewußt. Die Stadt liegt auf der
Einfallstraße von Krems, der Horner und der Znaimer Bundesstraße. Wir glauben, daß es absolut
notwendig ist, für die Kultur etwas zu tun, besonders dann, wenn sich eine Gemeinde findet, die auch
bereit ist, dafür etwas zu leisten. Ich möchte nur kurz erwähnen, daß die Festspiele in Stockerau der
Gemeinde im abgelaufenen Jahr 200.800 Schilling gekostet haben.
Es war ein Malheur, daß der Wettergott im August diesen Festspielen nicht geneigt war. Es wurden
zwei Veranstaltungen verregnet und bei zwei Veranstaltungen war es außergewöhnlich kalt. Wir
nehmen also, wie gesagt, mit Freude zur Kenntnis, daß hier insgesamt 800.000 Schilling festgelegt
sind. Wir glauben aber, daß Kultur und Kunst einer größeren Förderung bedürfen als von den
Gemeinden und vom Land gegeben wird. Wie wir bei einer Anfrage im Parlament aus dem Mund des
Herrn Unterrichtsministers vernommen haben, wurden vom Bund 17,127.300 Schilling für diese
Zwecke in Österreich zur Verteilung gebracht. Die Salzburger Festspiele haben einen Beitrag für den
Festspielfonds von 10,240.000 Schilling erhalten. Die Bregenzer Festspiele eine besondere
Subvention von 2,300.000 Schilling. Für die Wiener Festwochen wurden 2,500.000 Schilling gegeben,
für die Tiroler Sommerveranstaltungen 100.000 Schilling, für die Grazer Festwochen 400.000
Schilling, für die Seespiele in Mörbisch 510.000 Schilling, für die Burgspiele in Forchtenstein 240.000
Schilling, für die Spiele in Spittal an der Drau im Schloß Porcia 30.000 Schilling, für die Melker
Sommerspiele 100.000 Schilling und für die Klosterneuburger Kulturtage 40.000 Schilling. Von dieser
gigantischen Summe bekam Niederösterreich 140.000 Schilling. Nicht nur von der wirtschaftlichen
Seite her, auch von der kulturpolitischen Seite her wird Niederösterreich vom Bund stiefmütterlich
behandelt. Ich erlaube mir daher einen Resolutionsantrag vorzulegen, der lautet (liest):
Die Landesregierung wird aufgefordert, beim Bundesministerium für Unterricht vorstellig zu werden
und dahin zu wirken, dass für die Festspiele in Niederösterreich höhere Bundesmittel als bisher zur
Verfügung gestellt werden. Ich bitte Sie um Annahme dieses Resolutionsantrages. (Beifall bei der
SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Abg. Fahrnberger.
Abg. FAHRNBERGER: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Gruppe 3 sind
alle Maßnahmen zusammengefaßt, die sich mit den kulturellen Problemen, Denkmalschutz und allen
anderen Dingen befassen. Eine besondere Stellung nimmt auch der Landschaftsschutz ein. Wir
kennen alle unser schönes Heimatland, begonnen vom Waldviertel, charakteristisch mit seinen
Findlingsteinen, das Marchfeld, den Wienerwald und das Voralpengebiet mit den höchsten
Erhebungen, den Kalkalpen. Man hat schon in einigen Gebieten versucht, diese Naturschönheiten
gesetzlich zu schützen. Wir wissen, daß im Gebiet Eibenstein, im Waldviertel, schon ein
Naturschutzpark geschaffen wurde. Dieses Gebiet ist, wie ich schon erwähnt habe, durch seine
Findlingsteine charakteristisch. Ein zweiter Naturschutzpark wurde bei Mödling, nämlich der
Naturschutzpark Sparbach, errichtet. Und nun soll noch ein Gebiet erfaßt werden, welches im alpinen
Raum liegt, das Hochkar. Ich bin daran besonders interessiert, weil in der letzten Zeit darangegangen
wird, das Hochkar zu einem Fremdenverkehrsgebiet auszubauen und wir darangehen müssen, die
Naturschönheiten auch dort zu erhalten. Ich habe mit dem beamteten Referenten der
Landesregierung, Herrn Hofrat Dr. Hermann, gesprochen, der einmal Bezirkshauptmann von
Scheibbs war und dieses Gebiet sehr gut kennt. Es ist uns gelungen, im außerordentlichen
Voranschlag bei Vollziehungsstufe II. einen Ansatz zu bekommen. Damit ist es uns möglich, daß das
schöne Gebiet des Hochkars Naturbelassen bleibt, damit die Fremden, wenn sie in dieses schöne
Gebiet kommen, Ruhe und Erholung finden können.
Ich möchte aber noch ein anderes Problem beleuchten, und zwar ist dies das Kartäuserkloster in
Gaming. Dieses Kloster in Gaming wurde um 1340 von Herzog Alibrecht IV. errichtet und gefördert.
400 Jahre später, um 1780, wurde das Kloster von Kaiser Josef aufgehoben. Dieses war einst das
größte Kartäuserkloster im mitteleuropäischen Raum. Nach Auflösung dieses Klosters wechselte. der
Besitzer mehrmals. An diesem herrlichen Gebäude ist nun in baulicher Hinsicht nie etwas geschehen.
Der letzte Besitzer war ein Graf Festetits, der ein Testament machte, worauf des Kloster dann in das
Eigentum des Klosters Melk überging. In diesen Jahrhunderten ist an dem Gebäude sehr wenig
geschehen. In den Jahren von 1926 bis 1938 war in den Räumen des Klosters die
Gebirgsbauernschule untergebracht. Nach dem Jahre 1938 war die Besatzungsmacht drinnen und
diese hat das Werk der Vernichtung nicht aufgehalten. Wir haben nun, große Sorgen, wie wir dieses
herrliche Gebäude, dieses Kulturgut aus der Geschichte unseres Heimatlandes auch weiterhin
erhalten. Wir wissen ja, daß die Insassen des Klosters der Kartause Gaming es gewesen sind, die die
Kultur, das wirtschaftliche Leben in das Gebiet hineingetragen halben. Wenn wir das Kloster heute
ansehen, tut uns das Herz weh. Ich möchte nun das Hohe Haus bitten, vielleicht ist es doch in den
nächsten Jahren möglich, Mittel und Wege zu finden, um dieses schöne Kulturgut, das
Kartäuserkloster Gaming, vor dem Verfall zu retten. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Abg. Anderl.
Abg. ANDERL: Hohes Haus! Ich kann mich in meinen Ausführungen sehr kurz halten, denn das, was
ich sagen wollte, hat bereits Abg. Rabl über das Schloß gesagt. Ich kann seine Ausführungen wirklich
nur bestätigen. Dessenungeachtet möchte ich aber Ihre Aufmerksamkeit auf ein anderes Schloß
richten - es wurde auch schon von Herrn Abg. Rabl angeführt -, nämlich Schloß Rosenau. Rosenau ist
eines der schönsten Schlösser des Waldviertels. Es ist leider sehr schmerzlich, daß das Schloß
derzeit in einem derart desolaten Zustand ist, daß, wenn nicht bald etwas geschieht, dieses noch
mehr dem Verfall preisgegeben ist. Das Schloß hat eine lange Vergangenheit. Der Gründer war im 13.
Jahrhundert Hadmar von Kuenring; das Schloß hat wähnend der Zeit sehr oft die Besitzer gewechselt,
bis dann 1883 ein Matthias Schönerer den Beisitz übernahm. Von Matthias Schönerer übernahm
dann Georg Schönerer den Besitz, und wir wissen alle, daß damals eine große politische Strömung
von Schloß Rosenau ausging. Im Jahre 1921 verstarb der Besitzer, und von da an fingen die
familiären Prozesse an, so dass das Schloß immer mehr verfallen ist. 1938 übernahm den Besitz die
Deutsche Ansiedlungsgenossenschaft und später, 1945, wurde in dem Schloß von einer Vereinigung
ein Kinderheim eingerichtet, das jedoch nicht lange bestanden hatte. Das Kinderheim wurde nach
einigen Monaten wieder aufgelassen.
1945 wurden sehr viele Gegenstände, Bücher, Bilder und alles Mögliche, geraubt, so daß jetzt
praktisch die Zimmer vollkommen leer sind. Der Besitzer Lazarini wendete nichts mehr auf für das
Schloß. Man hat sich daher Gedanken gemacht, was eigentlich mit dem Schloß werden wird, ob der
Verfall so weitergehen wird oder ab sich doch Kräfte finden werden, die das Schloß in irgendeiner
Weise ausbauen.
1964 kaufte dann die niederösterreichische Landesregierung das Schloß mit der Absicht, darin
irgendein Museum einzurichten. Zuerst hieß es, daß im Verein mit der Gemeinde Zwettl ein
Waldviertler Museum errichtet wird. Vor kurzem tauchte auch der Gedanke auf, dort ein so genanntes
Glasmuseum unterzubringen. Dieser Gedanke dürfte jedoch wieder aufgegeben worden sein, denn
wenig später ist in der Zeitung gestanden, daß das Glasmuseum nach Gmünd kommt. Wie die Dinge
jetzt stehen, weiß ich nicht. Wenn aber nicht bald Reparaturen durchgeführt werden, wird der Schaden
immer größer werden. In dem Schloß sind herrliche Fresken von Daniel Gran; aber es ist schade, die
Fenster sind kaputt, das Dach ist beschädigt, die Decken sind teilweise eingestürzt. Es ist daher
notwendig, so bald wie möglich irgendwelche Reparaturen durchzuführen.
Ich habe in einer Fachzeitung gelesen, dass das Land die Albsicht hat, im ersten Stock ein Museum
einzurichten und im zweiten Stock Fremdenzimmer oder eine Fremdenherberge zu schaffen. Diese
Pläne sind sehr zu begrüßen, umso mehr, als Rosenau früher ein schöner Ort war, der mit dem
Schloß mitgelebt hat; heute ist Rosenau praktisch eine sterbende Ortschaft.
Die Landesregierung müßte sich daher so rasch wie möglich entschließen, irgendetwas zu
unternehmen. Im außerordentlichen Voranschlag sind zwar 150.000 Schilling hiefür eingesetzt, das ist
aber, wie es im Volksmund heißt, nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Wenn man nicht rasch
etwas macht, wird der Schaden innerhalb einiger Jahre auf Millionen Schilling anwachsen.
Ich würde daher die Landesregierung bitten, so rasch wie möglich Vorsorge zu treffen, umso mehr, als
das Waldviertel hinsichtlich des Fremdenverkehrs ja sowieso stiefmütterlich behandelt wird. Wenn ein
Museum eingerichtet wird, wie bereits oft gesagt wurde, wenn der zweite Stock für den
Fremdenverkehr ausgebaut wird, dann ist das zum Wohle des oberen Waldviertels. (Beifall bei der
SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Abg.Rohata.
Abg. ROHATA: Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine sehr bedeutende Aufgabe des
Kulturreferates ist der Naturschutz. Die Probleme des Naturschutzes sind sehr umfangreich und
kulturpolitisch wichtig, sie gehen uns alle an.
Auf dem Gebiet des Naturschutzes hat das Kulturreferat des Landes Niederösterreich schon eine sehr
vorbildliche Arbeit geleistet, beginnend bei der Gesetzgebung. Das Naturschutzgesetz 1924 galt für
alle Bundesländer als Muster, ebenso das Landesgesetz vom 17. Mai 1951, das im In- und Ausland
sehr stark beachtet wurde. Im Gegensatz zu früheren Bestimmungen beinhaltet dieses Gesetz die
aktive Natur- und Landschaftspflege als Schwerpunkt der behördlichen Naturschutztätigkeit und auch
der Landschaftsgestaltung. In diesem Bereich stehen vor allem der Mensch und seine Bedürfnisse im
Mittelpunkt, die öffentliche Obsorge für Schönheit, Reinheit und Gesunderhaltung der Natur. Es ist
möglich, für die Umgebung von Industrieorten und für Fremdenverkehrsgebiete Lösungen zu finden.
Die Naturparks Sparbach und Eibenstein sind bereits ein sichtbares Ergebnis des aktiven
Aktionsprogramms des Naturschutzes. Dadurch können bedrohte Naturgebiete geschützt, der
Fremdenverkehr gefördert und gelenkt und Erholungsraum geschaffen werden. (Dritter Präsident
Reiter übernimmt den Vorsitz.)
Es müßten nur noch größere Anstrengungen unternommen und mehr Mittel für diese Bestrebungen
eingesetzt werden. Wenn wir den Voranschlag betrachten, so sehen wir, daß insgesamt 406.000
Schilling für diesen Zweck bestimmt sind, davon lediglich 200.000 Schilling ungebunden f2ir
Erschließungs- und Pflegemaßnahmen. Die anderen Beträge sind für die biologische Station in Lunz
vorgesehen, für den Alpengarten auf der Rax, für die Naturparks Sparbach und Eibenstein-Grillenstein
sowie für den ebenfalls schon erwähnten Naturpark Hochkar.
Im Rahmen dieses Aktionsprogramms ist auch geplant, einen Naturpark auf der Hohen Wand zu
schaffen. Kollege Laferl hat hier einmal aus lokalpatriotischem Übereifer die Hohe Wand als den
schönsten Berg bezeichnet. (Abg. Laferl: Das ist er auch! - Heiterkeit.) Dieses Gebiet ist aber wirklich
so schön, daß es wert ist, geschützt zu werden, soweit es noch nicht versiedelt ist. Die verbliebenen
Naturgebiete sollten für Erholungszwecke umgewidmet werden. Eis ist zu hoffen, daß dort ein neuer
Erholungsraum, auch für die nahe Großstadt, geschaffen werden kann.
Je näher wir aber der Großstadt kommen, umso schwieriger werden die Probleme des Naturschutzes,
umso notwendiger ist es aber auch, vernünftige Lösungen zu treffen. Leider ist in den letzten Jahren
wohl sehr viel über die Raumplanung gesprochen und geschrieben worden, aber für den Wienerwald
ist praktisch noch sehr wenig geschehen. Ein Abgeordneter dieses Hauses vor der
Jahrhundertwende, dessen Todestag sich nun zum 55. Male jährt, nämlich Josef Schöffel, war es, der
sich schon seinerzeit sehr erfolgreich für die Rettung des Wienerwaldes, für den
Naturschutzgedanken eingesetzt hat. Er hat sich nicht nur erzene Denkmäler verdient, sondern er hat
sich auch in den Herzen der Menschen, die in diesem Gebiet wohnen, ein ewiges Denkmal gesetzt. Er
hat sich den Titel „Retter des Wienerwaldes" erworben. Sein Gedanke was, vor den Toren Wiens
einen Naturpark zu schaffen, und diesem Gedanken in die Tat umzusetzen wäre wohl eine würdige
Krönung dies Wirkens Josef Schöffels. Somit ist die Aufgabe gestellt, den gesamten Wienerwald als
Erholungsgebiet für die Umgebung von Wien und für die Großstadt selbst zu erhalten.
Niederösterreich hat mit dem Naturpark Sparbach den ersten Schritt getan. Die zahlreichen Besucher
beweisen, daß das Gebiet sicherlich anziehend wirkt und daß dort auch etwas geboten wird. Aber wie
dringlich die Frage ist, zeigt das Problem Bisamberg. Erst vor einigen Tagen ist die Meldung durch die
Presse gegangen, daß die Gemeinde Wien einen Teil des Bisamberges als Schutzgebiet umgewidmet
hat. Ich glaube, daß bei Beurteilung der Frage, was dort geschehen soll, der Grundsatz lauten müßte:
,,Gemeinnutz geht vor Eigennutz", und es im Zusammenwirken von Niederösterreich, Wien und den
Bisamberggemeinden gelingen müßte, jede Spekulation in diesem Raum für den Profit einzelner
abzuwehren. Im Aktionsprogramm des Naturschutzes ist auch vorgesehen, im Gebiet Perchtoldsdorf,
Mödling, Sittendorf und Kaltenleutgeben einen Erholungsraum ,,Föhrenberge" zu schaffen, der
fachlich betreut und naturparkähnlich gestaltet werden soll. Es wäre außerdem notwendig, dieses
Gebiet durch die Schaffung von Parkplätzen, Wegweisern, Rast- und Aussichtsplätzen auszubauen,
wofür allerdings einige hunderttausend Schilling erforderlich wären. Vielleicht ist es im Wege einer
Interessengemeinschaft möglich, dort auch auf dem Gebiet des Naturschutzes Vorbildliches zu
leisten. Die Restaurierung des Naturparkes in Laxenburg hat gezeigt, dass er seine Anziehungskraft
nicht verloren hat, und die Tausende von Besuchern beweisen das immer wieder. Ich glaube, daß hier
auch ein beispielgebender Erfolg der Naturschutzbestrebungen festzustellen ist, und wir werden
immer wieder darauf zurückkommen, die Körperschaften bei der Lösung solcher Probleme nicht nur in
materieller, sondern auch in finanzieller Hinsicht zur Mitwirkung aufzurufen. Ich glaube, die immer
größer werdende Besucherzahl in den Naturparken kann und muß als Anerkennung für die
dankenswerte Tätigkeit des Kulturreferates gewertet werden, das durch die Schaffung der Naturparke
eine so stark auf den Menschen bezogene Methode des Naturschutzes gefunden hat.
Meine Damen und Herren! Der Naturschutz ist ein dringendes Gebot unserer Zeit. Durch den raschen
Aufschwung der Technik und der Industrie, das stete Ansteigen des Verkehrs und die enorme
Bautätigkeit wird die Landschaft in ihrer ursprünglichen Erscheinung immer mehr verändert. Dabei
werden oft nicht mehr gutzumachende Schäden angerichtet. Daß solche hintan gehalten werden und
die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Landschaft erhalten bleiben, glaube ich, rechtfertigt auch die
Forderung nach mehr Aufgeschlossenheit in der niederösterreichischen Landesregierung und allen
anderen Körperschaften für die wichtigen Aufgaben des Naturschutzes. Die Bereitstellung
zweckgebundener Mittel für diese Art der gesunden Betreuung der Natur- und Landschaftspflege wird
der gesamten Bevölkerung dieses Landes zum Segen gereichen. (Beifall bei der SPÖ.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Abg. Stangler.
Abg. STANGLER: Hoher Landtag! Ich möchte zum Kapitel Kultur auch noch einige Gedanken äußern
und mich mit einigen Fragen dieser Gruppe beschäftigen. Es ist heute wieder darauf hingewiesen
worden, daß im vorliegenden Budget für die Kulturarbeit mehr Mittel aufscheinen, sie aber leider noch
immer nicht ausreichen, um alle Aufgaben im notwendigen Ausmaß durchführen zu können. Eine der
größten Belastungen stellt das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester dar. Die künstlerischen
Leistungen dieses Orchesters und seines Chefdirigenten, Herrn Generalmusikdirektor Heinz Wallberg,
stehen außerhalb jeder Debatte. Sie sind in ganz Österreich und auch im Ausland anerkannt. Wir
dürfen auf diesen Klangkörper stolz sein, und es ist richtig, wenn sich ein Land wie Niederösterreich
als echter Kunstmäzen zeigt. Das gehört in unserer Zeit zu den Aufgaben der Gebietskörperschaften.
Ich glaube aber trotzdem, daß es notwendig sein wird, daß alle verantwortlichen Kräfte dieses
Vereines -es handelt sich ja nicht um ein Orchester, dessen Angehörige Bedienstete des Landes sind
- stets bemüht sind, bei allen Ausgaben darauf Bedacht zu nehmen, diese nach Zweckmäßigkeit und
unbedingter Notwendigkeit zu überprüfen. Es müssen alle Veranstaltungen und Ausgaben auch
hinsichtlich der Probenarbeit, die eine Belastung darstellen und nicht unbedingt notwendig sind,
vermieden werden. Es Werden aber auch mit dem Bund Verhandlungen geführt werden müssen,
denn ich bin der Meinung, daß das Bundesministerium bezüglich der Förderung des Orchesters noch
mehr tun könnte als dies in der Vergangenheit geschehen ist. Auch hier empfinden wir eine gewisse
Benachteiligung Niederösterreichs gegenüber anderen Institutionen. Niederösterreich ist in den
vergangenen Jahren durch seine großen Ausstellungen über verschiedene Kunstepochen bekannt
geworden. Es wurde heute schon darauf hingewiesen, daß auch die vorjährige Ausstellung anläßlich
der 800-Jahr-Feier des Stiftes Herzogenburg „Ein Stift zeigt seinen Kunstschatz" ein großer Erfolg
war. Die 102.000 Besucher dieser Ausstellung beweisen, daß es sehr wohl möglich ist, die Menschen
unserer Zeit mit den Kunstwerken vergangener Epochen zu konfrontieren. Die Ausstellung in der
Steiner Minoritenkirche hatte einen Rekordbesuch von 175.000 Personen und reihte sich würdig an
die Ausstellung ,,Gotik in Niederösterreich". Ich glaube, daß in der Darstellung verschiedener
Kunstepochen nun zweifellos die Renaissance an der Reihe wäre. Hierfür stünden in Niederösterreich
zwei bis drei Schlösser oder Burgen, die sich für eine solche Repräsentativausstellung
außerordentlich eignen würden, zur Verfügung. Ich glaube, sie wären zur Darstellung dieser
Kunstepoche sogar geeigneter als eine säkularisierte Kirche. Um rechtzeitig mit den
Vorbereitungsarbeiten für die Ausstellung beginnen zu können, wäre es notwendig, dass die
Landesregierung in diesem Sinne sehr bald abschließende Verhandlungen führt. Die Fachbeamten
unserer Kulturabteilung im Land und die wissenschaftlichen Kräfte außerhalb Niederösterreichs haben
bisher in guter Zusammenarbeit dam beigetragen, dass diese niederösterreichischen
Großausstellungen sowohl in Österreich als auch im Ausland größte Anerkennung gefunden haben.
Ich glaube nur, daß sehr bald mit den Vorbereitungen für eine solche Ausstellung begonnen werden
muß
Es ist heute auch über Sommerspielveranstaltungen und Freilichtaufführungen gesprochen worden.
Ich vermeide bewußt das Wort ,,Festspiele", weil wir noch lange nicht so weit sind, daß wir sagen
können, es handelt sich um Festspiele, wie in anderen Ländern und Orten in Österreich. Wir haben
bisher noch gar nicht genügend Mittel angewendet, um aus diesen Sommerspielveranstaltungen
echte Festspiele zu machen. Ich warne davor, hier vielleicht sogar im Überschwang der Freude bei
der Veranstaltung in einen Provinzialismus zu verfallen, der uns von Kunstkritikern sehr bald übel
angerechnet werden würde. Wir stehen hier bei schönen Anfangserfolgen, ich glaube aber doch
ausführen zu müssen, dass die Auswahl der Orte nur vom Standpunkt der historischen Bedeutung,
der historischen Gebäude, des äußeren Gepräges, aber auch der landschaftlichen Lage allein dafür
ausschlaggebend zu sein hat, ob wir hier wirklich Festspielorte aufbauen können. Ich möchte sagen:
Kulturpflege überall dort, wo es nur möglich ist, aber Festspiele verlangen eine Auswahl nach
strengsten Gesichtspunkten; und ich glaube, es müßte noch sehr eingehend mit dem Leiter des
Kulturreferates, mit der Landesregierung, aber auch mit dem Unterrichtsministerium verhandelt
werden, wo wir künftig Festspielorte im richtigen Sinn vorbereiten und auf Dauer einrichten werden.
Wir stehen bisher erst am Anfang und noch lange nicht am Ende. Ich unterstreiche auch - schließlich
habe ich dieses Zahlenmaterial im Finanzausschuß zur Verfügung gestellt -, daß wir vom Bund her mit
Recht mehr Unterstützung fordern können, ich habe das auch gestern in der Generaldebatte erwähnt.
Wir sind keinem Land neidig, wenn es etwas bekommt, wir erwarten nur, daß man Niederösterreich
ebenso gut behandelt wie die anderen Bundesländer und man uns hier nicht zurückstellt und uns
entsprechende Mittel, auch vom Bund, für den Aufbau solcher Veranstaltungen zur Verfügung stellt.
Die derzeitigen Mittel, ich wage es zu sagen, reichen höchstens für zwei Veranstaltungen dieser Art
aus und nicht für mehr. Wer Bescheid weiß, was heute das Engagement von einigermaßen guten
Kräften kostet, weiß, daß man mit solch geringen Mitteln einfach festliche
Sommerspielveranstaltungen nicht durchführen kann. Ich unterstreiche nochmals: wem wir nicht auf
das Niveau eines sehr niederen Provinzialismus kommen wollen, müssen wir uns sehr bemühen, um
mit den anderen Bundesländern Schritt zu halten. Wir brauchen daher beachtlich mehr Mittel als sie
heuer zur Verfügung stehen. Nicht einmal die kulturfreudigste Stadt könnte das aufbringen, was hiezu
noch notwendig ist. Wenn man also vom Bund für Wien drei Millionen Schilling, für Salzburg 12
Millionen Schilling und für Bregenz an die vier Millionen Schilling einsetzt, dann können Sie ermessen,
was zur Durchführung solcher Veranstaltungen notwendig ist.
Ich hatte schon wiederholt Gelegenheit, bei diesem Kapitel auch über die Unterbringung von
Bibliothek und Archiv zu sprechen, es ist nicht das erste Mal, daß ich hiezu das Wort ergreife. Ich
glaube, daß es nunmehr an der Zeit ist, hier zu einer endgültigen Lösung zu kommen. Wir haben nun
Voraussetzungen geschaffen, damit eine hohe Zahl von Beamten in würdigen, praktischen Räumen
der Arbeit nachgehen kann, ich verweise dabei auf die Adaptierung der Teinfaltstraße. Die
Unterbringung von Bibliothek und Archiv in der derzeitigen Form ist für ein Land wie Niederösterreich
nicht genügend, nicht entsprechend und unwürdig. Aber nunmehr sind gewisse Voraussetzungen
geschaffen, und ich möchte an die Landesregierung und an die hohe Beamtenschaft den Appell
richten, sich sehr genau zu überlegen, welche endgültigen Lösungen hier getroffen werden sollen,
damit die Materialien entsprechend untergebracht, aber auch geeignete Arbeitsräume für die
Fachbeamten dieses Gebietes geschaffen werden.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich noch auf die Ansatzpost 3129-61
und 3129-62 verweisen. Es heißt hier ,,Druckkostenbeiträge für wissenschaftliche Arbeiten und
Dissertationen". Hier möchte ich das Kulturreferat vor allem auf das Österreichische Institut für
Zeitgeschichte aufmerksam machen, das sich mit den sehr aktuellen Fragen der jüngeren Geschichte
Österreichs und vor allem Niederösterreichs beschäftigt und jungen Studenten und Dessertanten
immer wieder Aufträge zur Forschung und Erforschung der jüngeren Geschichte dieses Raumes,
unseres Bundeslandes sowie der Persönlichkeiten, die hier in den letzten vier, fünf und sechs
Jahrzehnten Verantwortung getragen haben, gibt. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich das
Kulturreferat entschließen könnte, hier nicht nur Dessertanten zu unterstützen, sondern sich mit dem
Leiter dieses Instituts ins Einvernehmen setzen würde, wissenschaftliche Vorarbeiten für Dessertanten
zu erleichtern, Seminararbeiten anzukaufen und hier auch Grundlagen für spätere Arbeiten, gerade
für die jüngere niederösterreichische Geschichte, zu sammeln und für weitere Forschungszwecke
bereitzuhaben. Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich das Kulturreferat gerade für die Arbeit dieses
Institutes besonders einsetzen könnte.
Dies, meine Damen und Herren, mein kurzer Beitrag zu den Fragen Kultur, Volksbildung, Archiv,
Bibliothek und wissenschaftliche Forschung. Ich freue mich auch, so wie meine Vorredner, daß sich
die Ansätze für dieses Kapitel erhöht haben. Genug ist es noch nicht, aber es ist ein guter Anfang.
Einer meiner Vorredner hat von der Durchbrechung der Schallmauer gesprochen. Wenn nunmehr
dieses Hindernis durchbrochen ist, können wir hoffen, daß es nur mehr aufwärts geht und ein reiches
Füllhorn von Geldmitteln sich über diese Arbeit ergießt. (Beifall im ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Herr Landesrat Kuntner.
Landesrat KUNTNER: Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herren! Das viele Lob, das dem
Kulturreferat und der Kulturarbeit - ob es von Amts wegen oder privat geleistet wird - gezollt wurde,
abhebt mich der Aufgabe, über manche Dinge zu sprechen. Ich glaube, wir können, ahne als
unbescheiden zu gelten, sagen, daß die Kulturarbeit in Niederösterreich, trotzdem das Budget sehr
geringe Mittel dafür auswirft, am meisten für das Ansehen Niederösterreichs geleistet hat. Ich freue
mich darüber, daß so viele Abgeordnete zu diesem Thema so positiv gesprochen haben, und erlaube
mir, nur einige ergänzende Bemerkungen zu machen. Natürlich belastet der Denkmalschutz die
Finanzen des Kulturreferates sehr empfindlich und es ist selbstverständlich, daß wir unter den
Objekten eine sehr rigorose Auswahl treffen müssen.
Wir sind gar nicht in der Lage, alle diese Besitzungen zu erwerben, und ich darf wohl sagen, um die
Bedenken einiger Abgeordneter zu zerstreuen, daß wir sie gar nicht erwerben wollen, denn die
Belastung durch einen solchen Besitz wäre zu groß. Wir bemühen uns im Gegenteil, die Schlösser,
Burgen und sonstigen ,,Denkmalzuschützenden" Objekte - und damit auch die Hauptsorge den
Besitzern zu belassen und nur helfend und fördernd einzugreifen.
Zu den einzelnen Punkten möchte ich folgendes sagen: Wildberg, das geschichtlich sicherlich
bedeutend ist - denkmalpflegerisch allerdings nicht sehr - befindet sich in einem sehr, sehr schlechten
Zustand. Bei
allen diesen Burgen und Denkmalzuschützenden Objekten ist es wichtiger, zunächst einen Zweck zu
finden, dem sie gewidmet werden, denn es hat keinen Sinn, ein solches Kulturdenkmal zu erneuern,
zu schützen, wenn nicht durch eine zeitgemäße Zweckwidmung für den Bestand garantiert ist. Es
würde ja sonst nach kurzer Zeit verfallen.
Raabs Ist derzeit durch Vererbung an ein Kind übergegangen, und das Jugendamt Wien, das die
Verwaltung hat, ist natürlich bemüht, dieses Objekt zu veräußern, und zwar einträglich. Sobald die
Besitzfrage geklärt ist - die Stadt bemüht sich, dieses Schloß für sich zu erwerben -, wird natürlich
auch von Seiten des Kulturreferates mitgeholfen werden, dieses Objekt zu renovieren und einem
musealen Zweck zuzuführen. Eines der Objekte, die wir wahrscheinlich bekommen werden, ist, so wie
das Schloß Rosenau, die Schallaburg. Nachdem der Grundbesitz zur Grundaufstockung verwendet
wurde, bleibt das Schloß dem Kulturreferat. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich bitte, jedes schadenfrohe
Lachen zu unterlassen. Wir sind uns dieser Last wohl bewußt. Ich hoffe, daß alle daran Beteiligten
dann ebenso bewußt mithelfen werden, daß wir diese zwei Kulturdenkmäler, die wirklich
erhaltungswürdig sind, erhalten können!
Der Besitz der Schallaburg ist ebenfalls noch nicht geklärt. Wir werden wahrscheinlich die Besitzer
werden und bemühen uns deshalb, jährlich Beträge zur Instandhaltung - das heißt, zur
Hinteranhaltung des weiteren Verfalls - aufzuwenden. Ebenso geht es uns mit Rosenau. Es besteht
tatsächlich die Absicht, ein Glasmuseum und ein Waldviertler Museum einzurichten.
Die Kartause Gaming bietet sich nach einer anderen Seite hin an. Es ist sicherlich ein Objekt, das
erhaltungswürdig und pflegebedürftig wäre. Vielleicht ist es möglich, dort die polytechnische
Zentralschule des Landes Niederösterreich unterzubringen, denn durch diese neue Schulkonstruktion
ergibt sich im Land die Notwendigkeit, für eine Zahl von zirka 200 Kindern, für die kein Schulbesuch in
einer der bereits bestehenden Schulen möglich ist, eine zentrale Internatsschule zu errichten.
Zu den niederösterreichischen Tonkünstlern möchte ich sagen, daß es zweckdienlicher gewesen
wäre, eine eigene Budgetpost dafür zu bekommen und ihre Förderung nicht in den Gesamten
Musikförderung einzubeziehen, weil man von der Bundesseite her eine Garantie haben will, daß die
vom Land Niederösterreich veranschlagten Mittel auch tatsächlich dem Niederösterreichischen
Tonkünstlerorchester zugeführt werden, bevor man die Bundesstellen dazu bewegen kann, ähnlich
wie bei den Symphonikern, in einem bestimmten Beitragsverhältnis tätig zu werden. Die Stadt Wien
zahlt für die Symphoniker zwei Teile, der und die Hälfte davon. Dieser Aufteilungsschlüssel ist auch
für uns erstrebenswert und wäre nach unserer Meinung gerade dadurch leichter zu erreichen
gewesen, wenn ein eigener Beitrag für das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester im
Voranschlag enthalten gewesen wäre. Der Herr Finanzreferent war aber der Meinung, daß es dessen
nicht bedürfe, und wir hoffen, daß es - mit unserer kräftigsten Unterstützung selbstverständlich gelingt, einen Bundesbeitrag zu erreichen.
Über die Renaissanceausstellung ist zu sagen, daß ich bereits in der Schlußveranstaltung bei der
Ausstellung in Herzogenburg öffentlich erklärt habe, daß das Land Niederösterreich diese letzte große
Kulturausstellung selbst veranstalten wird und daß das schon im Hinblick auf die Schallalburg
gemacht werden muß. Nicht so sehr, daß wir daran denken, zuerst die Schallaburg herzurichten und
dann selbst die Ausstellung zu machen. Die Wiederinstandsetzung dieser Burg wird sehr teuer sein
und auch verhältnismäßig lang dauern. Wir dachten vielmehr daran, daß sich einige der anderen
Renaissanceschlösser, die wir in Niederösterreich haben, die Rosenbung oder Pottenbrunn, für
diesen Zweck mehr eignen als eine romanisch-gotische Kirche.
Zu den festlichen Sommerspielen darf ich nur sagen, daß man natürlich den Standpunkt genau
wählen muß. Aber ich halte es doch für zweckmäßig, daß man sich nicht auf zwei festliche
Sommerspiele beschränkt, sondern daß man auch dem nördlichen Niederösterreich, das so wenig
verkehrstechnische Möglichkeiten hat, diese zwei zu besuchen, eine Möglichkeit bietet.
Über die Qualität braucht man sich, glaube ich, nicht den Kopf zu Zerbrechen. Es hat am 11. August
eine sehr nette Kritik gegeben, in der es heißt, daß eine saubere und ausgezeichnete Aufführung
auch in der nördlichen Sommerspielstadt zustande kam.
Die Subventionierung der wissenschaftlichen Arbeiten wind natürlich vom Kulturreferat nicht nur auf
die Dessertanten beschränkt, sondern alle wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Niederösterreich
beschäftigen oder in irgendeiner Weise sich auf Niederösterreich beziehen, werden, wenn sie
förderungswürdig sind, von uns unterstützt. Ich verweise nur darauf, daß wir schließlich die, wenn man
so sagen kann, Kultur und Förderungspreise für wissenschaftliche Arbeiten seit einem Jahr im Budget
in der Selben Höhe wie die anderen Kulturpreise eingesetzt haben.
Es ist selbstverständlich, daß sich die Redner zu diesem Kapitel vor allem mit den angenehmen, mit
den erfolgreichen, mit den schöne Dingen befaßt halben. Ich bin daher dem Herrn Abgeordneten
Stangler dankbar, daß er auch eine etwas weniger angenehme Angelegenheit erwähnt hat, nämlich
Bibliothek und Landesarchiv. Der Herr Abg. Ludwig hat gestern gesagt, daß es verdienstvoll ist, daß in
großzügiger Weise Arbeitsraum für die Beamten geschaffen wurde und dass die Leistung schließlich
auch vom Arbeitsmilieu abhängt. Wenn man das konsequent auf alle Ämter ausdehnt, dann sieht es
beim Landesarchiv und in der Landesbibliothek katastrophal aus.
Ich habe anläßlich der Übernahme dieses Amtes - die Ehre ist mir erst vor kurzer Zeit zuteil geworden
- beide Dienststellen besucht und ich muß sagen, anfangs habe ich noch tröstende Worte gefunden,
aber dann sind mir selbst die Worte ausgegangen. Der Herr Abg. Stangler hat vor Jahren – ich
glaube, es wird ungefähr ein Jahrzehnt her
sein - ein Buch gezeigt (Abg. Stangler: Nur die Photographie!), ich glaube, es war sogar ein Buch da.
(Abg. Stangler: Das wurde mir nicht gegeben!) Dem könnten wir heute nachhelfen, aber nicht nur mit
einem Buch, sondern mit einer solchen Menge, die wahrscheinlich Lastzüge nicht bewältigen würden!
Diese Bücher sind in einem katastophalen Zustand.
Seit diesen zehn Jahren hat sich leider nichts geändert; entschuldigen Sie, es hat sich ja etwas
geändert, es ist noch schlechter geworden. Aber nicht nur die Objekte sind in einem geradezu
grauenhaften Zustand, auch die Räume, in denen die Beamten untergebracht sind, spotten jeder
Beschreibung. Akademiker müssen in Holzverschlägen und bei künstlicher Beleuchtung während des
ganzen Tages arbeiten. Wir müssen sagen, daß diese Arbeitsplätze menschenunwürdig sind. Daß
aber trotzdem pflichtgetreu wertvollste wissenschaftliche Arbeit geleistet wird, ist nur darauf
zurückzuführen, dass Wissenschaftler und Kunstbeflissene Menschen nicht durch solche Unbilden
von ihren hohen Idealen abzubringen sind. Ich glaube, daß es notwendig ist, gerade hier eine Abhilfe
zu schaffen. Die Landesbibliothek umfaßt immerhin Sammlungen von Druckwerken der modernsten
Art bis zu geschichtlich sehr bemerkenswerten Schriften: eine topographische Sammlung mit
Porträtsammlung, eine Landkartensammlung und eine Ansichtskartensammlung. Es stehen wohl
zweieinhalb Kilometer Bücherregale zur Verfügung, die 75.000 Bände beherbergen, aber es gibt für
eine große Zahl von Bänden keine Aufstellungsmöglichkeit. Außerdem sind die Regale, die nicht
erneuert wurden, derart unzweckmäßig und desolat, daß zu befürchten ist, daß die aufbewahrten
Bücher, falls die Regale einstürzen, schwer zu Schaden kämen.
Auch die andere Unterbringung ist nicht zweckmäßig. Die Zeitschriftensammlung der Landesbibliothek
kann sowohl aus Raum als auch aus Personalmangel nicht richtig betreut werden. Der
Finanzkontrollausschuß hat sich diese Dinge angesehen - es ist allerdings schon einige Jahre her -,
aber seit damals ist nichts geschehen. Ec muß vor allem dafür gesorgt werden, daß die
Landesbibliothek in zweckmäßigeren Räumen untergebracht wird, zumal sie ja zu den größten
Bibliotheken der Bundesländer zählt und sicherlich auch eine der ältesten ist, denn sie besteht bereits
seit dem 21. Juni 1813. Es fragt sich nur, ob es möglich ist, sie in den Häusern Herrengasse 9, 11 und
13 unterzubringen oder vielleicht zweckmäßiger in der Bankgasse 2, im Palais Strattmann. Dieses
Lokal liegt doch zwischen der Teinfaltstraße und Herrengasse und wäre daher noch geeignet.
Vielleicht noch schlechter untergebracht sind die Bestände des Landesarchivs, und zwar in der
Herrengasse 11, in den Kellerräumen der Registratur, im 13er Haus das Depot im Erdgeschoß und in
den Kellerräumen, in der Bankgasse 2 in Kellerräumen, in der Herrengasse 14 im Erdgeschoß und in
einem Raum im 2. Stock, wo im Nebenraum das Wasser herunterrinnt. Wie die aufbewahrten Dinge
aussehen, können Sie sich vorstellen. In der Muthgasse sind sie in einem Raum untergebracht, der
gar nicht zugänglich ist. Ein Teil ist sogar im Stift Herzogenburg verlagert. Es wird also notwendig
sein, ähnlich wie in anderen Bundesländern, diesbezüglich etwas zu unternehmen. Vorarlberg hat
einen eigenen Archivbau gemacht, Steiermark und Kärnten haben durch Adaptierungen und
Neuerrichtungen dafür gesorgt, daß das Landesarchiv gut untergebracht ist, Oberösterreich hat trotz
eines eigenen Archivgebäudes ein neues großes Bauvorhaben, und selbst das Burgenland plant dafür
ein entsprechendes Gebäude, von Wien gar nicht zu reden. Es ist daher auch bei uns notwendig, da
das Archiv ja immer mehr wächst, die entsprechenden Räume zu finden und vor allem dafür zu
sorgen, daß die Beamten, die dort arbeiten, einen Arbeitsplatz haben, der ihnen zu dieser Arbeit noch
mehr Freude bringt als sie jetzt schon haben.
Wenn also gesagt wurde, daß die Schallmauer von einem Prozent durchbrachen wurde, so ist das
sicherlich ein sehr bemerkenswertes Ereignis. Es ist erfreulich, dass nun etwas mehr Mittel für die
kulturelle Arbeit zur Verfügung stehen. Es bleibt aber noch immer eine sehr betrübliche Tatsache, daß
wir auch heuer relativ noch immer an letzter Stelle unter allen Bundesländern stehen, daß wir weit
unter dem Durchschnitt des Bundes liegen. Wir haben ungefähr nur 50 Prozent des
Bundesdurchschnittes. Wenn aber trotzdem solche Leistungen auf kulturellem Gebiet vollbracht
wurden, so darf ich feststellen, daß mit diesen bescheidenen Mitteln wirklich ökonomisch gearbeitet
wurde, daß diese Erfolge nur möglich waren, weil wir ganz hervorragende Mitarbeiter im Land haben,
die von ihrer Arbeit förmlich besessen sind. Darüber hinaus ist bei den Vereinen und selbst bei
Einzelpersonen eine Kunstbegeisterung, die es erst möglich macht, dass mit diesen wenigen Mitteln
Niederösterreich eine kulturelle Leistung vollbracht hat, die ihm zu aller Ehre gereicht. (Beifall im
ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft, der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich bitte den Herrn Berichterstatter, sehen Antrag zur Gruppe 3,
Kulturwesen, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag, zu stellen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich stelle den Antrag, die Gruppe 3,
Kulturwesen, mit Einnahmen im ordentlichen Voranschlag von 142.000 Schilling und Ausgaben im
ordentlichen Voranschlag mit 21,061.800 Schilling sowie Ausgaben im außerordentlichen
Voranschlag, Vollziehungsstufe I, von 5,720.000 Schilling und Vollziehungsstufe II von 5,7115.000
Schilling zu genehmigen. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Abstimmung einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Abstimmung über die Gruppe 3, Kulturwesen, ordentlicher
Voranschlag in Erfordernis und Bedeckung): Angenommen.
(Nach Abstimmung über die Gruppe 3, Kulturwesen, außerordentlicher Voranschlag in Erfordernis und
Bedeckung:) Angenommen
Ich bitte den Herrn Berichterstatter nunmehr um Verlesung des Resolutionsantrages des Herrn Abg.
Blabolil. (Geschieht.)
(Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Blabolil, betreffend Zurverfügungstellung
höherer Bundesmittel als bisher für Festspiele in Niederösterreich:) Angenommen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Anzenberger
zur Gruppe 4, Fürsorgewesen und Jugendhilfe, ordentlicher Voranschlag und außerordentlicher
Voranschlag, zu berichten.
Staatssekretär Abg. RÖSCH: Herr Präsident, ich beantrage dien gemeinsam im Finanzausschuß zur
Gruppe 3 beschlossenen Antrag, betreffend das Kulturgroschengesetz, hier ebenfalls zur Abstimmung
zu 'bringen. (Abg. SCHNEIDER: Das war für die Gruppe 7 vorgesehen, aber wenn Herr
Staatssekretär das wünscht?!)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Lassen wir die Abstimmung bei der Gruppe 7. Ich bitte den Herrn
Berichterstatter zur Gruppe 4 zu berichten.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Ich berichte über die Gruppe 4, Fürsorgewesen
und Jugendhilfe.
Die Gruppe 4, Fürsorgewesen und Jugendhilfe, sieht ordentliche Ausgaben von S 213,786.700
und Einnahmen von
S 117,810.300
vor. Es ergabt sich somit ein Nettoerfordernis von
S 95,976.400
Die Gruppe 4 umfaßt offene Fürsorge, geschlossene Fürsorge, sonstige Wohlfahrts und
Fürsorgemaßnahmen, Einrichtungen des Fürsorgewesens, Jugendhilfe sowie Einrichtungen des
Fürsorgewesens, Jugendhilfe sowie Einrichtungen der Jugendhilfe und Fürsorgeerziehung. Die
Ausgabenkreditsumme dieser Gruppe stellt 11,2 Prozent der Gesamtausgaben des ordentlichen
Teiles des Voranschlages gegenüber 10,6 Prozent im Vorjahr dar.
Die Mehrausgaben der Gruppe 4 belaufen sich auf 24,1 Millionen Schilling. Der Personalaufwand fällt
um rund 1,2 Millionen Schilling, da die Bezüge der Kinderwärterinnen im Sinne des
niederösterreichischen Kindergartengesetzes ' LGBI Nr. 93/1964, teilweise durch die Gemeinden
getragen werden. Der Sachaufwand weist Mehrausgaben bei der geschlossenen Fürsorge von rund
7,5 Millionen Schilling, bei den Blindenhilfen von 1,5 Millionen Schilling, bei dien Fürsorgemaßnahmen
für Jugendliche von rund 2,6 Millionen Schilling sowie beim Sachaufwand der Anstalten von rund 0,9
Millionen Schilling aus.
Aus dem außerordentlichen Voranschlag dieser Gruppe wurden in den ordentlichen Teil des
Voranschlages Voranschlagsansätze in der Gesamthöhe von 960.000 Schilling übernommen.
Neu eröffnet wurden die Voranschlagsansätze 41-78, Schulerhaltungsbeiträge der auf Kosten des
Landesfürsorgeverbandes Niederösterreich untergebrachten Heimkinder, mit einem Betrag von
40.000 Schilling, Voranschlagsansatz 4830-62, Förderung von Privatkindergärten, Ersatz des
Personalaufwandes, mit einem Betrag von 2,650.000 Schilling und Voranschlagsansatz 4830-78,
Beitrag an die Gemeinden zu den Bezügen der Kinderwärterinnen, mit einem Betrag von 8,680.000
Schilling; diese beiden letzteren in Auswirkung des bereits erwähnten niederösterreichischen
Kindergartengesetzes.
Die Einnahmen zeigen eine Steigerung um rund 7,5 Millionen Schilling. Sie ist zurückzuführen auf die
Mehreinnahmen bei den Verpflegungskosten und Verpflegungskostenersätzen, die ihre Begründung
in der Erhöhung der Verpflegungskosten finden.
Die außerordentlichen Ausgaben der Gruppe 4 betragen in der Vollziehungsstufe I 14,795.000
Schilling, in der Vollziehungsstufe II 950.000 Schilling. Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die
Verhandlung zur Gruppe 4 einzuleiten.
PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt Frau Abg. Körner.
Frau Abg. KÖRNER: Hohes Haus! Hat man sich in der Gruppe 3 sehr viel mit Denkmälern, Museen
und alten Schlössern beschäftigt, so können wir feststellen, daß die Gruppe 4 die gesamte Fürsorge
und Jugendhilfe umfaßt, sich also ausschließlich mit den Menschen, mit alten und jungen
hilfsbedürftigen Menschen, beschäftigt. Fürsorge ist eine Angelegenheit, die uns alle angeht, ganz
gleich, ob es sich um die Fürsorge für Mutter und Kind, um die Fürsorge für Jugendliche und
Krankenfürsorge oder um die Fürsorge für alte und kranke Menschen handelt. Es ist nicht nur die
Aufgabe, sondern die Pflicht, dem Hilfe und Fürsorge angedeihen zu lassen, der dieser Hilfe und
Fürsorge bedarf. Dabei sollen nicht bürokratische und engherzige Ansichten maßgebend sein,
sondern im Mittelpunkt aller Überlegungen und Betrachtungen muß der Mensch stehen. Nur so
betrachtet sollen wir die Lösung all der Fragen im Zusammenhang mit der Fürsorge sehen. Aus den
Statistiken können wir entnehmen, daß die Menschen älter werden, die Lebenserwartung ist größer
geworden. Das Durchschnittsalter betrug zum Beispiel im Jahre 1920 45 Jahre, im Jahre 1960 65
Jahre. Dies bringt natürlich verschiedene neue Fragen und Probleme, denn wenn die Menschen jetzt
auch länger leben, bedeutet das keineswegs, daß auch ihre körperlichen Kräfte gleich stark bleiben,
daß sie rüstig bleiben, daß sie auch die Gesundheit länger besitzen. Der Verbrauch der Kraft und
Gesundheit in der Hast der heutigen Zeit ist im Gegenteil noch größer geworden. Der körperliche
Abbau und naturgemäße Verfall kann nicht aufgehalten wenden. So weit ist die Wissenschaft noch
nicht, um diesen hintan Zuhalten. Es ist daher erklärlich, daß diese Tatsachen auch verschiedene
Maßnahmen erfordern. Der Bedarf an Plätzen in Altersheimen wird derzeit geringer. Die Wünsche
nach einem Platz - auch für Selbstzahler – in einem Rentnerheim, das gut eingerichtet ist, werden
größer. Man wird daher diesen Wünschen nach Schaffung von Zweibettzimmern für Ehepaare in
Rentnerheimen in Zukunft mehr Augenmerk zuwenden missen als bisher. Für gebrechliche, sieche
Menschen kommen aber Rentnerheime nicht in Frage. Wir wissen, wie schwierig dieses Problem zu
lösen ist, denn diese Menschen können beziehungsweise sie wenden auch nur für kurze Zeit in
Krankenhäuser aufgenommen. Wenn aber dann festgestellt ist, daß sie nicht an akuten Krankheiten
leiden, daß eine ärztliche Hilfe nicht mehr möglich ist, daß der Mensch eben siech ist, dann trachten
alle Krankenanstalten, diese siechen Menschen wieder abzustoßen, weil sie ja die Ärzte zur
Behandlung der anderen Kranken notwendig brauchen. Es ist auch leider eine Tatsache, daß viele
Sieche heute noch in den Altersheimen sind, und auch das ist eine Frage, die einer Lösung bedarf,
denn der Anblick der Siechen in den Altersheimen ist für die gesunden Insassen eine ständige
psychische Belastung, weil sie immer und stets daran erinnert werden, daß auch sie unter Umständen
in allernächster Zeit sich in einem solchen Zustand befinden können.
In Niederösterreich gibt es derzeit drei Fürsorgeheime, die für sieche Menschen zur Verfügung
stehen. In diesen drei Fürsorgeheimen stehen insgesamt 564 Betten zur Unterbringung von
Pfleglingen zur Verfügung. Diese Zahl der vorhandenen Plätze reicht bei weitem nicht aus. Trotz der
Inbetriebnahme des niederösterreichischen Landesfürsorgeheimes in Wiener Neustadt im Herbst des
Jahres 1962 kann der steigende Bedarf an Siechenpflegeplätzen nicht gedeckt werden. In der Zeit
vom 1. Jänner bis zum 31. Oktober 1964 sind 469 Ansuchen um Aufnahme in ein Fürsorgeheim
angefallen. In diesem Zeitraum konnten aber nur 221 Pfleglinge aufgenommen werden. 248 sieche
Menschen konnten also keine Aufnahme in einem Fürsorgeheim finden. Wenn man bedenkt, daß es
außer diesen Menschen, die um Aufnahme angesucht haben, noch Siechte in den Krankenanstalten
und in den Altersheimen gibt, dann kann man ermessen, wie groß der Bedarf an Pflegeplätzen in
Fürsorgeheimen ist. Der Bau der beiden geplanten Fürsorgeheime in Melk und in Waidhofen an der
Thaya stellt also eine unbedingte Notwen-digkeit dar.
Ein offenes Problem gibt es auch bei den geistig Siechen. Sie gehören nicht in die Heil und
Pflegeanstalten Gugging oder Mauer-Öhling, denn für sie ist eine Behandlung nicht mehr möglich, sie
gehören aber auch nicht in Altersheime. Es wird notwendig sein, durch die Schaffung einer
entsprechenden Einrichtung auch für die geistig Siechen Vorkehrungen zu treffen.
Selbstverständlich ist für jede Fürsorgemaßnahme die rechtzeitige Bereitstellung der Mittel die
Voraussetzung. Für die beiden Heime in Melk und Waidhofen an der Thaya soll das in nächster Zeit
geschehen.
So wie alles, muß sich auch das Fürsorgewesen den Zeiterfordernissen anpassen. Auch hier muß
man neue Formen suchen und neue Wege beschreiten. Aber im Mittelpunkt aller Bestrebungen und
aller Maßnahmen muß der Mensch stehen. Die Mittel, die notwendig sind, sollen selbstverständlich in
ausreichendem Maße und gerne zur Verfügung gestellt werden, denn der hilfsbedürftige Mensch
braucht wirksame tätige Hilfe. Fürsorge soll für uns keine Angelegenheit sein, der man sich entledigt,
sondern sie soll und muß auch von Liebe zum kranken, hilfsbedürftigen Menschen erfüllt sein. Das
vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren, soll nicht nur für die eigenen Eltern, sondern im
weitesten Sinn für alle alten, hilfsbedürftigen Menschen unseres Landes Anwendung finden. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt der Herr Abg. Ludwig.
Abg. LUDWIG: Hohes Haus! Die Gruppe 4 des Voranschlages beschäftigt sich mit Fürsorgewesen
und Jugendhilfe. In Niederösterreich ist, wie auch in allen anderen Bundesländern Österreichs, heute
noch immer das aus dem Jahre 1924 stammende deutsche Fürsorgerecht in Kraft. Während die
Bundesrepublik Deutschland dieses Recht bereits im Jahre 1961 durch ein modernes
Bundessozialhilfegesetz ersetzt hat, fehlt in Österreich nach wie vor das zur Regelung dieser Materie
verfassungsgesetzlich erforderliche Grundsatzgesetz, was bewirkt, daß die reichsrechtlichen
Vorschriften über die Gewährung öffentlicher Fürsorge als landesgesetzliche Bestimmungen weiter
gelten. Sicher ist ein Großteil dieser Vorschriften auch heute noch brauchbares Rechtsgut, viele
Bestimmungen sind aber veraltet, unpassend und verfassungsrechtlich bedenklich. Außerdem ist
wegen der Fülle und Unübersichtlichkeit dieser Materie kaum jemand in der Lage, verläßlich zu
beurteilen, welche Vorschriften im Zuge der Rechtsüberleitung unwirksam geworden sind und welche
noch gültiges Recht darstellen. Es versteht sich daher von selbst, daß diese Situation der
Rechtssicherheit nicht förderlich ist und auch dem Rechtsstaatsgedanken nicht völlig gerecht wird.
(Zweiter Präsident Wehrl übernimmt den Vorsitz.)
Es ist aber heute nicht meine Absicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Lanze für ein
modernes Fürsorgerecht zu brechen, sondern ich will im Zuge dieser Beratungen ein Problem
aufgreifen, das einen Großteil unserer Gemeinden betrifft, nämlich die finanzielle Beteiligung der
Gemeinden an den Fürsorgeaufwendungen. Gegenwärtig erhalten die Bezirksfürsorgeverbände zur
Deckung ihrer Fürsorgeaufwendungen unter anderem Mittel von den Gemeinden, welche auf Grund
des Bezirksumlagegesetzes im Verhältnis zur Finanzkraft der umlagepflichtigen Gemeinden
eingehoben werden. Die finanzkräftigen Gemeinden haben daher eine größere Umlage aufzubringen
als die finanzschwächeren Gemeinden, was meines Erachtens auch völlig gerecht ist. Daß aber die
Gemeinden ohne Rücksicht auf ihre Finanzlage grundsätzlich weitere 50 Prozent jener Kosten zu
bezahlen haben, die durch die Befürsorgung von Hilfsbedürftigen entstehen, die ihren Wohnsitz in
ihrem Bereich haben, erscheint mir nicht gerechtfertigt. Dadurch wird nämlich das Prinzip der
gleichmäßigen Behandlung aller Gemeinden unter Berücksichtigung ihrer Finanzkraft durchbrochen
und im Endeffekt eine absolut ungleichmäßige Belastung der Gemeinden durch die Fürsorgekosten
hervorgerufen. Man kann immer wieder bemerken, daß kleine Gemeinden durch die Heranziehung zu
diesen individuellen Fürsorgeleistungen nahezu bankrott gehen, eine Entwicklung, die sich von Jahr
zu Jahr verstärkt, da die Kosten der Krankenhauspflege durch das stete Ansteigen der
Pflegegebühren immer größer werden.
Diese unzulängliche Vorgangsweise muß daher abgeändert werden. Ich bin der Meinung, daß diese
besondere 50 Prozent des Fürsorgeaufwandes umfassende Kostenersatzpflicht der Gemeinden
wegfallen müßte. Hierdurch würde erstens eine völlig gleichmäßige finanzielle Beteiligung der
Gemeinden Niederösterreichs an den Fürsorgeaufwendungen erzielt werden, da das
Bezirkslumlagegesetz hiezu ausreichende Gewähr bietet. Zweitens würde eine wesentliche
Verwaltungsvereinfachung ermöglicht werden, da die vielen Kostenabrechnungen zwischen den
Bezirksfürsorgeverbänden und den Gemeinden sowie die Rückverrechnungen hereingebrachter
Beträge Dritter zur Gänze wegfallen würden, was eine bedeutende Kostenersparnis mit sich bringen
würde. Drittens würden diese Maßnahmen das soziale Denken fördern, da dann eine objektivere
Befürsorgung der Hilfsbedürftigen ohne Bedachtnahme auf eine allfällige Belastung vor sich gehen
würde.
Ich stelle daher folgenden Resolutionsantrag (liest):
„Der Hohe Landtag wolle beschließen: Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der
Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium für soziale Verwaltung zu erwirken, daß
durch gesetzgeberische Maßnahmen des Bundes die unbefriedigende Rechtslage auf dem Gebiet der
öffentlichen Fürsorge beseitigt, den Ländern eine geeignete Grundlage für die Erlassung moderner
ausführungsgesetzlicher Regelungen auf dem Gebiet der allgemeinen Fürsorge geboten und
gleichzeitig eine geeignete Lösung hinsichtlich der Tragung der aus der Fürsorge sich ergebenden
Lasten für die Gemeinden gefunden wird." In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einige
Worte über die Tätigkeit der Jugendämter im Land Niederösterreich sagen. In Niederösterreich
werden heute von den Jugendämtern über 33.000 Amtsvormundschaften geführt. Daneben sind noch
zirka 2500 Amtskuratele anhängig. Die Tätigkeit der Jugendämter in den Amtskuratelen besteht
hauptsächlich in der Eintreibung von Unterhaltsbeiträgen für eheliche Kinder aus geschiedenen oder
gestörten Ehen. Jährlich werden bis zu 50 Millionen Schilling an Unterhaltbeiträgen durch die
Jugendämter eingebracht und den Unterhaltsberechtigten übermittelt. Neben den Aufgaben auf
rechtsfürsorgerischem Gebiet obliegt den Jugendämtern die Überwachung und Pflege der Mündel.
Die Jugendämter stehen den Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten in Erziehungsfragen
beratend zur Seite. Sie haben aber auch Erziehungsnotstände durch geeignete Maßnahmen, wie
Heimunterbringung usw., zu beseitigen. Die Bewältigung dieser Aufgaben ist für die in der
Jugendfürsorge tätigen Bediensteten nicht immer leicht. Der Beruf der Fürsorgerin ist schwer und
verantwortungsvoll. Es ist daher nicht leicht, geeigneten Nachwuchs an Fürsorgerinnen zu
bekommen. Seitens der Dienstgeber müßte getrachtet werden, den Fürsorgerinnen die Ausübung
ihres Berufes möglichst zu erleichtern, etwa, wie ich gestern bereits gesagt habe, durch finanzielle
Hilfe bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen. Die Fürsorgerinnen benötigen Kraftfahrzeuge, weil die
zu betreuenden Sprengel entsprechend groß und viele Orte mit öffentlichen Verkehrsmitteln
überhaupt nicht oder nur schwer zu erreichen sind. Durch die Jugendämter werden alle Kinder schon
bei der Geburt erfaßt und deren Mütter in die Mutterberatungsstellen eingeordnet. Dort werden sie
hinsichtlich der Pflege und Ernährung der Kinder von den Ärzten und Fürsorgerinnen beraten. Diese
frühzeitige Erfassung und regelmäßige Beratung dient der gesundheitlichen Entwicklung unserer
Jugend. Erholungsbedürftige und sozial bedürftige Kinder werden in Zusammenarbeit der
Gemeindeärzte mit den Schulen erfaßt und während der Schulferien in verschiedene Heime
Niederösterreichs und anderer Bundesländer verschickt. können annähernd 3000 Kinder durch das
Amt der Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Jugendämtern auf Erholungsfürsorge geschickt
werden. Die Kosten dieser Erholungsfürsorge werden vom Land bevorschußt und zur Gänze
rückersetzt. Die Mittel werden aus der Pfingstsammlung, durch Elternbeiträge und Zuschüsse der
Gemeinden und Krankenkassen gedeckt.
Auch bedürftige und unterstützungswürdige Lehrlinge erhalten vom Amt der Landesregierung
Lehrlingsbeihilfen. Die Bedürftigkeit und Ausbildung dieser Lehrlinge wird von den Jugendämtern
laufend überprüft.
Der Bau eines zentralen Kinderheimes ist seit Jahren geplant. Es wird ein nach modernen
Erkenntnissen zu errichtendes Heim unbedingt benötigt, da einerseits ein Mangel an Heimplätzen für
Kinder und insbesondere für Säuglinge besteht und andererseits die vorhandenen Heime in
Bauwerken, die ausstattungsmäßig nicht mehr den Anforderungen der heutigen Zeit entsprechen,
untergebracht sind. Die für die Jugendfürsorge aufgewendeten Mittel sind nutzbringend angelegt.
Durch eine gut organisierte Wohlfahrtspflege sollen jene Kinder und Jugendlichen, die in körperlicher,
geistiger, seelischer und sittlicher Hinsicht gefährdet sind, zu für die menschliche Gesellschaft
brauchbaren Mitgliedern erzogen werden. Das ist jedoch nicht so zu verstehen, daß die Rechte der
Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten beeinträchtigt werden, sondern es soll lediglich die
Familienerziehung in Familien, bei denen es notwendig ist, ergänzt oder ersetzt werden. Dadurch wird
verhindert, daß Kinder und Jugendliche bei Versagen der Familie mangels entsprechender Erziehung
und Ausbildung früher oder
später der Allgemeinheit zur Last fallen. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Rohata.
Abg. ROHATA: Hoher Landtag! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz
ist es Aufgabe des Landes, für die Errichtung von Anstalten und Heimen, die der Jugendwohlfahrt
dienen, Vorsorge zu treffen. Unter diese Aufgaben fällt die sehr dringende Errichtung eines zentralen
Kinderheimes. Ich erinnere daran, daß ich in der vorigen Budgetdebatte darauf hingewiesen habe,
daß schon im Jahre 1957 unter dem damaligen Landeshauptmannstellvertreter Popp der
grundsätzliche Beschluß zur Errichtung eines zentralen Kinderheimes gefaßt wurde. Heute möchte ich
Ihnen vor Augen halten, welch wechselhaftes Schicksal dieses Projekt in all den darauffolgenden
Jahren erlitten hat. Nicht weniger als vier verschiedene Bauplätze waren ausersehen. Zuerst auf der
Königswiese in Mödling, dann das Schloß Radetzky und dann ist man auf die Gründe beim
Urlauberkreuz verfallen. Bereits im Jahre 1960 wurde der Regierungsbeschluß gefaßt, die dortigen
Gründe im Ausmaß von 112.518 Quadratmeter zum Preis von 2,120.396 Schilling, und zwar aus den
beim Landesamt IX/2 verwalteten Kreditmitteln, für die Errichtung eines Zentralkinderheimes
anzukaufen. Die Richtiggestellte Kostenschätzung für die Errichtung betrug 56,795.000 Schilling.
Noch bevor diese Vorlage ins Haus kam und bevor es überhaupt möglich war, über den Bau zu
sprechen, tauchte infolge des Ankaufes des Schlosses Liechtenstein durch das Land Niederösterreich
ein neues Projekt auf. Als man für dieses Schloß einen Verwendungszweck suchte, verfiel man auf
den Gedanken, das Zentralkinderheim um das Schloß Liechtenstein zu errichten. Ja wurde damals
sogar schon ein Betrag von 100.000 Schilling zur Albtragung der Garagen und Nebengebäude des
Schlosses aufgewendet. Natürlich wurde auch für dieses Projekt ein Architektenwettbewerb
ausgeschrieben, der 400.000 Schilling kostete. Durch diesen sollten die Voraussetzungen für eine
zweckmäßige Errichtung und Einrichtung dieses Kinderheimes geschaffen werden. Allerdings stellten
sich bei diesem Projekt die Errichtungskosten auf 118 Millionen Schilling.
Und es lag nicht an den schwierigen Verhandlungen, wie jetzt behauptet wird, sondern an der Größe
dieses Projektes, daß es damals zum Scheitern kam. Nunmehr ist man wieder auf die Gründe beim
Urlauberkreuz zurückgekommen, inzwischen sind aber dort bei den Eigentumsverhältnissen
Änderungen eingetreten und es mußten auf Initiative des Herrn Landesrates Wenger wegen
Rückkaufs dieser Gründe Verhandlungen angebahnt werden, damit dort das Kinderheim nun
endgültig errichtet werden kann. Dabei wurden natürlich von Seiten des Verhandlungspartners, und
zwar der Baugenossenschaft des ÖAAB, verschiedene Bedingungen gestellt. Die Verhandlungen sind
bereits abgeschlossen und nach neuerlichen eingehenden Beratungen soll das Zentral-
Kinderheim auf den Gründen beim Urlauberkreuz entstehen; miteinbezogen werden sollen das
Säuglingsheim ,,Schwedenstift" in Perchtoldsdorf und das Landeskinderheim Mödling mit der
heilpädagogischen Beobachtungsstation. Diese beiden Heime werden im Zentralkinderheim
Aufnahme finden. Nunmehr liegt aber das Projekt für das Schloß Liechtenstein vor und es muß also
auf den reduzierten Stand beziehungsweise auf den neuen Bauplatz umgearbeitet werden. Der
Platzbedarf für das neue Zentralkinderheim beläuft sich insgesamt auf 435 Plätze, und zwar 130 für
Säuglinge beziehungsweise 120 für Säuglinge und zehn für Mütter, 210 - diese Zahl soll nicht
überschritten werden - für Hilfsschüler beziehungsweise Sonderklaßler, die aus schulischen Gründen
anderswo nicht untergebracht werden können, 35 für die heilpädagogische Station, nämlich 15 für die
Übernahmsgruppe und 20 für die Beobachtungsstation; dies ergibt 375 Plätze. Außerdem besteht
dringender Bedarf für eine Jugendlichengruppe, Schulaustretergruppe ehemaliger Hilfsschüler, die
kurzfristig bis zu einem Jahr, bis zur Unterbringung auf einem Lehrplatz, im Heim bleiben; hiefür wären
30 Plätze vorzusehen. Und schließlich sind für die Krankenabteilung noch 30 Plätze bestimmt, so daß
sich daraus ein Gesamtbedarf von 435 Plätzen ergibt. Es wurde seinerzeit schon festgestellt, daß sich
das Landeskinderheim Mödling, das provisorisch im Gebäude der ehemaligen Hyrtlschen
Waisenanstalt untergebracht ist, in einem derart schlechten Bauzustand befindet, daß eine
zeitgemäße bauliche Instandsetzung wirtschaftlich nicht vertretbar wäre. Derzeit sind dort 260 Kinder
untergebracht einschließlich 20 Plätze der heilpädagogischen Beobachtungsstation; diese Ziffern
haben sich allerdings etwas geändert. Auch das Landessäuglingsheim ,,Schwedenstift" in
Perchtoldsdorf entspricht keineswegs dem steigenden Bedarf; abgesehen davon aber ist es weder
aus baulichen noch aus hygienischen Gründen für die Unterbringung von Säuglingen und
Kleinkindern geeignet, ja es mußte wegen des schlechten Bauzustandes bereits teilweise geräumt
werden.
Gestatten Sie, daß ich auf die Worte des Herrn Finanzreferenten zurückkomme, der gestern gesagt
hat, daß in Niederösterreich die Arbeit der Politiker des Landtages genau beobachtet wird. Ich möchte
nun fragen, was muß sich die Bevölkerung denken, wenn schon im Jahre 1957 der grundsätzliche
Beschluß zur Errichtung eines zentralen Kinderheimes gefaßt wurde, es aber zu Beginn des Jahres
1965 noch nicht möglich war, den Bau zu beginnen? Weiters hat er gesagt, dass wir die Treuhänder
des Volksvermögens sind. Wenn wir aber die Entwicklung betrachten, müssen wir feststellen, daß wir
schlechte Verwalter waren, denn Millionen Schilling waren einerseits für den Bau dieses
Zentralkinderheimes zweckgebunden, anderseits mußten jedes Jahr für die alten fast abbruchreifen
Heime hunderttausende Schilling zur Investition angelegt werden. Und auch heuer sind im
Voranschlag wieder 860.000 Schilling für das Landeskinderheim im Mödlinger Waisenhaus und für
das „Schwedenstift" angesetzt. Ich glaube, daß es jetzt keine echten Schwierigkeiten mehr gibt und
die von mir angeführten Umstände sehr danach drängen, daß dieses Zentralkinderheim endlich
errichtet wird. Die entsprechenden Gründe sind vorhanden, die Mittel sind bereitgestellt und das
Projekt kann sicherlich bei einigem guten Willen rasch auf die neuen Erfordernisse umgestellt werden.
Es wäre im Interesse von Hunderten von betreuungswürdigen Kindern gelegen, daß mit Beginn der
Bausaison auch der Baubeginn des neuen Zentralkinderheimes angesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Kienberger.
Abg. KIENBERGER: Hohes Haus, meine Damen und Herren! Wenn ich ein paar Worte zu den
Landesfürsorgeheimen spreche, so spürt man gerade in dieser Gruppe des Budgets, das sich mit sehr
realen und nüchternen Dingen befaßt, den Herzschlag für die Ärmsten der Armen in unserem Land.
Frau Abg. Körner hat die Verhältnisse in diesen Fürsorgeheimen bereits geschildert, ich darf es mir
daher ersparen. Das Land Niederösterreich hat mit diesen Landesfürsorgeheimen eine freiwillige
Verpflichtung übernommen, denn eigentlich fällt diese Aufgabe in die Kompetenz der
Bezirksfürsorgeämter. Diese Übernahme besteht aber bereits seit Jahrzehnten, und man kann sagen,
dass Niederösterreich hier Vorbildliches geleistet hat. Die drei Landesfürsorgeheime in Sankt Andrä
vor dem Hagenthale, Mistelbach und Wiener Neustadt und die jetzt in Angriff genommenen
Fürsorgeheime Melk und Waidhofen werden die große Notlage, in der wir uns heute noch befinden,
mildern. St. Andrä ist im Ausbau begriffen und hat für 50 Männer und 80 Frauen Platz, 70 Prozent
davon sind Sieche; es besteht dort, durch den Ausbau bedingt, eine Aufnahmesperre. Mistelbach hat
für 82 Männer und 112 Frauen Platz; auch dort sind Modernisierungsarbeiten im Gange. In Wiener
Neustadt handelt es sich um ein neues Haus, das 63 Männern und 177 Frauen Unterkunft bietet. Die
Arbeiten sind soweit abgeschlossen, aber gerade hier herrscht die größte Diskrepanz zwischen
Aufnahmemöglichkeit und den Ansuchen. Es muß festgestellt werden, daß etwa 200 Personen durchweg würdige Fälle -um Aufnahme angesucht halben, die aber leider nicht berücksichtigt werden
können. Das Landesfürsorgeheim Wiener Neustadt wurde aus Vorschüssen der
Bezirksfürsorgeverbände Niederösterreichs errichtet und ich halte diesen Beschluß für sehr
beachtenswert. Die Bezirksfürsorgeverbände haben auf die Rückzahlung der Beträge verzichtet, wenn
dafür zwei neue Landesfürsorgeheime errichtet wenden; daher sind heuer bereits die Fürsorgeheime
Melk und Waidhofen in Planung begriffen. Die erste Rate von zweieinhalb Millionen steht zur
Verfügung, so daß die Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen sind. Die Kosten des Fürsorgeheimes
Melk werden sich auf 24 Millionen Schilling und Waidhofen auf 22 Millionen Schilling belaufen. Dieser
Neubau ist notwendig, weil, wie ich schon gesagt habe, 200 Ansuchen nicht erledigt werden konnten.
Diese Ausweitung ist auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Erstens auf die höhere
Lebenserwartung, von der schon die Rede war. Leider Gottes können sehr viele Menschen ihren
Lebensabend nicht in Gesundheit verbringen. Dann auf die beengten Wohnverhältnisse. Es ist oft
nicht möglich, den alten Menschen in der kleinen Wohnung unterzubringen. Leider ist auch oft das
Verhalten der Kinder ein Grund, die sich – das bringt der Wohlstand mit sich - jeder Sorge für die
Eltern entschlagen.
Daher möchte ich es besonders begrüßen, daß jetzt zwei neue Landesfürsorgeheime, eines im
südlichen Teil und eines im westlichen Teil Niederösterreichs, errichtet werden. (Beifall bei der ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gemeldet ist der Herr Abg. Graf.
Abg. GRAF: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst erlaube ich mir, zu dem
Resolutionsantrag des Herrn Abg. Ludwig eine Bemerkung zu machen. Ich glaube, der Antrag ist an
die falsche Adresse gerichtet. Nach dem Bundesverfassungsgesetz ist für diese Angelegenheit noch
immer das Bundesministerium für Inneres zuständig, und der Resolutionsantrag müßte daher meiner
Meinung nach lauten: ,,Die Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung,
insbesondere beim Bundesministerium für Inneres, zu erwirken. ." Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich erlaube mir, zum Kindergartenwesen zu sprechen. Das Kindergartenwesen hat in der heutigen
Zeit weit größere Bedeutung als früher. Vor allem sind es die geänderten Zeit- und
Lebensverhältnisse, die diese Einrichtung immer notwendiger machen. Die Zahl der berufstätigen
Frauen nimmt ständig zu. Ich denke da an die Bauersfrauen, die aus Mangel an Arbeitskräften zur
Mitarbeit in der Landwirtschaft herangezogen werden müssen und daher sehr wenig Zeit für die
Kleinkinder haben. Ich denke an junge Eheleute, die zweifellos anfangs den Verdienst beider zur
Anschaffung der notwendigsten Dinge benötigen, von der Wohnung angefangen bis eventuell zu
einem Eigenheim.
Zweitens kann man feststellen, daß der Staat selbst interessiert ist, zusätzliche Arbeitskräfte zu
gewinnen, und letzten Endes möchte ich anführen, daß die Mutter im Haushalt selbst froh ist, wenn
sie das Kind auf einige Zeit in guter Obhut außer Haus weiß, wenn sie das Kind in Gesellschaft und im
Spiel mit Gleichaltrigen weiß.
Wenn wir die derzeitige Lage in Niederösterreich hinsichtlich der Kindergärten betrachten, so stellen
wir fest, daß es zur Zeit 357 Landeskindergärten gibt. Davon sind 256 unter weltlicher und 101 unter
geistlicher Leitung. Insgesamt werden in diesen 357 Kindergärten 17.800 Kinder betreut. Das ist, von
der Gesamtzahl der Kinder in Niederösterreich aus gesehen, noch etwas wenig, denn diese 17.800
betreuten Kinder stellen nur zirka 25 Prozent der in Frage kommenden Kinder dar.
Neben dieser Form der Landeskindergärten entstand in den letzten Jahren, vor allem einem großen
Bedürfnis in ländlichen Gegenden zufolge, eine zweite Form der Landeskindergärten, nämlich der
niederösterreichische Landeserntekindergarten. Es gab im vergangenen Jahr 44 Erntekindergärten, in
denen 1320 Kinder betreut wurden. Zählen wir die beiden Zahlen zusammen, so ergibt sich, daß in
357 Landeskindergärten 17.800 Kinder betreut wurden und in 44 Erntekindergärten 1320. Das sind
zusammen 19.120 Kinder. Das zeigt gegenüber dem Vorjahr eine weitere Aufwärtsentwicklung. Die
Zahl der betreuten Kinder nahm um 620 zu.
Diese erfreuliche Entwicklung der niederösterreichischen Landeskindergärten ist zweifellos noch nicht
abgeschlossen. Ich habe eingangs erwähnt, daß in Niederösterreich 357 Kindergärten vorhanden
sind. In Niederösterreich gibt es 1652 Gemeinden – jetzt vielleicht schon etwas weniger -, und wenn
wir das prozentuelle Verhältnis herstellen, kommen wir zur Erkenntnis, daß 21 Prozent der
niederösterreichischen Gemeinden Kindergärten besitzen, während noch immer 79 Prozent der
Gemeinden ohne Kindergarten sind. Das heißt, daß der Bedarf an Kindergärten noch immer sehr groß
ist und daß eine weitere Aufwärtsentwicklung eintreten wird.
Ich habe heute schon über den Schulbaufonds berichtet. Auch im Kindergartenwesen kommt dem
Schulbaufonds besondere Bedeutung zu. So können wir anführen, daß im Jahre 1964 sieben
Kindergärten neu gebaut und eröffnet wurden. Der Bericht sagt uns weiter, daß im Bau 22 Objekte
sind, 18 Neubauten und vier Zubauten. Wenn wir alle Bauprojekte, die der Schulbaufonds bisher
finanzierte, zum Vergleich heranziehen, so können wir daraus ersehen, daß von den insgesamt 284
Bauprojekten, die in den letzten 15 Jahren errichtet wurden, 87 Kindergärten sind. Ein Viertel der
insgesamt 284 vom Schulbaufonds finanzierten Projekte sind also Kindergärten. Wir ersehen daraus,
daß der Finanzierung von Kindergärten durch den Schulbaufonds große Bedeutung zukommt.
Am 1. Juli des vergangenen Jahres ist das niederösterreichische Kindergartengesetz in Kraft getreten.
Dadurch hat das niederösterreichische Kindergartenwesen eine gesetzliche Regelung erfahren.
Erfreulich war dieser Gesetzesbeschluß aber vor allem für die Kinderwärterinnen, deren
Stiefkinderdasein als schlechtesten Besoldete im Landesdienst damit beendet ist. Die
Kinderwärterinnen wurden gemäß § 11 Abs. 4 des Gesetzes in den Gemeindedienst übernommen
und sind jetzt Vertragsbedienstete der Gemeinden. Das ist ein Glück für sie, denn sie erhalten jetzt
eine wesentlich bessere Besoldung als vorher im Landesdienst. Das Land leistet den Gemeinden für
die Übernahme der Kinderwärterinnen einen finanziellen Zuschuß, der im Voranschlag mit 8,680.000
Schilling eingesetzt ist.
Große Sorgen bereitet uns im Kindergartenwesen die Personalfrage. Der Personalstand deckt nur
knapp den Bedarf. Es fehlt eine größere Personalreserve, und in gewissen Zeiten ist es sehr
schwierig, den Personalbedarf zu decken. Eine Übersicht über die Personallage ergibt folgendes Bild:
Es unterrichten beziehungsweise erziehen an geistlichen Kindergärten 148 Kräfte, an weltlichen
Kindergarten 384 diplomierte Kindergärtnerinnen. Diese 384 diplomierten Kindergärtnerinnen teilen
sich auf in 101 Vertragsbedienstete und 283 pragmatisierte Bedienstete. Dazu kommen noch zirka 50
bis 60 diplomierte Kindergärtnerinnen, so genannte Springerinnen.
Mit diesen kann der laufende Bedarf knapp gedeckt werden. Es ergeben sich aber Schwierigkeiten bei
Mutterschaftsurlauben und vor allem dann, wenn die Erntekindergärten - das ist die Zeit zwischen Mai
und Oktober eines jeden Jahres - in Betrieb genommen werden. In solchen Fällen muß, wenn die so
genannten Springerinnen nicht mehr reichen, auf Hilfskindergärtnerinnen zurückgegriffen werden, von
denen 20 bis 25 zur Verfügung stehen. Sie werden aus dem Kreis ehemaliger, nebenberuflich tätiger
Kindergärtnerinnen genommen, aus dem Kreis von Kinderwärterinnen und aus dem Kreis kurzfristig
Ausgebildeter. Der Dienstpostenplan hat erfreulicherweise auf den Bedarf von Kindergärtnerinnen
Rücksicht genommen. Wir finden im Dienstpostenplan, Voranschlag für das Jahr 1964, die Zahl 583,
in dem uns vorliegenden Voranschlag finden wir die Zahl 593; das heißt, daß die Zahl der
pragmatisierten Stellen um zehn erhöht wurde.
Wie sieht aber die Personallage wirklich aus? Ist es tatsächlich so, daß der Bedarf nur zeitweise
gedeckt werden kann? Derzeit sind 148 geistliche und 384 weltliche Kindergärtnerinnen, das ergibt
die Zahl 532; dazugerechnet die 60 Springerinnen und zirka 25 Hilfskindergärtnerinnen, macht 617.
Wenn ich dem die Anstalten gegenüberstelle: Wir besitzen 101 geistliche und 256 weltliche, macht
zusammen 357. Diese 357 Anstalten weisen zirka 570 Abteilungen auf. Wenn ich zu diesen 570
Abteilungen zirka 44 Erntekindergärten - wie dies im Vorjahr angegeben 'wurde - dazuzähle, haben
wir zirka 614 Abteilungen. Nun kann ich mir leicht ausrechnen, daß bei 617 Kräften und 614
Abteilungen in gewissen Zeiten, vor allem bei auftretenden Krankheitsfällen eine Knappheit eintreten
muß. Aus diesem Grund sind Förderungsmaßnahmen unerläßlich. In Niederösterreich bestehen nur
private Ausbildungsanstalten, nämlich Amstetten, Laxenburg und Preßbaum, denen jährlich zirka 50
ausgebildete Kindergärtnerinnen entlassen werden. Infolge bestehenden Personalbedarfes wurde im
Juli 1964 ein gemeinsamer Landtagsbeschluß gefaßt, in dem die Landesregierung aufgefordert
wurde, bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundesministerium für Unterricht, vorstellig zu
werden und dahin zu wirken, daß in Niederösterreich, um den Bedarf an Kindergärtnerinnen decken
zu können, sobald als möglich eine Bundesbildungsanstalt für Kindergärtnerinnen errichtet wird. Auf
das schreiben, das Landesamt beziehungsweise die Landesregierung an das Ministerium
weitergegeben ist auch schon ein Antwortschreiben mit Mitteilung eingelangt, daß gedacht wir wohl
die Bildungsanstalt für Kindegärtnerinnen als auch jene für Arbeitslehrerinnnen einer künftigen
pädagogischen Akademie anzuschließen. Die Förderungsmaßen sollen aber damit allein nicht erfüllt
sein. Es wäre notwendig, ähnlich wie bei Besuchern musisch-pädagogischen Anstalten das sind die
früheren Lehrerbildungsanstalten- finanzielle Förderungsmaßnahem geben. Das wäre eine
Maßnahme, die einsetzen könnte und auch schnell würde.
Sehr geehrte Damen und Herren! Niederösterreich war bisher in der Frage der Kindergärten
vorbildlich für alle Bundesländer. Von den gesamten Kindergärten Österreichs sind 40 Prozent in
Niederösterreich. Diese Entwicklung war zweifellos eine Folge der gesetzgeberischen Tätigkeit im
Land, eine Folge des großen Verständnisses der Gemeinden und der Bevölkerung Wir alle, glaube
ich, sind der Meinung dass die Kindergärten eine Notwendigkeit für die Bevölkerung sind. Ich kann
zusätzlich feststellen, daß sowohl Verständnis als auch Opferbereitschaft bei den Gemeinden und bei
der Bevölkerung vorhanden sind. Möge dass Land ebenso entsprechende Personalmaßnahmen und
Förderungsmaßnahen, ergreifen um den weiteren Aufbau zu der auftretenden
Personalschwierigkeiten Herr zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Wort gelangt Herr Abg. Buchinger.
Abg. BUCHINGER: Hohes sehr geehrten Damen und Herren! Vorerst darf ich noch zu den
Einwendungen des Herrn Abg. Graf bezüglich des Resolutionsantrages des Herrn Abg. Ludwig
feststellen, daß das richtig ist und in der Zwischenzeit geändert wurde. Es heißt also nicht „an das
Sozialministerium", sondern „an das Innenministerium", das richtigerweise zuständig ist.
In die Gruppe 4, Fürsorgewesen und Jugendhilfe, die wir zur Zeit behandeln, fällt auch die
Voranschlagspost Förderungsbeiträge für Fürsorge und Jugendverbände. Nachdem ich selbst aus
einem Jugendverband komme, möchte ich heute dazu kurz Stellung nehmen.
Die Budgetvoranschlagspost 469-63 sieht heuer gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung um 150.000
Schilling, also auf 450.500 Schilling vor. Es ist das für die Jugendverbände zweifellos sehr erfreulich.
Die Jugendverbände und Organisationen halben gerade in der heutigen Zeit eine große Aufgabe zu
erfüllen; werden doch gerade nach dem Austritt aus der Pflichtschule und beim Eintritt in das
Berufsleben die Bindungen an das Elternhaus lockerer. Wie oft haben wir es erlebt, daß gerade diese
Jugendlichen von der geraden Bahn abkommen. Die Zeit nach der Pflichtschule ist eine
Entwicklungszeit, die bestimmend ist für die spätere Einstellung zur Gesellschaft. Der junge Mensch
versucht, sich in diesem Zeitabschnitt ein Weltbild zu schaffen und formt seine Weltanschauung. Aber
gerade die negativen Umweltsfaktoren, im Besonderen die Freizeitindustrie, konzentrieren ihren
ganzen Einfluß auf den jungen Menschen. Der Jugendliche läuft Gefahr, zu verflachen, oder es greift
vielfach Desinteresse Platz. Eine solche Tendenz kann den Jugendlichen in eine Richtung drängen,
die unserer Gesellschaft alles eher als zuträglich ist. Hier haben gerade die Jugendorganisationen
einzugreifen und eine große und verantwortungsvolle Arbeit zu leisten. Ihre Aufgabe ist es,
Einrichtungen zu schlaffen, die positiv auf den jungen Menschen wirken sollen. Die
Jugendorganisationen aller Richtungen haben es sich zu einer ihrer vornehmsten Aufgabe gemacht,
die negativen Umweltseinflüsse, die den jungen Menschen bedrängen, mit allen nur möglichen Mitteln
zu bekämpfen.
Dazu sind aber auch viele, sehr viele Mittel erforderlich. Die Mittel, die der freien Jugendarbeit im
Allgemeinen zur Verfügung standen, waren bis vor kurzem sehr, sehr gering. Erst der
Bundesjugendplan, der vor einigen Jahren durch den damaligen Unterrichtsminister Dr. Drimmel und
den damaligen Finanzminister Dr. Klaus geschaffen wurde, gab den Jugendorganisationen eine bei
weitem bessere und notwendige materielle Grundlage. Dadurch konnten wenigstens im bescheidenen
Ausmaß neue Jugendheime und neue Jugendeinrichtungen geschaffen werden. In der heutigen Zeit
müssen auch die Jugendorganisationen den jungen Menschen etwas bieten können, um sie zu
gewinnen. Doch die 12 Millionen Schilling aus den Jugendplangeldern, aufgeteilt auf alle
Bundesländer und Jugendorganisationen, reichen nicht aus, um alle Wünsche zu befriedigen. Hier ist
es vor allem Aufgabe der Landtage - auch unseres -, zusätzliche Mittel für die außerschulische
Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Wir freuen uns sehr und ich glaube, mit mir alle
niederösterreichischen Jugendorganisationen, daß der Betrag dieser Voranschlagspost heuer doch
empfindlich und spürbar erhöht wurde. Wir hoffen, daß das nur ein Anfang ist und da13 wir Jahr für
Jahr für die Jugendarbeit mehr Mittel zur Verfügung stellen werden können. Abschließend möchte ich
von dieser Stelle aus das Wort für alle Jugendorganisationen und Jugendführer ergreifen. Ich glaube,
wir müssen den zahlreichen Jugendführern aller Organisationen, die im selbstlosen Einsatz in tausend
Stunden ihrer Freizeit sich der Jugend des Landes annehmen, um diese jungen Menschen zu
aufrechten Österreichern zu erziehen, von Seiten des Landtages herzlich Dank sagen. (Beifall bei der
ÖVP.)
ZWEITER PRÄSIDENT WEHRL: Zu Wort gelangt Herr Abg. Hubinger.
Abg. HUBINGER: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Abg. Graf hat über die Bedeutung
und Notwendigkeit des Kindergartens, seiner Einrichtungen, seiner Hilfe und Entlastung auf dem
flachen Land gesprochen. Das höchste Gut einer Familie, sei es in der Stadt oder auf dem Lande, ist
das Kind. Die Eltern gehen, soweit sie heute berufstätig sind, viel unbesorgter ihrer Beschäftigung und
ihrem Leibenserwerb nach, wenn sie ihr Kind in gute Obhut geben können. Die Kinder sind im
Kindergarten geborgen und es wird dort auch für die Elementarschule vorgearbeitet. Deshalb freut es
mich ganz besonders, daß die Ansatzpost für Kindergärten und Erntekindergärten im heurigen
Voranschlag eine Erhöhung von über acht Millionen Schilling erfahren hat. Im Vorjahr waren es
33,722.000 Schilling. Herr Kollege Graf hat hervorgehoben, wie viel Kindergärtnerinnen, aufgeteilt auf
weltliche und geistliche Schwestern, wir haben. Ich glaube aber, er hat etwas vergessen, denn wir
haben ja noch 61 Privatkindergärten. In diesen Privatkindergärten sind noch über 2600 Kinder
untergebracht. Es wurde auch das Kindergartengesetz vom Juli mit der Zahl 93/64 zitiert, dieses
Gesetz, mit dem die Kinderwärterinnen in den Gemeindedienst überstellt wurden und das Land somit
einen Betrag von 8,600.000 Schilling als Beitrag nach 5 11 lit. b übernommen hat. Es ist aber
gesetzlich noch ein Betrag festgelegt, nämlich erstmalig der Betrag von 2,650.000 Schilling als Beitrag
zur Förderung der Privatkindergärten gemäß § 32 des Kindergartengesetzes. Ich begrüße diese
Ansatzpost und auch die Initiative dieser Privatkindergärten auf das herzlichste, denn sie nehmen uns
eine Sorge ab. Es wurde im Voranschlag auch Vorsorge für Studienbeihilfen für die Ausbildung der
Kindergärtnerinnen getroffen. Das sind Förderungsbeiträge, gleich wie sie bei einem Studium an einer
Lehrerbildungsanstalt gegeben werden. Diese Beihilfen werden aber nur mit der Auflage gegeben,
fünf Jahre im Landesdienst zu bleiben. Und das ist oft der Grund des Mangels an Kindergärtnerinnen,
der Grund der Abwanderung aus diesem Beruf. Das Land kann aber nicht Beihilfen geben und die
Leute dann laufen lassen. Deshalb wurde diese Bestimmung gesetzt. Denken wir aber daran, wie oft
die Kindergärtnerinnen ohne Beihilfe ihr Studium vollziehen, dann abwandern in andere Berufe oder
von Privaten angeworben werden. Da wäre nun durch das Gesetz, das wir gemeinsam vom
Bundesministerium für Unterricht zur Errichtung einer Bildungsanstalt für Kinderwärterinnen gefordert
haben – auch für uns in Niederösterreich -, Vorsorge getroffen. Dadurch hoffen wir, dien Mangel an
Kindergärtnerinnen, besonders in den Erntekindergärten auf dem flachen Land, decken zu können.
Es ist auch erwähnt worden, daß der Dienstpostenplan erhöht worden sei. Es ist aber noch etwas
vorgesehen, das bis heute nicht verwirklicht wurde und sehr reiflich überlegt gehört. Es wurden
diesbezüglich schon Vorsprachen gepflogen. Es ist nämlich eine vollkommene Erfassung zur
Bekämpfung des Mangels an Kindergärtnerinnen derzeit nicht möglich, weil die im
niederösterreichischen Kindergartengesetz vorgesehenen Inspektorinnen noch nicht bestellt sind. Im
Dienstpostenplan sind acht vorgesehen. (Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz.) Meiner
bescheidenen Meinung nach und auch nach der Auffassung von Fachleuten wäre es von Vorteil,
wenn wir in Niederösterreich einmal vier, also in jedem Viertel eine, solche Inspektorinnen einsetzen
würden zur weiteren Schulung der Kindergärtnerinnen und um nach dem Rechten zu sehen, um das
Kindergartenwesen auf das Niveau zu bringen, das wir uns wünschen und das auch den
Einrichtungen und den Ausgaben des Landes gerecht wird. Ich hoffe somit, daß die Gelder, die für die
Kleinsten, für die Wertvollsten unserer Familien und unseres Landes von seiten des Landes
bereitgestellt werden, am zweckmäßigsten verwendet wurden und daß das auch in Zukunft der Fall
sein wird, denn das geschieht ja für unsere Jugend, für die Zukunft unseres Landes. Durch den
Kindergarten die nötige Vorbereitung für die Elementarschule durchzuführen, trägt zum erfolgreichen
weiteren Lebensweg des Kindes bei. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gelangt der Herr Abg. Laferl.
Abg. LAFERL: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Landtages!
Zusammenfassend kann man sagen, daß das Fürsorgewesen in Niederösterreich mustergültig und
vorbildlich ist. Allen daran Beteiligten muß von diesem Platz aus der Dank des Hohen Landtages
ausgesprochen werden. Unser Freund und Kollege, Bürgermeister Gerhartl, hat gestern sehr
eindrucksvoll und richtig die Aufgaben der Gemeinden geschildert. Er hat die Fülle ihrer Arbeit und
ihrer Verantwortung aufgezeigt. Seine Ausführungen könnte man noch lange ergänzen. Man kann
jedes Wort, das er hier gesagt hat, voll und ganz unterstreichen. Denn es ist wirklich viel, was die
Gemeinden heute zu leisten haben. Wenn früher ein oder zwei Briefe mit der Post gekommen sind
oder ein Akt oder sonst etwas zu erledigen war, so kommt heute die Post kiloweise auf den
Schreibtisch des Bürgermeisters. Die Arbeit wird immer noch mehr und mehr, und die Zahlungen, die
die Gemeinden zu leisten haben, nehmen ebenfalls zu.
Die Ausführungen des Kollegen Gerhartl waren sachlicher Natur, nicht so die des Herrn Graf von und
zu Gänserndorf (Heiterkeit bei der ÖVP), der es für notwendig befunden hat, die Tätigkeit des
Kontrollbeirates bei den Bezirksfürsorgeverbänden zu kritisieren.
Lieber Herr Kollege! Ich babe mich, obwohl ich spät nach Hause gekommen bin, noch der Arbeit
unterzogen und habe den Voranschlag sowie den Jahresabschluß des Kontrollbeirates beim
Bezirksfürsorgeverband Wiener Neustadt herausgenommen. Daß ich sie in meinem Besitz hatte, wird
man mir zubilligen, denn die Bezirkshauptmannschaft hat um 11 Uhr nachts nicht mehr offen. – Auch
hier wird eine mustergültige Arbeit geleistet. Durch den Kontrollbeirat gehen Millionen, wie mein
Freund Kollege Kienberger hier betont hat. Das große Fürsorgeheim in Wiener Neustadt ist eine
Leistung für das Viertel unterm Wienerwald und darüber hinaus für unser ganzes Heimatland
Niederösterreich, die sich sehen lassen kann.
Aber nicht nur diese Millionen, sondern auch die Millionen für den Ausbau des Altersheimes in
Gutenstein gehen durch den Kontrollbeirat des Bezirksfürsorgeverbandes, der mustergültig tätig ist.
Dabei ist der Bezirkshauptmann von Wiener Neustadt, Hofrat Dr. Ludwig Mohr, einer der
schlechtesten, einer der Verfemtesten, ja ich getraue mich sogar zu sagen, daß er einer von den
Aussätzigen ist, der schlechteste aller Bezirkshauptleute. (Abg. Mondl: Er ist ja schon in Pension!) Es
wurde den sozialistischen Bürgermeistern sogar verboten, mit, ihm zu verkehren, sie durften nicht
einmal das Haus betreten, sie durften auch nicht beim Abschied dabei sein.
Sehen Sie, meine lieben Freunde, hier in diesem Punkt irren Sie gewaltig. Die Landesorganisation
Niederösterreich der Sozialistischen Partei müßte Diesen Mann als Ehrenmitglied aufnehmen
(Heiterkeit bei der ÖVP), denn er ist vor einem Jahr schon draufgekommen, daß Olah der Feind
Nummer eins ist, und ihr seid jetzt erst draufgekommen! (Beifall bei der ÖVP.) Das wollte ich zu dem
noch sagen. (Abg. Graf: Herr Kollege, Sie meinen wahrscheinlich die Landesorganisation der ÖVP!)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wort gemeldet ist Herr Landesrat Wenger.
Landesrat WENGER: Meine Damen und Herren! Sowohl die Frau Abg. Körner als auch der Herr Abg.
Kienberger haben zum Problem Siechenheime gesprochen. Deren Notwendigkeit ist so unterstrichen
worden, daß kaum etwas dazu zu sagen ist.
Interessant für Sie, meine Damen und Herren, mag der Umstand sein, daß immer mehr Frauen
Aufnahme suchen und einer Aufnahme bedürfen als Männer. Ich erkläre mir das so, daß Männer nicht
so imstande sind, kranke, gebrechliche Frauen zu pflegen. Eine Frau behält den Mann solange zu
Hause, als es nur irgendwie möglich ist. Wenn aber die Frau erkrankt, so ist der Mann vielleicht kurze
Zeit guten Willens und bereit, die Frau zu pflegen, er ist dann aber einfach dazu nicht mehr in der
Lage. Daher der stärkere Anfall von Frauen, die wir unterbringen müssen.
Ich möchte aber nicht versäumen, den Fürsorgeverbänden noch einmal dafür zu danken, daß sie aus
ihren Mitteln 24,5 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt haben, um die Errichtung des
Fürsorgeheimes Wiener Neustadt zu ermöglichen - 24,5 Millionen Schilling, obwohl die Kundmachung
der niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Juli 1958 besagt, daß die niederösterreichischen
Landesfürsorgeheime vom Land Niederösterreich errichtet und erhalten werden. Aus diesem Grund ist
die Leistung der Bezirksfürsorgeverbände in Form der Erstellung der beiden nächsten Fürsorgeheime
besonders anzuerkennen. Hiefür gebührt den Fürsorgeverbänden Dank.
Herr Abg. Ludwig hat zum Fürsorgegesetz einen Antrag eingebracht. Der Antrag ist inzwischen in
Richtung Innenministerium korrigiert worden, Meiner Ansicht nach steht jedoch die Erstellung eines
neuen Fürsorgegesetzes dem Sozialministerium zu. Daß sich noch immer das Innenministerium damit
zu beschäftigen hat und nicht das Sozialministerium, ist nicht auf die sozialistische Einstellung und
auch nicht auf die ÖVP-Einstellung zurückzuführen, denn hier gehen die Meinungen quer durch die
Parteien. Ich hoffe nur, daß das neue Fürsorgegesetz, auch wenn hiefür das Innenministerium
zuständig ist, in absehbarer Zeit erstellt werden kann.
Herr Abg. Ludwig hat der Meinung Ausdruck gegeben, man müßte die Gemeinden bei den
Fürsorgeleistungen in der Form entlasten, daß die Umlage vergrößert wird und daß Leistungen direkt
bei den Fürsorgeverbänden zu beantragen und von ihnen durchzuführen sind. Ich muß sagen, daß
unsere Erfahrungen dem entgegenstehen. Wenn die Gemeinden nicht direkt belastet sind mit der
Verantwortung für das Beantragen einer fürsorgerischen Maßnahme, wenn es in den Topf des
Fürsorgeverbandes hineinkommt, dann werden die Gemeindeväter wahrscheinlich überhaupt nicht
überlegen, sondern sie werden einfach drauflos beantragen; sie werden dann höchstens überrascht
sein, wenn der Fürsorgeverband feststellen muß, daß er mit der Umlage nicht mehr auskommt.
Außerdem würden die großen Gemeinden dadurch weitaus Stänker belastet werden als die kleinen.
Man sollte also meiner Meinung nach die bisherige Übung beibehalten.
Die Notwendigkeit der Errichtung des Kinderheimes ist eben8alls klar zum Ausdruck gebracht worden.
Bei Kindern, die gefährdet, zum Teil aber auch bereits geschädigt sind, soll die Elternpflege ergänzt
und, wenn nötig, auch ersetzt werden. Die Frage, warum wir bis heute noch nicht an die Ausführung
des Vorhabens geschritten sind, obwohl wir bereits einen verhältnismäßig hohen Betrag liegen haben,
ist im Finanzausschuß besprochen worden.
Zuerst ist das Projekt an der Größe gescheitert. Die Mitglieder beider Klubs waren nämlich der
Meinung, daß man die Unterbringung von mehr als 600 Kindern nicht beibehalten sollte. Wir haben
diesen Wünschen Rechnung getragen und kommen nunmehr mit einem Projekt, das die
Unterbringung von 400 Kindern vorsieht. Ich glaube, die letzten Besprechungen werden eben
durchgeführt, so daß mit der Planausführung bald begonnen werden kann.
Herr Abg. Buchinger hat sich mit der Förderung der Jugend- und Sportverbände befaßt. Ich kann
seine Ausführungen dahingehend erweitern, daß nicht nur die Jugend-und Sportverbände, sondern
auch die Jugendherbergsorganisationen einer Förderung bedürfen. Diese Förderung wird ja vom Land
in ziemlich großem Ausmaß gewährt. Alle diese Organisationen bezwecken die Förderung der
Jugend. Wenn, wie schon der Herr Abgeordnete festgestellt hat, die Bindung zum Elternhaus nicht
mehr so innig ist, müssen andere Institutionen mit ihren Einrichtungen eingreifen, um die Jugend bis
zur Erreichung der Großjährigkeit weiterzuleiten.
Abschließend nehme ich das Pauschallob, das der Herr Abg. Laferl für das gesamte Fürsorgewesen
ausgesprochen hat, dankend zur Kenntnis. Herr Abgeordneter, ich nehme davon auch für mich ein
ganz kleines Quentchen in Anspruch, gebe es aber gerne an alle an der Fürsorgearbeit Beteiligten
weiter, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, daß jeder einzelne innerhalb des Landesdienstes bis zum
kleinsten Funktionär und Beamten seine volle Pflicht erfüllt. (Beifall im ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDDNT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft, der Herr Berichterstatter hat das
Schlußwort.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zur Abstimmung liegt die Gruppe 4, Fürsorgewesen und
Jugendhilfe, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag, vor. Ich bitte den Herrn Berichterstatter,
hiezu seinen Antrag zu stellen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Hohes Haus! Die Gruppe 4, Fürsorgewesen und Jugendhilfe,
sieht im ordentlichen Voranschlag Einnahmen von 117,810.300 Schilling vor, denen Ausgaben von
231,786.700 Schilling gegenüberstehen. Im außerordentlichen Voranschlag, Vollziehungsstufe I, sieht
die Gruppe 4 Ausgaben von 14,795.000 Schilling und in der Vollziehungsstufe II 950.000 Schilling vor.
Ich ersuche den Herrn Präsidenten, die Abstimmung über die Gruppe 4 vorzunehmen.
DRITTER PRÄSIDENT REITER (nach Abstimmung über die Gruppe 4, Fürsorgewesen und
Jugendhilfe, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag in Erfordernis und Bedeckung):
Angenommen.
Ich bitte den Herrn Berichterstatter um Verlesung des Resolutionsantrages des Abgeordneten Ludwig.
(Geschieht.)
(Resolutionsantrag des Abg. Ludwig, betreffend gesetzgeberische Maßnahmen des Bundes zur
Beseitigung der unbefriedigenden Rechtslage auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge:)
Angenommen.
Bevor ich in die Beratungen über die Gruppe 5 des Voranschlages eingehe, ersuche ich den Herrn
Berichterstatter, den im Finanzausschuß zur Gruppe 3 beschlossenen Antrag, betreffend
Kulturgroschengesetz, zu verlesen.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Antrag des Finanzausschusses zur Gruppe 3 des ordentlichen
Voranschlages für das Jahr 1965, Ltg. Zl. 12. Die Landesregierung wird beauftragt, beim
Bundesministerium für Finanzen vorstellig zu werden und dahin zu wirken, daß im Rahmen des
Finanzausgleiches dem Land Niederösterreich der durch das Außerkrafttreten des
Kulturgroschengesetzes entstandene Einnahmenentfall von 3,5 Millionen Schilling aus Bundesmitteln
ersetzt wird.
DRITTER PRÄSIIDENT REITER (nach Abstimmung über den Antrag des FinanzausSchusses,
betreffend den Ersatz des durch das Außerkrafttreten des Kulturgroschengesetzes entstandenen
Einnahmenentfalles): Ange
nommen.
Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Anzenberger zur Gruppe 5, Gesundheitswesen und
körperliche Ertüchtigung, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag, zu berichten.
Berichtenstatter Abgeordneter ANZENBERGER: Hohes Haus! Die Gruppe 5, Gesundheitswesen und
körperliche Ertüchtigung, weist ordentliche Ausgaben in der Höhe
Von
S 158,336.000
aus, denen Einnahmen in Höhe
von
S 106,512.100
gegenüberstehen, so daß das
Nettoerfordernis
S 51,823.900
beträgt.
In dieser Gruppe werden die Gebarungsvorgänge für Gesundheitspflege, Einrichtungen des
Gesundheitswesens, körperliche Ertüchtigung und Jugendförderung verrechnet.
Ein Vergleich mit dem Gesamtaufwand des ordentlichen Voranschlages ergibt, daß die Ausgaben
dieser Gruppe 8,3 Prozent gegenüber 7,8 Prozent im Vorjahr betragen.
Die Mehrausgaben von rund 19,l Millionen Schilling betreffen mit einem Betrag von sieben Millionen
Schilling den Personalaufwand. Aus dem außerordentlichen Teil des Voranschlages wurden
Voranschlagsansätze in der Gesamthöhe von zwei Millionen Schilling übernommen. Um fünf Millionen
Schilling wurden die Beiträge zur Deckung der Betriebsabgänge des Vorjahres der öffentlichen
Krankenanstalten Niederösterreichs höher angesetzt und um 4,3 Millionen Schilling erhöht sich der
Sachaufwand der in der Gruppe 5 veranschlagten Landesanstalten.
Diesen Mehrausgaben stehen Mehreinnahmen von rund 10,3 Millionen Schilling gegenüber. Sie sind
auf den höher präliminierten Beitrag des Bundes und des niederösterreichischen
Krankenanstaltensprengels zu den Betriebsabgängen der Landeskrankenanstalten mit einem Betrag
von 1,2 Millionen Schilling und mit dem restlichen Betrag auf die höheren Einnahmen der
Landeskrankensowie Heil- und Pflegeanstalten zurückzuführen.
Die außerordentlichen Ausgaben der Gruppe 5 sind in der Vollziehungsstufe I mit 21,650.000
Schilling, in der Vollziehungsstufe II mit 3,050.000 Schilling veranschlagt. Ich bitte den Herrn
Präsidenten, die Debatte einzuleiten.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum .Wort ist Herr Abg. Czidlik gemeldet.
Abg. CZIDLIK: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Schon unsere humanitären Verpflichtungen
verlangen von uns eine besonders gewissenhafte Behandlung der Gruppe 5, Gesundheitswesen. Die
heutige Gesellschaft, die sich unter Heranziehung aller Arbeitsfähigen zum Wohle unserer gesamten
Bevölkerung bemüht, das Sozialprodukt jedes Jahr so weitgehend wie möglich zu steigern, macht das
Gesundheitswesen über die humanitäre Bedeutung hinaus zu einem wirtschaftlichen Faktor. Der
Arbeitskraftmangel lässt es nicht gleichgültig erscheinen, ob unsere erkrankten Menschen durch einen
mäßigen oder einen hervorragenden Gesundheitsdienst den Heilprozeß, dem sie sich unterwerfen
müssen, in einer längeren oder wesentlich kürzeren Zeit abschließen können. Nicht nur die Humanität
gebietet uns, durch Einsatz aller Möglichkeiten einen möglichst kurzen Heilprozeß der erkrankten
Menschen zu erreichen, sondern auch die Millionen Arbeitsstunden, die dem Einzelwohl des
Erkrankten, aber auch dem Gesamtwohl des Volkes dienen könnten, müssen dabei in Erwägung
gezogen werden. Wenn man daher die Berichte der Referate, die dem Referenten des
Gesundheitswesens, Herrn Landesrat Wenger, unterstehen, kritisch prüft, dann kann man feststellen,
daß. in dieser Hinsicht auch im Jahre 1964 Ersprießliches geleistet wurde.
Aus vorliegenden Statistiken ist zu ersehen, daß im Berichtsjahr bei allen Infektionskrankheiten ein
deutlicher Rückgang zu verzeichnen war, so beispielsweise bei Scharlach von 1962 auf 1964 von
1762 Erkrankungen auf 1633, bei Diphtherie vom Jahre 1960 auf 1964 von 254 Erkrankungen auf 40.
Besonders auffällig ist der Rückgang bei Erkrankungen an Keuchhusten, und zwar voim Jahre 1963
auf 1964 von 1795 Erkrankungen auf 381. Bei Typhus ist vom Jahre 1960 auf 1964 ein Rückgang von
79 Erkrankungen auf 28 zu verzeichnen, bei Paratyphus von 1960 auf 1964 von 164 Erkrankungen
auf 50, bei Poliomyelitis vom Jahre 1960 auf 1964 von 73 auf 0, also gerade bei der so gefürchteten
Kinderlähmung ist ein großer Erfolg feststellbar. Weiters war bei der infektiösen Gelbsucht von 1963
auf 1964 ein Rückgang der Erkrankungen von 4246 auf 2859 zu verzeichnen. Lediglich bei der
Tularämie, einer Krankheit, die von Hasen und sonstigen Nagetieren übertragen wird, ist im südlichen
Niederösterreich und im Raume von St. Pölten ein geringer Anstieg von Erkrankungen eingetreten,
ebenso ein gehäuftes Auftreten der Frühsommer-Enzephalitis; da diese Erkrankungen nicht der
ärztlichen Anzeigepflicht unterworfen sind, kann auch eine zahlenmäßige übersicht nicht gegeben
werden. Die Entwicklung der Tetanuserkrankungen veranlaßt die Sanitätsabteilung, für 1965 eine
Schutzimpfungsaktion vorzusehen. Der Bericht der Landessanitätsabteilung ist derart umfangreich
und zeigt eine solche Fülle von zugewiesenen Arbeitsgebieten, daß man im Rahmen der Behandlung
hier im Hause darauf nicht näher eingehen kann. Es sei nur auf einige wenige Gebiete, die die
Sanitätsabteilung zu bewältigen hat, hingewiesen: Lebensmitteluntersuchung, Rauschgiftsüchtigkeit,
Strahlenschutz, Schutz des Menschen im Betrieb vor Unfällen und gesundheitlichen Gefahren,
Gefahren, die durch Industrie, Kleingewerbe und Verkehr verursacht werden, Lärmentwicklung,
Luftverunreinigung,
Vorbeugungsmaßnahmen gegen infektiöse Krankheiten und Seuchen, sowie die Sanitären Belange
der Wasserversorgung. Ich habe hier unter anderem auch die Lärmentwicklung genannt und möchte
an Hand eines Beispieles den Herrn Sanitätsdirektor aufmerksam machen, daß er jetzt ein sehr
interessantes Arbeitsgebiet dazu erhalten könnte. Es ist sicher noch in Erinnerung, daß allgemein die
Errichtung des kalorischen Kraftwerkes im Raume Neunkirchen – zwischen Neunkirchen und
Peisching – begrüßt wurde. Vor Inbetriebnahme dieses Werkes mußte tagelang eine sehr drastische
Lärmentwicklung festgestellt werden und die Bevölkerung wurde damit vertröstet, daß diese
Lärmbelästigung nur vorübergehend ist. Nun stellte sich aber heraus, daß es immer wieder besonders in der Nacht - zu einer Lärmentwicklung kommt, die tausende Menschen des Schlafes
beraubt. Stellen Sie sich vor, Sie hätten vor Ihrem Schlafzimmerfenster eine Lokomotive stehen, die in
kurzen Zeitabständen immer wieder Dampf abläßt, oder einen schweren Lastkraftwagen, der mit
laufendem Motor die ganze Nacht dort verbleibt beziehungsweise Sie hätten Ihr Schlafzimmer am
Rande eines Flugfeldes und es würden dort in kurzen Abständen Düsengeschwader starten. Ich bin
kein Techniker und kann daher nicht beurteilen, ob diese Geräusche vermeidbar wären, aber ich kann
mir nicht vorstellen, daß es ausgerechnet in den Nachtstunden zu dieser Lärmentwicklung kommen
muß und daß tausende Menschen und vor allem Kleinkinder aus dem Schlaf gerissen werden. Ich
würde daher den Herrn Sanitätsdirektor um Untersuchung dieser Vorkommnisse bitten. Er könnte
damit auch den Beweis erbringen, daß man auf diesem Gebiete nicht nur gegen private Unternehmer
und Gewerbetreibende vorgeht, sondern daß man mit gutem Beispiel bei einer Landesgesellschaft
beginnt.
Ich möchte auch darauf verweisen, daß die Sanitätsabteilung im Jahre 1964 besonders Ersprießliches
geleistet hat. Sie hat veranlaßt, daß bei einer Reihe von Krankenhäusern Hubschrauberlandeplätze
zum Transport von Schwerverletzten angelegt werden. Weiters hat die Sanitätsabteilung mit dem
Sanitätsrat Richtlinien über technisch-medizinische Einrichtungen, die betriebsfunktionelle Gestaltung
der Krankenanstalten, für Bettendstationen, Frühgeburten-Abteilungen, Intensiv-Pflegestationen,
Fürsorgeheime und medizinisch-chemische Labors erarbeitet und den Referaten zur Verfügung
gestellt. Zur Frage der Bettenraumnot sei festgestellt, dass derzeit zirka 7000 Betten in
Krankenanstalten und rund 5000 Betten in Spezialanstalten zur Verfügung stehen. Mit dieser Zahl
liegt Niederösterreich leider unter dem europäischen Durchschnitt und selbstverständlich wesentlich
unter dem internationalen Standard. Es ist kein Ruhmesblatt, wenn der Europarat einem
Sachverständigen der Sanitätsabteilung ein Stipendium zum praktischen Studium bestimmter
Gesundheitsprobleme anbietet, die dieser erst nach Überwinden größter inneramtlicher
Schwierigkeiten und auch dann nur in gekürzter Form annehmen kann, obwohl dem Lande dadurch
keinerlei Schaden erwachsen ist, da die Mehrausgaben vom Stipendiaten bezahlt wurden und dieser
außerdem einen wesentlichen Teil der Studienreise mit seinem Urlaub abzudecken bereit war.
Das Landesamt VII/3 ist insbesondere mit den Angelegenheiten der Krankenanstalten beschäftigt. Es
hat sich hoheitsrechtlich mit der Errichtung und Inbetriebnahme von öffentlichen und privaten
Krankenanstalten zu befassen, es hat die Verfahren zur Genehmigung beziehungsweise Änderung
von Anstaltsordnungen durchzuführen, es hat den sehr komplexen Sektor der Anstaltsärzte zu
bearbeiten, insbesondere aber obliegt ihm die wirtschaftliche Aufsicht der öffentlichen
Krankenanstalten, darunter auch der Landesanstalten. Der Bericht des Referates enthält
umfangreiche Details, im Wesentlichen aber sind diese Angaben im vorliegenden Voranschlag
verarbeitet, und zwar im ordentlichen in Globalsummen und im außerordentlichen in, den
Vollziehungsstufen I und II auch in Detailbeträgen. Darüber hinaus muß das Referat hoheitsverwaltlich
auch in jenen Gebieten tätig werden, mit denen sich die Sanitätsabteilung zu beschäftigen hat.
Weiters zeigt die Besetzungsmöglichkeit der in den Krankenhäusern vorhandenen Ärzteplanstellen
eine wesentliche Besserung, jedoch muß festgestellt werden, daß die Not an ausgebildetem
Krankenpflegepersonal, insbesondere an Schwestern, immer noch anhält.
Bereits bei der Behandlung des Voranschlages 1964 war Gelegenheit, darauf zu verweisen, daß in
den 21 Gemeindekrankenhäusern plus Krankenhaus Mistelbach und Grimmenstein zirka 88 Prozent
und in den zwei Landeskrankenhäusern zirka 12 Prozent der Krankenhauspflegebedürftigen
Aufnahme finden. Damit dürfte eindeutig bewiesen sein, daß die Bedeutung der
Gemeindekrankenhäuser eine sehr wesentliche ist, es dürfte aber auch dadurch nicht erwiesen sein,
daß es sich hier um Gemeindekrankenhäuser handelt und dadurch den Gemeinden auf Dauer die
Verpflichtung erwächst - die ja nicht einmal jetzt berechtigt ist - 31,25 Prozent des durch die Führung
dieser Anstalten entstehenden Abganges zu tragen, denn der Anteil der Gemeindebürger an der
Gesamtzahl der Patienten beträgt nur ungefähr 15 Prozent. Es muß daher zwangsläufig davon die
Rede sein, daß es eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig ist, wenn man 21 Gemeinden
zwingt, an den von ihnen zu erhaltenden Bezirkskrankenhäusern langsam – in manchen Fällen jedoch
bereits sehr rasch - zu verbluten!
Der Gesamtaufwand für die Krankenhäuser inklusive der zwei Landeskrankenhäuser beträgt laut
Voranschlag 403,908.444 Schilling. Im Vergleich dazu der Voranschlag 1964 361,763.000 Schilling.
Das ist eine Erhöhung des Aufwandes um rund 42 Millionen Schilling. Der Abgang dieser Anstalten
betrug laut Voranschlag 1964 106,690.050 Schilling und laut Voranschlag 1965 126,758.800 Schilling.
Der Gesamtabgang steigt daher von 1964 auf 1965 um 20 Millionen.
Dazu noch ein Vergleich für den Zeitraum der letzten zehn Jahre. Der Gesamtabgang der genannten
Krankenhäuser betrug 1955 laut Voranschlag zirka 20 Millionen Schilling, und 1965 beträgt er laut
Voranschlag rund 127 Millionen. Also eine Steigerung innerhalb von zehn Jahren um gute 600
Prozent. Und 31,25 Prozent dieses Aufwandes müssen 21 Gemeinden zwangsweise tragen! Daran
gehen diese Gemeinden zugrunde - in verschiedenem Tempo, aber sicher, je nach den
Steuereinnahmen pro Kopf. Diese bewegen sich in den betroffenen Gemeinden zwischen 550 und
1200 Schilling, während sich die Pro-Kopf-Belastung durch den Krankenhausabgang zwischen 53 und
341 Schilling bewegt. Hier spielt auch die Größe eines Krankenhauses eine Rolle. Es ist nämlich nicht
so, daß jene Gemeinde mit der größten Steuerkopfquote auch die größte Belastungsquote durch den
Abgang des Krankenhauses hat, sondern das hängt sehr weitgehend von der Größe des
Krankenhauses ab, und jene Gemeinden mit den mittleren Steuereinnahmen pro Kopf haben die
relativ höchsten Kopfquotenbelastungen durch den Abgang.
Aber alle Anstrengungen die ganzen Jahre hindurch, den maßgeblichen Stellen des Bundes diese
Tatsachen von dem Zugrundegehen der Krankenhauserhaltenden Gemeinden oder des
Krankenhausbetriebes begreiflich zu machen, haben zu nichts geführt. Es wurde also absichtlich
übersehen, die Anstrengungen waren vergeblich. Es möge sich daher niemand wundern, wenn
beispielsweise das Krankenhaus Mistelbach, das seit längerer Zeit keinen Rechtsträger hat, nur mehr
durch bedeutende, versteckt gegebene Millionenbeträge seitens des Landes seinen Betrieb
aufrechterhalten kann. Ich schätze auf Grund meiner Kenntnis über die Höhe der Finanzgebarungen
in Häusern von der Größe des Krankenhauses Mistelbach, daß bereits mindestens zehn Millionen in
irgendeiner Form gegeben werden mußten, damit es überhaupt noch den Betrieb aufrechterhalten
kann. Eine Reihe von Krankenhauserhaltenden Gemeinden kann seit Jahren keine besonderen
Vorhaben durchführen, weil die im Voranschlag dafür vorgesehenen Beträge jeweils zur Abdeckung
der Betriebsabgänge der Krankenhäuser verwendet werden mußten. Es ist unfaßbar, daß diese
Ungeheuerlichkeit von den Betroffenen zwar immer wieder aufgezeigt, von den zuständigen Stellen
aber übersehen wird! J a selbst die Presse, die sich soviel auf ihre meinungsbildende Tätigkeit
einbildet, übersieht in der Regel diese aufregenden Tatsachen, und wenn beispielsweise Herr
Vizebürgermeister Slavik in einer Zeitung auf diese Tatsachen eingeht - er ist der Obmann des
Spitalerhalterverbandes – und Abhilfe verlangt, dann kann man in einer anderen Zeitung höchstens
eine kurze Notiz finden, daß es sich um einen Hilferuf gehandelt hat.
Es soll nunmehr im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen eine erträgliche Lösung in Aussicht
genommen sein. Dies ist der letzte Hoffnungsstrahl für die Krankenhauserhaltenden Gemeinden. Oder
ist es denn wirklich so, daß unbedingt notwendige Lösungen nur durch Streiks und Krawalle
erzwungen werden können? Wenn es aber unbedingt zu solchen Dingen kommen müßte, dann
mache man später nicht die Gemeinden, die verpflichtet sind, dieses Los zu tragen, dafür
verantwortlich!
Es muß daher nicht nur der zuständige Referent, Herr Landesrat Wenger, dringlichst ersucht werden,
sondern das Ersuchen geht an die gesamte Landesregierung, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um
den Bund dazu zu bewegen, eine 'brauchbare Lösung dieses Problems zu bewerkstelligen. Ich weiß
natürlich - ich möchte das vorwegnehmen -, es gibt hier bei maßgeblichen Leuten, die sich mit diesen
Dingen zu beschäftigen haben, Meinungen, die auch fallweise ausgesprochen werden, in der
Richtung, es möge doch die Krankenversicherung, die Krankenkasse, dieses Problem lösen. Ich
möchte hier eindeutig folgendes feststellen: Es wird immer wieder für die Familienpolitik eingetreten.
Darf ich Ihnen an Hand der Leistungsänderungen der Gebietskrankenkasse zeigen, daß diese Kasse
seit langem über die statutenmäßigen Leistungen hinaus zu einer echten Familienpolitik sehr
wesentlich beiträgt.
Die Leistungen der Krankenkasse an Pflegegebühren für die Versicherten und die
Familienangehörigen einst und jetzt. Bis zum Jahre 1939: für die versicherten Arbeiter
Anspruchsdauer - das bezieht sich alles auf Krankenhausaufenthalt - vier Wochen, für die
Familienangehörigen der Arbeiter überhaupt kein Anspruch; für die versicherten Angestellten
Anspruchsdauer sechs Wochen, für die Familienangehörigen Anspruch auf die Hälfte der
Pflegegebühren durch sechs Wochen. Heute: Gleichmaßiger Anspruch für Arbeiter und Angestellte,
für die Versicherten selbst bis zur Dauer von 52 Wochen und für die Familienangehörigen bis zur
Dauer von 26 Wochen.
Ausweitung des anspruchsberechtigten Personkreises: Vor dem Jahre 1939 hatten Rentner,
Pensionisten und Kriegshinterbliebene bei der Krankenkasse keinen Anspruch auf Bezahlung von
Pflegegebühren. Seit dem 1. Jänner 1940, insbesondere aber seit dem Inkrafttreten des ASVG mit 1.
Jänner 1956, haben Rentner, Pensionisten und deren anspruchsberechtigte Familienangehörige
Anspruch auf 26 Wochen Spitalspflege, desgleichen Kriegshinterbliebene, sofern sie hauptversichert
sind. Kriegshinterbliebene, die nur zusatzversichert sind, haben Anspruch auf 13 Wochen
Spitalspflege.
Ich beschränke mich, um die Verhandlung nicht ungebührlich in die Länge zu ziehen, nur auf die
wenigen Dinge, die ich bekannt gegeben habe, soweit sie die finanziellen Probleme der
Krankenhäuser betreffen. Wenn Sie sich das sachlich überlegen, müssen Sie doch zugeben, daß die
Gebietskrankenkasse auf breiter Basis Familienpolitik betreibt. Massive Forderungen, daß die Kassen
das Problem lösen sollen, würden bedeuten, dass sich die Gebietskrankenkasse auf die
ursprünglichen satzungsmäßigen Leistungen zurückziehen müßte und in der Sache Familienpolitik
rückläufig arbeiten würde, womit natürlich - darauf komme ich aber noch an einer anderen Stelle zu
sprechen - das Problem auf keinen Fall gelöst wäre.
Wenn ich auch mit verschiedenen Punkten, die der Herr Finanzreferent in seinem Einführungsreferat
gebracht hat, nicht einverstanden bin, so möchte ich doch ausdrücklich sagen, daß ich ihm in einem
Punkt absolut beipflichte, nämlich darin, daß sich der Bund hinsichtlich seiner Leistungen bei
Realisierung des Krankenanstaltengesetzes im Jahre 1957 sehr niedrig eingeschätzt und
entsprechend niedrig verpflichtet hat. Ich möchte den Herrn Finanzreferenten und das Hohe Haus
auch daran erinnern, daß der Bund vergessen hat - nach den Spielregeln des alten
Krankenanstaltengesetzes -, die Dreiachteldeckung zu übernehmen. Der Bund hat die Gemeinden,
die Krankenhäuser in der Zeit von 1945 bis 1957 erhalten mußten, überhaupt im Stich gelassen und
sie hierdurch aufs schwerste belastet. Das Spiel, das geraume Zeit betrieben wurde - und das auch
bekannt ist -, ist auf keinen Fall zielführend. Es besteht heute die einmütige Meinung, dass der Bund
zuerst eingreifen und eine bestimmte Leistung auf sich nehmen muß; dann wird man den Herrn
Landesfinanzreferenten und vielleicht auch die Gebietskrankenkassen davon überzeugen können,
daß sie zu gewissen Begradigungen, die man in ihren Leistungen nach oben hin zu verlangen hat,
nicht nein sagen können. (Präsident Weiß übernimmt den Vorsitz.)
Ich möchte jedoch Objektiverweise dem Hohen Haus bekanntgeben, daß die schwerringenden
Gemeinden, die als Krankenhauserhalter fast Zugrundegehen, seit neuestem einen Verbündeten
erhalten haben. Die Ärztekammer Niederösterreich hat nach langen Jahren erstmalig eine
Stellungnahme in Form eines drei Seiten langen Exposes bezogen. Man kann, um sich dem
Sprachgebrauch der Ärzte anzupassen, von einer Darstellung der Grundlagen, die zu einer
Diagnosestellung führen, und der Begründung der Diagnose sprechen. Ich möchte daraus nur einen
Satz verlesen, weil dieser absolut Gültigkeit hat. Es heißt da mit Bezug auf die Krankenhäuser:
,,Einsparungen sind ohne eine allfällige Gefährdung der Patienten nicht mehr möglich, weil
Sparmaßnahmen allgemein schon seit langem im Hinblick auf die triste finanzielle Situation
durchgeführt werden." Auf der dritten Seite heißt es: „Das ist also bei Ärzten üblich. Es wird neben der
Diagnose auch eine Heilbehandlung und eine Therapie vorgeschlagen.'' Ich möchte bei dieser
Heilbehandlungstherapie auf zwei Dinge eingehen, weil ich der Meinung bin, daß Zehntausende
arbeitender Menschen, wenn sie nur ihren Hausverstand haben und keine medizinischen Kenntnisse
für sich in Anspruch nehmen, damit nicht einverstanden sein können. Es heißt hier beispielsweise:
,,Erhöhung der Beitragsleistung des Bundes." Dann geht es aber weiter: ,,Eine wesentliche
Verringerung der Nachlässe an die Sozialversicherungsträger, allenfalls deren gesetzliche Regelung."
Dann heißt es weiter: ,,Darüber hinaus ist die Ärztekammer der Ansicht, daß den Spitalserhaltern das
Recht zugesichert sein müßte, vom Sozialversicherten Patienten Zuzahlungen zum Tagessatz
einzuheben. Es ist weder verständlich noch vertretbar, daß der Sozialversicherte Patient im
Krankenhaus freie Station hat."
Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Die 21 Patienten - wenn ich mich so ausdrücken darf -,
deren Krankheit in schweren finanziellen Sorgen besteht, stehen wenigstens unter Kontrolle, und es
kann aus dieser Situation heraus doch die Hoffnung berechtigt sein, daß sie auch kuriert werden
können. Was also seitens der Ärzte vorgeschlagen wird, würde bedeuten, daß der bestehende Virus
von 21 Patienten hinausgetragen werden soll auf zehntausende Menschen, und diese Erkrankungen
könnten dann nicht mehr unter Kontrolle gehalten werden. Was daraus entstünde, kann nicht
vorausgesehen werden. Das darf man aber den Ärzten nicht verübeln, denn sie haben sich in der
Vergangenheit in der Hauptsache mit ihren eigenen finanziellen Problemen beschäftigt und hatten
keine Zeit, sich um die finanziellen Probleme der öffentlichen Hand zu kümmern. Wir wollen also
tolerant sein und sagen, sie können darin keine Übung haben. Das ist jedenfalls nicht der Weg, der
beschritten werden kann und wird. Ich möchte jedoch Objektiverweise zugeben, daß wir uns
nichtsdestoweniger freuen, daß auch die Ärztekammer und die durch sie vertretenen Ärzte erstmals in
diese Problemstellung eintreten und daß gewisse Gedanken in ihrer Stellungnahme enthalten sind,
über die man wird reden können.
Abschließend möchte ich noch folgendes sagen: Bei Behandlung des Voranschlages 1964 konnte ich
bereits darauf verweisen, dass es in Zukunft möglich sein wird, bei Errichtung oder Ausbau von
Krankenhäusern gewisse Einsparungen zu treffen oder Fehlinvestitionen zu vermeiden, nur glaube
ich, müßte dann eine bestimmte Programmierung einsetzen. Es müßte also eine Mindeststruktur für
alle bestehenden Krankenhäuser festgelegt werden, um sozusagen in einer Vollzugsstufe I die
Voraussetzungen für diese Mindeststruktur zu erfüllen. Es müßte darüber hinaus festgestellt werden,
welche der bestehenden Krankenhäuser zu Schwerpunktkrankenhäusern ausgebaut werden sollen,
und dann in einer Vollzugsstufe II oder, falls es die finanzielle Situation erlaubt, nebeneinander auch in
dieser Richtung vorgedrungen werden. Ich glaube nur, daß es der Sanitätsrat, der
Gesundheitsausschuß des Hohen Hauses, unter Koordinierung des Gesundheitsreferenten, sein
müßte, der in dieser Angelegenheit weitgehend fruchtbar arbeiten könnte; doch müßte der Sanitätsrat
meiner Meinung nach eine andere Zusammensetzung haben. Keine politische, meine Herren! Wenn
man sich mit der Literatur aller dieser Probleme beschäftigt, findet man auch bestätigt, daß es hier so
viele Probleme zu lösen gibt, die ausschließlich von Ämter nicht gelöst werden können. Es sind
gewisse Fachexperten notwendig, die zur Lösung beitragen müssen. Ich hoffe also sehr, daß auch in
dieser Richtung im heurigen Jahr ein Beginnen möglich ist, und erlaube mir, abschließend im Sinne
meiner Ausführungen einen Resolutionsantrag zu stellen, der lautet (liest):
„Die Landesregierung wird aufgefordert, bei den Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich mit
allem Nachdruck bei der Bundesregierung dahin zu wirken, daß die Spitalserhaltenden Gemeinden im
neuen Finanzausgleich für die ihnen aus der Erhaltung und dem Betrieb der allgemeinen öffentlichen
Krankenanstalten erwachsenden finanziellen Belastungen entsprechend berücksichtigt werden." Ich
bitte um Annahme des Antrages. (Beifall bei der SPÖ.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Präsident Reiter.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Hoher Landtag! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein
Vorredner, der Herr Abgeordnete Czidlik, hat darauf hingewiesen, dass sich die Abgeordneten beider
Parteien schon seit Jahren mit dem Problem der Krankenanstalten beschäftigen. Er hat selbst namens
seiner Fraktion neuerdings auf die großen Schwierigkeiten, die sich bei diesem Fragenkomplex
ergeben, hingewiesen. Ich möchte hier feststellen, daß das Problem der Krankenanstalten keine
Frage der politischen Parteien dieses Hauses ist, sondern, daß es ein echtes Problem des Landes,
der Gemeinden und der Bevölkerung dieses Landes ist und daher beide Parteien in der
grundsätzlichen Auffassung, daß dieser Zustand geändert werden müsse, klarer Meinung sind. Der
Herr Abg. Czidlik hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, denen man ohne weiteres zustimmen kann.
Ich glaube aber, daß eine ganze Reihe von wirklich tiefgehenden Problemen um diesen
Fragenkomplex nicht aufgegriffen wurde. Ich möchte daher in einer ausgesprochen sachlichen Art als
nicht Spitalserhaltender Bürgermeister zu dieser Frage Stellung nehmen und meine Stellungnahme in
zwei Gruppen gliedern.
Zunächst einmal möchte ich die Frage der Krankenanstalten selbst noch einmal mit ihren ganzen
Problemen aufzeigen und dann versuchen, einige Vorschläge, einige Lösungsvorschlage, die mir
wichtig erscheinen, machen; daß wir also nicht immer über den untragbaren Zustand reden, sondern
daß wir auch Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Ich möchte aber jetzt schon darum bitten, mich bei
diesen Lösungsvorschlägen beziehungsweise bei der Problemstellung nicht mißzuverstehen. Ich
werde also im großen Umfange nichts anderes fordern und aufzeigen, als was schon wiederholt in
diesem Hause geschehen ist.
Herr Abg. Czidlik hat schon Zahlen über die Betriebsalbgänge in den Spitälern gebracht. Ich möchte
diese Zahlen wiederholen, aber doch sagen, daß auch die Landesspitäler Niederösterreichs
Betriebsabgänge haben, und zwar haben sich diese Betriebsabgänge vom Jahre 1956 mit 14,768.000
Schilling auf 35,903.000 Schilling im Jahre 1963 erhöht und werden laut Voranschlag 1965
voraussichtlich 31,736.000 Schilling ausmachen. Darüber hinaus haben zu den Betriebsabgängen die
zum Krankenanstaltensprengel gehörenden Gemeinden einen Beitrag zu leisten. Die Entwicklung
dieses Beitrages geht ebenfalls in gleicher Richtung. Im Jahre 1956 waren es 5,875.000 Schilling und
laut Voranschlag für das Jahr 1965 wenden es voraussichtlich 28,863.000 Schilling sein. Ich darf dazu
bemerken, daß der Krankenanstaltensprengel 21 Prozent des Betriebsabganges der
Landeskrankenanstalten, das sind also die Anstalten in Mödling, Tulln, Gugging und Mauer-Öhling,
trägt. Der Beitrag der Spitalserhaltenden Gemeinden zum Betriebsabgang betrug 1956 4,115.000
Schilling. Er wird laut Voranschlag 1965 voraussichtlich 33,034.000 Schilling ausmachen. Ich darf
dabei darauf hinweisen, daß ja die Rechtsträger der Krankenanstalten den Errichtungs- und
Erhaltungsaufwand selbst zu tragen haben. Das Land aber stellt im Voranschlag, im Budget, hiezu
Mittel zur Verfügung. Diese Mittel haben im außerordentlichen Voranschlag bei der Post 519-90,
einmalige Beiträge zum Ausbau der öffentlichen Krankenanstalten in Niederösterreich, seit dem Jahre
1956 bis 1963 die ansehnliche Höhe von 37,326.000 Schilling erreicht. Im ordentlichen Voranschlag
bei Post 519-61 leistet das Land Beiträge zum Zinsen- und Tilgungsdienst für die von den
Spitalserhaltenden Gemeinden aufgenommenen Darlehen zum Um- und Ausbau der allgemeinen
öffentlichen Krankenanstalten. Dieser Betrag beträgt vom Jahre 1956 bis 1963 21,490.000 Schilling.
Die Rechtskonstruktion brauche ich nicht erwähnen, die ist allen Damen und Herren des Hohen
Hauses 'bekannt.
Nun zur Aufteilung der Prozente. Den Ausgaben der Rechtsträger stehen nun die Pflegegebühren
beziehungsweise die Pflegegebührenersätze gegenüber. Laut den Bestimmungen müssen also diese
Pflegegebühren in den Voranschlägen und in den Rechnungsabschlüssen kostendeckend ermittelt
werden. Die Pflegegebührenersätze leisten die Sozialversicherungsträger, der Fürsorgeverband oder
eine Körperschaft öffentlichen Rechts durch ihre Fürsorgeeinrichtungen für die von ihnen
eingewiesenen Patienten, ansonsten der Patient selbst. Für rund 80 Prozent der Patienten, die also
einen Spitalsaufenthalt nehmen, wird nun dieser Aufenthalt von den Sozialversicherungsträgern oder
von einer von mir vorgenannten anderen Einrichtung getragen. 20 Prozent aller Patienten sind es, die
für ihre Kosten selbst aufkommen müssen. Diese Beziehungen zwischen Krankenversicherungsträger
einerseits und Träger der Krankenanstalten werden durch das ASVG, das
Bundeskrankenanstaltengesetz und das Landeskrankenanstaltengesetz geregelt. Diesen
Bestimmungen zufolge sind sowohl die Beziehungen der Versicherungsträger und Fürsorgeträger als
auch anderer Fürsorgeeinrichtungen durch privatrechtliche Verträge zu regeln, die vom Hauptverband
der Österreichischen Sozialversicherungsträger und dem Rechtsträger der Krankenanstalten
abzuschließen sind.
Für diese Verträge ist die Genehmigung der Landesregierung notwendig. In diesen Verträgen ist nun
vorgesehen, daß auch Ermäßigungen der Pflegegebühren gewährt werden. Durch die Ermäßigung,
die von den Rechtsträgern der öffentlichen Krankenanstalten gewährt wird, dürfen bekanntlich ich
setze es voraus - die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Gemeinden nicht derartig überschritten
werden, daß sie den von mir erwähnten Verpflichtungen nicht nachzukommen vermögen.
Im § 10 dieser Verträge wird den Versicherungsträgern eine Ermäßigung der Pflegegebühren
gewährt. Diese beträgt bis 90 Schilling 30 Prozent und bei jedem Schilling darüber 0,18 Prozent, in
den Anstalten Mödling und Tulln bis 100 Schilling 45 Prozent und bei jedem Schilling darüber 0,8
Prozent, in den Anstalten St. Pölten und Wiener. Neustadt bis zu 100 Schilling 35 Prozent. Ich möchte
daher feststellen - und das ist das, was ich eingangs gemeint habe -, dass man diesen Problemen
wirklich nachgehen muß. Die Krankenversicherungsträger, die Fürsorgeverbände und auch die
öffentlichrechtlichen Körperschaften honorieren durch diese Fürsorgeeinrichtungen die Leistungen der
Krankenanstalten nur teilweise, woraus sich zweifellos in der Hauptsache der beachtliche Abgang bei
den Rechtsträgern der Krankenanstalten ergibt. Es ist dabei zu bedenken, daß durch die Erhöhung
der Pflegegebühren auch die den Krankenversicherungsträgern eingeräumte Ermäßigung, und zwar
verhältnismäßig rascher als die Gebühren selbst, ansteigt.
Dazu, meine Damen und Herren, einige Zahlen. Bei einem Pflegegebührensatz von 106 Schilling
zahlen die Versicherungsträger nur 71.10 Schilling, bei 120 Schilling 77.50 Schilling, bei 130 Schilling
81.60 Schilling, 'bei 140 Schilling in den Anstalten Mödling und Tulln 72.50 Schilling, in allen übrigen
Anstalten 85.40 Schilling, bei 150 Schilling in den Anstalten Mödling und Tulln 76.50 Schilling, in allen
übrigen 88.90 Schilling, bei 160 Schilling in den Anstalten Mödling und Tulln 80.30 Schilling, in den
Anstalten Wiener. Neustadt und St. Pölten 96.30 Schilling und in allen übrigen 91.80 Schilling, bei 170
Schilling in den Anstalten Mödling und Tulln 84 Schilling, in den Anstalten Wiener. Neustadt und St.
Pölten 101 Schilling und in allen übrigen 94 Schilling, bei 180 Schilling in den Anstalten Mödling und
Tulln 87.50 Schilling, in den Anstalten Wiener Neustadt und St. Pölten 105.50 Schilling und in allen
übrigen 96.80 Schilling. Bei einem Pflegegebührensatz von 180 Schilling zahlen also die
Krankenversicherungsträger nur noch 96.80 Schilling, das ist etwas mehr als die Hälfte. Ich könnte
auch Zahlen nennen - dieser Punkt wurde von meinem Vorredner schon angeschnitten -, aus denen
hervorgeht, in welcher Höhe sich die Abgänge pro Kopf der Bevölkerung im kommenden Jahr
bewegen werden.
Wenn nun diese Verträge aufgelöst werden sollten, müßte innerhalb von zwei Monaten eine neue
vertragliche Regelung erfolgen. Geschieht das nicht, wird ein Schiedsgericht eingreifen. Dieses
Schiedsgericht wird vom Präsidenten des Rechnungshofes einberufen und besteht aus einem
Beamten aus dem Kreis der rechtskundigen Beamtenschaft des Rechnungshofes als Vorsitzenden
und je Einem Beisitzer der beiden Streitteile. Es können aber nicht nur diese Streitteile ein
Schiedsgericht anrufen, sondern es könnte sich zum Beispiel auch die Landesregierung laut § 58 des
Landeskrankenanstaltengesetzes an den Präsidenten des Rechnungshofes wenden und eine solche
Streitfrage durch ein Schiedsgericht lösen lassen. Im Übrigen gelten für die Verhandlung selbst die
Bestimmungen der § 577 bis 599 der Zivilprozeßordnung über das schiedsrichterliche Verfahren.
Nach den bestehenden Verträgen darf die Grenze der Leistungsfähigkeit der einzelnen
Vertragspartner nicht unvorhergesehen derart überschritten werden, daß sie den Verpflichtungen nicht
mehr nachkommen können. Aus der Tatsache, daß Verträge abgeschlossen wurden, ergibt sich auch,
daß der Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt gegenüber den aufgenommenen Patienten
und den für ihn unterhaltspflichtigen Personen keinen Anspruch auf Ersatz der Pflegegebühren für die
Dauer der vom Versicherungsträger gewährten Anstaltspflege hat. Demnach bestehen, sofern also
Verträge abgeschlossen wurden, nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Rechtsträger der
Krankenanstalten und dem Krankenversicherungsträger beziehungsweise dem Fürsorgeverband.
Aus der Diskrepanz zwischen den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Krankenanstalten
einerseits und der rein zivilrechtlichen Verpflichtung der Krankenversicherungsträger gegenüber den
Rechtsträgern der Krankenanstalten anderseits ergibt sich eigentlich das Kernproblem der
Krankenanstalten.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen dabei aber auch die Bestimmungen über die Ermittlung
der kostendeckenden Pflege- und Sondergebühren laut § 49 des Landeskrankenanstaltengesetzes. In
Wahrheit sind die Pflegegebühren und die allfälligen Sondergebühren nicht kostendeckend, weil ja die
Kosten der Errichtung, der Umgestaltung und der Erweiterung der Anstalten, ferner die
Abschreibungen bei den Liegenschaften sowie der Pensionsaufwand und der klinische Mehraufwand
nicht berücksichtigt werden dürfen. Daraus ergibt sich, daß die den Krankenversicherungsträgern
gewährte Ermäßigung eigentlich noch bedeutend höher ist, da sie nach den an sich schon nicht
kostendeckenden Pflegegebühren bemessen wird. Die gleiche Problematik trifft eigentlich bei den
Vollzahlern ebenfalls zu, weil ja auch hier gesetzliche Regelungen bestehen.
Zuletzt darf ich noch, um das Problem zur Gänze zu beleuchten, auf den § 35 des
Landeskrankenanstaltengesetzes hinweisen, demzufolge die Landesregierung verpflichtet ist, die
Unterbringung anstaltsbedürftiger unbemittelter Personen in Niederösterreich entweder durch die
Errichtung und den Betrieb öffentlicher Krankenanstalten oder durch Vereinbarung mit
nichtöffentlichen Krankenanstalten sicherzustellen. Sowohl aus dieser Bestimmung als auch aus der
Betriebes- und Aufnahmepflicht der Rechtsträger der Krankenanstalten müßte sich ergeben, daß der
erbrachten Leistung eine Pflicht zum kostendeckenden Ersatz jener gegenübersteht, die diese
Leistung in Anspruch nehmen. Die aufgezeigten Tatsachen führen eben zu den bereits untragbar
gewordenen Abgängen und zu der kaum mehr zu verantwortenden Belastung aller Beteiligten.
Die rechtliche Grundlage ist Ihnen bekannt. Das Krankenanstaltenwesen ist hinsichtlich der
Grundsatzgesetzgebung Bundessache und hinsichtlich der Ausführungsgesetzgebung Landessache.
Beide, Bund und Land, haben die Gesetze beschlossen. Darüber hinaus werden noch Bestimmungen
des ASVG angewendet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nun zu dem ganzen Problem der
Krankenanstalten und den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten einige Vorschläge - ich betone zur Diskussion stellen. Mein Vorredner hat auf das Problem Nummer eins bereits hingewiesen. Es
müßte also im kommenden Finanzausgleich eine Lösung in der Weise gefunden werden, daß der
Bund zumindest drei Achtel an Stelle von 18,75 Prozent jenes Abganges ersetzt, der nicht nur durch
die Haltung und den Betrieb, sondern auch durch die Errichtung, Umgestaltung und Erweiterung von
öffentlichen Heil- und Pflegeanstalten entsteht. Diese Regelung würde ungefähr der des
Krankenanstaltengesetzes 1920 entsprechen.
Darf ich kurz auf die Entwicklung hinweisen. Im September 1928 wurde das Krankenanstaltengesetz
1920 aus verfassungsrechtlichen Gründen außer Kraft gesetzt.
Durch ein Landesgesetz ist eine Neuregelung geschaffen worden, die ungefähr dem Inhalt des
Krankenanstaltengesetzes aus dem Jahre 1920 entsprochen hat. Dieses Landesgesetz blieb bis zur
Annexion Österreichs im Jahre 1938 in Kraft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie sich der
Mühe unterziehen, die Entwicklung von 11920 bis 1938 zu verfolgen, werden Sie erkennen, daß
dieses Gesetz geradezu vorbildlich war, weil es sowohl in der Erhaltung der Krankenanstalten als
auch bezüglich ihres 'weiteren Ausbaues und ihrer Modernisierung keine Schwierigkeiten brachte.
Während der NS-Zeit sind zunächst einmal die Reichsgaue verpflichtet worden, die österreichischen
gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen, aber bereits im Jahre 1941 kam die furchtbare
Veränderung. Durch einen Schnellbrief des Reichsministers für Inneres vom 14. März 1941 und des
Reichsministers für Finanzen vom 1. April 1941 wurden den Trägern der öffentlichen
Krankenanstalten die entstehenden Lasten in voller Höhe übertragen. Seit diesem Zeitpunkt mußten
die Spitalerhaltenden Gemeinden die gesamten Lasten übernehmen. Die sich aus dieser Tatsache
ergebenden Zustände haben letztlich zum Krankenanstaltengesetz des Bundes und in der weiteren
Folge zu den Ausführungsgesetzen der Länder geführt. Damals war beabsichtigt, die Regelung
analog dem Krankenanstaltengesetz aus dem Jahre 1920 durchzuführen. Leider konnte das Ziel nicht
erreicht werden. Eine Lösung des Krankenanstaltenproblems - hier bin ich vielleicht mit meinem
Vorredner nicht gleicher Auffassung - ausschließlich von dem Gesichtspunkt her, daß die
bestehenden Beitragsverpflichtungen zugunsten der Spitalerhaltenden Gemeinden erhöht werden und
eventuell auch Leistungen für die Errichtung, den Ausbau und die Erhaltung der Spitäler erbracht
werden müssen, geht meines Erachtens daneben, wenn nicht gleichzeitig eine Sanierung der von mir
schon aufgezeigten Rechtskonstruktion des Verhältnisses der Träger der Krankenanstalten zu den
Trägern der Krankenversicherungen beziehungsweise Fürsorgeverbänden sowie eine Ermittlung der
kostendeckenden Pflegegebühren verbunden ist. In der Frage der Krankenanstalten muß von dem
Grundsatz ausgegangen werden, daß der Abgang bei jenen Stellen auszuweisen ist, die ihn
tatsächlich verursacht haben. Es ist ja auch geradezu grotesk, daß die Spitalerhaltenden Gemeinden
Niederösterreichs, die nicht mehr in der Lage sind, den ihnen aufgebürdeten Betriebsabgang von
31,25 Prozent zu decken, ihren Vertragspartnern außerdem noch Ermäßigungen beziehungsweise
Rabatte zu gewähren haben. Meiner Meinung nach können solche doch nur dann gewährt werden,
wenn zumindest die erbrachten Leistungen kostendeckend honoriert werden. Es muß unter allen
Umständen von der Gepflogenheit des Abschlusses von privatrechtlichen Verträgen zwischen den
Rechtsträgern der Krankenanstalten und vornehmlich 'den Krankenversicherungsträgern abgegangen
werden. Die Länder, so meine ich, müßten vor allem durch die Änderung des
Bundesgrundsatzgesetzes verpflichtet werden, die Pflegegebühren nur dann zu genehmigen, wenn
diese unter Einbeziehung des Aufwandes für die Umgestaltung und Erweiterung der Anstalten, ferner
der Abschreibung vom Wert der Liegenschaft sowie des Pensions- und klinischen Mehraufwandes
kostendeckend sind, wenn schon nicht der Errichtungsaufwand Berücksichtigung finden soll. Die so
ermittelten Pflegegebühren gaben Gewähr dafür, daß der Betriebsabgang in Zukunft beträchtlich
reduziert wird und die Träger der Krankenversicherung zu einer annähernd echten Gegenleistung zu
verhalten sind. Die Bestimmungen des ASVG, des Bundesgrundsatzgesetzes über das
Krankenanstaltenwesen und das Landeskrankenanstaltengesetz waren daher so zu ändern, daß die
Festsetzung der Pflegegebührenersätze in Zukunft nicht mehr der vertraglichen Vereinbarung
zwischen den Trägern der Krankenversicherungen usw. und den Trägern der Krankenanstalten
vorbehalten bleibt. Von Gesetzes wegen wäre aus der Tatsache heraus, daß 80 Prozent der
Patienten von Sozialversicherungsträgern, Fürsorgeverbänden usw. eingeliefert werden, ein
Mengenrabatt bis höchstens zehn Prozent von den jeweils festgesetzten Pflegegebühren zu
normieren. Eine solche Regelung ist meines Erachtens schon deswegen gerechtfertigt, weil der
öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Krankenanstalten auch eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung
all jener gegenüberstehen muß, die von solchen Krankenanstalten Leistungen verlangen. Diese
vorgeschlagene Regelung betrifft das Kernproblem des gesamten Krankenanstaltenwesens. Wenn es
nun nicht erreicht werden kann - und ich glaube, daß es ohne weiteres eintreten könnte, daß die
Rechtskonstruktion zivilrechtlicher Vereinbarungen zwischen den Trägern der Lasten zur Gänze
beseitigt wird -, so müßte wenigstens angestrebt werden, von Gesetzes wegen die gewährten
Ermäßigungen mit zehn Prozent zu limitieren. Eine Lösung nur im Rahmen des
Landeskrankenanstaltengesetzes -auch das ist überlegt worden - ohne Änderung des ASVG und der
Bundesgrundsatzgesetzgebung scheint also nicht ausgeschlossen. Ich verweise allerdings darauf,
dass man hier unter Umständen den Grundsatz der Vertragsfreiheit verletzt oder dadurch vielleicht
überhaupt eine Grundsatzwidrigkeit entsteht. Diese Frage müßte von den Juristen geklärt werden.
Aus diesem Gesichtspunkt heraus, meine Damen und Herren, tritt die Frage, ob der Bund überhaupt
eine Mehrleistung übernimmt – das gleiche gilt natürlich auch für die Länder -, in den Hintergrund,
denn jede Gebietskörperschaft kann nur dann Mehrleistungen übernehmen, wenn ihre finanzielle
Leistungsfähigkeit nicht erschüttert wird. Andernfalls könnte eine dauernde Lösung doch nicht erreicht
werden. Ich glaube daher, daß die von meinem Vorredner, Herrn Abg. Czidlik, angeführte Lösung
oder der Vorschlag des Herrn Vizebürgermeisters Slavik, ein halbes bis zu einem Prozent der
Ertragsanteile zur Verbesserung der finanziellen Situation der Spitäler für ihren Ausbau und ihre
Modernisierung zu verwenden, nicht zum Ziele führt, wenn das genannte Kernproblem nicht vorher
geregelt wind. Ich glaube daher, daß man bei allen Verhandlungen nicht so sehr über die Beteiligung
der einzelnen Gebietskörperschaften sprechen sollte, sondern zuerst fordern müßte, daß die
erwähnten bedeutenden Fragen geregelt werden. In Niederösterreich wird ja auf keinen Fall eine
dauernde Lösung gefunden werden, wenn man bloß eine höhere Beteiligung des Bundes oder des
Landes ins Auge faßt, weil, wie ich schon vorhin erwähnt habe, für jeden Schilling, der über 90
beziehungsweise 100 Schilling der geltenden Verpflegungsgebühr hinausgeht, den
Krankenversicherungsträgern eine wesentlich höhere Ermäßigung, als dies bei der erwähnten Grenze
der Fall ist, gewährt werden muß und dabei die Betriebsabgange weiterhin progressiv ansteigen
würden. Ich glaube, dass wir bei einer solchen Lösung in einigen Jahren wieder bei der gleichen
Ausgangsposition sind, in der wir uns jetzt befinden. Festhalten darf ich noch, daß die
Bundeszuschüsse nur einen geringen Bruchteil jener Abgänge ersetzen, die dadurch hervorgerufen
werden, daß die Krankenversicherungsträger für die bei ihnen versicherten Patienten keine
kostendeckenden Gebühren bezahlen.
Es ist daher unbestreitbar, daß de facto die Gemeinden und Länder über den Umweg der Deckung
des Betriebsabganges der Krankenanstalten erhebliche Beiträge zur Allgemeinen
Krankenversicherung leisten, obwohl - und das scheint mit entscheidend zu sein - gemäß Artikel 10
des Bundesverfassungsgesetzes das Sozialversicherungswesen Bundessache in Gesetzgebung und
Vollziehung ist. Wenn also die Krankenversicherungsträger aus finanziellen Gründen nicht in der Lage
sind, Leistungen zu erbringen, und man sich scheut - und auch hier bin ich fast gleicher Auffassung
wie Kollege Czidlik – die Hohe der Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber
wegen allfällig ausgelöster Lohn- und Preisbewegungen kostendeckend zu berechnen, dann müßte
jedenfalls vom Bund aus den vorgebrachten verfassungsrechtlichen Begründungen gefordert werden,
daß er durch einen zusätzlichen Bundesbeitrag die verursachten Betriebsabgänge zur Gänze zu
tragen hat. Es haben -das hat auch Abg. Czidlik angeführt – die Abgeordneten der sozialistischen
Fraktion einen Resolutionsantrag beschlossen, der auch uns übermittelt wurde. Ich brauche darauf
nicht näher einzugehen, da er den Damen und Herren bekannt ist. Ich darf nur bemerken, daß dieser
Resolutionsantrag zunächst zurückgestellt wurde, bis die Frage bei den Verhandlungen 3ber den
Finanzausgleich geregelt ist. Es gibt meiner Meinung nach unter Umständen auch andere Wege; man
könnte zum Beispiel von den Spitalerhaltenden Gemeinden Niederösterreichs die Verträge mit der
Krankenversicherung auflösen, weil eben die Grenze der Leistungsfähigkeit überschritten ist. Die
Sozialversicherungsträger würden dann selbstverständlich eine Entscheidung beim Schiedsgericht
fordern, und ich glaube, daß diese Entscheidung auf gar keinen Fall schlechter sein könnte als der
derzeitige Zustand. Man könnte auch unter Umständen die Krankenanstalt auflösen. Dieser Auflösung
würde selbstverständlich die Landesregierung nicht die Zustimmung erteilen, und man könnte dann
darüber beim Verwaltungsgerichtshof - wie der Herr Staatssekretär Rösch in der Frage des
Kulturgroschens vorgeschlagen hat - eine Entscheidung herbeiführen, wobei niemand voraussagen
könnte, wie sie ausfallen wird.
Ich habe versucht, einige Fragen in die Diskussion zu werfen. Ich betone, es sollte nur ein
Diskussionsbeitrag sein, weil auch ich der Meinung des Kollegen Czidlik bin, dass sich die
verantwortlichen Regierungsmitglieder in der nächsten Zeit mit dieser Frage beschäftigen müssen,
damit hier wirklich endlich etwas geschieht. Anschließend noch zu Mistelbach. Ich brauche auch
darüber kaum etwas zu sagen, da ja alle Damen und Herren die Verhältnisse kennen. Mistelbach ist
das einzige Krankenhaus ohne Rechtsträger. Mein Freund Mondl lächelt, er wird nachher darüber
reden. Nun ist ein Antrag aus dem vergangenen Jahr vorhanden, wonach die Krankenanstalt
Mistelbach dem Lande übergeben werden sollte. Ich darf feststellen, daß ich dieser Frage sehr freudig
zustimmen würde, wenn, meine sehr geehrten Damen und Herren, damit auch eine echte Lösung
verbunden wäre. Wenn wir diesen Schritt tun, bin ich überzeugt, daß so und so viel Bürgermeister am
nächsten Tag ebenfalls mit ihrem Schlüssel zur Landesregierung kommen und sagen: ,,DU darfst
auch mein Krankenhaus übernehmen.'' Wir haben im Finanzausschuß auch über diese Frage
gesprochen und auch dort wurde die Meinung vertreten, daß der Herr Landesrat Wenger und der Herr
Finanzreferent sich sofort nach Beendigung dieser Budgetdebatte mit der Frage Mistelbach
beschäftigen und sich bemühen, wirklich brauchbare Vorschläge zu machen.
Ich bin damit am Schluß meiner Ausführungen angelangt. Ich darf Sie um Entschuldigung bitten, wenn
ich länger gebraucht habe, ich wollte aber dieses Problem in der ganzen Fülle beleuchten, weil ich
glaube, dass wir gerade bei dieser Frage den Mut haben müssen, die Wahrheit zu sagen. Wenn die
verantwortlichen Herren der Landesregierung sich mit dieser Frage beschäftigen, so tun sie das in
unser aller Interesse, und wir hoffen, auch im Interesse der betroffenen Gemeinden, im Interesse des
Landes, aber nicht zuletzt auch im Interesse der Kranken dieses Landes, damit diese Frage baldigst
einer
positiven Lösung zugeführt wird. (Beifall bei der ÖVP.)
PRÄSIDENT WEISS: Zu Wort gelangt Herr Abg. Mondl.
Abg. MONDL: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Reiter hat bereits
darauf hingewiesen, daß man sich im Finanzausschuß mit dem Krankenhaus Mistelbach beschäftigte,
und auch er wäre als Viertelsmandatar der Meinung, daß die Übernahme des Krankenhauses
Mistelbach die beste Lösung wäre. Man befürchtet jedoch, daß diese Maßnahme
Beispielsfolgerungen nach sich ziehen wird und dann so manche Bürgermeister mit dem Schlüssel bei
der Landesregierung erscheinen und ebenfalls um Übernahme ihrer Krankenhäuser bitten werden.
Anderseits hat er erwähnt, daß man im Finanzausschuß erklärt hat, daß man sich innerhalb kürzester
Zeit mit diesem Problem beschäftigen und es einer Lösung zuführen werde. Herr Landesrat Resch hat
gestern bei seinen grundsätzlichen Ausführungen zum Budget 1965 auch eine Äußerung zum
Problem Mistelbach abgegeben, die mich allerdings sehr betrübt hat. Er hat einerseits die Feststellung
getroffen, daß die ungeklärte Lösung nicht verewigt werden darf, hat aber anderseits betont, daß er
als Allheilmittel nicht eine Übernahme in den Landesbesitz ansehen kann. Bitte mir nicht ungehalten
zu sein, Herr Landesrat, aber diese Meinungsäußerung erscheint mir ähnlich eines Spruches des
Orakels zu Delphi zu sein, denn man kann daraus alles lesen und hören, wie man glaubt. Die
historische Entwicklung des Krankenhauses Mistelbach zeigt, daß die augenblickliche Lösung - ich
habe es ja beim Zivilschutz schon gesagt - eine typisch österreichische ist, die nicht etwa Monate
dauert, sondern schon Jahre anhält. Ich glaube, ich brauche diese historische Entwicklung nicht im
Detail zu schildern, weil dies nicht nur im Finanzausschuß, sondern auch im Hohen Hause schon des
Öfteren geschehen ist. Ich möchte doch eindringlichst vor allem deshalb, weil sehr viele neue
Abgeordnete hier in diesem Hohen Hause eingezogen sind, feststellen, daß es sich beim
Krankenhaus Mistelbach nicht um irgendein Krankenhaus x-beliebiger Größenordnung in einer
Mittelstadt handelt, sondern um die drittgrößte Anstalt Niederösterreichs, die sieben Primariate
beherbergt, über 270 Bedienstete beschäftigt und nahezu über 500 Betten verfügt.
Auch eine Schwesternschule ist dieser Anstalt angeschlossen. Das Einzugsgebiet zu diesem
Krankenhaus umfaßt nahezu 100,000 Menschen, und die Trägergemeinde dieses Krankenhauses ist
eine Stadt mit etwas mehr als 5000 Einwohnern. Also eine unmögliche Situation!
Dazu kommt noch, idaß die Rechtslage total ungeklärt ist: ein Landkreisvermögen aus der NS-Zeit,
das bisher hinsichtlich der Besitzverhältnisse nicht geregelt werden konnte. Wir haben augenblicklich
dort eine Krankenhausverbandsführung mit einer so genannten Geschäftsführung ahne Auftrag. Wir
hatten vorher schon zwei Krankenhausverbände. Einer hat ganz gut funktioniert, aber man hat, als er
Kreditforderungen stellte, festgestellt, dass er leider nicht rechtsverbindlich ist. Bei der zweiten
Konstruktion, bei der man dann die Rechtsverbindlichkeit herstellen wollte, konnte Mistelbach nicht
mithalten, weil eine Stadt mit einem 7-Millionen-Budget nicht einen Abgang von 10 Millionen decken
kann. Das müßte doch jedem normalen Österreicher einleuchten.
Nun hat man dann im Jahre 1961 – wir schreiben heute das Jahr 1965! - eine Bürgermeisterenquete
einberufen, an der Herr Landesrat Hilgarth - damals war er noch Abgeordneter - teilgenommen und
eine Lösung ,,in den nächsten Monaten" in Aussicht gestellt hat. Man hat dann Herrn Hofrat Kriegl
bewogen, die Geschäftsführung ohne Auftrag zu übernahmen. Ich glaube, der Mann, der den Herrn
Hofrat damals dazu bewogen hat, war der Herr Landesamtsdirektor Vanura. Auch er hat es nicht
überstanden, er ist bereits in Pension gegangen. Der Herr Landesrat Hilgarth hat im Vorjahr, als ich
ihm in eindringlichster Form die Situation des Mistelbacher Krankenhauses schilderte, gesagt: „Laß
mir nur drei Monate Zeit, innerhalb von drei Monaten werden wir dieses Problem lösen!" Auch der
Herr Landesrat Hilgarth hat das nicht überlebt -nicht, daß er gestorben wäre, aber auch er ist in
Pension gegangen. (Heiterkeit.)
Herr Landesrat Resch ist noch verhältnismäßig jung in seinem Amt und auch jung an Jahren. Ich will
also nicht annehmen, dass auch er ehe baldigst in Pension gehen und die neue Konstruktion nicht
erleben wird.
So kann man das auf die Dauer nicht machen! Ich habe im Finanzausschuß wieder von den
berühmten drei Monaten gehört.
Ich möchte es aber doch nicht verabsäumen, hier noch die finanzielle Situation des Krankenhauses
Mistelbach zu schildern. Die Stadt Mistelbach hat zwar noch nicht bezahlt, aber es übernommen, den
Trägeranteil bis zum 1. Juni 1961 irgendwie in Raten abzustatten. Wie sie das machen wird, weiß man
noch nicht, aber es wird vielleicht gelingen. Vom 1. Juni 1961 bis zum 31. Dezember 1963 ist eine
Trägerschuld von 2,600.117 Schilling entstanden. Im Voranschlag 1964 sahen wir einen Trägeranteil
von 1,489.031 Schilling. Ich nehme aber an, daß er viel höher ist, denn Voranschläge sind ja
hinsichtlich des Abganges immer sehr unschuldig gehalten. Der ungedeckte Trägeranteil würde daher
derzeit 4,089.148 Schilling betragen. Die Tatsachen sind aber weit anders, und ich kann das
beweisen.
Für das Krankenhaus Mistelbach wurden nämlich folgende Darlehen aufgenommen: von der
niederösterreichischen Landeshypothekenanstalt ein Kontokorrentkredit von 6,5 Millionen Schilling dazu noch offene Zinsen von 272.000 Schilling - und von der Sparkasse Mistelbach ein
Kontokorrentikredit plus Zinsen von 2,026.000 Schilling. Es wurde aber - man höre und staune bereits zusätzlich zu diesen Beträgen per 15. Juni 1965 um weitere zwei Millionen Aufstockung bei der
Landeshypothekenanstalt angesucht. Damit ist bereits die 10-MillionenaGrenze überschritten, und ich
nehme an, daß jeder Angehörige dieses Hohen Hauses ebenfalls der festen Überzeugung ist, daß
das Maß nun doch voll wäre, nicht nur voll wäre in dem ewigen Hinausschieben, sondern nun auch in
der finanziellen Leistungsfähigkeit. (Dritter Präsident Reiter übernimmt den Vorsitz. )
Ich bin der Meinung, daß der derzeitige Geschäftsführer ohne Auftrag, der Bezirkshauptmann
Oberregierungsrat Dr. Speiser, diese Millionen nicht verantworten kann. Ich glaube auch, daß wir
selbst den Zustand nicht länger verantworten können, unid ich hoffe, daß ich nicht im nächsten Jahr
wieder hier
stehen werde und bekannt geben muß, daß die Schuldenlast mittlerweile die 20-Millionen Grenze
überschritten hat und man sich noch immer nicht entschlossen hat, eine Regelung zu treffen, das
heißt, eine tatsächliche Lösung durchzuführen, und man wieder in Aussicht stellt, man werde sich in
den nächsten drei Monaten mit dieser Angelegenheit beschäftigen. Ich hoffe, Herr Landesrat, daß Sie
dieses Problem wirklich in den nächsten drei Monaten gesund und munter in Angriff nehmen und noch
vor Ihrer Pensionierung lösen werden! ( Heiterkeit und Beifall im ganzen Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zu Wortgelangt Herr Abg. Buchinger.
Abg. BUCHINGER: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf bei der Gruppe 5 - um
einmal zu einem anderen Thema in der Budgetdebatte überzuwechseln - hinsichtlich der
Voranschlagspost „Beihilfen an Sportverbände" mit Befriedigung feststellen, daß auch bei diesem
Kapitel die Ansätze gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung um 60.000 Schilling aufweisen. Das ist
zweifellos kein sehr hoher Betrag, aber wenn man bedenkt, daß die Budgetpost nur 220.000 Schilling
ausmacht, spricht eine Erhöhung um 60.000 Schilling doch für einen guten Erfolg.
Ich glaube, daß auch die Sportverbände neben den Jugendorganisationen, über die ich im vorigen
Kapitel sprechen konnte, Großes zu leisten haben. In erster Linie ist es die Aufgabe unserer
Sportorganisationen, nicht Spitzensportler zu ,,produzieren'', sondern den Massensport durchzuführen
und durch stetes Training junge, leistungsfähige Menschen zu erziehen.
Aber ein weiteres ist auch bei den Sportverbänden der Fall, und zwar die Pflege eines gesunden
Kameradschaftsgeistes, der durch die sportliche Betätigung in diesen Sportorganisationen entsteht.
Und gerade diesen Kameradschaftsgeist braucht unsere junge Generation von heute mehr denn je.
Auch hier Sind, wie bei der Arbeit in den Jugendorganisationen, die finanziellen Mittel
selbstverständlich eine Voraussetzung. Wenn auch den Sportorganisationen durch das Sporttoto ,die
größten finanziellen Sorgen abgenommen sind - wie bekannt ist, kann aus den Mitteln des
österreichischen Sporttotos der Ausbau von Sportplätzen, von Sportstätten und der Ankauf von
Sportgeräten finanziert werden -, gibt es darüber hinaus doch eine Anzahl von Dingen, wie
Sportveranstaltungen und vor allem das Personal, das dazu nötig ist, die nicht aus Sporttotomitteln
getragen werden [können. Und hier ist es ebenfalls wieder die Aufgabe dieses Hohen Landtages,
einzuspringen und auch den Sportorganisationen entsprechende Unterstützung zu geben.
Ich weiß, unsere Sportorganisationen sind mit der Dotierung beziehungsweise mit Iden zur Verfügung
gestellten Mitteln noch nicht ganz zufrieden, aber ich glaube, daß es trotzdem ein Betrag ist, (der
zeigt, daß wir auch diese Organisationen im Bereich unserer Möglichkeiten unterstützen.
Ein weiteres - und gerade darauf muß man in der Zukunft ein größeres Augenmerk als bisher wenden
- ist die Unterstützung des Skisportes, der in Niederösterreich erst in den letzten Jahren so richtig eine
Ausweitung gefunden hat. Seitens der Wirtschaft wurden hiezu viele Voraussetzungen geschaffen. Ich
denke vor allem an Schlepp und Sessellifte, die Skisportgebiete erschlossen und damit unseren
jungen Menschen den Anschluß - zumindest teilweise - an die westlichen Bundesländer ermöglicht
haben. Ich glaube, wir müssen uns aber auch bei der Sportförderung umsehen, um sie vielleicht nach
neuen Richtlinien betreiben zu können.
Ein weiteres Kapitel in dieser Gruppe ist der Voranschlagsansatz ,,Kostenbeiträge zur Abhaltung von
Jungbürgerfeiern und Staats. bürgerliche Jugenderziehung". Ich darf etwa: zurückblicken. Es war im
Jahre 1953, als die Stadt Scheibbs zum ersten Mal den Versuch unternahm, eine Jungbürgerfeier in
Niederösterreich durchzuführen. Im Jahre 1954 folgte Waidhofen an der Ybbs, 1955 waren es bereits
Amstetten, Bad Vöslau, Laxenburg Maria-Enzersdorf, Retz und Traiskirchen Von Jahr zu Jahr ging es
weiter aufwärts mit der Veranstaltung solcher Jungbürgerfeiern in Niederösterreich, und heute haben
wir über 60 Gemeinden und Städte, denen sich weitere 300 Gemeinden unseres Landes
angeschlossen haben, die jährlich oder alle zwei bis drei Jahre solche Jungbürgerfeiern veranstalten.
Bis jetzt wurden weit Über 200 Jungbürgerfeiern mit ungefähr 15.000 Jungbürgern durchgeführt. Ich
glaube, wer selbst so eine Jungbürgerfeier miterlebt hat, weiß, welch großen staatsbürgerlichen Wert
diese Feiern haben; wenn man junge Menschen darauf aufmerksam macht, welche staatsbürgerlichen
Pflichten und welche Verantwortung sie zu tragen haben, wenn sie großjährig geworden sind. Ich
selbst bin ja das jüngste Mitglied dieses Landtages. Ich hatte das Vergnügen, im Jahre 1955 die erste
Jungbürgerfeier in Retz mitzuerleben und die Jungbürgerurkunde in Empfang zu nehmen. Ich kann
mich noch gut erinnern, wie wir alle, meine Freunde und ich, voll Stolz waren, daß wir in einer so
feierlichen Form in den Kreis der mit Verantwortung ausgestatteten Staatsbürger aufgenommen
worden sind. Ich stimme mit dem für diese Jungbürgerfeiern verantwortlichen und sich um diese
Feiern so verdient gemachten Landesjugendreferenten, Herrn Oberschulrat Direktor Kar Bäuerle, voll
überein, der in einer Publikation zu diesen Jungbürgerfeiern unter anderem schreibt: ,,Alles in allem
darf man sagen, daß die Jungbürgerfeiern ein guter Weg zum Herzen und Verstand der volljährig
gewordenen jungen Menschen sind. Man sollte ihn überall gehen, damit hier ein wertvolles Brauchtum
der modernen Zeit erwächst, das mithilft, unsere Jugend für Die,res publica' zu interessieren. Aber
auch denen, die bereits in Amt und Würden sind, nützt eine solche Feier: sie erleben die jungen
Mitbürger, spüren erneut den Auftrag, durch Wort und Beispiel der nächsten Generation den Weg zu
ebnen, und gehen mit neuer Freude an die Arbeit für das öffentliche Wohl in der Gemeinde und im
geliebten Vaterland Österreich." Wir können heute großer Freude feststellen, daß die Budgetpost, die
für solche Jungbürgerfeiern im Vorjahr 300.000 Schilling eingenommen hat, heuer verdoppelt, also auf
600.000 Schilling erhöht wurde.
Und noch eine dritte Sache in dieser Gruppe. Es ist der Voranschlagsansatz „Ausbau von
Jugendherbergen in Niederösterreich". Auch hier darf ich die erfreuliche Feststellung treffen, daß in
unserem heurigen Budget gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung von 200.000 Schilling auf 400.000
Schilling vorgesehen ist. Gerade der Ausbau der Jugendherbergen hat in unserem Bundesland in den
letzten Jahren einiges aufzuweisen. In Melk an der Donau, in Lackenhof und in Eggenburg konnte mit
dem Neubau von Jugendherbergen begonnen werden Diese werden nach internationalen
Gesichtspunkten ausgeführt und können sich nach ihrer Fertigstellung mit den großen und modernen
Jugendherbergen Europas messen. Diese Neubauten konnten ebenfalls durch Zuteilung von
Bundesjugendplanmitteln, aber auch durch die großzügige Unterstützung des Bundeslandes
Niederösterreich ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß zum Beispiel die
Gemeinde Wien dem Jugendherbergswerk nur 35.000 Schilling im Jahr zur Verfügung stellt - erbaut
werden. Heute stehen in Niederösterreich bereits 13 Jugendherbergen und elf weitere Unterkünfte mit
zusammen 680 Betten und Schlafstellen im Betrieb. Das Österreichische Jugendherbergswerk,
Landesverband Niederösterreich, unterhält zur Zeit acht Herbergen, und zwar in Gugging, Hollenstein,
Melk, Mühlbach, Ottenschlag, Pernegg, Pernitz und Semmering. Der Österreichische
Jugendherbergsverband – die zweite Jugendherbergsorganisation Niederösterreichs - unterhält fünf
Herbergen, und zwar in Annental, Krems, Hirschwang, Ternitz und Wiener Neustadt. Wenn die zur
Zeit laufenden Bauvorhaben, und zwar in Melk, Lackenhof und Eggenburg, abgeschlossen sind,
werden weitere 170 Betten zur Verfügung stehen, so daß in Niederösterreich in absehbarer Zeit 850
Betten für Jugendwanderer in Jugendherbergen zur Verfügung stehen.
Es ist aber auch dringend notwendig, in unserem Bundesland diese Zahl ständig zu erhöhen. Die
Nächtigungszahlen steigen von Jahr zu Jahr, wie uns die Statistik sagt. Im Jahre 1963 waren in
unserem Land 10.028 Nächtigungen, im Jahre 1964 stieg die Zahl bereits auf 12.247 an. Das ist ein
Anstieg von 22,45 Prozent in einem Jahr. Wenn wir mit dieser Entwicklung Schritt halten wollen,
müssen wir die Herbergsidee weiter unterstützen. Die Zehntausenden jungen Europäer - es sind vor
allem Ausländer, die unsere Herbergen aufsuchen - Werden in späteren Jahren wieder sehr gerne
unser Land besuchen und unsere Gäste sein. So trägt auch die Jugendherbergsidee zur Förderung
des Fremdenverkehrs wesentlich bei.
Abschließend glaube ich sagen zu können, daß das Land durch die zusätzliche Bereitstellung dieser
200.000 Schilling durch den Finanzreferenten und zuständigen Landesrat der Förderung dieses
Herbergswesens auch für die Zukunft Rechnung trägt. (Beifall bei der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Das Wort hat der Herr Abg. Binder.
Abg. BINDER: Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit der Landes-Heil- und Pflegeanstalt
Gugging beschäftigen beziehungsweise mit den Problemen, die dort bestehen.
Im Voranschlag ist diese Anstalt sicherlich finanziell beteilt worden, aber $doch nicht so, wie es im
Interesse 'der dort befindlichen Insassen und der Bediensteten gelegen wäre. Wer die Anstalt kennt,
weiß, daß dort 1194 Betten vorhanden sind; 530 Männerbetten, 530 Frauenbetten und 134 Betten für
Kinder. Vor zwei Jahren wurde der so genannte Haschhof vom Landesamt VI/5 übernommen. Die dort
befindlichen Insassen, 80 Patienten an der Zahl, müssen in absehbarer Zeit in die Heil- und
Pflegeanstalt Gugging überstellt werden. Nun ist aber die Unterbringung der dort befindlichen
Patienten schon sehr beengt, was meiner Meinung nach für den Heilerfolg nicht sehr günstig ist.
Es wäre daher Zweckmäßig, wenn man die Heil- und Pflegeanstalt Gugging ausbauen könnte.
Seitens des Referates besteht der Wunsch, einen Neubau zu errichten, und zwar den Pavillon 5. Es
lagen bereits Kostenvoranschläge vor, die Iden Betrag von 20 Millionen Schilling ausmachen, und für
das Jahr 1965 hat das zuständige Referat den Wunsch gehabt, eine Rate von fünf Millionen Schilling
verbauen zu können. Man hätte damit begonnen, 250 neue Pflegeplätze zu schaffen, und wir haben
heute schon von Herrn Abg. Czidlik oder anderen Rednern gehört, daß gerade auf diesem Gebiet
zuwenig Betten vorhanden sind.
Eine zweite Angelegenheit betrifft die Unterbringung der Bediensteten. Die Mitglieder des
Finanzkontrollausschusses werden es in Erinnerung haben, daß Bedienstete in Räumen
untergebracht sind, die eigentlich für Pfleglinge da zu sein hätten. Es wäre zweckmäßig, daß diese
Räume für die Unterbringung von Pfleglingen freigemacht würden. Voraussetzung dazu wäre, daß
man Wohnungen schafft. Nun hat eine Baugenossenschaft dem Referat den Vorschlag gemacht, als
Generalmieter für eine Siedlung in unmittelbarer Nähe der Anstalt im Ausmaß von 24 Wohnungen
aufzutreten. Die Kosten dafür würden sich auf 5,500.000 Schilling belaufen, und es war auch schon
seitens des Referates für 1965 die erste Rate in der Höhe von zwei Millionen Schilling vorgesehen.
Diese Summe konnte aber vom Finanzreferenten nicht zur Verfügung gestellt werden. Ich möchte
empfehlen, dass man gerade diesen Punkt im Auge behält und man 1966 daran denkt, diese Dinge
zu verwirklichen.
Ein drittes Problem ist das Feuerlöschwesen in der Heil- und Pflegeanstalt. Diese Sache könnte unter
Umständen gefährlich werden. Es besteht zwar ein Feuerlöschteich und es sind Hydranten
vorhanden, um bei Brandgefahr in Aktion treten zu können. Die zuständige Feuerwehr hat aber
trotzdem ein Gutachten erstellt, daß es notwendig und zweckmäßig wäre, einen Tanklöschwagen
anzukaufen, um im Notfall rasch eingreifen zu können, und zwar nicht nur dort, wo Hydranten oder
Feuerlöschteiche vorhanden sind, sondern in Objekten, die weiter entfernt liegen. Für die Landes-Heilund Pflegeanstalt Gugging trifft das, was Abgeordneter Stangler heute schon hinsichtlich der
Waldschule Wiener Neustadt erwähnt hat, genauso zu. Es wäre daher zweckmäßig, daß die
Feuerwehr im Ernstfall rasch eingreifen kann. Es wäre wünschenswert, dass man Tanklöschwagen
ankauft und dafür wäre ein Betrag von 400.000 Schilling notwendig. Ich hoffe, daß man diesen Betrag
im Nachtragsbudget - das sicher zu erwarten ist - unterbringen wird können. Ich bitte Sie daher, meine
Damen und Herren, daß Sie in Ihrem Wirkungskreis dem Herrn Finanzreferenten - ich möchte nicht
sagen Nahetreten - Nahelegen, daß er diesem meinen Vorschlag Rechnung trägt. (Beifall bei der SPÖ
)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Zum Wort gelangt Herr Abg. Doktor Brezovszky.
Abg. Dr. BREZOVSZKY: Hoher Landtag! Meine Damen und Herren! Ich werde Ihre Spannkraft nicht
mehr lange ausnutzen. Ich möchte mit wenigen Worten zur Jugendförderung in Niederösterreich
sprechen. Im Großen und Ganzen kann ich mich den Ausführungen des Kollegen Buchinger
anschließen, der, so wie ich, seit vielen Jahren in der Jugendorganisation tätig ist. Wir kennen die
Probleme bei der Jugendarbeit und wissen, daß die großen Schwierigkeiten bei unserer Tätigkeit
dadurch entstehen, daß die Mittel, die den Jugendverbänden zur Verfügung stehen, außerordentlich
knapp bemessen sind. Wir freuen uns deshalb, daß im Landesvoranschlag für die Jugend- und
Sportförderung in beiden Gruppen insgesamt zwei Millionen Schilling ausgeworfen sind. Damit man
aber sieht, in welchem Verhältnis diese Beträge zu der Zahl der Jugendlichen stehen, möchte ich
einige Ziffern nennen, damit man sieht, wie sich diese Beträge verhalten, wenn die Jugendverbände
ihren Aufgaben voll nachkommen wollten. Wir können feststellen, daß jährlich laut Volkszählung in
Niederösterreich 15.000 bis 20.000 junge Menschen die Schule verlassen. Das heißt also, sieben
Jahrgänge, die die Jugendorganisationen zu betreuen hätten. Das macht mehr als 100.000
Jugendliche aus und, wenn man nun das heurige Budget dafür auswertet, so kommen pro Jahr auf
jeden Jugendlichen 20 Schilling, die hier im Budget für die Jugendförderung veranschlagt sind. Wir
freuen uns aber über jeden Betrag, wir freuen uns über die Verdoppelung des Betrages in der Gruppe
5. Wir freuen uns auch, daß für 'die Jugendherbergen Gelder zur Verfügung gestellt werden. Wir
möchten aber nur beleuchten, unter welchen Schwierigkeiten wir diese Jugendarbeit freiwillig und in
unserer Freizeit neben unserer beruflichen und sonstigen Tätigkeit und neben unserem Familienleben
zu leisten haben. Ich möchte deshalb von dieser Stelle aus allen, die für die Jugend so viel
Verständnis haben, vom ganzen Herzen namens der jungen Generation danken.
Eine Ziffer des Budgets möchte ich aber noch anführen. Im Voranschlagsansatz 461-62 ist für die
Erziehungsanstalten ein Betrag von 20,917.000 Schilling enthalten. Das ist ein erschreckend hoher
Betrag. Wir würden es aber begrüßen, wenn wir genügend Jugendheime für unsere Tätigkeit zur
Verfügung hätten, damit sich dieses Verhältnis - zwei Millionen für Jugendförderung und 21 für
Erziehungsanstalten zugunsten der Jugendförderung ändern würde. Aus der Erfahrung wissen wir,
dass die jungen Menschen, die mit 14 Jahren beginnen, selbständig zu werden, einen Schutz suchen,
vor allem Junge Menschen. die aus zerrütteten Familien kommen. Ich selbst habe in meiner
Jugendgruppe in den letzten vier Jahren zwei junge Menschen aus völlig zerrütteten Familien gehabt.
Ich freue mich, daß sie, obwohl sie von Haus aus dazu verurteilt waren, auf die schiefe Bahn zu
kommen, bisher ohne irgendeine Vorstrafe auskamen. Der eine ist vom Bundesheer
zurückgekommen und der andere zum Bundesheer eingerückt. Wir führen das auf unsere Tätigkeit in
der Jugendgruppe zurück, und so könnte es in vielen anderen Fällen auch sein. In gescheiterten
Familien erhalten die Jugendlichen keinen Rat und keine Hilfe. Aus 'diesem Grund bitte ich, daß das
Land Niederösterreich den Weg, Mittel für die Jugendförderung zur Verfügung zu stellen, weiter
beschreitet. Wir glauben gar nicht, daß es, auf lange Sicht gesehen, mehr Geld kosten wird. Es
braucht nur diese Umschichtung von den Erziehungsanstalten zur echten Jugendförderung
einzutreten.
In diesem Sinne werden wir dem Budget auch in dem Punkt zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Das Wort hat der Herr Abg. Laferl.
Abg. LAFERL: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Landtages! Gestatten Sie
mir als Sprecher der nicht Spitalserhaltenden Gemeinden im niederösterreichischen
Krankenanstaltensprengel, einige Worte hier zu sagen.
Als wir im Juli 1957 das Krankenanstaltensprengelgesetz geschaffen hatten, ging ein Aufatmen der
Erleichterung durch dieses Haus, weil man glaubte, daß endlich ein Weg gefunden wurde, der
gangbar ist und der keinen stank belastet. Seither sind kaum acht Jahre vergangen, und wir sehen
jetzt mit Schrecken, was wir mit diesem Gesetz angefangen haben. Wie ein roter Faden zieht sich das
Jahr für Jahr weiter, und mich erbarmt - ich bin offen und ehrlich, es hier zu sagen - schon unser sehr
verehrter Herr Landesrat Wenger, wenn bei den Krankenanstaltensprengelsitzungen immer wieder
das Problem zur Sprache kommt und wir keinen Ausweg finden.
Wir wissen nur eines: Das Defizit beträgt jetzt 138 Millionen Schilling. Alle 1652 Bürgermeister
bekommen die Unterlagen zur Budgeterstellung. Sie sehen, daß der Beitrag der einzelnen
Gemeinden für den NÖKAS wieder um 20 bis 30 Prozent gestiegen ist. Wir hoffen auf Grund der
ausführlichen Referate des Herrn Kollegen Clzidlik und des Herrn Präsidenten Reiter, daß hier endlich
einmal Abhilfe geschaffen wird, denn die kleinen und kleinsten Gemeinden Niederösterreichs können
das nicht mehr ertragen.
Aber ich möchte noch über ein anderes Problem sprechen. Die Gruppe 5 heißt so schön:
Gesundheitswesen und körperliche Ertüchtigung. Im ordentlichen und im außerordentlichen
Voranschlag ist hiefür eine Summe von rund 185 Millionen Schilling vorgesehen. Davon Sind für die
körperliche Ertüchtigung 480.000 Schilling bestimmt, ein Betrag, den man kaum in Promille
ausdrücken kann.
Im Voranschlagsansatz 54-62 sind für den Aeroclub 200.000 Schilling vorgesehen. Ich möchte darauf
aufmerksam machen, daß es in Wiener Neustadt einen Flugring Austria gibt, der einen
Zusammenschluß von jungen Menschen voller Ideale und voller Erwartung darstellt. Sie opfern für
diesen Sport jede freie Stunde und legen jeden Schilling zusammen. Im Jahre 1948 wurde dieser
Flugring mit 24 Mitgliedern gegründet. Damals gab es überhaupt keine Möglichkeit in der
sowjetrussischen Zone zur Ausbildung oder zum Fliegen. Die Jugendlichen nahmen die schwere
Aufgabe auf sich, nach Aigen im Ennstal zu fahren, denn dort bestand die Möglichkeit, diesen Sport
zu betreiben. Was das bei den damaligen Verkehrsbedingungen bedeutete, brauche ich den Damen
und Herren des Hohen Hauses nicht zu sagen. Aber trotzdem waren diese Menschen nicht
unterzukriegen. Kaum hatte am 19. September 1955 der letzte fremde Soldat österreichischen Boden
verlassen, mieteten sie sofort ein eigenes Gebäude auf dem Flugplatz Wiener Neustadt, das sie auf
eigene Kosten aufbauten und instand setzten. Sie brachten die Geldmittel selbst auf, um diesen Sport
ausüben zu können. Am 6. November 1955 konnte endlich auf dem heimatlichen Flugplatz der
Flugbetrieb aufgenommen werden. Sie können sich denken, was es bei der Jugend für eine
Begeisterung ausgelöst hat, als das erste Segelflugzeug in die Höhe gezogen wunde. Diese
Menschen haben weitergearbeitet. Sie haben die Motorseilwinde und die Flugzeuge mit eigenem Geld
selbst gebaut, sie haben also große finanzielle Opfer dafür gebracht. Natürlich ist heute, nach zehn
Jahren, das Material abgenützt. Der Voranschlagsansatz von 200.000 Schilling gebührt ja allen 24
Segelsportvereinigungen, und man kann sich leicht ausrechnen, was da auf eine entfällt.
Aber nicht nur das. Dieser Flugring hat heute bereits sechs Segelflugzeuge. Das alles haben diese
jungen Menschen selbst geleistet. In ausbildungsmäßiger Hinsicht steht der Flugring Wiener Neustadt
in Niederösterreich an erster Stelle. Bis jetzt wurden 87 Segelflieger ausgebildet. In den letzten Jahren
wurde diese Ausbildung so vorangetrieben, daß heute der Flugring von allen Sportvereinigungen an
der Spitze steht. Im Jahre 11963 wunden in ganz Niederösterreich 27 Segelflieger ausgebildet, davon
allein vom Flugring Austria elf, der Rest von den übrigen Vereinen. Sie sehen daher, sehr geehrte
Damen und Herren des Hohen Hauses, daß diese jungen Menschen wirklich mit Idealen, mit Opfern,
mit Arbeit und mit Mut darangehen, !diesen Sportzweig in die Höhe zu bringen; aber allein können sie
es nicht mehr schaffen.
Auch in leistungsmäßiger Hinsicht stehen sie an der Spitze. Waren noch 1963 1500 Flugkilometer
aufzuweisen, so sind es jetzt bereits 3082 Kilometer. 18 besitzen das silberne Leistungsabzeichen,
einer das goldene mit Brillanten. Ich glaube, wir können auf diese Jugend im Raum von Wiener
Neustadt stolz sein.
Der Leistungsflug muß gesteigert werden. Das ist aber nur möglich, wenn die Landesregierung eine
Unterstützung gewährt. Ein Schleppflugzeug muß unter allen Umständen angeschafft werden. Es ist
schon eine Verbindung mit dem Österreichischen Aeroclub aufgenommen worden. 50.000 Schilling
haben diese jungen Menschen bis jetzt selbst zusammengebracht. Ich halte es für recht und billig,
auch diesen Sportzweig zu fördern.
Zum Schluß möchte ich noch zu den Bemerkungen des Herrn Kollegen Czidlik, der über die
Lärmentwicklung des Wärmekraftwerkes gesprochen hat, einige Worte sagen. Von uns Herren und
Damen im Hohen Haus bin ich nämlich nach ihm der nächste Nachbar. Herr Cizidlik Wird zwei oder
drei Kilometer Luftlinie weit weg sein und ich ungefähr sieben oder acht Kilometer.
Herr Czidlik führte aus, daß das Wärmekraftwerk Peisching der NEWAG in der Nacht eine kolossale
Lärmentwicklung verursache, so daß tausende Menschen in der Umgebung, inklusive der Kleinkinder,
nicht schlafen könnten. Es wäre ungefähr so, als würde man vor einem Schlafzimmerfenster eine
Lokomotive, die ununterbrochen Dampf läßt, oder einen Lastwagen mit laufendem Motor aufstellen.
Es kommt zu einer Lärmentwicklung, daß es die Leute fast aus dem Bett herausreißt. (Heiterkeit.) Der
Abgeordnete sei wohl klein Techniker, um festshellen zu können, ob diese Lärmentwicklung
vermeidbar wäre, aber er ersuche den Sanitätsdirektor, eine Untersuchung durchzuführen, ob diese
Lärmentwicklung noch für die menschliche Gesundheit tragbar sei oder ob schon Schäden verursacht
würden und abgestellt werden müßten. Wenn es sich um kleine Gewerbetreibende handelt, geht man
in solchen Fällen sehr streng vor. Man möge daher auch im eigenen Bereich - also im Bereich der
NEWAG - entsprechende Maßnahmen setzen.
Sehr geehrter Herr Kollege! Ich trete namens meiner Fraktion dieser Anregung, eine Prüfung der
Lärmtätigkeit und Lärmstärke vorzunehmen, absolut bei, da ich davon überzeugt bin, daß diese
Behauptungen nicht nur übertrieben, sondern sogar von der Wahrheit weit entfernt sind. Eine
Lärmentwicklung, die für die Anrainer von Bedeutung sein könnte, gibt es nur beim Anlaufen und beim
Abstellen der Turbinen, hervorgerufen durch das heftige Ansaugen der Verbrennungsluft. Es wird
doch niemand ernsthaft annehmen, daß die Techniker von Peisching keine bessere Beschäftigung
haben als die Turbinen dauernd anlaufen zu lassen und wieder abzustellen. Die Inbetriebnahme des
Werkes erfolgt - und das wissen die Damen und Herren des Hohen Hauses - hauptsächlich dann,
wenn bei Strombedarfspitzen der Bundeslastverteiler, der wohl den Herren von der Linken bekannt
sein dürfte diesbezügliche Anordnung trifft. übrigen gehen diese Anordnungen- zentral an alle Werke,
die zur Stromversorgung eingesetzt werden können. Es muß her dann auch das Wärmekraftwerk
NEWAG in Peisching dieser Anordnung Folge leisten. Soviel zum technischen Problem. Wir sind aber
absolut dafür, dass Sanitätsdirektion von Niederösterreich diese Angelegenheit untersucht. Es ist aber
nur die Sanitätsdirektion allein dafür zuständig, was der Herr Kollege Czidlik auch wissen wird,
sondern es sind eine Anzahl von Behörden, die für die Bekämpfung der Lärmbelästigung zuständig
sind und hier natürlich mitzureden haben. Das ist vor allem die Gewerbebehörde. (Abg. Czidlik: Der
Herr Bezirkshauptmann!) Der Herr Abg. Czidlik hätte daher schon langst die Möglichkeit gehabt, diese
Unsitte (Heiterkeit links) - oder wie man es sonst nennen will - abzustellen, anstatt hier die Damen und
Herren des Hohen Hauses, immerhin 56 Abgeordnete, in Anspruch zu nehmen. Man hatte ohne
weiteres bei der zuständigen Stelle intervenieren können, denn das ist ein gutes Recht des
Abgeordneten. Wahrscheinlich reißt es auch ihn in der Nacht aus dem Bett. Herr Kollege Czidlik Ich
möchte Sie bitten, genauestens hinzuhören: Vielleicht hört man auch das Quietschen der roten
Wühlmäuse. (Beifall bei der ÖVP. - Heiterkeit im Haus.)
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Herr Landesrat Wenger hat das Wort.
Landesrat WENGER: Meine Damen und Herren! Zur Gruppe 5 haben die Abgeordneten Buchinger
und Dr. Brezovszky der Jugendförderung das Wort geredet. Das gilt gleichermaßen für die Gruppe 4.
Wir sind natürlich bemüht, wo immer es irgendwie geht, der Jugend insbesondere in finanzieller
Hinsicht Hilfe zuteil werden zu lassen. Wenn Herr Dr. Brezovszky die Gesamtsumme der
Landessubvention durch die angenommene Anzahl der Jugendlichen dividiert hat, dann ist es
natürlich klar, daß nur der geringfügige Betrag von 20 Schilling pro Jugendlichen herauskommt. Meine
Damen und Herren! Anderseits muß man jedoch berücksichtigen, daß nicht das Land allein die
Jugendförderung in finanzieller Hinsicht betreiben kann, sondern daß sich auch andere Institutionen
daran beteiligen müssen und letzten Endes alle diese Subventionen nur eine Förderung darstellen,
die die Jugend anregen soll, zur Gestaltung der Jugendarbeit das Ihrige beizutragen, wozu sie
sicherlich, wenn auch nur in bescheidenem Maße, imstande ist.
Der Herr Abg. Binder hat die Heil- und Pflegeanstalt Gugging erwähnt. Alles, was er vorgebracht hat,
ist berechtigt, und ich hoffe sehr und appelliere an den Herrn Finanzreferenten, daß wir erstens mit
Hilfe des Nachtragsbudgets in die Lage versetzt werden, der Feuergefahr besser begegnen zu
können, und zweitens im nächstjährigen Budget genügend dotiert ist, um eine Auflockerung des
Patientenbelages in der Anstalt durchführen zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Besonders interessant in der Gruppe 5 war die Diskussion
über das Krankenanstaltenwesen beziehungsweise die mögliche Krankanhaussanierung und daran
anschließend die Frage des Krankenhauses Mistelbach. Bezüglich der Sanierung unserer
Krankenanstalten erwartete ich mit besonderem Interesse die Ausführungen des Herrn Präsidenten
Reiter, und ich glaubte schon, das Ei des Kolumbus in greifbarer Nähe zu haben. Der Herr Präsident
hat mich aber insofern enttäuscht, als ich in seinen Darstellungen fast wortwörtlich - Sie mögen mir
diesen Ausdruck entschuldigen - das Konzept des Herrn Finanzministers erkennen mußte. Der Herr
Finanzminister hat nämlich vor kurzem einer bei ihm vorsprechenden Delegation dasselbe Konzept
entwickelt und letzten Endes der Meinung Ausdruck gegeben, dass erstens keine kostendeckenden
Verpflegungsgebühren erstellt würden und zweitens eine Sanierung dadurch herbeigeführt wenden
müßte, daß die Krankenkassen in verstärktem Maße zur Zahlung der Verpflegungskosten
herangezogen werden, wobei der Nachlaß, der ihnen bisher gewährt wird, wesentlich zu verringern
Ware. Meine Damen und Herren! Eine Verringerung des Nachlasses – wir haben schon des Öfteren
darüber diskutiert - würde ungeheure Auswirkungen haben. Ich übertreibe durchaus nicht, wenn ich
sage ,,ungeheure Auswirkungen". In erster Linie würde die Landes-Landwirtschaftskammer nicht mehr
lebensfähig sein und die eben neu entstehende Bauernkrankenkasse könnte nicht mehr wirksam
werden, weil sie nicht in der Lage wäre, diese Belastungen zu übernehmen. Außerdem würden die
bisher gesunden Krankenkassen Not leidend werden und müßten zunächst einmal die
satzungsmäßigen Mehrleistungen einschränken oder sogar einstellen. Dadurch würden die Reallöhne
der Arbeiter und die Realgüter der Angestellten wesentlich gesenkt, was nicht übersehbare Lohn- und
Gehaltsforderungen nach sich ziehen würde. Das ist eine Problematik, mit der wir uns bereits in den
verschiedensten Körperschaften und auch in den niederösterreichischen Krankenanstaltensprengeln
auseinandergesetzt haben. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht und .öffentliche Anlässe immer
dazu benützt, um klarzustellen, woraus die Defizite der Krankenanstalten entstehen. Ich habe nie
gezögert, immer wieder offiziell zu erklären, daß alle Defizite aus den Minderleistungen der
Krankenanstalten entstehen. Es gibt keine andere Ursache. Den Grund kennen wir alle zur Genüge.
Wir wissen aber auch alle, daß durch eine Änderung dieses Systems beziehungsweise eine
Mehrbelastung der Kassen unabsehbare Folgen entstehen würden, die nicht nur die
Kassenangehörigen, sondern darüber hinaus alle Gemeinden und die gesamte Bevölkerung betreffen
würden.
Erstmalig hat Herr Präsident Reiter die Meinung vertreten, daß die Verpflegungskosten insofern nicht
kostendeckend sind, als der Errichtungsaufwand in der Verpflegungskostenberechnung nicht
einkalkuliert wird, und er hat zugegeben, daß nach den gesetzlichen Bestimmungen dazu keine
Möglichkeit besteht. Das stimmt auch so. Es müßte das Grundsatzgesetz geändert werden, denn
nach dem Grundsatzgesetz haben wir keine Möglichkeit, den Errichtungsaufwand und die
Pensionslasten in die Verpflegungskosten einzukalkulieren und daraus dann die Höhe der
Verpflegungskosten zu berechnen. Um eine solche Änderung herbeizuführen, müßte erst das
Grundsatzgesetz des Bundes ei ner Änderung unterzogen werden. Aber 10 Prozent und nicht mehr
Nachlaß ifür die Krankenkassen, das ist eine alte Formel, und wir haben ihre Auswirkungen so
gründlich diskutiert, dass wir darauf (kaum einen Einfluß nehmen können. Eine Aufkündigung der
Verträge auch darüber müssen wir uns klar sein - würde wahrscheinlich auch verhältnismäßig lange
Zeit einen Zustand bringen, währenddem die Spitäler selbst die Verpflegungskosten von den
Patienten eintreiben müßten, weil die Kassen in der Zwischenzeit dazu ja nicht verpflichtet wären.
Man kann also die Dinge betrachten, wie man will; mit dieser Formel, wie sie der Herr Finanzminister
als Genesungstherapie vorschlägt und die nun Herr Präsident Reiter ebenfalls übernommen hat,
glaube ich, werden wir die Spitäler nicht kurieren können. Wir könnten den Versuch einmal auf Kosten
der Lebenshaltung der gesamten niederösterreichischen Bevölkerung unternehmen, ich glaube aber,
daß das kein erstrebenswertes Ziel ist, daß wir dem nicht unbedingt zustimmen können. Bei
Behandlung der Frage, den Errichtungsaufwand in die Verpflegungskosten einzubeziehen, müsste
auch folgendes erörtert werden: 60 Prozent zahlt das Land, 40 Prozent bringen die Gemeinden selbst
auf, das würde also heißen, daß dann der Errichtungsaufwand zur Gänze wegfallen würde. Ich darf
daher nochmals sagen, ich glaube nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß das ein
gangbarer Weg ist, um die Krankenanstalten zu sanieren. Wir haben uns alle zusammen bisher in der
Richtung bewegt, daß die Leistungen des Bundes doch erhöht werden müßten. Wir haben innerhalb
der Krankenanstaltensprengel einen Ausschuß gebildet, den wir in allernächster Zeit einberufen
werden. Innerhalb dieses Ausschusses - der paritätisch beschickt ist - werden wir uns mit dieser Frage
so gründlich befassen, daß wir dann über ein Ergebnis oder vielleicht auch über eine Ergebnislosigkeit
auf Grund der beharrlichen Weigerung des Bundes, mehr beizutragen, berichten können. Ich darf
aber doch erklären, daß ich Hoffnung darauf setze, daß bei den Finanzausgleichsverhandlungen ein
Ergebnis zustande kommt, auch ohne diese katastrophale Maßnahme, die heute erörtert wurde,
ernstlich in Erwägung zu ziehen. Was die Frage Krankenhaus Mistelbach anbelangt, darf ich sagen,
daß ich nicht glaube, daß andere Gemeinden sofort kommen und versuchen würden, dem Land den
Schlüssel zu übergeben. Ich spreche allen anderen Gemeinden das Recht ab, in diesem Sinne
vorzugehen. Dazu berechtigt ist lediglich die Krankenanstalt Mistelbach deshalb, weil sie keinen
Besitzer hat, weil es sich noch immer um ungeklärtes Landkreisvermögen handelt und die
Stadtgemeinde Mistelbach daher nicht der Besitzer ist; allenfalls könnte noch das Krankenhaus
Lilienfeld in Frage kommen, bei dem die gleichen Verhältnisse vorliegen, aber der Bezirk Lilienfeld hat
sich inzwischen eine Verwaltung aufgebaut, die als tragfähig bezeichnet werden kann. Ich glaube
auch nicht, daß die anderen Gemeinden kommen würden, weil die Sanierung der Krankenanstalten
unerläßlich ist, sie muß in allernächster Zeit meiner Meinung nach durchgeführt werden, ob so oder
so, denn man kann diesen Gemeinden nicht zumuten, daß sie ihre wichtigsten anderen Aufgaben
zugunsten ihrer Krankenanstalt, zugunsten von Patienten, die gar nicht aus dem Ort sondern aus den
engeren und weiteren Einzugsgebieten dort Heilung suchen, vernachlässigen. Die Sanierung der
Krankenanstalten wird also in absehbarer Zeit erfolge müssen und eine sanierte Krankenanstalt für
eine Gemeinde keine Belastung, sondern kann im Gegenteil ein Schmuckstück sein kann außerdem
der Gemeinde eine von Einnahmen ermöglichen, kann Personalverwaltung bringen und außerdem
das Ansehen, daß sie infolge einer guten ärztliche Betreuung für das Wohl der gesamten Bevölkerung
etwas tut. Ich denke daher im Entferntesten daran, daß Spitalerhaltende Gemeinden den Wunsch
haben, ihr Krankenhaus dem Land zu übergeben, es einfach abzustoßen.
Zum Schluß darf ich noch auf die von den Herren Abgeordneten Czidlik und Laferl besprochenen
Gefahren zurückkommen, die nunmehr im Zuge der technischen Entwicklung durch verstärkte Raumund Lärmplage, Strahleneinwirkungen, die technisch schnelleren Verkehrsmittel usw. vor uns stehen.
Zweifellos bringen diese neuen Gefahren auch neue Krankheiten mit sich, diese erfordern wieder
neue Behandlungsmethoden, neue Medikamente, und es wäre um eine Gesundheitsverwaltung
schlecht bestellt, wenn sie nicht allen diesen neuen Erscheinungen Rechnung tragen und vorkehren
würde, soweit es im Bereich der Möglichkeit liegt. Ich darf versichern, daß vom Sanitätsreferat und
von allen zuständigen Stellen der Gesundheitsverwaltung alles getan wird, um diesen neuen
Gefahren ebenso zu begegnen, wie wir ja auch imstande waren, den althergebrachten Gefahren
entgegenzuwirken. Daß wir wirksam abhelfen konnten, zeigt allein die Tatsache, daß die
Kinderlähmung heute fast zu den unbekannten Krankheiten in unserem Land gehört. Ich glaube
daher, dass allen, die im Land Niederösterreich mit dieser Aufgabe betraut sind, die Anerkennung
auch des Hohen Hauses gebührt. (Beifall im ganzen Haus.)
DRITTER PRÄISIDENT REITER: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Czidlik.
Abg. CZIDLIK: Hohes Haus Ich habe mich nicht zu den Ausführungen des Abgeordneten Laferl zum
Wort gemeldet – gewisse NEWAG Geräusche werden mit Gewalt in Weikersdorf nicht gehört -,
sondern deshalb, weil ich den Resolutionsantrag, den ich anläßlich meiner Ausführungen eingebracht
habe, zurückziehe und in et)was schärfer ausgearbeiteter Form neuerdings einbringe. Der
Resolutionsantrag lautet nunmehr (liest):
Der Hohe Landtag wolle beschließen: Die Landesregierung wird aufgefordert, bei den Verhandlungen
über den neuen Finanzausgleich mit allem Nachdruck bei der Bundesregierung dahin zu winken, daß
die finanziellen 'Belastungen der Spitalerhaltenden Gemeinden, die ihnen aus der Erhaltung und dem
Betrieb der allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten erwachsen, entsprechend gemindert werden.
Ich bitte um Annahme.
DRlTTER PRÄSIDENT REITER: Die Rednerliste ist erschöpft. Das Schlußwort hat der Herr
Berichterstatter.
Berichterstatter Abg. ANZENBERGER: Ich verzichte auf das Schlußwort.
DRITTER PRÄSIDENT REITER: Ich bitte den Berichterstatter, nunmehr den Antrag zu der Gruppe 5,
Gesundheitswesen und körperliche Ertüchtigung, ordentlicher und außerordentlicher Voranschlag, zu
stellen. (Geschieht.) (Nach Abstimmung über Gruppe 5, Gesundheitswesen und körperliche
Ertüchtigung, im ordentlichen und außerordentlichen Voranschlag in Erfordernis und Bedeckung:)
Angenommen
Ich bitte nun den Herrn Berichterstatter, den Resolutionsantrag des Herrn Abgeordneten Czidlik zu
verlesen. (Geschieht.) (Nach Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Czidlik, betreffend
eine Minderung der finanziellen Belastungen der Spitalserhaltenden Gemeinden:) Angenommen.
Ich unterbreche die Beratungen über den Voranschlag des Landes Niederösterreich. Die nächste
Sitzung des Landtages findet morgen, Donnerstag, den 4. Februar 1965, um 9 Uhr statt. Die
Beratungen über den Voranschlag werden mit der Spezialdebatte über die Gruppe 6 fortgesetzt.
Die Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung um 20 Uhr 13 Minuten.)
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