Hotelmanagement AL 1 1 Preispolitik in Hotellerie und Gastronomie Die Preispolitik in der Gastronomie wird oft lediglich als ein kalkulatorisches Problem angesehen. Nur so ist es zu verstehen, dass namhafte Betriebswirtschaftler und manche renommierte Beratungsgesellschaften ihrem Abnehmerkreis ein vorgefertigtes „Preiskalkulationskonzept“ empfehlen. . Hierbei fällt die kostenorientierte Preisfestsetzung schon im Verpflegungsbereich recht unterschiedlich aus; von der kumulativen und selektiven Zuschlagskalkulation über das stets neuentwickelte Faktorverfahren zu den Feinheiten der Deckungsbeitragsrechnung auf der Basis detaillierter Kostenstellenrechnung. Demgegenüber hat sich der reine Marketingfachmann aus jener buchhalterischen Mentalität gelöst und stellt zunächst fest, dass nicht die Kosten, sondern der Markt die Preise bestimmen muss. Unter dem Motto „ Der Preis bestimmt die Kosten“ spricht man dann von Produktrationalisierung und meint damit, Produkt- und Serviceleistung von allen nebensächlichen Bestandteilen befreien zu müssen, die der Gast nicht zu zahlen bereit ist. Unter dem Deckmantel der Preisdifferenzierung nach zeitlichen Kriterien, nach Umsatzvolumen, nach verschiedenen Käuferschichten und nach der Stufe des Absatzweges werden für den Beherbergungsbetrieb oft die „vom Markt bestimmten Preise“ in einem nur kurzfristig erfolgreichen „Dumping Verfahren“ festgesetzt. Zusätzlich hört und liest man von unzulässigen Preisunterbietungen, Rabattgewährungen, die nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen des Rabattgesetztes, der Zugabeverordnung und dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb zu vereinbaren wären. So manchen bildungshungrigen Gastronomen fällt die Auswahl von der hier aufgezeigten „preispolitischen Speisekarte“ schwer. Folgende Ausführungen zur Preispolitik sollen Übersicht schaffen, keinesfalls aber Werturteile in der Preisgestaltung zum Ausdruck bringen. In der Fachliteratur wird meist unabhängig voneinander zwischen der nachfrageorientierten konkurrenzorientierten kostenorientierten = marktorientierten = marktorientierten Preispolitik unterschieden. Nachfragenorientierte Preispolitik Hierbei handelt es sich um eine Preispolitik, die sich an der Ausgabebereitschaft der Käuferzielgruppen orientiert. Man möchte herausfinden, wie viel der potentielle Gast für eine bestimmte Produktqualität auszugeben bereit ist. Die Kosten sollen dann dementsprechend angepasst werden. Diese Preisfindung am Markt erschient schon deshalb sehr schwierig, weil die subjektive Wertschätzung der Gäste für ein und dieselbe Produktqualität sehr unterschiedlich ausfallen und die von Haus aus hohe Fixkostenbelastung nur bedingt dem Verkaufspreis entsprechend abgebaut werden kann. Dazu verhalten sich die Käuferzielgruppen keineswegs homogen, wenn es um das Thema „ Produktrationalisierung „ geht. Die erhöhte Markttransparenz (Durchschaubarkeit des Marktes) ermöglicht mehr denn je gezielte Preis- und Leistungsvergleiche für den Gast. Gerade hier versuchen viele Gastronomen, durch eine Politik der Produktdifferenzierung Präferenzen für ihre Leistungsangebote zu erzeugen, um dann FOL Erwin Kastner Zell im Zillertal, am 15.05.16 Hotelmanagement AL 1 2 ein wenig autonomer in der Preisgestaltung vorgehen zu können. Mit einem bestimmten differenzierten Angebot versucht man, innerhalb gewisser Grenzen, die Preise zu erhöhen, ohne eine negative Reaktion der Nachfrage befürchten zu müssen. Allerdings erfolgt die Reaktion der Käufer auf Preisvariationen häufig schneller als auf Produktdifferenzierungen. Von der saisonalen Preisdifferenzierung einmal abgesehen, bringt die Niedrigpreispolitik als Preiskampfansage am Markt mit Überkapazitäten langfristig gesehen erhebliche Nachteile mit sich: Bei den Zimmerpreisen kann man keine allzu großen Preisunterschiede im Hinblick auf das Volumen vornehmen, sondern sollte einen einheitlichen Preis für Gruppen und Tours zur Anwendung bringen. Der Einzelgast ist nicht dazu da, die Gruppenpreise zu subventionieren. Hat man einmal ein niedriges Preisniveau erreicht, erschient es fast unmöglich, die Preise rechtzeitig und gewinnorientiert anzuheben. Ist das Preisgefüge einmal ins Wanken geraten, werden Hoteliers von den Veranstaltern untereinander ausgespielt. Durch die Tiefpreispolitik wird das Niveau der zu erwartenden Gästen erheblich beeinträchtigt. (Das Niveau eines Hotels ist auf Dauer nie höher als das Niveau seiner Gäste.) Eine Niedrigpreispolitik hat betriebswirtschaftlich nur einen kurzfristigen Erfolg, wenn sie nicht von mehreren Marktteilnehmern gleichzeitig ausgeübt wird. „Umsatz um jeden Preis“ kann zwar mehr Arbeit, keinesfalls aber mehr Gewinn bedeuten. Konkurrenzorientierte Preispolitik In der Gastronomie ist häufig ein konkurrenzorientiertes Verhalten zu beobachten. Die preispolitischen Probleme erschienen hier vereinfacht, man übernimmt das Preiskonzept der Konkurrenz in der Hoffnung, mit dem gleichen Kostenapparat zu arbeiten und marktgerecht anbieten zu können. Grundsätzlich kann diese Politik nicht optimal sein, weil man ja nie in der Lage sein wird, weder einen Vorsprung auf die Konkurrenz zu erreichen, noch zu einer Präferenzbildenden Differenzierung der eigenen Leistung gegenüber der Konkurrenz zu kommen. Man wird am Markt erst reagieren, wenn Gewissheit darüber herrscht, ob das Preisverhalten der Konkurrenz einen Erfolg oder Misserfolg gebracht hat. Natürlich erhöht eine dauernde Preisanpassung an die Konkurrenz die Preisglaubwürdigkeit des eigenen Unternehmens. Die soziale Marktwirtschaft kennt als bestimmtes Ordnungsprinzip den freien Wettbewerb. Dabei sind Preisunterbietungen grundsätzlich ein erlaubtes Mittel im Wettbewerb, denn darauf beruht die Leistungsauslese und die Erträglichkeit des freien Wettbewerbes für die Allgemeinheit. Allerdings, wenn der ständige Verkauf zu Verlustpreisen(unter dem Selbstkosten) und örtliche Preisdifferenzierungen planmäßig gegen bestimmte Mitbewerber erfolgen, dann verstößt dieser Vernichtungswettbewerb gegen § 1 des Gesetztes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). FOL Erwin Kastner Zell im Zillertal, am 15.05.16 Hotelmanagement AL 1 3 Kostenorientierte Preispolitik Neben all den verschiedenen Kalkulationsansätzen, die in der Praxis doch meist auf das tatsächliche vorhandene Zahlenmaterial und auf bestehende Abrechnungsverfahren aufbauen müssen, ist eine kostenmäßige Ermittlung der wirtschaftlichen Konsequenzen einer selbst rein marktorientierten Preisbildung unerlässlich. Die Kostenrechnung wirkt hier zumindest als Kontrollmittel und ist sicherlich jeder rein gefühlsmäßigen Preisfestsetzung vorzuziehen. Vor- und Nachkalkulationen bilden eine Basis, auf die jeder Gastronom gerne aufbaut. Dass das betriebliche Kostendenken keineswegs allein den Preis bestimmen kann, hat auch Professor Walterspiel treffend unter der Überschrift „Kommerzialisierung freier Güter“ herausgestellt. Luft Wasser, Klima, Landschaft, Sehenswürdigkeiten – der besondere Standort des gastronomischen Betriebes – lassen in ihrer Attraktivität oft ein überhöhtes Preisniveau zu , das in keinem Kalkulationsschema nachprüfbar erfasst wird. Um auch einen Beitrag zur kostenorientierten Preispolitik zu leisten, soll im folgenden versucht werden, eine Antwort auf die Frage zu finden. „ Wie und welche Artikel der Speisekarte müssen um wie viel erhöht werden, wenn der Warenaufwand, der Personalaufwand und der übrige Gesamtaufwand voraussichtlich ansteigen werden?“ Die meisten Kalkulationsverfahren geben zwar eine Anleitung, wie man Preise kostenorientiert festsetzten sollte, sagen aber nichts darüber aus, wie das Artikelprogramm auf halbjährlicher oder jährlicher Basis an veränderte Kostensituationen angepasst werden kann. Hierbei muss gelten: Preiserhöhungen dürfen nur auf selektiver Basis und nicht für alle Artikel gemeinsam vorgenommen werden. FOL Erwin Kastner Zell im Zillertal, am 15.05.16