7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Ästhetik durch gesundes Zahnfleisch und natürlich aussehende Zähne (Es gilt das gesprochene Wort) Prof. Dr. Dr. Hans Jörg Staehle Die Ästhetik der Mundregion hängt u. a. davon ab, ob sich die Zahnreihen in Form und Farbe harmonisch in die individuelle Erscheinung eines Menschen einfügen. Neben den Zahnhartsubstanzen sind aber auch die umliegenden Gewebe, besonders das Zahnfleisch (Gingiva) zusammen mit den darunter liegenden zahntragenden Strukturen des Zahnhalteapparates (marginales Parodont) für die Ästhetik von großer Bedeutung. Wohlgeformtes, entzündungsfreies Zahnfleisch und frischer Atem tragen mindestens genauso zu einem attraktiven Äußeren bei wie die Form und Farbe von Zähnen. Korrekturen der Ästhetik sollten deshalb möglichst mit einer Zahnfleischbehandlung beginnen, wenn entsprechende entzündliche Veränderungen vorliegen. Oftmals sind sogenannte professionelle Zahnreinigungen, gepaart mit einem individuellen Mundhygienetraining zur Initialbehandlung ausreichend. Die Zahnoberflächen werden dabei zunächst mit verschiedenen Instrumenten von harten und weichen Zahnbelägen befreit. Die bakterienhaltigen, oftmals gelb oder braun gefärbten Zahnbeläge (auch mikrobielle Plaque genannt) müssen nicht nur wegen ihres störenden Aussehens entfernt werden, sondern auch deshalb, weil sie für das Auftreten von Entzündungsreaktionen verantwortlich sind. Meist sind sie auch der Grund für Mundgeruch. Falls D:\75881836.doc 2 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg erforderlich, werden vorhandene Zahnrestaurationen wie Füllungen oder Überkronungen nachgearbeitet, z. B. durch Beseitigung überstehender Ränder, um für den Patienten optimale Voraussetzungen für die Zahnreinigung zu ermöglichen. Man nennt diesen sehr wichtigen Arbeitsgang „Schaffung hygienefähiger Verhältnisse“. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, werden die für einen Patienten optimalen Mundhygienehilfsmittel ausgesucht und ihre Handhabung demonstriert. Besonderen Wert sollte man auf die Reinigung schwer zugänglicher Zahnzwischenräume legen, da sie Nischen für mikrobielle Plaque darstellen. Neben Handzahnbürsten und elektrischen Zahnbürsten kommen hierfür als Hilfsmittel vor allem Zahnseiden und Zahnzwischenraumbürsten in Frage. Sie müssen in ihrer Größe individuell ausgewählt werden. Zu dünne Zwischenraumbürsten, die ohne Widerstand in den Zahnzwischenraum eingeführt werden, sind nämlich wenig effektiv, zu dicke Zahnzwischenraumbürsten können hingegen die kontaktierten Gewebe verletzen. Wenn entzündungsfreie Zahnfleischverhältnisse vorliegen, können solche Zähne, die in ihrer Form oder Farbe die Ästhetik stören, gezielte Korrekturen erfahren. Früher mussten Farb- und Formkorrekturen von Zähnen oftmals mit massiven Verlusten gesunder Zahnhartsubstanzen erkauft werden. Die Zähne wurden stark beschliffen und mit Vollüberkronungen versehen. Eine etwas schonendere aber immer noch mit erheblichem Abtrag von Zahnsubstanz einhergehende Behandlung stellte das Eingliedern von Verblendschalen (sogenannten Veneers) dar. Bei künstlichen Kronen und Veneers handelt es sich um Werkstücke, die in der Regel in einem zahntechnischen Labor angefertigt und vom Zahnarzt mit Befestigungsmaterialien an den Zähnen fixiert werden. Man spricht von indirekten (laborgefertigten) Techniken. Obwohl diese konventionellen Behandlungsverfahren auch heute noch in vielen Fällen angebracht sind, kommen in bestimmten klinischen Situationen in der Zwischenzeit wesentlich substanzschonendere Alternativen zur Verbesserung der Ästhetik zum Einsatz. Zum einen handelt es sich hierbei um Farbkorrekturen mittels spezieller Bleichverfahren, die ein gezieltes Aufhellen verfärbter Zähne erlauben. Zum anderen können heute Formkorrekturen vorgenommen werden, die keine größeren Zahnpräparationen mehr erfordern. Mittels zahnfarbener Materialien, die an die vorhandenen Zahnsubstanzen angeklebt werden, D:\75881836.doc 3 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg können Zähne in ihrer Breite, ihrer Länge, ihrer Form und ihrer Oberflächenstruktur direkt im Mund des Patienten korrigiert werden. Damit können z. B. kleinere Zahnlücken geschlossen oder schiefstehende Zähne „geradegerückt“ werden. Manchmal lässt sich durch direkte Formkorrekturen nicht nur die Ästhetik, sondern gleichzeitig auch die Funktion und Hygienefähigkeit von Zähnen verbessern. Die zu diesen Zwecken heute zur Verfügung stehen zahnfarbenen Materialien sind aus Kunststoffen und anorganischen Füllstoffen (z. B. Quarzgläser) zusammengesetzt. Es handelt sich um sogenannte Komposite. Obwohl sie in ihren Eigenschaften noch nicht alle Anforderungen erfüllen, die zahnärztlicherseits an sie gestellt werden, so hat sich besonders ihre Farbbeständigkeit und Verschleißfestigkeit inzwischen soweit verbessert, dass sie für immer größere Anwendungsbereiche einsetzbar werden. Angesichts des hohen Stellenwerts, den heute viele Menschen der Ästhetik ihrer Zähne zumessen, kann davon ausgegangen werden, daß Verfahren zur Farb- und Formkorrektur von Zähnen künftig immer größere Verbreitung finden. Aus Gründen der Zahnsubstanzschonung kommt dabei den oben beschriebenen direkten Verfahren eine immer stärkere Bedeutung zu. Da dem Zahnarzt hierbei keine Werkstücke zur Verfügung stehen, die im zahntechnischen Labor hergestellt wurden, sondern alle Prozeduren direkt im Mund des Patienten vorgenommen werden, ergeben sich besonders hohe Anforderungen an die Qualifikation des Behandlers. Außerdem sind diese Maßnahmen mit einem beträchtlichen Zeitaufwand verbunden. Oftmals dienen Farb- und Formkorrekturen nicht ausschließlich der Verbesserung der Ästhetik. Sie können auch als Begleitmaßnahmen angebracht sein, wenn der Zahnarzt aus anderen Gründen (zum Beispiel kariologischer, parodontaler oder funktioneller Art) ohnehin an den betroffenen Zähnen tätig werden muss. Dies führt zunehmend zu Überlappungen zwischen medizinisch notwendigen und medizinisch fakultativen Behandlungen im Sinne einer Kombination von „Need Dentistry“ und „Want Dentistry“. D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Die Bedeutung des Parodonts für die Allgemeingesundheit (Es gilt das gesprochene Wort) Dr. Christof Dörfer Neue wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Parodonts) Auswirkungen auf das Entstehen und den Verlauf von Allgemeinerkrankungen haben. Dazu zählen in erster Linie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall, die nach wie vor als die häufigste Todesursache in den Industrieländern gelten. Darüber hinaus sind Zusammenhänge zwischen dem Vorliegen einer Parodontitis und dem Insulinbedarf von Diabetikern, dem Auftreten chronisch rezidivierender Bronchitiden und Pneumonien, der Häufigkeit von Komplikationen bei der Schwangerschaft, dem Geburtsgewicht von Neugeborenen bis hin zum Verhalten und zum psychosozialen Status einer Person beschrieben. Bis auf den letzten Punkt, bei dem Aussehen und Funktion des Gebisses als ursächlicher Zusammenhang gesehen werden, werden für die Assoziationen zwischen Parodontitis und den anderen aufgeführten Erkrankungen die in den Zahnbelägen (Plaque) in großer Zahl vorhandenen Mikroorganismen verantwortlich gemacht. Aus der über dem Zahnfleischrand befindlichen „supragingivalen“ Plaque können durch Aspiration („Einatmen“) D:\75881836.doc 2 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Mikroorganismen in die Atemwege gelangen. Dabei kann es sich entweder um primäre Keime der Mundhöhle handeln, die direkt eine Bronchitis oder Pneumonie verursachen. Alternativ können Erreger von Bronchitiden nach Abklingen der klinischen Symptome in der oralen Plaque ein Refugium finden, aus dem heraus bei Verschlechterung der Abwehrlage des Patienten eine Reinfektion der Atemwege erfolgt. Aus der unter dem Zahnfleischrand befindlichen „subgingivalen“ Plaque werden durch mechanische Belastung des Zahnhalteapparates (z. B. beim Kauen) Mikroorganismen aus der Zahnfleischtasche in das Gewebe verdrängt und gelangen so in die Blutbahn. Das Risiko für eine solche sogenannte Bakteriämie ist einerseits abhängig Beanspruchung, vom Ausmaß andererseits aber der mechanischen vor allem vom Entzündungszustand der den Zahn umgebenden Gewebe, der wiederum durch die Zahl und Virulenz der vorhandenen Mikroorganismen determiniert ist. Die Häufigkeit des Auftretens einer Bakteriämie sinkt daher mit dem Entzündungsgrad der Gingiva. Bakteriämien sind bei gesunden Personen in der Regel unproblematisch. In Verbindung mit Prozessen, die zu einer Veränderung der Abwehrlage entweder lokal oder systemisch führen, müssen Bakteriämien als potentielle Ursache für pathologische Prozesse bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen angesehen werden. Bei Patienten mit bestimmten Herzerkrankungen (vorgeschädigtes Endokard oder Klappenersatz) besteht z. B. das Risiko einer Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut), die sowohl akut als auch subakut verlaufen kann. Entsprechend der Empfehlungen aller namhaften kardiologischen Gesellschaften ist daher bei solchen Patienten vor zahnmedizinischen Eingriffen eine prophylaktische Antibiotikagabe zur Abschirmung erforderlich. Diese Zusammenhänge sind durch die wissenschaftliche Literatur gut belegt. Die Parodontitis Erklärungsmodelle, und kardio- bzw. die den Zusammenhang zerebrovaskulären von Krankheiten erklären, sind dagegen noch in weitgehend hypothetischem Stadium. Man geht derzeit davon aus, dass eine überschießende, nicht D:\75881836.doc 3 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg angemessene Reaktion der zellulären Abwehr des menschlichen Organismus aufgrund eines sog. „hyperreaktiven MakrophagenPhänotyps“ zunächst die Zerstörung der parodontalen Gewebe als Reaktion auf die supragingivale Zahnbelagsakkumulation begünstigt. Die daraus resultierenden Taschen werden wiederum mit Bakterien besiedelt, so dass die Destruktion weiter fortschreitet. Dadurch steigt die Häufigkeit von Bakteriämien und die Bakterien in den Gefäßen führen auch dort zu einer überschießenden Entzündungsreaktion, die die Gefäßwände schädigt und die Bildung atherosklerotischer Plaques begünstigt. Diese Theorie wird bisher vor allem durch tierexperimentelle Mausmodell Untersuchungen nachgewiesen gestützt, wurde, dass wobei die in einem Infektion mit Porphyromonas gingivalis, einem parodontalpathogenen Keim, der regelmäßig bei schwerer Parodontitis in den parodontalen Taschen aufzufinden ist, zu einer verstärkten Bildung und beschleunigter Kalzifikation atherosklerotischer Plaques führt. Außerdem wurden in etwas weniger als der Hälfte der Fälle in den bei gefäßchirurgischen Eingriffen entfernten atherosklerotischen Plaques Zellbestandteile von Porphyromonas gingivalis gefunden. Indizien für eine, zumindest teilweise ursächliche atherosklerotische Bedeutung Veränderungen der sind Parodontitis daher gegeben. für Der endgültige Beweis steht allerdings noch aus. Er ist erst durch sogenannte Interventionsstudien zu erbringen, bei denen untersucht wird, in wie weit eine parodontologische Behandlung das Risiko für kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen verringert. Solche aufwendigen und langwierigen Studien werden derzeit weltweit an mehreren Zentren, unter anderem auch in Heidelberg, vorbereitet. Zusammenfassend kann man sagen, dass es einige Indizien gibt, die auf eine wichtige Rolle der marginalen Parodontitis als Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall hinweisen. Vor diesem Hintergrund bekommen die Prophylaxe, Früherkennung und Therapie von Parodontitiden eine über den zahnmedizinischen Bereich hinaus reichende Bedeutung. D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg „Die zahnmedizinische Versorgung der Zukunft“ (Es gilt das gesprochene Wort) Dr. Uwe Lückgen stv. Vorsitzender des Landesverbandes der KZVen Baden-Württemberg Meine sehr geehrten Damen und Herren, Inhalt bewusst wohltuend, weil sich ein neuer Trend, Grundsätzliche Positionen _____ 2 Spezifika der Zahnheilkunde ___ 3 Stichwort Zweiklassenmedizin _ 4 Stichwort Festzuschuss _______ 4 Stichwort Kostenerstattung ____ 5 Kostenerstattung konkret _____ 6 Stichwort Versicherungs- eine Konkretes Beispiel: die öffentliche gesundheitspolitische Diskussion hat in den letzten Wochen einen wohltuenden Schwenk vollzogen. Ich sage neue Qualität niederschlägt. Gerade Gesundheitswesen Meinungsführer in der auch Debatte für das fordern renommierte nachdrücklich mehr technische Grenzen _________ 7 Parodontosebehandlung _____ 8 Zusammenfassung __________ 9 Freiheit, mehr Transparenz, mehr Wettbewerb und Marktwirtschaft. Der Weg, den zahlreiche Sozialexperten damit aufzeigen, weist unserer Auffassung nach klar in Richtung einer echten Reform, einer zeitgemäßen Modernisierung und Zukunftssicherung solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung. D:\75881836.doc der 2 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Immer mehr bezahlen, immer weniger bekommen: Die Patienten spüren es doch heute schon am eigenen Leibe, dass mit ihrer Gesundheitsversorgung etwas nicht mehr stimmt. Sie spüren, dass es wirklich höchste Zeit ist, neue Ideen und Konzepte umzusetzen, die die Solidarität erhalten, dabei aber das System als solches nicht sprengen. Angesichts des Drucks der Wähler wagt sich sogar die CDU als große Volkspartei weit aus dem Fenster, wenn sie sehr fortschrittliche Positionen in ihr neues, vieldiskutiertes Thesenpapier aufnimmt. Dass die CDUSozialexperten die markanten Punkte des zahnärztlichen Konzepts der „Vertrags- und Wahlleistungen“ in ihr eigenes Papier eingearbeitet haben, nun gut, das wollen wir ihnen einmal nachsehen. Grundsätzliche Positionen Sehr geehrte Damen und Herren, bevor ich Ihnen unser zukunftsweisendes Konzept kurz vorstelle, möchte ich drei grundsätzliche Positionen in den Mittelpunkt rücken: 1. Uns Zahnärzten geht es um die Sicherstellung einer hervorragenden, bezahlbaren Gesundheitsversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung für Bürgerinnen und Bürger unserer Republik in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. 2. Wir Zahnärzte in Baden-Württemberg bekennen uns zur gesetzlichen Krankenversicherung. Wenn die Mittel begrenzt werden, so ist das eine politische Entscheidung. Wir erwarten allerdings, dass einer Endlichkeit der Mittel auch die Endlichkeit der Leistungen gegenüberstehen muss. 3. Wir Zahnärzte wollen nicht mehr Geld im System, wir wollen, dass die Aufgabenstellung der GKV definiert D:\75881836.doc 3 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg wird. Die GKV kann nicht dazu aufgerufen sein, alles medizinisch Mögliche zu bezahlen. In medias res: Die Zahnärzteschaft hat zur Lösung der Vergütungs- und Finanzierungsprobleme, aber auch zur gesundheitspolitischen Steuerung ihres Fachgebietes, das damit in unmittelbarem Zusammenhang steht, das Konzept der Vertrags- und Wahlleistungen entwickelt. Spezifika der Zahnheilkunde Dieses Konzept ist zum einen entwickelt worden, um mehrere eigenständige Spezifika abzudecken, in denen sich die Zahnheilkunde von vielen Medizinbereichen unterscheidet. Vier Punkte möchte ich nennen: 1. In der Zahnmedizin werden in der Regel keine lebensbedrohlichen Erkrankungen therapiert. 2. Zahnerkrankungen Prävention sind vermeidbar zum bzw. großen durch Teil durch präventive Frühbehandlung in ihren Kosten reduzierbar. 3. Ein und dieselbe Pathologie kann mit unterschiedlichem Aufwand behandelt werden und dennoch eine nahezu gleiche Funktionalität erreichen. 4. In kaum einem anderen medizinischen Bereich ist die Mitarbeit des Patienten für den Heilungserfolg so wichtig wie in der Zahnmedizin. Zum anderen muss unser Konzept den Besonderheiten der zahnmedizinischen Versorgung gerecht werden. Das Konzept basiert also darauf, dass die wesentlichen Inhalte eines zukünftigen Leistungskataloges von der Orientierung an der Prophylaxe geprägt sein werden. Wir brauchen deshalb D:\75881836.doc 4 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Eigenverantwortung und Selbstbeteiligungsmodelle, die sozial gerecht und wirksam sind. Stichwort: Zweiklassenmedizin Das vielfach zu vernehmende Geschrei von der drohenden Zweiklassenmedizin Zahnheilkunde ist dabei haben wir völlig abwegig. bereits In heute der eine Zweiklassenmedizin, bedingt durch den falschen Ansatz der prozentualen Bezuschussung beim Zahnersatz über einen allumfassenden Leistungskatalog und eine damit verbundene ausufernde Härtefallregelung ohne jegliche Zuzahlung. Stichwort: Festzuschuss Da die Eigenverantwortung und die Mithilfe des Patienten durch präventives Verhalten in der Zahnmedizin eine so große Rolle spielt, sind wir der Auffassung, dass Beteiligungsmodelle in den dafür geeigneten Therapiebereichen dringend erforderlich sind. Festzuschüsse sind sozial gerechter als das derzeitige prozentuale Bezuschussungssystem. Festzuschuss meint in unserem Verständnis, dass er beim Zahnersatz ausschließlich befundorientiert bemessen wird, d.h. die Basis für den Festzuschuss ist die Zahnlücke und der zerstörte Zahn, nicht die Form der Versorgung. Konsequenz daraus wäre, dass die GKV nur entsprechend der in der Bevölkerung vorhandenen Pathologie belastet würde. Nicht der Patient, nicht der Zahnarzt und auch nicht die Krankenkassen, sondern allein die Morbidität der Bevölkerung, sprich die Zahl der Zahnlücken und der zerstörten Zähne, definiert bei gleichbleibendem Nachfrageverhalten die finanzielle Belastung der GKV beim Zahnersatz. Da der Zahnersatz der vorherigen Begutachtung unterliegt, gibt es D:\75881836.doc 5 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg auch keine für die Krankenkassen unkontrollierbaren Einflussmöglichkeiten seitens der Leistungsanbieter. Wenn die Verwendung begrenzter Mittel nicht nur alleine von den Zahnärzten geschultert werden soll, sondern eine Verantwortungsteilung unter allen Beteiligten im System bedeuten soll, d. h. unter Krankenkassen, Zahnärzten und Patienten, so können über Festzuschüsse und ihre Absenkung oder Erhöhung zusätzliche Steuerungselemente auf der Patientenseite eingebracht werden. Ich betone: Weil der Festzuschuss ausschließlich die vorhandene Pathologie befriedigt und nicht die Wunschvorstellungen der Patienten, Zahnärzte oder Krankenkassen. Klar sollte aber auch sein, dass der Festzuschuss erhalten bleiben muss, gerade wenn der Patient eine weitergehende Versorgung wünscht und dafür einen Eigenanteil zu leisten bereit ist. Wenn sich jemand statt der Fielmann-Brille eine Designerbrille kauft, bleibt ihm ja schließlich auch der Kassenzuschuss erhalten! Stichwort: Kostenerstattung Festzuschuss muss Kostenerstattung unserer kombiniert Überzeugung werden, nach wobei mit die Kostenerstattung als Kostendämpfungsinstrument nur dann Sinn macht, wenn die Inrechnungstellung ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen so transparent wie möglich ist. D. h. sie muss laienverständlich gestaltet werden. Der beste Kontrolleur von Preis und Leistung ist der Betroffene selbst. Der statistische Vergleich von ärztlichen Leistungen durch einen im anonymen Sachleistungssystem Prüfungsausschuss kann das sicher nicht leisten. D:\75881836.doc agierenden 6 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Sehr geehrte Damen und Herren, wir Zahnärzte sehen uns in der Pflicht, die Patientensouveränität so zu erhöhen, dass die Definitionsmacht über die Behandlung nicht nur bei uns liegt. In Baden-Württemberg praktizieren wir bereits heute mit großem Erfolg Zweitmeinungsmodelle. Sie werden von der Bevölkerung rege und dankbar angenommen und von der Kollegenschaft akzeptiert. Ob Verbraucherschutzorganisationen – wie von Rotgrün vorgesehen – eine derartige moderierende Funktion erreichen könnten, wage ich allerdings stark zu bezweifeln. Wir Zahnärzte sind der festen Überzeugung, dass nur ein System, das beim Patienten Transparenz erzeugt und eine unmittelbare Kontrolle Kostenbewusstsein systembedingte im des Behandlers Leistungsgeschehen Überbürokratisierung des ermöglicht, herstellt. Die anonymen Sachleistungssystems unter Korrumpierung aller Beteiligten muss beseitigt werden. Wir setzen daher auf das Prinzip der Kostenerstattung. Kostenerstattung konkret Wir Zahnärzte halten es für erforderlich, dass man sich dabei im Sinne der Eigenverantwortung ernsthafte Gedanken macht, welche Teile der zahnärztlichen Behandlung vollfinanziert, mischfinanziert oder eigenfinanziert werden sollen. Diese drei Parameter lassen sich im übrigen auch mit Hilfe der Kostenerstattung lösen: Demnach gibt es eine 100-prozentige Erstattung, eine Teilkostenerstattung und die Eigenfinanzierung. D:\75881836.doc 7 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Im folgenden will ich den Versuch wagen, verständlich darzustellen, wie unser Konzept Leistungsbereichen greifen würde. D:\75881836.doc in den einzelnen 8 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Ich greife dazu beispielhaft die Füllungstherapie, die Wurzelfüllungen und die Zahnerhaltungsmaßnahmen heraus. Man könnte hier aufgrund des Vermeidbarkeitsprinzips von Zahnerkrankungen und der Präventionspflicht des Patienten einen altersbegrenzten Bereich schaffen mit 100-prozentiger Kostenerstattung. Alle präventionsorientierten Prophylaxeleistungen Behandlungsleistungen und werden der jungen Generation bei voller Kostenerstattung zur Verfügung gestellt. Der Leistungskatalog für diesen Bereich würde gegenüber der heutigen Situation ausgedehnt, viele moderne Methoden würden zusätzlich angeboten. Die 20 Prozent der Kinder, die aus sozial schwächeren Schichten kommen und 80 Prozent des Kariesrisikos tragen, könnten so besser erfasst und in Prophylaxemaßnahmen und Behandlungsmaßnahmen ohne Zuzahlung integriert werden. Stichwort: Versicherungstechnische Grenzen Um diesen Bereich finanzierbar zu halten, plädiere ich für eine altersabhängige versicherungstechnische Grenze, die den Vertragsleistungsbereich vom Wahlleistungsbereich trennt. Eine solche Altersgrenze gibt es schon seit Jahren in der Kieferorthopädie. Dort wird der Anspruch auf Leistungen auf das 18. Lebensjahr begrenzt, obwohl ein 19-jähriger bei einer bestehenden Gebissanomalie genau so behandlungsbedürftig und behandlungsfähig ist wie ein 18-jähriger. Weil bedürftige Jugendliche durch dieses Modell rechtzeitig einer kostengünstigeren und durch ihren präventiven Charakter dauerhaften Vertragsbehandlung zugeführt werden können, ist es zu rechtfertigen, aufwendiger und teurer Spätbehandlungen, sind, nach einer die weitaus bestimmten Altersgrenze nicht mehr in vollem Umfang zur Verfügung zu stellen. Dass dies machbar ist, belegen die hervorragenden epidemiologischen Daten zur Mundgesundheit in Deutschland: D:\75881836.doc 9 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Die Mundgesundheit hat sich ständig verbessert, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies spricht für unsere Konzepte. Für richtig halte ich in diesem Zusammenhang auch das derzeitige Erstattungssystem in der Kieferorthopädie mit einer Erstattung von 80 Prozent und einem Einbehalt von 20 Prozent. Dieser Einbehalt wird erst ausbezahlt, wenn der Patient seine Mitwirkung am Behandlungsende unter Beweis gestellt hat. Versicherungstechnische Grenzen haben auf Grund ihrer Eindeutigkeit zudem den Charme, dass weder Kassen noch Zahnärzte noch Patienten sie unterlaufen können. Für Leistungen, die jenseits solcher Grenzen erbracht werden, empfiehlt es sich erneut, über ein Finanzierungssystem bestehend aus Eigen- und Mischfinanzierung kombiniert mit Festzuschüssen nachzudenken. Konkretes Beispiel: Parodontosebehandlung Ein klassischer Bereich, auf den dieses System ebenfalls angewendet werden Parodontosebehandlung, kann, bei ist der die der ZahnbettHeilerfolg bzw. nahezu ausschließlich – bis auf wenige Ausnahmen – durch die Mitarbeit des Patienten bedingt ist. Wissenschaftlich zeichnet es sich ab, dass vielleicht schon in naher Zukunft in diesem Bereich das Vermeidbarkeitsprinzip durch eine einfache Blutuntersuchung verifiziert werden kann. Wir wissen dann eindeutig, wer Risikopatient ist und wer nicht. Patienten, die die Erkrankung durch einfache, präventive Maßnahmen nahezu vermeiden können, müssen versicherungstechnisch anders behandelt werden Gesundheitsrisiko als solche, die ein unvermeidbares in sich tragen. Ein solch eindeutiger medizinischer Parameter würde sich deshalb ebenfalls als eine versicherungstechnische Grenze mit unterschiedlichen Zuschüssen rechtfertigen lassen. Die Zahnbettbehandlungen selbst sind in ihrer Schwierigkeit so unterschiedlich, dass eine D:\75881836.doc 10 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Mischkalkulation des Leistungsgeschehens mit einer einfachen Komplexgebühr – wie heute praktiziert – nicht mehr möglich ist. Der Zahnarzt braucht gerade in diesem Fachbereich Freiheit in der Honorargestaltung verbunden mit Kostenerstattung, um der individuellen Schwierigkeit der Behandlung und dem Anspruch des Patienten nach Leistungstransparenz gerecht werden zu können. Zu unserem Konzept für diesen Bereich unseres Faches gehört auch, dass der Festzuschuss – wie schon bei der Kieferorthopädie – nicht in voller Höhe ausbezahlt wird. Zunächst empfehlen wir eine Teilauszahlung. Der restliche Betrag wird erst dann geleistet, wenn der Patient die von der Wissenschaft geforderte Nachsorge ernst nimmt und damit seinen Beitrag zum Heilerfolg leistet. Im Bereich Zahnersatz, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Festzuschuss-Modell mit der Aussicht auf Freiheit in der Vergütung im Jahre 1998 unter der CDU/CSUund FDP-Regierung eingeführt und ausprobiert worden. Leider mit den bekannten und – auf ganz Deutschland bezogen – weitgehend unnötigen Aufgeregtheiten und Verunsicherungen in der Bevölkerung. Ich möchte deshalb hier nachdrücklich dafür werben, einen neuen Anlauf zu unternehmen. Zusammenfassung Die Zahnärzteschaft hat ein Konzept, das über den Tag hinaus weist. Unter Vermeidung all des gewachsenen und geplanten bürokratischen Gemeinwesens handlungsfähig, Reglementierungsunsinns möchten wir unseren verantwortungsfähig unseres Bereich und wieder kostengerecht machen. Wir wollen die Zahnheilkunde modern gestalten und damit die gesetzliche Krankenversicherung mit freiberuflich tätigen Zahnärzten, die dieses Attribut auch rechtfertigen, weiterentwickeln D:\75881836.doc zu einem effizienten, bezahlbaren und 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg 11 zukunftssicheren System. Dabei wollen wir aber auch den mündigen Bürger nicht aus einer Eigenverantwortung entlassen. Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit. D:\75881836.doc für ihn zumutbaren 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg Need or want – der zahnärztliche Leistungskatalog der Zukunft, was brauchen, was wünschen Patienten? (Es gilt das gesprochene Wort) Dr. Rüdiger Engel, Präsident der Landeszahnärztekammer BadenWürttemberg Anrede Will man die Frage beantworten: „Was brauchen, was wünschen Patienten?“ liegt es doch nahe, die Patienten selbst einmal zu befragen. Genau das haben die Münchner Meinungsforschungsinstitute EMNID und emphasis im Januar 1999 getan. Den wissenschaftlichen Hintergrund dazu lieferten die Professoren Wasem und Lamneck. Das erste Ergebnis heißt, dass die Befragten mit dem deutschen Gesundheitswesen sehr zufrieden sind: 86 Prozent sind der Auffassung, dass es eine qualitativ hochwertige Versorgung bietet. Auch wenn die Umfrage auf das Gesundheitswesen insgesamt abgestellt war und nicht speziell auf die Zahnheilkunde, sind für uns wichtige Rückschlüsse zu ziehen. Wir nehmen diese Ergebnisse sehr ernst, denn Reformen darf man nicht gegen, sondern für die D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg 2 Bevölkerung in Angriff nehmen. So zum Beispiel in der Frage der Beitragssatzstabilität. 41 Prozent der Deutschen sind durchaus bereit, höhere Beiträge zu zahlen, um das Finanzdefizit im Gesundheitswesen zu reduzieren, nur 22 Prozent würden es eher vorziehen, auf Leistungen zu verzichten. Ein bemerkenswertes Ergebnis: Ist vor diesem Hintergrund die politisch verordnete Beitragssatzstabilität nicht im Grunde genommen eine Bevormundung der Bevölkerung? Hat der Staat überhaupt das Recht, den Menschen vorzuschreiben, was sie für ihre Gesundheitsleistungen ausgeben wollen? Die Detailanalyse dieser Fragestellung zeigt allerdings, dass eine große Unsicherheit bei der Bevölkerung besteht, sich bei diesem Problem für oder gegen eine Option zu entscheiden. Gerade auf der Frage „Beitragssatzstabilität oder Leistungsverzicht“, bei der 27 Prozent der Befragten mit „weiß nicht“ geantwortet haben und 11 Prozent gar keine Antwort gegeben haben, zeigt, dass die Bevölkerung darüber unsicher ist, auf welche Leistungen denn verzichtet werden soll. Ist den Menschen nicht klar, was in der Diskussion ist und wird befürchtet, es würde etwas gestrichen, was wirklich notwendig ist? Konsequenterweise ist die Bevölkerung dann auch misstrauisch, wenn gefragt wird, ob man sich auf Grundleistungen beschränken solle. Andererseits gibt es ein deutliches Votum für Solidarität. So lehnen 80 Prozent der Befragten es strikt ab, dass Versicherten, die häufig krank sind, höhere Beiträge zugemutet werden sollen. Wer nun glaubt, die Bevölkerung wünscht, dass alles beim Alten bliebe, der täuscht sich. So sind 76 Prozent der Befragten der Auffassung, dass das deutsche Gesundheitswesen von vielen ausgenützt würde. Interessant dabei ist besonders, dass immerhin ein Drittel der Bevölkerung meint, dass die Patienten selbst die Ursache dafür seien. D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg 3 Das Misstrauen gegen Neuerung spricht auch aus der Antwort auf die Frage nach individuellen Wahltarifen: Nur 42 Prozent der Bundesbürger können sich dafür begeistern, 51 Prozent lehnen sie ab. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass, bevor man mit Begriffen die Patienten verunsichert, Klarheit geschaffen werden muss, was denn hinter diesen Begriffen steht. Seit mehreren Jahren gibt es verschiedene, aber niemals konkretisierte Vorschläge zur Abgrenzung sogenannter Kernleistungen in der Zahnheilkunde. Es gilt zunächst festzustellen, dass es strenggenommen einen wasserdichten Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) überhaupt nicht gibt. In den anspruchsregelnden Abschnitten des Sozialgesetzbuches (SGB) V heißt es unter anderem: „Die Krankenkassen stellen den Versicherten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung, soweit diese Leistung nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.“ Angesichts des im Prinzips nicht konkreten Umfangs von Leistungen zur Behandlung einer Erkrankung ist der Eindruck der Befragten verständlich, dass auch die Patienten das System ausnützen können. Es existiert die Befürchtung, die „anderen“ holen mehr raus als man selbst. Auch das Bundesgesundheitsministerium hat sich der Frage gestellt und schlägt die Schaffung eines dreistufigen Leistungskataloges zahnmedizinischer Leistungen vor: 1. GKV-Leistungen: medizinisch notwendig, medizinisch erprobt, langfristig wirtschaftlich (gute Kosten-Nutzen-Relation) 2. Mehrkostenleistungen: D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg 4 medizinisch notwendig, medizinisch erprobt, das Wirtschaftlichkeitsprinzip übersteigend 3. private Wunschleistungen: medizinisch nicht notwendig, medizinisch nicht oder noch nicht erprobt, Wirtschaftlichkeit unerheblich. Diese Dreiteilung ist so richtig wie allgemein. Man muss möglichst bald eine Vorgehensweise finden, wie man dieses Raster mit Leben erfüllt, denn was notwendig ist und was nicht, ist in vielen Fällen eine ungeklärte Frage. Erstaunlich konkret haben sich die europäischen Zahnarzt-Verbände bereits 1997 geäußert – die Zahnärzte der EU-Mitgliedsländer. Zur Grundleistung sollten gehören: - Bis zum 18. Lebensjahr die Individualprophylaxe sowie die Kieferorthopädie, - ohne Altersbegrenzung im Bereich Zahnfleischbehandlung die vorbeugenden Maßnahmen, - in der Kariesbehandlung einfache plastische Füllungen, - Einzelkronen ohne Keramik und für den Zahnersatz abnehmbare Prothesen, - zahnärztlich-chirurgische Maßnahmen wie bisher. Man sieht an dem Vorschlag, dass die Grundleistungsdiskussion keine deutsche Spezialität ist, sondern dass der Gedanke mindestens europaweit aktuell ist. Richard Smith, der Herausgeber des British Medical Journal, sagt dazu: D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg 5 „Man beobachtet eine breiter werdende Kluft zwischen dem, was bei uneingeschränkten Ressourcen möglich wäre und dem, was man sich tatsächlich leisten kann.“ Ein Allheilmittel für alle Probleme im Gesundheitswesen ist die Antwort auf die Frage „Need or want“ natürlich nicht. Auch die Reformkommission Soziale Marktwirtschaft der Bertelsmann-Nixdorf-Stiftung, die sich für die Einführung von Grundleistung einsetzt, schreibt dazu: „Die Erwartungen, man könne die Ausgaben der GKV entscheidend verringern bzw. den Ausgabenanstieg stoppen, indem man sich auf eine Basisversorgung beschränkt, dürfen nicht zu hoch angesetzt werden. Die Erfahrungen in der Schweiz zeigen, dass es schon sehr schwer ist, die Basisleistungen auf 90 Prozent der ursprünglichen Leistungen einzugrenzen.“ Die genannte Reformkommission spricht hier von allgemeinmedizinischen, nicht den zahnmedizinischen Leistungen. Wir wissen, dass sich gerade der zahnmedizinische Bereich besonders für dieses System eignen würde. Man muss sich sehr ernsthaft überlegen, ob es nicht richtig ist, schrittweise vorzugehen. Bevor man sich auf die Ebene begibt, konkret zu beschreiben, was notwendig ist und was nicht notwendig ist, muss ein Konsens darüber gefunden werden, wer diese Definition und diese Beschreibung vornimmt. Tun es Ärzte und Zahnärzte allein, könnte jemand sagen, die Interessenvertreter seien am Werk. Tun es die Krankenkassen allein, heißt es, Kostengesichtspunkte spielen die alleinige Rolle. Tun es die Politiker, fragt man süffisant nach dem nächsten Wahltermin. Mein Vorschlag lautet daher, dass diese genannten Gruppen zusammenarbeiten müssen. Vielleicht genügt das allein nicht. Im Gesundheitswesen spielt die Ethik eine große Rolle. Eine entsprechende Kompetenz könnte wichtig sein. D:\75881836.doc 7. IZZ-presseforum, 21. Juli 2000, Kopfklinik Heidelberg 6 Hat man die Beteiligten für das Gremium gefunden, so steht die Formulierung und Verabschiedung von allgemein gültigen Grundsätzen als Tagesordnungspunkt 1 an. Erst wenn darüber ein Konsens erzielt worden ist, wird man sich an die einzelnen Leistungen und deren Zuteilung machen können. Ich bin davon überzeugt, dass bei so einer Vorgehensweise die Akzeptanz für eine Aufteilung in Grund- oder auch Kern- und Zusatzleistungen sehr groß sein wird und dass für die Bevölkerung das Gefühl, dass manche sich etwas mehr aus dem Topf nehmen als andere, dann entscheidend verringert wird. Meine Antwort auf die Frage, was brauchen, was wünschen Patienten, lautet daher: 1. Patienten brauchen Klarheit und Transparenz über die Regelung 2. Patienten wünschen, dass es gerecht zugeht im deutschen Gesundheitswesen. Sie wünschen, dass dem geholfen wird, der es braucht und nicht demjenigen, der es nicht braucht. Solidarität und Subsidiarität müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. D:\75881836.doc INHALT DER PRESSEMAPPE Referat Prof. Dr. Dr. Hans Jörg Staehle Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg Klinik für Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten, Poliklinik für Zahnerhaltungskunde „Ä S T H E T I K D U R C H G E S U N D E S Z A H N F L E I S C H U N D N A T Ü R L I C H AUSSEHENDE ZÄHNE“ Referat Dr. Christof Dörfer Oberarzt Universitätsklinikum Heidelberg Klinik für Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten, Poliklinik für Zahnerhaltungskunde „D I E B E D E U T U N G D E S P A R O D O N T S F Ü R D I E A L L G E ME I N G E S U N D H E I T “ Statement Dr. Rüdiger Engel Vorstandsvorsitzender des IZZ-Verwaltungsrats Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg „N E E D O R W A N T – D E R Z A H N Ä R Z T L I C H E L E I S T U N G S K A T A L O G DER ZUKUNFT, WAS BRAUCHEN, WAS WÜNSCHEN PATIENT E N ?“ Statement Dr. Uwe Lückgen Mitglied im Vorstand des Landesverbandes der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen Baden-Württemberg „D I E Z A H N ME D I Z I N I S C H E V E R S O R G U N G D E R Z U K U N F T “ D:\75881836.doc