CAP-LL.doc Pneumologie CAP: Vieles spricht für die Leitlinien Seit den 90iger Jahren haben Leitlinien Eingang in die klinische Praxis gefunden. In wie weit diese in jedem Einzelfall befolgt werden sollten, bleibt umstritten. Zwei neu publizierte Studien liefern Argumente dafür. Arch Intern Med. 2009; 169(16) 1515-1524, 1525-1531 McCabe et al. werteten zwischen 1999 und 2003 erhobene Daten von 54619 nicht intensiv-pflichtigen Patienten über 18 aus, erhoben von 113 Kliniken in den USA. Dazu trugen sowohl universitäre Krankenhäuser wie auch Häuser der Primärversorgung bei. Die Diagnose "Community-aquired pneumonia" entstammt der ICD-9-Klassifikation. Das Datenmaterial erlaubte die Bestimmung des Pneumonia Severity Index (PSI), außerdem waren medizinische und persönliche Daten wie Impf- und Raucherstatus verfügbar. 65% des Gesamtkollektivs erhielt eine LL-gerechte Therapie. Nach Korrektur auf Einflussfaktoren wie z. B. PSI wiesen LLgerecht behandelte Patienten eine verminderte Mortalität (OR=0,70, CI= 0,63-0,77, p<0,01) auf. Auch die Dauer des stat. Aufenthaltes wie auch die Dauer der parenteralen Therapie waren um 0,6 Tage vermindert, Sepsis und Nierenversagen trat signifikant seltener auf. Arnold et al. analysierten erneut das Material der CAPO-Studie, einer internationalen retrospektiven Kohortenstudie über hospitalisierte Patienten mit CAP. Im Fokus standen hier 1725 Patienten über 65, deren Daten zwischen 2001 und 2007 von 43 Zentren in 12 Staaten in Amerika, Europa, Afrika und Asien erhoben worden waren. Dabei wurden die Zeit bis zur klinischen Stabilisierung berechnet, die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und die Mortalität im Krankenhaus sowie pneumonieassoiziiert. Von den 1725 Patienten erhielten 975 LL-gerechte, 660 nicht kohärente Therapie. Die leitliniengerecht behandelten Patienten erreichten klinische Stabilität innerhalb von 7 Tagen zu 71%, die restlichen Patienten zu 57% (p<0,01). Der stationäre Aufenthalt dauerte bei den LL-gerecht behandelten Patienten im Mittel 8 Tage, bei den übrigen 10 Tage (p<0,01), die Krankenhaussterblichkeit betrug bei den nach LL behandelten Patienten 8% gegenüber 17% bei anders Behandelten (p<0,01). FAZIT: Beide Autorenteams sehen in ihren Ergebnissen weitere Argumente für eine leitlinienkonforme Therapie der CAP. Bedingt durch das retrospektive Design dieser Studien sei aber nicht auszuschließen, dass die Befolgung der Leitlinien als Teil einer qualitativ allgemein höherwertige Versorgung der Kranken zu bewerten ist und der Benefit darauf zurückzuführen ist. In beiden Arbeiten wird herausgestellt, dass die bessere Prognose im Zusammenhang mit Therapieregimen steht, die atypische Keime abdecken. Arnold et al. regen Studien an, die differenzierter untersuchen, welche Therapieregime genau für welche Patientengruppe vorteilhaft sind, außerdem Untersuchungen, was Ärzte zu einer nicht LL-gerechten Therapie veranlasst und wie die LL besser umzusetzen sind. In seinem Kommentar zu diesen Studien weist Bradley A. Sharpe von der University of California darauf hin, dass die gemittelten Ergebnisse von 5 großen, vorangehenden Studien eine NNT von 20 ergeben, d.h. dass nur 20 Patienten leitliniengerecht behandelt werden müssen, um ein Leben zu retten (in der Studie von Arnold betrüge die NNT nur 10). Dem stellt er 2 Studien gegenüber, die keinen Benefit der LL-gerechten Therapie fanden, aber auch keinen Nachteil. Er regt genauer differenzierende Therapiestudien an, auch mit der Fragestellung in wie weit der bessere Effekt atypische Keime umfassender Therapien auf den immunmodulatorischen Effekt der Makrolide zurückzuführen ist. Eine bessere Definition der Patientengruppen mit getrennter Untersuchung von Patienten aus Pflegeeinrichtungen sei erforderlich. Bis zum Vorliegen definitiver Ergebnisse sollten Patienten gemäß den aktuell geltenden Leitlinien behandelt werden. Dr. med. Peter Pommer, Oberammergau